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Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Bereitsein ist alles», sagte Major Williams und wies voller Stolz auf die Batterie von Fernrohren, Stativen und Foto- und Filmapparaten, die unter einem Schutzdach nahe der Turmbrüstung standen. Die diversen Optiken waren auf den See hinausgerichtet und mußten ein kleines Vermögen gekostet haben. »Darf ich unterstellen, Sir, daß Sie fest damit rechnen, das Ungeheuer von Loch Ness abzulichten?« erkundigte sich Josuah Parker. »Hundertprozentig«, gab Major Williams zurück und zupfte einen Putzlappen aus der Innentasche seiner bunten Weste. Dann begann er das Gehäuse der Optiken peinlich genau abzuwischen und zu polieren. Major Williams war etwa 65 Jahre alt, mittelgroß und der Besitzer eines kleinen Bauches. Er hatte ein rosiges, sehr gepflegtes Gesicht, listige, graue Augen und einen Schnurrbart, der offensichtlich dunkel eingefärbt war. Sein Haar war schütter und wies bereits große Kahlschläge auf. Williams lief grundsätzlich nur im schottischen Kilt herum, dessen Saum um seine nackten, vollen Knie spielte. Die bunten Strümpfe endeten in derben Schuhen. »Wissen Sie«, sagte Major Williams und drehte sich plötzlich fast abrupt zu Parker um. »Ende vergangener Woche habe ich das Monster wieder gesehen. Nur ganz kurz, als wollte es mich foppen.« »Sie haben das Ungeheuer von Loch Ness bereits gesehen?« »Mit meinen eigenen Augen«, bestätigte Major Williams und nickte. »Es tauchte auf für drei, vier Sekunden und sah mich an.
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Seitenzahl: 125
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»Bereitsein ist alles», sagte Major Williams und wies voller Stolz auf die Batterie von Fernrohren, Stativen und Foto- und Filmapparaten, die unter einem Schutzdach nahe der Turmbrüstung standen. Die diversen Optiken waren auf den See hinausgerichtet und mußten ein kleines Vermögen gekostet haben.
»Darf ich unterstellen, Sir, daß Sie fest damit rechnen, das Ungeheuer von Loch Ness abzulichten?« erkundigte sich Josuah Parker. »Hundertprozentig«, gab Major Williams zurück und zupfte einen Putzlappen aus der Innentasche seiner bunten Weste. Dann begann er das Gehäuse der Optiken peinlich genau abzuwischen und zu polieren.
Major Williams war etwa 65 Jahre alt, mittelgroß und der Besitzer eines kleinen Bauches. Er hatte ein rosiges, sehr gepflegtes Gesicht, listige, graue Augen und einen Schnurrbart, der offensichtlich dunkel eingefärbt war. Sein Haar war schütter und wies bereits große Kahlschläge auf.
Williams lief grundsätzlich nur im schottischen Kilt herum, dessen Saum um seine nackten, vollen Knie spielte. Die bunten Strümpfe endeten in derben Schuhen.
»Wissen Sie«, sagte Major Williams und drehte sich plötzlich fast abrupt zu Parker um. »Ende vergangener Woche habe ich das Monster wieder gesehen. Nur ganz kurz, als wollte es mich foppen.«
»Sie haben das Ungeheuer von Loch Ness bereits gesehen?«
»Mit meinen eigenen Augen«, bestätigte Major Williams und nickte. »Es tauchte auf für drei, vier Sekunden und sah mich an. Mit fast menschlichen Augen, listig und voller Spott, als hätte es gewußt, daß ich keinen Fotoapparat bei mir hatte.«
»Ich muß gestehen, daß ich beeindruckt bin«, räumte Parker ein.
»Das war nicht das erste Mal, daß Nessie mir begegnete«, redete Williams weiter. »Es vergeht kaum eine Woche, daß wir uns sehen.«
»Demnach scheinen Sie ein durchaus intimes Verhältnis zum Ungeheuer von Loch Ness zu haben, Sir.« Parkers Gesicht blieb undurchdringlich.
