Parker rollt die Street-Gang auf - Günter Dönges - E-Book

Parker rollt die Street-Gang auf E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Lady Agatha legte eine ungewöhnliche Ruhe an den Tag, die man nur noch als gefährlich bezeichnen konnte. Sie saß im Fond von Parkers hochbeinigem Monstrum, hatte das Fenster auf ihrer Seite gesenkt und blickte den Fünfundzwanzigjährigen, der seine nackten Oberarmmuskeln spielen ließ, sehr konzentriert an. »Wiederholen Sie das noch mal, junger Mann, was Sie da gerade verlangt haben«, meinte sie mit ihrer sonoren Stimme. Auf ihrem Schoß ruhte der perlenbestickte Pompadour. »Ohne Zoll keine Weiterfahrt, Schwester«, erwiderte der Mann, der sich als Zöllner vorgestellt hatte. Er gab sich lässig und schien sich seiner Kraft bewußt zu sein. Butler Parker am Steuer beobachtete entspannt die Situation. Ihm war längst klar, daß die Dinge einem explosiven Höhepunkt zutrieben, denn der sogenannte Zöllner hatte von Mylady Bargeld verlangt. Er setzte sich damit einer Gefahr aus, deren Tragweite er nicht ahnen konnte. Die Sparsamkeit der älteren Dame war in eingeweihten Kreisen geradezu sprichwörtlich. Es wurde sogar behauptet, Schotten seien im Vergleich zu Agatha Simpson reine Verschwender. »Erwähnten Sie eben ein Pfund, junger Mann?« erkundigte sich Lady Agatha inzwischen. »Ein sattes Pfund, Schwester«, bestätigte der Zöllner. »Und wenn der Schein nicht bald durch's Fenster flattert, polieren wir die Kiste hier mal kurz auf. »In Anbetracht der allgemeinen Lage sollten Mylady möglicherweise den Wegezoll entrichten«, ließ der Butler sich vernehmen.

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Butler Parker – 245 –

Parker rollt die Street-Gang auf

Günter Dönges

Lady Agatha legte eine ungewöhnliche Ruhe an den Tag, die man nur noch als gefährlich bezeichnen konnte. Sie saß im Fond von Parkers hochbeinigem Monstrum, hatte das Fenster auf ihrer Seite gesenkt und blickte den Fünfundzwanzigjährigen, der seine nackten Oberarmmuskeln spielen ließ, sehr konzentriert an.

»Wiederholen Sie das noch mal, junger Mann, was Sie da gerade verlangt haben«, meinte sie mit ihrer sonoren Stimme. Auf ihrem Schoß ruhte der perlenbestickte Pompadour.

»Ohne Zoll keine Weiterfahrt, Schwester«, erwiderte der Mann, der sich als Zöllner vorgestellt hatte. Er gab sich lässig und schien sich seiner Kraft bewußt zu sein.

Butler Parker am Steuer beobachtete entspannt die Situation. Ihm war längst klar, daß die Dinge einem explosiven Höhepunkt zutrieben, denn der sogenannte Zöllner hatte von Mylady Bargeld verlangt.

Er setzte sich damit einer Gefahr aus, deren Tragweite er nicht ahnen konnte. Die Sparsamkeit der älteren Dame war in eingeweihten Kreisen geradezu sprichwörtlich. Es wurde sogar behauptet, Schotten seien im Vergleich zu Agatha Simpson reine Verschwender.

»Erwähnten Sie eben ein Pfund, junger Mann?« erkundigte sich Lady Agatha inzwischen.

»Ein sattes Pfund, Schwester«, bestätigte der Zöllner. »Und wenn der Schein nicht bald durch’s Fenster flattert, polieren wir die Kiste hier mal kurz auf.

»In Anbetracht der allgemeinen Lage sollten Mylady möglicherweise den Wegezoll entrichten«, ließ der Butler sich vernehmen. Er hatte die provisorische Straßensperre längst zur Kenntnis genommen. Sie bestand aus einem abwrackreifen Kleinlaster, der die Hälfte der Fahrbahn sperrte.

Ein ramponiert aussehender Personenwagen sperrte die andere Hälfte, ruckte vor und wieder zurück und schien von seinem Fahrer nicht unter Kontrolle gehalten zu werden.

Diese Straßensperre war geschickt improvisiert und konnte blitzschnell wieder aufgehoben werden. Am Kleinlaster standen einige weitere junge Männer herum, damit beschäftigt, große, sperrige Kartons aus- oder einzuladen.

