Der Profikiller - Günter Dönges - E-Book

Der Profikiller E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Lady Agatha Simpson fühlte sich belästigt. Die majestätisch aussehende, schon ein wenig angejahrte Dame, die ihr Alter seit Jahren konstant mit sechzig bezifferte, saß auf der Terrasse eines kleinen Strandcafés und wollte sich gerade intensiv mit einem Stück Torte befassen. Die drei jungen Rowdies aber hinderten sie daran. Sie standen hinter Lady Agatha und führten ein wenig anzügliche Reden. Sie ließen sich über das vermutliche Körpergewicht der Dame aus, diskutierten über ihren Hut, der ein wenig an den Südwester eines Fischers erinnerte, und kamen zu dem kühnen Schluß, die resolute Frau sei mit einer Schreckschraube durchaus zu vergleichen. Lady Agatha ließ sich nicht leicht aus der Ruhe bringen, wie sie stets behauptete. In Wirklichkeit verfügte sie über ein rassiges Temperament und wartete stets auf ihre Stunde, die immer wieder kam ... Sie saß allein am Tisch, obwohl zwei Stücke Sahnetorte serviert worden waren. Ihre Gesellschafterin Kathy Porter hatte sich vor wenigen Minuten entschuldigt, um einige Ansichtskarten zu kaufen. Agatha Simpson geriet wegen der drei Flegel keineswegs in Panik, schaute allerdings indigniert hoch, als einer der jungen Männer ohne jede Erlaubnis nach ihrem Tortenstück griff, um es sich in den Mund zu schieben. Fremde Hilfe war in dieser Ecke der weiten Terrasse nicht zu sehen. Lady Simpsons Tisch stand verborgen hinter großen Topfpalmen und dicht gefüllten Blumentöpfen. Sie war vom eigentlichen Café aus nicht zu sehen. Das nutzten die drei Rowdies aus, die über die Begrenzungsmauer gekommen waren. Leicht angetrunken suchten sie Streit, wollten sich zumindest einmal wirklich überlegen und stark fühlen, Widerstand war von dieser Dame

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Butler Parker – 124 –

Der Profikiller

Günter Dönges

Lady Agatha Simpson fühlte sich belästigt.

Die majestätisch aussehende, schon ein wenig angejahrte Dame, die ihr Alter seit Jahren konstant mit sechzig bezifferte, saß auf der Terrasse eines kleinen Strandcafés und wollte sich gerade intensiv mit einem Stück Torte befassen. Die drei jungen Rowdies aber hinderten sie daran.

Sie standen hinter Lady Agatha und führten ein wenig anzügliche Reden. Sie ließen sich über das vermutliche Körpergewicht der Dame aus, diskutierten über ihren Hut, der ein wenig an den Südwester eines Fischers erinnerte, und kamen zu dem kühnen Schluß, die resolute Frau sei mit einer Schreckschraube durchaus zu vergleichen.

Lady Agatha ließ sich nicht leicht aus der Ruhe bringen, wie sie stets behauptete. In Wirklichkeit verfügte sie über ein rassiges Temperament und wartete stets auf ihre Stunde, die immer wieder kam ...

Sie saß allein am Tisch, obwohl zwei Stücke Sahnetorte serviert worden waren. Ihre Gesellschafterin Kathy Porter hatte sich vor wenigen Minuten entschuldigt, um einige Ansichtskarten zu kaufen. Agatha Simpson geriet wegen der drei Flegel keineswegs in Panik, schaute allerdings indigniert hoch, als einer der jungen Männer ohne jede Erlaubnis nach ihrem Tortenstück griff, um es sich in den Mund zu schieben.

Fremde Hilfe war in dieser Ecke der weiten Terrasse nicht zu sehen. Lady Simpsons Tisch stand verborgen hinter großen Topfpalmen und dicht gefüllten Blumentöpfen. Sie war vom eigentlichen Café aus nicht zu sehen. Das nutzten die drei Rowdies aus, die über die Begrenzungsmauer gekommen waren.