»Intimes Verhältnis. Das ist es!« Major Williams nickte nachdrücklich. »Aber Nessie ist schlau. Es läßt sich einfach nicht fotografieren. Doch eines Tages werde ich es überlisten. Und dann werde ich der Welt beweisen, daß es Nessie gibt.«
Während er noch sprach, beugte er sich über das Okular eines Fernrohrs und suchte den See ab. Parker, der seitlich hinter dem Major stand, brauchte kein Fernrohr, um die einmalige Schönheit der Landschaft in sich aufzunehmen. Der langgestreckte See war eingebettet in eine bergige Landschaft mit teils sanften, teils schroffen Uferpartien. Die bewaldeten Hügel und Berge wirkten wie eine kostbare Fassung, die einen Edelstein umschließt.
Parker war ehrlich froh darüber, daß sein junger Herr sich ausgerechnet für Loch Ness entschieden hatte. Hier wollte er für eine Woche Ferien machen und dem Angelsport frönen. Vivi Carlson hingegen, Randers Sekretärin, erhoffte sich von diesem Besuch natürlich, das sagenhafte Ungeheuer von Loch Ness zu sehen.
Das Trio Parker, Rander und Vivi Carlson wohnte in einer altehrwürdigen Pension, die Major Williams geerbt und weitergeführt hatte. Bis auf seine Loch-Ness-Monster-Marotte war der ehemalige Major Ihrer Majestät ein erstklassiger Gastronom und Hotelier.
Die Pension stand auf den Mauern und Resten einer ehemaligen Benediktiner-Abtei. Das Haus mit seinen trotzigen Mauern glich einem Schloß, einem wehrhaften Schloß sogar. Davon zeugte der eckige und hohe Turm, auf dessen Plattform sich Parker und Major Williams befanden.
Nicht weit von dieser Hotelpension entfernt erhob sich am Ufer des Castle Urquhart, jener Uferpartie, von wo aus man das Ungeheuer von Loch Ness am häufigsten gesehen haben wollte.
»Geben wir uns keinen Hoffnungen hin«, meinte Major Williams und richtete sich auf. »Nessie will heute nicht. Es weiß bestimmt, daß ich hier oben auf dem Turm bin!«
»Ein intelligentes Tier«, stellte Parker fest, »es müßte inzwischen ein methusalemisches Alter erreicht haben, nicht wahr?«
»Richtig, Mister Parker«, bestätigte Major Williams. »1932 wurde es zum erstenmal in den Zeitungen erwähnt, aber in Wirklichkeit, das geht aus alten Klosterschriften hervor, wurde es bereits vor Jahrhunderten gesehen.«
»Eine bemerkenswerte Fähigkeit des Überlebens«, stellte Parker fest.
»Nicht wahr?« Major Williams nickte fast selbstzufrieden, »aber es hat ja schließlich keine Feinde.«
»Woher stammt es Ihrer Ansicht nach?«
»Aus dem Erdtertiär«, kam prompt die Antwort. »Durch Erdverschiebungen wurde damals Loch Ness zu einem riesigen Binnensee. Die darin befindlichen Tiere wurden von dem späteren Entwicklungs- und Ausleseprozeß ausgenommen und konnten sich ungestört weiter fortpflanzen.«
»Eine bestechende Theorie, Sir!«
»Die wissenschaftlich fast bewiesen ist«, erklärte Major Williams. »Sobald ich aber die entscheidenden Fotos besitze, wird die Wissenschaft ihre echte Sensation haben.«
*
»Ein reizender, alter Bursche«, meinte Anwalt Rander lächelnd, nachdem Parker seinen Bericht erstattet hatte. »Hoffentlich bekommt er irgendwann mal seine Fotos.«
»Sie glauben an das Ungeheuer von Loch Ness?« Vivi Carlson, die sich mit Parker in Randers Hotelzimmer befand, sah den jungenhaft aussehenden Anwalt lächelnd an.
»Ich hoffe, daß es existiert«, erwiderte Rander, »wäre doch mal eine nette Abwechslung in unserer technisierten Welt, finden Sie nicht auch?«
»Wie soll es denn aussehen?« fragte Vivi, sich an den Butler wendend.
»Eine etwas abstruse Kreuzung zwischen einer riesigen Seeschlange, einem Drachen und einem Wal mit Schlangenkopf«, erläuterte der Butler höflich, »der Phantasie dürften kaum Grenzen gesetzt sein.«
»Hört sich ja direkt unheimlich an«, meinte Vivi und schüttelte sich in gespieltem Entsetzen.
»Ich fahre raus auf den See, angeln«, sagte Rander zu Vivi. »Kommen Sie mit, vielleicht beißt Nessie an!«
»Gern«, sagte die reizende Vivi, »ich zieh mich schnell um.« Sie stand auf und verließ Randers Eckzimmer, durch dessen Fenster man weit auf den See hinaussehen konnte.
