Die Angst im Süden - Ralf Weißkamp - E-Book

Die Angst im Süden E-Book

Ralf Weißkamp

0,0

Beschreibung

Ein Mann wird ermordet. Ein alter einsamer Mann, der zu den Trinkern gehört, die sich jeden Tag im Iserlohner Süden treffen. Ein Mann, den niemand vermissen wird. Ein Mann, dem niemand eine Träne nachweint. Seine Kollegen haben Angst. Wurde er ermordet, weil er gestört hat? Weil sie alle stören? Weil sie laut sind, Bier trinken und an die Kirche pinkeln? Weil man sie nicht sehen will an diesem idyllischen Ort mit den historischen Gebäuden rund um die alte Bauernkirche? Wird bald noch jemand sterben, damit sie verschwinden? Eine Frage, die auch Sabrina Dürmer und Lars Krenk, die beiden Ermittler der Iserlohner Kriminalpolizei, vorantreibt. Wer hatte ein Interesse daran, einen Mann ohne Zukunft und Bedeutung zu beseitigen? Miriam Marsberger, die sich als Sozialpädagogin um die Menschen im Iserlohner Süden kümmert, ist keine große Hilfe. Sie weiß mehr, als sie Sabrina und Lars sagt und hat eigene Pläne. Und während die Menschen im Iserlohner Süden um ihr Leben fürchten, tobt in der ältesten Unternehmerdynastie der Stadt ein Machtkampf. Ein Kampf mit weitreichenden Folgen, dessen Wurzeln in der Vergangenheit liegen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 248

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten mit lebenden oder realen Personen wären rein zufällig.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

1

„Den fasse ich nicht an.“ Lars ging aus der Hocke und sah mit heruntergezogenen Mundwinkeln seine neue Kollegin Julia Hamann an. „So eine verwahrloste Leiche ist mir bislang noch nicht untergekommen. Zumindest nicht, wenn sie noch nicht im Stadium der Verwesung war.“

„Mir schon, in meiner ersten Dienststelle in Gelsenkirchen. Ein Obdachloser, seit vielen Jahren auf der Straße und seit noch mehr Jahren alkoholabhängig.“ Sie sahen auf den hageren Mann vor ihnen, der in einer unnatürlichen, verrenkten Haltung auf dem Rasen lag. Ein Hosenbein war hochgeschoben und gab einen dünnen, mit Krampfadern durchzogenen Unterschenkel frei, die Hände mit den langen, vom Tabak braunen Fingernägeln hatten sich im Boden verkrampft, im aufgerissenen Mund steckten noch fünf vergilbte Zähne.

„Wenn die Wunde am Hinterkopf nicht wäre, hätte ich auf totgesoffen getippt. Wer erschlägt solch einen Mann, das kann doch nur im Affekt gewesen sein.“

Julia Hamann nickte. „Wahrscheinlich gab es Ärger um Alkohol oder Geld, die beiden einzigen Themen, die in dieser Szene noch wirklich von Bedeutung sind.“

„Ich fahre oft hier vorbei und sehe die Leute, wie sie zusammenstehen, trinken und quatschen. Sie gestikulieren, lachen und regen sich auf, sie belagern die Bushaltestellen oder stehen hinter den öffentlichen Toiletten, sehr zum Ärger der Anwohner. Mir ist noch nie aufgefallen, dass sie sich gestritten haben. Aber, wie gesagt, ich sehe sie nur kurze Zeit.“

„Für diesen Bereich gibt es bestimmt einen Sozialarbeiter, den müssen wir ausfindig machen. Mal schauen, was der uns über den Mann erzählen kann. Und natürlich seine Kollegen.“ Dabei wies sie auf die Männer und Frauen, die in der Nähe standen und sie beobachteten, alle mit einer Flasche oder Dose Bier in der Hand. „Kommst du mit?“

Julia ging los, während Lars verdutzt stehenblieb. Die Leute wollte er erst befragen, wenn die KTU ihre Arbeit beendet hatte. Dafür war es jetzt zu spät und er folgte mürrisch seiner jungen Kollegin. Wie er befürchtet hatte, suchten einige der Menschen das Weite, als Julia auf die Gruppe zuging.

„Guten Tag, Hamann von der Kripo Iserlohn. Wer von Ihnen kennt den Mann?“

Drei der vier Männer schüttelten den Kopf. „Das war der Horst“, sagte der vierte, ein relativ junger Mann im Rollstuhl, dem der rechte Unterschenkel fehlte, „aber von uns war das keiner, wir machen so was nicht“, stellte er unter dem beifälligen Nicken der anderen klar.

