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Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Die paar Tage Seeluft haben mir gutgetan«, stellte Lady Agatha fest und schlürfte genüßlich die nächste Auster leer. »Aber länger halte ich es in dem verschlafenen Nest nicht aus, Mister Parker. Morgen werde ich wieder nach London zurückkehren.« »Wie Mylady wünschen«, gab Butler Parker mit höflicher Verbeugung zurück und schenkte seiner Herrin Champagner ein. In dem romantischen Hafenstädtchen St. Ives an der Küste von Cornwall hatte Agatha Simpson eine Suite des ersten Hotels am Platze gemietet, um vom hektischen Londoner Getriebe auszuspannen. »Für einen aktiven und dynamischen Menschen, wie ich es bin, ist das hier kein Pflaster«, fuhr Mylady mürrisch fort. »St. Ives macht in der Tat einen friedlichen Eindruck, falls diese Bemerkung erlaubt ist«, pflichtete Parker ihr bei. »Möglicherweise hätten Mylady doch einen Urlaubsort wählen sollen, der mehr Abwechslung bietet.« »Moment mal, Mister Parker«, unterbrach Agatha Simpson. »Was ist denn da los?« An der Kaimauer hatte sich ein Menschenauflauf gebildet. Das Interesse der Schaulustigen galt einem kleinen Boot mit Außenbordmotor, dessen Insassen gerade an Land gingen. »Falls Mylady keine Einwände erheben, würde meine Wenigkeit sich zum Ort des Geschehens begeben und nähere Erkundigungen einziehen«
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Seitenzahl: 118
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»Die paar Tage Seeluft haben mir gutgetan«, stellte Lady Agatha fest und schlürfte genüßlich die nächste Auster leer. »Aber länger halte ich es in dem verschlafenen Nest nicht aus, Mister Parker. Morgen werde ich wieder nach London zurückkehren.«
»Wie Mylady wünschen«, gab Butler Parker mit höflicher Verbeugung zurück und schenkte seiner Herrin Champagner ein.
In dem romantischen Hafenstädtchen St.Ives an der Küste von Cornwall hatte Agatha Simpson eine Suite des ersten Hotels am Platze gemietet, um vom hektischen Londoner Getriebe auszuspannen.
»Für einen aktiven und dynamischen Menschen, wie ich es bin, ist das hier kein Pflaster«, fuhr Mylady mürrisch fort.
»St.Ives macht in der Tat einen friedlichen Eindruck, falls diese Bemerkung erlaubt ist«, pflichtete Parker ihr bei. »Möglicherweise hätten Mylady doch einen Urlaubsort wählen sollen, der mehr Abwechslung bietet.«
»Moment mal, Mister Parker«, unterbrach Agatha Simpson. »Was ist denn da los?«
An der Kaimauer hatte sich ein Menschenauflauf gebildet. Das Interesse der Schaulustigen galt einem kleinen Boot mit Außenbordmotor, dessen Insassen gerade an Land gingen.
»Falls Mylady keine Einwände erheben, würde meine Wenigkeit sich zum Ort des Geschehens begeben und nähere Erkundigungen einziehen«, bot Parker an.
In würdevoller Haltung schritt er wenig später über die gepflasterte Hafenstraße auf die Menschenmenge zu, die sich eng um die beiden Ankömmlinge drängte.
Josuah Parker war ein Mann von schwer bestimmbarem Alter und kaum mehr als mittelgroßer Statur. Auch die schon etwas ergrauten Haare waren nicht dazu angetan, Aufmerksamkeit zu erregen. Dafür unterschied ihn sein Aufzug um so deutlicher von den Fischern und Hafenarbeitern.
Wer ihn in seinem steifen, schwarzen Covercoat sah, den altväterlich gebundenen Regenschirm über dem angewinkelten Unterarm und den schwarzen Bowler auf dem Kopf, mußte unwillkürlich an einen hochherrschaftlichen Butler des 19. Jahrhunderts denken. Natürlich entsprachen seine Umgangsformen diesem äußeren Bild.
»Darf man sich höflich nach dem Anlaß der recht ungewöhnlichen Menschenansammlung erkundigen?« sprach Parker einen schon älteren Fischer an, der beide Hände in den Hosentaschen vergraben hatte und sein Pfeifchen schmauchte.
