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Die Geschichte beginnt an einem kalten, regnerischen Wintertag. Ein seltsamer Mann kehrt in das Gasthaus »Zum Fuhrmann« ein. Er ist vollkommen vermummt, sein Gesicht bandagiert, die Augen hinter dunklen Gläsern versteckt. Das anfängliche Misstrauen der Dorfbewohner gegenüber dem Fremden, der offensichtlich länger verweilen will, wandelt sich in Furcht und Abscheu, als in der Umgebung seltsame Einbrüche zu vermelden sind, die sich niemand erklären kann. Mit seiner stimmungsvollen Schauergeschichte lädt uns Wells zum Fantasieren ein: Was würden wir machen, wenn wir unsichtbar sein könnten? Neben »Krieg der Welten« und »Die Zeitmaschine« gehört »Der Unsichtbare« sicherlich zu den bekanntesten Werken von H.G. Wells. Die Geschichte eines genialen aber psychisch labilen Wissenschaftlers, der einen Weg findet, sich unsichtbar zu machen, hat schon mehrmals den Weg auf die Leinwand gefunden. Die Figur eines unsichtbaren, den Blicken verborgenen Straftäters, ist schon längst in den Kanon der bekanntesten Horrorfiguren eingegangen. Null Papier Verlag
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Seitenzahl: 240
H. G. Wells
Der Unsichtbare
Ein grotesker Roman
H. G. Wells
Der Unsichtbare
Ein grotesker Roman
(The Invisible Man)Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected]Übersetzung: Alfred Winternitz 3. Auflage, ISBN 978-3-954189-16-8
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Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel – Die Ankunft des Fremden
2. Kapitel – Mr. Teddy Henfreys erste Eindrücke
3. Kapitel – Tausendundeine Flasche
4. Kapitel – Mr. Cuss interviewt den Fremden
5. Kapitel – Der Einbruch im Pfarrhaus
6. Kapitel – Das verhexte Zimmer
7. Kapitel – Die Demaskierung des Fremden
8. Kapitel – Auf dem Wege
9. Kapitel – Mr. Thomas Marvel
10. Kapitel – Mr. Marvels Besuch in Iping
11. Kapitel – Im »Fuhrmann«
12. Kapitel – Der Unsichtbare verliert die Geduld
13. Kapitel – Mr. Marvel will abdanken
14. Kapitel – In Port Stowe
15. Kapitel – Der Flüchtling
16. Kapitel – Im Wirtshaus »Zu den lustigen Cricketern«
17. Kapitel – Dr. Kemps Gast
18. Kapitel – Der Unsichtbare schläft
19. Kapitel – Optische Grundprinzipien
20. Kapitel – Im Hause in Great Portland Street
21. Kapitel – In Oxford Street
22. Kapitel – Im Warenhaus
23. Kapitel – In Drury Lane
24. Kapitel – Der Plan misslingt
25. Kapitel – Die Verfolgung des Unsichtbaren
26. Kapitel – Der Mord im Dickicht
27. Kapitel – Die Belagerung von Kemps Haus
28. Kapitel – Der Jäger wird gejagt
Nachschrift
Danke, dass Sie sich für ein E-Book aus meinem Verlag entschieden haben.
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Ihr Jürgen Schulze
Auf zwei Planeten
Der Herr der Welt
Der Brand der Cheopspyramide
Die Macht der Drei
Befehl aus dem Dunkel
Die Spur des Dschingis-Khan
Der gestohlene Bazillus
Der Krieg der Welten
Der Unsichtbare
Die ersten Menschen auf dem Mond
und weitere …
An einem winterlich kalten Februartage, bei schneidendem Wind und Schneegestöber – dem letzten Schnee des Jahres – kam der Fremde von der Bahnstation Bramblehurst zu Fuß über die Düne, einen kleinen, schwarzen Mantelsack in der warm verwahrten Hand. Er war von Kopf bis zu Fuß eingehüllt, und der Rand des weichen Filzhutes verbarg sein Gesicht bis auf die glänzende Nasenspitze vollkommen. Der Schnee hatte sich auf seinen Schultern und seiner Brust festgesetzt und den Sack, den er trug, mit einer weißen Kruste bedeckt. Mehr tot als lebendig wankte er in den Gasthof »Zum Fuhrmann« und warf sein Gepäck auf den Boden. »Ein Feuer!«, rief er. »Um der Barmherzigkeit willen! Ein Zimmer und ein Feuer!« In der Schankstube schüttelte er den Schnee von seinen Kleidern und folgte Mrs. Hall in das Gastzimmer, um wegen seiner Unterkunft zu verhandeln. Ohne dort noch ein weiteres Wort zu verlieren, warf er nachlässig zwei Goldstücke auf den Tisch und schlug in dieser formlosen Weise sein Quartier in dem Gasthofe auf.
