Der Mensch und die Technik (Beitrag zu einer Philosophie des Lebens) - Oswald Spengler - E-Book

Der Mensch und die Technik (Beitrag zu einer Philosophie des Lebens) E-Book

Oswald Spengler

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Beschreibung

Der Mensch und die Technik (Beitrag zu einer Philosophie des Lebens) von Oswald Spengler ist ein bahnbrechendes Werk, das die Beziehung des Menschen zur Technik in einer philosophischen Perspektive beleuchtet. Spengler präsentiert eine tiefgründige Analyse der technologischen Entwicklung im Kontext der menschlichen Zivilisation. Sein literarischer Stil ist anspruchsvoll und erfordert ein gewisses Maß an intellektueller Auseinandersetzung, um seine komplexen Ideen vollständig zu erfassen. Durch die Verknüpfung von Technik und Leben bietet Spengler eine einzigartige Sichtweise, die den Leser dazu anregt, über die Rolle der Technik in unserer Welt nachzudenken. Als Philosoph und Historiker bringt Spengler eine Fülle von Kenntnissen und Perspektiven in das Werk ein, das über die bloße Technik hinausgeht und tiefgreifende Fragen über das Wesen des Menschseins aufwirft. Der Mensch und die Technik fordert den Leser dazu auf, über die Auswirkungen der Technik auf unsere Gesellschaft und unser individuelles Leben nachzudenken. Dieses Buch ist für Leser geeignet, die an Philosophie, Kulturgeschichte und Technologie interessiert sind und die bereit sind, sich mit anspruchsvollen Ideen auseinanderzusetzen.

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Oswald Spengler

Der Mensch und die Technik (Beitrag zu einer Philosophie des Lebens)

            Books
- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung [email protected]   2018 ÂOK Publishing

Inhaltsverzeichnis

Vorwort
Die Technik als Taktik des Lebens
1
2
Pflanzenfresser und Raubtiere
3
4
Die Entstehung des Menschen: Hand und Werkzeug
5
6
Die zweite Stufe: Sprechen und Unternehmen
7
8
9
Der Ausgang: Aufstieg und Ende der Maschinenkultur
10
11
12

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Ich lege auf den folgenden Seiten eine kleine Anzahl von Gedanken vor, die ich einem größeren Werk entnommen habe, an dem ich seit Jahren arbeite. Es war meine Absicht, die Betrachtungsweise, welche ich im »Untergang des Abendlandes« ausschließlich auf die Gruppe der hohen Kulturen angewandt hatte, nun an deren historischer Voraussetzung, der Geschichte des Menschen von seinem Ursprung an, zu erproben. Ich habe bei jenem Werk die Erfahrung gemacht, daß die meisten Leser nicht imstande sind, den Überblick über die ganze Gedankenmasse zu behalten, daß sie sich deshalb in die ihnen geläufigeren Einzelgebiete verlieren und das übrige schief oder gar nicht sehen und infolgedessen ein falsches Bild gewinnen sowohl von dem, was ich sagte, als von dem, wovon es gesagt war. Es ist nach wie vor meine Überzeugung, daß man das Schicksal des Menschen nur verstehen wird, wenn man alle Gebiete seines Wirkens zugleich, vergleichend, betrachtet und nicht den Fehler begeht, etwa von der Politik, der Religion oder der Kunst allein aus einzelne Seiten seines Daseins zu erleuchten in dem Glauben, damit alles erschlossen zu haben. Trotzdem wage ich den Versuch, hier eine kleine Anzahl von Fragen zu stellen, die in sich zusammenhängen und deshalb wohl geeignet sind, einen vorläufigen Eindruck von dem großen Geheimnis des Menschenschicksals zu gewähren.

Die Technik als Taktik des Lebens

Inhaltsverzeichnis

1

Inhaltsverzeichnis

Das Problem der Technik und ihres Verhältnisses zu Kultur und Geschichte taucht erst im 19. Jahrhundert auf. Das achtzehnte hatte mit der gründlichen Skepsis, dem Zweifel, welcher der Verzweiflung gleichkommt, die Frage nach Sinn und Wert der Kultur gestellt – eine Frage, die zu weiteren, immer zersetzenderen Fragen führte und damit die Grundlagen der Möglichkeit schuf, im 20. Jahrhundert, heute, die Weltgeschichte überhaupt als Problem zu sehen.

