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»Ruhig!«, sagte ich, um Beherrschung bemüht. Mein Trommelfell flatterte. Immer wenn ich Stress hatte, fing mein linkes Trommelfell an zu flattern. Ein Wunder, dass es überhaupt noch mal stillstand. Einmal Chaos und zurück: Seit Franziska zur Bestsellerautorin geworden ist, reißen sich die Medien um sie. Kurzentschlossen flieht sie mit ihren drei Kindern in die Schweiz – was einen Fernsehprogrammdirektor mit faszinierenden Augen nicht davon abhält, ihr eine eigene Talkshow anzubieten. Natürlich wäre es schlauer, diese abzulehnen, aber Franziska kann der Herausforderung nicht widerstehen. Um wenigstens etwas Ruhe in ihr Leben zu bringen und Liebeschaos zu vermeiden, gründet sie mit ihren besten Freundinnen eine frech-vergnügte Wohngemeinschaft, in der die „Herren der Schöpfung“ kein Bleiberecht haben. Jedenfalls ist das der Plan … Vier Powerfrauen, ein Weibernest und jede Menge Überraschungen: Der Bestseller von Hera Lind, einer der erfolgreichsten deutschen Unterhaltungsautorinnen aller Zeiten. „Hera Lind schreibt Romane, deren Lästerton die Herzen der stolzesten Frauen trifft.“ Die Zeit Jetzt als eBook: „Das Weibernest“ von Hera Lind. dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 518
Über dieses Buch:
Einmal Chaos und zurück: Seit Franziska zur Bestsellerautorin geworden ist, reißen sich die Medien um sie. Kurzentschlossen flieht sie mit ihren drei Kindern in die Schweiz – was einen Fernsehprogrammdirektor mit faszinierenden Augen nicht davon abhält, ihr eine eigene Talkshow anzubieten. Natürlich wäre es schlauer, diese abzulehnen, aber Franziska kann der Herausforderung nicht widerstehen. Um wenigstens etwas Ruhe in ihr Leben zu bringen und Liebeschaos zu vermeiden, gründet sie mit ihren besten Freundinnen eine frech-vergnügte Wohngemeinschaft, in der die „Herren der Schöpfung“ kein Bleiberecht haben. Jedenfalls ist das der Plan …
Vier Powerfrauen, ein Weibernest und jede Menge Überraschungen: Der Bestseller von Hera Lind, einer der erfolgreichsten deutschen Unterhaltungsautorinnen aller Zeiten.
»Hera Lind schreibt Romane, deren Lästerton die Herzen der stolzesten Frauen trifft.« Die Zeit
Über die Autorin:
Hera Lind, geboren in Bielefeld, studierte Germanistik, Theologie und Gesang. Sie machte sich europaweit als Solistin einen Namen und war 14 Jahre lang festes Mitglied des Kölner Rundfunkchores. Während ihrer ersten Schwangerschaft schrieb sie ihren Debütroman Ein Mann für jede Tonart. Dieser wurde sofort ein Bestseller und erfolgreich verfilmt – eine Erfolgsgeschichte, die sich mit zahlreichen Romanen wie Das Superweib, Die Zauberfrau, Das Weibernest, Kinderbüchern und Tatsachenromanen bis heute fortsetzt. Hera Linds Bücher wurden in 17 Sprachen übersetzt und verkauften sich über 13 Millionen Mal. Die leidenschaftliche Joggerin läuft täglich 15 Kilometer; in »Frauen-Power-Seminaren« gibt sie ihre Erfahrungen mit Laufen und Pilates erfolgreich weiter. Hera Lind ist Mutter von vier Kindern und lebt mit ihrer Familie in Salzburg.
Die Autorin im Internet: www.heralind.com
Bei dotbooks erscheinen außerdem Hera Linds Romane Drei Männer und kein Halleluja, Ein Mann für jede Tonart,Frau zu sein bedarf es wenig,Das Superweib, Die Zauberfrau,Der gemietete Mann,Hochglanzweiber,Mord an Bord,Der doppelte Lothar,Karlas Umweg, Der Tag, an dem ich Papa war,Rache und andere VergnügenundFürstenroman.
