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Sicherheit und Zufriedenheit im 100-Jahre-Leben - Mehr als ein Finanzratgeber – Thomas Mathar beschreibt die Herausforderungen im 100-Jahre-Leben - Die neue Faustformel, seine persönliche (Finanz-)Planung anzugehen, verständlich und umsetzbar erklärt - Wir werden immer älter: Die durchschnittliche Lebenserwartung steigt kontinuierlich weiter an Früher folgte das Leben oft einem klaren Plan: Zuerst lernten wir, dann arbeiteten wir, und schließlich gingen wir in Rente. Heute sieht das anders aus. Unser Leben verläuft in vielen Stufen. Wir starten mit einer Ausbildung und haben dann oft nicht nur einen, sondern mehrere Berufe nacheinander. Zwischendurch lernen wir immer wieder neu dazu, machen Pausen (oder werden zu Pausen gezwungen), kümmern uns um unsere Familien oder erholen uns von schwierigen Zeiten. Der Ruhestand kommt oft später und nicht mehr plötzlich. Dieses vielschichtige Leben stellt uns vor finanzielle, vor allem aber mentale Herausforderungen. Dieser Ratgeber zeigt auf, wie wir bessere Entscheidungen für ein erfülltes und langes Leben treffen. Dabei geht es nicht nur darum, finanziell für heute und morgen gesichert zu sein, sondern auch ein Leben mit Sinn und Freude zu führen. Im Kern steht ein Ansatz, der geschickte Finanzplanung mit richtigem Money-Mindset und emotionaler Intelligenz vereint. Doch der Schlüssel zu einem erfolgreichen 100-Jahre-Leben ist die Selbstkenntnis. Sie ist ein unverzichtbarer Vermögenswert, ohne die ein ausgewogenes und zufriedenstellendes 100-Jahre-Leben, das finanzielle Sicherheit, Lebenssinn und -freude vereint, nur schwer zu erreichen ist. Mit einem Vorwort von New-York-Times-Bestseller-Autor Daniel Crosby und Illustrationen von Louisa Rachbauer
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Seitenzahl: 250
Wieder für Robbie und Tilda – wie könnte es anders sein?
Thomas Mathar
Ein Leitfaden für Finanz- und Lebensplanung
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-209-8
ISBN ePUB: 978-3-96740-424-1
Lektorat: Anja Hilgarth, Herzogenaurach
Umschlaggestaltung: Tina Mayer-Lockhoff, Berlin
Umschlagabbildung: AdobeStock #633114972 / OneLineStock
Illustrationen: Luisa Rachbauer
Autorenfoto: © privat
Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de
© 2024 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book basiert auf dem 2024 erschienenen Buchtitel "Der Weg zu Glück und Wohlstand im 100-Jahre-Leben – Ein Leitfaden für Finanz- und Lebensplanung" von Thomas Mathar.
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Der Verlag behält sich das Text- und Data-Mining nach § 44b UrhG vor, was hiermit Dritten ohne Zustimmung des Verlages untersagt ist.
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Vorwort von Dr. Daniel Crosby
Wie hätten Sie entschieden?
Die Herausforderungen und Chancen des 100-Jahre-Lebens
Bevor es losgeht: Finanzielle Unabhängigkeit vs. Financial Wellbeing
Teil 1: Das money-mindset: die richtige haltung zu geld
Die Buddenbrooks: aus ihren Fehlern lernen
Finanziell frei, aber menschlich gescheitert
Thomas Buddenbrook
Christian Buddenbrook
Tony Buddenbrook
Hanno Buddenbrook
► Wegweiser
Financial Wellbeing: für ein langfristig glückliches Leben
Ohne Geld geht es nicht
Warum ein stabiles Einkommen wichtig ist
Warum Finanzplanung wichtig ist
Warum Liquidität wichtig ist
Genial einfach: die 50-30-20-Faustregel
► Wegweiser
Die Balance im Kopf: das Money-Mindset
Von Einstellungen, Glaubenssätzen und emotionalen Reaktionen
Vom inneren Affen und von Verzerrungen
Vom Knappheitsdenken und von »Slack«
► Wegweiser
Teil 2: Evolution und emotionen: der richtige umgang mit geld
Steinzeitdenken: Warum uns der Umgang mit Geld so schwerfällt
Emotion und Vernunft damals wie heute
Die Erfindung des Geldes – ein Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte
Vom Tauschhandel …
… zum materiellen Gegenwert
Geldemotionen und die Kunst, sie zu meistern
► Wegweiser
Gewohnheitsdenken: Warum uns die eigene Altersvorsorge so schwerfällt
Das Konstrukt des Rentensystems und seine Probleme
Der Ruhestand und seine Herausforderungen
Vom Drei-Phasen-ins Multi-Phasen-Leben
Altern in unserer Gesellschaft
Frauen und das Altern, Gender und Gender-Wealth-Gap
Jugend vs. Alter
Altern in anderen Kulturen
Das neue Altern im 100-Jahre-Lebenszyklus
► Wegweiser
Teil 3: Selbstwissen: Der schlüssel zu glück und wohlstand im 100-jahre-leben
Das Glück im Alltäglichen: Erkennen, was wirklich zählt
Das 100-Jahre-Lebensglück
Ausgewogenheit im 100-Jahre-Lebensglück
Glücksfallen umgehen
Glück beim Geldausgeben und -verdienen
Reflektiert bleiben in einer Welt voller Ablenkungen
»Brauche ich das wirklich?«
»Muss ich das wirklich wissen?«
»Muss das Handy wirklich immer mit?«
► Wegweiser
Vorausschauend leben: Definieren, was wirklich zählt
Die Verbindung zum zukünftigen Selbst
Zukunftshürden in Szenarien überwinden
Eine klare Vision von der Zukunft entwickeln
Der Ansatz der »vorausschauenden Rückschau«
► Wegweiser
Zum Schluss ein Plan
Dank
Anmerkungen
Über den Autor
Mein Job bei Orion Advisor Solutions ist es, Finanzberater dabei zu unterstützen, ihre Kunden nicht nur zu finanzieller Unabhängigkeit, sondern zu Financial Wellbeing zu führen. Daher habe ich mich sehr auf dieses Buch von Dr. Tom Mathar gefreut, seit er mich bei einem kürzlichen Besuch meines Sohnes und mir in Edinburgh auf die Idee ansprach. Die Verbindung von Geld und Sinn hat mich in letzter Zeit beschäftigt und Tom führt die Leser durch eine Reihe wichtiger Financial-Wellbeing-Konzepte, die sowohl Laien als auch erfahrene Praktiker verstehen und umsetzen können.
