Der Wachsblumenstrauß - Agatha Christie - E-Book

Der Wachsblumenstrauß E-Book

Agatha Christie

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  • Herausgeber: Atlantik
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Ein zweifelhaftes Testament und eine Familie voller Verdächtiger Nichts ist so verlässlich wie die Familie - besonders wenn es ums Erbe geht. Nach dem Tod des reichen Unternehmers Richard Abernethie entflammt ein hitziger Streit um den Nachlass. Seine Schwester Cora glaubt sogar, eins der Familienmitglieder könnte ihn umgebracht haben. Nachdem sie ihren Verdacht aber an die Trauergesellschaft richtet, dauert es nicht lange und sie selbst wird mit einem Beil erschlagen.  Hercule Poirot nimmt die Ermittlungen auf und weiß, dass der Mörder vor nichts zurückschreckt.

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Seitenzahl: 367

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Agatha Christie

Der Wachsblumenstrauß

Ein Fall für Poirot

Aus dem Englischen von Ursula Wulfekamp

Atlantik

Für James – im Gedenken an glückliche Tage in Abney

Erstes Kapitel

I

Der alte Lanscombe schlurfte von Zimmer zu Zimmer und zog die Rouleaus hoch. Ab und zu spähte er zwischen zusammengekniffenen wässrigen Augen zum Fenster hinaus.

Bald würden sie von der Beerdigung zurückkommen. Seine taperigen Schritte beschleunigten sich ein wenig. Es gab so viele Fenster.

Enderby Hall war ein weitläufiges viktorianisches Anwesen im neogotischen Stil. Die Vorhänge waren aus schwerem, längst verblasstem Brokat oder Samt, in manchen Zimmern bespannte noch verblichene Seide die Wände. Im grünen Salon warf der Butler einen Blick auf das Gemälde, das über dem Kamin hing; es zeigte den alten Cornelius Abernethie, der Enderby Hall dereinst hatte erbauen lassen. Sein dunkler Bart ragte angriffslustig vom Kinn ab, seine Hand ruhte auf einem Globus – ob auf Wunsch des Porträtierten hin oder vom Maler als symbolischer Blickfang gedacht, wusste niemand mehr zu sagen.

Ein sehr beeindruckender Mann, dachte der alte Lanscombe immer und war froh, dass er nie persönlich seine Bekanntschaft geschlossen hatte. Sein gnädiger Herr war Mr Richard gewesen, und ein sehr guter Herr war er gewesen. Ganz plötzlich hatte er das Zeitliche gesegnet, doch, ganz plötzlich, obwohl der Arzt in letzter Zeit immer häufiger nach Enderby hatte kommen müssen. Aber der gnädige Herr hatte sich nie vom Schock über den Tod des jungen Mr Mortimer erholt. Kopfschüttelnd tappelte der alte Mann durch die Verbindungstür ins weiße Boudoir. Entsetzlich war das gewesen, eine regelrechte Tragödie. So ein feiner, aufrechter junger Herr, und so lebenskräftig und gesund dazu. Dass ihm ein solches Unglück passieren würde, hätte man nie für möglich gehalten. Jammervoll war das gewesen, wirklich jammervoll. Und dann Mr Gordon, der im Krieg gefallen war. Eins war zum anderen gekommen. Aber so ging das Leben heutzutage. Das war einfach zu viel gewesen für den gnädigen Herrn. Obwohl er vor einer Woche noch fast der Alte gewesen war.

Das dritte Rouleau im weißen Boudoir ließ sich nicht hochziehen, wie es sollte. Lanscombe konnte es ein Stück bewegen, dann klemmte es. Die Federn waren ausgeleiert – das war’s –, und die Rouleaus waren uralt, wie alles hier im Haus. Und heutzutage war es unmöglich, die alten Sachen reparieren zu lassen. Zu altmodisch, sagten die Handwerker dann immer und schüttelten den Kopf, anmaßend, wie es ihre Art war – als ob die alten Sachen nicht viel besser wären als die neuen! Er konnte ein Lied davon singen. Dies neue Zeug war Schund, zumindest das meiste davon, ging einem unter den Händen kaputt. Schäbiges Material, schäbig verarbeitet. O ja, er konnte ein Lied davon singen.

Mit diesem Rouleau würde er nicht weiterkommen, wenn er nicht die Leiter holte. Aber mittlerweile stieg er nicht mehr gern auf die Leiter, dann wurde ihm immer schwummerig. Er würde das Rouleau einfach unten lassen. Es war sowieso gleichgültig, denn das weiße Boudoir ging nicht nach vorne hinaus, wo die Leute das Rouleau sehen würden, wenn sie von der Beerdigung zurückkamen – und überhaupt wurde der Raum gar nicht mehr benutzt. Es war ein Damenzimmer, und in Enderby gab es schon lange keine Herrin mehr. Ein Jammer, dass Mr Mortimer nie geheiratet hatte. Immerzu war er zum Fischen nach Norwegen gefahren oder zum Jagen nach Schottland und dann zu diesem neumodischen Wintersport in die Schweiz, anstatt eine nette junge Dame zu heiraten und sich häuslich niederzulassen, mit Kindern, die durchs Haus wuselten. Es war lange her, dass irgendwelche Kinder durchs Haus gelaufen waren.

Lanscombes Gedanken wanderten weit zurück zu einer Zeit, die ihm klar und deutlich vor Augen stand – viel klarer und deutlicher als die letzten zwanzig Jahre, die alle verschwammen und durcheinander wirbelten, sodass er gar nicht mehr richtig sagen konnte, welche Herrschaften gekommen und welche gegangen waren oder wie sie überhaupt ausgesehen hatten. Aber an die alten Zeiten erinnerte er sich noch sehr gut.

Mr Richard war zu seinen jüngeren Geschwistern fast wie ein Vater gewesen. Vierundzwanzig war er gewesen, als sein Vater die Augen geschlossen hatte, und er hatte sich sofort ins Geschäft gestürzt, war jeden Tag pünktlich auf die Minute aus dem Haus gegangen, hatte auf dem Anwesen alles weitergeführt wie bisher und so prachtvoll, wie man es sich nur wünschen konnte. Ein sehr glückliches Haus war es gewesen, mit all den heranwachsenden Damen und Herren. Natürlich, hin und wieder hatte es auch Streit gegeben, die Gouvernanten hatten ihre liebe Mühe. Farblos waren sie, diese Gouvernanten; Lanscombe hatte immer nur Verachtung für sie empfunden. Aber die jungen Damen waren sehr temperamentvoll gewesen. Vor allem Miss Geraldine. Und Miss Cora auch, obwohl die viel jünger war. Und jetzt war Mr Leo tot, und Miss Laura war auch gestorben. Mr Timothy war invalid, wirklich eine schlimme Sache. Und Miss Geraldine war irgendwo im Ausland gestorben. Und Mr Gordon im Krieg gefallen. Mr Richard, obwohl der Älteste der Geschwister, hatte sie alle überlebt – na ja, nicht ganz, denn Mr Timothy lebte ja noch, und auch die kleine Miss Cora, aber die hatte diesen abscheulichen Pinselkünstler geheiratet. Fünfundzwanzig Jahre lang hatte er sie nicht gesehen. Als sie mit dem Kerl weggegangen war, war sie ein hübsches junges Ding gewesen, und jetzt hätte er sie beinahe nicht wiedererkannt, so korpulent war sie geworden – und so exzentrisch in diesem Kleid! Ihr Mann hatte aus Frankreich gestammt, ein Franzose, oder zumindest ein halber Franzose – und was man davon zu halten hatte, wusste man ja. Aber Miss Cora war auch immer eine etwas – nun ja, eine schlichte Natur gewesen. Die kamen in jeder Familie vor.