Mrs. Hall machte Feuer im Kamin und ließ ihn dann allein, um ihm in der Küche eigenhändig eine Mahlzeit zu bereiten. In Iping zur Winterszeit einen Reisenden zu beherbergen, der überdies nicht knauserig zu sein schien, war ein unerhörter Glücksfall, und die Wirtin war entschlossen, sich ihres guten Sterns würdig zu erweisen.
Sobald der Speck am Feuer, und Millie, das Hausmädchen, von ihr durch einige wohlgezielte Scheltworte aufgemuntert worden war, trug sie Tischtuch, Teller und Gläser ins Gastzimmer und begann mit der größten Aufmerksamkeit den Tisch zu decken. Sie war erstaunt, zu sehen, dass der Gast ihr den Rücken wendete, trotz des lustig flackernden Feuers Hut und Überrock anbehalten hatte und auf das Schneetreiben im Hof hinaussah.
Er hatte die behandschuhten Hände auf dem Rücken gefaltet und war anscheinend in Gedanken versunken. Sie bemerkte, dass der Schnee auf seinen Kleidern zu Wasser wurde und auf ihren Teppich herabtropfte.
»Kann ich Ihnen Hut und Rock abnehmen, mein Herr, und sie in der Küche trocknen?«, fragte sie.
»Nein«, antwortete er, ohne sich umzuwenden.
Sie war nicht sicher, ob er sie verstanden hätte, und wollte schon ihre Frage wiederholen.
Da wandte er den Kopf und sah sie über die Schulter hinweg an. »Ich ziehe es vor, sie anzubehalten«, erklärte er mit Nachdruck, und sie konnte bemerken, dass er eine große, blaue Brille trug und ein buschiger Backenbart seine Wangen vollkommen bedeckte.
»Gut, mein Herr«, sagte sie, »wie’s gefällig ist. Das Zimmer wird gleich warm werden.«
Er hatte sich wieder abgewandt und antwortete nicht. Da Mrs. Hall fühlte, dass die Zeit zur Anknüpfung eines Gespräches nicht gut gewählt sei, vollendete sie rasch und geräuschlos das Decken des Tisches und huschte hinaus. Als sie zurückkehrte, stand er noch an derselben Stelle, wie aus Stein gehauen, mit gekrümmtem Rücken, aufgeschlagenem Rockkragen und triefender, abwärts gebogener Hutkrempe, die Gesicht und Ohren vollständig verbarg. Würdevoll setzte sie die Schüssel mit Eiern und Speck nieder und rief ihm zu:
»Ihr Frühstück ist fertig, mein Herr.«
»Danke«, erwiderte er darauf, ohne sich zu rühren, bevor sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann aber drehte er sich schnell um und wandte sich mit Heißhunger dem Tisch zu.
Als Mrs. Hall in die Küche hinter der Schankstube ging, hörte sie einen Ton, der sich in regelmäßigen Zwischenräumen wiederholte. Klick, klick, klick ging es, der Klang eines Löffels, der in einem Gefäß klappert. »Dieses Mädchen!«, rief sie. »Ich hatte es ganz vergessen. Das kommt von ihrer Langsamkeit.« Und während sie das Mischen des Senfs selbst besorgte, bekam Millie einige saftige Bemerkungen über ihre Langsamkeit zu hören. Sie (Mrs. Hall) hatte Schinken und Eier gekocht, den Tisch gedeckt, kurz alles getan, während Millie – wahrlich eine schöne Hilfe – nicht einmal mit dem Senfrühren zustande kam. Und ein neuer Gast im Hause, der hoffentlich lange bleiben würde! Dann füllte sie das Senfglas, setzte es voll Selbstbewusstsein auf ein schwarz-goldenes Servierbrett und trug es ins Fremdenzimmer.
Sie klopfte an die Türe und trat sofort ein. Als der Gast sie gewahrte, machte er eine rasche Bewegung, und einen flüchtigen Augenblick sah sie etwas Weißes hinter dem Tisch verschwinden, als ob der Fremde etwas vom Boden aufheben wolle. Mrs. Hall setzte das Senfglas auf den Tisch; dabei bemerkte sie, dass der Überrock abgenommen und über einen Stuhl am Feuer ausgebreitet war, und ein Paar nasse Stiefel ihr Kamingitter mit Rost bedrohten. Sie ging entschlossen darauf zu: »Jetzt kann ich sie doch wohl zum Trocknen nehmen?«, sagte sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
»Lassen Sie den Hut da«, sagte der Fremde mit dumpfer Stimme, und als sie sich umwandte, bemerkte sie, dass er den Kopf erhoben hatte und sie anblickte.
Einen Augenblick lang starrte sie ihn an, zu überrascht, um sprechen zu können.
