9,99 €
Es gibt Menschen, die Künstler zu legendären Liedern inspirieren. In 'Der Typ aus dem Song' dreht sich alles um Männer und Jungs, die die Kreativität der Songwriter und Songwriterinnen beflügelt haben. In vielen Stücken geht es um Partnerschaften oder deren Scheitern, so wie in 'Back To Black', das Amy Winehouse über ihre turbulente On-Off-Beziehung mit Blake Fielder-Civil schrieb. Andere Lieder handeln von sehr persönlichen Erlebnissen und Einschnitten – Eric Clapton hat beispielsweise die Trauer um seinen tödlich verunglückten Sohn in 'Tears In Heaven' verarbeitet. Und da Musiker auch selbst Musikfans sind, gibt es Titel, die eine Hommage an Künstlerkollegen darstellen, so zum Beispiel 'Cast No Shadow' von Oasis, das Richard Ashcroft gewidmet ist. In 'Der Typ aus dem Song' werden 50 wahre und faszinierende Geschichten erzählt, Songtexte entschlüsselt, Hintergründe aufgedeckt und Missverständnisse aufgeklärt. Fotos, Minibiografien und Zitate machen das Pendant zu 'Das Mädchen aus dem Song' zu einer interessanten und äußerst unterhaltsamen Reise durch die Popkultur.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 194
Michael Heatley & Frank Hopkinson
Menschen, die große Gefühle hervorrufen – sei es nun Liebe, Trauer, Glück, Wut oder Eifersucht –, werden nicht selten zur Inspiration für Künstler. Diese verarbeiten ihre Erfahrungen dann in Songs, von denen manche zu unvergessenen Hits werden. Stars wie George Michael, Lou Reed, Joni Mitchell, PJ Harvey und Lily Allen haben ihren Liebhabern, Exfreunden, Vorbildern und anderen Männern und Jungs, die sie bewegt haben, ihre Lieder gewidmet. Viele Musikfans kennen diese Songs in- und auswendig – aber die wahren Geschichten, die dahinterstecken, bleiben oft im Verborgenen.
Dieses Buch widmet sich den Entstehungsgeschichten von 50 Klassikern aus der Rock- und Popgeschichte und erzählt von Geliebten, Freunden, Kollegen und Idolen, aber auch von Expartnern und Rivalen, die die Fantasie vieler großartiger Songwriter und Songwriterinnen beflügelt haben.
In diesen Songs erfährt man eine Menge über die Gefühle und Leben ihrer Verfasser. Zum Beispiel bittet Lady Gaga ihren herzkranken Vater in Speechless, sich einer Operation zu unterziehen. John Lennons Song How Do You Sleep? ist ein Angriff auf Paul McCartney, der wiederum mit Let Me Roll It darauf reagierte. Und Pink Floyd haben ihrem ehemaligen Bandmitglied Syd Barrett mit Shine On You Crazy Diamond ein musikalisches Denkmal gesetzt.
Die Geschichten hinter den Songs sind so unterschiedlich wie die Künstler. Sie handeln von Partnerschaften oder deren Scheitern – Amy Winehouse schrieb Back To Black über ihre turbulente On-Off-Beziehung mit Blake Fileder-Civil – oder von sehr persönlichen Erlebnissen und Schicksalsschlägen – Eric Clapton verarbeitete den Tod seines Sohnes in Tears In Heaven. Andere Titel sind eine Hommage an Künstlerkollegen – wie Cast No Shadow von Oasis, ein Song, den die Band Richard Ashcroft widmete.
Die Musikexperten Michael Heatley und Frank Hopkinson wollten mehr über die Protagonisten der beliebtesten Pop- und Rocksongs erfahren und stellen nun – nach dem vorangegangenen Buch Das Mädchen aus dem Song – männliche Musen vor, die die Songwriter zu ihren großen Hits inspirierten. Die Autoren haben sich mit den Songtexten, Entstehungsgeschichten und wahren Begebenheiten hinter den Liedern beschäftigt und wollten wissen, welche Verbindung es zwischen den Stars und den besungenen Männern und Jungs gibt und was aus ihnen geworden ist.
Der Typ aus dem Song ist eine Hommage an die legendären Lieder unserer Zeit und verrät auch etwas darüber, was hilft, damit aus einem Song ein Hit wird: sich von Menschen berühren zu lassen.