Aber sie hatte ihn sofort wiedererkannt. »Da ist ja Lanscombe!«, hatte sie gesagt und sich offenbar wirklich gefreut, ihn zu sehen. Ach ja, damals hatten sie ihn alle gern gemocht. Bei Abendgesellschaften waren sie immer zu ihm in die Küche hinuntergeschlichen, und er hatte ihnen von der Götterspeise und der Charlotte Russe gegeben, wenn die Schüsseln aus dem Esszimmer zurückgetragen wurden. Sie hatten den alten Lanscombe alle gekannt, aber heute gab es praktisch niemanden mehr, der sich an ihn erinnerte. Jetzt gab es nur das junge Volk, das er nicht auseinanderhalten konnte und das in ihm einfach einen alten Butler sah, der fast schon zum Inventar gehörte. Ein Haufen Fremder, hatte er gedacht, als sie sich vor der Beerdigung im Haus eingefunden hatten – und obendrein ein ziemlich verwahrloster Haufen Fremder.

Aber nicht Mrs Leo – die war anders. Sie und Mr Leo waren nach ihrer Heirat häufiger hier gewesen. Mrs Leo war eine feine Dame – eine richtige Dame. Sie trug anständige Kleider, hatte eine richtige Frisur und sah aus, wie es sich gehörte. Und der gnädige Herr hatte sie immer gern gehabt. Ein Jammer, dass sie und Mr Leo nie Kinder bekommen hatten …

Lanscombe fuhr zusammen. Was dachte er sich bloß dabei, hier rumzustehen und den alten Zeiten nachzuhängen, wo es so viel zu tun gab? Die Rouleaus im Erdgeschoss waren alle offen, und Janet war auf seine Anweisung hin nach oben gegangen, um die Schlafzimmer herzurichten. Er, Janet und die Köchin waren zum Trauergottesdienst in der Kirche gewesen, aber anschließend nicht mit ins Krematorium gefahren, sondern gleich ins Haus zurückgekehrt, um die Rouleaus hochzuziehen und das Mittagessen vorzubereiten. Natürlich wurde nur kalt serviert: Schinken, Hühnchen, Zunge und Salat. Und hinterher kaltes Zitronensoufflé und Apfelkuchen. Vorneweg eine heiße Suppe – er sollte lieber mal nachsehen, ob Marjorie schon so weit war, dass sie gleich serviert werden könnte, denn die Gäste würden in ein oder zwei Minuten bestimmt hier sein.

Im schlurfenden Trab verließ er den Raum. Dabei streifte sein Blick geistesabwesend das Gemälde, das hier über dem Kamin hing – das Gegenstück zum Porträt im grünen Salon. Das Bild brachte den weißen Satin und die Perlen gut zur Geltung, aber die menschliche Gestalt, die das alles trug, war nicht annähernd so eindrucksvoll wie die Person auf dem anderen Gemälde. Nichtssagendes Gesicht, kleiner Mund, Mittelscheitel. Eine bescheidene, unauffällige Frau. Das einzige wirklich Bemerkenswerte an Mrs Cornelius Abernethie war ihr Name gewesen – Coralie.

Coral Hühneraugenpflaster und die dazugehörigen Fußpflegemittel von Coral waren auch nach über sechzig Jahren seit der Firmengründung noch immer ein Renner. Ob Coral Hühneraugenpflaster je besonders wirksam gewesen waren, konnte niemand sagen – aber sie hatten Anklang beim Publikum gefunden und so den Grundstein zu diesem neogotischen Palast gelegt, zu den weitläufigen Gärten und dem Vermögen, das sieben Söhnen und Töchtern ein beträchtliches jährliches Einkommen gesichert und Richard Abernethie ermöglicht hatte, vor drei Tagen als sehr wohlhabender Mann zu sterben.

II

Als Lanscombe in der Küche ein Wort der Ermahnung sprechen wollte, wies Marjorie ihn scharf zurecht. Marjorie, die Köchin des Hauses, war jung, gerade siebenundzwanzig, und stellte Lanscombes Geduld immer wieder auf die Probe, weil sie überhaupt nicht dem Bild entsprach, das er sich von einer richtigen Köchin machte. Es fehlte ihr an Distinktion, und außerdem achtete sie seine, Lanscombes, Position zu gering. Immer wieder nannte sie das Haus ein »altes Mausoleum« und beschwerte sich über den weitläufigen Küchenbereich, »wo man zwischen Speisekammer und Spülküche eine halbe Tagesreise zurücklegen muss«. Sie war seit zwei Jahren in Enderby und nur geblieben, weil sie zum einen gut bezahlt wurde und zum anderen, weil Mr Abernethie ihre Kochkünste gebührend zu würdigen gewusst hatte. Sie kochte in der Tat sehr gut. Janet, die sich am Küchentisch zur Erholung eine Tasse Tee gönnte, war ein älteres Dienstmädchen, das zwar häufig erbitterte Wortkriege mit Lanscombe führte, sich aber gegen die jüngere Generation in Gestalt von Marjorie meist mit ihm verbündete. Die vierte Person, die sich in der Küche befand, war Mrs Jacks, die nur bei besonderen Anlässen aushalf und der die Beerdigung gut gefallen hatte.

»Es war wunderschön«, sagte sie mit einem gebührend sittsamen Schniefen, während sie sich Tee nachschenkte. »Neunzehn Autos, die Kirche war fast voll, und der Pfarrer hat die Messe wunderbar gelesen. Und schönes Wetter, genau richtig für eine Beerdigung. Ach, der arme Mr Abernethie. Solche wie ihn gibt’s nicht mehr viele. Alle haben sie Respekt vor ihm gehabt.«

Ein Hupen war zu hören und dann ein Auto, das die Auffahrt heraufkam. Mrs Jacks stellte ihre Tasse ab. »Da sind sie!«, rief sie.

Marjorie drehte die Gasflamme unter dem großen Topf mit Hühnercremesuppe höher. Der überdimensionale Kochherd aus den Tagen viktorianischer Pracht stand kalt und unbenützt da, wie ein der Vergangenheit geweihter Schrein.

Die Wagen fuhren nacheinander vor und die schwarz gekleideten Insassen stiegen aus und gingen zögernd durch die Eingangshalle in den großen grünen Salon. In Anbetracht der ersten frischen Herbsttage brannte im Kamin ein Feuer, und auch wegen der Trauergäste, die nach dem Herumstehen bei der Beerdigung sicher frösteln würden.

Lanscombe betrat den Raum und bot auf einem Silbertablett Gläser mit Sherry an.