»Nun gut, ich passe mich der Situation an«, meinte Lady Agatha und nickte dem Zöllner zu.

»Kluges, altes Mädchen«, hörte sie und ... reagierte auf ihre spezielle Art. Der eben noch friedlich auf ihrem Schoß ruhende Pompadour stieg schwungvoll hoch, beschrieb einen Halbkreis und setzte sich auf die Nase des Zöllners, der von diesem Angriff völlig überrascht wurde.

In diesem zierlichen Handbeutel, wie ihn die Damen um die Jahrhundertwende zu tragen pflegten, befand sich Myladys sogenannter Glücksbringer, nämlich ein Hufeisen, das vom einem stämmigen Brauereipferd stammte.

Die Nase des Mannes war dieser Energie nicht gewachsen und verbog sich nach links. Dem jungen Zöllner schoß das Wasser in die Augen. Er brüllte, fiel zurück und landete auf dem Gesäß. Doch blitzschnell war er wieder hoch und traf Anstalten, sich auf die hintere Wagentür zu stürzen.

Er erreichte sie nicht ganz. Agatha Simpson war wesentlich schneller und öffnete sie schwungvoll. Die Tür krachte förmlich gegen das rechte Knie des Anstürmenden, der erneut aufheulte und endgültig auf dem Straßenbelag Platz nahm.

»Wagen sie es nicht noch mal, eine wehr- und hilflose Dame zu belästigen«, donnerte Lady Agatha zu ihm hinunter. Sie stieg aus und blickte erwartungsvoll in die Runde. Sie dachte nicht im Traum daran, das Feld zu räumen.

Die anderen jungen Männer, ähnlich gekleidet wie der Zöllner am Boden, waren natürlich aufmerksam geworden, brauchten einige Sekunden, bis sie endlich begriffen, und jagten dann heran.

Sie hielten handliche Knüppel in ihren Händen, diverse Stahlruten und sogar einige kleinere Äxte, die in dieser städtischen Umgebung völlig deplaziert wirkten. Diese kleine Streitmacht aus vier Männern blieb dann völlig irritiert stehen, als Parker seine schwarze Melone lüftete.

»Man wünscht allerseits einen ausgesprochen friedlichen Nachmittag«, sagte er. »Muß man davon ausgehen, daß sie die Dinge eskalieren lassen wollen?«

»Wie war das?« fragte einer der Axtträger verblüfft und runzelte die Stirn. Daß er sichtlich nachdachte, war ihm deutlich anzusehen.

»Sollten Sie tatsächlich an einer Auseinandersetzung interessiert sein, die dann wohl handfest verlaufen dürfte?«

Sie zeigten sogar großes Interesse und erlebten wenige Augenblicke später das, was man im allgemeinen Sprachgebrauch als ein blaues Wunder bezeichnet.

*

Es war ein wirklich hübscher Nachmittag«, sagte Lady Agatha etwa anderthalb Stunden später, nachdem Josuah Parker seinen kurzen Bericht erstattet hatte. »Ich denke, ich habe diesen jungen Lümmeln gründlich gezeigt, daß man mich nicht verärgern darf.«

Die Zuhörer in der großen Wohnhalle des altehrwürdigen Fachwerkhauses in Shepherd’s Market waren Kathy Porter und Mike Rander. Sie waren vor etwa zwanzig Minuten in das Stadthaus der älteren Dame gekommen und wunderten sich überhaupt nicht, daß die Hausherrin wieder mal Kontakt mit der Unterwelt von London aufgenommen hatte.

Wie ein Magnet zog sie Kriminelle aller Schattierungen an, wogegen sie überhaupt nichts hatte. Sie fühlte sich als versierte Kriminalistin und ging keinem noch so gefährlichen Fall aus dem Weg.

Lady Agatha war eine große, majestätische Erscheinung, die das sechzigste Lebensjahr bereits überschritten hatte. Ihre Energie aber war dennoch nicht zu bremsen. Sie spielte Golf und huldigte dem Sport des Bogenschießens, um in Form zu bleiben.

Myladys Direktheit war schon fast legendär, obwohl sie sich für eine geschickte und erfahrene Diplomatin hielt. Sie nannte die Dinge stets beim Namen und ließ kein Fettnäpfchen aus, in das sie lustvoll treten konnte.

»Und was wurde aus dem Zöllner, Mylady?« fragte Kathy Porter, die offiziell immer noch als Sekretärin und Gesellschafterin fungierte.