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eBook-Ausgabe November 2012
Copyright © der Originalausgabe 1997 Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main
Copyright © der eBook-Ausgabe 2012 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nicola Bernhart Feines Grafikdesign, München
Titelbildabbildung: © Jeanette Dietl – Fotolia.com
ISBN 978-3-95520-043-5
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Hera Lind
Das Weibernest
Roman
dotbooks.
Für Marion, Gitte und Frau Kolb
und für mein wundervolles ZDF-Team, dem ich sehr viel zu verdanken habe.
Nebenan zogen auch gerade welche ein. Ich hörte den Schlüssel im Schloss. Dann Gepolter, Koffer wurden abgestellt. Kinderstimmen und ein Mann. Der Hotelangestellte mit der Gepäckkarre bedankte sich auf Italienisch. Die Tür wurde zugeknallt. Peng. Gedämpftes Stimmengewirr, trappelnde Schritte.
Na bitte, dachte ich. Kinder. Das passt ja prima. Dann werden die sich bestimmt nicht beschweren, wenn es bei uns mal zu laut ist. Vielleicht bekommen meine drei Anschluss. Nichts würde ich mir mehr wünschen für meine armen verwahrlosten Halbwaisen, als dass jemand mit ihnen redete und spielte.
Ich sank auf das Bett. Puh! Acht Stunden Fahrt mit drei Kindern! Es war das erste Mal, dass ich auf eigene Faust etwas derart Tollkühnes unternommen hatte. Aber es musste sein. Jetzt oder nie.
Gestern war der Riesenkrach gewesen. Enno wollte mich heiraten.
Und ich hatte einfach nein gesagt. In MEINEM Alter. Als Mutter dreier Kinder! Da hatte Enno seinen Koffer gepackt und war zu irgendeiner Mandantin gefahren. Und ich hatte meinen Koffer gepackt. Das heißt, ich hatte vier Koffer gepackt. Und drei Taschen. Und das Reisebett und den Kinderwagen und drei Packungen Pampers. Und jetzt waren wir hier. Ohne Enno. Und ich fühlte mich in Hochstimmung.
Drei Wochen Urlaub lagen vor uns. In dieser herrlichen, paradiesischen Gegend. Bei diesem strahlenden, heißen Sommerwetter.
Ich hatte es so gewollt. Ich wollte wissen, ob ich ohne Enno klarkommen würde. Und ich war mir ganz sicher, dass genau dies der Fall sein würde.
Jemanden, der einen seit sieben Jahren bevormundet, maßregelt und alles besser weiß, vermisst man vermutlich nicht, wenn man endlich mal wieder allein denken und handeln darf. Ich freute mich auf jede Minute. Entschlossen rappelte ich mich auf. Koffer auspacken, Ordnung machen, Kinder waschen, nettmachen, Heizdecke unter das Laken friemeln.
»Franz, kannst du bitte mal einen Moment von meinem Bett runtergehen?«
»Immer ich!«, maulte das Kalb, das sich gerade mit seinem Gameboy zwischen den Gepäckteilen auf meiner Tagesdecke breitgemacht hatte. Kalb Nummer zwei lümmelte am Fußende und spielte mit der Fernbedienung der hoteleigenen TV-Anlage. Über den Bildschirm taumelten Zeichentrickfiguren, die sich auf ausländisch hauten.
»Die sprechen ja noch nicht mal deutsch!«, beschwerte sich mein bezauberndes Kind. »Hier bleib ich nicht. Hier ist alles bescheuert!«
Kälbchen Nummer drei taperte sehr beschäftigt mit Pullovern und Hosen, die es aus den herumstehenden Koffern zog, in der Suite auf und ab. Natürlich brauchte das Kälbchen Auslauf, nachdem es acht Stunden in seinem Kindersitz geklemmt hatte. Hauptsache, es tut sich nicht weh und fällt nirgendwo rein und öffnet nicht die Minibar und schmeißt keine Gläser ins Klo.
»Wann gehen wir endlich essen!«, rief frustriert mein Ältester aus. Seine letzte Gummibärchentüte lag leer und zerknüllt auf dem Bettvorleger.
»Wir gehen essen, wenn die Koffer ausgepackt sind und ich geduscht habe«, sagte ich freundlich, aber bestimmt. »Und jetzt geh von meinem Bett runter, und hilf mir mit der Heizdecke.«
Unwillig erhob sich mein Ältester.