Mr Entwhistle, Seniorpartner der alteingesessenen und angesehenen Firma Bollard, Entwhistle, Entwhistle and Bollard, stand am Feuer und ließ sich den Rücken wärmen. Er nahm ein Glas Sherry entgegen und musterte die Versammelten mit dem scharfen Blick des Notars. Nicht alle Anwesenden waren ihm persönlich bekannt, und er musste sie sozusagen erst zuordnen. Die Vorstellungen vor der Abfahrt zum Trauergottesdienst waren flüchtig und nur im Flüsterton gemacht worden.

Als Erstes betrachtete er den alten Lanscombe. »Der ist schon ziemlich wackelig auf den Beinen«, dachte Mr Entwhistle. »Wenn mich nicht alles täuscht, geht er auf die neunzig zu. Na, er bekommt ja eine nette Leibrente. Der hat ausgesorgt. Treue Seele. So altmodisches Dienstpersonal bekommt man heute gar nicht mehr. Hilfskräfte und Babysitter, was anderes gibt’s nicht. Es ist schon ein Jammer. Ein Segen, vielleicht, dass Richard vor seiner Zeit abgetreten ist. Wahrscheinlich hatte er nichts mehr, was ihn noch am Leben hielt.«

Für Mr Entwhistle mit seinen zweiundsiebzig Jahren war Richard Abernethies Tod im Alter von achtundsechzig eindeutig verfrüht. Der Notar hatte sich zwei Jahre zuvor aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen, aber als Richard Abernethies Testamentsvollstrecker und aus Respekt vor einem seiner ältesten Klienten, mit dem er auch persönlich befreundet gewesen war, hatte er die Reise nach Nordengland auf sich genommen.

Während er im Geiste die Verfügungen des Testaments durchging, betrachtete er die Familienmitglieder.

Mrs Leo – Helen – kannte er natürlich gut. Sie war eine reizende Dame, die er gerne mochte und auch schätzte. Er betrachtete sie mit Sympathie dort neben dem Fenster. Schwarz stand ihr besonders gut. Sie hatte auf ihre Figur geachtet. Ihm gefielen die klar geschnittenen Züge, der Schwung, mit dem die grauen Haare von den Schläfen nach hinten gekämmt waren, und die Augen, die früher mit Kornblumen verglichen worden und auch heute noch leuchtend blau waren.

Wie alt Helen jetzt wohl sein mochte? Etwa ein- oder zweiundfünfzig, vermutete er. Seltsam, dass sie nach Leos Tod nie wieder geheiratet hatte. Sie war eine attraktive Frau. Aber die beiden waren einander sehr zugetan gewesen.

Sein Blick wanderte weiter zu Mrs Timothy. Sie kannte er kaum. Schwarz war nicht ihre Farbe – sie war eine Frau für Tweed. Eine kräftige, vernünftige, lebenstüchtige Person, die Timothy immer eine aufopferungsvolle Ehefrau gewesen war. Hatte sich um seine Gesundheit gekümmert, hatte ihn umsorgt – wahrscheinlich etwas zu sehr. Ob Timothy wirklich etwas fehlte? In Mr Entwhistles Augen war er ein Hypochonder. Der Meinung war Richard Abernethie auch gewesen. »Als Junge ein bisschen schwach auf der Brust, natürlich«, hatte er immer gesagt. »Aber dass ihm jetzt noch was fehlt, das glaube ich wirklich nicht.« Nun ja, jeder brauchte ein Steckenpferd, und Timothys Steckenpferd war nun einmal die alles bewegende Frage seiner Gesundheit. Ob Mrs Tim ihm das wirklich abnahm? Wahrscheinlich nicht – aber solche Sachen gaben Frauen ja nie zu. Timothy musste sein gutes Auskommen haben, er hatte das Geld nie zum Fenster hinausgeworfen. Aber der warme Segen würde ihm durchaus gelegen kommen – vor allem heutzutage mit den hohen Steuern. Seit dem Krieg hatte er seinen Lebensstandard sicher drastisch senken müssen.

Jetzt wandte Mr Entwhistle seine Aufmerksamkeit George Crossfield zu, dem Sohn Lauras. Laura hatte ja einen sehr dubiosen Kerl geheiratet, über den man nie viel erfahren hatte. Angeblich Börsenmakler. Der junge George war in einer Anwaltskanzlei – keine sehr angesehene Firma. Gut aussehend, aber irgendwie verschlagen. Allzu viel zum Leben hatte der bestimmt nicht. Laura hatte mit ihren Geldanlagen kein gutes Händchen bewiesen. Bei ihrem Tod vor fünf Jahren hatte sie so gut wie nichts hinterlassen. Sie war ein hübsches, verträumtes Mädchen gewesen, aber ohne den geringsten Sinn fürs Finanzielle.

Mr Entwhistles Blick wanderte von George Crossfield weiter zu den beiden jungen Frauen. Welche war welche? Ach ja, das war Geraldines Tochter Rosamund, die sich gerade die Wachsblumen auf dem Malachittisch ansah. Ein hübsches Ding, bildhübsch sogar – etwas dümmliches Gesicht. Schauspielerin. Bei einer Boulevardtruppe oder so was Ähnliches. Zu allem Überfluss hatte sie auch noch einen Schauspieler geheiratet. Gutaussehender Kerl. »Und das weiß er«, dachte Mr Entwhistle, der große Vorbehalte gegen das Theatervolk hegte. »Ich würde ja gerne wissen, aus was für einer Familie der kommt.«

Missbilligend betrachtete er Michael Shane mit seinen blonden Haaren und dem Charme, der hageren Männern eigen ist.

Susan, Gordons Tochter, würde sich auf der Bühne viel besser machen als Rosamund. Mehr Persönlichkeit. Vielleicht mehr, als im Alltag gut ist. Sie stand ganz in seiner Nähe, darum beobachtete Mr Entwhistle sie nur verstohlen. Dunkle Haare, haselnussfarbene – fast goldene – Augen, ein attraktiver, etwas trotziger Mund. Neben ihr stand ihr Ehemann, den sie erst vor kurzem geheiratet hatte – ein Apothekengehilfe, soweit er wusste. Ein Apothekengehilfe, man stelle sich nur vor! Mr Entwhistles Ansicht nach heirateten junge Frauen keine Männer, die hinter einer Ladentheke arbeiteten. Aber heutzutage heirateten sie ja jeden Dahergelaufenen. Der junge Mann mit dem blassen, nichtssagenden Gesicht und den dunkelblonden Haaren machte den Eindruck, als sei ihm unbehaglich zumute. Mr Entwhistle fragte sich nach dem Grund, kam dann aber zu dem wohlwollenden Schluss, das käme von der Anstrengung, die große Verwandtschaft seiner Frau kennenzulernen.