Ein Aspekt in »Der Weg zu Glück und Wohlstand im 100-Jahre-Leben«, der bei mir einen Nerv getroffen hat, ist die Tatsache, dass das frühere Arbeitsleben-Konstrukt auf den Kopf gestellt wurde. Denken Sie daran, dass, wie Tom kürzlich in meinem Podcast besprach, das Konzept des Geldmanagements seit Zehntausenden von Jahren existiert. Geld selbst wurde vor etwa 4000 Jahren erfunden. Aber erst in den letzten 150 Jahren haben wir die Vorstellung vom Ruhestand in der heutigen Form geschaffen. In Anbetracht dessen und der Tatsache, dass meiner Tochter, die dieses Jahr acht wird, eine 40-prozentige Chance prognostiziert wird, 100 Jahre alt zu werden, sehe ich Finanzen in einem anderen Licht. Zum Glück arbeiten wir schon lange nicht mehr, bis wir tot umfallen. Doch dies erfordert einen besseren Rahmen, um das Wohlbefinden während unseres (hoffentlich) langen Lebens zu maximieren – sowohl finanziell als auch innerlich. Dr. Mathar hat genau einen solchen Rahmen in dem Buch geschaffen, das Sie in Ihren Händen halten.
Mathar skizziert ein neues Multi-Stufen-Leben mithilfe der 50-30-20-Regel – ein einfaches, aber kraftvolles Prinzip, das die Bedeutung von Balance in der Finanzplanung betont. Die Regel konzentriert sich darauf, Geld für Bedürfnisse, Wünsche und Ersparnisse zuzuweisen. Auch wenn Tom und ich von unseren Eltern finanzielle Bildung erhalten haben, hilft mir die 50-30-20-Regel, Geld noch besser als Werkzeug für sowohl Sicherheit als auch Genuss zu betrachten.
Der Rahmen postuliert auch, dass Ruhestand nicht mehr ein klares Endziel ist, sondern eine von vielen Lebensübergängen, und wir wissen, dass Menschen nicht gerade eine Spezies sind, die Veränderungen lieben. Wenn ich auf mein Berufsleben zurückblicke, hatte ich bereits zwei sehr unterschiedliche Karrieren. Ich begann mein Berufsleben als klinischer Psychologe und arbeite nun seit über einem Jahrzehnt im Finanzwesen. Jetzt, in meinen Mittvierzigern, scheint es wahrscheinlich, dass ich noch ein paar weitere Karrieren vor mir habe. Selbst wenn Sie dies lesen und in Ihren Sechzigern oder darüber hinaus sind, beschreibt und lehrt Tom, wie jeder Lebensübergang das Potenzial hat, Sie zum Besseren zu verändern. Beim Lesen hielt ich oft inne, um darüber nachzudenken, dass Älterwerden als ein kontinuierliches Abenteuer und nicht als eine geistlose Plackerei zu sehen ist, um das nächste finanzielle Ziel zu erreichen.
Wie Sie gleich lesen werden, sollten wir alle eine zukunftsorientierte Denkweise entwickeln. Ich betrachte dies als eine Art Pre-Mortem – alle Dinge zu bewerten, die einen Plan scheitern lassen könnten, während man gleichzeitig an die schönen Dinge auf dem Weg denkt. Dr. Mathars zukunftsweisender Ansatz wird Sie dazu herausfordern, die konventionelle Weisheit der persönlichen Finanzen über Bord zu werfen und Ihre Einstellung zu Wohlstand und zu dem, was es bedeutet, wirklich erfolgreich zu sein und ein bedeutungsvolles Leben zu führen, zu überdenken.