»Was darf man?« fragte der Mann irritiert. Um ein Haar wäre ihm dabei die Pfeife aus dem Mund gefallen. Er starrte den Butler an wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt.
»Dieser für hiesige Verhältnisse ungewöhnliche Menschenauflauf dürfte eine konkrete Ursache haben, falls man sich nicht täuscht«, versuchte Parker es noch mal. »Möglicherweise wäre ein Zusammenhang mit der Ankunft der beiden Herren im Boot denkbar.«
»Ja, ja«, antwortete der Fischer langsam und musterte den Butler gedankenverloren von Kopf bis Fuß. Er stopfte seine Pfeife nach, bevor er fortfuhr. »Alan und Charles standen schon mit einem Bein im nassen Grab.«
»Darf man um nähere Auskunft darüber bitten, wie Sie diese Äußerung verstanden wissen möchten?« ließ Parker sich vernehmen.
»Ein dicker Pott hat heute nacht in einer Nebelbank ihren Kutter gerammt«, teilte der Fischer mit und verfiel gleich darauf wieder in Schweigen.
»Dann muß man vermutlich von dem bedauerlichen Umstand ausgehen, daß das Schiff der Herren gesunken ist?« vergewisserte sich Parker.
»Die ›Mary‹ liegt rund zweihundert Faden tief auf Grund«, bestätigte sein Gegenüber.
»Das sind vierhundert Yards, falls meine bescheidene Wenigkeit richtig informiert ist?« wollte der Butler wissen.
»Kann ungefähr hinkommen«, brummte der Fischer, ohne die Pfeife aus dem Mund zu nehmen.
»Falls Sie die Freundlichkeit besäßen, noch eine letzte Frage zu beantworten?«
»Mhm?«
»Man kann und muß wohl davon ausgehen, daß die bedauernswerten Herren zur ortsansässigen Bevölkerung gehören?«
»Charles und Alan Wrinkler sind Brüder und entstammen einer alten Fischerfamilie«, gab der Mann überraschend Auskunft. »Sie wohnen aber schon lange nicht mehr in der kleinen Kate ihrer Eltern am Hafen, sondern haben ein schönes Haus am oberen Stadtrand gekauft.«
»Demnach sollte man annehmen, daß die Herren ihr Gewerbe mit besonderem Glück und Fleiß betrieben haben?«
»Sie haben vor einiger Zeit einen Onkel in Amerika beerbt«, entgegnete der Fischer. »Seitdem fahren sie auch nicht mehr so oft zum Fang raus.«
»Man dankt in aller Form für die freundliche Auskunft«, ließ Josuah Parker sich vernehmen und lüftete seine schwarze Kopfbedeckung. Anschließend nahm er die Brüder Wrinkler näher in Augenschein.
Charles und Alan schienen Mitte Dreißig zu sein. Sie überragten den Butler fast um einen Kopf und wirkten in ihren Seemannspullovern noch stämmiger, als sie ohnehin schon waren. Sonne und Seewind hatte ihre Gesichter gegerbt. Einer der Brüder trug einen schwarzen, sorgfältig gestutzten Schnurrbart.
Im Moment unterhielten sie sich mit einem rothaarigen, hageren Mann um die Vierzig. Parker wollte schon hinübergehen, als die drei Leute sich mit flüchtigem Gruß trennten.
Charles und Alan Wrinkler stiegen in einen dunkelblauen Ford, ihr Gesprächspartner in einen grün lackierten Kastenwagen mit der Aufschrift »Mawling’s Fischkonserven – immer ein Genuß«. Gleich darauf rollten beide Fahrzeuge in Richtung Stadt davon.
»Ich habe ja geahnt, daß es nichts Aufregendes sein würde«, behauptete Lady Agatha, als Parker Bericht erstattet hatte. »Deshalb bleibe ich bei meinem Entschluß, morgen abzureisen.«
»Geruhen Mylady noch Wünsche zu äußern, was die Gestaltung des Nachmittags angeht?« erkundigte sich Parker.