Als Letztes nahm Mr Entwhistle schließlich Cora Lansquenet in Augenschein. Das entbehrte nicht einer gewissen Logik, denn Cora war in der Familie immer der Nachzügler gewesen, Richards jüngste Schwester. Ihre Mutter, bei der Geburt fast fünfzig, hatte die zehnte Niederkunft (drei Kinder waren noch im Säuglingsalter gestorben) nicht überlebt. Die arme kleine Cora! Ihr ganzes Leben war sie eine blamable Gestalt gewesen und immer mit Bemerkungen herausgeplatzt, die besser ungesagt geblieben wären. Ihre Geschwister waren immer sehr nett zu ihr gewesen, hatten ihre Unzulänglichkeiten wettgemacht und ihre gesellschaftlichen Fauxpas überspielt. Niemand hatte sich träumen lassen, dass Cora je heiraten würde. Sie war zu groß geraten, etwas einfältig und nicht besonders hübsch gewesen, und ihre allzu auffälligen Annäherungsversuche an die jungen Männer, die nach Enderby zu Besuch kamen, hatten diese meist zu verschreckten Rückzugsmanövern veranlasst. Und dann, erinnerte sich Mr Entwhistle, war die Sache mit Lansquenet passiert – Pierre Lansquenet, ein halber Franzose. Sie hatte ihn an einer Kunstakademie kennengelernt, wo sie Unterricht im Malen von Blumenaquarellen genommen hatte, was ja durchaus schicklich war. Aber irgendwie war sie in den Kurs für Aktmalerei geraten, und dort war sie Pierre Lansquenet begegnet, war nach Hause gekommen und hatte verkündet, sie wolle ihn heiraten. Richard Abernethie hatte energisch Einspruch erhoben – dieser Pierre Lansquenet gefiel ihm nicht, und er vermutete, dass der junge Mann im Grunde nur auf eine wohlhabende Ehefrau aus war. Aber noch während er Nachforschungen über Lansquenets Herkunft anstellte, war Cora mit dem Kerl durchgebrannt und hatte ihn kurzerhand geheiratet. Den Großteil ihrer Ehe hatten die beiden in der Bretagne, in Cornwall und anderen Künstlerkolonien verbracht. Lansquenet war ein sehr schlechter Maler gewesen und, wie es hieß, kein sehr netter Mann, aber Cora hatte ihn hingebungsvoll geliebt und ihrer Familie nie verziehen, dass sie ihn nicht freundlich aufgenommen hatte. Richard hatte seiner jüngsten Schwester auf seine großzügige Art jedes Jahr eine Leibrente ausgezahlt, und von dem Geld hatten die beiden gelebt, soweit Mr Entwhistle wusste. Er bezweifelte, dass Lansquenet je auch nur einen Penny verdient hatte. Jetzt war er wohl schon seit zwölf oder mehr Jahren tot. Und hier war nun die Witwe, nach vielen Jahren zum ersten Mal wieder im Haus ihrer Kindheit. Sie hatte ihre beinahe kissenförmige Figur in wehendes Künstlerschwarz gekleidet, mit vielen Jett-Schnüren um den Hals. Sie ging im Raum umher, fasste alles an und freute sich überschwänglich, wenn sie auf eine kindliche Erinnerung stieß. Sie gab sich wenig Mühe, Trauer über den Tod ihres Bruders vorzutäuschen. Aber eigentlich, so dachte Mr Entwhistle, hatte Cora Gefühle ja nie vorgetäuscht.

Jetzt trat Lanscombe wieder in den Raum und murmelte in gedämpfter, dem Anlass angemessener Stimme: »Das Mittagessen ist aufgetragen.«

Zweites Kapitel

Nach der delikaten Hühnercremesuppe und reichlich kalten Fleischplatten, serviert mit einem köstlichen Chablis, hob sich die Stimmung der Trauergesellschaft ein wenig. Niemand war über Richard Abernethies Tod wirklich betrübt, denn niemand war ihm wirklich nahe gestanden. Alle hatten sich gebührend schicklich und gedämpft verhalten (mit Ausnahme von Cora, die keine Hemmungen kannte und unverkennbar Spaß hatte), aber nun herrschte das Gefühl vor, dass dem Anstand Genüge getan war und man zu einer normalen Unterhaltung übergehen konnte. Mr Entwhistle befürwortete diese Entwicklung durchaus. Er hatte Erfahrung mit Beerdigungen und wusste, wann der Zeitpunkt für eine Lockerung des Tons gekommen war.

Nach dem Essen erklärte Lanscombe, Kaffee werde in der Bibliothek serviert. Das gebot sein Gefühl für Anstand. Die Zeit war gekommen, um das Geschäftliche – in anderen Worten: das Testament – zu besprechen. Dafür bot die Bibliothek mit ihren Bücherschränken und den schweren Vorhängen aus rotem Samt die richtige Atmosphäre. Nachdem er den Kaffee serviert hatte, zog er sich zurück und schloss die Tür hinter sich.

Nach dem Austausch einiger banaler Höflichkeiten richteten sich zögerlich immer mehr Augenpaare auf Mr Entwhistle. Er griff die Andeutung mit einem Blick auf seine Uhr sofort auf.

»Ich muss den Zug um 3.30 Uhr erreichen«, begann er.

Offenbar wollten auch andere diesen Zug nehmen.

»Wie Sie wissen, bin ich Richard Abernethies Testamentsvollstrecker …«

Er wurde unterbrochen. »Ich habe das nicht gewusst«, sagte Cora Lansquenet munter. »Wirklich? Hat er mir etwas vererbt?«

Nicht zum ersten Mal hatte Mr Entwhistle das Gefühl, dass Cora eine Vorliebe für unpassende Bemerkungen hatte.

Er warf ihr einen tadelnden Blick zu. »Bis vor einem Jahr war Richard Abernethies Testament sehr einfach«, fuhr er fort. »Von einigen Legaten abgesehen, wollte er alles seinem Sohn Mortimer vermachen.«

»Der arme Mortimer«, warf Cora ein. »Kinderlähmung ist einfach schrecklich.«

»Mortimers tragischer und plötzlicher Tod war ein schwerer Schlag für Richard. Er brauchte mehrere Monate, um darüber hinwegzukommen. Ich erklärte ihm, dass es vielleicht ratsam wäre, ein neues Testament aufzusetzen.«

Maude Abernethie fragte mit ihrer tiefen Stimme: »Was wäre passiert, wenn er kein neues Testament aufgesetzt hätte? Wäre dann … wäre dann alles an Timothy gegangen – weil er der nächste Anverwandte war, meine ich?«

Mr Entwhistle öffnete den Mund, um zu einer Abhandlung über das Thema nächster Anverwandtschaft anzusetzen, sah dann aber doch davon ab. »Auf meinen Rat hin entschied Richard sich, ein neues Testament zu machen«, sagte er spitz. »Doch zuerst wollte er die jüngere Generation etwas näher kennenlernen.«

»Er hat uns regelrecht auf Tauglichkeit geprüft.« Susan lachte unvermittelt auf. »Zuerst George, dann Greg und mich und zum Schluss Rosamund und Michael.«

Gregory Banks’ schmales Gesicht wurde rot. »So solltest du das wirklich nicht ausdrücken, Susan.« Sein Ton war schneidend. »Auf Tauglichkeit geprüft! Ich bitte dich!«

»Aber darum ging es doch, oder nicht, Mr Entwhistle?«

»Hat er mir etwas hinterlassen?«, fragte Cora wieder.