»Wieso muss immer ich von deinem Bett runtergehen!«
»Weil du drauf sitzt mit deinen schmutzigen Hosen! Los. hoch den Po! Geh doch mal raus in den Garten und guck, wer da im Nebenzimmer eingezogen ist«, munterte ich meinen übellaunigen Sohn auf. »Sicher findest du gleichaltrige Spielgefährten!«
»Die sind bescheuert, und außerdem sprechen die kein Deutsch«, sagte Willi und knipste frustriert den Fernseher aus. »Ich will hier wieder weg!«
»Ihr werdet euch bald eingewöhnen«, versprach ich, indem ich das Laken wieder zurechtstopfte. »Wir haben drei Wochen Zeit.«
Das kleine Kälbchen zerrte inzwischen meinen Kulturbeutel aus dem Koffer. Fünfunddreißig Lockenwickler rollten über den Teppichboden.
Ach ja, dachte ich. Das war doch angemessen. Für das Treffen heute Abend werde ich mich etwas nettmachen. Der erste Eindruck zählt. Wie du kommst gegangen, so wirst du empfangen. Und nach der achtstündigen Autofahrt siehst du blass und strähnig aus. Wer weiß, wie viele alleinreisende Geschäftsmänner heute Abend glutäugig auf dich starren. Außerdem kommt ja dieser alte Programmdirektor extra aus Berlin angeflogen.
»Ihr geht jetzt mit Fanny auf den Flur und spielt etwas Ball«, regte ich an. »Ich sorge hier ganz schnell für Ordnung, und dann gehen wir essen.«
Mit liebevollem Klammergriff am Oberarm – Marke »Das ist mein letztes Wort« – führte ich meine goldige Bande hinaus. »Und wehe, ihr spielt hier richtig Fußball«, hörte ich mich noch rufen. »Hier hängen Bilder, und hier stehen wertvolle Gegenstände! Den Ball nur rollen!«
»Bin ich denn bescheuert!«, maulte Franz beleidigt.
Baby Fanny taperte unternehmungslustig den langen, dunklen Flur hinunter. An ihrem Arm hatten sich einige Wäschestücke verheddert, die sie als letztes aus meinem Koffer gezogen hatte. Mein Spitzen-BH schleifte einsam an ihrem Fußgelenk.
Willi riss erfreut an den Dessous und schleuderte sie übermütig gegen seinen missmutig gestimmten großen Bruder.
»Lass das, du Eierloch!«
Ich warf die Tür hinter ihnen zu.
Mein Gott, was sind Erwachsene und Kinder doch unterschiedlich in ihrem Gebaren, dachte ich, während ich mir die verstaubten Sachen vom Leibe streifte. Ob das vom lieben Gott wohl Absicht war? Männer und Frauen passen ja sowieso nicht zusammen, aber dass Kinder und Eltern auch nicht zusammenpassen – wer hätte das gedacht.
Mit wachsender Panik dachte ich an den Programmdirektor, der unbedingt heute, an meinem ersten Urlaubstag, ein Gespräch mit mir führen wollte. Dafür reiste er von Berlin an. Natürlich dachte er, Enno, mein Bestimmer, Lebensglückverwalter und Karriereplaner, sei dabei. Da würde er aber Augen machen, der Programmdirektor, dass das minderbemittelte Weibchen ganz allein mit ihm zu reden imstande war!
Gestern, unmittelbar nach dem Streit mit Enno, hatte ich den hohen Herrn plötzlich am Handy gehabt. Erst dachte ich natürlich, es sei Enno, der sich wortreich entschuldigen wollte. Ziemlich rüde hatte ich »Ja!« ins Telefon geschrien. Was ist denn noch? Mama packt gerade Koffer und ist kein bisschen zu erweichen!
»Chefredaktion Unterhaltung. Herr Dr. Karl möchte Sie sprechen«, hatte eine kühle Frauenstimme gesagt. Ziemlich irritiert war ich auf den Badewannenrand gesunken. Und dann hatte es geknackt, und dann war sanfte Musik an mein Ohr getropft und ich hatte mich mit den Kinderzahnbürsten auf den geschlossenen Klodeckel gesetzt und hatte gewartet. Ich kannte keinen Dr. Karl. Aber seit ich »Die perfekte Frau« geschrieben hatte, riefen immer mal wieder irgendwelche fremden Dr. Karls und andere wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens an und luden mich in eine Talkshow ein oder wollten, dass ich aus meinem Buch läse oder eine Signierstunde gäbe oder an einer Podiumsdiskussion teilnähme. Ich wartete. Nach ziemlich langer Zeit hatte die sanfte Musik aufgehört, und es hatte wieder geknackt:
»Hal-lo!« Melodische Männerstimme, gut gelaunt. Kleine Terz. (Kuck-kuck!)