Leicht angetrunken suchten sie Streit, wollten sich zumindest einmal wirklich überlegen und stark fühlen, Widerstand war von dieser Dame nicht zu erwarten, meinten sie.

Lady Simpson reagierte auf den Mundraub beherrscht und souverän. Ihre rechte Hand griff nach dem perlenbestickten Pompadour, der vor ihr auf dem kleinen runden Tisch lag. Bruchteile von Sekunden später schwang dieser Pompadour über Agatha Simpsons Schulter hinweg und landete auf dem Handrücken des völlig überraschten Tortenräubers. Da der perlenbestickte Handbeutel an starken Schnüren hing, hatte er viel Energie mitbekommen, die er an den Handrücken weitergab.

In der Hand des Flegels aber befand sich nun das bereits erwähnte Tortenstück. Die Katastrophe war also unvermeidlich. Die Sahne legte sich wie eine Schönheitsmaske auf das Gesicht des jungen Mannes und wurde teilweise auch in die Mundhöhle getrieben.

Ein mittelschwerer Erstickungsanfall war das erste Resultat. Dann jaulte der Flegel auf und fühlte sich für einige Augenblicke blind. Die Sahne verklebte ihm nämlich auch die Augen. Der Rowdy fuchtelte mit den Händen verzweifelt in der Luft herum und fühlte sich gedemütigt.

Die beiden anderen Flegel brüllten vor Schadenfreude und lachten. Mit dieser Reaktion hatten sie gewiß nicht gerechnet. Sie fanden sie neckisch. Dann aber besannen sie sich auf ihre ursprüngliche Absicht und warfen sich auf die ältere Dame. Sie wollten ihr mal kurz zeigen, wer hier das Sagen hatte.

Doch Lady Simpson machte es ihnen deutlich klar. Sie hatte sich bei der Bedienung für Kaffee entschieden, in Anbetracht der Situation verzichtete sie aber auf ihn. Er wurde nun für andere Dinge gebraucht.

Dem zweiten Rowdy goß sie den Inhalt der Kaffeetasse kurzerhand ins Gesicht. Während der junge Mann aufheulte, ergriff Agatha Simpson das Tortenstück, das für Kathy Porter gedacht war. Sie drückte es samt dem Teller ins Gesicht des dritten Rowdy.

Der Mann glaubte zu ersticken, ruderte ebenfalls mit den Armen in der Luft und bekam nicht mit, daß die Aktivitäten seiner Gegnerin noch lange nicht erschöpft waren. Lady Simpson ergriff einen der Blumentöpfe und benutzte ihn als eine Art Dampframme. Sie setzte den nicht gerade kleinen Topf auf die Köpfe der drei Flegel, die dieser Beanspruchung nicht gewachsen waren. Sie gingen nacheinander in die Knie und ließen sich auf dem weißschwarzen Kies nieder.

Agatha Simpson nahm wieder Platz. Sie kümmerte sich nicht weiter um die Nichtsnutze, die diese Burschen in ihren Augen waren. Sie nickte der zurückkehrenden Kathy Porter freundlich zu.

»Mylady«, sagte Kathy überrascht und deutete auf die drei Tiefschläfer. »Sind Sie belästigt worden?«

»Wir wollen doch nicht übertreiben, Kindchen«, meinte die selbstbewußte Dame gelassen. »Sie wollten ihren Spaß haben und bekamen ihn. Reden wir nicht mehr darüber. Bestellen Sie zwei neue Stückchen Sahnetorte, Kathy. Vielleicht auch drei. Die körperliche Bewegung scheint meinen Appetit geweckt zu haben.«

*

Josuah Parker durchfuhr so etwas wie ein elektrischer Schlag. Er blieb selbstverständlich beherrscht und verlor nicht für eine Sekunde die Selbstbeherrschung. Sein glattes Gesicht zeigte keine Regung.