Wenn Sie gerade am Beginn Ihrer Karriere stehen und erst beginnen, Rücklagen aufzubauen oder für ein anderes Ziel zu sparen, finden Sie hilfreiche budgetorientierte Tipps. Doch dieses Buch geht einen Schritt weiter. Da die finanziellen Lebensphasen immer verschwommener werden, bietet Tom eine Roadmap mit Handlungsschritten entlang des Weges. Er wird Sie sogar ein wenig quizzen. Ich glaube, dass auch die jüngere Generation von seinen Lehren und Geschichten profitiert, die zeigen, dass Glück und Wohlstand nicht irgendwelche weit entfernten potenziellen Errungenschaften sind, sondern im Hier und Jetzt verfügbar. Selbst wenn Sie älter sind und das Gefühl haben, bei den Rentenersparnissen hinterherzuhinken, positioniert Tom, dass das Erreichen der finanziellen Unabhängigkeit nicht der primäre Motivator sein sollte. Er glaubt, dass Financial Wellbeing für alle erreichbar ist, und ich denke, dass Sie diese Ansicht schätzen werden.
Der Wissenschaftler in mir war fasziniert davon, wie Dr. Mathar das Buch in drei Teile gliedert. Teil eins, inspiriert von Thomas Manns Buddenbrooks, weist auf die Gefahren des gängigen Reichtumstrebens hin. Teil zwei verbindet Geld in alten Zeiten mit den Komplexitäten moderner Finanzen. Teil drei führt die Leser dazu, die Freude im Alltag zu entdecken, in einer Welt voller Ablenkungen, die uns von der Zufriedenheit wegziehen.
Im Herzen von »Der Weg zu Glück und Wohlstand im 100-Jahre-Leben« steht Folgendes: Ihr Ziel sollte nicht darin bestehen, den Ruhestand zu erreichen, sondern alle Entscheidungen, Herausforderungen und Chancen, die Ihnen heute und in Zukunft begegnen, zu schätzen. Während Sie sich auf das Lesen einlassen, ermutige ich Sie, jedes Kapitel mit einem offenen Geist anzugehen und bereit zu sein, bestehende Überzeugungen und Annahmen über den Zweck von Geld infrage zu stellen. Toms Sorgfalt und Nachdenklichkeit haben meine eigene finanzielle Reise verbessert, und ich bin zuversichtlich, dass Sie bald dasselbe sagen können.
Dr. Daniel Crosby
Atlanta, GA, USA
30. April 2024
Auf der Suche nach einem Augenarzt wären Sie sicherlich bei jemandem wie Dr. Ingmar Zöller gelandet. Seine Praxis in der Innenstadt Berlins war bei Patienten sehr beliebt. Im Internet gab es viele tolle Rezensionen.
Aber bei Dr. Zöller würden Sie heute keinen Termin mehr bekommen. Er hatte zwar viele Patienten. Und er war gut. Aber er war unzufrieden in seinem Job. Die Bürokratie und der Praxisalltag … Es machte ihm keine Freude mehr. Im Gegenteil: Es bereitete Stress. Und so hängte er, mit Mitte 50, seinen Arztkittel an den Nagel, gab seine florierende Praxis auf und folgte seinem Kindheitstraum.1
Dr. Ingmar Zöller wurde S-Bahn-Fahrer in Berlin.
Ein Berufswechsel, ein Sprung ins neue Leben. Heute, so gibt er in einem Zeitungsinterview Preis, findet er seine größte Freude in den frühen Morgenstunden am Ostkreuz in Berlin. Dort öffnet er die Türen seiner S-Bahn. Sieht, wie die Menschen zur Arbeit strömen. Er fühlt sich als Teil eines größeren Ganzen. Dieser Moment, wenn er von seiner Fahrerkabine aus zusieht, gibt ihm ein Gefühl der Erfüllung.
Diese Entscheidung hat sich Ingmar Zöller sicher nicht leicht gemacht. Bestimmt hat er hin und her überlegt: Gehe ich auf Nummer sicher und bleibe Augenarzt? Oder mache ich, was ich mir schon als Kind erträumte: etwas mit Zügen? Ich bin Mitte 50. Ich könnte bis zur Rente weitermachen, ein gutes Gehalt verdienen und im Ruhestand »etwas mit Zügen« machen. Aber was verpasse ich jetzt?
Wie hätten Sie an Ingmars Stelle entschieden? Hätten Sie es genauso gemacht?
Dieses Buch handelt davon, dass wir alle heutzutage komplexe Entscheidungen treffen müssen.
Denn wir alle streben, auf der einen Seite, nach einem schönen und sinnvollen Leben. Wir suchen nach Momenten, Erfahrungen, Aktivitäten und Dingen, die uns Befriedigung und Entspannung verschaffen. Aber auch nach Momenten, Erfahrungen, Aktivitäten und Dingen, die uns das Gefühl geben, nützlich, kompetent und wertvoll zu sein. Herauszufinden, was genau diesen Mix ausmacht, ist schwer genug.
