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Der Rabe Hugin ist ein ganz besonderer Vogel: Er hat schneeweißes Gefieder, rote leuchtende Augen und ist außergewöhnlich klug. Als er eines Tages dem Ritter Hans von Rodenstein das Leben rettet, werden die beiden Freunde fürs Leben. Hans, ein mutiger Turnierkämpfer, aber auch im Leben stets kampfesbereit, gewinnt bei einem Turnier in Heidelberg nicht nur den Sieg, sondern auch das Herz der schönen Maria. Sie heiraten und leben glücklich auf Burg Rodenstein im Odenwald. Doch bald zieht es Hans wieder hinaus und in den Krieg. Der weiße Rabe Hugin und Maria verbünden sich, um Hans von seinem Plan abzubringen. Hilfe finden sie bei den Tieren im Wald. Wird ihnen der Plan gelingen?
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Seitenzahl: 69
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Für Lily. Fddie und Louis
Hugin war ein ganz besonderer Rabe: Er hatte ein schneeweißes Gefieder, während das aller seiner Artgenossen natürlich „rabenschwarz“ war und auch heute noch ist. Darüber hinaus war er außerordentlich klug und hatte rote Augen wie Laternen – die leuchteten so hell, dass er mit ihnen des Nachts den Weg erleuchten konnte. Er begleitete seinen Freund Junker Hans von Rodenstein und dessen Ehefrau Maria treu in guten und auch in schlechten Zeiten. Als Hans sich entschloss, seiner unbändigen Kampfeslust zu folgen und entgegen seinem Versprechen wieder an einem Krieg teilzunehmen, entschied sich Hugin, Maria zu unterstützen. Natürlich wollte sie Hans nicht ziehen lassen: Mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bemühte Hugin sich, Hans von diesen Plänen abzubringen.
Junker Hans von Rodenstein war ein Ritter und weithin bekannt für seine Erfolge auf Turnierkämpfen und seinen heldenhaften Mut. Er nahm aber auch gerne an richtigen Kämpfen teil. Nachdem er die schöne Maria geheiratet hatte und einige Jahre glücklich und zufrieden mit ihr auf Burg Rodenstein gelebt hatte, begann ihn dieses Dasein zu langweilen. Obwohl er Maria vor der Hochzeit geschworen hatte, nie wieder die Teilnahme an Kriegen zu suchen, wollte er nun doch seine Kampfesstärke mit dem Schwert wieder in einem echten Krieg beweisen. Diese Leidenschaft führte zu Konflikten mit seiner Frau Maria – und dem Raben.
Maria hatte sich auf einem Turnier in Heidelberg in Hans, den starken Kämpfer, verliebt. Sie heirateten und lebten auf Burg Rodenstein glücklich zusammen, bis Hans wieder in einen Krieg ziehen wollte. Maria war darüber verzweifelt und suchte Hugins Hilfe. Der weiße Rabe bemühte sich nach Kräften, aber dann geschah etwas Unglaubliches…
Nicht weit von der Burg Rodenstein steht im Wald ein großer Felsen, den man heute noch den ,Wild-Weibchenstein’ nennt. Dort lebten zwei alte Frauen, die Heilkräuter sammelten und für die Leute des Rodensteiner Landes Gesundheitsgetränke brauten. Sie waren bekannt für ihre Klugheit und halfen auch Hugin und Maria mit ihren Ratschlägen.
Weyprecht war ein Freund des Junker Hans und der Anführer des ,Wilden Heeres’. Er hatte keinen guten Einfluss auf Junker Hans…
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Teil I
Der weiße Rabe und Junker Hans
Dor vielen Jahren, als auf der Burg Rodenstein im Odenwald noch die Ritter von Rodenstein lebten, nistete im Wald in der Nähe eines Wasserfalls, genannt der „Fallende Bach“, ein Rabenpaar in einem Rabennest. Die Rabenmutter brütete unermüdlich auf fünf braun gefleckten Eiern und der Rabenvater brachte ihr jeden Tag ihr Lieblingsfutter. Wenn sie einmal spazieren fliegen wollte, setzte er sich auf die Eier und hielt sie warm. Nach etwa drei Wochen begann es in den Eiern zu rumoren. Es klopfte von innen an die Eierschalen, die feine Risse bekamen, bis ein kleines Loch entstand, das immer größer wurde. Nach ein paar Stunden brachen die Eier auseinander und alle fünf Rabenküken wurden von Mutter und Vater Rabe nacheinander liebevoll begrüßt.