»Ein Picknick am Strand wäre schön, Mister Parker«, antwortete die ältere Dame, ohne lange zu überlegen. »Aber packen Sie ruhig ein paar Kleinigkeiten mehr ein. Sie wissen ja, daß das Meeresklima hungrig macht.«
»Dieser Umstand ist meiner bescheidenen Wenigkeit durchaus geläufig, Mylady«, versicherte der Butler mit einer angedeuteten Verneigung. »Man wird deshalb bemüht sein, für ein Angebot zu sorgen, das Mylady in jeder Hinsicht zufriedenstellt.«
*
Josuah Parker hatte nicht zuviel versprochen. Insgesamt vier wohlgefüllte Picknickkörbe von eindrucksvollem Format schleppte er in eine windgeschützte Felsnische am Strand, ehe er seiner Herrin beim Aussteigen half. Fürsorglich geleitete er Mylady, die unter ihrer wogenden Körperfülle ächzte, die wenigen Meter vom Wagen bis zum Rastplatz.
Ganz aus Versehen entschlüpfte der älteren Dame sogar ein Lob, als sie erblickte, was Parker für sie gerichtet hatte.
Auf silbernen Platten warteten geräucherte Forellenfilets und gefüllte Hähnchenbrüstchen, glasierte Hirschkalbmedaillons und frisch gebratene Fasanen darauf, verzehrt zu werden. Parmaschinken und Roastbeef rundeten das Angebot fleischlicher Genüsse. Dazu servierte Parker knuspriges Weißbrot, verschiedene Salate und einen trockenen französischen Rotwein. Eine Käseplatte, die mit exotischen Früchten garniert war, und eine köstlich duftende Mokkatorte sollten das Mahl beenden.
»Was sehe ich denn da, Mister Parker?« fragte Lady Agatha unvermittelt, während der Butler sie bediente.
»Dem Augenschein nach dürfte es sich um geräucherte Forellenfilets handeln, Mylady«, gab Parker zur Antwort. »Mylady haben hoffentlich keinen Anlaß zur Beanstandung?«
»Nein, mit den Forellen ist alles in Ordnung, Mister Parker«, beruhigte Mylady ihn. »Aber da hinten!« Mit ausgestrecktem Arm deutete sie aufs Meer.
Als Parker sich zum Wasser umwandte, sah auch er, was die Aufmerksamkeit seiner Herrin geweckt hatte. In der sanften Dünung, nahe dem Ufer, trieb eine Holzkiste.
»Mylady wünschen, daß meine Wenigkeit das Strandgut einer näheren Betrachtung unterzieht?« erkundigte sich der Butler.
»Das wünsche ich in der Tat, Mister Parker«, bestätigte Agatha Simpson, die inzwischen mit Feuereifer die Putenbrüstchen in Angriff genommen hatte. »Vielleicht ist es eine Flaschenpost. Ich wollte schon immer mal eine finden.«
Mylady zog eine enttäuschte Miene, als Parker mit der triefenden Kiste zurückkehrte, die er mit dem gebogenen Bambusgriff seines Universal-Regenschirmes aus dem Wasser gezogen hatte. Angeekelt wandte sie sich ab, als der Butler ihr die Kiste so hinhielt, daß sie hineinsehen konnte.
»Pfui Teufel, Mister Parker«, keifte die resolute Dame. »Bringen Sie sofort den stinkenden Fisch weg. Das ist ja eine Zumutung!«
»Nichts lag meiner Wenigkeit ferner, als Myladys kultivierten Geruchssinn zu beleidigen«, versicherte Parker eilig und trat mit dem Fund ein paar Schritte zurück. »Allerdings dürfte der Fisch noch recht frisch sein, falls man sich nicht irrt.«
»Frisch oder nicht«, fuhr Mylady ihm über den Mund. »Werfen Sie die ekelhafte Kiste sofort wieder ins Wasser, Mister Parker!«
»Mylady haben zweifellos den Aufdruck auf der Kiste bemerkt?« ließ der Butler sich vernehmen.
»Mary St.Ives«, las die passionierte Detektivin. »Und was ist daran Besonderes, Mister Parker?«
»Zweifellos erinnern Mylady sich des Fischkutters, der in der vergangenen Nacht nach einer Kollision im Nebel sank« half Parker ihrem Gedächtnis nach.