Er hielt ein weißes Tuch – eine Serviette, die er mitgebracht hatte – vor den unteren Teil seines Gesichts, sodass es Mund und Kinnbacken ganz bedeckte und die Stimme nur halb erstickt daraus hervordrang. Aber nicht das erschreckte Mrs. Hall, sondern der Umstand, dass ein weißer Verband seine ganze Stirn über den blauen Gläsern verhüllte, während ein zweiter die Ohren verbarg und von seinem ganzen Gesicht nichts als die spitze, rote Nase frei ließ. Diese war leuchtend rot und glänzte wie bei seiner Ankunft. Er trug eine dunkelbraune Samtjacke mit einem hohen, schwarzen, leinengefütterten Kragen, der in die Höhe geschlagen war. Das dichte schwarze Haar, das hie und da zwischen dem Kreuzverband vorlugte, bildete seltsam geformte Schwänze und Hörner und verlieh ihm das denkbar merkwürdigste Aussehen … Dieser verhüllte und verbundene Kopf war dem, was sie erwartet hatte, so unähnlich, dass sie einen Augenblick lang wie erstarrt dastand. Er legte die Serviette nicht weg, sondern hielt sie in der mit einem braunen Handschuh bekleideten Hand fest, wobei er seine Wirtin durch die unergründlichen Augengläser hindurch unverwandt anblickte. »Lassen Sie den Hut da«, wiederholte er undeutlich durch das weiße Tuch hindurch.
Ihre Nerven begannen sich von dem Schrecken zu erholen. Sie legte den Hut auf den Stuhl neben dem Feuer zurück. »Ich wusste nicht, mein Herr«, begann sie, »dass –« und sie schwieg verwirrt still.
»Danke«, sagte er kurz, von ihr zur Tür und dann wieder auf sie blickend.
»Ich will sie gleich schön trocknen, mein Herr«, sagte sie und trug seine Kleider aus dem Zimmer. Während sie zur Tür schritt, warf sie noch einen Blick nach dem weißverhüllten Kopf und den undurchsichtigen Augengläsern, aber er hielt sein Tuch noch immer vor das Gesicht. Es durchschauerte sie ein wenig, als sie die Tür hinter sich schloss, und in ihrem Gesicht spiegelten sich Überraschung und Bestürzung wieder. »Du meine Güte«, flüsterte sie. »So etwas!« Ganz sachte ging sie in die Küche und war zu sehr mit ihren Gedanken beschäftigt, um Millie zu fragen, was sie jetzt wieder in Unordnung bringe.
Der Gast saß ganz still und lauschte auf die verhallenden Fußtritte. Er warf einen forschenden Blick nach dem Fenster, ehe er die Serviette entfernte und wieder zu essen anfing. Er nahm einen Bissen, blickte misstrauisch nach dem Fenster – aß einen zweiten Bissen. Dann erhob er sich, ging mit der Serviette in der Hand quer durchs Zimmer und verhüllte den oberen Teil der Fenster bis dahin, wo weiße Vorhänge über das Glas gespannt waren, worauf das Zimmer in Dämmerlicht getaucht schien, und er mit erleichterter Miene zum Tisch und seinem Mahl zurückkehrte.
»Der arme Mensch hat einen Unfall erlitten oder eine Operation oder so etwas durchgemacht«, dachte Mrs. Hall. »Nein, wie mich dieser Verband erschreckt hat.«
Sie legte frische Kohlen auf, machte den Kleiderstock frei und breitete den Rock des Reisenden darüber. »Und diese Brille! Er sieht gar nicht wie ein leibhaftiger Mensch aus.« Sie hängte sein Halstuch auf den Kleiderständer. »Und die ganze Zeit hatte er das Tuch vor dem Munde und sprach durch das Tuch durch! – – Vielleicht hat er auch am Munde Verletzungen. Wahrscheinlich sogar!«
Sie wandte sich um, wie jemand, der sich plötzlich an etwas erinnert. »Gott sei meiner Seele gnädig!«, rief sie. »Bist du mit den Kartoffeln noch nicht fertig, Millie?«
Als Mrs. Hall das Frühstück des Fremden wegräumte, wurde sie in ihrer Vermutung, dass auch sein Mund durch einen Unfall verletzt oder entstellt worden war, bestärkt. Denn, obwohl er seine Pfeife rauchte, entfernte er doch während der ganzen Zeit, die sie im Zimmer zubrachte, auch nicht ein einziges Mal das seidene Halstuch, welches er um den unteren Teil des Gesichtes geschlungen hatte, um das Mundstück der Pfeife an die Lippen zu führen. Doch geschah dies nicht aus Vergesslichkeit, denn sie sah ihn nach der Pfeife schielen, aus der der Rauch immer schwächer emporstieg. Er saß in der Ecke, mit dem Rücken gegen das verdunkelte Fenster, und sprach nun, nachdem er gegessen und getrunken hatte und behaglich durchwärmt war, in weniger verletzender Kürze als zuvor. Der Widerschein des Feuers verlieh seiner ungeheuren Brille ein gewisses Leben, das ihr bisher gefehlt hatte.