Rander wartete, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte.
»Was machen unsere beiden Dauerschatten?« erkundigte er sich dann bei Parker.
»Nach meinen Ermittlungen sind die Herren Cleveland und Longless bisher noch nicht in Erscheinung getreten«, erwiderte Josuah Parker gemessen, »aber man sollte wohl sicherheitshalber, davon ausgehen, daß sie unsere Spur aufgenommen haben.«
»Was soll ich außer dem Angelgerät mit aufs Wasser nehmen?« fragte Rander.
»Ich werde alles vorbereiten, Sir«, gab der Butler zurück, »ich denke, daß man außer einer Handfeuerwaffe vielleicht noch ein zusammensetzbares Gewehr vom Kaliber 22 mitnehmen sollte. Es ließe sich unauffällig in einem zusätzlichen Angelgerätköcher unterbringen.«
»Ich verlasse mich ganz auf ihre Erfahrung, Parker.« Rander nickte ernst. »Hoffen wir, daß wir es nur mit Nessie zu tun haben werden. Mein Bedarf an Abenteuern ist bereits reichlich gedeckt.«
*
Cleveland und Longless, die beiden Superkiller aus den Staaten, hatten es sich am Seeufer bequem gemacht und beobachteten die burgartige Hotelpension.
Sie waren schon seit einigen Wochen hinter Parker und Rander her. Sie hatten den strikten Auftrag, diese beiden Männer ins Jenseits zu befördern. Rander und Parker hatten einen der ganz großen Männer des Syndikats in einen Prozeß verwickelt und dafür gesorgt, daß es zu einer Anklage kam.
Pikanterweise war dieser große Boß des Syndikats der Vater von Longless, und Longless senior hatte die einmalige Gelegenheit gesehen, seinen Junior richtig erziehen zu lassen. Der Junge sollte endlich in die Welt des Syndikats eingeführt werden. Dazu war Cleveland engagiert worden, der nun als Ausbilder und Lehrmeister fungierte.
Longless, total unbegabt und ein Elefant im Porzellanladen, war ein Riesenbaby, groß, dick und im Grunde schrecklich gutmütig. Er mühte sich verzweifelt ab, ein guter Killer zu werden, was ihm bisher aber nicht gelungen war.
Eines hatte er allerdings geschafft: Cleveland war seit Wochen einem totalen Nervenzusammenbruch nahe. Cleveland, mittelgroß, schlank und gutaussehend, zweifelte an seinem bisherigen Können. Gewiß, er galt als professioneller Killer, aber in Wirklichkeit hatte er auch in der Vergangenheit nie die echte Probe aufs Exempel machen müssen. Er war mehr Theoretiker, der die Dinge und Probleme des Tötens abstrakt sah.
Und nun war er zum Ausbilder geworden und sollte dem Syndikat gegenüber beweisen, daß er auch ein erstklassiger Praktiker war. In der bisherigen Zusammenarbeit mit seinem Schützling Longless war ihm das allerdings noch nicht gelungen.
Diese beiden Superkiller aus den Staaten saßen also geruhsam am Ufer von Loch Ness und beobachteten wechselseitig durch ein starkes Fernglas die Hotelpension des Major Williams.
»Alarm«, sagte Longless plötzlich und setzte das Fernglas ab. »Rander verläßt den Bau, Clevie!«
Cleveland ergriff das Glas und vergewisserte sich.
»Na!?« fragte Longless stolz.
»Tatsächlich«, gab Cleveland zurück, »er geht runter zum Bootssteg.«
»Zusammen mit der kleinen Blonden«, fügte Longless hinzu, »ich sehe schon die Überschrift der Tagespresse: Bedauerlicher Unglücksfall mit tödlichem Ausgang auf dem Loch Ness.«
»Bietet sich direkt an«, sagte Cleveland.
»Wer wird schießen?« erkundigte sich Longless, offensichtlich vom Jagdfieber erfaßt. Er griff nach dem Behälter für Golfschläger, der auf dem Rücksitz des kleinen, schnellen und offenen Sportwagens lag.