Tara Browne war der Inbegriff des Swinging London der Sechzigerjahre. Er sah gut aus, war reich, kannte die Beatles und die Stones und experimentierte mit Drogen herum. Tara starb, nachdem er mit seinem türkisfarbenen Lotus Elan über eine rote Ampel gefahren und mit einem geparkten Truck kollidiert war. Zeugen berichteten, dass er Minuten vor dem Unfall mit geschätzten 160 Kilometern pro Stunde die Earls Court Road entlanggefahren war. Er verstarb am Tag nach dem Unfall im Krankenhaus.
Tara Browne wurde reich und privilegiert geboren. Sein Vater, Dominick Browne, war der vierte Baron Oranmore and Browne, ein anglo-irischer Aristokrat, der bis zu Tony Blairs Reformen rekordverdächtige 71 Jahre lang Mitglied des House of Lords war. Seine Mutter, Oonagh Guinness, die jüngste der drei »Golden Guinness Girls« und Erbin des Brauereivermögens, brachte ihr Vermögen in die Ehe ein. Zu der Zeit, als ihr Sohn die Straßen Londons mit seinem Sportwagen, der eine Karosserie aus Fiberglas hatte, unsicher machte, war sie in dritter Ehe verheiratet.
Tara besuchte die britische Eliteschule Eton, wo er viele der Menschen kennenlernte, die Teil der hippen Londoner Szene der Sechzigerjahre wurden. Außerdem freundete er sich mit dem aufstrebenden Dichter Hugo Williams an, der in der Zeitschrift Spectator über ihre gemeinsame Zeit schrieb: »Mit 15, 1960, konnte Tara kaum lesen, weil er Dutzende Male die Schule gewechselt hatte … Mit seinen grünen Anzügen, malvenfarbigen Hemden mit blauen Manschettenknöpfen, seinen blonden Locken, Brokatkrawatten und Schnallenschuhen, Menthol-Zigaretten rauchend (immer Salem) und Bloody Mary trinkend war er der kleine Lord, Beau Brummell, Peter Pan, Terence Stamp in Billy Budd, David Hemmings in Blow Up. Sein affektierter irischer Akzent war das perfekte Gegengift zu unserer Privatschulzurückhaltung und wurde ›Nachkriegsnüchternheit‹ genannt.«
Nachdem er die Schule verlassen hatte, widmete Browne seine Aufmerksamkeit der aufkeimenden Londoner Szene. Mit 18 heiratete er Noreen McSherry, mit der er zwei Söhne hatte, Dorian und Julian. Er eröffnete ein Geschäft in der King’s Road, dem Zentrum von Swinging London. Während Hugo Williams die Welt bereiste und Gedichte für seine erste Veröffentlichung sammelte, hing der Ehrenwerte Tara Browne (nach dem Tod seines Vaters würde er den Titel des Barons erben) mit John Paul Getty herum und wurde zu einem festen Bestandteil der hippen Londoner Kreise. Als er und Williams sich wieder begegneten, hatten sie sich in verschiedene Richtungen entwickelt.
»Durch sein Geld und seine Jugend wurde er zur leichten Beute für bestimmte charismatische Typen aus Chelsea, die ihn, wie er es freundlich bezeichnete, zu ›jemandem, der anderen auf den Leim geht‹ machten. Angeblich hat er Paul McCartney zu seinem ersten LSD-Trip verholfen. Die beiden fuhren zusammen nach Liverpool, dröhnten sich zu und kurvten mit Mopeds durch die Stadt, bis Paul über den Lenker flog und sich einen Zahn ausbrach. Sie mussten Pauls Tante Bett anrufen und sie um Hilfe bitten. Es gibt immer noch Leute – und ein Buch mit dem Titel The Walrus Was Paul –, die glauben, dass Paul tot ist und es sich bei ihm eigentlich um Tara Browne handelt, der eine Schönheitsoperation hatte.«
Als Browne am 18. Dezember 1966 seinen tödlichen Unfall erlitt, hatten er und seine Frau Noreen sich bereits auseinandergelebt und es war ein heftiger Sorgerechtsstreit im Gang. Auf dem Beifahrersitz saß bei dem Unfall seine neue Freundin, das Model Suki Potier. Sie überstand den Zusammenprall unverletzt. Bei der Befragung durch die Polizei behauptete sie, dass Browne nicht schnell gefahren sei und versucht habe, einem entgegenkommenden Fahrzeug auszuweichen. Am 17. Januar 1967 berichtete die Daily Mail von der Untersuchung. John Lennon saß an seinem Piano und komponierte, als er in der Zeitung die Nachricht von seinem privilegierten Bekannten las – »a lucky man who’d made the grade«.