Er saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und näherte sich dem Strandcafé, um Lady Simpson und Kathy Porter abzuholen. Vor dem Café aber hatte er gerade einen Krankenwagen entdeckt, der von neugierigen Passanten umringt wurde. Parker entdeckte auch einen Streifenwagen der Polizei und ahnte, daß im Bannkreis seiner Herrin etwas geschehen sein mußte.

Josuah Parker arbeitete nun schon seit geraumer Zeit als Butler für die skurrile, immens reiche Dame. Sie war für jede Überraschung gut. Lady Simpson ging mit sehr viel Freude ihrem Hobby nach, Kriminalfälle aufzuklären, an denen die zuständigen Behörden sich die Zähne ausbissen. Darüber hinaus plante die aktive Dame, so schnell wie möglich einen Kriminal-Bestseller zu schreiben. Es war ihr Ehrgeiz, eine gewisse Agatha Christie nach allen Regeln der Kunst in den Schatten zu stellen.

Bisher hatte die Lady sich allerdings noch nicht für einen bestimmten Stoff entschieden. Sie suchte weiter nach ihm und geriet dabei von einem Kriminalfall in den anderen. Sie nahm jede noch so geringe Herausforderung an und hatte dementsprechend ihre Schwierigkeiten.

Als Parker den Krankenwagen und das Polizeifahrzeug sah, sorgte er sich verständlicherweise um seine Herrin. Hatte sie es wieder mal geschafft, in ein Fettnäpfchen zu treten? War sie diesmal an die falschen Leute geraten? Sollte sie jetzt in ein Hospital geschafft werden?

Josuah Parker hielt seinen Privatwagen an. Es handelte sich um ein ehemaliges Londoner Taxi, das nach seinen Wünschen und Vorstellungen aufgewertet worden war. Nach außen hin war es ein Taxi geblieben, doch unter der eckigen Karosserie war dieser Wagen ein wahres Wunderwerk der Technik geworden. Es handelte sich im Grund um eine fahrbare Trickkiste, vor der selbst routinierte Gangster immer wieder zurückschreckten.

Der Butler nahm den Umweg durch das Café, erreichte die Terrasse und atmete erleichtert auf. Agatha Simpson saß vor dem kleinen Tisch und befaßte sich gerade mit einem Stück Sahnetorte. Kathy Porter war ebenfalls nichts geschehen. Sie unterhielt sich mit einem uniformierten Sergeant.

»Mylady hatten Ungemach?« erkundigte sich Parker, während er seine schwarze Melone lüftete.

»Wieso ich?« gab die ältere Dame heiter zurück. »Fragen Sie lieber diese Flegel!«

»Mylady wurden belästigt?«

»Kaum«, lautete ihre Antwort. »Die Kerle wurden aufdringlich, und jetzt freuen sie sich auf ärztliche Behandlung.«

Nein, sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie schob sich das letzte Stück Torte in den Mund und sah desinteressiert auf die Krankenträger, die die drei jungen Rowdies gerade transportfähig machten.

Völlig verstört musterten die ihre Gegnerin mit größter Scheu. Sie wirkten nicht mehr angetrunken. Lady Agathas Therapie hatte sie vollkommen ernüchtert.

»Darf ich mich erkühnen, eine weitere Frage zu stellen?« Parker deutete eine knappe, respektvolle Verbeugung an.

»Erkühnen Sie sich!« Agatha Simpson nickte gewährend.

»Glauben Mylady an eine gezielte Belästigung?«

»I wo, Mr. Parker. Diese Burschen stach einfach der Hafer. Vergessen wir sie. Sie bringen gute Nachrichten?«

»In Myladys Sinn mit größter Wahrscheinlichkeit. Sir Paul ist unverständlicherweise während einer Segelpartie durch Ertrinken ums Leben gekommen, wie der hier zuständige Chief-Inspektor berichtet.«

»Unverständlicherweise?« Die Augen der passionierten Detektivin funkelten interessiert.