»Das ist was für ’nen Könner«, meinte Cleveland, »aber du darfst die Spritze zusammensetzen, Junge.«
Longless zog die beiden Hälften eines Gewehres hervor und setzte sie etwas sehr umständlich zusammen. Er brauchte dazu gut und gern drei Minuten, was erheblich über der Norm lag. Und als er Cleveland die Waffe reichte, sah der ihn fast anklagend an.
»Der Kolben ist falsch herum angesetzt«, sagte Cleveland verweisend.
»Kleiner Fehler«, entschuldigte sich Longless hastig, »kam mir gleich so komisch vor.«
Er korrigierte den kleinen Fehler und baute sich dann hinter seinem Ausbilder auf.
»Runter ins Gras«, kommandierte Cleveland, »wir warten, bis er hier ins Ziel wandert, Junge. Und dann ...«
»... die große Totenklage«, meinte Longless optimistisch, »ich spür’s in den Fingerspitzen, diesmal haut’s hin!«
Er ließ sich neben Cleveland ins Gras gleiten und beobachtete den Bootssteg der Hotelpension.
Mike Rander und Vivi Carlson nahmen gerade in einem mittelgroßen Ruderboot Platz, das mit einem kleinen Außenborder versehen war. Rander warf den Motor an und steuerte auf den See hinaus. Dabei mußte er fast zwangsläufig an der kleinen Landzunge vorbeisteuern, auf der die beiden Killer sich plaziert hatten.
*
Josuah Parker hatte sich zurück auf den Turm der Hotelpension begeben und benutzte die optischen Geräte, um die Ausfahrt seines jungen Herrn und Vivi Carlsons zu beobachten.
Sein stets waches Gefühl sagte ihm deutlich, daß Gefahr in der Luft lag. Er hatte sich bisher auf dieses Gefühl immer verlassen können.
Das optische Angebot des Majors war wirklich beeindruckend.
Parker hatte sich ein Fernrohr ausgewählt, das auf einem starken Stativ stand. Er korrigierte ein wenig die Tiefenschärfe und hatte Rander und Vivi Carlson zum Greifen nahe vor seinen Augen. Sie unterhielten sich. Mike Rander schien diese Ausfahrt offensichtlich zu genießen. Vivi hatte ihren rechten Arm über Bord gehängt und ließ die gespreizten Finger durch das Wasser gleiten.
Das Boot näherte sich in langsamer Fahrt einer kleinen Landzunge, die wie ein ausgestreckter Finger weit in den See hineinragte.
Parker suchte diese Landzunge ab und entdeckte, hinter Strauchwerk verborgen, einen kleinen, offenen Sportwagen, der leer war. Auf dem schmalen Rücksitz konnte er eine Golftasche ausmachen.
Er dachte sofort an Cleveland und Longless. Die beiden Killer hatten bisher immer solche Sportwagen bevorzugt. Es schien sich dabei um eine Marotte von Cleveland zu handeln.
Waren die beiden Profis in der Nähe? War es ihnen doch gelungen, die Spur von London nach Schottland aufzunehmen?
Parker suchte die bewaldete Landzunge nach etwaigen Schützen ab, konnte wegen des hohen Grases und der vielen dichten Sträucher aber nichts entdecken.
Er blieb unruhig.
Parker hob das schwere Fernrohr eine Spur an und suchte das weiter entfernt liegende Ufergelände ab – und erkannte plötzlich zwei Gestalten, die im Schatten der Bäume standen und jetzt hinter dichtem Strauchwerk verschwanden.
Cleveland und Longless!?
Parker ahnte nicht, daß er zwei völlig fremde Männer für die Gesuchten hielt. Die Optik reichte nicht aus, um die Gesichter der beiden Männer genau zu erkennen. Was er sah, genügte ihm. Sein junger Herr hatte immerhin vor, diesen Uferstreifen anzusteuern, um dort seine Angel auszulegen.
Parker griff nach einem seiner vielen Kugelschreiber, die sich in seiner Westentasche befanden. Er verdrehte die beiden Hälften gegeneinander und machte den Kugelschreiber damit schußbereit. Dann ein leichter Druck auf den Haltclip, und zischend schoß eine kleine Miniaturleuchtkugel zum Himmel hoch. Sie entfaltete sich und kam als roter Funkenregen herunter auf den See.
*
»Oh, wie hübsch!« meinte Vivi Carlson arglos und deutete hoch, »sehen Sie doch, Mister Rander.«
Der Anwalt hatte bereits gesehen.
Er wußte sofort, was dieser rote Funkenregen zu bedeuten hatte.