He blew his mind out in a car
He didn’t notice that the lights had changed
A crowd of people stood and stared
They’d seen his face before
Nobody was really sure
If he was from the House of Lords
Brownes Tod war die Inspiration für die Hälfte des Songtextes, der von vielen als der beste Song der Beatles angesehen wird. A Day In The Life ist das letzte Stück auf dem Album Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band. Der Track ist eine Verschmelzung von zwei Songhälften. Die eine hatte Lennon geschrieben, die andere McCartney. Der Produzent George Martin führte beide Teile mit einem orchestralen Arrangement zusammen und das Ganze endete mit einem E-Dur-Akkord, der den Himmel symbolisierte.
Die BEATLES steckten die Welt in Flammen und wurden das bekannteste Quartett des Planeten. A Day In The Life ist der letzte Track auf Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band – das oft als großartigstes Album aller Zeiten bezeichnet wird. Der Song wurde nie als Single veröffentlicht, ist aber wie so viele andere Lieder sehr bekannt. Das Album erhielt in den Jahren nach seiner Veröffentlichung 1967 viele Preise. In den USA bekam Sgt. Pepper elfmal Platin, was nur von den späteren Veröffentlichungen The Beatles und Abbey Road getoppt wurde.
Als Mitglied des britischen Popduos Wham! schmückte George Michael in den Achtzigern die beposterten Wände der Teenagerzimmer unzähliger Mädchen. Aber die anhaltende Frage nach seiner Sexualität wurde erst beantwortet, als er 1998 in Los Angeles auf einer Parktoilette wegen unsittlichen Verhaltens verhaftet wurde. Dieser Skandal gab auf sehr öffentliche Weise Auskunft über Michaels sexuelle Orientierung.
Im Sommer 1996, zwei Jahre vor diesem Zwischenfall, war er mit dem amerikanischen Geschäftsmann Kenny Goss zusammengekommen. Das Paar führte zur Zeit des Undercovereinsatzes der Polizei eine Beziehung, allerdings erschütterte der Vorfall die Medien weit mehr als das Verhältnis zwischen George und Kenny. Goss erinnerte sich in einem Interview mit der amerikanischen Talkshowmoderatorin Oprah Winfrey an den Moment, in dem er es erfahren hat: »Er hat mich angerufen und gesagt: ›Du wirst nicht glauben, was ich getan habe.‹ – ›Bist du wegen Trunkenheit am Steuer festgenommen worden?‹ – ›Wenn es das nur wäre …‹«
George hat oft betont, wie sehr er Kennys Verständnis für sein extravagantes Wesen schätzt, und dass diese Toleranz ihre Beziehung über die Jahre gestärkt hat. »Wir hatten unsere Probleme, aber wir hatten nie Probleme mit meinem Lifestyle«, war Georges Ansicht. Kennys Nachsicht und Akzeptanz werden in Amazing hervorgehoben. George singt in der Hommage auf seinen Freund:
You tried to save me from myself
Said »Darling, kiss as many as you want!«
Seine Wertschätzung gegenüber Goss ist vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass sie sich kennengelernt haben, als George sich nach dem Krebstod seiner Mutter an einem Tiefpunkt befand. Georges Gefühle spiegeln sich in den Anfangszeilen des Songs wider: »I was mixed up when you came to me, too broke to fix.«
Die glühende Bewunderung in Liedform für seinen Partner wurde 2004 veröffentlicht, nachdem sich die Aufregung um den Skandal von 1998 schon lange gelegt hatte. Amazing schaffte es in die Top 5 in Großbritannien, denn die Fans mochten die von Dance Music beeinflusste Nummer. Das Album, aus dem der Song stammt, Patience, war sogar noch erfolgreicher und erreichte in Großbritannien die Spitze der Charts sowie in den USA Platz zwölf.
