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(...) Das hatte die Sonne auf ihren unzähligen Reisen um die Erde in all ihren Berufsjahren nicht erlebt. Tiere der unterschiedlichsten Art, auch solche, die, wie es hieß, schon von Natur aus verfeindet waren, hockten friedlich nebeneinander und sogar übereinander. Sie hatten offensichtlich Freundschaft geschlossen. (...) Die Sonne erschrak fürchterlich, als sich unter dem großen Ungeheuerohr etwas zu regen begann, die Arme eines Menschenkindes sich herausreckten, dann ein blonder Lockenschopf folgte. (...) Tinosarius hatte gerade die großen Ungeheueraugen geschlossen, da schreckte ihn ein seltsames Klappern und Klirren auf. Das seltsame Klappern und Klirren kam näher. Nun sah er ihn, den Held, auf einem seltsamen Pferd. Gefährlich sah er aus. Eine Uniform hatte er an und etwas Schwarzes umhängen, wahrscheinlich die Waffe. Das seltsame Pferd wackelte furchterregend. Der Held zitterte wie die großen Fichten im Zauberwald, wenn Tinosarius schrecklich war. (...) Zweieinhalb Kilometer von Obertrutzenhausen entfernt stand ein aufgeregt wirkender korpulenter Zirkusdirektor mit schwarzen Künstlerlocken und großem gezwirbeltem matt glänzendem Schnurrbart auf der Landstraße. Es war gleich Abendvorstellung und noch kein einziger Zirkusbesucher in Sicht. (...) Der Raubtierkäfig schlotterte, ächzte scheppernd. Ein grüner gezackter unendlich scheinender Ungeheuerhals, mit bedrohlich schwankendem schuppigem Ungeheuerkopf, schob sich aus der dunklen Höhle. Schwarze Rauchwolken stoben zischend aus den Ungeheuernasenlöchern. Die Gitterwände des Raubtierkäfigs schwankten. Ebenso die Bäume, mit ihnen die Äste, mit ihnen die Vögel. Kinder klammerten sich an die Eltern. Eltern an Eltern. Der gezackte Ungeheuerrücken streifte mit einem grässlichen Geräusch die Höhlendecke. Felsbrocken krachten polternd herunter. Bei jedem Schritt des Ungeheuers bebte der Boden, bebte die Tribüne, bebte das ganze Zirkuszelt. Das Klirren der Käfigwände übertönte fast das Gebrüll des Untiers. ...
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Seitenzahl: 36
PETER WIMMER
Die ungeheuerliche Geschichte vom ungeheuer ungeheuerlichen Ungeheuer
Das Märchen vom friedlichen Miteinander, von Freundschaft unter den Arten
Die Rechte liegen beim Autor und Verlag
Wimmer Visuelle Kommunikation
Am Lichterkopf 25
D-56112 Lahnstein
Telefon 02621/62625
www.wimmer-kommunikation.de
Ich schreibe Erzählungen, Kurzgeschichten, Märchen, Theaterstücke und Besonderheiten die sich nur schwer zuordnen lassen. Eine Zusammenfassung bieten die E-Books „Peter Wimmer, Erzählungen, Kurzgeschichten, Märchen“ und „Peter Wimmer, Theaterstücke für einen bis vier Darsteller.“
Unter dem Reihentitel “Kulturreisen individuell” erstelle ich filmische Reisedokumentationen. Dabei folge ich mit meiner Kamera den Spuren der Menschheitsgeschichte, so wie ich sie in den besuchten Reiseländern antreffe. Ich dokumentiere herausragende Kulturstätten und Landschaften, einfühlsam, sachlich, informativ.
“Schönheit, Anmut und große Architektur im alten Ägypten” das ist der Reihentitel einer 14-teiligen filmischen Dokumentation über das reiche Erbe der pharaonischen Kultur am Nil. Schauplätze sind die großen Pyramiden, Göttertempel, Totentempel, Museen und prächtig ausgestatteten Gräber in Kairo, Giseh, Sakkara, Medum, Tel el Amarna, Abydos, Dendera, Luxor, Edfu, Kom Ombo, Assuan, Philae und Abu Simbel. Die DVD „ÄGYPTEN – Highlights der pharaonischen Kultur“ vermittelt einen Eindruck dessen was die großen Schauplätze und Museen entlang des blauen Nils dem kulturinteressierten Reisenden bieten.
Die DVD „Highlights der Megalithkultur in Westeuropa“ zeigt kulturhistorisch bedeutende Monumente unserer Vorfahren, Kultstätten und Museen in der Bretagne, auf Malta, Gozo und Korsika, in England, Irland, Schottland, auf den Hebriden und auf den Orkneyinseln.