Mr Entwhistle hüstelte und erklärte dann kühl: »Sie alle werden von mir eine Kopie des Testaments erhalten. Ich könnte es Ihnen, wenn Sie möchten, jetzt in ganzer Länge vorlesen, aber die juristische Terminologie könnte Ihnen etwas undurchsichtig erscheinen. Kurz gesagt, umfasst es Folgendes: Von mehreren kleinen Vermächtnissen abgesehen und einer größeren Summe für Lanscombe, mit der er sich eine Leibrente kaufen kann, wird der Großteil des Vermögens – und das ist beträchtlich – in sechs gleiche Teile geteilt. Vier davon gehen nach Abzug aller Steuern an Richards Bruder Timothy, seinen Neffen George Crossfield, seine Nichte Susan Banks und seine Nichte Rosamund Shane. Die anderen beiden Teile werden treuhänderisch verwaltet und das Einkommen daraus kommt Mrs Helen Abernethie, der Witwe seines Bruders Leo, zugute sowie seiner Schwester Mrs Cora Lansquenet, und zwar auf Lebenszeit. Nach deren Tod geht das Kapital auf die vier anderen Erben beziehungsweise deren Nachkommen über.«

»Wie schön!«, rief Cora Lansquenet sichtlich erfreut. »Ein Einkommen! Wie viel?«

»Ich – äh – das kann ich im Augenblick nicht genau sagen. Die Erbschaftssteuer ist natürlich sehr hoch, und …«

»Können Sie mir nicht eine Ahnung geben?«

Mr Entwhistle wurde klar, dass er Coras Neugier befriedigen musste.

»Möglicherweise etwa drei- bis viertausend Pfund pro Jahr.«

»Toll!« Cora war begeistert. »Dann fahre ich nach Capri.«

Helen Abernethie sagte leise: »Das ist wirklich sehr nett von Richard, und sehr großzügig. Seine Aufmerksamkeit berührt mich tief.«

»Er war Ihnen sehr zugetan«, erklärte Mr Entwhistle. »Leo war sein Lieblingsbruder, und dass Sie ihn nach Leos Tod immer noch besuchten, bereitete ihm große Freude.«

»Ich wünschte, mir wäre klar gewesen, wie krank er wirklich war«, sagte Helen bedauernd. »Ich habe ihn kurz vor seinem Tod noch einmal besucht. Ich wusste zwar, dass er krank war, aber dass es so schlimm um ihn stand, hatte ich nicht gedacht.«

»Es stand in der Tat schlimm um ihn«, erwiderte Mr Entwhistle. »Aber er wollte nicht, dass darüber gesprochen wurde, und meines Wissens erwartete niemand, dass sein Ende so rasch kommen würde. Ich weiß, dass der Arzt sehr überrascht war.«

»›Plötzlich, auf seinem Wohnsitz‹, so hieß es in der Zeitung«, meinte Cora und nickte. »Ich habe mich gewundert.«

»Es war für uns alle ein Schock«, fügte Maude Abernethie hinzu. »Das hat den armen Timothy sehr mitgenommen. So plötzlich, sagte er immer wieder. So plötzlich.«

»Aber es ist ja alles gut vertuscht worden, oder nicht?«, fragte Cora.

Alle starrten sie an, und auf einmal wurde sie unsicher.

»Ich glaube, ihr habt völlig recht«, fuhr sie hastig fort. »Ich meine, es hilft ja nichts, es publik zu machen. Das wäre nur unerfreulich für uns alle. Das sollte wirklich in der Familie bleiben.«

Die Gesichter, die ihr zugewandt waren, blickten noch verständnisloser.

Mr Entwhistle beugte sich vor. »Cora, leider verstehe ich nicht, was Sie damit sagen wollen.«

Cora Lansquenet sah sich mit weitaufgerissenen Augen im Kreis um. Dann legte sie wie ein Vögelchen den Kopf zur Seite.

»Aber er ist doch ermordet worden, oder nicht?«, fragte sie.

Drittes Kapitel

I

Auf der Fahrt nach London, die er auf dem Fensterplatz eines Abteils erster Klasse verbrachte, dachte Mr Entwhistle über Cora Lansquenets horrende Bemerkung nach. Ihm war etwas unwohl dabei. Natürlich, Cora war eine eher unausgeglichene und außerordentlich dumme Person und schon als Mädchen für ihre peinliche Art bekannt gewesen, mit unliebsamen Wahrheiten herauszuplatzen. Aber nein, nicht mit Wahrheiten, das war das völlig falsche Wort; mit unbedachten Bemerkungen – das war der richtige Ausdruck.

In Gedanken ging er noch einmal die Minuten direkt nach diesem unglückseligen Satz durch. Erst durch die vielen Augenpaare, die sich entsetzt und missbilligend auf sie richteten, war Cora die ganze Tragweite ihrer Frage aufgegangen.

»Aber wirklich, Cora!«, hatte Maude gerufen. »Liebe Tante Cora«, hatte George gesagt, und jemand anders hatte gefragt: »Was meinst du bloß damit?«

Der Ungeheuerlichkeit überführt, war Cora Lansquenet sofort beschämt in einen wirren Redeschwall ausgebrochen.

»Ach, es tut mir leid … ich wollte doch nicht … das war wirklich dumm von mir, aber ich dachte, nach dem, was er mir sagte … Ach, natürlich weiß ich, dass alles in Ordnung ist, aber sein Tod kam so plötzlich … bitte vergesst einfach, dass ich überhaupt etwas gesagt habe … ich wollte nicht so dumm … Ich weiß schon, ich sage immer das Verkehrte.«

Dann hatte sich die Aufregung wieder gelegt und eine praktische Diskussion über die Veräußerung der persönlichen Gegenstände des Verstorbenen hatte begonnen. Das Haus und sein Inhalt, so hatte Mr Entwhistle ergänzt, würden verkauft werden.

Coras unglückseliger Fauxpas war vergessen. Schließlich war sie immer schon – nun, vielleicht nicht beschränkt, aber doch unverzeihlich naiv gewesen. Sie hatte nie begriffen, was man sagen oder nicht sagen durfte. Mit neunzehn hatte das noch keine so große Rolle gespielt. Bis zu dem Alter kann man einem Enfant terrible seine Eigenheiten nachsehen, aber ein Enfant terrible von fast fünfzig war entschieden zu viel des Guten. Mit unliebsamen Wahrheiten herauszuplatzen …

Mr Entwhistles Gedankengang kam zu einem abrupten Stillstand. Zum zweiten Mal war ihm das leidige Wort in den Sinn gekommen. Wahrheiten. Und warum war es so leidig? Weil genau das – die Wahrheit – der Grund war, warum Coras freimütige Bemerkungen schon immer Empörung ausgelöst hatten. Weil ihre naiven Äusserungen entweder der Wahrheit entsprochen oder zumindest ein Körnchen Wahrheit enthalten hatten – eben deswegen waren alle stets peinlich berührt gewesen.

