Der Tag, an dem ich Papa war - Hera Lind - E-Book
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Der Tag, an dem ich Papa war E-Book

Hera Lind

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Beschreibung

„Fridolin setzte sich auf und schob die Bettdecke weg. Er hatte Papas Schlafanzug an und unten guckten ganz, ganz riesengroße Füße raus. ‚Ich glaub, ich spinne‘, murmelte Fridolin. Dabei erschrak er furchtbar über seine tiefe Stimme. Er WAR Papa!“ Fridolin ist acht Jahre alt – und er hat es satt: Er will nicht mehr Flötespiele üben, er will nicht mehr früh ins Bett und vor allem will er nicht mehr in die Schule gehen. Wenn er doch nur schon so groß wäre wie Papa, dann wäre alles viel besser! Jedenfalls denkt Fridolin das. Bis zu jenem Morgen, als er in Papas Körper aufwacht … Eine Vorlesegeschichte für kleine und große Kinder von Hera Lind, einer der erfolgreichsten deutschen Unterhaltungsautorinnen aller Zeiten. Jetzt als eBook: „Der Tag, an dem ich Papa war“ von Hera Lind. Wer liest, hat mehr vom Leben: jumpbooks – der eBook-Verlag für junge Leser.

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Seitenzahl: 94

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Über dieses Buch:

Fridolin ist acht Jahre alt – und er hat es satt: Er will nicht mehr Flötespiele üben, er will nicht mehr früh ins Bett und vor allem will er nicht mehr in die Schule gehen. Wenn er doch nur schon so groß wäre wie Papa, dann wäre alles viel besser! Jedenfalls denkt Fridolin das. Bis zu jenem Morgen, als er in Papas Körper aufwacht …

Eine Vorlesegeschichte für kleine und große Kinder von Hera Lind, einer der erfolgreichsten deutschen Unterhaltungsautorinnen aller Zeiten.

Über die Autorin:

Hera Lind, geboren in Bielefeld, studierte Germanistik, Theologie und Gesang. Sie machte sich europaweit als Solistin einen Namen und war 14 Jahre lang festes Mitglied des Kölner Rundfunkchores. Während ihrer ersten Schwangerschaft schrieb sie ihren Debütroman Ein Mann für jede Tonart. Dieser wurde sofort ein Bestseller und erfolgreich verfilmt – eine Erfolgsgeschichte, die sich mit zahlreichen Romanen wie Das Superweib, Die Zauberfrau, Das Weibernest, Kinderbüchern und Tatsachenromanen bis heute fortsetzt. Hera Linds Bücher wurden in 17 Sprachen übersetzt und verkauften sich über 13 Millionen Mal. Die leidenschaftliche Joggerin läuft täglich 15 Kilometer; in »Frauen-Power-Seminaren« gibt sie ihre Erfahrungen mit Laufen und Pilates erfolgreich weiter. Hera Lind ist Mutter von vier Kindern und lebt mit ihrer Familie in Salzburg.

Die Autorin im Internet: www.heralind.com

***

eBook-Neuausgabe April 2016

Copyright © der Originalausgabe 1997 Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main

Copyright © der eBook-Ausgabe 2012 dotbooks GmbH, München

Copyright © 2016 jumpbooks. jumpbooks ist ein Imprint der dotbooks GmbH.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nicola Bernhart Feines Grafikdesign, München

Titelbildabbildung: © olly – Fotolia.com

E-Book-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-96053-061-9

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Hera Lind

Der Tag, an dem ich Papa war

Eine Vorlesegeschichte

jumpbooks

Nebenan klappte die Badezimmertür. Fridolin wachte auf. Schade, dass sein schöner Traum schon zu Ende war vom Rollerblades-Fahren auf dem Geländer der Tankstelle. Fridolin hatte eine coole Kappe aufgehabt und war ganz locker auf das Geländer gesprungen und ohne zu wackeln mindestens fünf Meter darauf gefahren. Und die Großen hatten alle zugeguckt und Fridolin hatte sich ganz toll gefühlt. Ausgerechnet jetzt musste die blöde Badezimmertür klappen. Das bedeutete, dass Papa aufgestanden war. Und dass heute ein ganz normaler Donnerstag war. Und dass Fridolin kein bisschen Rollerblades fahren konnte, jedenfalls nicht auf dem Geländer der Tankstelle. So ein Mist.

Fridolin stand auf und ging ins Bad.

Papa saß im Bademantel auf dem Klo und las Zeitung.

»Morgen!«

Papa machte schnell die Zeitung zu und den Klodeckel auch.

»Hallo, Fridolin! Gut geschlafen?!«

»Es geht«, sagte Fridolin.

Fridolin kletterte auf den roten Hocker und suchte seine Schlumpf-Zahnpasta. Alle anderen Zahnpastas schmeckten ekelhaft. Fridolin aß ein bisschen von der Schlumpf-Zahnpasta und dachte an seinen Traum. Papa schmierte sich Rasierschaum ins Gesicht. Die Spiegelbilder von Papa und Fridolin sahen aus wie jeden Morgen: Zahnpastaschaum und Rasierschaum und verstrubbelte Haare.

