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(...) In seinem Lebensraum ist dieser Junge, kaum auf die Welt gekommen, das Familienglück, der Erstgeborene, der Prinz. Unglaublich, mit welcher Fürsorge sich die junge Mutter um den kleinen Pascha kümmert. (...) Er sitzt noch lange auf dem Bahndamm, der am Zuckerrohrfeld vor dem Haus seiner Familie entlangführt und schaut zum Sternenhimmel empor. Ihm wird von Tag zu Tag deutlicher wie groß die Welt ist und wie klein der Lebensraum den er in seinen Strukturen erkennt. Ob die Fremden mit den Flugzeugen von diesen Sternen da oben kommen? Vielleicht wird auf jedem dieser vielen Sterne eine andere Sprache gesprochen. Vielleicht hat aber auch jeder dieser Sterne einen eigenen Nil und eigene Zuckerrohrfelder. (...) Die Sonne geht auf über dem Häusermeer von Luxor. Achmed sitzt kauend auf einem Hügel an der Anlegestelle der Fähre, ein Platz den ihm gestern niemand streitig gemacht hat. Schon lange vor Sonnenaufgang hat er das Erwachen der Stadt gehört und den Muezzin. (...) Achmed empfindet die hell beleuchteten weißen Luxus-Hotelschiffe wie schwimmende Trauminseln. So stellt er sich das Paradies vor. (...) Gegen Mittag geschieht etwas, was ihn jäh aus seinen Gedanken reißt. Der Fährmann hat Probleme mit dem Anlegen. Ein Drahtseil, mit dem die Fähre vorn am Poller festgemacht wurde, ist gerissen. (...) Achmed steht ruhig da. Eingehüllt in Staub und Auspuffgase ist er unfähig sich zu rühren. Alles schwimmt ihm vor den Augen, so wie Wasser fließt. Erst als eine Hand ihn an der Schulter berührt wacht er auf. Der Fährmann steht lächelnd vor ihm. Achmed greift nach der ihm angebotenen Zigarette. (...) Achmed spürt von Tag zu Tag wie sich sein neues Bewusstsein festigt und dass seine Erkenntnisse über die Werte des Lebens keine Seifenblasen sind. Für seine Bemühungen bekommt er neben Anerkennung ab und zu ein kleines Geschenk, manchmal auch einen Geldschein. (...) Wenn Sie also von einem netten Ägypter auf der Fähre nach Theben-West angesprochen werden ...
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Seitenzahl: 60
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PETER WIMMER
Achmed Omara Ali
Der Prinz vom Nil
ISBN 9783932533815
Die Rechte liegen beim Autor und Verlag
Wimmer Visuelle Kommunikation
Am Lichterkopf 25
D-56112 Lahnstein
Telefon 02621/62625
www.wimmer-kommunikation.de
Ich schreibe Erzählungen, Kurzgeschichten, Märchen, Theaterstücke und Besonderheiten die sich nur schwer zuordnen lassen. Eine Zusammenfassung bieten die E-Books „Peter Wimmer, Erzählungen, Kurzgeschichten, Märchen“ und „Peter Wimmer, Theaterstücke für einen bis vier Darsteller.“
Unter dem Reihentitel “Kulturreisen individuell” erstelle ich filmische Reisedokumentationen. Dabei folge ich mit meiner Kamera den Spuren der Menschheitsgeschichte, so wie ich sie in den besuchten Reiseländern antreffe. Ich dokumentiere herausragende Kulturstätten und Landschaften, einfühlsam, sachlich, informativ.
“Schönheit, Anmut und große Architektur im alten Ägypten” das ist der Reihentitel einer 14-teiligen filmischen Dokumentation über das reiche Erbe der pharaonischen Kultur am Nil. Schauplätze sind die großen Pyramiden, Göttertempel, Totentempel, Museen und prächtig ausgestatteten Gräber in Kairo, Giseh, Sakkara, Medum, Tel el Amarna, Abydos, Dendera, Luxor, Edfu, KomOmbo, Assuan, Philae und Abu Simbel. Die DVD „ÄGYPTEN – Highlights der pharaonischen Kultur“ vermittelt einen Eindruck dessen was die großen Schauplätze und Museen entlang des blauen Nils dem kulturinteressierten Reisenden bieten.