„Wie er heißt, wissen wir, er hat seinen Ausweis dabei. Können Sie uns etwas über ihn erzählen? Was er gemacht hat, seit wann Sie ihn kennen? Wann Sie ihn zuletzt lebend gesehen haben?“

Der Amputierte zuckte mit den Schultern und sah Julia aus glasigen Augen an, fettige zerzauste Haare, die Stimme brüchig. „Hat mal gearbeitet, hat er gesagt, keine Ahnung, was. Und verheiratet war er auch, bis er krank wurde, hat er gesagt. Irgendwas mit den Nerven, mehr weiß ich nicht.“

Lars betrachtete die vier Männer, die sicher deutlich jünger waren, als sie aussahen, arm und schlecht gekleidet. Hinter ihnen diese schöne Kulisse, der historische weiße Museumsbau in der parkähnlichen Anlage rund um die uralte Bauernkirche, was für ein Kontrast.

„Es wäre sehr hilfreich, wenn Ihnen noch etwas einfällt“, sprach er die Männer an. „Sie könnten uns sehr helfen, das werden wir Ihnen nicht vergessen. Wir kommen in ein, zwei Tagen noch mal vorbei, bis dann.“ Ohne Julias Reaktion abzuwarten, drehte er sich um und ging zurück zum Fundort, einem kleinen Rasenstück hinter den verglasten Bushaltestellen. Er nahm den Ausweis in einer der kleinen Plastiktüten, die ihm ein Mitarbeiter der KTU hinhielt. „Werner Gadberg, dreiundsechzig Jahre, Postadresse die Diakonie, wie üblich. Lass uns ins Büro fahren und ihn überprüfen, dann rufen wir die Sozialpädagogin an, ich hatte schon mal mit ihr zu tun. Ich hoffe, es ist noch die gleiche.“

„Warum hast du das Gespräch mit den Männern einfach abgebrochen?“ Julia hatte die Hände in die Hüften gestemmt und schien mit seiner Entscheidung gar nicht einverstanden.

„Weil wir von denen heute nichts erfahren werden, ganz einfach. Die müssen sich erst einmal besprechen, wenn wir wiederkommen, werden sie gesprächiger sein.“

„Wir könnten sie vorladen, einen nach dem anderen, unter Druck setzen,“ funkelte sie ihn an.

„Das können wir immer noch, aber wir sollten versuchen, ihr Vertrauen zu gewinnen, das könnte langfristig besser sein, okay? Ich habe schon mal mit der Szene zu tun gehabt, da wurde ein Mann vermisst. Manche von denen sind regelrecht froh, wenn sie mit jemanden anderem sprechen können, nicht nur mit dem Jobcenter oder einem Sozialarbeiter. Aber mit der können wir weitermachen, eine Miriam Marsberger, Sozialpädagogin, hier ist ihre Nummer.“ Dabei fischte er eine Visitenkarte aus seinem schwarzen Portemonnaie.

„Okay“, stimmte Julia zu, auch wenn es sich für ihn nicht überzeugt anhörte. „Ich mache einen Termin mit ihr. Bin gespannt, was sie uns über den Toten erzählen kann. Und vielleicht über einen Täter.“

„Der Nächste bin ich.“ Überrascht blickte Lars seinen Gesprächspartner an.

„Wie kommen Sie darauf, Herr Wiemer? Und warum denken Sie, dass es einen weiteren Toten geben wird?“

Der senkte den Kopf und verschränkte nervös die Hände. „Keine Ahnung. Ich weiß nicht, nur so ein Gefühl.“

„Sie brauchen keine Angst zu haben, Herr Wiemer“, versuchte Lars ihn zu beschwichtigen, „es sieht alles nach einer spontanen Tat aus, der Mann wurde mit großer Wucht erschlagen. Möchten Sie eine?“ Er hielt ihm die Packung Zigaretten hin, die er extra für diesen Besuch gekauft hatte. Mit zitternden Fingern griff der zu, nahm sich eine der Filterzigaretten und zündete sie sofort an. Lars ignorierte das Rauchverbot im Büro. „War es ihre Angst, die Sie zu uns geführt hat? Sie sind der Einzige der Männer, der ins Präsidium gekommen ist.“

„Der Penner, meinten Sie.“ Ein Lächeln spielte um seine bärtigen Lippen, als er Lars ansah. „Ja, das sind wir, Alkoholiker, Wohnungslose, was Sie wollen. War aber nicht immer so, bei fast allen nicht.“

Lars nickte und betrachtete sein Gegenüber aufmerksam. Vieles unterschied ihn von den anderen Männern, mit denen sie gesprochen hatten. Seine Kleidung war gepflegter, sein Bart ordentlicher. Ja, er roch nach Alkohol und Zigaretten, wie die anderen auch. Aber vor allem seine Sprache war es, die ihn unterschied, seine Sprache und seine wachen Augen. Lars war sicher, dass der Mann eine höhere Bildung genossen hatte, in einem anderen Leben.