Beim Auftaktkonzert seiner Symphonica-Tour im August 2011 verkündete George, dass er nicht mehr mit seinem langjährigen Partner zusammen sei. »Kenny und ich sind bereits seit zweieinhalb Jahren getrennt«, erklärte er den Fans, wobei ihm fast die Stimme versagte. Er betonte, dass er es bereue, seinem Exfreund Kummer bereitet zu haben. Und er fügte hinzu, dass es besser sei, ehrlich mit der Situation umzugehen. »Dieser Mann hat mir eine Menge Freude und eine Menge Schmerz bereitet. Die Wahrheit ist, dass mein Liebesleben viel turbulenter war, als ich je zugegeben habe … Ich bin sehr traurig über meine Beziehung mit Kenny«, sagte er.
Dann stellte er einen neuen Song vor, Where I Hope You Are, zu dem ihn die Trennung inspiriert hatte.
GEORGE MICHAEL ist griechisch-zypriotischer Abstammung und wurde 1963 als Georgios Panayiotou in London geboren. Mitte der Achtziger war er Mitglied des Duos Wham! und 1987 eroberte er Amerika mit seinem ersten Soloalbum, Faith. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit mit der Plattenfirma Sony veröffentlichte er 1996 das ruhige Album Older.
2006 ging Michael nach 15 Jahren zum ersten Mal wieder auf Tour. Er trat in 41 Ländern vor zwei Millionen Fans auf. In den letzten Jahren machte er eher Schlagzeilen, weil er wegen weicher Drogen und Medikamentenmissbrauch mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war. Mithilfe von Twitter blieb er allerdings mit seinen Fans in Kontakt.
Der Pop-Art-Künstler und Illustrator Andy Warhol gründete 1962 seine legendären New Yorker Studios The Factory. Schnell wurden diese Ateliers zum angesagtesten Ort für Künstler, Musiker und Bohemiens. Ab 1965 beschäftigte sich Warhol zunehmend mit Filmen und Musik. Lou Reed und seine Band The Velvet Underground gerieten über einen gemeinsamen Bekannten in seine Einflusssphäre. Warhol wurde zum Manager der Band und finanzierte diese. Als Gegenleistung verlangte er, dass sein Protegé, das deutsche Model Nico, als Sängerin in die Band aufgenommen wurde. The Velvet Underground tourte als Teil von Warhols multimedialer Performanceshow Exploding Plastic Inevitable – Tanz, Film und Aktionskunst – durch Amerika.
Reed bestätigte, dass Warhol eine zentrale Rolle beim Aufstieg von The Velvet Underground gespielt hat. »Wir haben Konzerte gegeben und dabei nicht einmal genug verdient, um den Auftritt am nächsten Abend auf die Beine stellen zu können. Andy hat ständig irgendwelche Werbegrafiken gemacht, um das Geld für die Konzerte zu beschaffen. Deshalb sind wir zusammengeblieben. Das lag nur an ihm.«
Warhol produzierte ihr erstes Album, The Velvet Underground And Nico, und entwarf das berühmte Bananen-Cover. Ende 1967 verlor er aber anscheinend das Interesse an der Band und Reed feuerte ihn als Manager.
Am 3. Juni 1968 wurde Warhol in der Factory von der radikalen Feministin Valerie Solanas angeschossen, die ein kleines Licht in dem Studio gewesen war und der Wahnvorstellung unterlag, dass Warhol sie kontrollierte und dass sie sich nur von ihm befreien konnte, indem sie ihn umbrachte. Der Künstler wurde lebensgefährlich verletzt, und obwohl er sich erholte, hinterließ der Mordversuch physische und seelische Narben. »Bevor ich angeschossen wurde, hatte ich immer das Gefühl, nur halb statt ganz da zu sein – ich habe immer vermutet, dass ich Fernsehen gucke, statt ein Leben zu führen. Die Leute sagen manchmal, dass es unrealistisch ist, wie Dinge in Filmen passieren, aber eigentlich ist es unrealistisch, wie Dinge im wahren Leben passieren. Im Film wirken Gefühle so stark und echt, aber wenn einem wirklich etwas passiert, ist es, als würde man fernsehen – man spürt nichts. Als ich angeschossen wurde, wusste ich, dass ich fernsah. Die Sender ändern sich seitdem, aber es ist immer Fernsehen.«
Obwohl Warhol von Reed gefeuert worden war, schrieb der Musiker kurz darauf Andy’s Chest als Zeichen des guten Willens. »Es geht darum, was ich davon hielt, dass Andy angeschossen worden war«, sagt Reed. »Darum geht es, auch wenn die Lyrics nicht diesen Anschein erwecken.« Er behauptet auch, dass es sich um ein Liebeslied handele. Die Originalversion von The Velvet Underground von 1968 erschien erst 1985 auf dem Album VU, einer Sammlung bisher unveröffentlichter Songs. Reed arrangierte Andy’s Chest für sein Album Transformer (1972), das von David Bowie und dem Gitarristen Mick Ronson produziert wurde, neu.