»Selbstverständlich erinnere ich mich, Mister Parker«, versicherte Agatha Simpson. »Sie wissen, daß mein Gedächtnis mich nie im Stich läßt.«
»Nie würde man auch nur den geringsten Zweifel an Myladys außerordentlichen Fähigkeiten äußern«, erwiderte der Butler durchaus wahrheitsgemäß. »Der genannte Fischkutter war auf den Namen ›Mary‹ getauft, falls man sich nicht falsch erinnert. Demnach dürfte die Kiste zum Inventar des gesunkenen Schiffes gehören.«
»Ich weiß nicht, warum Sie mich mit diesen Ausführungen langweilen, Mister Parker«, reagierte Lady Agatha mürrisch. »Bringen Sie jetzt endlich den scheußlichen Fisch weg, ehe mir der Appetit vergeht.«
»Darf man Mylady möglicherweise vorher auf einen kleinen Plastikbeutel aufmerksam machen, der im Maul des Fisches steckt?«
»Plastikbeutel?« Die ältere Dame wurde neugierig. Dennoch verzog sie angewidert das Gesicht, als Parker das wasserdicht verschweißte Päckchen aus dem Maul des Fisches zog.
»Was ist das für ein weißes Pulver,
Mister Parker?« wollte Mylady wissen.
»Verläßlichen Aufschluß dürfte erst eine chemische Analyse ergeben, falls der Hinweis erlaubt ist«, antwortete Parker. »Dem Aussehen und den Umständen nach drängt sich jedoch der Verdacht auf, daß es sich um Kokain handeln könnte.«
»Richtig! Kokain! Das wollte ich auch gerade sagen«, behauptete Lady Agatha. »Also eine durchaus interessante Entdeckung. Was verstehe ich unter Kokain, Mister Parker?«
»Bei Kokain handelt es sich um eine illegale Rauschdroge, die aus den Blättern des südamerikanischen Kokastrauches gewonnen wird«, gab der Butler knapp, aber präzise Auskunft.
»Da sehen Sie wieder mal, daß die Gangsterwelt mich umschwirrt wie die Motten das Licht, Mister Parker«, verkündigte die Detektivin voller Genugtuung. »Kaum tauchte ich hier auf, gibt es sogar in dem verschlafenen Nest St.Ives einen brisanten Fall von Drogenschmuggel.«
»Möglicherweise sollte man von der Annahme ausgehen, daß in dieser Gegend schon Drogen illegal eingeführt wurden, ehe Mylady ihren Fuß auf den Boden Cornwalls setzten«, wandte Parker vorsichtig ein.
»Um so wichtiger ist es, daß ich endlich hierher gekommen bin, Mister Parker«, entgegnete Mylady unbekümmert. »Mein untrüglicher Instinkt hat mich dieses Reiseziel wählen lassen.«
»Dann kann und darf man wohl annehmen, daß Mylady die für morgen geplante Abreise verschieben?« erkundigte sich Parker.
»Selbstverständlich, Mister Parker«, bestätigte die Detektivin. »Ich bleibe!«
*
»Vermutlich planen Mylady, zuerst nähere Erkundigungen über die Herren Charles und Alan Wrinkler einzuziehen?« wollte Parker wissen. Er saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums. Dabei handelte es sich um ein ehemaliges Londoner Taxi, das der Butler mit viel Phantasie und Geschick für seine Zwecke umgebaut und ausgerüstet hatte. Seitdem hieß das schwerfällig wirkende Gefährt bei Freund und Feind nur »Trickkiste auf Rädern«.