Die ungeheuerliche Geschichte vom ungeheuer ungeheuerlichen Ungeheuer
Sie sind schon seit langem nicht mehr gefragt. Früher, ja, da waren sie bekannt. In jedem Märchenbuch, in alten Sagen und Heldengeschichten wirkten sie mit. Da gab es bedeutende unter ihnen. Ungeheuer die so schrecklich waren, dass ganze Völker vor ihnen zitterten.
Sie hatten auch wichtige Aufgaben, damals. Sie bewachten Schätze. Aber wo gibt es heute noch Schätze? Sie bewachten Eingänge zu Unterwelten. Aber wo gibt es heute noch Unterwelten? Die wundersamsten Berichte gab es über sie. Aber wo gibt es heute noch Wunder?
Manche Berichte waren freilich übertrieben, besonders was ihre Schrecklichkeit anbelangte. In Wirklichkeit waren Ungeheuer nämlich gar nicht schrecklich. Aber weil früher für diese Geschichten schreckliche Ungeheuer gebraucht wurden spielten sie diese Rolle. Der Nahrungsbedarf eines Ungeheuers ist groß. Da kam so ein kleiner Nebenverdienst oftmals gerade recht.
Übrigens, wenn du glaubst Ungeheuer würden hauptsächlich Menschen fressen, dann täuschst du dich. Ungeheuer fressen niemals Menschen. Sie tun nur so in den Geschichten, in den Märchen, in den Sagen, damit sie schrecklich wirken. Das erwartet man von ihnen. Das gehört zu ihrer Rolle.
Heute ist das ganz anders. Heute gibt es ja keine Märchen und keine Sagen mehr. Wer braucht da noch Ungeheuer? Die Menschen von heute lesen ja auch keine Bücher mehr mit Geschichten über Helden, über Schätze und verwunschene Prinzen. Es gibt keine richtigen Helden mehr und keine richtigen Prinzen. Erst recht keine verwunschenen. So ist das.
Doch Ungeheuer gibt es immer noch. Das weiß nur niemand, außer mir. Komm mit in den Zauberwald. Ja, du hast richtig gelesen. In den Zauberwald. Dort leben die Ungeheuer. Ich zeige sie dir. Hab keine Angst. Sie fressen wirklich keine Menschen.
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"Tinosarius was ist los mit dir? Du träumst wohl wieder. Auf auf, Kopf hoch. Oder bist du schon eingeschlafen? Wie viele Zähne hat ein Ungeheuer?"
"Was? Zähne? Eh, eh ... 64, nein 92, nein 136, nein ..."
"Genug. Ich sehe, du hast dich wieder überhaupt nicht vorbereitet. Was treibst du eigentlich den lieben langen Tag? Das wird mit dir noch ein schlimmes Ende nehmen. Du wirst nie ein richtiges Ungeheuer. Schäm dich. Stell dich in die Ecke und zähle still bis 296. So viele Zähne haben wir Ungeheuer. Aber zehnmal zählen. Zehnmal. Hast du gehört? Auf, in die Ecke!"
Da stand er nun, klein und jämmerlich. Gar nicht wie ein Ungeheuer. Die Mitschüler lachten schadenfroh. Und er zählte, leise, zehnmal bis 296. Nicht wirklich zehnmal. Nach dem achten Mal, bei 134, läutete die Pausenglocke.
Draußen auf dem Schulhof war er das, was er sein wollte, ein ungeheuer ungeheuerliches Ungeheuer. Er versetzte seine Mitschüler jeden Tag in Angst und Schrecken. Schlimme Dinge dachte er sich aus. Das machte ihn nicht beliebt. Aber das wollte er ja auch nicht sein. Tinosarius hatte seine Vorbilder in den Ungeheuern der alten Zeit. Er wollte seiner Art Ehre machen. Er träumte davon, so wie seine Urahnen, in Sagen und Märchen mitzuwirken.
Schrecklichsein war ja auch immer noch ein Unterrichtsfach in der Ungeheuerschule. Keiner seiner Kameraden nahm dieses so ernst wie er. Die meisten belächelten seinen Eifer. Doch der Lehrer für Schrecklichsein lobte ihn sehr. Einmal sagte er: "Tinosarius, du hast das Zeug zu einem wirklich großen Ungeheuer. Wenn du so weitermachst wird die Welt von dir berichten."
Das tat ihm gut. Genau das wollte er. Die Welt sollte über ihn berichten. Für alle Zeiten wollte er verewigt sein, in Büchern. Die Helden der Welt sollten sich mit ihm messen. Er würde sie