„Wie ich schon sagte, Sie müssen keine Angst haben, auch wenn wir den Täter noch nicht ermittelt haben. Es deutet nichts auf eine gezielte Tat hin, Herr Wiemer, seien Sie beruhigt.“

Lars war es peinlich, dass er es instinktiv vermied, dem Mann bei der Verabschiedung die Hand zu geben. Als sein Besuch das Büro verlassen hatte, riss er die Fenster auf und ging runter zu Julia. Sie wollte vor der Tür etwas frische Luft schnappen, hatte sie gesagt.

„Hallo Julia. Dieser Wiemer, der gerade bei mir war, hat Angst, dass er der Nächste ist, der umgebracht wird.“

„Wieso das denn?“, blickte sie ihn fragend an. „Wie kommt der darauf, dass die Tat der Beginn einer Serie ist?“

„Bauchgefühl, sagt er. Ich habe ihn beruhigt, weil nichts darauf hindeutet. Hast du von den anderen Männern etwas erfahren?“

„Nichts Wichtiges, weder von denen noch von der einen Frau, die auch zu dieser Szene gehört. Entweder wissen die nichts oder haben Angst.“

„Wohin tendierst du?“ Lars sah sie unauffällig an, das spät-sommerliche Gegenlicht betonte ihre sportliche und weibliche Figur noch mehr. In der kurzen Zeit ihrer Zusammenarbeit hatte er festgestellt, dass sich in dieser warmherzigen Frau auch eine gehörige Menge Durchsetzungsvermögen befand.

„Ich glaube, die wissen wirklich nichts, so wie wir. Die Tatwaffe könnte ein Baseballschläger gewesen sein, sagt der Gerichtsmediziner. Keiner von denen trägt so etwas bei sich oder wurde schon mal damit gesehen, sagen die Anwohner. Und keiner aus der Szene hatte ein Motiv, dieser Gadberg war beliebt, gab gelegentlich sogar einen aus. Nein, das muss ein Fremder gewesen sein.“

„Vielleicht ein politisches Motiv?“

„Du meinst, wegen des Baseballschlägers? Neonazis?“, fragte sie zurück, während sie ihre blonden Haare mit einer Hand zurückstrich. „Können wir nicht ausschließen, ich frage mich nur, ob die Rechten den immer noch benutzen. In den sozialen Netzwerken ...“

„... war kein Hinweis darauf zu finden, ich weiß“, ergänzte Lars den Satz. „Nur die üblichen dummen Kommentare, von die armen Obdachlosen, diese kalte Gesellschaft bis selbst Schuld, ausrotten, das asoziale Pack. Wenn es ein politisches Motiv gegeben hätte, würden wir jemanden, eine Gruppe finden, die sich dazu bekennt.“

„Oder vorgibt, es gewesen zu sein. Nein, ich denke auch nicht, dass sich jemand damit schmücken will, einen Obdachlosen umgebracht zu haben.“

„Obwohl er strenggenommen nicht obdachlos war. Er hat an dem Projekt ambulant betreutes Wohnen teilgenommen.“

„Aber häufig auf der Kippe stand, wie sein Betreuer von der Diakonie gesagt hat.“

„Ja, aber auch dort finden wir kein Motiv. Wir wissen nur, dass es ein Mann gewesen sein muss, ein kräftiger Mann. Das spricht gegen die Leute aus der Trinker-Szene. Zumal die zur Tatzeit, am frühen Morgen, noch nicht vor Ort waren. Was wollte dieser Gadberg so früh dort? Hat ihn jemand hingelockt? Oder hat er irgendwo übernachtet und ist dann früh los, weil er es musste?“

„Dafür könnten die fremden Fasern sprechen, die die KTU an seiner Kleidung gefunden hat. Sie stammen nicht aus seiner Unterkunft im betreuten Wohnen.“

„Wir haben so gut wie nichts“, seufzte Lars. „Eigentlich können wir nur darauf hoffen, dass sich jemand verplappert.“

„Was nicht selten vorkommt. Ich schnappe mir die Akte und gehe noch einmal seine familiären Verhältnisse und die seiner Trinker-Kumpane durch, vielleicht versteckt sich dort doch noch ein Ansatz.“

„Gut, ich komme gleich nach.“ Lars sah ihr hinterher, als sie das Gebäude betrat, ihr Gang und ihre enganliegende Jeans faszinierten ihn. Neben einem tollen Hintern hatte sie auch einen sehr analytischen Blick auf die Fakten und Daten, eine Eigenschaft, die er schon nach kurzer Zeit sehr schätzte. Dennoch, es war anders als mit Sabrina. Er beschloss, zu ihr zu gehen.