Warhol starb 1987 nach einer Gallenblasenoperation. Zwar stammt die Aussage »In der Zukunft wird jeder für 15 Minuten berühmt sein« von ihm, er gehört aber selbst zu einer elitären Gruppe von Künstlern, deren Werke für über einhundert Millionen Dollar verkauft wurden. Seine Siebdrucke von Campbell’s-Suppendosen und Marilyn Monroe gehören zu den bekanntesten Kunstwerken des 20. Jahrhunderts.
LOU REED war der Hauptsongwriter von The Velvet Underground, einer der einflussreichsten Rockbands aller Zeiten. Mit seinem zweiten Soloalbum, Transformer, und der Hitsingle Walk On The Wild Side, die genau wie Andy’s Chest und viele andere Songs des Albums von Warhols Factory inspiriert war, machte Reed sich einen Namen.
Nach Warhols Tod 1987 arbeitete Reed mit John Cale an dem biografischen Album Songs For Drella – Drella war Warhols Spitzname. The Velvet Underground taten sich 1992 noch einmal kurz zusammen. Perfect Day aus dem Album Transformer erlangte Popularität, als der Song 1997 als Charity-Single veröffentlicht wurde.
Es ist erstaunlich, dass ein so fröhlicher und flotter Popsong wie Back On The Chain Gang von den Pretenders von so tragischen Umständen inspiriert wurde. Bei genauerer Betrachtung der Lyrics entdeckt man allerdings Hinweise auf die Themen Geburt, Tod, Sucht und Verrat.
Die Pretenders wurden 1978 gegründet, um die Songs der Sängerin und ehemaligen Journalistin Chrissie Hynde zu spielen. Der erste Hit der Band war jedoch eine Coverversion von Stop Your Sobbing von Hyndes Songwriteridol Ray Davies. Davies war seit 1964 Leadsänger der britischen Kultband The Kinks. Hynde lernte ihn schließlich 1980 während einer US-Tour kennen. Die beiden begannen eine Affäre und Ray verließ für Chrissie seine Frau. Im Mai 1982 gaben sie bekannt, dass sie ein gemeinsames Kind erwarteten.
Sie führten eine stürmische Beziehung. Ihre Hochzeit wurde abgeblasen, nachdem sie sich vor der geplanten Trauung so heftig stritten, dass der Standesbeamte sich weigerte, sie durchzuführen. Hynde fing an, den Song, der zu Back On The Chain Gang werden sollte, zu schreiben, als sie sich das Foto von Ray ansah, das sie in ihrem Portemonnaie bei sich trug.
I found a picture of you
… Now we’re back in the fight
Nach einigen Charterfolgen, zwei Alben, die sich hervorragend verkauft hatten, und einer Reihe Welttourneen forderte der Rock’n’Roll-Lifestyle seinen Tribut von den Pretenders. Am 14. Juni 1982 feuerte Hynde den Bassisten Pete Farndon, mit dem sie früher eine Affäre gehabt hatte, weil er aufgrund seiner Drogensucht streitlustig und unzuverlässig war. Zwei Tage später waren die Bandmitglieder und Fans gleichermaßen bestürzt, als sie erfuhren, dass der Gitarrist der Pretenders, James Honeyman-Scott, an einer Überdosis Kokain gestorben war.
»Er sorgte für den Sound der Pretenders«, sagte Chrissie später. »Ich klinge nicht so.« Honeyman-Scotts Tod schockierte die Musikerin zutiefst. Die britischen Medien fielen über sie her, als sie Wind von einem weiteren Drogenskandal in der Musikbranche bekamen. In dem Song heißt es: »The phone, the TV, and the news of the world … descended like flies«. Chrissie flüchtete sich in die Arbeit.