»Ich habe diese Subjekte zur Ordnung gerufen, Kindchen«, beantwortete Agatha Simpson die Frage. »Sie gaben schon nach wenigen Minuten Fersengeld. War es nicht so, Mister Parker?«

»Mylady waren wieder überzeugend«, bestätigte der Butler gemessen und würdevoll. »Meine bescheidene Wenigkeit wurde der Mühe enthoben, sich helfend einzuschalten.«

Parker war das Urbild eines hochherrschaftlichen englischen Butlers. Der alterslos erscheinende Mann, der einen leichten Bauchansatz zeigte, war die Würde in Person und durch nichts zu erschüttern.

»War die Straßensperre nur eine spontane Einzelaktion?« wollte Mike Rander wissen. Er stand seitlich hinter Kathy Porter und erinnerte in Größe und Haltung an einen bekannten James-Bond-Darsteller. Rander, seines Zeichens Anwalt, verwaltete das immense Vermögen der älteren Dame und war eindeutig mit Kathy Porter liiert.

»Nach Auskunft einiger Anwohner, Sir, bestand die Straßensperre schon seit etwa zwanzig Minuten, als Mylady und meine Wenigkeit die jungen Zöllner kontaktierten«, lautete Parkers Antwort.

»Und man hat bis dahin nicht die Polizei alarmiert?« staunte Kathy Porter.

»Man sah schweigend zu oder weg, Miß Porter«, erläuterte Josuah Parker.« Die Angst vor Repressalien dürfte dabei eine entscheidende Rolle gespielt haben.«

»Konnten Sie ein paar Papiere sichersteilen?«

»Die jungen Zöllner suchten ausgesprochen schnell das sprichwörtliche Weite«, sagte der Butler. »Sie dürften noch jetzt unter dem Eindruck von Myladys Aktion stehen.«

»Sie brauchten gar nicht erst einzugreifen?« Kathy Porter wußte im vorhinein, daß der Butler natürlich wieder mal Regie geführt hatte.

»Nur andeutungsweise, Miß Porter«, gab Parker bescheiden zurück.

»Es war nicht mal der Rede wert, Kindchen«, warf die ältere Dame umgehend ein. »Bevor Mister Parker überhaupt begriff, was da passierte, hatte ich bereits gehandelt.«

Kathy Porter und Mike Rander tauschten einen schnellen, amüsierten Blick. Sie kannten die Eifersucht der Lady, die jeden noch so geringen Erfolg für sich allein verbuchte.

»Haben Sie denn inzwischen die Polizei verständigt, Parker?« wollte Mike Rander wissen. Seine lässig-burschikose Anrede hatte Gründe. Vor Jahren waren er und Parker in den USA tätig gewesen und hatten sich dort mit der Unterwelt herumgeschlagen. Man kannte sich also gut genug.

»Keine Polizei, mein Junge«, warf Agatha Simpson sofort ein, bevor Parker antworten konnte. »Ich will doch hoffen, daß die Lümmel sich an mir rächen wollen. Daran will ich sie auf keinen Fall hindern.«

»Und ob sie sich rächen werden, Mylady«, warnte Mike Rander ernst. »Sie haben die Knaben lächerlich gemacht. Und das wird man Ihnen bestimmt nicht verzeihen. Rechnen Sie mit Überraschungen.«

»Die ich mir auch ausgebeten haben möchte«, machte sie umgehend klar. »Ich hasse es, untätig herumzusitzen. Ich gehe übrigens davon aus, daß ich es hier mit einem neuen Fall zu tun habe.«

»Sie denken an ein organisiertes Verbrechen, Mylady?« fragte Mike Rander.

»Selbstverständlich«, erwiderte die ältere Dame. »Ich habe erst vor wenigen Tagen von diesen Street-Gangs in den USA gelesen. Das will man nun auch hier in London praktizieren, aber dem werde ich einen Riegel vorschieben. Mister Parker ergreifen Sie alle erforderlichen Maßnahmen.«

»Meine Wenigkeit wird sich bemühen, Myladys Wünsche zu erfüllen«, gab Josuah Parker zurück. Er rechnete bereits jetzt mit turbulenten Stunden und Tagen.

*

»Das sieht ja erfreulich verkommen aus«, urteilte Lady Agatha, als sie den Billard-Saal betrat. Sie schaute unternehmungslustig drein und fixierte einige junge Männer, die vor einem der sechs Tische standen und ihrerseits die ältere Dame und Parker in Augenschein nahmen.

Man befand sich im Osten der Stadt und wollte Kontakt mit einem gewissen Will Culham aufnehmen, der dieses Unternehmen aufgezogen hatte.

