Die Abenteuer der Fanny Hill - John Cleland - E-Book

Die Abenteuer der Fanny Hill E-Book

John Cleland

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Beschreibung

Fanny Hill kommt als 15-jähriges Waisenmädchen nach London und wird von einer Kupplerin aufgenommen, die sie zur Hure machen will. Doch der Gentleman Charles rettet sie aus dem Bordell und zeigt ihr die wirkliche - körperliche und seelische - Liebe. Als Charles jedoch geschäftlich nach Übersee muss, ist Fanny wieder alleine und wird nun tatsächlich zur Prostituierten. Sie ist die Mätresse eines reichen Mannes und arbeitet in einem Edelbordell. Obwohl sie hier beträchtliche erotische Künste entwickelt und den Sex auch selbst genießt, vergisst sie nie ihren geliebten Charles. Schließlich hinterlässt ihr ein Kunde sein Vermögen - Fanny kann Charles Ehefrau werden …

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Das Titelbild steht in keinem Zusammenhang mit dem Inhalt des Buches.

eBook-Ausgabe 01/2016 © Carl Stephenson Verlag GmbH & Co. KG, Schäferweg 14, 24941 Flensburg Alle Rechte vorbehalten einschließlich der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien E-Mail: [email protected] Internet: www.stephenson.de Besuchen Sie uns auf www.stephenson.de Ein großes erotisches Verlagsprogramm erwartet Sie dort. eISBN 9783798605541

Fanny Hill

Vorwort

John Cleland wurde im Jahre 1707 in England geboren und geriet nach einem bewegenden Leben, das ihn bis nach Indien führte, in finanzielle Schwierigkeiten, aus denen er sich durch den Auftrag, ein erotisches Buch zu schreiben, zu befreien versuchte. Er verfaßte die „Memoiren eines Freudenmädchens“, die 1749 in London erschienen und seinem Verleger zu einem Vermögen verhalfen. Cleland mußte sich eines Buches wegen vor einem Gericht verantworten und erhielt vom Gerichtspräsidenten eine Pension zugesprochen, um nicht wieder dazu gezwungen zu sein, sich mit einem Werk dieser Art zu beschäftigen – ein ebenso einmaliges und großzügiges, wie weises Urteil. Er hielt sich an die Auflage des Gerichts und starb 1789, nachdem er noch eine ganze Reihe verschiedenartiger, zum Teil wissenschaftlicher Schriften veröffentlicht hatte, deren Titel man heute kaum mehr kennt.

Der Roman der Fanny Hill wurde in den über 200 Jahren, die seit einem ersten Erscheinen vergangen sind, in vielen Sprachen unzählige Male nachgedruckt und dürfte das berühmteste Erotikon der Weltliteratur sein. Nachdem er bis zur Hälfte des 20. Jahrhunderts ausschließlich heimlich gedruckt und ‘unter dem Ladentisch’ verkauft wurde, brachte der angesehene Verlag G. P. Putnam’s Sons in New York im Jahre 1963 die erste offen im Buchhandel erhältliche Ausgabe heraus. Sie wurde hier und dort zeitweilig im Verkauf beschränkt, jedoch schließlich ihres literarischen und kulturhistorischen Wertes wegen endgültig freigegeben. In den USA wurden sogar Massenauflagen in Taschenbuchform hergestellt; die Fanny Hill war 1963 Jahresbestseller Nr. 4 der in Amerika ungeheuer umfangreichen Produktion von Pocketbooks. In England wurde die Taschenbuchausgabe verboten, während die teure normale Edition unbehelligt blieb.

Wir sind der Ansicht, daß es dem erwachsenen, urteilsfähigen Leser möglich sein muß, sich mit dem Inhalt des berühmtesten Werkes der erotischen Weltliteratur bekanntzumachen. Darum legen wir hiermit eine vollständige Ausgabe in wörtlicher Übersetzung vor.

Der Verlag

Madame!

Ich setze mich nieder, um Ihnen einen unleugbaren Beweis zu geben, daß mir Ihr Wunsch strengster Befehl ist. Ich werde also (so unangenehm das Geschäft auch sein mag) die ärgerlichen Abschnitte meines Lebens einer neuen Betrachtung würdigen, eines Lebens, von dem ich mich endlich losgerissen habe, um zu dem Genuß der Seligkeit zu gelangen, welche man nur im Besitz von Liebe, Gesundheit und Glück erwarten kann. Noch bin ich blühend jung, und noch ist es nicht zu spät, eine Muße, wie sie mir unter bequemen Umständen und großem Überfluß gestattet wird, zur Ausbildung eines von Natur nicht ganz zu verachtenden Verstandes zu verwenden, der mich, auch mitten in dem Wirbel der zügellosesten Vergnügungen mehr von Charakter und Sitten der Welt erfahren ließ, als man bei Frauenzimmern von meiner unglückseligen Lebensart gewöhnt ist. Denn diese halten jeden ernsthaften Gedanken für ihren ärgsten Feind, der entweder so fern wie möglich zu halten oder ohne Barmherzigkeit zu vertilgen ist.

Weil ich vor allen langen, unnötigen, Vorreden einen unbezwingbaren Abscheu habe, will ich hier gelinde mit Ihnen umgehen, und, statt mich lange zu entschuldigen, Sie nur vorbereiten, den zügellosen Teil meines Lebens ebenso frei beschrieben zu sehen, wie ich ihn geführt habe.

Wahrheit, unverstellte, nackte Wahrheit ist meine Losung. Ich werde mir nicht die Mühe machen, ihr eine Hülle umzutun, sondern Umstände und Situationen so schildern, wie sie mir tatsächlich begegnet sind und mich nicht darum kümmern, ob ich die Gesetze der Wohlanständigkeit übertrete, die nie für solche schrankenlos vertrauten Beziehungen wie die unsrigen gemacht waren. Und Sie haben zu viel Verstand, zu viel Kenntnis von den Urbildern selbst, als daß Sie aus Scheinheiligkeit oder aus Charakter bei ihren Schilderungen die Nase rümpfen würden. Leute der höchsten Gesellschaft, von bestem und tonangebendem Geschmack, machen sich kein Gewissen daraus, ihre Arbeitsstuben mit nackten Figuren zu zieren, obwohl sie diese aus lauter Rücksicht auf allgemeine Vorurteile für keinen anständigen Schmuck ihrer Vorzimmer halten würden.

Dies vorausgeschickt – und es ist reichlich genug –, fange ich nun geradewegs meine persönliche Geschichte an. Mein Mädchenname ist Franziska Hill. Ich wurde geboren in einem Dörfchen in Lancashire, nahe Liverpool, als Tochter von sehr armen, aber, wie ich aufrichtig glaube, grundehrlichen Eltern.

Mein Vater hatte sich eine Lähmung zugezogen, die ihn unfähig machte, die beschwerlichen Arten grober Bauernarbeit zu leisten, und er verschaffte sich durch Netze machen ein kümmerliches Auskommen, wozu meine Mutter auch ihren geringen Teil betrug; sie hielt eine kleine Schule für die Mädchen ihrer Nachbarschaft. Sie hatte viele Kinder, aber keines lebte sonderlich lange, außer mir, die ich von Natur durchaus gesunden Leibes bin.