Diesen Schachzug hatte sie ihm nicht zugetraut. Und sie ärgerte sich, weil sie ihn unterschätzt hatte, nach all den Jahren. So viel Fantasie hätte sie bei diesem Betriebswirt nicht erwartet. Sei es drum, er würde sie kein zweites Mal überraschen. Sie nahm ihre Unterlagen, ging über den Flur zum Seminarraum, in dem zwanzig Frauen und Männer auf sie warteten. Alle in Businesskleidung, alle zwischen dreißig und vierzig Jahre alt, alle die gleichen Gesichter, alles Entscheider, alle warteten auf sie, auf ihren Vortrag über die Psychologie der internen Organisationskommunikation. Zwanzig gut zahlende Kunden und vor allem zwanzig neue Kontakte, neue Knotenpunkte in ihrem Netzwerk.

„Einen guten und erfolgreichen Tag, meine Damen und Herren. Ich freue mich auf viele Fragen und einen regen Austausch nach meinen Erläuterungen.“ Routiniert spulte Cäcilie von Iseren ihren Vortrag ab. Schon nach wenigen Minuten spürte sie das Vibrieren ihres Handys, es wiederholte sich alle zehn Minuten. Genervt holte sie es heraus, nachdem das Publikum sie mit viel Applaus vom Pult entließ. „Verdammt, was ist denn?“ Ungeduldig hörte sie die Antwort auf ihre Frage, die eindringliche Stimme. „Ich komme so schnell wie möglich, du hast recht, wir müssen uns beraten.“ Fieberhaft überlegend legte sie auf. Das hätte nicht passieren dürfen.

„Alles ungewohnt, ja, da hast du recht, es ist alles anders. Wie ist dein neuer Kollege?“

„Ungeduldig, manchmal etwas grob, eben wegen seiner Ungeduld. Aber eigentlich ganz nett, ich kenne ihn ja erst seit ein paar Tagen.“

„Wieso ungeduldig? Gehen ihm die Ermittlungen zu langsam?“ Lars wusste mit Sabrinas Beschreibung nicht viel anzufangen.

„Nein, das ist es nicht.“ Sabrina lehnte sich an das Geländer vor dem Präsidium und blickte nachdenklich auf den Parkplatz. „Er will weg und ist wohl enttäuscht, dass seine Versetzung nicht durchgekommen ist. Scheint so, als wolle er Karriere machen, in Düsseldorf. Stattdessen bleibt er weiter in Iserlohn.“

„Das ist schlecht und macht die Zusammenarbeit bestimmt nicht leichter. Ich hoffe, er kommt schnell darüber weg, damit du gut mit ihm arbeiten kannst.“

„Das wird schon“, lächelte sie ihn an, „und wie ist es bei dir? Hast ja eine wirklich hübsche Partnerin abbekommen, sieht klasse aus, die junge Kollegin.“

„Kein Grund zur Eifersucht, nicht mein Typ, weißt du doch. Manchmal nervt sie gewaltig. So wie heute, spricht sich nicht mit mir ab bei der Zeugenbefragung. Ich hoffe, es entwickelt sich, aber ich habe den Eindruck, die will auch nicht lange bleiben. Woran arbeitet ihr zurzeit?“

„Nur ein paar Betrugsdelikte, nichts Großes, eher langweilig. Du hast die Mordermittlung, richtig?“

Lars nickte. „Ja, der erschlagene alte Mann. Noch haben wir keine Spuren, der hatte keine Verwandten und war bei seinen Kollegen beliebt, ein Motiv fehlt völlig. Ich hoffe einfach, dass doch noch einer seiner Zechkumpane etwas sagt. Wer hat etwas von dem Tod des Mannes, bei dem gab es nichts zu holen und die wenigen Euro, die er noch besaß, waren in seiner Tasche.“

„Haben die Untersuchungen der KTU etwas Brauchbares ergeben?“

„Die Fasern, die an seiner Kleidung waren, konnten wir nicht zuordnen, erschlagen wurde er vermutlich mit einem Baseballschläger.“

„Das ist wirklich nicht viel, was wisst ihr über den Mann?“

„Wir haben morgen noch ein Gespräch mit einer Sozialpädagogin, die sich um die Leute in der südlichen Innenstadt kümmert, eine Miriam Marsberger. Kennst du die?“

„Nein“, schüttelte Sabrina den Kopf, „habe ich noch nie gehört. Ich drücke die Daumen, dass ihr in seiner Biografie etwas findet, das euch weiterhilft.“

„Das hoffe ich auch, ich setze auf den Bericht dieser Sozial-Tussi. Wäre doch peinlich, wenn der erste Fall des neuen Teams gleich in den Akten landet.“

„Macho, die ist keine Tussi“, grinste ihn Sabrina gespielt empört an. „Ihr kriegt den Täter und mit dem Erfolg kann sich deine Kollegin in einer anderen Stadt bewerben.“

Lars schwieg. Nicht nur der Fall machte ihn nachdenklich.