»Sir Paul, Mylady war, wenn ich erinnern darf, ein ausgezeichneter Schwimmer. Ferner herrschten am Unglückstag beste Wetterbedingungen, wie man meiner bescheidenen Wenigkeit versicherte. Es bleibt rätselhaft, wieso Sir Paul über Bord seines Segelbootes fallen und dann ertrinken konnte.«

»Also ein Verbrechen!« Agatha Simpson lächelte erstaunlicherweise, obwohl Sir Paul schließlich ein entfernter Verwandter von ihr war.

»Die letzte Wahrheit, Mylady, wird man wohl kaum in Erfahrung bringen können.«

»Papperlapapp, Mr. Parker! Wir werden dieses Verbrechen aufklären, verlassen Sie sich darauf! Mir streut man keinen Sand in die Augen! Sir Paul ist umgebracht worden. Stellen Sie fest, wer an seinem Tod verdient! Das ist wahrscheinlich schon der Schlüssel zu meinem neuen Fall.«

»Wie Mylady wünschen.« Josuah Parker seufzte innerlich auf. Ihm war klar, daß die nächsten Tage und Wochen mit Sicherheit nicht ruhig verliefen.

*

»Die Morgenpost, Mylady.«

Butler Parker hatte das große Frühstückszimmer betreten und präsentierte das Silbertablett, auf dem die Briefe und Prospekte lagen. Agatha Simpson frühstückte gerade zusammen mit ihrer Gesellschafterin und Sekretärin Kathy Porter. Das ungleiche Paar war zurück nach London gekommen und zur Tagesordnung übergegangen. Die Nachforschungen in Sachen Sir Paul hatten leider kein Ergebnis gezeigt.

Seit dem Aufenthalt an der Küste war gut eine Woche verstrichen. Dennoch war der Fall Sir Paul nicht zu den Akten gelegt worden. Genau das Gegenteil war sogar der Fall. Es zeichneten sich unheimliche Dinge ab, die mehr sein mußten als eine unglückliche Verkettung sonderbarer Umstände.

»Haben Sie die Post bereits durchsortiert, Mr. Parker?« fragte die Detektivin, während sie nach der Post griff.

»Offensichtlich ein weiterer Trauerfall, Mylady.« Butler Parker deutete auf einen schwarz umrandeten Brief. »Er stammt aus dem Hause Putnam, wie es der Absender aus weist.«

»Du lieber Himmel!« Die ältere Dame öffnete den Umschlag und holte die Todesanzeige hervor. Sie überflog den Text und reichte das Papier an ihren Butler weiter. »Sir George ist nun auch gestorben. Das stimmt mich nachdenklich, Mr. Parker.«

»Sehr wohl, Madam.« Parker enthielt sich jeden Kommentars.

»Zuerst Sir Paul, dann Walter Lesterfall und nun Sir George. Wie finden Sie das, Mr. Parker?«

»Eine, wenn ich es so ausdrücken darf, bestürzende Folge von schlechten Nachrichten, Mylady.«

»Überraschend verschieden...« Agatha Simpson ließ sich noch mal die Todesanzeige reichen. »Das sagt mir gar nichts. Ich werde Lady Putnam anrufen, obwohl ich sie nicht ausstehen kann.«

»Das Telefon, Mylady.« Parker holte den Apparat vom Sideboard und baute das Telefon vor seiner Herrin auf. Er suchte im Verzeichnis nach der Rufnummer und wählte sie. Nachdem die Verbindung hergestellt worden war, reichte er der Lady den Hörer.

Das Gespräch dauerte nur wenige Minuten.

Als Agatha Simpson den Hörer auflegte, funkelten ihre Augen.