Meine Erziehung war bis über das 14. Jahr hinaus sehr niedrig und schlecht. Lesen oder vielmehr Buchstabieren, unleserliches Kritzeln und ein bißchen einfache Näherei machten ihr Lehrsystem aus. Die ganze Grundlage meiner Tugend war nichts anderes als völlige Unkenntnis des Lasters und die furchtsame Scheu, die unserem Geschlecht in den frühen Abschnitten des Lebens so zu eigen ist, da die Gegenstände uns mehr durch die Neuheit als durch sonst etwas Unruhe oder Schrecken verursachen. Aber dieses ist eine Furcht, von welcher wir Mädchen oft auf Kosten der Unschuld befreit werden, wenn wir nach und nach anfangen, die Mannspersonen nicht mehr als Raubtiere anzusehen, die uns fressen wollen.

Meine Mutter hatte ihre Zeit so gänzlich zwischen ihren Schülerinnen und ihren kleinen häuslichen Angelegenheiten verteilt, daß ihr wenig zu meinem Unterricht übrigblieb, und weil ihre eigene Unschuld nichts Böses kannte, so kam ihr auch nicht der Gedanke, mich dagegen zu wappnen.

Ich war in mein 15. Jahr getreten, als mir das größte Unglück widerfuhr, der Verlust meiner guten, zärtlichen Eltern, welche wenige Tage nacheinander von den Pocken hingerafft wurden. Mein Vater starb zuerst; sein Tod beschleunigte den meiner Mutter. Ich blieb zurück als unglückliche, freudlose Waise, denn mein Vater hatte sich nur zufälligerweise am Ort niedergelassen (er war eigentlich aus der Provinz Kent gebürtig). Die grausame Krankheit, die für sie tödlich war, hatte mich zwar auch befallen, aber unter so gelinden und günstigen Umständen, daß ich bald außer Gefahr war und ganz ohne Narben davonkam, was ich allerdings damals noch nicht zu schätzen wußte. Ich will hier die Schilderung von dem Schmerz und dem Kummer übergeben, den ich bei dieser traurigen Gelegenheit natürlicherweise fühlen mußte. Ein wenig Zeit und die Unerfahrenheit meiner Jugend zerstreuten nur zu bald meine Gedanken über diesen unersetzlichen Verlust. Nichts aber trug mehr dazu bei, mich endlich ganz gleichgültig dagegen zu machen, als der Plan, der mir unmittelbar in den Kopf gesetzt wurde, nämlich, nach London zu gehen und mich dort nach einem Dienst umzusehen, wobei mir ein junges Frauenzimmer, mit Namen Esther Davis, mit Rat und Tat zu helfen versprach. Diese Person war aus der Stadt gekommen, um ihre Freunde zu besuchen, und wollte, nach einem Aufenthalt von wenigen Tagen, wieder in ihre Stellung zurückkehren.

Da ich nun im Dorfe keine lebende Seele hatte, die sich meiner hätte annehmen und einige Einwendungen gegen meinen Vorsatz machen können, ja, die Frau, die nach meiner Eltern Tod für mich sorgte, mich vielmehr aufmunterte, ihn auszuführen, kam ich bald zu dem festen Entschluß, den Flug in die weite Welt zu wagen und nach London zu reisen, um dort mein Glück zu machen, eine Idee übrigens, die mehr Abenteurer beiderlei Geschlechts vom Lande verdorben als glücklich gemacht hat.

Zudem flößte mir Esther Davis nicht wenig Mut und Entschlossenheit, mit ihr zu reisen, dadurch ein, daß sie meine kindliche Neugierde nach den schönen Sachen, die in London zu sehen wären, rege machte. Es wären da prächtige Denkmäler, Löwen, der König, die königliche Familie, schöne Komödien und Opern, kurz, alle Ergötzlichkeiten, welche an die Sphäre ihres Lebens grenzen, und deren umständliche Schilderung mir vollends das Köpfchen verdrehte.

Ich muß immer noch lachen, wenn an die unschuldige Bewunderung denke, mit der wir armen Mädchen, deren ganzer Sonntagsputz in groben Hemden und schlechten Wollröcken bestand, nicht ohne Neid Esthers Staat betrachteten, ihr Kleid aus schäbigem Atlas, ihre mit schmalen Tressen besetzten Hauben, ihre Flitterbänder und gestickten Schuhe! Dieses alles, bildeten wir uns ein, wachse in London, und es hatte einen großen Einfluß auf meinen Entschluß, mein Heil auch dort zu versuchen.

Indessen war der Gedanke, die Gesellschaft einer künftigen Städterin um sich zu haben, der ganze elende Beweggrund für Esther, während meiner Reise zur Stadt meine Aufsicht zu übernehmen. Sie sagte mir, um mit ihren eigenen Worten zu reden, es hätten schon viele Mädchen vom Lande sich und ihre Verwandtschaft auf ihre ganze Lebenszeit glücklich gemacht; manche, die sich ehrlich und tugendhaft gehalten hätten, wären bei den Herren so wohlgelitten gewesen, daß sie sie geheiratet hätten und ihnen Kutschen hielten, so daß sie nun erstaunlich vornehme und glücklich lebten, ja, einige wären wohl sogar Herzoginnen geworden; das wäre alles eitel Glück, und sie wüßte nicht, warum es mich nicht ebenso gut treffen könnte wie eine anderen.

Diese und ähnliche feine Geschichten solcher Art machen mich bald bereit, die vielversprechende Reise zu unternehmen und den Ort zu verlassen, der zwar meine Geburtsstätte war, in dem ich aber keine Verwandten mehr besaß, die ich ungern hätte verlassen wollen, ja, er war mir sogar unerträglich, weil sich selbst in dem Hause meiner einzigen Freundin, von welcher ich glaubte, noch einige Sorgfalt und Hilfe erwarten zu können, die zärtlichste Behandlung in eine kalten, mitleidige Grimasse gegen mich verwandelt hatte. Sie war jedoch so gefällig und billig gegen mich, daß sie die paar Habseligkeiten, die mir noch Abzug der Schulden und Leichenkosten übriggeblieben waren, zu Geld machte und mir bei meiner Abreise mein ganzes Vermögen in die Hände gab. Es bestand in sehr dürftiger Garderobe, die sich in eine bequem zu tragende Schachtel packen ließ, und in acht Guineen und 17 Schillingen Silbermünze, welche ich in einem Beutel mit einem Springschloss aufbewahrte. Das war ein größerer Schatz, als ich jemals beisammen gesehen hatte, und ich konnte nicht begreifen, wie es möglich sein sollte, ihn durchzubringen. Ich war in der Tat, als ich mich im Besitz einer so unermeßlichen Summe sah, so sehr vom Vergnügen eingenommen, daß ich wenig Aufmerksamkeit für die Menge guter Ratschläge hatte, die mir mit auf den Weg gegeben wurden.