»Ha-lo!«, hatte ich zurückgesungen.
»Karl hier. Einen wunderschönen Tag, Frau Zis!«
Ja und? Sach schon, Karl-hier! Mama is eilich! Getz! Komm zu Potte! Gleich kommt die Bande aus der Schule, und dann ist nichts gepackt, und Essen muss ich auch noch machen, und ich will wech sein, bevor der Enno Lunte riecht und womöglich mit Blumen auf der Matte steht und mit uns fahren will!
»Was kann ich für Sie tun, Herr Karl?«
»Ich würde Sie gerne ken-nen-ler-nen!« (Melodischer Gesang, fast ein bisschen zu gut gelaunt.)
»Das wollen viele«, scherzte ich gönnerhaft. Nichts erheitert mich so wie ein netter Talk am Telefon mit einem netten Herrn.
»Ich wa-haiß!«
Na los, ein bisschen origineller solltest du schon sein. Ich wartete. Karl-hier wartete auch ein bisschen. Dann sagte er:
»Unsere Programmdirektion plant ab Oktober eine neue Talkshow. Arbeitstitel: ›Alltalk am Sonntag‹!«
»Origineller Titel«, lobte ich.
»Wir würden Sie gern dafür gewinnen.«
Mein Terminkalender lag natürlich nicht im Badezimmer rum wie bei Enno, der neben der Toilette eine seiner Computer-Andock-Haltestellen hatte, aber ich hatte keine Lust, mein gemütliches Plätzchen zu verlassen.
»Können wir gern machen«, sagte ich cool. »Meine Sekretärin hat heute frei …« (Meine Sekretärin hatte natürlich immer frei, sie war die freieste Sekretärin der Welt.) Ich tat so, als suchte ich umständlich in meinem riesigen Terminplaner herum … »Im Oktober hab ich sicherlich noch einen Termin frei. Wann soll ich denn kommen?«
»Sie scheinen mich misszuverstehen.«
»Dann drücken Sie sich deutlicher aus.« Mensch, Karl-hier! Jetzt KOMM doch mal zu Potte!
»Wir würden Sie gern für die Moderation gewinnen.«
Moderation. Ich. Hausfrau, Mutter und Zufalls-Bestsellerautorin. Und seit einer Stunde wieder alleinerziehend.
Jetzt hatte Karl-hier aber eine Bombe platzen lassen! Ich hörte ihn am anderen Ende förmlich grinsen.
»Für die Moderation? Mich?«
»Trauen Sie sich das nicht zu?«
»Doch. Natürlich.« Ja, sollte ich jetzt vielleicht anfangen zu weinen und sagen, nein, ich trau mich nicht?
»Das habe ich mir gedacht, Frau Zis.«
»Wie kommen Sie denn bloß auf mich?«
»Ihr Buch ist über alle Maßen erfolgreich, und Sie scheinen mir nicht auf den Mund gefallen zu sein.«
»Nee. Da haben Sie recht.«
»Kurz und gut, Frau Zis, ich würde Sie gern kennenlernen.«
»Das ehrt mich. Ich fahre nur leider morgen früh in Urlaub.«
»Für wie lange?«
»Drei Wochen mindestens.«
»Hm. Wohin fahren Sie denn?«
»In die Schweiz. Warum?«
»Dann würde ich da auch hinkommen, wenn es Ihnen recht ist.«
»Ja aber …« Mir gingen tausend Dinge durch den Kopf. Wieso war ich dem so wichtig? Warum musste das sofort sein? Ich? Eine eigene Talkshow! Was würde Enno dazu sagen? Der würde erst mal gründlich sein Veto einlegen. Das machte der immer, das war seine Lieblingsbeschäftigung. Veto-Einlegen hieß: MO-ment. Ohne mich läuft hier gar nichts. Wer sind Sie, was wollen Sie, wer ist Ihr Vorgesetzter, stehen Sie gerade, wenn ich mit Ihnen spreche, wissen Sie eigentlich, wen Sie vor sich haben? Enno Winkel. Anwalt und Lebensglückverwalter von Franka Zis. Außerdem Kindsvater ihres dritten Zufallstreffers. Tja. Da staunt ihr. Ohne mich läuft hier nichts.