»Ich habe etwas Gepäck auf der Station in Bramblehurst«, sagte er und fragte sie, wie er es holen lassen könne. Ganz höflich neigte er das verbundene Haupt zum Danke für ihre Erklärung. »Morgen!«, sagte er. »Kann es nicht früher sein?«, und schien enttäuscht, als sie verneinte. »Ob sie dessen ganz sicher sei? Könnte es nicht jemand mit einem Handwagen abholen?«
Bereitwillig beantwortete Mrs. Hall seine Fragen und suchte hierauf ein Gespräch in Gang zu bringen. »An der Düne läuft die Straße steil hinab, mein Herr«, erklärte sie in Beantwortung seiner Frage bezüglich des Handwagens. Dann fügte sie, froh einen Anknüpfungspunkt gefunden zu haben, hinzu: »Vor einem Jahr oder noch länger warf dort ein Wagen um, ein Reisender und der Kutscher blieben tot. Ein Unglück geschieht oft im Handumdrehen, nicht wahr?«
Aus dem Fremden war jedoch nicht so leicht etwas herauszubringen. »Das stimmt«, sagte er hinter dem Tuch hervor, Mrs. Hall durch die undurchdringlichen Augengläser unverwandt betrachtend.
»Aber die Heilung dauert zuweilen gar lang, nicht wahr? Mein Schwestersohn schnitt sich mit der Sense in den Arm – er stolperte nämlich im Heu über sie – und musste wahrhaftig volle drei Monate in einem Gipsverband liegen. Sie werden es kaum glauben. Seither habe ich einen heiligen Schreck, wenn ich eine Sense zu Gesicht bekomme.«
»Das kann ich ganz gut verstehen«, sagte der Fremde.
»Wir fürchteten eine Zeit lang, dass er operiert werden müsse, so schlimm stand es mit ihm.«
Der Gast lachte kurz auf – ein bellendes Lachen, das er im Munde zu kauen schien. »Wirklich?«, fragte er.
»Ganz gewiss, mein Herr. Und für diejenigen, die ihn pflegen mussten, wie ich – meine Schwester hatte mit ihren Kleinen so viel zu tun – war nichts zu lachen dabei. Verbände anlegen und Verbände abnehmen – so, wenn ich mir die Freiheit nehmen darf, es zu sagen, mein Herr –.«
»Wollen Sie mir Zündhölzchen bringen«, unterbrach sie der Fremde unvermittelt. »Meine Pfeife ist ausgegangen.«
Mrs. Hall verstummte. Eine solche Taktlosigkeit, während sie ihm soeben erzählte, was sie alles getan hatte. Sie hatte schon den Mund zu einer scharfen Entgegnung geöffnet, als sie sich noch rechtzeitig der beiden Goldstücke erinnerte und nach den Zündhölzern ging.
»Danke«, sagte er mit unhöflicher Kürze, als sie die Schachtel niederstellte, drehte ihr den Rücken und starrte wieder zum Fenster hinaus. Das Gespräch über Operationen und Verbände war ihm sichtlich unangenehm. So kam sie schließlich davon ab, sich »die Freiheit zu nehmen, zu sagen –« Aber sein abweisendes Benehmen hatte sie in eine gereizte Stimmung versetzt und Millie musste das an jenem Nachmittag büßen.
Bis 4 Uhr blieb der Fremde im Gastzimmer, ohne Mrs. Hall auch nur den Schatten eines Vorwandes zum Hineingehen an die Hand zu geben. Während dieser Zeit verhielt er sich meist ganz still: er schien in der zunehmenden Dunkelheit rauchend, vielleicht schlummernd, beim Feuer zu sitzen. Ein- oder zweimal hätte ihn ein neugieriger Horcher beim Kohlenkessel hören können, und fünf Minuten lang ging er im Zimmer auf und ab. Er schien mit sich selbst zu sprechen. Dann hörte man den Lehnstuhl krachen, als er sich wieder niederließ.
Um 4 Uhr – es war schon ziemlich dunkel, und Mrs. Hall nahm eben ihren Mut zusammen, um ins Gastzimmer zu gehen und den Fremden zu fragen, ob er Tee wünsche – kam Teddy Henfrey, der Uhrmacher, ins Wirtshaus.
»Bei Gott, Mrs. Hall«, sagte er, »ein böses Wetter für dünne Stiefelsohlen!«
Der Schnee fiel draußen immer dichter.