2

„Nicht am Telefon, ich bin in wenigen Minuten bei dir. Nein“, korrigierte sich Cäcilie von Iseren, „wir treffen uns bei Spetsmann, das ist besser.“ Sie nahm ihren Autoschlüssel, ging die Treppe hinunter zum Parkplatz und startete ihren silbergrauen Boxster. Sie brauchte nur wenige Minuten vom Schulungszentrum an der Handwerkerstraße bis zu dem altehrwürdigen Café. Sie parkte direkt davor und betrat das Lokal, das wie fast immer sehr gut besucht war. Ihr Bruder Reinhart hatte im hinteren Bereich des Cafés einen Tisch gefunden. Sehr gut, dachte sie und lächelte auf dem Weg zu ihm, so kann uns aus dem Verkaufsraum niemand sehen.

„Gut, dass du so schnell kommen konntest“, sagte sie, als sie sich setzte. Ihr Bruder nickte nur, dann warteten sie auf die Bedienung, bestellten Kaffee und zwei Stücke Mailänder. Als die junge Frau ihren Tisch verließ, wandte sich Cäcilie ihrem Bruder zu.

„Wie konnte er von diesem Treffen erfahren? Hat dein Kollege etwas gesagt?“

„Mit Sicherheit nicht“, schüttelte Reinhart bedächtig den Kopf. „Ich weiß es noch nicht, ich bin davon ausgegangen, dass unser Termin in der Kanzlei vertraulich war.“

„Der Inhalt ist es, aber allein, dass er von der Existenz dieses Treffens weiß, ist mehr als ärgerlich.“

„Und dass er es ganz beiläufig bei seinem letzten Besuch beim Alten erwähnt hat. Wie der reagiert hat, weiß ich nicht, wir sollten dennoch eine Weile nichts unternehmen.“

„Meetings gibt es nur noch außerhalb Iserlohns, zu dritt“, stellte Cäcilie energisch klar. „Jetzt lassen wir die Sache unerwähnt und falls uns der General fragt, es war Zufall, ein Wiedersehen nach längerer Zeit.“

„Du weißt genau, dass uns der alte Fuchs das nicht abnimmt“, lächelte Reinhart. „Der weiß doch, dass die Nachfolgefrage des Konzerns bald ansteht. Nicht so früh, wie er glaubt, aber dass es geschehen wird. Nur von deinem, unserem Interesse ahnt er nichts.“

Und dass du dabei keine Rolle spielst, lächelte sie ihren Bruder herzlich an.

„Es ist wirklich tragisch, wie ein Ereignis einen Menschen aus der Bahn werfen kann. Der hat ganz normal gelebt, sagt diese Marsberger, mit Familie, Beruf und allem Drum und Dran.“

„Hast du mit ihr gesprochen?“, wunderte sich Julia. „Wir sind doch unterwegs zu ihr.“

„Nur kurz, als ich den Termin gemacht habe. Mehr weiß ich auch noch nicht, aber sie scheint eine Menge über diese Leute in der südlichen Innenstadt zu wissen.“

„Ich habe es mir gestern mal angesehen, rein privat. Die meisten hatten sich hinter dem Toilettenhaus getroffen, standen rum, tranken Bier und diskutierten die Weltlage, ungefähr zehn Leute, davon nur eine Frau.“

„Stellt sich wieder die Frage, ob Frauen seelisch stabiler oder Männer eher dem Alkohol zugeneigt sind.“

„Oder beides, keine Ahnung. Wenn ich Zeit habe, werde ich mal im Netz nach Informationen dazu suchen. Da ist die alte Fabrik, mit dem Parken sieht es nicht so prickelnd aus. Scheint ziemlich voll zu sein.“

Lars seufzte, bog links ab und parkte den schwarzen Dienst-BMW in der kleinen Seitenstraße. Sie gingen über die Straße zum Seiteneingang der alten Fabrik, von dort hinauf in die erste Etage.

„Donnerwetter!“, staunte Lars, als er das Stockwerk sah. So grob und heruntergekommen das alte Gemäuer aussah, innen präsentierte sich ihnen ein Gebäude mit tadellos restaurierten Büros und Lofts, rustikale Backsteinoptik mit Holzdielen, Glas und Stahl.

„Die kommen hier mit der Vermietung gar nicht mehr nach.“

Lars und Julia drehten sich um. Vor ihnen stand eine Frau in den Dreißigern oder Vierzigern, kurze dunkle Haare, eine runde Brille, bunt gekleidet und freundlich lächelnd. Sie sahen in wache, neugierige Augen.

„Sie müssen die Beamten von der Kripo sein, Frau Hamann und Herr Krenk, richtig?“

„Ja, und Sie sind Frau Marsberger, nehme ich an.“ Lars reichte der Frau die Hand, sie war ihm auf Anhieb sympathisch. „Können wir in ihr Büro gehen?“

„Gern, gleich hier auf der linken Seite.“ Sie ging voraus und öffnete die eine Tür, die zu einem funktional eingerichteten Büro führte.

