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Exzellent – das ist er im wahrsten Sinne des Wortes: einzigartig, schlagfertig und natürlich auch unangenehm schlagfähig. Wer ihn unterschätzt, hat schon verloren. Sein Regenschirm ist nicht nur sein Markenzeichen, sondern auch die beste Waffe der Welt. Seinem Charisma, Witz und Charme kann keiner widerstehen. Der exzellente Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Ich werde das hier mal anprobieren, Mister Parker.« Agatha Simpson befand sich in der Damenkonfektion eines kleinen, aber exklusiven Kaufhauses in Belgravia, um sich nach einem Kleid umzusehen. Sie wollte am Abend der Einladung eines Industriellen Folge leisten und zu diesem Zweck neue Garderobe tragen. Mylady hatte lange suchen müssen, bis ihr etwas Passendes auffiel: das Modell eines renommierten japanischen Couturiers, das die Geschäftsleitung erheblich reduziert hatte. »Die Preise sind hier eine einzige Provokation«, fuhr die ältere Dame munter fort, während sie den Umkleidekabinen zustrebte. »Man führt eben nur Modelle führender Modehäuser«, gab Josuah Parker zu bedenken, der mit unbewegter Miene seiner Herrin folgte. »Die Qualität dürfte aber über jeden Zweifel erhaben sein.« »Hoffentlich, Mister Parker.« Agatha Simpson musterte die geplante Neuerwerbung noch mal kritisch und strebte der mittleren Kabine zu, doch dabei wurde sie empfindlich gestört. »Was soll denn das?« Mylady war empört, als sich ein hagerer Mann mit langen, ungepflegten Haaren an ihr vorbeizwängte und in die Kabine schob. Er trug einen safranfarbenen Wildlederanzug und hatte sich mehrere Kameras über die Schulter und um den Hals gehängt. »Sorry, aber das ist meine Kabine. Ich war schon hier drin und hab' nur noch mal schnell was getauscht. Nehmen Sie doch 'ne andere, Lady, sind noch genug freie da, oder?« Damit zog er den Vorhang hinter sich zu. Josuah Parker, der einen Blick ins Innere der Kabine geworfen hatte, hatte darin ein Stativ entdeckt und war darüber verwundert. »Was sagen Sie dazu, Mister Parker?«
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Seitenzahl: 127
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»Ich werde das hier mal anprobieren, Mister Parker.« Agatha Simpson befand sich in der Damenkonfektion eines kleinen, aber exklusiven Kaufhauses in Belgravia, um sich nach einem Kleid umzusehen. Sie wollte am Abend der Einladung eines Industriellen Folge leisten und zu diesem Zweck neue Garderobe tragen.
Mylady hatte lange suchen müssen, bis ihr etwas Passendes auffiel: das Modell eines renommierten japanischen Couturiers, das die Geschäftsleitung erheblich reduziert hatte.
»Die Preise sind hier eine einzige Provokation«, fuhr die ältere Dame munter fort, während sie den Umkleidekabinen zustrebte.
»Man führt eben nur Modelle führender Modehäuser«, gab Josuah Parker zu bedenken, der mit unbewegter Miene seiner Herrin folgte. »Die Qualität dürfte aber über jeden Zweifel erhaben sein.«
»Hoffentlich, Mister Parker.« Agatha Simpson musterte die geplante Neuerwerbung noch mal kritisch und strebte der mittleren Kabine zu, doch dabei wurde sie empfindlich gestört.
»Was soll denn das?« Mylady war empört, als sich ein hagerer Mann mit langen, ungepflegten Haaren an ihr vorbeizwängte und in die Kabine schob. Er trug einen safranfarbenen Wildlederanzug und hatte sich mehrere Kameras über die Schulter und um den Hals gehängt.
»Sorry, aber das ist meine Kabine. Ich war schon hier drin und hab’ nur noch mal schnell was getauscht. Nehmen Sie doch ’ne andere, Lady, sind noch genug freie da, oder?«
Damit zog er den Vorhang hinter sich zu. Josuah Parker, der einen Blick ins Innere der Kabine geworfen hatte, hatte darin ein Stativ entdeckt und war darüber verwundert.
»Was sagen Sie dazu, Mister Parker?« entrüstete sich die passionierte Detektivin und wedelte mit ihrem Kleid durch die Luft. »Das ist doch eine ausgemachte Unverschämtheit, oder?«
»Zumindest ein sehr ungewöhnlicher Vorgang, Mylady«, fand der Butler. »Vor allem, wenn man bedenkt, daß man sich hier in der Damenkonfektion befindet.«
Lady Agatha sah ihren Butler verblüfft an. Sie hatte sich derart über den unhöflichen jungen Mann geärgert, daß ihr dieses nicht ganz unwichtige Detail entfallen war.