Mrs. Hall war derselben Ansicht und bemerkte dann, dass er seinen Werkzeugkasten bei sich hatte. »Da Sie einmal da sind, Mr. Henfrey«, meinte sie, »wäre es mir lieb, wenn Sie sich die alte Uhr im Gastzimmer ein wenig ansehen wollten. Sie geht zwar gut und schlägt auch laut und richtig, aber der Stundenzeiger zeigt immer auf sechs.«
Und sie ging voran zur Gastzimmertür, pochte und trat ein.
Als sie die Tür öffnete, sah sie ihren Gast im Lehnstuhl vor dem Feuer sitzen; den verbundenen Kopf zur Seite geneigt, schien er zu schlummern. Das Licht im Zimmer ging von der roten Glut des Feuers aus. Alles erschien ihr rötlich, schattenhaft und undeutlich, besonders da sie kurz vorher die Lampe in der Schankstube angezündet hatte und ihre Augen noch geblendet waren. Aber eine Sekunde lang schien es ihr, als ob der Mann, den sie vor sich sah, einen ungeheuren, weit geöffneten Mund habe, einen unglaublich großen Mund, der den ganzen unteren Teil seines Gesichts wegnahm. Es war der Eindruck eines Augenblicks: der weißverbundene Kopf, die riesige Schutzbrille und diese ungeheure, gähnende Leere darunter. Dann machte er eine Bewegung, fuhr von seinem Stuhl auf und hob die Hand empor. Sie riss die Tür weit auf, sodass das Licht von außen ins Zimmer drang und dann sah sie ihn deutlich, mit dem Halstuch vor dem Gesicht, gerade wie er vorher die Serviette gehalten hatte. Sie dachte, die Schatten müssten ihr Spiel mit ihr getrieben haben.
»Wäre es Ihnen unangenehm, mein Herr, wenn der Mann hier die Uhr ansehen würde?«, fragte sie, sich von ihrer augenblicklichen Verwirrung erholend.
»Die Uhr ansehen?«, wiederholte er, verschlafen um sich blickend, hinter der Hand hervor. Dann wurde er vollends wach und sagte: »Meinethalben!«
Mrs. Hall holte die Lampe und er stand auf und reckte sich. Dann kam das Licht, Mr. Teddy Henfrey trat ein und stand der vermummten Gestalt gegenüber. Er war, wie er später sagte, ganz betroffen.
»Guten Abend!«, sagte der Fremde, indem er Mr. Henfrey, wie dieser in Anspielung auf die ungeheuren Brillengläser angibt, »wie ein Hummer« anglotzte.
»Ich hoffe, ich störe nicht«, sagte Mr. Henfrey.
»Durchaus nicht«, versetzte der Fremde. »Obgleich ich annehme«, fuhr er zu Mrs. Hall gewendet fort, »dass dieses Zimmer ausschließlich für meinen Privatgebrauch bestimmt ist.«
»Ich dachte, mein Herr«, entgegnete Mrs. Hall, »es würde Ihnen lieber sein, wenn die Uhr –«
»Gewiss«, sagte der Fremde, »ganz gewiss. In der Regel ziehe ich es aber vor, allein und ungestört zu sein.«
Er lehnte sich an den Kamin und legte die Hände auf den Rücken. »Und dann, wenn die Uhr in Ordnung ist, hätte ich gern eine Tasse Tee. Aber nicht früher.«
Mrs. Hall wollte hierauf das Zimmer verlassen – diesmal machte sie keinen Versuch, ein Gespräch anzuknüpfen, weil sie sich in Mr. Henfreys Gegenwart nicht einer Abweisung aussetzen wollte – als ihr Gast sie fragte, ob sie wegen seines Gepäcks in Bramblehurst etwas veranlasst hätte. Sie erwiderte, sie hätte mit dem Postmeister darüber gesprochen und der Fuhrmann würde es am nächsten Morgen bringen.
»Ist es bestimmt früher nicht möglich?«, sagte er.
Es sei unmöglich, lautete die kühle Antwort.
»Ich muss Ihnen noch etwas mitteilen«, fügte er hinzu, »früher war ich zu durchkältet und zu müde dazu: ich beschäftige mich mit wissenschaftlichen Experimenten.«
»Wirklich, mein Herr!«, sagte Mrs. Hall sehr gespannt.
»Und mein Gepäck enthält die erforderlichen Apparate und Hilfsmittel.«
»Gewiss sehr nützliche Dinge«, meinte Mrs. Hall.