»Sie vermuten durchaus richtig, Mister Parker«, antwortete Lady Agatha, die im Fond des Wagens Platz genommen hatte und noch mit den Resten der Mokkatorte beschäftigt war. »Wenn ich den Burschen erst mal auf den Zahn fühle, werden sie schon alles ausplaudern, was sie wissen.«
»Myladys Verhörtaktik verdient in der Tat das Prädikat außerordentlich, falls diese Anmerkung gestattet ist«, gab Parker höflich zurück. »Möglicherweise sollte man jedoch in Betracht ziehen, daß die Gebrüder Wrinkler lediglich Kuriere sind, die nicht genug wissen, um die Hintermänner der Affäre preiszugeben.«
»Das habe ich natürlich längst in meine Planung miteinbezogen, Mister Parker«, entgegnete die Detektivin unwirsch. »Ich wünsche nicht diesen belehrenden Ton. Statt dessen sollten Sie sich lieber Gedanken darüber machen, warum der Fisch mit dem Kokain an den Strand geschwemmt wurde. Da muß‘ doch etwas passiert sein ...«
»Freiwillig dürften die Herren das teure Rauschgift wohl kaum über Bord geworfen haben«, gab Parker ihr recht. »Die Herren behaupten bekanntlich, nachts in einer Nebelbank von einem größeren Schiff gerammt worden zu sein. Allerdings wären auch andere Geschehnisse denkbar, falls dieser Hinweis gestattet ist.«
»Das ist auch meine Meinung, Mister Parker«, stimmte Mylady zu. »An welche Geschehnisse denke ich dabei?«
»Mylady dürften einen Bandenkrieg in ihre Überlegungen einbezogen haben«, tippte Parker. »Im Kampf um das begehrte Kokain könnte es zu Auseinandersetzungen gekommen sein, die in der Versenkung des Fischkutters gipfelten.«
»Das ist ja eine geradezu abenteuerliche Theorie, Mister Parker«, entgegnete die Detektivin. »Ich sehe schon, daß Sie noch nicht lange genug in meine Schule gegangen sind. Was halten Sie von der Annahme, das Boot könnte von einem tobenden Walfisch zertrümmert worden sein?«
»Fraglos haben Mylady bedacht, daß Wale in den hiesigen Gewässern nur außerordentlich selten gesichtet werden«, wandte Parker ein, doch wenn Agatha Simpson erst mal eine Meinung gefaßt hatte, war ihr mit Tatsachen nicht so leicht beizukommen.
»Deshalb haben die Gebrüder Sprinkler...«
»Verzeihung, Mylady«, unterbrach der Butler. »Die Herren hören auf den Namen Wrinkler, falls man sich nicht gründlich täuscht.«
»Das und nichts anderes habe ich gesagt, Mister Parker«, gab seine Herrin beleidigt zurück. »Allmählich wissen Sie doch, wie hervorragend mein Namensgedächtnis ist. Also diese Brüder Twinkler haben das Märchen mit dem Ozeandampfer im Nebel doch nur erzählt, weil sie fürchteten, ausgelacht zu werden. Jedermann weiß eben, wie unwahrscheinlich es ist, von einem Walfisch gerammt zu werden. Das klingt doch geradezu nach Matrosenschnur.«
»Matrosenschnur?« wiederholte Parker. »Darf man von der Annahme ausgehen, daß Mylady Seemannsgarn zu meinen geruhen?«
»Schnur oder Garn – wo ist da der Unterschied, Mister Parker?« fegte die ältere Dame den Einwand in ihrer souveränen Art beiseite.
»Wo fahren Sie denn hin, Mister Parker?« fragte die Detektivin wenig später. Inzwischen hatte man St.Ives wieder erreicht, und der Butler lenkte sein hochbeiniges Monstrum nicht zum Hotel, sondern in Richtung Hafen und machte vor einer Baracke mit der Aufschrift »Hafenmeisterei« halt.
»Man handelt lediglich in der Absicht, Mylady Gelegenheit zu ersten Nachforschungen über die Gebrüder Wrinkler zu geben«, erläuterte Parker. »Das Büro des Hafenmeisters dürfte dafür eine naheliegende Adresse sein, falls meine Wenigkeit sich diesen Hinweis gestatten darf.«
»Nun gut«, lenkte Mylady ein. »Lieber wäre ich zuerst zum Hotel gefahren, um meinem sensiblen Kreislauf eine Stärkung zukommen zu lassen, aber ein paar Minuten wird es schon noch gehen. Vielleicht kann auch der Hafenmeister mit einem geeigneten Mittel aushelfen.«
Parker bezweifelte, daß der Mann dazu in der Lage sein würde. Wenn Mylady nach einer Stärkung für ihren Kreislauf verlangte, kam nur Kognak der renommiertesten französischen Abfüller in Frage. Derartiges würde der 50jährige, der vor seiner Baracke auf einer Bank in der Sonne saß und eine kurze Stummelpfeife schmauchte, wohl kaum zu bieten haben.
»Man wünscht einen geruhsamen Feierabend«, sagte Parker beim Näherkommen und lüftete seine schwarze Melone. »Falls es gestattet ist, würde Mylady gern einige Fragen an Sie richten.«
»Damit habe ich schon gerechnet«, entgegnete der Mann und verzog sein breites Gesicht zu freundlichem Grinsen. »Touristen sind immer neugierig.« Er rückte ein Stück beiseite und bot der älteren Dame einen Platz auf der Bank an.