Die Lyrics, an denen sie gerade arbeitete, änderten die Richtung. Plötzlich ging es weniger um Davies und mehr um »Jimmy Scott«, seine Bedeutung für die Band und den Druck, dem Popmusiker ausgesetzt sind und der sie zu Exzessen treibt. Knapp einen Monat später, am 20. Juli 1982, begab sich die schwangere Hynde mit einem improvisierten Line-up der Pretenders ins Studio, um den Song aufzunehmen. Zu den eilig zusammengetrommelten Musikern gehörten die Gitarristen Robbie McIntosh (Honeyman-Scotts Empfehlung, um den Sound der Band zu verbessern) und Billy Bremner, der sich das unverwechselbare Solo einfallen ließ.
Bremner begann seine Karriere 1966 in Lulus Backingband The Luvvers und war später Mitglied von Rockpile, dessen Bandleader Dave Edmunds das vielschichtige Gitarrenspiel von Honeyman-Scott inspiriert hatte. Der Bassist Nick Lowe, der das Cover der Pretenders von Ray Davies’ Stop Your Sobbing produziert hatte, vervollständigte die Band.
Nach Veröffentlichung der Single 1982 feierten die Fans Back On The Chain Gang als Hommage auf den verstorbenen Gitarristen der Band. Als der gefeuerte Bassist Farndon im April 1983 ebenfalls an den Folgen von Drogenmissbrauch verstarb – er war nach einer Überdosis Heroin in seiner Wanne ertrunken –, erlangten die Themen des Songs noch größere Aktualität.
Chrissie Hyndes Leben war auch nach Back On The Chain Gang nicht weniger turbulent als zuvor. Der Song hatte kaum die Charts verlassen, als im Januar 1983 Chrissies und Rays Tochter Natalie geboren wurde. Beide Elternteile gingen weiterhin mit ihren Bands auf Tour und hatten ab und zu – wenn es ihre Launen zuließen – Gastauftritte bei dem jeweils anderen. Hynde bestand darauf, Natalie mit auf Tour zu nehmen.
Im Januar 1984 gastierten die Pretenders im Rahmen ihrer Welttournee bei zwei Festivals in New South Wales in Australien, bei denen auch die Simple Minds auftraten. Chrissie fing eine Affäre mit dem Sänger der Simple Minds, Jim Kerr, an. Im Mai desselben Jahres heiratete sie Kerr.
Als Yasmin, die Tochter von Hynde und Kerr, 1987 auf die Welt kam, waren die Pretenders nicht aktiv. Aber nachdem ihre Ehe mit Kerr 1990 geschieden wurde, nahm Hynde die Zügel wieder in die Hand. Die Pretenders gehen noch heute auf Tour und veröffentlichen Musik, wobei die Frontfrau wie eh und je über das Line-up und die Richtung der Band bestimmt.
Nach dem Ende seiner Beziehung zu Hynde stürzte sich Ray Davies in die Arbeit und schrieb das Drehbuch zu dem Fernsehfilm Return to Waterloo (1984), bei dem er auch Regie führte. Der Soundtrack war sein erstes Soloalbum. Er blieb Leadsänger der Kinks, bis diese sich 1996 trennten. Seither gibt er regelmäßig Konzerte als Solokünstler und veranstaltet Lesungen.
Obwohl Ray seine Frau für Chrissie verlassen hat, bleibt er verbittert darüber, dass Chrissie ihn verließ, um mit Jim Kerr zusammen zu sein. Sie haben seit damals nicht mehr miteinander gesprochen. Dennoch bat Davies die Pretenders, den Kinks-Hit Waterloo Sunset zu spielen, als die Band 2005 in die UK Music Hall of Fame aufgenommen wurde.