„Bitte, nehmen Sie Platz. Kaffee, Tee?“ Dabei schob sie ihnen eine kleine Schüssel mit Keksen zu.

„Danke, für mich nicht“, lehnte Lars ab, während seiner Partnerin nur kurz den Kopf schüttelte. „Frau Marsberger, Sie hatten mir bereits gesagt, dass das Opfer, Werner Gadberg, in früheren Zeiten ein ganz normales bürgerliches Leben führte. Können Sie uns sagen, was ihn aus der Bahn geworfen hat?“

„Ist das wichtig für Ihre Ermittlungen?“

Lars sah, wie sie sich entspannt zurücklehnte und ihre Finger ineinander verschränkte.

„Es könnte so sein, wenn wir in seiner Vergangenheit einen Anlass für diese Tat finden, einen Menschen, mit dem er Probleme, Streit hatte.“

„Ich kenne Werner jetzt seit sieben Jahren“, holte die Sozialpädagogin aus, „er ist nicht der Mensch, der Streit hatte. Er ging ihm aus dem Weg, auch bei seinen Kollegen, was übrigens sehr selten vorkam. Wir haben öfter über seine Vergangenheit gesprochen, glauben Sie mir, er hätte sie gerne wiedergehabt. Es war der Tod seiner Frau, den er nicht verarbeiten konnte. Dann kam das, was uns immer wieder begegnet, der Griff zur Flasche, bald täglich, bald immer mehr, die Kündigung und die Haltlosigkeit, nachdem alle seine Strukturen weggebrochen waren. Auch seine Kinder wollten irgendwann nichts mehr von ihm wissen. Überfordert von der Situation, nicht ahnend, an wen er sich wenden, wo er Hilfe bekommen sollte, stand bald die Zwangsräumung an. Mittlerweile hatte er nach Jahren auf der Straße wieder ein Zimmer, betreutes Wohnen. Aber einen Hinweis, ein Motiv für seine Ermordung, das finde ich nicht in seiner Vergangenheit, nein.“

„Was hat er früher gearbeitet?“

„Er war Maler, Frau Hamann, Anstreicher, wie man früher sagte, als Geselle lange Jahre im gleichen Betrieb. Und es gab auch dort keinen Streit“, ergänzte die Sozialpädagogin lächelnd, „tut mir leid für Sie, er hat oft von dieser Zeit gesprochen, von seinen Arbeitskollegen, von seinem Chef.“

„Dann können wir uns diesen Weg sparen“, stellte Lars fest, „stattdessen sollten wir mehr mit seinen Kollegen und Trinkkumpanen sprechen. Gibt es unter denen jemand, der ihm näherstand als die anderen?“

„Tut mir leid, dass ich Sie auch in diesem Punkt enttäuschen muss, Herr Krenk. Werner war beliebt, hatte für alle ein offenes Ohr, und das macht die ganze Geschichte umso rätselhafter. Und profitieren konnte von seinem Tod niemand.“

„Könnten Sie uns bei den Gesprächen mit den Männern begleiten?“

„Nein, auf gar keinen Fall“, lehnte Miriam Marsberger entschieden ab. „Ich habe in vielen Jahren zu den Menschen hier ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, und wenn ich jetzt mit Ihnen, der Polizei ...“

„Verstehe schon“, nickte Lars.

„Erwarten Sie keine Offenheit bei den Gesprächen und nehmen Sie Ablehnung nicht persönlich. Für viele dieser Menschen bedeutet offen zu sein verletzbar zu sein.“

Miriam wartete, bis die Beamten das Gebäude verlassen hatten, dann ging sie ebenfalls. Sie schlug den Weg von der Oberen Mühle zum Museum ein, überquerte am Kreisverkehr die Straße und ging zu den Männern, die sich hinter der Toilettenanlage aufhielten. Wim kam mit seinem Rollstuhl auf sie zu.

„Hallo Miriam. Alles in Ordnung bei dir?“

„Alles gut, Wim, bei dir auch? Ist das Problem mit dem Jobcenter jetzt geklärt?“

„Meine Fallmanagerin, die Frau Schneider, will sich nochmal bei dir melden, aber sie sagte, es ginge alles in Ordnung mit der Nachzahlung. Hast du schon was Neues gehört? Von Werner, meine ich, die Bullen waren doch gerade bei dir.“

Wie immer machten Neuigkeiten auf der Straße sehr schnell die Runde. „Die suchen nach Spuren, von mir wollten sie nur wissen, wie der Werner früher gelebt hat.“