Obwohl Mr Entwhistle in der fülligen neunundvierzigjährigen Frau kaum etwas gesehen hatte, das ihn an das linkische Mädchen früherer Zeiten erinnerte, waren ihr einige ihrer Manierismen erhalten geblieben – die kleine vogelartige Kopfbewegung, wenn sie eine besonders unerhörte Bemerkung machte, der Ausdruck beinahe gespannter Erwartung. Genau auf diese Art hatte Cora einmal als Mädchen über die Figur eines Küchenmädchens gesprochen. »Mollie kommt ja fast nicht mehr an den Küchentisch ran, weil ihr Bauch so vorsteht. Das ist aber erst in den letzten ein, zwei Monaten so. Warum wird sie bloß so dick? Das würde ich gerne wissen.«

Cora war rasch zum Verstummen gebracht worden. Im Haushalt der Abernethies pflegte man viktorianische Umgangsformen. Am nächsten Tag war das Küchenmädchen aus dem Haus verschwunden, und nach dem diskreten Einholen von Erkundigungen war dem zweiten Gärtner befohlen worden, es zu einer ehrbaren Frau zu machen – was er, bewegt durch das Geschenk eines Cottage, auch getan hatte.

Erinnerungen aus alter Zeit – doch sie waren nicht ganz müßig …

Mr Entwhistle dachte eingehender über sein Unbehagen nach. Was war an Coras lächerlichen Bemerkungen, das sein Unterbewusstsein einfach nicht losließ? Nach einer Weile führte er das vor allem auf zwei Sätze zurück: »Ich dachte, nach dem, was er mir sagte …« und »Sein Tod kam so plötzlich …«

Die zweite Bemerkung untersuchte Mr Entwhistle als Erstes. Doch, Richards Tod konnte in gewisser Hinsicht durchaus als plötzlich bezeichnet werden. Mr Entwhistle hatte über Richards Gesundheitszustand sowohl mit ihm selbst als auch mit seinem Arzt gesprochen. Dieser hatte unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sein Patient kein hohes Alter erreichen würde. Wenn Mr Abernethie sich schone, könne er noch zwei oder auch drei Jahre leben. Vielleicht sogar länger – aber das sei unwahrscheinlich. Auf jeden Fall hatte der Arzt keinen baldigen Tod vorhergesehen.

Nun, der Arzt hatte sich getäuscht – aber es war Ärzten, wie sie als Erste zugaben, ja auch nicht möglich, genaue Aussagen über den individuellen Verlauf einer Krankheit zu machen. Es gab Patienten, bei denen man jede Hoffnung aufgegeben hatte und die auf wundersame Weise genasen. Und es gab Kranke, die praktisch schon über den Berg waren und dann plötzlich doch starben. Viel hing von der Lebenskraft eines Patienten ab, von seinem Lebenswillen.

Und Richard Abernethie war zwar ein kräftiger, zupackender Mann gewesen, aber ihn hatte nur noch wenig am Leben gehalten.

Denn sechs Monate zuvor war sein einziger noch lebender Sohn Mortimer an Kinderlähmung erkrankt und binnen einer Woche gestorben. Sein Tod war ein Schock gewesen, nicht zuletzt auch deswegen, weil er ein kerngesunder, lebensfroher junger Mann gewesen war, ein begeisterter Sportler, ein guter Athlet und einer der Menschen, von denen man sagt, sie seien keinen Tag ihres Lebens krank gewesen. In wenigen Wochen hatte er sich mit einem reizenden Mädchen verloben wollen. Die Hoffnungen seines Vaters hatten ganz auf diesem geliebten und überaus gutgeratenen Sohn geruht.

Stattdessen hatte das Schicksal zugeschlagen. Und danach hielt die Zukunft für Richard Abernethie nur wenig bereit, das ihn interessiert hätte. Ein Sohn war im Kindesalter gestorben, der zweite ohne Nachkommen. Er hatte keine Enkel. Nach ihm gab es niemanden, der den Namen Abernethie tragen würde. Er besaß ein immenses Vermögen mit weitverzweigten Geschäftsinteressen, die er zum Teil noch selbst in der Hand hatte. Auf wen sollten dieses Vermögen und die Kontrolle dieser Geschäfte übergehen?

Diese Fragen hatten Richard sehr belastet, das wusste Entwhistle. Sein einziger noch lebender Bruder war praktisch Invalide. Es blieb nur die jüngere Generation. Richard war immer davon ausgegangen – das vermutete der Notar, obwohl sein Freund es ihm nie direkt bestätigt hatte –, dass er einen einzigen Erben einsetzen würde, auch wenn er sicher diese oder jene Person mit einem kleinen Vermächtnis bedacht hätte. Entwhistle wusste, dass Richard Abernethie in den letzten sechs Monaten vor seinem Tod nacheinander seinen Neffen George, seine Nichte Susan mit Mann, seine Nichte Rosamund mit Mann sowie seine Schwägerin Mrs Leo Abernethie zu Besuch eingeladen hatte. Unter den drei Erstgenannten, so spekulierte Entwhistle, hatte Abernethie nach einem Erben Ausschau gehalten. Helen Abernethie war wohl aus persönlicher Zuneigung eingeladen worden und möglicherweise auch als Ratgeberin, denn Richard hatte immer große Stücke auf ihren gesunden Menschenverstand und ihr praktisches Urteilsvermögen gehalten. Mr Entwhistle wusste auch, dass Richard irgendwann im Verlauf dieser sechs Monate seinem Bruder Timothy einen kurzen Besuch abgestattet hatte.

Als Ergebnis all dessen war das Testament entstanden, das der Notar jetzt in seiner Aktentasche bei sich trug. Eine ausgewogene Aufteilung des Vermögens. Das ließ nur den Schluss zu, dass Richard Abernethie von seinem Neffen ebenso enttäuscht gewesen war wie von seinen Nichten, oder vielleicht auch von deren Ehemännern.

Nach Mr Entwhistles Wissen hatte er seine Schwester Cora Lansquenet nicht zu sich eingeladen – und damit kam der Notar zu dem ersten denkwürdigen Satz, den Cora so beiläufig hatte fallen lassen: »›Aber ich dachte, nach dem, was er mir sagte …‹«

Was hatte Richard Abernethie denn gesagt? Und wann? Wenn Cora nicht in Enderby gewesen war, dann musste Richard sie in ihrem Künstlerdorf in Berkshire besucht haben, wo sie in einem Cottage lebte. Oder war es etwas, das er in einem Brief geschrieben hatte?

Mr Entwhistle runzelte die Stirn. Natürlich, Cora war eine überaus dumme Person. Es war gut denkbar, dass sie einen Satz falsch verstanden und seinen Sinn verdreht hatte. Aber trotzdem fragte er sich, was dieser Satz gewesen sein könnte …

Sein Unbehagen war so groß, dass er beschloss, Mrs Lansquenet darauf anzusprechen. Aber nicht sofort. Es war besser, wenn sie nicht merkte, wie sehr ihm die Frage unter den Nägeln brannte. Aber er würde doch gerne wissen, was Richard Abernethie ihr gesagt hatte, sodass sie mit der unerhörten Frage »Aber er ist doch ermordet worden, oder nicht?« herausgeplatzt war.