Wir saßen nun in der Landkutsche. Aber ich übergehe lieber die unbedeutende Szene des Abschiednehmens, wobei ich, halb vor Betrübnis, halb vor Freude, einige Tränen vergoß; und aus eben dem Grunde der Unerträglichkeit übergehe ich auch alles, was mir unterwegs begegnete, der gierige Blick, die der Kutscher mir zuwarf, die Pläne, die von einigen Passagieren in Bezug auf mich gemacht und durch die wachsame Aufsicht Esthers vereitelt wurden, welche – um ihr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen – mütterliche Sorge um mich trug, aber mir auch zugleich ihren Schutz ziemlich hoch berechnete, da ich alle Reisekosten für sie bezahlen musste. Dieses tat ich nicht nur mit dem größten Vergnügen, sondern ich glaubte, ihr auch noch obendrein sehr verbunden sein zu müßen. Sie ließ sich’s wirklich sehr angelegen sein, daß wir nicht übervorteilt und betrogen wurden und daß wir uns so sparsam wie möglich durchhalfen; Verschwendung war nicht ihr Fehler!

Es war sehr spät an einem Sonnabend, als wir in unserem langsamen, die Stadt erreichten. Als wir durch die großen Straßen fuhren, die zu unserem Gasthof führten, setzte mich das Rasseln der Kutschen, der Lärm und das Gedränge der Fußgänger, kurz, der neue Anblick so vieler Läden und Häuser zugleich in Verwunderung und Erstaunen.

Aber stellen Sie sich meine Verlegenheit und Bestürzung vor: Als wir nun in dem Gasthof abgestiegen waren und unsere Bagage abgeladen und übernommen hatten, geschah es, daß meine Reisegefährtin und Beschützerin Esther Davis, welche mir die ganze Reise hindurch mit der äußersten Zärtlichkeit begegnet war und mich durch keinerlei Hinweis auf den betäubenden Schlag, der mich treffen sollte, vorbereitet hatte, da geschah es, sagte ich, daß meine einzige Bekannte und Freundin an diesem Ort plötzlich eine fremde und kalte Miene gegen mich annahm, als wenn sie befürchtete, ich möchte ihr zur Last werden.

Anstatt mir also fernerhin ihren Beistand und ihre Beflissenheit zu bieten, worauf ich mich so ganz verlassen und die ich niemals mehr benötigt hätte als jetzt, glaubte sie, wie es schien, ihrer Pflicht damit Genüge geleistet zu haben, daß sie mich glücklich ans Ende meiner Reise gebracht hatte. Ohne in ihrem Betragen gegen mich etwas Unnatürliches oder Sonderbares zu finden, fing sie an, mich zum Abschied zu umarmen, indessen ich so bestürzt und niedergeschlagen war, daß ich weder Verstand noch Sinne zusammenraffen konnte, um ihr zu verstehen zu gebe, was ich durch ihre Erfahrung und Kenntnis von dem Ort, wohin sie mich gebracht hatte, für einen lehrreichen Unterricht erhofft und erwartet hatte.

Wie ich so betäubt und stumm dastand (was sie ohne Zweifel keiner anderen Ursache zuschrieb, als daß mir ihr Abschied naheging), verschaffte sie mir eine geringe Erleichterung, indem sie mir erklärte, weil wir nun gesund und wohl in London angekommen wären und sie sich gezwungen sähe, in ihre Stellung zu gehen, so wollte sie mir den Rat geben, um alles in der Welt ja auch bald eine anzunehmen – ich dürfte nicht befürchten, keine zu bekommen – es gäbe ihrer mehr als Pfarrkirchen – sie wollte mir raten, in ein Vermittlungs-Comptoir zu gehen – wenn sie hören würde, daß etwas zu machen wäre, so wollte sie mich aufsuchen und des mich wissen lassen – unterdessen sollte ich ein eigens Logis nehmen und ihr Nachricht geben, wo ich wäre – sie wünsche mir viel Glück und hoffe, daß ich mich immer ehrlich halten und keine Schande auf meine Anverwandtschaft bringen werde. Hiermit nahm sie Abschied von mir und überließ mich meinem guten Glück und meinen trüben Gedanken.

Da ich mich nun ganz einsam, verlassen und freundlos befand, fing ich an, die harte Trennung, welche sich in einem kleinen Zimmer des Gasthofs abgespielt hatte, aufs bitterste zu fühlen, und sie hatte mir kaum den Rücken gewandt, als der Schmerz, den ich in meiner Hilflosigkeit fühlte in eine Tränenflut ausbrach, worin mein beklommenes Herz eine unendliche Erleichterung fand, obgleich ich immer voll Erstaunen und Verwirrung nicht wußte, was ich anfangen sollte.

Meine Verlegenheit wurde noch größer, als ein Kellner kam und mich ganz kurz fragte, was zu meinen Diensten stände, worauf ich in aller Unschuld antwortete: Nichts, aber ich wünsche, er möge mir sagen, wo ich diese Nacht ein Lager bekommen könne. Er sagte, er wolle gehen und mit seiner Frau reden, welche denn auch sogleich kam und mir, ohne sich im mindesten um meine traurige Lage zu bekümmern, ganz trocken sagte, ich könne für einen Schilling ein Bett haben, und weil sie glaubte, daß ich einige Freunde in der Stadt kenne (hier entschlüpfte mir vergebens ein tiefer Seufzer), so müsse ich denn am nächsten Morgen weiter für mich sorgen.

Es ist fast unglaublich, was für elende Trostgründe das menschliche Gemüt in seinen größten Kümmernissen ergreift. Die bloße Gewißheit eines Nachtlagers war nicht imstande, mich in meiner Angst zu beruhigen; und da ich mich schämte, der Wirtin zu gesehen, daß ich in der Stadt keine Freunde hätte, an die ich mich wenden könnte, so nahm ich mir vor, gleich am nächsten Morgen in ein Vermittlungs-Comptoir zu gehen, wovon ich eine von Ester auf die Rückseite eines Gassenhauers geschriebene Adresse besaß. Hier hoffte ich, Mitteilung von irgendeiner Stelle zu bekommen, für die sich etwa so ein Landmädchen wie ich eignen möchte, und wo ich mir forthelfen könnte, ehe mein kleines Kapital aufgezehrt wäre. Was meine Herkunft und mein Betragen betraf, so hatte mir Esther sehr oft gesagt, ich sollte mich nur auf sie verlassen, sie wollte schon darüber Auskunft geben. So betroffen ich auch über die Trennung war, so hörte ich doch nicht gänzlich auf, Vertrauen in sie zu setzen und fing in meiner Gutherzigkeit an, zu denken, daß ihr Verfahren nichts Sonderbares gehabt und ich es bloß aus Mangel an Welterfahrung in einem falschen Licht betrachtet hätte.