Gleichzeitig sehnen wir uns, auf der anderen Seite, nach Stabilität und Sicherheit. Nach einem Dach über dem Kopf und der Gewissheit, dass wir und unsere Liebsten gut versorgt sind. Tatsache ist jedoch: Wir leben auch in einer Welt, die sich ständig und rapide wandelt. Technologische Fortschritte, sozioökonomische Veränderungen und globale Ereignisse. All dies beeinflusst unser Leben in einem bisher unbekannten Maße. Diese Dynamik erschwert unsere Abwägungen. Was heute als sicher gilt, kann morgen bereits überholt sein.
Das macht Lebens- und Finanzplanung schwer!
Im Kern kommen wir alle an den Punkt, an dem wir ähnlich abwägen wie Ingmar Zöller: Wie vereinbare ich das, was ich wirklich machen will, mit dem, was mir langfristig Sicherheit gibt? Lohnt sich mein unbefriedigender Job auf lange Sicht? Wäre mein Leben nicht schöner, wenn …?
Es gibt viele Gründe für den Fachkräftemangel in vielen Ländern. Aber einer ist, dass immer mehr Menschen entscheiden, dass ihre jetzige Arbeit nicht (mehr) ihren Vorstellungen entspricht. Stattdessen wählen viele die Um- oder Weiterbildung, die Selbstständigkeit oder einen neuen Arbeitgeber.
Diese Menschen gehen ein Risiko ein. Sie lassen das Etablierte hinter sich und fangen noch mal von vorne an. So wie Ingmar Zöller.
Noch mal neu anfangen – viele wollen das. Andere müssen es. Der Neuanfang ist nicht ihre Entscheidung. Der Neuanfang wurde ihnen aufgezwungen. Wie zum Beispiel Emily.
Emily Hanley haben Sie vielleicht schon einmal getroffen. Sie ist Anfang 30 und bietet in Supermärkten Proben von Sprudelwasser an.2 Das ist nicht ihr Traumberuf. Sie tut es, um weiterhin ihre Rechnungen zahlen zu können. Bis Anfang 2023 war Emily Texterin. Sie schrieb Werbetexte für Websites, E-Mails und Broschüren im Auftrag von Firmen. Ihr ging es gut. Über ihre Agentur bekam sie eine recht hohe Anzahl an Jobs. Doch dann änderte sich alles. Dann entdeckten ihre Auftraggeber die Künstliche Intelligenz. ChatGPT machte Emily überflüssig. Mit Anfang 30.
Emily Hanley ist natürlich kein Einzelfall. Man sollte meinen, dass Künstler und Kreative wie sie vor Robotern und Künstlicher Intelligenz sicher wären. Texterin zu sein machte Emily nicht nur Spaß. Es war auch eine sichere Wahl, dachte sie.
Jetzt musste auch sie hin und her überlegen: Versuche ich es weiterhin als selbstständige Texterin? Bleibe ich in der Kreativbranche? Wie passe ich mich der neuen Realität an?
Wie hätten Sie sich an Emilys Stelle entschieden? Hätten Sie auch zwischenzeitlich Sprudelwasser ausgeschenkt?
Das Pro und Kontra abzuwägen von dem, was wir wollen, und dem, was uns finanzielle Sicherheit gibt, ist schwieriger als je zuvor. Technologischer Wandel hat schon immer Arbeitsplätze zerstört und neue geschaffen. Aber das Tempo des Wandels ist heute schwindelerregend dank Internet, mobiler Technologie, Künstlicher Intelligenz und Robotisierung. Noch nie in der Geschichte haben wir eine so rasante Entwicklung und Implementierung neuer Technologien erlebt, wie es in den letzten 30 Jahren der Fall war.
Emily Hanleys Geschichte zeigt, wie schnell sich das Leben durch äußere Einflüsse wie technologischen Wandel verändern kann.
Aber nicht nur die Arbeitswelt ist von solchen Veränderungen betroffen. Oft sind es auch persönliche und familiäre Ereignisse, die uns vor unerwartete Herausforderungen stellen und tiefgreifende Entscheidungen erfordern.
Das zeigt die Geschichte von Martina Rosenberg.
Anfangs war es ein Segen für Martina und ihre junge Familie, über der Wohnung ihrer Eltern zu leben. Die Großeltern halfen oft aus und waren eine wertvolle Unterstützung. Doch mit der Zeit entwickelte sich diese Situation ins Gegenteil: Ein Schlaganfall veränderte das Leben von Martinas Vater dramatisch. Und ihre Mutter litt immer stärker unter den Auswirkungen einer Demenz. Die Großeltern, die einst eine große Hilfe waren, wurden nun zu einer enormen Last.
Martina stand vor einem moralischen Dilemma: Sollte sie ihre Eltern in ein Pflegeheim geben, obwohl sie ihnen versprochen hatte, dies nie zu tun? Wie könnte sie ihren Beruf als selbstständige Dozentin fortführen und gleichzeitig für ihre Kinder und ihre Eltern da sein? Die psychische Belastung dieser Situation war enorm. Eine Zerrissenheit, die in dem provokanten Titel ihres Buches »Mutter, wann stirbst du endlich?«3 zum Ausdruck kommt.