II

In einem Abteil dritter Klasse desselben Zugs sagte zu der Zeit Gregory Banks gerade zu seiner Frau: »Deine Tante hat ja wohl nicht alle Tassen im Schrank!«

»Tante Cora?« Susan antwortete gleichmütig. »Na ja, soweit ich weiß, galt sie immer als ein bisschen einfältig.«

»Irgendjemand sollte sie wirklich zur Vernunft bringen, damit sie solche Sachen nicht einfach so herausposaunt«, meinte George Crossfield, der den beiden gegenübersaß, scharf. »Das könnte die Leute noch auf komische Gedanken bringen.«

Rosamund Shane zog gerade angelegentlich den Schwung ihrer Lippen nach. »Was eine solche Schlampe sagt, darauf gibt doch sowieso niemand was«, murmelte sie. »Mit den Klamotten und den kilometerlangen Jett-Ketten …«

»Man sollte ihr den Mund stopfen«, sagte George.

»Also gut, Süßer«, lachte Rosamund, steckte ihren Lippenstift weg und betrachtete selbstgefällig ihr Spiegelbild. »Stopf du ihr doch den Mund.«

»Ich finde, George hat recht«, warf unerwartet ihr Mann ein. »Es ist so leicht, die Gerüchteküche in Gang zu setzen.«

»Wäre das so schlimm?« Rosamund dachte über ihre Frage nach. Die geschwungenen Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. »Das könnte doch lustig sein.«

»Lustig?«, fragten vier Stimmen unisono.

»Ein Mord in der Familie«, sagte Rosamund. »Spannend!«

Gregory Banks kam der Gedanke, dass Susans Cousine, von ihrem anziehenden Äußeren einmal abgesehen, eine gewisse Ähnlichkeit mit ihrer Tante Cora besaß. Ihre nächsten Worte bestärkten diesen Eindruck noch.

»Wenn er wirklich ermordet wurde – wer könnte es gewesen sein?«, fragte Rosamund.

Ihr Blick wanderte nachdenklich durchs Abteil.

»Sein Tod kommt uns doch allen sehr gelegen«, fuhr sie langsam fort. »Michael und ich sind absolut pleite. Mick hat eine wirklich phantastische Rolle am Sandbourne Theatre angeboten bekommen, müsste aber noch eine Weile darauf warten. Jetzt, wo wir im Geld schwimmen, können wir’s uns leisten. Wir könnten sogar selbst ein Stück produzieren, wenn wir Lust dazu haben. Ich denke da auch schon an eins, das eine wunderbare Rolle hat …«

Niemand achtete auf Rosamunds begeisterte Ausführungen. Alle waren ganz mit ihrer eigenen unmittelbaren Zukunft beschäftigt.

»Gerade noch davongekommen«, dachte George. »Jetzt kann ich das Geld zurückgeben, ohne dass jemand davon erfährt … Aber es stand Spitz auf Knopf.«

Gregory schloss die Augen und legte den Kopf an die Rückenlehne. Der Sklaverei entkommen.

Susan brach das Schweigen mit ihrer klaren, eher spröden Stimme. »Natürlich tut es mir leid um den armen Onkel Richard, aber schließlich war er doch schon sehr alt, und Mortimer ist tot, und er hatte nichts mehr, wofür sich noch zu leben lohnte. Und es wäre schrecklich für ihn gewesen, noch jahrelang todkrank weiterzuleben. Für ihn war’s viel besser, so plötzlich abzudanken, ohne viel Aufhebens.«

Ihre harten, zuversichtlichen jungen Augen wurden weicher, als sie die versunkene Miene ihres Mannes betrachtete. Sie liebte Greg über alles. Unbewusst ahnte sie, dass sie Greg weniger bedeutete als er ihr – aber das steigerte ihre Leidenschaft nur noch. Greg gehörte ihr, für ihn würde sie alles tun. Wirklich alles …

III

Während Maude Abernethie sich zum Abendessen in Enderby umkleidete (sie würde dort übernachten), fragte sie sich, ob sie Helen hätte anbieten sollen, länger zu bleiben, um ihr mit dem Ausräumen des Hauses zu helfen. Da waren Richards persönliche Gegenstände … vielleicht auch Briefe … Die wichtigen Unterlagen hatte Mr Entwhistle wahrscheinlich schon an sich genommen. Außerdem musste sie wirklich so bald wie möglich zu Timothy zurück. Es brachte ihn immer völlig aus der Fassung, wenn sie nicht da war, um ihn zu pflegen. Sie hoffte, dass er sich über das Testament freuen und nicht ärgerlich werden würde. Allerdings wusste sie, dass er erwartet hatte, den Großteil von Richards Vermögen zu erben. Schließlich war er der einzige noch lebende Abernethie. Richard hätte sich wirklich darauf verlassen können, dass er sich um die jüngere Generation kümmern würde. Doch, sie fürchtete, dass Timothy wütend sein würde … Und das war gar nicht gut für seine Verdauung. Und wenn er sich ärgerte, konnte Timothy auch sehr uneinsichtig sein. Gelegentlich verlor er alles Augenmaß … Ob sie mit Dr. Barton darüber sprechen sollte? Die Schlaftabletten – in letzter Zeit hatte Timothy viel zu viel davon genommen … und er wurde wütend, wenn sie das Fläschchen aufbewahren wollte. Aber die Tabletten waren so gefährlich … das hatte Dr. Barton auch gesagt … man wurde benommen und vergaß, dass man sie schon genommen hatte … und nahm noch mal welche. Und dann konnte alles Mögliche passieren! In dem Fläschchen waren auf jeden Fall viel weniger Tabletten, als noch da sein sollten … Timothy war mit Medikamenten wirklich sehr unvorsichtig. Aber er wollte nicht auf sie hören … Manchmal war er doch sehr schwierig.

Sie seufzte, aber dann hellte sich ihr Gesicht auf. Jetzt würde alles viel einfacher werden. Der Garten, zum Beispiel …

IV

Helen Abernethie saß im grünen Salon am Kamin und wartete, dass Maude zum Abendessen erschien.

Sie sah sich um und dachte an die alten Zeiten, die sie mit Leo und den anderen hier verbracht hatte. Es war ein glückliches Haus gewesen. Aber ein solches Haus brauchte Menschen. Es brauchte Kinder und Bedienstete und große Gesellschaften und im Winter ein loderndes Kaminfeuer in jedem Zimmer. Als nur noch ein alter Mann hier lebte, der gerade seinen Sohn verloren hatte, war es ein trauriges Haus gewesen.

Wer es wohl kaufen würde, fragte sie sich. Würde es in ein Hotel umgebaut werden, ein Institut oder vielleicht eine Herberge für junge Leute? Das war es doch, was heutzutage mit großen Herrenhäusern passierte. Niemand kaufte sie, um darin zu leben. Vielleicht würde es ganz abgerissen werden, um Platz für eine Neubausiedlung zu machen. Dieser Gedanke machte sie traurig, aber sie schob das Gefühl resolut beiseite. Es war nicht gut, der Vergangenheit nachzutrauern. Das Haus, die glücklichen Tage hier, Richard und Leo, das war alles sehr schön gewesen, aber es war vorbei. Sie hatte eigene Interessen … Und mit dem Einkommen, das Richard ihr testamentarisch vermacht hatte, würde sie die Villa auf Zypern behalten und all die Dinge tun können, die sie sich vorgenommen hatte.