»Richtig, Mister Parker! Was hat dieser Lümmel in einer Umkleidekabine für Damen zu suchen? Vielleicht ist das ein Voyeur, der heimlich Frauen beim Umziehen beobachtet? Wahrscheinlich bohrt er gerade Löcher in die Wände zu den Nachbarkabinen.«
»Man konnte ein Stativ erkennen«, berichtete der Butler gemessen.
»Und dann die vielen Kameras, Mister Parker.« Lady Agatha hatte sich ein Bild gemacht. »Das ist sicher ein Sittenstrolch, der unschuldige Frauen belauscht und fotografiert«, stellte sie fest und nickte heftig. »Zum Glück tauche ich wieder mal im richtigen Moment auf, um für Ordnung zu sorgen.«
Die ältere Dame riß entschlossen den Vorhang zur Seite und starrte den Mann grimmig an. »Schämen Sie sich nicht bei ihrem Tun?«
»Machen Sie, daß Sie verschwinden«, keifte der Hagere und fuhr ungerührt fort, eine Kamera auf das Stativ zu schrauben. »Ich bereite hier einen Werbefilm vor. Also verschwinden Sie, und stören Sie mich nicht weiter!«
»Was halte ich davon, Mister Parker?« Lady Agatha war von dieser Antwort überrascht und überhörte deshalb die rüde Ausdrucksweise des Fotografen.
Ratlos sah sie ihren Butler an.
»Hier dürften gewisse Zweifel angebracht sein, Mylady«, äußerte Josuah Parker und musterte den Mann in der Kabine forschend. »Werbeaufnahmen würde man sicher außerhalb der Öffnungszeiten vornehmen, um das Geschäft nicht zu stören und auch selbst ungestört arbeiten zu können.«
»Genau, Mister Parker, Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund.« Die ältere Dame wandte sich wieder dem Fotografen zu, der ihr wütend entgegenstarrte. »Verlassen Sie nun endlich meine Kabine, oder muß ich nachhelfen, Sie Lümmel?« erkundigte sie sich mit einer Stimme, in der ein aufziehendes Gewitter unüberhörbar mitschwang.
»Zum Teufel! Rechts und links sind jede Menge Kabinen frei«, zischte der Mann mit den ungepflegten Haaren. »Warum wollen Sie ausgerechnet die hier haben?«
»Weil es meine ist, deshalb«, reagierte Lady Agatha gereizt. Sie reichte Parker ihr Kleid und handelte. Ihr rechter Arm schoß vor, und der Fotograf schrie auf.
Myladys Finger hatten sich in seine Hemdbrust gebohrt und die Haut ein wenig gepreßt. Agatha Simpson zerrte den widerstrebenden Mann aus der Kabine.
Der Fotograf begann zu brüllen und versuchte, die Detektivin an die Schienbeine zu treten. Lady Agatha erkannte die Absicht und stieß den Mann von sich. Er flog mit ausgebreiteten Armen nach hinten und schlug in einen Kleiderständer mit festlicher Abendgarderobe. Diese wurde von ihren Bügeln gerissen und bedeckte den Unglücksraben unter sich.
Zufrieden sah Lady Agatha auf die Roben, unter denen es sich schwach bewegte. Dann drehte sie sich zu einer Frau mittleren Alters um, die herbeigeeilt war, um nach dem Rechten zu sehen.
»Gehören Sie zum Haus, meine Liebe?« erkundigte sich die resolute Dame grimmig.
»Ich bin die Etagenaufsicht«, stellte sich die Frau vor und lächelte unsicher. »Ist etwas passiert, Madam?«
»Das kann man wohl sagen, junge Frau«, teilte die Detektivin der etwa fünfzigjährigen Frau mit und musterte sie kopfschüttelnd. »In Ihrem Haus treiben sich Schlüssellochgucker herum. Was haben Sie dazu zu sagen?«
»Aber... das ist doch unmöglich!« Die Frau sah sich scheu um und registrierte die zahlreichen Kundinnen, die neugierig herüberblickten. Einige kamen unauffällig näher, um mitzubekommen, was sich hier abspielte.
»Der Lümmel unter den Kleidern dort hat sich in einer Kabine versteckt und wollte seine Kameras installieren, als ich ihn dabei erwischte.« Lady Agatha sah zufrieden auf den Kleiderberg, unter dem sich der Fotograf gerade hervorquälte.