Wie hätten Sie sich entschieden, wenn Sie an Martinas Stelle gewesen wären?
Hätten Sie die Eltern ins Pflegeheim überführt? Oder weniger gearbeitet?
Ingmar, Emily und Martina – sie alle standen vor Entscheidungen, die typisch sind für unsere Zeit. Auch Sie kennen solche oder ähnliche Situationen, in denen Sie das Für und Wider abwägen müssen. Zum Beispiel:
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Wähle ich eine Ausbildung, die mir Freude bereitet, oder eine, die mir später einen gut bezahlten Job sichert?
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Möchte ich eine Familie gründen? Kann ich es mir langfristig leisten? Auf was würde ich verzichten? Was würde ich verpassen?
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Soll ich in Teilzeit arbeiten und Kitakosten sparen oder Vollzeit für ein höheres Einkommen (von dem aber viel für Kitagebühren draufgeht)?
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Soll ich in meinem ungeliebten Job bleiben oder in Weiterbildung investieren, auch wenn das meine Ersparnisse kostet?
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Gehe ich häufiger ins Restaurant oder mache Trips mit meiner besseren Hälfte? Oder sparen wir eher für den stabilen Ruhestand?
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Gehe ich Risiken ein und starte mein eigenes Unternehmen oder bleibe ich in einem stabilen, aber weniger erfüllenden Job?
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Bleibe ich in meiner mich belastenden Beziehung oder riskiere ich den Neuanfang nach einer Scheidung?
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Soll ich früher in Rente gehen und möglicherweise weniger monatliche Rentenzahlungen erhalten? Oder lieber noch einige Jahre arbeiten, um eine höhere Rente zu sichern?
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Soll ich mein Haus verkaufen und in eine kleinere Wohnung ziehen, um die Unterhaltskosten zu reduzieren und gleichzeitig von dem Verkauf zu profitieren?
Was all diese Überlegungen im Kern gemeinsam haben, ist das Abwägen von gegenwärtiger und zukünftiger Zufriedenheit auf der einen Seite. Sowie von gegenwärtiger und zukünftiger finanzieller Sicherheit auf der anderen Seite.
Solche Entscheidungen sind verdammt schwer.
Dieses Buch soll Ihnen helfen, einen Weg zu finden, der sowohl Ihrem Bedürfnis nach Lebensfreude und Lebenssinn gerecht wird, der aber auch die finanzielle Seite berücksichtigt und Ihnen das neue Leben ermöglicht.
Zu allen unseren Entscheidungen und Überlegungen kommt erschwerend hinzu, dass wir immer älter werden. Dies bedeutet, dass unsere Entscheidungen nicht nur das Hier und Jetzt betreffen. Sie betreffen auch das Morgen und Übermorgen.
Die Psychologin Lynda Gratton und der Ökonom Andrew Scott schrieben 2016 von einem »100-Jahre-Leben«.4 Sie sprachen davon, dass ein längeres Leben eine Neugestaltung unserer Lebenswege erfordert. Individuen müssen aktiver überlegen, wie sie ihre erweiterte Lebensspanne gestalten und finanzieren, um sowohl persönliche Erfüllung als auch dauerhafte Sicherheit zu erreichen. Sie betonen auch, dass ein 100-Jahre-Leben ein Multi-Stufen-Leben ist. Im Gegensatz zum traditionellen 3-Stufen-Leben – Ausbildung, Arbeit, Ruhestand – gibt es im Multi-Stufen-Leben mehr Übergänge, Zwischenphasen und Neuanfänge. So wie bei Ingmar, Emily und Martina: Sie wollten oder mussten noch mal neu anfangen.
Vielen von uns geht das so. Immer mehr von uns reflektieren, wägen ab und gehen neue Lebenswege. Oder werden dazu gezwungen. Vor 50 Jahren war vieles klarer: Da gab es definierte Rollen, Lebensphasen und Verantwortungsbereiche. Heute ist das nicht mehr so; heute verschwimmt vieles. Wo finden wir Unterstützung bei unseren Entscheidungen für eine gute Finanz- und Lebensplanung? Auf die Hilfe des Staates können wir nicht hoffen – der hält sich hier vornehm zurück. Wir selbst – Sie und ich, wir alle – sind gefragt.
Genau darum habe ich dieses Buch geschrieben – als Leitfaden. Mein Kernargument, das ich Ihnen auf den folgenden Seiten darlege, lautet:
Für Glück und Wohlstand im 100-Jahre-Leben brauchen wir Geld. Zum Beispiel in Form von Einkommen, Rücklagen für Notfälle, Übergangsfonds und anderen Ersparnissen für die langfristige Zukunft.
Das ist natürlich nicht überraschend. Aber wie viel Geld sollten wir verdienen? Und wie viel können wir heute ausgeben? Schließlich: Wie viel sollen wir sparen – für Notfälle, Übergangsphasen und den Ruhestand? Auf all diese Fragen gebe ich Ihnen Antworten.
Doch Geld allein reicht nicht.