Karl-hier war die erste Herausforderung in meinem neuen Leben.
Es war ganz ungewohnt, so einfach mit einem wichtigen Menschen telefonieren zu dürfen, ohne dass Enno mir dabei böse Zeichen machte. Enno liebte es, neben dem Telefon zu stehen und wild zu gestikulieren, wenn ich galant mit dem Hörer plauderte. Egal, wer dran war, ob es Tante Bertchen war oder der Intendant vom ZDF oder der Lehrer von Franz, Enno gestikulierte und schlug sich demonstrativ an die Stirn und kritzelte wild entschlossen Unleserliches auf Zettel und verdrehte die Augen und zeigte mir einen Vogel, wenn ich mal wieder Dinge gesagt hatte, die er für unpassend hielt.
Jetzt hätte er mit Sicherheit mit den Armen gewinkt und die Augen verdreht. Er hätte »Frag nach dem Honorar« auf Klopapier gekritzelt oder »Keine mündlichen Zusagen!« mit Lippenstift auf den Spiegel geschrieben oder »Sag ihm, wir rufen zurück!« in Gebärdensprache auf mich ein gestikuliert. Und das minderbemittelte Frauchen hätte wieder mal das Gefühl gehabt, dass es sogar zu doof zum Telefonieren sei.
»Also gut«, sagte ich. »Wir können morgen Abend zusammen essen. Was halten Sie davon, wenn wir uns um zwanzig Uhr im Restaurant des Albergo Losone treffen?«
»Albergo wo?«
Ich nannte ihm die Adresse.
»Das lässt sich prima einrichten«, sagte Karl-hier. »Ich lasse mir gleich einen Flug buchen.«
Tja, so war das ohne Enno. Ganz einfach und unkompliziert. Und nun stand ich in eben jenem Fünf-Sterne-Schuppen, die Jungs rannten über den Flur und fesselten Fanny mit meinem BH, in einer Stunde würde Karl-hier hier sein und mir eine Talkshow anbieten, und ich hatte mir die Haare noch nicht gemacht. Sicherlich war es ratsam, mich für ihn ein bisschen nettzumachen. Nicht dass er auf die Idee kam, sein freundliches Angebot zurückzuziehen. Männer können so launisch sein.
Ich krabbelte auf allen vieren über den kostbaren Hotelteppichboden und sammelte die fünfunddreißig Lockenwickler ein. So, jetzt nur noch eine Steckdose finden, und dann machen wir uns gleich zauberhaft schön für unser erstes Abendessen am Pool. Die verführerische Mama dreier reizender Kinder tafelt im Mondenschein, während die drei zauberhaften Sprösslinge ganz artig und wohlerzogen in der Spielecke Klötzchen stapeln. Und der Herr Programmdirektor wird hingerissen sein und »Gnädige Frau, Sie sind genau die Richtige für mein kühnes Vorhaben« sagen.
Die Steckdose befand sich im Bad gleich neben dem marmornen Waschtisch. Zynisch grinste sie mich mit ihren drei Löchern an. »Bäh, ich bin eine Schweizer Steckdose! Wir Schweizer Stäckchdosen passen nur für Schweizer Stäckcher, dumme Touristen-Mutti!«
Da stand ich nun, splitternackt und strubbelig, mit meinen Heißwicklern vor der Brust, und die Heißwickler mochten nicht heiß werden! Der Programmdirektor setzte vermutlich gerade in Mailand zur Landung an!
Ich wickelte mir ein Badetuch um den Busen und spähte in den Flur hinaus. Kinderlein! Mama braucht mal eben einen Adapter! Schön artig herkommen und Anweisungen entgegennehmen! Haben wir früher auch getan! Und keine Widerworte jetzt! Mama is eilich!
Weit und breit keine Kinder. Dabei hatte ich ihnen so eingetrichtert, dass sie in Rufweite bleiben sollten!