In letzter Zeit hatte sie sich viele Sorgen um Geld gemacht – die Steuern – die ganzen Investitionen, die fehlgeschlagen waren … Aber jetzt, dank Richards Geld, waren die Zeiten vorbei …

Der arme Richard. Es war wirklich eine große Gnade gewesen, einfach im Schlaf zu sterben … Unvermittelt am22. – wahrscheinlich hatte das Cora auf die Idee gebracht. Cora war wirklich ungeheuerlich! War es immer schon gewesen. Helen hatte sie einmal im Ausland besucht, bald nach ihrer Heirat mit Pierre Lansquenet. An dem Tag war sie besonders dumm und albern gewesen, hatte den Kopf ständig zur Seite gelegt, dogmatische Äußerungen über Malerei abgegeben, insbesondere über die Gemälde ihres Mannes, was ihm zweifellos über die Maßen peinlich gewesen war. Das konnte doch keinem Mann gefallen, wenn seine Frau sich derart lächerlich machte! Und Cora hatte sich immer lächerlich gemacht. Aber das arme Ding, sie konnte ja nichts dafür, und ihr Mann war nicht besonders nett zu ihr gewesen.

Versonnen fiel Helens Blick auf den Strauß Wachsblumen, der auf dem runden Malachittisch stand. Dort hatte Cora vor dem Aufbruch in die Kirche gesessen. Sie hatte in Erinnerungen geschwelgt und im Entzücken, dieses und jenes wiederzuerkennen, und sich offensichtlich so darüber gefreut, wieder in ihrem alten Zuhause zu sein, dass sie völlig den Anlass für dieses Familientreffen aus den Augen verloren hatte.

»Aber vielleicht war sie nur nicht so scheinheilig wie wir …«, dachte Helen.

Cora hatte sich noch nie um Konventionen gekümmert. Das sah man schon an der Art, wie sie mit der Frage herausgeplatzt war: »Aber er ist doch ermordet worden, oder nicht?«

Alle Köpfe hatten sich schockiert zu ihr gedreht. Die Gesichter müssen die unterschiedlichsten Ausdrücke widergespiegelt haben …

Als Helen die Szene vor sich heraufbeschwor, runzelte sie die Stirn … In dem Bild stimmte etwas nicht …

Etwas …?

Jemand …?

War es der Gesichtsausdruck von jemandem? War es das? Etwas, das – wie sollte sie es beschreiben? – nicht dort hingehörte …?

Sie wusste es nicht … sie konnte es nicht näher benennen … aber irgendwie hatte irgendetwas nicht ganz gestimmt.

V

Im Bahnhofslokal in Swindon aß unterdessen eine Dame in wallender Trauerkleidung und mit Jett behängt glasierte Rosinenbrötchen, trank dazu Tee und freute sich auf die Zukunft. Sie hatte keine böse Vorahnung. Sie war glücklich.

Diese Zugfahrten quer durchs Land waren doch sehr anstrengend. Es wäre leichter gewesen, über London nach Lytchett St. Mary zurückzufahren – und auch nicht so sehr viel teurer. Geld spielte jetzt ja keine Rolle mehr. Aber dann hätte sie mit der Familie reisen und sich wahrscheinlich die ganze Zeit unterhalten müssen. Viel zu anstrengend.

Nein, es war schon besser, mit der Regionalbahn zu fahren. Diese süßen Brötchen schmeckten wirklich köstlich. Seltsam, wie hungrig Beerdigungen einen machten. Die Suppe in Enderby war vorzüglich gewesen, und das kalte Soufflé auch.

Wie selbstgerecht Leute doch waren – und wie scheinheilig! All die Gesichter, als sie das mit dem Mord gesagt hatte! Wie alle sie angestarrt hatten!

Aber es war richtig, dass sie es gesagt hatte. Doch. Sie nickte, zufrieden mit sich selbst. Doch, es war das Richtige gewesen.

Sie schaute zur Uhr. In fünf Minuten ging ihr Zug. Sie leerte ihre Tasse. Der Tee war nicht sehr gut. Sie verzog das Gesicht.

Einen Augenblick saß sie träumend da, malte sich die Zukunft aus, die sich vor ihr auftat … Sie lächelte glücklich wie ein Kind.

Endlich würde ihr das Leben richtig Spaß machen … Als sie zu ihrem Bummelzug ging, schmiedete sie emsig Pläne …

Viertes Kapitel

I

Mr Entwhistle verbrachte eine sehr unruhige Nacht. Am nächsten Morgen fühlte er sich so müde und schlapp, dass er nicht aufstand.

Seine Schwester, die ihm den Haushalt führte, trug ihm das Frühstück auf einem Tablett nach oben und erklärte ihm streng, dass es absoluter Unfug gewesen sei, in seinem Alter und mit seiner anfälligen Gesundheit die Reise nach Nordengland auf sich zu nehmen.

Mr Entwhistle begnügte sich mit der Antwort, Richard Abernethie sei ein sehr alter Freund von ihm gewesen.

»Beerdigungen!«, brummelte seine Schwester entrüstet. »Für einen Mann deines Alters sind Beerdigungen tödlich! Wenn du nicht besser auf dich aufpasst, liegst du auf einmal genauso plötzlich unter der Erde wie dein heiliger Mr Abernethie!«

Bei dem Wort »plötzlich« fuhr Mr Entwhistle innerlich zusammen. Und es ließ ihn verstummen. Er widersprach seiner Schwester nicht.

Er wusste genau, warum er bei dem Wort »plötzlich« zusammengezuckt war.

Cora Lansquenet! Was sie gesagt hatte, war völlig außerhalb des Bereichs des Möglichen, aber trotzdem würde er gerne wissen, warum sie es gesagt hatte. Doch, er würde sie in Lytchett St. Mary besuchen. Er könnte sagen, sein Besuch habe etwas mit der Testamentsvollstreckung zu tun, er benötige ihre Unterschrift. Sie brauchte gar nicht zu merken, dass er etwas auf ihre dumme Bemerkung gab. Aber er würde sie besuchen – und zwar bald.

Er beendete sein Frühstück, dann ließ er sich wieder ins Kissen sinken und las die Times. Er fand die Times überaus beruhigend.

Um etwa Viertel vor sechs Uhr abends läutete das Telefon.

Er nahm den Hörer ab. Die Stimme am anderen Ende gehörte Mr James Parrott, dem neuen Junior-Partner von Bollard, Entwhistle, Entwhistle and Bollard.

»Hören Sie, Entwhistle«, sagte Mr Parrott, »mich hat gerade die Polizei aus einem Dorf namens Lytchett St. Mary angerufen.«

»Aus Lytchett St. Mary?«

»Ja. Offenbar …« Mr Parrott unterbrach sich. Er schien beklommen. »Es hat etwas mit einer gewissen Mrs Cora Lansquenet zu tun. War sie nicht eine der Erben von Abernethies Vermögen?«

»Ja, sicher. Ich habe sie gestern bei der Beerdigung gesehen.«

»Ach, sie war bei der Beerdigung?«

»Ja. Was ist mit ihr?«

»Also …« Mr Parrott klang, als wolle er sich jeden Moment entschuldigen. »Sie ist … es ist wirklich höchst seltsam … sie ist … ermordet worden.«