»Es liegt mir natürlich daran, in meinen Forschungen fortzufahren.«
»Natürlich, mein Herr.«
»Der Grund meiner Reise nach Iping«, fuhr er mit einer gewissen Überlegung fort, »war – der Wunsch nach Einsamkeit. Ich wünsche nicht in meiner Arbeit gestört zu werden. Außer diesen Arbeiten zwingt mich ein Unfall –«
»Ich dachte es mir gleich«, sprach Mrs. Hall zu sich selbst.
»Zurückgezogen zu leben. Ich habe ziemlich schwache Augen, die mir oft so starke Schmerzen verursachen, dass ich mich für Stunden bei geschlossenen Türen im Dunkeln einschließen muss. Hie und da, nicht jetzt gerade. Zu solchen Zeiten ist mir die leiseste Störung, der Eintritt eines Fremden, eine außerordentliche Qual. Ich möchte, dass wir uns ein für allemal verstehen.«
»Gewiss, mein Herr«, erwiderte Mrs. Hall. »Nur wenn ich mir die Freiheit nehmen dürfte, zu fragen –«
»Das ist alles, glaube ich«, sagte der Fremde in jener ruhig abweisenden Art, der man nichts entgegensetzen, und die er nach Belieben annehmen konnte. Mrs. Hall sparte also ihre teilnehmenden Fragen für eine bessere Gelegenheit auf.
Nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, blieb der Fremde vor dem Feuer stehen, um, wie Mr. Henfrey behauptet, ihn bei seiner Arbeit anzustarren. Mr. Henfrey hatte die Lampe dicht neben sich stehen und der grüne Schirm warf, während er arbeitete, ein blendendes Licht auf das Gehäuse und die Räder der Uhr. Sonst blieb das Zimmer im Schatten. Wenn er aufblickte, flimmerte es ihm vor den Augen. Er war von Natur aus neugierig, und so hatte er ganz unnötigerweise das Werk auseinander genommen, in der Absicht, sein Fortgehen dadurch hinauszuschieben und vielleicht mit dem Fremden ein Gespräch anzuknüpfen. Aber dieser stand unbeweglich und still auf seinem Platz, so still, dass es Henfrey nervös machte. Er hatte das Gefühl, allein im Zimmer zu sein, und blickte auf. In schattenhaften Umrissen, wie durch einen grünen Nebelschleier, sah er den weißverbundenen Kopf und die riesigen, dunkeln, starr auf sich gehefteten Gläser. Es war Henfrey so unheimlich, dass er den anderen eine Minute lang wortlos anblickte. Dann sah er wieder auf seine Arbeit. Eine ungemütliche Lage! Wenn er wenigstens ein paar Worte hätte sprechen können! Vielleicht, dass das Wetter für diese Jahreszeit sehr kalt sei?
Er blickte auf, bevor er die einleitenden Worte herausbrachte. »Das Wetter –« begann er.
»Warum beeilen Sie sich nicht, fortzukommen?«, fragte die unbewegliche Gestalt des Fremden, augenscheinlich in einem Zustand mühsam unterdrückter Wut. »Sie haben hier nichts Weiteres zu tun als den Stundenzeiger zu befestigen. Was Sie da mit der Uhr machen, ist der reine Schwindel!«
»Sofort, mein Herr – nur eine Minute. Ich übersah –« Und Mr. Henfrey machte, dass er fortkam.
Aber er ging mit dem Gefühle außerordentlicher Verdrießlichkeit fort. »Hol’s der Teufel!«, brummte er vor sich hin, als er im Schnee durch das Dorf stampfte, »man muss doch eine Uhr zuweilen reparieren, nicht?«
Und dann: »Darf man dich nicht einmal anschauen, du hässlicher Kerl?«
Und wieder nach einer Weile: »Es scheint dir nicht angenehm zu sein. Wenn die Polizei dich suchte, könntest du nicht mehr vermummt und verbunden sein!«
An einer Ecke kam ihm Hall entgegen, der vor kurzem die Wirtin des Fremden im Gasthof »Zum Fuhrmann« geheiratet hatte, und der eben von Siderbridge kam, wohin er zuweilen, wenn Reisende anlangten, den Ipinger Postwagen kutschierte. Nach seinem Fahren zu schließen, mochte er in Siderbridge etwas über den Durst getrunken haben. »Wie geht’s, Teddy?«, fragte er im Vorbeifahren.
»Einen wunderlichen Kauz habt ihr daheim bei euch!«, sagte Teddy.
Hall war gleich bereit anzuhalten. »Was heißt das?«, fragte er.
»Merkwürdiger Kunde da im ›Fuhrmann‹«, erklärte Teddy. »Meiner Treu!«
Und er begann eine lebendige Schilderung des sonderlichen Gastes zu geben. »Sieht fast nach einer Verkleidung aus, glaubst du nicht auch? Ich möchte doch das Gesicht eines Menschen sehen, wenn ich ihn in meinem Hause hätte«, erklärte Teddy Henfrey. »Aber die Weiber sind so vertrauensselig, wenn es sich um Fremde handelt. Er hat deine Zimmer gemietet und nicht einmal seinen Namen genannt, Hall.«
»Nicht möglich«, sagte Hall, ein Mensch, der nur sehr langsam begriff.