Gefahr!
Parker mußte irgend etwas entdeckt haben und warnte ihn. Rander sah sofort hinüber zur nahen Landzunge. Nur von dort aus konnte Gefahr drohen.
Er handelte blitzschnell.
Er griff nach Vivi Carlsons Beinen und zog sie blitzartig zu sich heran. Vivi Carlson rutschte von ihrem Sitz, schrie überrascht auf und verschwand hinter den schützenden Planken.
Rander duckte sich ab und schätzte die Spitze der Landzunge ab. Hohes Gras, Sträucher, Bäume, genügend Verstecke für einen Gewehrschützen.
Rander nahm die Pinne des kleinen Außenborders herum und steuerte von der Landzunge weiter in den See hinaus. Er steigerte die Geschwindigkeit, um aus einer eventuellen Gefahrenzone herauszukommen.
»Bleiben Sie unten«, rief er Vivi zu, die sich wieder aufrichten wollte. Dann griff er in die Ziertuchtasche seines Jacketts und holte jenen Gegenstand hervor, den sein Butler ihm zusätzlich mit auf den Weg gegeben hatte.
Es handelte sich ebenfalls um einen Kugelschreiber. Parker war in der Präparierung dieser kleinen schlanken Schreibgeräte von einem sagenhaften Erfindungsreichtum.
*
»Die haben Lunte gerochen«, rief Longless und richtete sich auf. Er wies auf den See hinaus, auf dem das kleine Boot mit Rander und Vivi Carlson an Bord zu sehen war. Der Außenborder sirrte auf Hochtouren und lieferte die Geräusche einer gereizten Stechmücke.
»Durchblicker«, gab Cleveland kühl zurück. Er korrigierte die Richtung des Gewehrlaufes und ließ das Boot wieder ins Fadenkreuz seines Zielfernrohrs ein wandern.
Cleveland war vollkommen ruhig.
Diesmal mußte es klappen, diesmal konnte er seinen heiklen Auftrag endlich erledigen. Er brauchte nur noch Druckpunkt zu nehmen und dann weich durchzuziehen.
Doch innerhalb einer knappen Sekunde war das Boot mit seinen gefährdeten Insassen nicht mehr zu sehen. Es war in einer dichten weiß-grauen Nebelwolke völlig verschwunden. Es schien sich sogar in Nebel aufgelöst zu haben.
»Was ist denn das?« wunderte sich Longless laut.
»Verdammt«, stieß Cleveland wütend aus, »wieder so ein Butler-Trick. Langsam werde ich aber sauer!«
Er setzte das Gewehr ab und starrte auf die dicke Nebelwolke, die sich immer weiter ausbreitete. Die einmalig günstige Gelegenheit war beim Teufel. Er konnte sich nicht erklären, wieso Rander plötzlich Verdacht geschöpft hatte.
»Wenn das so weitergeht, macht einem die Sache ja keinen Spaß mehr«, ärgerte sich Longless. »Immer diese faulen Tricks.«
»Völlig unfair«, pflichtete Cleveland seinem enttäuschten Schützling bei. »Wie soll man denn da zu ’nem Kernschuß kommen?«
Sie standen auf und nahmen übel. Die beiden Profikiller hatten eingesehen, daß vorerst nichts mehr zu machen war.
»Und jetzt?« fragte Longless, als sie den kleinen Sportwagen erreicht hatten.
»Ich hab’s«, sagte Cleveland und blieb wie von einer blitzartigen Erleuchtung getroffen plötzlich stehen.
»Was?«
»Die Lösung. Denk mal an das Handbuch für Profis, Seite 81, Absatz drei.«
»Mann!« antwortete Longless gedehnt und nickte begeistert. »Das ist es. Damit haben wir sie schon in der Tasche, Clevie!«
*
»Haben Sie’s mitbekommen? Nessie ist auf dem See.«
Major Williams rannte mit wippendem Schottenrock an Parker vorbei und warf sich förmlich auf seine optischen Geräte. Er visierte mit dem Fernrohr und der mächtigen Gummilinse seines Filmgeräts den breiten Nebelfleck auf dem See an. Geschickt hantierten seine kurzen, dicken Finger mit den Schrauben, Rändelrädchen und Hebeln der Geräte. Er glühte vor Eifer und arbeitete an beiden Apparaten zugleich. Dabei stieß er das Schnauben eines Walrosses aus.«