Am nächsten Morgen also putzte ich mich so nett und sauber, wie es meine bäuerliche Kleidung nur erlaubte, und nachdem ich der Wirtin meine Schachtel zur sorgfältigsten Verwahrung übergeben hatte, ging ich aus und kam, ohne mich unterwegs durch irgend etwas länger aufhalten zu lassen, als man von einem Landmädchen erwarten darf, das kaum 15 Jahre alt war und jedes Schild und jeden Laden begaffen mußte, endlich in das gewünschte Vermittlungs-Comptoir.

Es wurde von einer ältlichen Frau verwaltet, welche dasaß, um ihre Kundschaft zu empfangen. Vor ihr lagen ein großes, dickes Buch und viele ausgebreitete Papiere mit Anweisungen auf Dienstplätze.

Auf diese wichtige Person ging ich also zu, ohne meine Augen aufzuschlagen oder jemand von den um mich stehenden Leuten anzuschauen, welche in gleicher Absicht hergekommen waren; und nachdem ich einen sehr tiefen Knicks gemacht hatte, stammelte ich ihr mir vieler Mühe mein Anliegen vor.

Als mich die gestrenge Frau mit der ganzen Ernsthaftigkeit und Gravität eines kleines Staatsministers ausgehorcht und mit einem Blick auf meine Figur gesehen hatte, was an mir war, gab sie mir keine eigentliche Antwort, sondern verlangte vorläufig nur den üblichen Handschilling, bei dessen Empfang sie mir sagte, Dienstplätze für junge Mädchen wären außerordentlich selten, besonders da ich ihr für harte Arbeit zu schwach gebaut vorkäme; sie wollte aber doch ihr Buch durchgehen und sehen, was für mich zu tun wäre, unterdessen sollte ich ein wenig warten, bis sie einige anderen Kunden abgefertigt hätte.

Hierauf trat ich ein wenig zurück, sehr bestürzt über diese Erklärung, welche mich in einer marternden Ungewißheit ließ, die zu meiner Lage nicht gut im Einklang stehen wollte.

Ich faßte aber bald Mut, suchte meine unleidlichen Gedanken zu zerstreuen, richtete den Kopf ein wenig auf und ließ meine Augen im Zimmer umhergehen, wo sie den Blicken einer Dame (denn dafür hielt ich sie in meiner großen Unschuld) begegneten, welche in einem Winkel saß. Sie trug einen samtenen Umhang (nota bene: mitten im Sommer), keine Haube, war dick und fett, mit kupfernem Gesicht und mochte wenigstens 50 Jahre alt sein.

Sie betrachtete mich, als wenn sie mich mit den Augen verschlingen wollte, vom Kopf bis zu den Füßen, ohne sich im mindesten an die Verwirrung und Schamröte zu kehren, in welche mich ihre starren Blicke versetzten, und welche ohne Zweifel die stärkste Empfehlung für sie waren und ihr den deutlichen Beweis gaben, daß ich für ihre Absicht geeignet wäre.

Nach einer kurzen Zeit, in welcher sie mein Gesicht, meine Person und ganze Gestalt auf das genaueste untersucht hatte (wobei ich mich meinerseits bemühte, die Untersuchung für mich vorteilhaft zu machen, indem ich mich zwang, den Kopf recht gerade zu halten und den besten Ausdruck anzunehmen), ging sie auf mich zu und fragte mich mehr sehr gezwungener Sittsamkeit: „Süßes Herzchen, sucht du einen Dienst?“

Ich antwortete mit einem tiefen Knicks: „Ja, wenn Sie erlauben.“

Hierauf sagte sie mir, sie wäre selbst hergekommen, um sich nach einem Dienstmädchen umzusehen – ob ich könnte unter ihrer Anweisung vielleicht dazu brauchbar werden – sie hielte mein Gesicht für eine hinreichende Empfehlung – London wäre ein schlimmer, gottloser Ort – sie hoffte, ich würde gut zu erziehen sein und mich vor böser Gesellschaft hüten. Kurz, sie sagte mir alles, woran nur eine alte, ausgelernte Praktikenmacherin in der Stadt denken konnte und mehr als nötig war, um ein einfältiges, unerfahrenes Landmädchen zu fangen, welches sich fürchtete, Landstreicherin und Gassenbettlerin zu werden und daher bei dem ersten Anerbieten eines Obdachs gern mit beiden Händen zugriff, besonders, da es von einer so ansehnlichen vornehmen Dame kam, für welche meine schmeichelnde Einbildung meine gegenwärtige Gebieterin ansah. So wurde ich denn im Dienst genommen unter den Augen der ehrlichen Vermittlerin, deren schlaues Lächeln und Achselzucken ich zwar bemerkte, aber in meiner Einfalt als Zeichen ihrer Freude über meine schnelle Versorgung auslegte. Allein, die beiden verstanden einander sehr gut, wie ich später erfahren habe, denn es war ein Markt, wo Madame Brown (meine Gebieterin) sehr oft wegen frischer Ware zum Gebrauch durch ihre Kunden und zu ihrem eigenen Vorteile hinging.

Madame war indessen so vergnügt über ihren Kauf, daß sie mich (wie ich vermute, in der Besorgnis, ich möchte durch ein Warnung oder sonst einen Zufall ihren Händen entwischen) auf das sorgfältigste in einer Kutsche zu meinem Gasthofe begleitete und dort selbst meine Schachtel abforderte, welche ihr, weil ich ja dabei war, ohne die mindeste Schwierigkeit oder anderweitige Erklärung gegeben wurde.

Als dies geschehen war, ließ sie den Kutscher zu einem Laden am Kirchhof St. Paul fahren, wo sie ein Paar Handschuhe kaufte, welche sie mir überreichte. Dort gab sie dann dem Kutscher Befehl, nach ihrem Haus zu fahren. Hier stiegen wir ab, nachdem sie mich unterwegs ganz aufgeheitert und mit angenehmen verfänglichen Vorstellungen unterhalten hatte, ohne eine einzige Silber verlauten zu lassen, aus welcher ich anderes hätte schließen können, als daß ich durch ein besonderes Glück in die Hände der gütigsten Frau, ich will nicht sagen Freundin, gefallen wäre, die man nur in der Welt hätte finden können. Daher trat ich voller Frohlocken und guter Erwartung in ihr Haus und nahm mir vor, sobald ich ein wenig eingerichtet sein würde, Esther von meinem seltenen Glück Nachricht zu geben.

Sie können sich denken, daß die hohe Meinung von meiner Versorgung nicht verringert wurde durch den Anblick eines sehr schönen Wohnzimmers, in welches ich geführt wurde und das nach meiner Auffassung prächtig ausmöbliert war, weil ich ja niemals bessere Zimmer als die ordinären Wirtsstuben an der Landstraße gesehen hatte. Es befanden sich darin zwei in vergoldeten Rahmen gefaßte Spiegel und ein Silberschrank, in welchem einige Gefäße zur Schau gestellt waren, die mich nicht nur blendeten, sondern auch zugleich völlig überzeugten, daß ich in eine sehr angesehene Familie gekommen sein müsse.