»Doch«, entgegnete Teddy, »mit wöchentlicher Kündigung. Wer er auch sein mag, vor einer Woche könnt ihr ihn nicht los werden. Und morgen kommt ein Haufen Gepäck für ihn, sagt er. Wir wollen hoffen, dass seine Koffer nicht mit Steinen angefüllt sind, Hall.«
Und er erzählte, wie seine Tante in Hastings von einem Manne mit leeren Reisetaschen betrogen worden war. Im großen und ganzen erweckte er in dem Freunde einen leisen Verdacht. »Los, Schimmel«, sagte Hall, »ich muss mir die Geschichte doch mal ansehen.«
Mit bedeutend erleichtertem Gemüt stampfte Teddy weiter.
Anstatt sich die Geschichte »mal anzusehen«, wurde aber Hall bei seiner Rückkehr von seiner Frau wegen seines langen Aufenthaltes in Siderbridge tüchtig gescholten und seine ziemlich schüchternen und zaghaften Fragen schnippisch und ausweichend beantwortet. Doch der Samen des Verdachts, welchen Teddy gesät hatte, schlug trotz dieser Entmutigung in Mr. Halls Seele Wurzel. »Ihr Weiber wisst auch nicht alles«, sagte er, entschlossen, bei der ersten passenden Gelegenheit Näheres über seinen Gast in Erfahrung zu bringen. Und nachdem der Fremde zu Bett gegangen war, was gegen neuneinhalb Uhr geschah, ging Mr. Hall sehr unternehmend ins Gastzimmer, sah sich die Möbel seiner Frau sehr genau an, um zu zeigen, dass nicht der Fremde dort Herr sei, und maß ein Blatt Papier voll mathematischer Berechnungen, das der Fremde liegen gelassen hatte, mit verächtlichen Blicken. Als er zur Ruhe ging, ermahnte er Mrs. Hall, sich das Gepäck des Fremden, wenn es am Morgen käme, sehr genau anzusehen.
»Kümmre dich um deine Sachen, Mann«, erwiderte diese, »und mische dich nicht in meine Angelegenheiten.«
Sie war umso eher geneigt, Hall kurz abzufertigen, als der Fremde ohne Zweifel etwas Ungewöhnliches an sich hatte und sie selbst über ihn durchaus nicht beruhigt war. Mitten in der Nacht schreckte sie ein Traum von ungeheuren, weißen Köpfen, die wie Rüben aussahen, auf unendlich langen Hälsen saßen und sie mit riesigen schwarzen Augen verfolgten, aus dem Schlafe. Aber als vernünftige Frau überwand sie ihren Schrecken, drehte sich auf die andere Seite und schlief gleich wieder ein.
So geschah es, dass am 29. Februar, bei beginnendem Tauwetter, dieser merkwürdige Mensch wie aus den Wolken nach Iping herabfiel. Am nächsten Tage traf sein Gepäck ein – und auch dieses war eigentümlich genug. Es waren allerdings zwei Koffer da, wie jeder vernünftige Mensch sie haben konnte, aber außerdem noch eine Bücherkiste – große, dicke Bücher, manche in unverständlicher Schrift – und über ein Dutzend Körbe, Kisten und Kasten, welche in Stroh verpackte Gegenstände enthielten, welch letztere Hall, der in gerechtfertigter Neugierde das Stroh untersuchte, für Glasflaschen hielt. Der Fremde, mit Hut, Stock, Handschuhen und Halstuch versehen, erschien voller Ungeduld, als Fearensides, des Fuhrmanns, Karren vor dem Hause hielt, während Hall mit Fearenside ein kurzes Gespräch anknüpfte, bevor er beim Abladen der Kisten behilflich war. Ohne des Fuhrmanns Hund, der freundlich Halls Beine beschnüffelte, zu beachten, trat der Fremde vor die Tür.
»Beeilt euch mit den Kisten!«, rief er. »Ich habe lange genug warten müssen!« Und er kam die Stufen herab auf den Karren zu, als ob er selbst mit Hand anlegen wollte.
Kaum hatte ihn Fearensides Hund jedoch erblickt, als er unruhig wurde und zu knurren begann; als der Fremde unten angelangt war, tat der Hund einen Satz und sprang dann gerade auf seine Hand los. »Wupp!«, schrie Hall zurückweichend, denn er war Hunden gegenüber gerade kein Held, und Fearenside brüllte: »Nieder!«, und langte rasch nach seiner Peitsche.