Die DVD „Highlights der Megalithkultur in Westeuropa“ zeigt kulturhistorisch bedeutende Monumente unserer Vorfahren, Kultstätten und Museen in der Bretagne, auf Malta, Gozo und Korsika, in England, Irland, Schottland, auf den Hebriden und auf den Orkneyinseln.
INHALT
Es ist die Geschichte von Achmed Omara Ali, ein Fellachensohn ohne Schulbildung, konfrontiert mit der heutigen Welt. Achmed lebt auf der Schattenseite des Lebens, am Westufer des Nils, jenseits von Luxor. Theben-West, Outside, das ist seine Adresse, das Leben seine Schule. Das Buch beschreibt neben seiner Auseinandersetzung mit den Werten des Lebens, so wie sie sich ihm darstellen, auch den Eindruck den er von Touristen hat. Achmed beobachtet und lernt, zieht daraus Schlüsse, die ihn ruhig und zufrieden machen. Am Ende ist er reicher als die, die ihm zuvor reich erschienen. So wird aus ihm ein wirklicher Prinz.
VORWORT
Die Geschichte von Achmed Omara Alientstand unmittelbar nach meiner dritten Ägyptenreise. Ich kehrte am Donnerstagabend, dem 5. März 1992, von einem einwöchigen Urlaub aus Luxor zurück. Am nächsten Morgen wachte ich auf, mit all den Bildern im Kopf, den Bauch voller Erlebnisse. Ich musste etwas schreiben, es drängte mich danach. Dass daraus ein kleines Buch entstehen sollte, das ahnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht.
Aus einigen Zeilen Reisenachbetrachtung erwuchs die Geschichte von Achmed, dem Fellachenjungen. Ich wollte nicht über ihn schreiben. Plötzlich war er da, in meinen Aufzeichnungen. Ich schrieb und schrieb, folgte nur meinen Gedanken.
Nach etwa einer Stunde habe ich zum ersten Male innegehalten und betrachtet, was vor mir lag. Es war mir als hätte ich einen Menschen ins Leben gerufen mit meinen Zeilen, einen Menschen für den ich mich nun verantwortlich fühlte.
Plötzlich existierte Achmed. Er lebte dort, wo ich mich noch vor zwei Tagen befand. Natürlich war es der Achmed den ich dort kennen gelernt hatte, der Achmed der mich so lieb begleitete, am Rande des Nils.
Ich war unsicher ob ich weiter schreiben sollte. Ich wusste nicht wohin es führt. Ich habe für eine kurze Zeit ausgesetzt. Mehrmals las ich was ich bis dahin geschrieben hatte. Dann war es klar. Ich musste fortfahren. Noch war mein Achmed ein kleines Kind. Nun musste ich ihn auch wachsen lassen. Das war ich meinem Achmed schuldig. Außerdem war ich selbst sehr neugierig, zu erfahren, wie sich sein Leben weiter gestaltete.
Ich konnte nicht mehr aufhören. Die Bilder entwickelten sich so schnell in meinem Kopf, dass ich Mühe hatte ihnen zu folgen. Ich war Chronist in diesen Stunden, habe niedergeschrieben was mir vor Augen kam. Nichts ist geplant, konzipiert, konstruiert. So wie im richtigen Leben entwickelte sich das eine aus dem anderen.
Ich wusste, während ich über heute schrieb, nicht wie es morgen weitergeht. So ist die Geschichte von Achmed mit einigen Unterbrechungen am 6. und 7. März 1992 niedergeschrieben worden. Ich habe damit keine Absicht verfolgt, sondern nur einem inneren Drang entsprochen. Ich habe schnell und flüchtig geschrieben, eher skizzenhaft. So ist es auch geblieben, ein Dokument des Augenblicks.
Im Nachhinein denke ich, dass ich damit vielleicht etwas dazu beitragen kann, die Kluft zwischen so extrem verschiedenen Lebensräumen und Lebensarten wie Ägypten und der Welt die uns prägt im Bewusstsein der an Ägyptens Kultur interessierten Reisenden zu reduzieren.