Für ein erfolgreiches 100-Jahre-Leben ist Geld lediglich eine Zutat. Die Metapher »Zutat« ist hier sehr treffend. Auch für ein einfaches, gutes Brot brauchen wir verschiedene Zutaten: Mehl, Wasser, Hefe und eine Prise Salz. Für ein einfaches, gutes Brot brauchen wir nicht nur Mehl, nicht nur Wasser, nicht nur Hefe. Sondern all diese Zutaten zusammen. Genauso verhält es sich mit dem erfolgreichen 100-Jahre-Leben: Geld ist eine Zutat dafür. Aber nicht die einzige.
Was also sind die anderen Zutaten?
Die Antwort: Ebenso wie Geld brauchen das richtige Money-Mindset, das Wissen um unsere Einstellungen, Glaubenssätze, emotionale Reaktionen (Emotionale Intelligenz) und Selbstwissen über unsere Instinkte, was uns glücklich macht und was wir langfristig wollen.
So wie bei einem guten Rezept gehe ich auch in meinem Buch vor und befasse mich mit den Zutaten einzeln und so, wie sie zueinander passen und »verarbeitet« werden:
In Teil 1 geht es ums Geld und um das Money-Mindset – das sind die Einstellungen, Glaubenssätze und emotionalen Reaktionen, die sich in unserer Haltung zu Geld zeigen. »Geld fällt nicht vom Himmel« oder »Dies sind meine produktiven Jahre« sind zum Beispiel Glaubenssätze, die unseren Umgang mit Geld häufig bestimmen. Diverse Instinkte – wie zum Beispiel »sofortige Befriedigung eines Bedürfnisses« – spielen dabei ebenso eine Rolle. Unser Denken und Verhalten im Umgang mit Geld zu verstehen ist wichtig, damit wir bessere Ergebnisse erzielen und besser abwägen und entscheiden können.
Aber es lohnt sich, tiefer zu gehen.
In Teil 2 untersuchen wir, warum viele der Entscheidungen im 100-Jahre-Leben eigentlich so schwer sind. Wir schauen uns hier drei Dinge an: Erstens, warum uns der Umgang mit Geld im Allgemeinen so schwerfällt. Zweitens, warum es uns so schwerfällt, einige lieb gewonnene Erwartungen an den Ruhestand – die vermeintlich letzte Phase des veralteten Drei-Stufen-Modells – zu überdenken. Außerdem untersuchen wir einige Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Alter(n). Zumindest in westlichen Gesellschaften hat sich ein Verständnis von Alter und Altern etabliert, das diese als einen Verlustprozess begreift. Es ist zwar nachvollziehbar, woher das kommt, aber auch hinderlich. Wir müssen umdenken.
In Teil 3 widmen wir uns der Lösung all unserer Probleme. Die Lösung lautet in einem Wort: Selbstwissen! Selbstwissen oder auch Selbstkenntnis ist der Schlüssel: Wenn wir verstehen, wozu unsere Überzeugungen und Emotionen uns verleiten, welche Gewohnheiten und Instinkte uns behindern (oder befähigen) und was uns glücklich macht und erfüllt, dann können wir bessere Lebensentscheidungen treffen. Und das Geld dafür nutzen, dieses Leben zu ermöglichen. Wir schauen uns im dritten Teil diverse verhaltenswissenschaftliche Studien an, die zeigen, was uns nachhaltig zu einem glücklichen Leben verhilft. Wir schauen uns aber auch an, wie wir für uns schädliche Mechanismen im Alltag erkennen lernen: Black Friday zum Beispiel. Oder die Nachrichten.
Um unseren Mangel an Denkpausen – Momente, in denen wir innehalten, entschleunigen und reflektieren – entgegenzutreten, gibt es in jedem Kapitel eine kleine mentale Übung. Sie ermutigt Sie dazu, zu denken statt zu handeln, über Ihren eigenen Weg im 100-Jahre-Leben nachzudenken. Einige dieser Impulse ermuntern Sie, Wörter in einem Lückentext zu finden. Andere ermöglichen es Ihnen, etwas zu bewerten oder in einer Rangliste zu sortieren. Wiederum andere erinnern Sie einfach daran, warum die Herausforderungen und Chancen des 100-Jahre-Lebens so schwierig zu bewältigen und nutzen sind.
Bevor wir richtig anfangen, muss ich noch eine Geschichte erzählen. Die von Oliver Noelting. Sie verdeutlicht unter anderem, warum wir im 100-Jahre-Leben nicht nur an die Zukunft denken, sondern warum wir auch Entscheidungen treffen sollten zugunsten der Gegenwart.
Wer träumt nicht hin und wieder mal davon, nicht mehr arbeiten zu müssen? Sein Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten? Ohne finanzielle Einschränkungen? Oliver hatte diesen Traum. Und er verfolgte einen Plan, um diesen Traum zu ermöglichen. Lange Zeit war er ein Frugalist und informierte seine Leser auf dem Blog »frugalisten.de« über seine Spartaktiken.5 Man erfährt dort, wie Oliver als frisch gebackener Softwareentwickler nach dem Studium auf diverse Verlockungen verzichtete: keine teuren Urlaube oder ein neues Auto. Er lebte weiterhin wie ein Student. 70 Prozent seines Gehalts sparte er für die Rente mit 40.