»Sie werden es nicht glauben, Mr. Parker«, sagte sie und machte dabei einen zufriedenen Eindruck. »Sir George kam bei einem Sportunfall ums Leben.«

»Das ist in der Tat erstaunlich, Mylady. Darf ich mich erkühnen, nach der speziellen Sportart zu fragen?«

»Sir George rutschte bei seinem üblichen Morgenlauf eine Böschung hinunter und brach sich das Genick.«

»Sportler scheinen meiner bescheidenen Ansicht nach sehr gefährlich zu leben, Mylady.«

»Das denke ich allerdings auch, Mr. Parker. Fassen Sie noch mal zusammen!«

»Sir Paul ertrank während einer Segelpartie, Mr. Lesterfall verschied tragischerweise vor wenigen Tagen während einer Motorradfahrt, und Sir George rutschte den bereits erwähnten Abhang hinunter.«

»Und das alles läßt Sie kalt, Mr. Parker?« Leichte Empörung klang in Lady Simpsons Stimme.

»Erfreulicherweise, Mylady huldige ich keiner Sportart«, sagte der Butler ausweichend.

»Papperlapapp, Mr. Parker. Sie wissen genau, was ich meine.«

»Gewiß, Mylady. Zufall oder Absicht, das dürfte die entscheidende Frage sein.«

»Und ob, Mr. Parker! Und wenn Sie mich fragen, so glaube ich an Absicht.«

»Zumal die so bedauerlich Verschiedenen größere Vermögen hinterlassen.«

»Na, endlich haben Sie begriffen«. Agatha Simpson nickte erleichtert. »Manchmal sind Sie ziemlich begriffsstutzig, Mr. Parker.«

»Wie Mylady wünschen.«

»Gezielte Morde wurden als Sportunfälle getarnt, Mr. Parker.«

»Dieser Verdacht, Mylady, bietet sich in der Tat an.«

»Und alles geschieht nach einem ganz bestimmten System, Mr. Parker.«

»Eine erregende Vorstellung, Mylady.«

»Nur eine Person scheint alle diese Morde inszeniert und ausgeführt zu haben.«

»Ich möchte nicht widersprechen, Mylady.«

»Das möchte ich Ihnen auch nicht raten.« Sie sah ihn grimmig an. »Vielleicht haben wir es aber auch statt nur mit einem mit mehreren Tätern zu tun, die aber alle zentral gesteuert werden.«

»Durchaus vorstellbar, Mylady.« Parker blieb zurückhaltend.

»Diese Zentrale werden wir finden und ausheben, Mr. Parker.«

»Ein äußerst schwieriges Unterfangen, Mylady, wenn ich es so umschreiben darf.«

»Wenn schon, Mr. Parker. Lassen Sie sich gefälligst etwas einfallen, wie man die Sache angehen könnte! Mit solchen Kleinigkeiten gebe ich mich nicht ab.«

»Wie Mylady befehlen.« Parker deutete eine Verbeugung an. »Ich werde, Myladys Einverständnis vorausgeschickt, mit zuständigen Kontaktleuten Gespräche führen. Mylady sollten aber keine Wunder erwarten.«

»Ich erwarte Ergebnisse, Mr. Parker.« Sie wirkte etwas versöhnlicher. »Ich bin gespannt, wann wir die nächste Todesanzeige erhalten.«

*

Patricia Smithonian war eine sportliche Dame, die viel von körperlicher Ertüchtigung hielt.

Sie war schon seit geraumer Zeit Witwe, lebte auf einem herrlichen Landsitz in Sussex und ließ sich von den aufmerksamen Mitbürgern ihrer großen Familie verwöhnen.

Man tat das gern, denn sie besaß viel Geld und war das, was man eine reiche Erbtante nannte. Lady Patricia war mittelgroß und schlank. Sie wurde hinter der vorgehaltenen Hand ihrer Familienmitglieder ein ungemein zähes Luder genannt. Weit über fünfundsechzig Jahre alt, erfreute sie sich bester Gesundheit.

An diesem Morgen verlief erst mal alles wie üblich.

Lady Patricia stand um sechs Uhr auf, streifte ihren Badeanzug über und warf dann den bis zu den Fußknöcheln reichenden Bademantel über. Sie schlüpfte in Sandalen und verließ ihr Schlafzimmer.