„Haben die ... haben die was davon gesagt, dass sie einen von uns verdächtigen?“

Miriam wartete mit ihrer Antwort, bis Wim die Bierflasche wieder abgesetzt hatte. „Nein, davon haben sie nichts gesagt. Aber du weißt doch, dass er sehr früh erschlagen wurde, um sechs Uhr, früher als ihr euch hier trefft. Weißt du, was er um diese Uhrzeit hier wollte? War er mit jemandem verabredet?“

„Wenn ich es wüsste, würde ich es dir sagen, dir kann man ja vertrauen, du rennst nicht zu den Bullen. Nee, ich habe keine Ahnung, was der gestern so früh hier gemacht hat. Vielleicht konnte er mal wieder nicht schlafen.“

Miriam verabschiedete sich von dem Mann und beschloss, im Café Schnöggel einen Milchkaffee zu trinken und ein Stück Torte zu bestellen. Es war ein warmer Septembertag und sie hatte Glück, erwischte einen der wenigen freien Plätze auf der kleinen Terrasse. Nachdenklich sah sie auf den Platz, der vor einigen Jahren neugestaltet worden war, die Rasenflächen, die sich zwischen den alten weißgestrichenen Häusern und der Bauernkirche verteilten, eine sehr entspannte, friedliche Atmosphäre. Der Mord an Werner störte. Er störte sie persönlich, musste sie sich eingestehen. Sie war verantwortlich für diesen Bereich, ihr vertrauten die Menschen. Und das sollte so bleiben. Sie lächelte und nahm einen Schluck Milchkaffee, als sie einen Entschluss fasste.

„Wir brauchen eine Entscheidung. Die solltest du so schnell wie möglich treffen, sonst leidet das ganze Unternehmen, die Leute sind verunsichert.“

„Für die Gerüchte, die im Konzern wabern, bin ich nicht verantwortlich. Und für das Geschwätz der Leute schon gar nicht. Ich habe euch doch gesagt, Norbert, dass ich die Entscheidung rechtzeitig erläutern werde. Und du weißt auch, dass diese Entscheidung sehr sorgfältig und ausgewogen getroffen werden muss. Herrgott, wie oft haben wir das diskutiert, wie oft haben wir alle Möglichkeiten erörtert? Warum drängst du jetzt zur Eile, obwohl du weißt, dass es nicht angebracht ist, ja sogar schädlich sein kann? Mit unüberschaubaren Folgen für unser Unternehmen? Ihr alle seid geeignete Nachfolger, ob einer allein oder als Team. Das werden wir weiter überdenken, mit euch, mit der restlichen Geschäftsführung und auch mit ihm. Und jetzt zurück zum Geschäft, was macht die Firmen-Dokumentation? Ist das Gremium um diesen Historiker, diesem ...“

„Dr. Mommsen. Bis Ende der Woche liegt ein Exemplar vor. Wenn wir es geprüft haben, kann es anschließend in den Druck und wir haben es rechtzeitig zum Jubiläum.“

„Nicht wenn, wir brauchen sie bis zu dem Datum. Und jetzt lass mich bitte allein.“

Dr. Sebastian von Iseren schloss die Augen und lehnte sich zurück, nachdem sein Sohn das Büro verlassen hatte. Er wusste, dass es Spannungen gab, dass seine Kinder um die Leitung des Unternehmens kämpften. Seine Söhne, Cäcilia nicht, sie lebte in einer anderen Welt, wollte von dem Unternehmen nichts wissen. Er blickte auf seine Uhr und beschloss, für heute genug Zeit in seinem Büro verbracht zu haben, den Rest der Aufgaben würde er zuhause erledigen. Er stand auf, nahm seine Jacke und ging über die gewundene Treppe hinunter ins Foyer, grüßte im Vorbeigehen die hübsche Empfangskraft. Ihm fiel auf, dass die auch schon die Dreißig erreicht haben musste. Zeit, sie auszutauschen. Sein silbergrauer Cayenne stand wie immer direkt neben dem Eingang. Er startete ihn und fuhr von seinem Firmensitz in seine Villa in der Iserlohner Innenstadt, dem Stammsitz der Familie, seit über achtzig Jahren.

„So früh habe ich dich nicht erwartet, wie war dein Tag?“

„Arbeitsreich, wie immer, Gespräche und Konferenzen.“ Er schenkte sich einen Tee in die weiße Tasse und nahm vorsichtig einen Schluck. Wie jeden Tag führte ihn sein erster Weg in die große Küche, eingerichtet im Landhaus-Stil, mit viel dunklem Holz, von seiner Frau Sieglinde, der Innenarchitektin. Und wie jeden Tag hatte er vorher sein Jackett in den in die Wand des Vorraumes eingelassenen Kleiderschrank gehängt.

„Du wirkst heute etwas angespannter als an anderen Tagen, was ist los?“ Dabei drehte sie sich zu ihm und sah ihn auffordernd an.