Nun fing meine Gebieterin an, ihre Rolle zu spielen, indem sie mir sagte, ich sollte guten Muts sein und frei mit ihr umgehen lernen; sie habe mich nicht als gemeine Hausmagd genommen, sondern als eine Art Gesellschaftsjungfer für sie, und wenn ich ein gutes Mädchen sei, so wolle sie mehr für mich tun als 20 Mütter. Auf dieses alles antwortete ich nur mit den tiefsten und ungeschicktesten Komplimenten und ein paar einsilbigen Worten, als da sind: ja! – freilich!

Jetzt klingelte meine Frau, und es trat eine dicke, starke Magd herein, die uns ins Haus gelassen hatte. „Hier, Martha“, sagte Madame Brown, „habe ich soeben dieses junge Frauenzimmer in meinen Dienst genommen, um acht auf mein weißes Zeug zu geben, führe sie also hinauf und zeige ihr das Zimmer; ich befehle dir, daß du ihr mit ebenso vieler Achtung begegnest wie mir selbst, denn sie gefällt mir aus nehmend wohl, und ich weiß nicht, was ich ihr nur zu Gefallen tun soll.“

Martha, eine verschmitzte, leichtfertige Dirne, welche zu dergleichen listigen Verführungen abgerichtet war, wußte nun, was sie zu tun hatte. Sie machte mir einen halben Knicks, bat mich, mit ihr hinaufzugehen und zeigte mir ein nettes Zimmer, zwei Treppen hoch, hinten hinaus, in welchem ein schönes Bett stand, worin ich, wie sie mir sagte, nebst einer Mamsell Muhme von ihrer Frau schlafen sollte, welche zu mir gewiß recht gut sein würde. Hierauf brach sie in gezwungene Lobeserhebungen über ihre gute, liebe Frau aus und versicherte mir, welch Glück ich gehabt, daß ich in ihre Hände gekommen wäre – ich hätte keine bessere Frau bekommen können –, nebst anderen ähnlichen, handfesten Aufschneidereien, welche jedem anderen Menschen eine Verdacht in den Kopf hätten setzen müßen, nur nicht einer in der Welt ganz unerfahrenen, einfältigen Närrin, die jedes Wort in seinem buchstäblichen Sinne nahm. Martha sah auch gar bald ein, mit welch einem scharfsinnigen Geschöpfe sie es zu tun hatte, und richtete sich bei ihrem Beschwatzen auch ganz genau danach, so daß die mich mit meinem Käfig zufrieden und gegen die Lockspeise blind machte.

Mitten unter diesen falschen Vorspiegelungen von der Beschaffenheit meines zukünftigen Dienstes wurden wir wieder hinuntergeklingelt. Ich mußte in eben dasselbe Zimmer gehen, in dem ein Tisch für drei Personen gedeckt war. Meine Frau hatte nur eine ihrer Favoritinnen bei sich, eine merkwürdige Hauptperson ihres Hauses, deren Geschäft darin bestand, solche jungen Fohlen wie mich schnell abzurichten. In dieser Absicht wurde sie mir als Schlafgenossin beigestellt. Um ihr mehr Ansehen zu geben, bekam sie von der ehrwürdigen Präsidentin dieses Kollegiums den Titel einer Muhme.

Zunächst mußte ich mich hier einer neuen Besichtigung unterwerfen, welche mit dem ganzen Beifall der Jungfer Phöbe Ayres endete (so hieß meine erwähnte Aufpasserin, deren Sorgfalt und Unterweisung ich auf das nachdrücklichste empfohlen wurde).

Nun wurde das Mittagessen aufgetragen, und Madame Brown zwang mich (ihrem Plane gemäß, mich als ihre Gesellschafterin zu behandeln), mich mit Ihre Wohlgeboren an die Tafel zu setzen, so sehr ich auch in aller Untertänigkeit und Verwirrung dagegen protestierte; denn mein bißchen Lebensart erstreckte sich just soweit, daß ich einsehen mußte, es schicke sich wohl nicht, mich ohne alle Umstände hinzusetzen.

Bei Tische wurde die Unterredung hauptsächlich von den beiden Damen geführt, in zweideutigen Ausdrücken fortgesetzt und zuweilen durch gütige Versicherungen gegen mich unterbrochen, die alle darauf abzielten, meine Zufriedenheit mit meinen gegenwärtigen Umständen fest und dauerhaft zu machen, denn vermehren konnten sie diese nicht; so töricht und unwissend war ich damals.

Es wurde auch verabredet, daß ich mich einige Tage verborgen halten und nicht sehen lassen sollte, bis man mir solche Kleider angeschafft haben würde, die sich zu dem Charakter einer Gesellschaftsjungfer bei meiner Frau, der mir zugedacht war, schickten. Sie machten dabei die Anmerkung, daß von den ersten Eindrücken meiner Figur viel abhinge. Die Aussicht, meine bäuerliche Kleidung mit Londoner Pracht zu vertauschen, ließ mich die Bedingung, gleichsam eingesperrt zu sein, gern ertragen. Allein die wahre Absicht der Madame Brown war, daß ich mich von niemandem sehen oder sprechen lassen sollte, weder von ihren Kunden noch von ihren Mädchen, bis sie guten Markt für meine Jungfernschaft geschaffen haben würde.

Um in meiner Hauptgeschichte fortfahren zu können, übergehe ich hier alle unbeträchtlichen Kleinigkeiten, welche mich bis zur Schlafenszeit über die Aussichten eines gemächlichen, angenehmen Dienstes bei diesen guten Leuten immer vergnügter machten. Nach dem Abendessen, als die Magd, welche uns in unser Schlafzimmer geleuchtet hatte, schon gegangen war, bemerkte Miß Phöbe ein sittsames Zaudern an mir, weil ich mich weder auskleiden, noch im Hemde vor ihr ins Bett steigen wollte; sie ging daher auf mich zu, fing an, mein Halstuch aufzureißen und meine Kleider zu lösen. Sie machte mich also beherzt, mich selbst auszukleiden, und da ich mich schämte, bis aufs Hemd nackend vor ihr zu stehen, so suchte ich ihr geschwind aus den Augen zu kommen, indem ich ins Bett kroch. Phöbe lachte und legte sich bald hernach zu mir. Sie war ungefähr 25 Jahre alt, nach ihrer eigenen, aber höchst verdächtigen Aussage, denn allem Ansehen nach mochte sie wenigstens 10 Jahre unterschlagen haben, abgerechnet die Verwüstung, die lange Buhlerei und warme Bäder ihrem Körper gebracht und sie frühzeitig in die Notwendigkeit versetzt hatten, Wollust zu lehren, statt sie selbst zu empfinden.

Dieses teure Werkzeug meiner Frau hatte sich kaum niedergelegt, als sie nach ihrer Gewohnheit, keine Gelegenheit zur Ausschweifung und Üppigkeit unbenutzt vorübergehen zu lassen, an mich rückte, mich umarmte und feurig küßte. Dies kam mir neu und seltsam vor, aber da ich es für bloß Freundschaftsbezeugungen hielt, die man, wie ich dachte, nach der Londoner Mode so auszudrücken pflegt, so ließ ich es auch an mir nicht fehlen, sondern erwiderte ihre Küsse und Umarmungen mit aller Inbrunst, derer nur meine vollkommende Unschuld fähig war.