Ausgerechnet da sagte Papa etwas sehr Dummes.

»Du hast es gut«, sagte Papa. »Ich wollte, ich wäre nochmal acht.«

Da hatte er Fridolin aber auf dem falschen Bein erwischt.

»Wieso hab ich's gut?«, fragte Fridolin sauer. »Immer muss ich in die Schule gehen und mich langweilen und die Großen lassen mich nie mitspielen!«

Papa verzog ganz komisch das Gesicht und kratzte sich den Schaum von der Backe. »Du musst dich nicht rasieren«, sagte er. »Und viele andere Dinge musst du auch nicht!«

»Na und!«, rief Fridolin ärgerlich. »Dafür kannst du Auto fahren und machen, was du willst, und abends gehst du ins Bett, wann du willst, und Geld hast du auch und du kannst zu McDonald's gehen, und wenn dich einer auslacht, dann haust du ihm eins auf die Mütze!«

»Ach, Fridolin!«, sagte Papa. »Sei froh, dass du noch nicht erwachsen bist. Du kannst spielen und schlafen und Mama macht dir was zu essen und alle haben dich lieb.«

Fridolin setzte sich auf die Erde und zog sich an. Wie immer wollten diese blöden Strümpfe einfach nicht über seine Füße rutschen. Und die Unterhose war ausgerechnet eine mit Blümchen drauf, völlig uncool und viel zu eng am Bauch. Fridolins Laune war schlechter als schlecht.

»Wieso muss ich immer anziehen, was Mama will! Ich hasse diese Unterhose und diese Strümpfe auch! Und außerdem haben wir heute in der Schule Sport und ich habe die lächerlichste Unterhose von der ganzen Klasse an!«

»Wir können ja tauschen«, sagte Papa. Er hatte sich gerade geschnitten und tupfte auf seiner blutigen Backe herum. »Du ziehst meinen dunklen Anzug an und gehst in die Firma und ich nehme deine geblümte Unterhose und gehe in die Schule. Ist das ein Angebot?«

Quatsch«, sagte Fridolin sauer. »Das geht ja sowieso nicht.«

»Klar geht das«, behauptete Papa. »Wir müssen das nur beide ganz doll wollen.«

Fridolin saß da auf dem nassen Badezimmerfußboden mit seiner Socke in der Hand und starrte Papa an.

Papa beugte sich zu Fridolin runter und stupste ihm Rasierschaum auf die Nase.

»Es funktioniert bestimmt. Lass dich nur überraschen.«

»Das glaubst du ja selber nicht«, knurrte Fridolin und stülpte sich sein T-Shirt über den Kopf. Das T-Shirt war wieder mal verkehrt rum und Fridolin wusste überhaupt nicht, durch welches Loch er den Kopf stecken sollte.

Beim Frühstück wartete Fridolin darauf, dass er plötzlich Papa wäre. Aber natürlich passierte überhaupt nichts. Er war Fridolin und langweilte sich und Papa war Papa und las Zeitung.

Fridolin rülpste. Das konnte er gut. Er konnte besser rülpsen als Papa, obwohl Papa auch nicht schlecht darin war. Aber nur, wenn Mama nicht dabei war.

»Na«, sagte Papa. »Muss das sein?«

»Ich rülpse, wann ICH will«, trumpfte Fridolin auf.

»Wenn du einen Tag Papa sein willst, darfst du das aber nicht«, sagte Papa hinter seiner Zeitung.

»Wenn ich du bin, rülpse ich auch bestimmt nicht mehr«, versprach Fridolin schnell.

Sich vorzustellen, einmal Papa zu sein! Einmal groß zu sein und stark und reich und ein tolles Auto zu haben und damit einfach wegzufahren! Und nicht in die Schule gehen zu müssen! Sich das einmal vorzustellen! »Ich würde wirklich gerne du sein«, sagte Fridolin nachdenklich. »Aber ich fürchte, du meinst das gar nicht ernst.«

Papa klappte die Zeitung zu. »Natürlich meine ich das ernst. Heute geht's leider nicht mehr, aber morgen tauschen wir, wenn's dir recht ist.«

»Immer sagst du morgen und dann machst du's doch nicht«, sagte Fridolin ärgerlich.

»Und wenn ich es dir verSPRECHE? Glaubst du mir dann?«

»Du würdest WIRKLICH mit mir tauschen?«, fragte Fridolin. Seine Backen waren plötzlich ganz heiß und seine Augen leuchteten.

»Natürlich«, sagte Papa. »Ich wollte schon immer noch mal acht Jahre alt sein.«

Er stand auf und wuschelte Fridolin durchs Haar.

Papa nahm sich den Autoschlüssel von der Fensterbank. »Bist du fertig? Los, ab in die Schule.«

Fridolin stand an der Straßenecke und winkte Papa nach, der in seinem tollen. schwarzen BMW davonbrauste.

Dann setzte Fridolin sich in Marsch.