Plötzlich schaute die Mutter erstaunt auf. Eines der Küken hatte große, leuchtend rote Augen! „Raab!“, rief sie aufgeregt ihrem Mann zu, „schau doch mal, wir haben ein ganz seltsames Rabenkind – ich jedenfalls habe noch nie einen Raben mit roten Augen gesehen!“ Und der Rabenvater antwortete mit überraschter Stimme: „Ja, Kolk, du hast recht! Was für ein eigenartiges Küken! Ob das Kleine wohl krank ist?“ Noch überraschter waren die Rabeneltern jedoch, als des Nachts im Rabennest etwas glühte. Sie entdeckten verwundert, dass die roten Augen ihres Kindes hell wie kleine Sterne leuchteten! So etwas Eigenartiges hatten sie noch nie gesehen. Jedes Mal, wenn der kleine Rabe die Augen öffnete, erstrahlte das Nest fast so hell wie am Tag. Mutter und Vater waren davon sehr berührt, aber auch etwas beunruhigt. Was würden die anderen Raben im Rodensteiner Land wohl dazu sagen?
Die Tage vergingen friedlich und die Eltern brachten ihren Jungen nahrhaftes Futter, so dass sie schnell größer und kräftiger wurden. Nach einer Woche wuchsen den kleinen Raben die ersten Federn. Und wieder staunten die Eltern. Vier der fünf Kleinen bekamen rabenschwarze Federchen, nur die des Kükens mit den roten Augen waren weiß. Man glaubt es kaum, schneeweiße Federn! „Raab!“, sagte die Mutter, und „Kolk, du meine Güte!“, antwortete der Vater, „ein weißer Rabe mit leuchtenden Augen - wie kleine Lämpchen! Was sollen wir nur tun?“
Da Rabennester nie von Nachbarraben besucht werden, war das weiße Küken anfangs ein Familiengeheimnis. Aber das weiße Junge wuchs so gut heran wie seine Geschwister, und auch sein Federkleid wurde dichter und länger. Bald standen alle fünf Rabenkinder auf dem Rand des Nestes und übten das Flügelschlagen. Da sprach es sich schnell herum, dass am „Fallenden Bach“ ein weißer Rabe mit sternengleichen Augen geschlüpft war.
Nun wollten alle Tiere im Wald das weiße Rabenküken sehen, die Rehe und Hirsche, die Hasen und Kaninchen, Wolf und Fuchs. Selbst der griesgrämige Dachs, dem eigentlich alles egal ist und jegliche Neuigkeiten zuwider sind, reckte seinen Dreieckskopf mit der langen Nase schnuppernd in Richtung Nest. Und auch er staunte nicht schlecht, als nachts die Augen des Kleinen leuchteten.
Die Rabeneltern waren nicht sicher, ob sie stolz sein oder sich schämen sollten. Als ob sie nicht in der Lage wären, all ihren Jungen die passenden schwarzen Kleider mit ins Ei zu legen. So, wie es sich gehörte. Doch sie liebten ihr weißes Küken. Nur den Geschwistern war der kleine weiße Rabe nicht ganz geheuer. Wegen seines Aussehens bekam er viel Aufmerksamkeit von den Eltern und den anderen Waldbewohnern. Sie fühlten sich manchmal zurückgesetzt und waren eifersüchtig. So spielten sie lieber untereinander und schlossen ihren weißen Bruder aus. Als die Eltern das bemerkten, waren sie traurig und erklärten, dass sie alle ihre Kinder gleich liebhätten und es keinen Grund zur Eifersucht gab.
Eines Tages, als sich der weiße Rabe genauer in ihrem Familiennest umsah, während die Geschwister miteinander balgten und schnäbelten, fand er etwas Glitzerndes unter dem dichten Zweiggeflecht, auf dem sie standen. Er griff es fest mit dem Schnabel, und unter dem lauten Geschrei der Geschwister zerrte er so lange daran, bis er das glitzernde Ding hervorgezogen hatte. Es war eine silberne Gabel. Alle Rabenvögel lieben funkelnde Gegenstände, und diese schöne Gabel hatten seine Eltern auf der Burg Rodenstein gefunden und in das Nest eingebaut.
Die Eltern hörten den Lärm ihrer Rabenkinder und flogen schnell herbei. Beim Herausziehen der Gabel waren ein paar Zweige aus dem Geflecht des Nestes in Unordnung geraten. „Gebt Ruhe“, sagte der Vater, „es ist nichts Schlimmes passiert“. „Aber hat er nicht unser Nest kaputtgemacht?“, fragten die vier Kleinen. „Nein“, beruhigte die Mutter ihre Kinder und brachte das Zweiggeflecht schnell wieder in Ordnung. Der weiße Bruder betrachtete stolz sein neues Spielzeug, das prachtvoll in der Sonne glänzte.
Die kleinen Raben wuchsen schnell heran und schon nach sechs Wochen war ihr Federkleid ausgewachsen. Jetzt konnten sie eifrig üben mit den Flügeln zu schlagen, um sich auf ihren ersten Flug vorzubereiten. Die Eltern zeigten ihnen, wie man vom Nest auf einen Ast des Nachbarbaumes gleitet, dann mit ein paar Flügelschlägen weiter zum nächsten und zum übernächsten Baum gelangt.