2009 hat die gemeinsame Tochter Natalie es gewissermaßen geschafft, die Eltern wieder zusammenzuführen. Ray und Chrissie sangen gemeinsam für die weihnachtliche Charity-Single Postcards From London, auf die Natalie ihre Mutter aufmerksam gemacht hatte. Aber der Vater bemühte sich bei der Promotion der Single, Abstand zu seiner ehemaligen Partnerin zu halten. Er sagte in aller Deutlichkeit, dass sie sich nicht von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden hätten, sondern dass Chrissie ihren Teil allein in einem Studio eingesungen habe. »Der Song wurde nicht an einem Lagerfeuer oder so aufgenommen«, betonte er in einem Interview mit dem Independent. »Sie war nicht meine erste Wahl. Ich wollte Dame Vera Lynn [die in den Vierzigern die Truppen unterhalten hatte].«
Hynde behauptete ihrerseits während einer Internetübertragung für AOL: »Ich würde mich eher erschießen, als Back On The Chain Gang zu singen.«
THE PRETENDERS bestanden ursprünglich aus drei britischen Musikern – Bassist Pete Farndon, Gitarrist James Honeyman-Scott und Drummer Martin Chambers – und der amerikanischen Frontfrau und Songwriterin Chrissie Hynde. Die Single Brass In Pocket, die sich 1979 an die Spitze der britischen Charts setzte, markierte nur ein Jahr nach ihrer Gründung den Höhepunkt der Karriere der Band, denn durch den von Drogen verursachten Tod von Farndon und Honeyman-Scott war das ursprüngliche Quartett zerstört.
Hynde hat mit der Band bis heute weitergemacht, hin und wieder unterstützt von Chambers. Sie war und ist eine starke Songwriterin und Künstlerin. Als ihre Band 2005 in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen wurde, sagte sie: »Ich weiß, dass die Pretenders in den letzten zwanzig Jahren wie eine Tributeband ausgesehen haben … Wir zollen James Honeyman-Scott und Pete Farndon Tribut, ohne die wir heute nicht hier wären.«
Back To Black ist ein Song, der nicht nur eine Beziehung, sondern eine geplagte, aber brillante Künstlerin definiert. Er ist der Titeltrack eines von den Kritikern gefeierten Albums, das nach seiner Veröffentlichung 2006 enorm populär war. Fünf Jahre später erhielt es durch tragische Umstände neuen Aufschwung. Back To Black bildet die Turbulenzen und Qualen einer ungesunden Beziehung und eines unausgeglichenen Lebensstils ab, der Amy Winehouse letzten Endes das Leben kosten sollte.
Obwohl sie für den Kampf gegen ihre Alkohol- und Drogensucht genauso bekannt war wie für ihre Musik, waren es ihre Stimme und ihr Talent, die die Massen auf sie aufmerksam machten. Als Wegbereiterin moderner Künstlerinnen hatte sie auch in Amerika Erfolg, was nach den Neunzigern für britische Sängerinnen fast unmöglich schien.
Ihr Debütalbum Frank war kein weltweiter Charterfolg, zeigte aber eine jugendlich frische Amy, die vor allem über einen Exfreund sang. In ihrem Heimatland Großbritannien war das Album ein Hit und landete in den Top 20. Außerdem wurde es für den Mercury Music Prize nominiert. Auf Back To Black, das im Oktober 2006 veröffentlicht wurde, war eine völlig neue Amy Winehouse zu hören. Der neue Look – die schon bald zu ihrem Markenzeichen werdende Beehive-Frisur – und der souligere Sound waren zwar aufregend, deuteten aber auch eine Veränderung ihrer Persönlichkeit an, die den Rest ihres kurzen Lebens definieren sollte.
Während die Hitsingle Rehab aufgrund ihrer gut belegten Aufenthalte in Entzugskliniken oft als Amys prägender Song gepriesen wird, bietet Back To Black einen intimeren Einblick in ihr Gefühlsleben. Die vom Jazz beeinflusste Ballade war die dritte Single aus dem preisgekrönten Album und wurde im April 2007 nach den Erfolgen von Rehab und You Know I’m No Good veröffentlicht. Gleichzeitig geriet die Sängerin durch ihr Verhalten immer öfter in die Schlagzeilen der Boulevardpresse.
Amy Winehouse hatte Blake Fielder-Civil, der als Produktionsassistent beim Fernsehen arbeitete, 2005 kennengelernt und war danach angeblich sofort den Drogen verfallen. Fielder-Civil bedauerte später die Rolle, die er dabei gespielt hatte: »Es war der größte Fehler meines Lebens, vor ihren Augen Heroin zu nehmen. Durch mich hat sie Heroin, Crack und Selbstverletzungen kennengelernt. Ich fühle mich mehr als schuldig.«