Dadurch wurde sie noch kühner und verlieh ihren Händen eine außerordentliche Freiheit, welche nun auf meinem ganzen Körper herumwanderten, mich betasteten, drückten und mich mehr und mehr erhitzten; die ungewohnten Empfindungen setzten mich eher in Erstaunen, als daß sie mich hätten beunruhigen oder beleidigen sollen.

Ihre schmeichelhaften Lobsprüche, die sie diesen Angriffen mit untermischte, trugen auch nicht wenig dazu bei, mich ganz gelassen in meinem passiven Zustande zu erhalten. Da ich nichts Böses kannte, fürchtete ich auch nichts, besonders von einer Person, die mir allen Zweifel an ihrer Weibschaft genommen hatte, da sie meine Hände ein paar dicke, große Brüste betasten ließ, die ganz schlapp herunterhingen und einen hinlänglichen Beweis von ihrem Geschlechte geben konnten, zumindest mir, die ich noch keine anderen Vergleiche angestellt hatte.

Ich lag nun so zahm und wollig da, wie sie es nur wünschen konnte, derweilen ihre Kühnheit keine anderen Bewegungen in mir erregte, als ein mir ganz fremdes, nie gefühltes Vergnügen; jeder Teil meines Körpers war den freien, ungezähmten Griffen ihrer Hände ausgesetzt, welche gleich einem Lauffeuer auf ihm herumschweiften und alles erhitzten, was sie berührten.

Meine Brüste (wenn es kein zu kühner Ausdruck ist, zwei harte, fest, emporstrebende Hügelchen, die just anfingen, sich zu zeigen und dem Gefühle empfindbar zu werden, so zu nennen) beschäftigen eine Zeitlang ihre Hände, bis sie endlich auf der glatten Strecke weiter hinunterrutschten, wo sie gerade die sanften, weichen, seidenartigen Haare fühlen konnten, welche, kaum einige Monate zuvor hervorgesprossen, den anmutigen Berg dieser Teile besetzten und einen angenehmen Schatten über den lieblichen Ort des ausgesuchtesten, feinsten Gefühls zu verbreiten versprachen, der bis jetzt nur Sitz der unempfindlichsten Unschuld gewesen war. Ihre Finger spielten und verwickelten sich in die jungen Sprößlinge dieses Mooses, welches die Natur sowohl zum Nutzen als zur Zierde bestimmt hat.

Aber nicht zufrieden mit den Außenwerken, griff sie nun auch den Hauptplatz an. Da ging es an ein Kneifen, Winden, Drehen, Bohren, bis die endlich einen Finger hineinbrachte. Wäre sie nicht in so unmerklichem Grade allmählich zu Werke gegangen, und hätte sie mich nicht dadurch so erhitzt, daß meine Schamhaftigkeit nicht mehr imstande war, sich zu widersetzen, so würde ich aus dem Bette gesprungen sein und um Hilfe gegen einen so seltsamen Angriff geschrien haben.

Statt dessen hatten ihre lüsternen Berührungen ein Feuer in mir entfacht, das durch alle meine Adern kreiste, sich aber besonders in dem von der Natur dazu bestimmten Mittelpunkte festsetzte, wo nun zum ersten Male fremde Hände beschäftigt waren, die Lippen zu betasten, zu drücken und zu pressen, dann wieder zu öffnen und einen Finger dazwischen zu stecken, bis ein Ach! ihr zu verstehen gab, daß sie mir Schmerzen verursache und die enge, undurchbrochene Passage ihr nicht weiter einzudringen erlaube.

Unterdessen hatten das schmachtende Strecken und Dehnen meiner Glieder, mein Ächzen und starkes Herzpochen diese erfahrene Hexe davon überzeugt, daß ich über ihr Verfahren mehr vergnügt als beleidigt war, wobei sie immer mit Küssen und Ausrufen abwechselte, wie: Oh! Was für ein bezauberndes Geschöpf du bist! – Wie glücklich wird der Mann sein, der dich zur Frau macht! – Oh! Wenn ich doch um deinetwillen eine Mannsperson wäre! Nebst anderen dergleichen abgebrochenen Reden, die sie durch milde und doch so geile Küsse unterbrach, wie ich sie nie von dem anderen Geschlechte empfing.

Ich lag verwirrt, betäubt und ganz außer mir; eine so neue Empfindung war für mich zu stark; meine erhitzten und empörten Sinne befanden sich in einem Aufruhr, der mit alle Freiheit zu denken raubte; Tränen der Lust strömten aus meinen Augen und löschten einigermaßen das Feuer, das in mir wütete.

Phöbe selbst, die durchtriebene, abgefeimte Phöbe, welcher alle nur erdenklichen Arten der Wollust bekannt und geläufig waren, fand, wie es scheint, in dieser Ausübung ihrer Kunst, junge Mädchen abzurichten, die Befriedigung eines gewissen Geschmacks, für welchen sich kein Grund angeben läßt. Nicht, daß sie die Männer gehaßt oder wohl gar ihr eigenes Geschlecht vorgezogen hätte, aber wenn ihr solche Gelegenheit wie diese kam, so bewog sie ein nach der üblichen Art gesättigter Genuß, vielleicht auch ein geheimer Zug, Vergnügen mitzunehmen, wo sie solche finden konnte, ohne Unterschied des Geschlechts. In dieser Absicht, da sie nun versichert war, daß sie mich durch ihr Betasten zu ihrem Vorhaben hinlänglich erhitzt hatte, rollte sie die Bettdecke sachte hinunter, und ich sah mich nun nackend ausgestreckt, mein Hemd bis an den Hals aufgeschlagen, indessen ich weder Kraft noch Bewußtsein genug hatte, es zu verhindern; selbst meine glühende Röte drückte mehr Verlangen als Scham aus, derweilen das Licht, welches sie die ganze Zeit über gewißlich nicht ohne Absicht hatte brennen lassen, seinen vollen Schein auf meinen ganzen Körper warf.

„Nein“, sagte Phöbe, „du mußt nicht denken, mein süßes Mädchen, daß du alle diese Schätze vor mir verbergen darfst. Meine Augen müßen ihr Fest ebenso haben wie meine Hände. Ich möchte diesen aufschwellenden Busen mit meinen Blicken verschlingen – laß mich ihn einmal küssen – ich habe ihn noch nicht genug gesehen – laß mich ihn noch einmal küssen – ich habe ihn noch nicht genug gesehen –laß mich ihn noch einmal küssen – was für ein festes, sanftes, weißes Fleisch – wie fein geformt! – und dann diese niedliche weiche Wolle! Oh, daß mich den kleinen allerliebsten Reiz sehen! Es ist zuviel – ich kann es nicht länger aushalten, ich muß, ich muß. Hier nahm sie meine Hand und zog sie, wohin Sie leicht vermuten werden; aber was für ein Unterschied in dem Zustande ebendesselben Dinges! Ein großer Wulst von buschigem krausem Haar bezeichnete das ausgewachsene Weib.