»FRANZ!! WILLI!«, versuchte ich es dezent. Meine Stimme hallte von den Hotelwänden wider. Ein glasäugiger Elch glotzte auf mich herab. Nebenan öffnete sich eine Tür. Ein schwarzhaariger Knabe äugte.
»Hallo«, sagte ich matt.
Der schwarzhaarige Knabe äußerte sich freundlich, aber unverständlich.
»Hast du meine Kinder gesehen?«, fragte ich verbindlich.
Ein zweiter Braunschopf lugte durch den Türspalt. Ich zupfte an meinem Busenhandtuch.
»Die Kinder, die hier eben Ball gespielt haben. Habt ihr sie gesehen?«
Die Antwort war herzlich, aber nicht verständlich.
Nun öffnete sich die Tür vollends.
Der dazugehörige Vater schaute mich fragend an. Sehr sehr braune Augen, sehr sehr dunkles Haar. Der Förster vom Silbersee.
»Ich suche meine Kinder«, quakte die Entenmama hilflos und zupfte an ihrem Busentuch.
Der Mann antwortete irgendetwas, aus dem ich raushören konnte »Nüüht g’säähe«.
»Nee, ist klar«, sagte ich schnell. »Vielen Dank auch.«
Aha. Gleich würde die Mutter noch lugen, und alle würden auf schwitzerdütsch beteuern, dass sie meine Kinder nicht gesehen hätten. Und ich kam mir dämlich vor. Und die Zeit verrann.
Vielleicht war die Feuerwehr schon da und zog sie aus dem Pool.
Wir fielen gleich am Anfang unangenehm auf.
»Kann ich Ihnen hälfen?«, fragte der Mann. Er bemühte sich sehr, hochdeutsch zu sprechen.
»Ach ja«, sagte ich erfreut. »Ich bräuchte einen Adapter! Sie haben doch bestimmt immer so was dabei, wenn Sie in der Schweiz herumreisen.«
Der Schweizer lachte. »Einen Adaptrr brauchen wir nicht! Wir sind Schweizer und benutzen die Schweizer Stäckchdosen, odr!«
»Ach ja, richtig«, entfuhr es mir. Ich Dummchen aber auch. Doofes deutsches Dummchen.
Und der alte Programmdirektor stand jetzt schon erwartungsfroh am Kofferband und wollte ein adrettes Frauchen sehen.
Hastig warf ich die Tür zu.
Das war ja schon mal ausgesprochen peinlich. Natürlich bestellt Frau von Welt so was telefonisch bei der Rezeption. Die können einen Pagen schicken, und der bringt das dann diskret vorbei, auf einem silbernen Tablett. Gerade als ich zum Hörer greifen wollte, polterten die Kinder von draußen an die Tür. Ich öffnete erfreut.
Die Jungs hatten FaNNy den BH um den Bauch gebunden und waren sichtbar gut gelaunt.
»Mama, im Swimmingpool sind Frösche!«
»Ihr sollt doch nicht an den Pool gehen«, schimpfte ich. »Die Fanny kann nicht schwimmen!«
»Deswegen haben wir sie ja angebunden«, sagte Willi eifrig. »Die ziehen wir dann wieder raus! Mit dem Netz hier kann man auch Frösche fangen!«
Das »Netz hier« war mein Spitzen-BH. Nun war er nass und glitschig.
»Tut mir einen Gefallen und lauft zur Rezeption«, sagte ich. »Ich brauche einen Adapter.«
»Das kann ich nicht aussprechen«, sagte Franz ungalant.
»Adapter«, sagte ich. »Denk an Ada und an Peter.«
»Nö. Das kann ich mir nicht merken.«
»Bitte!! Ich brauch meine Heißwickler!«
»Was soll ich sagen?«, fragte Franz gnädig.
»Adapter«, sagte ich.
»Ich kann kein Englisch«, sagte Franz unkooperativ. »Da blamier ich mich bloß.«
»Dann lauf du«, bat ich Willi.
»IMMER muss ich alles machen!«, stöhnte Willi. Er schleuderte frustriert den nassen Spitzen-BH von sich. Natürlich traf er Franz ans Bein.
»Ey, du Arsch!« Franz setzte zum Gegenangriff an.
Ich zerrte das liebe Kind ins Zimmer.