»Bitte, Mylady, das können wir doch in meinem Büro besprechen, nicht wahr?« bat die Angestellte, die größeres Aufsehen vermeiden wollte.
Sie drehte sich um und winkte einem unauffällig gekleideten Mann, der auf der Rolltreppe erschien. Sie wies auf den Kleiderberg und nickte kaum merklich.
»Ich überlege, ob ich Sie nicht verklagen soll«, dachte Lady Agatha laut nach. »Ich habe einen Schock erlitten, meine Liebe, wahrscheinlich muß ich mich in Behandlung eines Psychotherapeuten begeben. Sie haben Ihre Aufsichtspflicht sträflich vernachlässigt, das ist Ihnen doch wohl klar?«
»Bitte, Madam, wenn Sie mir in mein Büro folgen würden? Vielleicht darf ich Ihnen dort etwas anbieten? Einen Kaffee oder sonst eine Erfrischung?«
»Mein Kreislauf ist durch den Vorfall arg mitgenommen worden, meine Liebe«, teilte Lady Agatha mit leidender Stimme mit. »Hoffentlich haben Sie einen anständigen Cognac oder Brandy da?«
»Äh ... nein ... ich glaube nicht, Madam. Aber gegenüber gibt es eine Delikatessenhandlung, ich werde sofort etwas holen lassen.«
»Ich vertrage aber nichts Billiges«, warnte die ältere Dame.
»Selbstverständlich, natürlich«, murmelte die Angestellte erleichtert und dirigierte Lady Agatha in Richtung einer grauen Stahltür, die neben den Umkleidekabinen lag und durch einen geblümten Vorhang verdeckt wurde.
*
»Und was passierte weiter?« Kathy Porter hatte sich vorgebeugt und beobachtete Lady Agatha neugierig. Sie war mit Mike Rander, dem Anwalt, auf einen Sprung herübergekommen, um mit der Hausherrin das Frühstück einzunehmen.
Die ältere Dame hatte sehr farbig ihre Erlebnisse in dem Kaufhaus geschildert und lehnte sich zufrieden zurück. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und musterte ihre Gesellschafterin und Sekretärin wohlwollend.
»Der Hausdetektiv hat sich dann um den Burschen gekümmert, Kindchen«, gab sie Auskunft. »Ich nehme an, inzwischen sitzt der Kerl längst in einer Zelle beim Yard.«
»Konnten Sie die Geschäftsleitung davon überzeugen, daß Ihnen Schadenersatz zusteht?« wollte Mike Rander wissen.
»Und ob, mein lieber Junge.« Agatha Simpson schloß die Augen und ließ das Gespräch mit der Etagenaufsicht noch mal Revue passieren. Irgendwann hatte die Angestellte erschöpft kapituliert und zum Hörer gegriffen, um ihren Vorgesetzten zu informieren. Wenige Minuten später war ein distinguiert wirkender Gentleman erschienen und hatte die Frau hinausgeschickt.
Das Lächeln der Hausherrin wechselte ins Strahlen. »Ich durfte mir eine komplette Garderobe aussuchen«, teilte sie mit. »Natürlich habe ich das nicht ausgenutzt, man weiß ja schließlich, was sich gehört. Eine andere Dame an meiner Stelle hätte wahrscheinlich den halben Laden mitgenommen.«
»Was haben Sie sich denn ausgesucht, Mylady?« wollte Kathy Porter wissen, die als junge Frau durchaus an Bekleidungsfragen interessiert war.
»Nicht viel, Kindchen, wie ich schon sagte.« Lady Agatha nahm ihre Finger zur Hand und begann aufzuzählen. »Zwei Kleider und eine Abendrobe, einen Mantel und zwei Paar Schuhe. Dazu hat mir der Geschäftsführer noch eine Handtasche und einen Hut aufgedrängt.«
»Das ist ja wirklich nicht viel, Mylady«, kommentierte Mike Rander grinsend. Dann wandte er sich fragend an den Butler. »Und Sie sagen, in der Kabine hätte ein Stativ gestanden, Parker?«
»So ist es, in der Tat, Sir.« Parker nickte dem Anwalt zu, dem er in früheren Jahren in den Staaten als Butler gedient hatte.