Die Öffnung, wohin sie meine Hand zog, nahm diese leicht in sich auf, und sobald sie mich darin fühlte, bewegte sie sich in einer so heftigen Weise hin und her, daß ich meine Hand ganz feucht und schleimig zurückzog, als Phöbe augenblicklich sehr gelassen wurde und nach zwei oder drei Seufzern und einem Kusse, der ihre ganze Seele durch ihre Lippen auszuhauchen schien, die Bettdecke wieder über uns hinzog.

Was für ein Vergnügen sie dabei gefunden hatte, konnte ich nicht sagen; aber dies weiß ich, daß ich in derselben Nacht die ersten Funken der entbrennenden Natur empfunden und die ersten Begriffe von Befleckung gesammelt habe und daß die Bekanntschaft und der geheime Umgang mit dem schlimmeren Teil unseres Geschlechts für die Unschuld oft ebenso gefährlich sind wie alle Verfügungen durch das andere Geschlecht.

Als Phöbe sich wieder in ruhigem Zustande befand, von welchem ich weit entfernt war, forschte sie mich nach allen Umständen aus, die sie notwendig wissen mußte, um die Absichten meiner tugendhaften Gebieterin danach zu regeln. Nach meinen einfältigen und offenherzigen Antworten konnte sie sich nichts anderes als den erwünschten Erfolg versprechen, denn von meiner Unwissenheit, Willfährigkeit und meinem warmen Temperamente durfte sie alles erhoffen.

Nach einem ziemlich langen Gespräch ließ mich meine Schlafgesellin ruhen, und ich schlief aus bloßer Mattigkeit, in die ich durch die heftigen Gemütsbewegungen versetzt worden war, sogleich ein, als die Natur (welche zu sehr in Aufbrausen und Gärung gebracht worden war, als daß sie sich ohne irgendein niederschlagendes Mittel hätte setzen können) mich mit einem der angenehmen Träume erquickte, die uns beinahe ebenso sehr entzücken, als wenn sie sich bei offenen Augen realisieren.

Des anderen Tags früh um 10 Uhr erwachte ich vollkommen frisch und munter; Phöbe war schon vor mir auf und fragte mich auf die gefälligste Art, wie ich mich befände, wie ich geschlafen hätte und ob ich zum Frühstück bereit wäre. Dabei vermied sie auf das sorgfältigste, die Verwirrung, in welcher sie mich sah, wenn ich sie anblickte, durch eine Anspielung auf die Bettszene der vergangenen Nacht zu vermehren. Ich sagte ihr, wenn sie erlaube, so wolle ich aufstehen und jede Arbeit anfangen, die sie mir gütigst auftragen würde. Sie lächelte nur. Gleich darauf brachte die Magd das Teezeug, und ich hatte kaum meine Kleider angelegt, als meine Gebieterin angewatschelt kam. Ich erwartete nichts anderes, als meines späten Aufstehens wegen gescholten zu werden; allein ich wurde durch ihre Komplimente über mein heiteres, munteres Gesicht auf das angenehmste enttäuscht. Sie sagte mir, ich wäre eine Schönheitsknospe, und die schönen, vornehmen Herren würden mich ungemein bewundern. Meine Antworten auf dieses alles waren, wie ich Ihnen versichern kann, meiner geringen Lebensart angemessen; sie kamen so einfältig und pinselhaft, wie sie es nur wünschen konnte, und sie gefielen ihr ohne Zweifel unendlich mehr, als wenn sie ihr den Beweis gegeben hätten, daß ich durch Erziehung und Welterfahrung aufgeklärt gewesen wäre.

Wir frühstückten, und das Teegeschirr war kaum weggetragen, als zwei Bündel weißes Zeug und Kleidersachen hereingebracht wurden, um mich, wie sie es ausdrückten, vollkommen auszustaffieren.

Stellen Sie sich vor, Madame, wie mein eitles Herz vor Freude hüpfte, als ich den weißen Glanzzwirn mit silbernen Blumen sah, der zwar blank gescheuert war, aber bei mir für nagelneu passierte, die Haube mit Brüsseler Spitzen, gestickte Schuhe und dementsprechend das übrige: lauter Staat aus zweiter Hand, welcher durch die geschäftige Sorgfalt der guten Madame Brown nach den Erfordernissen der Umstände eiligst herbeigeschafft worden war. Denn sie wußten schon einen Kunden für mich im Hause, von welchem meine Reize gemustert werden sollten, und dieser hatte sich nicht nur, wie gewöhnlich, das vorläufige Besehen, sondern auch zugleich die unmittelbar darauffolgende Übergabe ausgebeten, falls ich ihm gefallen sollte. Er hatte die kluge Anmerkung gemacht, an einem solchen Orte wie diesem stünde es sehr mißlich um eine so zerbrechliche Ware wie eine Jungfernschaft.

Die Sorge, mich zu kleiden und zur Schau aufzuputzen, wurde nun Phöbe überlassen, welche dieses Geschäft in jeder Hinsicht sehr wohl verrichtete, nur nicht zur Befriedigung meiner Ungeduld, mich bald angekleidet zu sehen. Als es geschehen war und ich mich im Spiegel besah, konnte ich – dazu war ich zu sehr ein Kind der unverfälschten Natur – meine kindliche Freude über den Tausch nicht verbergen, einen Tausch, welcher, um die Wahrheit zu gestehen, zu meinem Nachteile ausfiel, denn meine reinliche, einfache, bäuerliche Kleidung hatte mir weit besser gestanden als der ungereimte, übel passende Flitterstaat, in welchem ich mich nicht recht zu bewegen wußte.

Indessen bestärkten mich Phöbes schmeichelhafte Lobsprüche (mit denen sie mir auch mitunter zu verstehen gab, wieviel ich ihrem Ankleiden zu verdanken hätte) in der Eitelkeit, die ich nun zum ersten Male in meinem Leben für meine Person empfand. Wie ich ohne alle Überhebungen sagen kann, war ich damals erträglich genug, um eine Neigung für mich zu rechtfertigen. Es möchte hier vielleicht nicht ganz unschicklich sein, Ihnen ein kleines Bild von mir zu geben.