Doch dann passierte etwas Unerwartetes. Etwas, das in seinem Sparplan nicht berücksichtigt wurde: Oliver wurde Vater einer kleinen Tochter. Die Kursänderung folgte.
Die Zukunft, die einmal so fest in seinem Visier war, verschwamm vor dem lebhaften Bild der Gegenwart. Das Sparen für einen zukünftigen Traum schien auf einmal zweitrangig. Warum arbeiten und für die Zukunft sparen, wenn man ebenso das Lachen der Tochter und ihre ersten Schritte miterleben konnte? Oliver schraubte seine Arbeitszeit und damit auch sein Einkommen und seine Sparquote herunter. Er entschied sich für mehr Zeit mit seiner Familie. Es wurde ihm bewusst, dass das schöne Leben nicht in der Ferne wartet, sondern auch hier und jetzt passiert. Auch Oliver wird viel abgewogen haben.
Was glauben Sie? Hat er die richtige Entscheidung getroffen? Hätten Sie auch so entschieden?
Ich zumindest hätte auch so entschieden. (Beziehungsweise: Ich habe so entschieden. Ich nahm im ersten Jahr nach der Geburt meiner Zwillinge ein paar Monate Vaterschaftsurlaub.)
Kennen Sie den Satz »Am Ende des Lebens schaut man zurück und wünscht sich nicht, mehr E-Mails beantwortet zu haben«? Der Satz betont, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt als die E-Mails. Das ist wohl richtig. Aber ich frage mich auch: Warum eigentlich sollen die Gedanken eines Menschen am Ende seines Lebens weiser, wertvoller oder wichtiger sein als die Gedanken desselben Menschen zu irgendeinem anderen Zeitpunkt seines Lebens? Ja, natürlich: Am Ende des Lebens wird es – vor allem rückblickend – nicht wichtig gewesen sein, diese E-Mails zu beantworten. Aber heute, jetzt gerade, ist es vielleicht wichtig. Vielleicht auch nicht. Es kommt drauf an.
Genau darüber hat Oliver nachgedacht. Was ist heute wichtig? Nicht nur in der Zukunft.
Und ich glaube Oliver hat noch etwas anderes Wichtiges gesehen. Er würde es vielleicht so nicht formulieren. Aber ich sage es für ihn: Finanzielle Unabhängigkeit ist das falsche Ziel. Financial Wellbeing ist das Ziel.
Beim Traum von finanzieller Unabhängigkeit geht es darum, ein Leben zu leben, in dem Geld keine Rolle mehr spielt, weil man genug davon hat. Bei finanzieller Unabhängigkeit sind all die Dinge, die das Abwägen im Alltag so schwer machen, egal:
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Arztjob an den Nagel hängen und S-Bahn-Fahrer werden? Kein Problem wenn man finanziell unabhängig ist.
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Job an ChatGPT verlieren? Kein Problem, wenn man finanziell unabhängig ist.
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Die Eltern pflegen und im Job zurückschrauben? Kein Problem, wenn man finanziell unabhängig ist.
Das Problem daran ist nur: Finanzielle Unabhängigkeit ist eine Fantasie.
Es gibt viele, die uns weismachen wollen, wie einfach es ist, finanziell unabhängig zu werden und ein üppiges Leben ohne Probleme zu führen. Bitcoin, Immobilien, Speed-Trading, was auch immer … Sie werden buchstäblich 1000 Bücher, Ted Talks und Podcasts zu diesem Thema finden. Ich denke: Wenn es so einfach wäre, würden mehr Menschen finanziell unabhängig sein.
Tatsache ist, dass Geld immer irgendwo herkommen muss. Und in einem 100-Jahre-Leben brauchen wir mehr Geld, einfach weil wir länger leben. Im Allgemeinen müssen wir für unser Geld arbeiten. Oder – wenn wir von unseren Ersparnissen leben – wir haben dafür gearbeitet.
Finanzielle Unabhängigkeit ist außerdem eine Fantasie, weil sie auf der Annahme beruht, dass alles einfacher wäre, wenn Geld keine Rolle spielen würde. Das ist schlichtweg nicht der Fall. Theoretisch könnte das so sein. Praktisch ist das eher selten so. Ohne die anderen Zutaten für ein erfolgreiches 100-Jahre-Leben – das richtige Money-Mindset, Emotionale Intelligenz, Selbstwissen – macht mehr Geld nicht viel aus. (Ich gehe davon aus, dass Sie nicht unter der Armutsgrenze leben.)
Wir übersehen häufig, dass der schnelle Erwerb von großem Reichtum häufig mit Kosten verbunden ist. Mit nicht-monetäreren Kosten. Oliver hat dies erkannt. Schon richtig: Wenn er weiterhin Vollzeit gearbeitet, 70 % seines Gehalts gespart und diese Ersparnisse ein paar Jahrzehnte lang wachsen lassen hätte, dann wäre er vielleicht mit Mitte 40 finanziell unabhängig gewesen. Aber was ist der Preis, den er dafür bezahlt hätte? All die verlorenen Stunden mit seiner kleinen Tochter.