Ich habe drei Reisen in dieses Land gebraucht, um mich nicht mehr belästigt zu fühlen von den Ägyptern, die als Souvenirhändler und Anbieter von Dienstleistungen auf den Touristen oft beängstigend wirken. Aber, das ist mir schon bei der ersten Reise klar geworden, die Ägypter denen der Tourist an den Kulturstätten und im Umkreis der Hotels begegnet, das sind nicht die Ägypter"
Ägypten ist nicht nur ein Land mit faszinierenden Zeugnissen einer uralten Hochkultur, Ägypten hat wie alle nordafrikanischen Länder auch hinsichtlich seiner Menschen viel zu bieten. Aber um wirklichen Ägyptern zu begegnen muss man sich etwas fortbewegen von den Kulturstätten, nicht weit, oft nur ein paar hundert Meter.
Der Reisende wird, wenn er sich für den Lebensraum der Ägypter von heute interessiert, Bilder und Lebensweisen vorfinden, wie sie im ältesten Buch der Welt beschrieben sind. Doch dies erscheint mir sehr wichtig: Die Menschen die dort in einer für uns unbegreiflichen Einfachheit aber auch beneidenswerten Zufriedenheit leben haben ein Recht auf den Erhalt ihres Lebensraums und ihrer Traditionen. Es ist ein Lebensraum in dem alles nach uralten Regeln abläuft.
Gerade die traditionellen Wurzeln sind es die in diesem Land fünfzig Millionen Menschen davon leben lassen was das Wasser des Nils ermöglicht. Fünfzig Millionen Menschen leben ohne Krankenversicherung,Arbeitslosenunterstützung und Altersversorgung, meist in Großfamilien, in einem Land in dem es so gut wie nie regnet, in einem Land welches zu 97 Prozent aus Wüste besteht.
Jeder Eindringling, und das sind wir alle die wir in solche Länder reisen, sollte sich bewusst sein welche Verantwortung er als Mensch mit Bildung und Wissen um globale Zusammenhänge und Abhängigkeiten diesen Menschen gegenüber hat.
Respekt und Achtung vor der uralten Tradition, ein hohes Maß an Bescheidenheit und Zurückhaltung, dassollten die hervorstechenden Eigenschaften des Touristen sein.
Es sind nicht die Fotomotive die den Wert einer Ägyptenreise ausmachen, sondern die Bilder und Eindrücke die man in sich selbst aufnimmt. Daraus können sich Erkenntnisse entwickeln, die das eigene Leben positiv beeinflussen.
Donnerstag, 5. März 1992, 13.30 Uhr, im Flugzeug
Mein Gott, wie groß ist der Kontrast in der Lebensweise der Ägypter und den Menschen der westlichen Welt noch heute, trotz der uralten Hochkultur und des blühenden Tourismus. Ich möchte mit niemandem tauschen in diesem Land.
Freitag, 6. März 1992, 7.00 Uhr, in meinem Bett
Das stimmt. Dennoch, meine Welt, die mich nun wieder umgibt, muss auch verkraftet werden. Wahrscheinlich wäre Achmed, der Junge aus Theben-West, nach vier Wochen Germany todunglücklich, zumal, wenn er all das tun müsste, was junge Menschen seines Alters hier täglich tun.
Ich habe bei meinen bisherigen Reisen recht ausgiebig das Leben der Ägypter am Rande des Nils studieren können. Die Entwicklung des Landes und des Lebensraums der Menschen hat sich seit meiner ersten Reise nach Ägypten vor zwölf Jahren sprunghaft verändert. Allerdings nur im städtischen unddaran anschließenden Bereich.
In den Dörfern, durch die ich mit Achmed noch vor wenigen Tagengeritten bin, steht die Zeit still, zumindest für diejenigen, die auch tagsüber dort leben, für Frauen und Kinder. An den einzelnen Altersstufen kann man ihren Lebenszyklus unabhängig vom Geschlecht deutlich erkennen. Er steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Doch es gibt Ausnahmen, zum Beispiel Achmed.
In seinem Lebensraum ist dieser Junge, kaum auf die Welt gekommen, das Familienglück, der Erstgeborene, der Prinz. Unglaublich, mit welcher Fürsorge sich die junge Mutter um den kleinen Pascha kümmert. Kein Wunder, dass daraus ein ziemlich frecher, sehr selbstbewusster Knabe wird. Man sieht es ihm an, er weiß sich auf der Sonnenseite des Lebens.