„Ich hatte zum Schluss noch ein Gespräch mit Norbert, er drängt auf eine Entscheidung. Ich weiß es ja, nur der Zeitpunkt hat mich überrascht. Warum jetzt diese Eile?“

„Ausgerechnet Norbert. Er weiß doch, dass du noch mindestens ein Jahr Geschäftsführer bleiben wirst. Hat er gesagt, warum er jetzt eine Entscheidung will?“

„Nein“, schüttelte Sebastian von Iseren den Kopf, „er sprach von Gerüchten, die Unruhe in den Betrieb bringen würden. Aber das ist nicht der Grund, das glaube ich ihm nicht. Gerüchte sind mir egal, sollen die Leute reden. Außerdem sagt er das nicht erst seit heute.“

„Vielleicht solltest du einen externen Nachfolger ins Gespräch bringen, das würde für Ruhe sorgen.“

Ein feines Lächeln lag auf seinen Lippen, als er die Tasse anhob. Disziplin. Sieglindes Leben war Disziplin. In ihrer Haltung, ihrem Wesen, ihren Worten. Nein, noch würde er seinen Söhnen den Gefallen nicht tun. Noch hielt er die Fäden in der Hand.

3

„Wenn ich so etwas höre, könnte ich kotzen.“ Angewidert öffnete Kriminalkommissar Paul Henders die Tür des schwarzen Dienstwagens.

„Nicht dein Tag heute, was?“ Sabrina sah ihn beim Einsteigen von der Seite belustigt an. „Erst verschlafen, dann der Anschiss von der Verwaltung und jetzt dieser bedeutende Fall.“

„Danke für dein Mitgefühl, kann ich gerade gut gebrauchen.“

„Komm mal wieder runter von deiner Palme. Lass uns zurück ins Präsidium fahren und einen Tee trinken, das beruhigt. Du solltest dich doch an solche Fälle gewöhnt haben.“

„Habe ich auch, ist schließlich unser Alltag. Trotzdem, wenn ich höre, dass wieder ein völlig skrupelloser Verbrecher eine alte Frau abgezockt und sie um ihre Ersparnisse gebracht hat, kommt mir die Galle hoch.“

Sabrina nickte. Ihr ging es nicht anders als ihrem jüngeren Kollegen. Meistens schluckte sie ihre Wut herunter, die später als Frust wieder auftauchte. Die alte Dame, bei der sie gerade waren, hatte alles verloren, war auf den Enkeltrick hereingefallen und hatte ihre Ersparnisse einem Unbekannten, einem angeblichen Polizisten, gegeben, der das Geld in der Plastiktüte sicherstellen wollte. Sie sah das fassungslose Gesicht der alten Frau vor sich, ihre verzweifelte Tochter, deren Gesten zwischen Tränen und Wut wechselten.

„Und kaum Hoffnung, dass wir den Kerl erwischen.“

„Bei der Beschreibung wäre es ein Wunder, kann kaum noch was sehen, die alte Dame. Vielleicht bringt der Bericht in der Zeitung etwas, möglich, dass ihn jemand gesehen hat. Oder die Befragungen der Nachbarn, vielleicht wusste jemand von ihren Ersparnissen.“

„Du meinst, dass sie es erzählt hat? Hat sie doch eben noch verneint. Lass uns fahren.“

Sabrina startete den Wagen und fuhr von der Sonnenhöhe über die Mendener Straße zum Präsidium. Kurz bevor sie nach links in die Friedrichstraße abbog, bremste sie.

„Schau mal, der kleine Junge da, auf dem Parkplatz. Der sieht doch ein bisschen so aus wie die Beschreibung in der Suchmeldung heute Morgen.“

„Wo denn?“ Paul streckte sich im Beifahrersitz und starrte durch die Seitenscheibe.

„Ich stoppe da vorne an der Bushaltestelle, dann steige ich aus und schaue nach ihm.“ Sabrina schaltete die Warnblinkanlage an, stieg aus und ging um den Grünstreifen herum auf den Parkplatz. Paul stieg ebenfalls aus, blieb jedoch am Wagen und sah sich um, den kleinen Jungen hatte er noch nicht entdeckt. Nach wenigen Minuten kam Sabrina zurück, allein.

„Ich habe ihn nicht mehr gefunden, er muss weggelaufen sein. Gib mal durch, dass wir mutmaßlich das verschwundene Kind gesichtet haben.“

Paul griff zum Funk, während Sabrina auf den Fahrersitz rutschte. „Was für ein beschissener Vormittag.“

Sabrina strich ihre langen Haare glatt, nachdem sie sich abgetrocknet hatte und aus dem Bad trat. Max, ihr schwarzweißer Kater, kam maunzend auf sie zu und begann, um ihre nackten Waden zu streichen.