Damals, im Zeitalter von Robinson und Rousseau, der englischen Parks und der Schäferpoesie, hatte man im »ursprünglichen« Menschen selbst eine Art von Schäflein gesehen, friedlich und tugendhaft und später nur durch die Kultur verdorben. Technisches übersah man vollständig und hielt es jedenfalls – moralischen Betrachtungen gegenüber – der Beachtung nicht für wert.

Aber die seit Napoleon ins Riesenhafte wachsende Maschinentechnik Westeuropas mit ihren Fabrikstädten, Eisenbahnen und Dampfschiffen zwang endlich dazu, das Problem ernstlich zu stellen. Was bedeutet Technik? Welchen Sinn innerhalb der Geschichte, welchen Wert im Leben der Menschen, welchen sittlichen oder metaphysischen Rang hat sie? Es gab zahlreiche Antworten darauf, aber sie lassen sich im Grunde auf zwei zurückführen.

Auf der einen Seite waren es die Idealisten und Ideologen, die Nachzügler des humanistischen Klassizismus der Goethezeit, welche technische Dinge und Wirtschaftsfragen überhaupt als außerhalb und unterhalb der Kultur stehend verachteten. Goethe in seinem großen Sinn für alles Wirkliche hatte im zweiten Faust versucht, in die tiefsten Tiefen dieser neuen Tatsachenwelt einzudringen. Aber schon bei Wilhelm von Humboldt beginnt die wirklichkeitsfremde, philologische Ansicht der Geschichte, wonach man schließlich den Rang einer historischen Epoche an der Menge von Bildern und Büchern abzählte, die damals entstanden waren. Ein Herrscher besaß nur dann Bedeutung, wenn er sich als Mäzen bewährte. Was er sonst noch war, kam nicht in Betracht. Der Staat war eine beständige Störung der wahren Kultur, die in Hörsälen, Gelehrtenstuben und Ateliers vor sich ging, der Krieg eine unwahrscheinliche Barbarei aus vergangenen Zeiten und die Wirtschaft irgend etwas Prosaisches und Dummes, über das man hinwegsah, obwohl man es täglich in Anspruch nahm. Einen großen Kaufmann oder Ingenieur neben Dichtern und Denkern zu nennen war beinahe Majestätsbeleidigung gegenüber der »wahren« Kultur. Man sehe sich daraufhin Jakob Burckhardts »Weltgeschichtliche Betrachtungen« an. Aber das war der Standpunkt der meisten Kathederphilosophen und selbst vieler Historiker bis herab zu den Literaten und Ästheten heutiger Großstädte, welche die Anfertigung eines Romans für wichtiger halten als die Konstruktion eines Flugzeugmotors.

Auf der andern Seite stand der Materialismus von wesentlich englischer Herkunft, die große Mode der Halbgebildeten in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, der liberalen Feuilletons und radikalen Volksversammlungen, der Marxisten und der sozialethischen Schriftsteller, die sich für Denker und Dichter hielten.

Fehlte es jenen an Sinn für die Wirklichkeit, so diesen in bestürzendem Grade an Tiefe. Das Ideal war ausschließlich der Nutzen. Was der »Menschheit« nützlich war, gehörte zur Kultur, war Kultur. Das andre war Luxus, Aberglaube oder Barbarei.

Aber nützlich war, was dem »Glück der Meisten« diente. Und Glück bestand im Nichtstun. Das ist im letzten Grunde die Lehre von Bentham, Mill und Spencer. Das Ziel der Menschheit bestand darin, dem einzelnen einen möglichst großen Teil der Arbeit abzunehmen und der Maschine aufzubürden. Freiheit vom »Elend der Lohnsklaverei« und Gleichheit im Amüsement, Behagen und »Kunstgenuß«: das »panem et circenses« der späten Weltstädte meldet sich an. Die Fortschrittsphilister begeisterten sich über jeden Druckknopf, der eine Vorrichtung in Bewegung setzte, die – angeblich – menschliche Arbeit ersparte. An Stelle der echten Religion früher Zeiten tritt die platte Schwärmerei für die »Errungenschaften der Menschheit«, worunter lediglich Fortschritte der arbeitersparenden und amüsierenden Technik verstanden wurden. Von der Seele war nicht die Rede.