»Du setzt dich hier hin und spielst mit der Fanny«, zischte ich böse. »Ich style mich jetzt. So. Und ich will kein Wort mehr hören!«
»Spiel doch selbst mit der Fanny!«, maulte mein Großer sauer. »Ich hab sie doch nicht geboren!«
Fanny mochte auch gar nicht auf der Erde sitzen. Sie wollte entweder alle Lockenwickler wieder über den Teppich rollen oder mit ins Badezimmer kommen und sich auch stylen.
Wer lebt ohne alle Sorgen, sang ich vor mich hin, während Fanny von draußen schreiend gegen die Badezimmertür hämmerte. Alle denken immer, ich sei eine perfekte Frau. Nur weil mein Buch so heißt. Dabei bin ich nur eine ganz normale alleinerziehende Mutter.
Es war zwei Minuten vor acht, als ich mit drei gewaschenen, frisch angezogenen Kindern im Speisesaal erschien. Kurzer Blick über die anwesende Gästeschar: alles gediegene Familien aus besseren Kreisen. Weit und breit keine alleinreisenden Grafen oder Schweizer Geschäftsmänner. Ein halbes Dutzend Kellner schwebte um die tafelnden Herrschaften herum, schenkte Wein ein, trat devot einen halben Schritt nach hinten und ließ die männlichen Gäste mit wichtiger Miene schlürfen, ehe sie der Dame dann das Glas halbvoll schütteten. Mich beachtete zunächst keiner. Ich hatte ja auch kein männliches Wesen dabei. Das gildet nicht.
Ich lugte vorsichtig nach dem Programmdirektor. So um die Sechzig müsste der sein. Direktoren sind alte weißhaarige Männer mit Bauchansatz und Brille.
Keiner da, der in Frage kam. Vielleicht kam der gar nicht?! Vielleicht war das alles ein Gag von »Verstehen Sie Spaß«? Mal sehen, was die dumme Mama macht, wenn ihr jemand mit Karriere winkt? Ich kam mir ziemlich komisch vor.
Fanny wollte nicht mehr im Buggy sitzen. Ich löste ihren Anschnallgurt. Unternehmungslustig taperte sie zwischen die Kellnerschar.
»Wenns hier keine Pommes gibt, dann geh ich wieder«, sagte Franz.
»Warum esst ihr denn nicht mit den anderen Kindern?«, regte ich an. »Schaut mal, da hinten haben sie extra eine Lokomotive aufgebaut, das ist der Kinder-Speisesaal!«
»Die sind alle bescheuert, und außerdem sprechen die kein Deutsch«, sagte Franz stur. »Außerdem bin ich doch nicht blöd und esse in einer Lok!«
»Genau!«, rief Willi entrüstet aus. »Für wie doof halten die uns! Ich will am Tisch sitzen und mit Messer und Gabel essen wie andere Leute auch!«
»Klar«, sagte ich. »Verständlich. Nichts anderes versuche ich euch seit Jahren beizubringen.«
Endlich kam die Dame de la maison und wies uns einen Tisch an. Er war zum Glück auf der Terrasse. Es war eine zauberhafte Anlage: ringsum Palmen und reich blühendes Gesträuch, dazu zwei ovale Swimmingpools in Hellblö, von weißem Gebrück liebevoll überspannt. An einer Bar inmitten des Planschbeckens hantierte ein Keeper und mixte Drinks mit Zitronenscheibchen und Sonnenschirmchen am Glasrand. Ein einsamer Mann um die Vierzig hockte bei ihm und schaute ihm beim Mixen zu. Es war ein rothaariger Mensch im feingeschnittenen Maßanzug. Sicher der einzige Geschäftsreisende weit und breit. Der Rest waren gediegene Familien.
Um den Pool herum zog sich ein feuchtbiotopischer Graben, in dem Goldfische und anderes Ziergetier ihre Bahnen zogen. Ab und zu krabbelte eine Kröte aus dem Graben und sprang zwischen den Gartentischen herum. Es war Juni, und die laue Nacht regte zum Schwärmen und Balzen an. Die Kröten quakten selbstzufrieden, bevor sie sich wieder in ihr feuchtes, dunkles Biotop zurückzogen. Mit einem leisen Platsch verschwanden sie genauso selbstverständlich, wie sie aufgetaucht waren. Alles verzauberte Prinzen, ging es mir durch den Sinn. Her damit.
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