Es gehörte zu den ungeschriebenen Regeln ihres Lebens, vor dem Frühstück im kleinen See zu schwimmen. Sie haßte Swimming-pools und temperaturgeregeltes Wasser. Selbst im kalten englischen Winter, der allerdings kaum Schnee brachte, verzichtete sie nicht auf dieses Training.

Der kleine See lag hinter einer übermannshohen Hecke am Ende des Parks. Es gab hier ein kleines Badehaus, einen Landesteg für das Boot und einen Uferstreifen, der nicht mit Schilf bewachsen war. Das war genau die Stelle, wo Lady Patricia jeden Morgen anzutreffen war.

Im leichten Dauerlauf lief die schlanke, zähe Frau hinunter zum See, streifte den Bademantel ab und stieg ins Wasser. Sie fühlte sich ausgezeichnet an diesem Morgen und im Vollbesitz ihrer Kräfte. Als sie bis zu den Hüften im Wasser war, beugte sie sich vor und glitt schwimmend weiter. Etwa hundert Meter lang war der kleine See. Sie wollte hinüber zu den Weiden und dann wieder zurück. Das entsprach einer Strecke von etwa zweihundert Metern, leicht zu schaffen für sie, denn sie war eine ausgezeichnete Schwimmerin.

Als sie am Schilfgürtel entlangschwamm, stoben zwei Enten hoch, protestierten quarrend und verschwanden im Ufergebüsch. Lady Patricia achtete nicht weiter darauf und schöpfte auch dann noch kein Mißtrauen, als sich einige Schilfbüschel heftig bewegten. Ruhig und erstaunlich kraftvoll schwamm sie weiter.

Doch schon nach wenigen Sekunden spürte sie eine seltsame Berührung an ihrem linken Fuß. Er war gegen etwas Weiches gestoßen. Lady Patricia dachte selbstverständlich an einen Karpfen, die hier im kleinen See schwammen, aber eine gewisse Unruhe erfaßte sie doch. Normalerweise wichen Fische ihr aus.

Dann spürte sie die Hand, die sich um ihren linken Fußknöchel legte. Patricia Smithonian dachte sofort an einen ihrer Gäste im Landsitz und wurde wütend. Das war ein mehr als schlechter Scherz. Sie trat mit dem freien Fuß nach der Hand und... spürte eine zweite Hand. Dann ein harter und energischer Ruck, und Lady Patricia wurde unter Wasser gezogen.

Sie schluckte mehr Wasser, als sie wollte. Sie strampelte, versuchte freizukommen, empfand eine schreckliche Todesangst und wehrte sich mit der Kraft der Verzweiflung.

Lady Patricia bekam ihren rechten Fuß noch mal frei, trat gegen einen Körper, von dem der Fuß abrutschte, traf auf etwas Stählernes und riß dann verzweifelt den Mund auf. Sie schluckte Wasser, verlor die Besinnung und merkte nicht mehr, daß sie immer tiefer nach unten gezerrt wurde.

Minuten später stieg ihr Körper wieder zurück an die Wasseroberfläche. Er trieb unmerklich zum Bootshaus. Der kleine Bach, der durch den Teich floß, besorgte das langsam und fast zögernd. In der Höhe des Bootsstegs verfing ihr Körper sich im dichten Schilf.

*

Josuah Parker lüftete höflich die schwarze Melone, als er aus dem Fahrstuhl trat.

Er sah sich einem jungen, stämmigen Mann gegenüber, der ihn kühl und kritisch musterte. Dieser junge Mann saß hinter einem kleinen Tisch vor der Korridortür und schien sich bisher gelangweilt zu haben. Er stand jetzt schnell und geschmeidig auf.

»Sie wünschen?« fragte er ein wenig herablassend.

»Parker, mein Name«, stellte der Butler sich vor, »Josuah Parker. Ich möchte Mr. Lordans sprechen.«