»Der junge Mann war gerade dabei, eine Hochleistungskamera auf besagtes Stativ zu montieren, als Mylady eingriff.«
»Dieser Lümmel!« ereiferte sich die Hausherrin und sah sich empört im Kreis der Anwesenden um. »Es ist nicht zu glauben, was heutzutage alles passiert«, fuhr sie fort. »Nur gut, daß ich dazu kam und den Kerl aus dem Verkehr ziehen konnte.«
»Bedauerlicherweise nicht ganz, Mylady«, ließ sich Josuah Parker vernehmen. Er hatte sich erlaubt, zwischenzeitlich mit der Geschäftsleitung des Bekleidungshauses zu telefonieren und verfügte über bessere Informationen.
»Was heißt das, Mister Parker?« Lady Agatha musterte ihren Butler verärgert. Es gefiel ihr nicht, daß Parker wieder mal mehr wußte als sie selbst.
»Man ließ den Fotografen gehen«, teilte Parker gemessen mit. »Der junge Mann überzeugte die Geschäftsleitung davon, daß es sich lediglich um ein bedauerliches Mißverständnis handelte.«
»Wie das, Parker?« wollte Mike Rander wissen.
»Offensichtlich handelt es sich bei dem jungen Mann um einen Journalisten«, berichtete Parker weiter. »Er hätte angeblich eine Reportage über das Haus und seine Kundschaft machen wollen und gab vor, nur Garderobe wählende Kundinnen zu fotografieren.«
»Und warum dann die ganze Heimlichtuerei?« zeigte sich Kathy Porter skeptisch.
»Besagter Herr machte der Geschäftsleitung klar, daß er auf natürliche, unverfälschte Aufnahmen Wert lege und außerdem kein Aufsehen erregen wolle«, fuhr der Butler gemessen fort. »Man wollte die gediegene Atmosphäre des Hauses nicht stören und die Kameras offen in den Verkaufsräumen aufbauen.«
»Na ja, das klingt nicht mal unglaubwürdig«, meinte Rander schulterzuckend.
»Papperlapapp, mein Junge, der Mann hatte unlautere Absichten, das habe ich sofort gesehen«, grollte die Hausherrin. »Dieser Strolch hat die Leute in dem Kaufhaus hereingelegt, aber mich kann er nicht täuschen! Mister Parker, finden Sie bitte heraus, wer der Kerl war. Ich werde ihn aufsuchen und ihm die Meinung sagen.«
»Es handelt sich um einen Mister Stuart Rollins, Mylady«, teilte Parker mit. »Mister Rollins ist Reporter eines neuen Blattes, das sich ›London View‹ nennt.«
»Sie wissen schon, wer das ist?« staunte die Detektivin.
»In der Tat, Mylady. Dies herauszufinden, war – mit Verlaub – nicht schwer. Mister Rollins gab der Geschäftsleitung des Kaufhauses seine Identität preis, und man war so freundlich, sie mir mitzuteilen.«
»Die beiden Namen habe ich schon gehört, Parker«, überlegte Mike Rander. »Das ist doch dieses neue Sensationsblatt, das über Skandale aus der High-Society berichtet und anscheinend bestens informiert ist, nicht wahr? Außerdem schreibt das Blatt bevorzugt über Kriminalität, und auch in diesem Punkt scheinen die Jungs einen ganz besonderen Draht zu haben. Dieser Rollins ist wohl die Reporterkanone, soviel ich weiß.«
»In der Tat, Sir.« Parker wandte sich an seine Herrin und informierte sie über das Ende des kleinen Zwischenfalls. »Man ließ Mister Rollins gehen, nachdem er versprochen hatte, auf seine Reportage zu verzichten und über den Zwischenfall nichts zu schreiben.«
»Wäre das nicht eine tolle Reklame für das Haus gewesen, wenn dieses Blatt eine Reportage darüber gebracht hätte?« wunderte sich Mike Rander.
»Kaum, Sir. Die Tendenz des Berichts wäre wohl negativ gewesen. Mister Rollins liebt es, sich abwertend über die Angehörigen der sogenannten besseren Kreise zu äußern. Seine geplante Reportage hätte möglicherweise eine gewisse Dekadenz und Verschwendungssucht der Kundschaft des Hauses zum Inhalt gehabt.«
»Da könnten Sie recht haben, Parker«, zeigte sich der Anwalt überzeugt. »Na ja, zumindest war es für Mylady ein Erfolg. Sie hat kostenlos ihre Garderobe ergänzen können.«
»Trotzdem, mit diesem Lümmel stimmt etwas nicht«, beharrte die Hausherrin auf ihrer Meinung und sah den Butler herausfordernd an. »Besorgen Sie mir alle Informationen über diesen Menschen, Mister Parker, ich werde mich etwas näher mit ihm befassen.«
»Man wird sich darum kümmern, Mylady«, versprach Parker und verneigte sich andeutungsweise. »Das betreffende Haus ist dennoch heute morgen Gegenstand öffentlichen Interesses, wenn man darauf verweisen darf.«
»Natürlich, der Überfall«, rief Mike Rander und schlug sich gegen die Stirn. »Ich habe davon in den Zeitungen gelesen.«
»Vielleicht darf ich auch mal erfahren, was eigentlich los ist?« erkundigte sich die Detektivin verärgert.