Sie sahen, wie die Zähne des Hundes die Hand fahren ließen, hörten einen Schlag, sahen den Hund zur Seite springen, sich in das Bein des Fremden verbeißen und hörten deutlich den Riss, der durch dessen Beinkleider ging. Dann fiel Fearensides Peitsche auf den Hund nieder, der sich unter wütendem Bellen unter die Räder des Karrens verkroch. All dies geschah in dem kurzen Zeitraum einer halben Minute. Niemand sprach, alle schrien. Der Fremde warf einen schnellen Blick auf seine zerrissenen Handschuhe und auf sein Bein, schien sich zu dem letzteren niederbeugen zu wollen, wendete sich dann aber um und eilte über die Stufen in den Gasthof zurück. Man hörte ihn den Gang durcheilen und die Holztreppen zu seinem Schlafzimmer emporsteigen.
»Du Vieh, du!«, schrie Fearenside, mit der Peitsche in der Hand vom Wagen steigend, während der Hund durch die Räder hindurch jede seiner Bewegungen beobachtete.
»Komm her! Wirst du wohl!«, fügte er hinzu.
Hall war atemlos dagestanden. »Er ist gebissen worden«, sagte er endlich, »ich will nach ihm sehen.« Und er folgte dem Fremden. Im Hausflur traf er seine Frau. »Des Fuhrmanns Hund hat ihn gebissen«, teilte er ihr beim Vorübergehen mit.
Er ging, ohne zu zaudern, die Stiegen hinauf, öffnete die angelehnte Tür zu des Fremden Schlafzimmer und trat ohne Umstände, nur von seinem Mitgefühl geleitet, ein.
Die Vorhänge waren zugezogen und das Zimmer dunkel. Sekundenlang hatte er eine merkwürdige Erscheinung: er glaubte zu sehen, dass ihm ein Arm ohne Hand zuwinke und erblickte ein Gesicht mit drei riesigen Flecken von unbestimmter Farbe auf weißem Grunde, einem hellfarbigen Stiefmütterchen nicht unähnlich. Dann erhielt er einen heftigen Schlag vor die Brust und wurde zurückgestoßen, worauf die Tür hinter ihm zugeschlagen und verriegelt wurde. All das geschah so schnell, dass es ihm an Zeit fehlte, weitere Beobachtungen anzustellen: ein Ineinanderfließen von rätselhaften Schatten, ein Schlag und ein Zusammenstoß. Da stand er auf dem dunklen kleinen Flur und dachte nach, was er da wohl gesehen haben könnte.
Schon nach wenigen Minuten schloss er sich wieder der kleinen Gruppe an, die sich vor dem »Fuhrmann« angesammelt hatte. Dort stand Fearenside, der die ganze Geschichte schon zum zweiten Male erzählte; Mrs. Hall, die fortwährend erklärte, sein Hund habe kein Recht ihre Gäste zu beißen; Huxter, der Krämer von jenseits der Straße, welcher unverdrossen Fragen stellte, und Sandy Wadgers, der Schmied, der für alles Antworten bereit hatte. Außerdem Frauen und Kinder, die alle gleichzeitig sprachen: »Mir sollte er nur kommen!« – »Solche Hunde sollte man nicht halten dürfen!« – »Warum hat er ihn denn eigentlich gebissen?«, und so fort.
Mr. Hall, der auf den Stufen stand und zuhörte, hielt es bereits für unmöglich, dass er die merkwürdigen Dinge im oberen Stockwerke wirklich erlebt habe. Übrigens war auch sein Wortschatz zu klein, um seinen Empfindungen Ausdruck zu verleihen.
»Er braucht keine Hilfe«, erwiderte er auf die Frage seiner Frau. »Wir schaffen am besten gleich das Gepäck hinein.«
»Man sollte die Wunde gleich ausbrennen«, sagte Mr. Huxter, »besonders wenn sie entzündet ist.«
»Ich würde den Hund einfach niederschießen, er verdient es«, meinte eine Frau in der Gruppe.
Plötzlich begann der Hund von neuem zu knurren.
»Nun! wird’s?«, rief eine ärgerliche Stimme im Hausflur und dort stand der vermummte Fremde, wie immer den Rockkragen in die Höhe geschlagen und den Rand seines Hutes nach abwärts gebogen. »Je früher Sie meine Sachen hineintragen, desto lieber ist es mir.« Von einem unbekannten Zuschauer wurde bei dieser Gelegenheit konstatiert, dass der Fremde Beinkleider und Handschuhe gewechselt hatte.
»Sind Sie gebissen worden, Herr?«, fragte Fearenside. »Es tut mir wirklich leid, dass der Hund – –«
»Durchaus nicht«, versetzte der Fremde. »Beeilen Sie sich mit dem Abladen.«