Ich war groß, doch nicht allzu groß für mein Alter, welches, wie ich schon sagte, kaum 15 Jahre betrug, von einer vollkommen geraden, schlanken, leichten und freien Gestalt, welche nicht durch Schnürbrüste verbildet worden war. Mein Haar, glänzend schwarzbraun und weich wie Seide, floß in allen natürlichen Locken an meinem Halse hinab und hob die weiße Farbe meiner sanften Haut. Mein Gesicht war fast zu rot, obgleich es feine Züge hatte, von der Form eines rundlichen Ovals, ausgenommen ein Grübchen im Kinn, welches aber keine üble Wirkung machte. Meine Augen waren so schwarz, wie man sich nur denken kann, mehr schmachtend als funkelnd, außer bei gewissen Gelegenheiten, wo sie, wie man mir sagte, ziemlich blitzten. Meine Zähne, welche ich immer gut zu pflegen suchte, waren klein, ebenmäßig und weiß. Mein Busen war fein erhoben; man fand damals eher das Versprechen als den wirklichen Wuchs zweier runder, fester Brüste, welche bald ihr Versprechen wahr machten. Kurz, alle Teile der Schönheit, die man am meisten sucht, besaß ich. Meine Eitelkeit braucht nicht an das entscheidende Urteil unserer obersten Richter, der Mannspersonen, zu appellieren, welche sich alle, soviel ich mich zu erinnern weiß, zu meinem Vorteil erklärt haben; ich habe sogar unter meinem Geschlechte einige getroffen, die mir gern Gerechtigkeit wiederfahren ließen, und andere, die mich noch unverdächtiger lobten, weil sie sich bemühten, mir nur in bestimmten Punkten einen Vorzug einzuräumen, wo ich mich in Hinsicht auf Person und Gestalt vielleicht nur zufälligerweise gut ausgenommen hatte. – Dies ist, ich muß es gestehen, zu viel, zu starkes Eigenlob! Allein, würde ich nicht gegen die Natur und gegen meine Gestalt, denen ich soviel Vergnügen und Glück schulde, undankbar sein, wenn ich aus affektierter Bescheidenheit solche schätzbaren Gaben unerwähnt gelassen hätte?

Ich war also geputzt, aber es kam mir nicht im geringsten in den Sinn, daß dieser schöne Anzug nichts mehr wäre als eine Decke für ein Schlachtopfer, und ich schrieb aus lauter Unschuld alles der reinen Freundschaft und Gütigkeit der lieben, guten Madame Brown zu. Diese hatte, was ich zu berichtigen vergessen habe, unter dem Vorwande, mein Geld in Sicherheit zu bringen, ohne den mindesten Anstand den ganzen Plunder (so nenne ich ihn jetzt), der mir nach Abzug meiner Reisekosten übriggeblieben war, an sich genommen.

Nach einer kurzen Zeit, welche vor dem Spiegel in Selbstbewunderung auf das angenehmste zugebracht wurde, holte man mich in das Wohnzimmer herunter, wo mich die alte Dame begrüßte und mir zu den neuen Kleidern gratulierte. Sie schämte sich nicht, mir zu sagen, daß sie mir so gut stünden, als hätte ich in meinem ganzen Leben noch niemals minder vornehme getragen. Aber was konnte sie nicht alles aussprechen, das ich nicht anzunehmen einfältig genug gewesen wäre? Sie präsentierte mich zugleich einem ihrer Anverwandten, wenigstens mußte ich ihn dafür gelten lassen, einem ältlichen Herrn, welcher bei meinem Eintritt in das Zimmer auf mich zuging, mich grüßte, nachdem ich ihm einen Knicks gemacht hatte, und sich ein bißchen beleidigt fühlte, weil ich ihm nur meine Wangen hingereicht hatte, ein Versehen, welches er unmittelbar gutzumachen suchte, indem er seine Lippen mit einer Inbrunst auf die meinigen heftete, für welche ich wenig geneigt war, ihm zu danken nach den Eindrücken, die seine Gestalt auf mich gemacht hatte, eine Gestalt, die nicht unausstehlicher oder scheußlicher sein konnte; unangenehm und häßlich wären zu artige Ausdrücke, um einen rechten Begriff davon zu geben.

Stellen Sie sich einen Mann vor, welcher eher über als unter 60 Jahre war, kurz und übel gewachsen, von gelber Farbe wie ein Kadaver, mit großen, herausstechenden Kalbsaugen, die so starr blickten, als wenn er erdrosselt wäre, mit einem großen, aufgeworfenen Maul, welches ein paar Hauer als Zähne zeigte, mit geifernden Lippen und übelriechendem Atem. Und dann hatte er etwas so Scheußliches in seinen Zügen und sah so fürchterlich aus, daß er schwangeren Weibern hätte gefährlich werden können. Dessen ungeachtet war er so blind gegen seine Abscheulichkeiten, daß er glaubte, er wäre zum Gefallen geboren und kein Frauenzimmer könnte ihn ungestraft ansehen. In diesem Vermeinen hatte er große Summen Geldes an die armen Geschöpfe verschwendet, die sich überwinden konnten, die Verliebten gegen ihn zu spielen, indessen er denjenigen, welche nicht Kunst oder Geduld genug besaßen, ihren Abscheu zu verbergen, äußerst grob begegnete. Sein Unvermögen veranlaßte ihn mehr als die Notwendigkeit, in der Abwechslung ein Reizmittel zu suchen, das er unbedingt brauchte, um sich zu dem höchsten Grad des Genusses zu erheben, wobei er jedoch sehr oft von seinen Kräften verlassen wurde. Dieses setzte ihn allemal in einen Anfall von Wut, welche er, soweit er es wagen durfte, über die unschuldigen Gegenstände seiner augenblicklichen Begierde ausbrechen ließ.

Dies war also das Ungeheuer, zu welchem mich meine gewissenlose Wohltäterin, die schon lange seine Kupplerin war, verurteilt hatte! Sie ließ mich ausdrücklich zu dieser Absicht herunterholen, damit er mich in Augenschein nehmen könne, daher ließ sie mich fein gerade vor ihm posieren und drehte mich nach allen Seiten herum, steckte mein Halstuch auf, zeigte ihm das Steigen und Fallen, die Form und weiße Farbe eines Busens, der just anfing sich zu füllen; dann ließ sie mich auf und ab gehen und nahm sogar meinen bäuerlichen Gang als Gelegenheit, das Inventarium meiner Reize zu vergrößern; kurz, sie versäumte keinen Punkt der Kuppelei. Auf alles antwortete er nur mit gnädigem, beifallsvollem Nicken, indessen mich der Maulaffe wie ein Bock anstarrte, denn ich warf zuweilen einen verstohlenen Seitenblick auf ihn. Und wenn ich seinen brennenden, starren Blicken begegnete, sah ich gleich vor Schrecken und Abscheu wieder weg, welches er ohne Zweifel seinem Charakter gemäß für jungfräuliche Schamhaftigkeit hielt.

Dem sei, wie ihm wolle, man erlaubte mir bald, wieder zu gehen. Phöbe begleitete mich in mein Zimmer und blieb bei mir, damit ich nicht allein sei und Zeit haben möge, Betrachtungen anzustellen, wie sie einem jeden Menschen, der kein einfältiger Tropf ist, über eine solche Szene aufzusteigen mußten; allein – zu meiner Schande muß ich es gestehen – meine Dummheit war so überwindlich groß, oder vielmehr meine Unschuld so ungeheuer, daß mir über die Anschläge der Madame Brown noch nicht die Augen aufgingen und ich in diesem, ihrem sogenannten Vetter, nichts weiter erblickte als eine auffallend häßliche Person, die mich nicht im geringsten mehr anging, als mich Dankbarkeit gegen meine Wohltäterin meine Ehrfurcht auf ihre ganze Verwandtschaft ausdehnen hieß.