Später saß Fridolin in der Schule und dachte immerfort darüber nach, was Papa versprochen hatte. Wollte er wirklich tauschen? Oder hatte Fridolin das nur geträumt? Hatte Papa ihm denn überhaupt richtig zugehört? Fridolin versuchte, sich zu konzentrieren. Immer dieses Rechnen! Immer diese blöden, langweiligen Aufgaben! Na bitte. Das konnte Papa gerne haben, wenn er denn unbedingt wollte.

Nach dem Rechnen war Kunst. Frau Limpinsel wollte, dass sie ein Känguru malten. Fridolins Känguru sah nicht wirklich aus wie ein Känguru. Jan neben ihm sagte: »Das ist ja ein Katzenschwein.«

»Na und«, sagte Fridolin. »Und dein Känguru sieht aus wie eine kaputte Knackwurst.«

Die anderen lachten. Fridolin ärgerte sich furchtbar. Morgen konnte Papa ja stundenlang Kängurus malen, während er, Fridolin, in Papas Auto spazieren fuhr.

Dann war Turnen. Das ging ja noch. Zum Glück sah niemand die geblümte Unterhose, weil Fridolin sich auf dem Klo umzog. Aber Fridolin hatte trotzdem eine Stinklaune und rannte wie wild. Er rempelte auch ein paar blöde Mädchen um. Besonders die, die über sein Schweinekatzenkänguru gelacht hatten.

Aber das Schlimmste stand ihm ja noch bevor: der Flötenunterricht bei Frau Kesselbrink. Natürlich hatte Fridolin wieder mal nicht geübt. Er konnte das Fis immer noch nicht.

Alle Kinder konnten das Fis, nur Fridolin nicht. Es klang ganz schrecklich und schief, als alle zusammen »Im Märzen der Bauer« spielten. Fridolin platzte beinahe das Trommelfell. Er hatte so schlechte Laune, dass er immer mit Absicht viel zu fest in seine Flöte blies. Die Flöte quietschte vor Schmerzen. Kein einziger Ton klang wie »Im Märzen der Bauer«. Kein einziger. Frau Kesselbrink schrie dazwischen »Aufhören, alle mal aufhören!« – und dann musste Fridolin alleine spielen. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Morgen spielt Papa hier Flöte, dachte Fridolin. Dann kann Papa »Im Märzen der Bauer« spielen, bis ihm die Ohren abfallen. Und dann schimpft Frau Kesselbrink mit ihm und die Mädchen lachen ihn aus. Und ich kaufe mir inzwischen Rollerblades und fahre ein bisschen auf dem Geländer der Tankstelle rum.

Aber noch war der Tag nicht gerettet! Fridolin musste zu Hause Hausaufgaben machen! Er saß am Küchentisch und das Baby saß auch am Küchentisch und Mama gab dem Baby dieses ekelhafte Breizeug aus dem Gläschen und das Baby war ganz verschmiert und patschte mit seinen kleinen, fetten Händchen auf den Tisch. Und dabei sollte sich ein Mensch konzentrieren!! 68 und 24, schrieb Fridolin in sein Heft. Und er hatte keine Ahnung, wieviel 68 und 24 war. Und es interessierte ihn auch nicht die Bohne. Er konnte es gar nicht erwarten, dass endlich morgen war. Morgen würde Papa hier sitzen und 68 und 24 rechnen und dann konnte Papa sich mal den Kopf zerbrechen und dem Baby beim Essen zusehen und sich heimlich ekeln.

»Wie war es denn heute in der Schule?«, fragte Mama.

»Schön«, sagte Fridolin.

Das Baby griff nach seinem Rechenheft und wollte eine Seite rausreißen. Fridolin konnte das Heft gerade noch retten.

»Was habt ihr denn gelernt?«, wollte Mama wissen.

»Nichts«, sagte Fridolin.

»Was hat dir denn am meisten Spaß gemacht?«

»Nichts«, sagte Fridolin.

»Fridolin! Was ist los mit dir? Irgendwas muss dir doch Spaß gemacht haben!«, sagte Mama. Sie wischte mit dem Lätzchen auf dem Baby herum. Das Baby wollte immer noch das Rechenheft zerreißen. Ein dickes Eselsohr war schon drin und ein Möhrenklecks dazu.

»Also gut«, lenkte Fridolin ein. »Wir haben Kängurus gemalt.«

»Wie schön«, sagte Mama. »Warum habt ihr denn ein Känguru gemalt?«

»Weiß ich doch nicht. Kann ich jetzt rausgehen?«

»Bist du fertig mit deinen Hausaufgaben?«

»Klar«, sagte Fridolin.

»Und hast du Flöte geübt?«

»Ich muss heute nicht Flöte üben. Es reicht, wenn ich nächste Woche übe.«

»Na gut«, sagte Mama. Sie wollte auch nicht wirklich, dass Fridolin Flöte übte.

Das Baby quäkte. Fridolin wollte sich das nicht weiter anhören. Außerdem hatte er große Lust, sich eine Tüte Chips zu kaufen. Er hatte noch zwei Mark vom Opa in der Tasche. Aber das war sein Geheimnis. Fridolin überlegte, ob er die zwei Mark für Papa in der Tasche lassen sollte, als Reserve, falls Papa morgen Hunger auf Chips kriegen würde.