Culham kam den beiden Gästen entgegen und erinnerte mit seinen Trippelschritten an einen Marder. Dazu trugen noch die kleinen, schwarzen Knopfaugen bei.

»Das ist aber eine Überraschung«, sagte Culham, der etwa fünfundvierzig sein mochte. Er dienerte und blickte Lady Agatha fast unterwürfig an.

»Man erlaubt sich, einen freundlichen Abend zu wünschen«, gab Josuah Parker zurück.

»Was sich schnell ändern kann«, erklärte Lady Agatha. »Das hängt einzig und allein von Ihnen ab, junger Mann.«

»Setzen wir uns doch an die Bar«, schlug Will Culham vor. Dann blickte er sich um und maß die Billardspieler mit warnendem Blick. Er hatte durchaus mitbekommen, daß erste anzügliche Kommentare laut wurden, die Mylady und Parker galten. Anschließend dienerte er wieder und geleitete seine Gäste zu dem hinüber, was er die Bar nannte.

Dabei handelte es sich um einen Tresen, vor dem einige schon sehr ramponierte Barhocker standen. Culham deutete in eine Nische und zeigte Nervosität. In der Vergangenheit hatte er bereits einige Male mit Parker zu tun.

Er wußte genau, wer der Butler war.

»Mylady wünscht einige Antworten auf ganz bestimmte Fragen, die sich auf eine Street-Gang beziehen«, schickte Josuah Parker voraus, nachdem man Platz genommen hatte.

»Und keine Ausflüchte, junger Mann«, fügte die ältere Dame kriegerisch hinzu. »Ich kann es auf den Tod nicht ausstehen, wenn man mich belügen will.«

»Street-Gang?« Will Culham schüttelte nachdenklich den Kopf. »Es gibt da nur Gerüchte, aber mehr auch nicht, Mylady.«

»Zieren Sie sich nicht, junger Mann«, schickte Agatha Simpson voraus.« Und wie lauten die Gerüchte?«

»Da soll’s eine Street-Gang geben, die erst vor ein paar Wochen aufgezogen worden ist, Mylady.« Culhams Blick warb um Vertrauen. »Wer die aber führt, weiß ich nicht.«

»Und wie ist die Arbeitsmethode dieser Street-Gang, Mister Culham?« fragte Josuah Parker.

»Die übliche Masche, Mister Parker: Schutzgeld-Erpressung und so. Und dann seit ein paar Tagen auch Wegezoll, wie das heißt. Die Street-Gang baut Straßensperren und kassiert die Fahrer ab. Wer nicht zahlt, dem wird der Wagen demoliert.«

»Dies erstreckt sich auch auf Lastwagen, wie zu vermuten ist, nicht wahr?«

»Hier im Osten und bei den ehemaligen Docks wird ja wie toll gebaut«, bestätigte Culham und nickte. »Auch die Trucks werden abkassiert.«

»Wo kann ich Mitglieder dieser Street-Gang finden?« wollte die ältere Dame wissen. »Könnten sie sich hier bei Ihnen versammeln?«

Sie blickte sich um und wollte noch mal die Billardspieler fixieren, doch die hatten den Saal inzwischen leise und unauffällig verlassen und dazu wohl einen Seitenausgang benutzt.

»Die Street-Gang hier bei mir?« sagte Culham inzwischen und lachte gekünstelt. »Nein, nein, Mylady, so was würde ich ja schließlich wissen. Hier halten sich nur junge Leute aus der Nachbarschaft auf und vertreiben sich die Zeit«

»Schade«, bedauerte die passionierte Detektivin.« »Ich hätte mich gern mal mit diesen Street-Gang-Leuten unterhalten.«

»Meine Wenigkeit geht davon aus, daß Sie zumindest andeutungsweise wissen, wo man Mitglieder der Street-Gang finden kann«, sagte Parker in Richtung Culham. »Mylady würde einen entsprechenden Hinweis durchaus begrüßen.«

Der Betreiber des Billard-Unternehmens blickte über Parkers Schulter zum Eingang hinüber und verfärbte sich sichtlich.

»Die Bancroft-Brothers«, sagte er dann fast beschwörend. »Bitte, Mister Parker, damit habe ich nichts zu tun. Sie können noch raus. Nehmen Sie die Tür dort neben dem Tresen, aber beeilen Sie sich.«

*

Die von Culham erwähnten Bancroft-Brothers entpuppten sich als untersetzte, stämmige Männer um die Dreißig. Sie schienen viele entsprechende Action-Filme gesehen zu haben und traten auf wie unüberwindliche Einzelkämpfer, die vor Kraft kaum noch laufen konnten.