»Stets zu Diensten, Mylady.« Parker servierte seiner Herrin einen Cognac zur Stützung ihres Kreislaufs und setzte sie ins Bild.
»Kurz nach dem kleinen Zwischenfall in der Damenkonfektion wurden die Kassen des Hauses von Banditen überfallen und die Kassiererinnen gezwungen, die Einnahmen auszuhändigen. Wäre man nur zehn Minuten länger in der Abteilung verweilt, wäre man sogar Zeuge dieses Vorfalls geworden.«
»Da muß ich doch noch im Haus gewesen sein.« Myladys Ärger steigerte sich. Sie konnte es nicht fassen, daß sie im Büro der Geschäftsleitung gesessen hatte, während man nur wenige Meter entfernt die Kassen ausraubte.
»Warum erfuhr ich nichts davon, während ich noch dort war?« lamentierte sie. »Ich hätte die Täter sofort dingfest gemacht.«
»Die Räuber gingen außerordentlich diskret vor«, wußte Parker zu berichten. »Vom übrigen Personal und der Kundschaft hat niemand etwas bemerkt.«
»Aber ich, Mister Parker, wenn ich da gewesen wäre«, sagte die Detektivin.
»Das wäre das gefundene Fressen für diesen Sensationsmenschen geworden«, überlegte Mike Rander. »Während er auf der Lauer liegt, um die Kundinnen des Hauses zu beobachten, werden die Kassen überfallen und er kann den Überfall filmen.«
»Die Kabine, die sich Mister Rollins ausgesucht hatte, lag allerdings der Hauptkasse in der Damenkonfektion direkt gegenüber«, erinnerte sich Josuah Parker.
»Zufälle gibt’s, nicht zu fassen.« Mike Rander schüttelte den Kopf.
»Mister Rollins war in der Vergangenheit sehr oft in der Lage, von derartigen Zufällen zu profitieren, Sir«, bemerkte Parker.
»Was wollen Sie damit sagen?« Mike Rander sah den Butler forschend an.
»Bei einer Reihe aufsehenerregender Verbrechen hatte Mister Rollins das journalistische Glück, stets in der Nähe oder direkt am Tatort zu sein«, stellte Parker gemessen fest. »Auf diese Weise gelangen ihm sogenannte sensationelle Reportagen und Fotoserien.«
»Vielleicht hat der Mann einfach die Nase für so etwas«, vermutete Kathy Porter.
»Niemals, Kindchen, das würde ja bedeuten, er hätte eine Fähigkeit, wie ich sie auch habe, und das kann wirklich nicht sein.« Lady Agatha, die Parkers Informationen über Stuart Rollins schweigend zur Kenntnis genommen hatte, richtete sich kerzengerade auf und hob dozierend einen Finger. »Ich will Ihnen sagen, um was es hier geht, anscheinend bin ich wieder mal die einzige, die durchblickt.«
»Na, dann lassen Sie uns mal an Ihrer Weisheit teilhaben, Mylady«, forderte Mike Rander sie respektlos auf.
»Dieser Mensch hat alle Verbrechen selbst inszeniert, deshalb war er auch immer zur Stelle, um darüber berichten und Fotos schießen zu können. Was sagen Sie dazu?« Agatha Simpson blickte sich triumphierend um und wartete gespannt auf die Reaktion ihrer Zuhörer.
»Das klingt aber ’n bißchen weit hergeholt, Mylady«, zeigte sich der Anwalt skeptisch.
»Also, ich weiß nicht...« zögerte Kathy Porter.
»Ich warte auf Ihren Kommentar, Mister Parker«, mahnte die Hausherrin mit strenger Stimme.
»Mylady überraschen wieder mal mit ebenso kühnen wie sich förmlich aufdrängenden Schlußfolgerungen«, gab der Butler höflich zurück.
»Sie geben mir also recht?« staunte die ältere Dame.
»Myladys Intuition erwies sich in der Vergangenheit stets als das, was der Volksmund so überaus anschaulich als Volltreffer zu bezeichnen pflegt«, antwortete Parker und verneigte sich höflich vor seiner Herrin.
*