Das ist nicht der Geschmack der großen Erfinder selbst, mit wenigen Ausnahmen, und auch nicht der Kenner technischer Probleme, sondern ihrer Zuschauer, die selbst nichts erfinden können und jedenfalls nichts davon verstanden, die aber dabei etwas für sich witterten. Und mit dem ganzen Mangel an Einbildungskraft, der den Materialismus aller Zivilisationen kennzeichnet, wird nun ein Bild der Zukunft entworfen, die ewige Seligkeit auf Erden, ein Endziel und Dauerzustand unter Voraussetzung der technischen Tendenzen etwa der achtziger Jahre – in bedenklichem Widerspruch zum Begriff des Fortschrittes, der den »Zustand« ausschließt: Bücher wie »Der alte und neue Glaube« von Strauß, Bellamys »Rückblick aus dem Jahre 2000« und Bebels »Die Frau und der Sozialismus«. Kein Krieg mehr, kein Unterschied mehr von Rassen, Völkern, Staaten, Religionen, keine Verbrecher und Abenteurer, keine Konflikte infolge von Überlegenheit und Anderssein, kein Haß, keine Rache mehr, nur unendliches Behagen durch alle Jahrtausende hin. Solche Albernheiten lassen heute noch, wo wir die Endphasen dieses trivialen Optimismus erleben, mit Grauen an die entsetzliche Langeweile denken – das taedium vitaeder römischen Kaiserzeit – die sich beim bloßen Lesen solcher Idyllen über die Seele breitet und in Wirklichkeit bei auch nur teilweiser Verwirklichung zu massenhaftem Mord und Selbstmord führen würde.

Beide Ansichten sind heute veraltet. Das 20. Jahrhundert ist endlich reif geworden, um in den letzten Sinn der Tatsachen einzudringen, aus deren Gesamtheit die wirklicheWeltgeschichte besteht. Es handelt sich nicht mehr darum, nach dem privaten Geschmack einzelner und ganzer Massen die Dinge und Ereignisse im Hinblick auf eine rationalistischeTendenz, auf eigne Wünsche oder Hoffnungen hin zu deuten. An Stelle des »So soll es sein« oder »So sollte es sein« tritt das unerbittliche: So ist es und so wird es sein. Eine stolze Skepsis macht den Sentimentalitäten des vorigen Jahrhunderts Platz. Wir haben gelernt, daß Geschichte etwas ist, das nicht im geringsten auf unsere Erwartungen Rücksicht nimmt.

Der physiognomische Takt, wie ich das bezeichnet habe, was allein zum Eindringen in den Sinn alles Geschehens befähigt, der Blick Goethes, der Blick geborener Menschenkenner, Lebenskenner, Geschichtskenner über die Zeiten hin erschließt im einzelnen dessen tiefere Bedeutung.

2

Inhaltsverzeichnis

Um das Wesen des Technischen zu verstehen, darf man nicht von der Maschinentechnik ausgehen, am wenigsten von dem verführerischen Gedanken, daß die Herstellung von Maschinen und Werkzeugen der Zweck der Technik sei.

In Wirklichkeit ist die Technik uralt. Sie ist auch nichts historisch Besonderes, sondern etwas ungeheuer Allgemeines. Sie reicht weit über den Menschen zurück in das Leben der Tiere, und zwar aller Tiere. Zum Lebenstypus des Tieres im Unterschied von dem der Pflanze gehört die freie Beweglichkeit im Raum, die relative Willkür und Unabhängigkeit von der gesamten übrigen Natur und damit die Notwendigkeit, sich gegen diese zu behaupten, dem eigenen Dasein eine Art von Sinn, Inhalt und Überlegenheit zu geben. Nur von der Seele her läßt sich die Bedeutung des Technischen erschließen.

Denn das freibewegliche Leben der Tiere ist Kampf und nichts anderes, und die Taktik des Lebens, ihre Über- oder Unterlegenheit dem »anderen« gegenüber, sei es die lebende oder leblose Natur, entscheidet über die Geschichte dieses Lebens, darüber, ob es dessen Schicksal ist, Geschichte von anderen zu erleiden oder selbst für andere zu sein. Die Technik ist die Taktik des ganzen Lebens. Sie ist die innere Form des Verfahrens im Kampf, der mit dem Leben selbst gleichbedeutend ist.