Sie trugen Jeansanzüge, die mit vielen bunten Nieten besetzt waren, Halstücher und Stirnbänder aus rotem Leder. Sie rollten in Richtung Theke und wiegten sich geschmeidig in ihren schmalen Hüften.

Hinter ihnen am Eingang zeigten sich einige der Billardspieler, die sich verstohlen abgesetzt hatten. Sie blieben erwartungsvoll zurück und hofften sichtlich auf einen Zwischenfall.

»Das is’ unsere Stamm-Nische«, sagte einer der Bancroft-Brothers und stocherte mit einem Zahnstocher im Mund. Seine Stimme klang schleppend-gelangweilt.

»Wie ausgesprochen schön für Sie«, antwortete der Butler und warf einen kurzen Blick auf Lady Agatha, deren Augen bereits erfreut funkelten.

»Abmarsch«, redete der Mann mit der schleppenden Stimme weiter. »Wir geben euch genau drei Sekunden Zeit.«

»Könnte man mit Ihnen möglicherweise um die Anhebung der Zeitspanne diskutieren?« erkundigte sich der Butler.

»Was können wir?« Der zweite Mann verwandelte sein Gesicht in ein Fragezeichen.

»Macht keinen Ärger, Jungens«, schaltete Will Culham sich hastig ein. »Wir sind hier ja gleich fertig, setzt euch für ein paar Minuten an die Bar und trinkt einen auf meine Kosten.«

»Raus hier«, verlangte der zweite Mann barsch. Er schien Culham überhaupt nicht gehört zu haben, konzentrierte sich leichtsinnigerweise auf Lady Agatha und wollte Eindruck bei ihr schinden.

Mylady stand tatsächlich auf und schien seiner Aufforderung nachkommen zu wollen. Doch dann reagierte sie auf ihre unverwechselbare Art. Sie trat dem Mann schlicht und einfach gegen das linke Schienbein.

Damit hatte der Rowdy nicht gerechnet.

Er heulte überrascht auf und nahm das mißhandelte Bein hoch. Vorerst tanzte er auf dem noch intakten Bein und übersah den perlenbestickten Pompadour der älteren Dame. Er wußte nichts vom sogenannten Glücksbringer darin und konnte sich wahrscheinlich auch nicht vorstellen, daß die bunten Perlen auf dem Handbeutel aus solidem Gußeisen bestanden.

Anderthalb Sekunden später wußte er dann mehr...

Agatha Simpson hatte ihr Schlaginstrument gezielt eingesetzt und fegte den Mann von dem noch intakten Bein. Der Rowdy verlor augenblicklich das Gleichgewicht, krachte zu Boden und schlitterte etwa anderthalb Meter über dem schmutzigen Belag in Richtung Tresen.

Der erste der Bancroft-Brothers weigerte sich entschieden zu glauben, was er da gerade gesehen hatte. Er unterstellte eine Sinnestäuschung seinerseits und spürte wenige Wimpernschläge später einen ausgesprochen harten Gegenstand auf seinem Hinterkopf.

Parker hatte den Bambusgriff seines altväterlich gebundenen Universal-Regenschirmes auf dem Hinterkopf des Mannes kurzfristig abgelagert. Da dieser Griff mit Blei ausgegossen war, war das Ergebnis vorprogrammiert. Der Mann rutschte etwa anderthalb Zentimeter in sich zusammen, schraubte sich zu Boden und breitete sich dann auf ihm aus.

»Guter Gott«, stieß Culham hervor und blickte seine Besucher entgeistert an.

»Ich hasse es, wenn man unhöflich zu mir ist«, sagte Lady Agatha.

»Das sind die Bancroft-Brothers«, stöhnte Culham.

»Dumme Wichtigtuer«, urteilte Lady Agatha. »Gehören sie etwa dieser Street-Gang an, junger Mann?«

»Kann schon sein«, flüsterte Culham und warf dem Butler einen scheuen Blick zu. »Aber ich will nichts gesagt haben.«

»Darf man erfahren, welchem Beruf die beiden Männer nachgehen?« fragte Parker.

»Das sind Anstreicher«, lautete die geflüsterte Antwort. Will Culham blickte scheu auf die beiden Männer hinunter, die langsam wieder munter wurden und erstaunliche Wehlaute produzierten. »Die arbeiten in ’ner Firma gleich hier um die Ecke.«