Deshalb geht es um Financial Wellbeing, nicht finanzielle Unabhängigkeit. Bei Financial Wellbeing geht es darum, Geld so zu verdienen, auszugeben und zu verwalten, dass wir heute, morgen und übermorgen ein schönes Leben leben.
Einfach ausgedrückt: Das Ziel der finanziellen Unabhängigkeit geht zu häufig zulasten eines schönes Lebens heute.
Dieser Gedanke ist übrigens gar nicht neu. Im Gegenteil: Der Gedanke wurde schon häufig vermittelt in den Arbeiten vieler Philosophen, Literaten, Ökonomen, Psychologen und anderen.
Fangen wir da an. Mit einem Literaten von vor 100 Jahren: Thomas Mann hat den Punkt, das finanzielle Unabhängigkeit das falsche Ziel ist und Financial Wellbeing das richtige, viel schöner vermittelt. (Nun, er hat offensichtlich weder von finanzieller Unabhängigkeit noch Financial Wellbeing gesprochen. Aber ich bin mir sicher, dass das sein Anliegen war.)
Sind Sie bereit?
Dann los.
Vorhang auf für die Buddenbrooks.
Hier ist eine 3-Schritt-Anleitung zur finanziellen Unabhängigkeit:
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Schritt 1
: Verkaufen Sie alle Vermögenswerte und Besitztümer (Ihr Haus, Ihr Auto, und diese Sammlung von Vintage-Comicbüchern, von denen Sie immer dachten, sie würde eines Tages Millionen wert sein).
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Schritt 2
: Kaufen Sie nur eine Hinfahrt nach Jarovnice in der Ostslowakei. Besorgen Sie sich dort eine Hütte am Ufer des ruhigen Flusses.
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Schritt 3
: Leben Sie für immer von Ihren Ersparnissen. Jetzt, da Sie in Ihr Budget-Paradies mit den gesamten Ersparnissen gezogen sind, ist es an der Zeit, dieses Geld für die nächsten 40, 50 oder sogar 60 Jahre zu strecken. Budgetierung? Unnötig. Investition? Zu komplex. Leben Sie einfach sparsam und in der Hoffnung, dass die Inflation Ihr Erspartes nicht zu schnell auffrisst. Was könnte schon schiefgehen?
Das ist natürlich eine satirische Anleitung.6 Sie soll noch einmal zeigen, dass finanzielle Unabhängigkeit das falsche Ziel ist. Financial Wellbeing – Geld verdienen, ausgeben und verwalten in Einklang mit dem, was Sie heute, morgen und in Zukunft glücklich macht – ist das bessere.
»Finanzielle Unabhängigkeit« – das ist ein Traum für viele. Das Hamsterrad, aus dem man heraus will. Der ruhigere Arbeitsalltag ohne Geldsorgen. Oder besser noch: Ein Leben ganz ohne Arbeit. All das hätte man, wenn man finanziell unabhängig wäre. So denkt man sich und beginnt zu träumen. Oft fälschlicherweise.
Um das zu veranschaulichen, gehen wir ins vorletzte Jahrhundert. Wir schauen in eine tolle Geschichte aus Norddeutschland: in die Geschichte der Buddenbrooks. Keine Sorge, es wird nicht trocken. Kein Deutschunterricht. Kein Bildungsbürgertum. Nur echte, lebensnahe Erkenntnisse.
Warum gerade die Buddenbrooks? Dafür gibt es drei gute Gründe: Erstens bieten sie uns eine seltene Gelegenheit, ein paar ganze Lebensläufe – von Geburt bis Tod – in ihren Höhen und Tiefen zu betrachten. Wir erleben bei den Buddenbrooks nicht nur Momentaufnahmen oder bestimmte Episoden ihres Lebens. Wir erleben ihre gesamte Lebensreise, von den ersten Babyschreien bis zu den letzten Atemzügen, mit all den Entscheidungen, Herausforderungen und Wendepunkten, die ein ganzes Leben prägen.
Zweitens halten wir uns, wenn wir uns in eine andere Zeit und Kultur vertiefen, oft einen Spiegel vor. Dieser Spiegel hilft uns, unsere eigenen Überzeugungen und Handlungen schärfer zu erkennen. Es mag eine vergangene Epoche sein. Doch viele der in dem Roman vermittelten Lektionen haben eine zeitlose Relevanz und Bedeutung für uns heute.
Drittens, und das ist wirklich wichtig: Nur weil die Buddenbrooks finanziell unabhängig waren, heißt das nicht, dass sie auch wirklich zufrieden und ausgeglichen waren. Sie hatten zwar Geld. Aber hatten sie ein schönes Leben? Rhetorische Frage. Aber den Punkt werden wir vertiefen.
Der Roman »Buddenbrooks – Verfall einer Familie« wurde von Thomas Mann geschrieben. Es wurde 1901 veröffentlicht. Thomas Mann war der Literatur-Rockstar seiner Zeit. Er war der Kopf hinter einigen der bekanntesten Romane des 20. Jahrhunderts. Mit den Buddenbrooks gewann er einen der ersten Nobelpreise für Literatur.