Die Argonauten - Franz Grillparzer - E-Book

Die Argonauten E-Book

Franz Grillparzer

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Beschreibung

Wie bereits im ersten Teil der Trilogie "Das goldene Vlies", wird auch hier der Leser in die sagenumwobene Welt der griechischen Mythologie gezogen und möchte sie am liebsten gar nicht mehr verlassen.Jason, der Sohn des verstorbenen Königs Äson, steht der Thron seines Onkels Pelias zu. Als er seinen Platz einfordert, bittet der Onkel seinen Neffen darum, das goldene Vlies aus Kolchis zu holen und den ermordeten Phryxus zu rächen. Jason willigt ein und gelangt mithilfe der Argonauten und ihrem schnellen Schiff Argo nach Kolchis. König Aietes bittet seine Tochter im Kampf gegen die Fremden um Hilfe. Doch als sie auf Jason trifft, findet sie sich plötzlich in einem Zwiespalt zwischen Loyalität und Liebe wider.-

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Franz Grillparzer

Die Argonauten

Trauerspiel in vier Aufzügen

Saga

Die Argonauten

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1819, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726997316

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Personen:

Aietes, König von Kolchis Medea und Absyrtus, seine Kinder Gora, Medeens Amme Peritta, eine ihrer Gespielen JasonMilo, sein Freund Medeens JungfrauenArgonautenKolcher

Erster Aufzug

Kolchis. – Wilde Gegend mit Felsen und Bäumen. Im Hintergrunde ein halbverfallener Turm, aus dessen obersten Stockwerke ein schwaches Licht flimmert. Weiter zurück die Aussicht aufs Meer. Finstere Nacht.

Absyrtus(hinter der Szene).

Dorther schimmert das Licht! – Komm hierher Vater! –

Ich bahne dir den Weg! – Noch diesen Stein! –

So! –

(Auftretend und mit dem Schwert nach allen Seiten ins Gebüsch hauend.)

        Aus dem Wege unnützes Pack!

Vater, mein Schwert macht klare Bahn!

Aietestritt auf, den Helm auf dem Kopfe, ganz in einen dunkeln Mantel gehüllt.

Absyrtus.

Wir sind an Ort und Stelle, Vater.

Dort der Turm, wo die Schwester haust.

Siehst das Licht aus ihrer Zelle?

Da weilt sie und sinnt Zaubersprüche

Und braut Tränke den langen Tag,

Des Nachts aber geht sie gespenstisch hervor

Und wandelt umher und klagt und weint.

(Aietes macht eine unwillige Bewegung.)

Absyrtus.

Ja Vater und weint, so erzählt der Hirt

Vom Tal da unten, und ringt die Hände

Daß es, spricht er, kläglich sei anzusehn!

Was mag sie wohl treiben und sinnen, Vater?

(Aietes geht gedankenvoll auf und nieder.)

Absyrtus.

Du antwortest nicht? – Was hast du Vater?

Trüb und düster ist dein Gemüt.

Du hast doch nicht Furcht vor den Fremden, Vater?

Aietes.

Furcht Bube?

Absyrtus.

Nu, Sorge denn, Vater!

Aber habe nicht Furcht noch Sorge!

Sind uns nicht Waffen und Kraft und Arme?

Ist nicht ein Häuflein nur der Fremden?

Wären ihrer doch zehnmal mehr!

Laß sie nur kommen, wir wollen sie jagen

Eilends heim in ihr dunkles Land

Wo keine Wälder sind und keine Berge,

Wo kein Mond strahlt, keine Sonne leuchtet

Die täglich, hat sie sich müde gewandelt,

Zur Ruhe geht in unserem Meer.

Laß sie nur kommen, ich will sie empfangen,

Du hast nicht umsonst mich wehrhaft gemacht,

Nicht umsonst mir gegeben dies blitzende Schwert,

Und den Speer und den Helm mit dem wogenden Busch,

Waffen  d u , und Mut die Götter!

Laß die Schwester mit ihren Künsten,

Schwert gegen Schwert, so binden wir an!

Aietes.

Armer Wurm!

Absyrtus.

        Ich bin dein Sohn!

Damals als du den Phryxus schlugst –

Aietes.

Schweig!

Absyrtus.

        Das ist ja eben warum sie kommen

Her nach Kolchis, die fremden Männer

Zu rächen, wähnen sie, seinen Tod

Und zu stehlen unser Gut, das strahlende Vließ.

Aietes.

Schweig Bube!

Absyrtus.

        Was bangst du Vater?

Fest verwahrt in der Höhle Hut

Liegt es das köstliche, goldene Gut.

Aietes(den Mantel vom Gesicht reißend und ans Schwert greifend).

Soll ich dich töten, schwatzender Tor?

Absyrtus.

Was ist dir?

Aietes.

        Schweig! – Dort sieh zum Busch!

Absyrtus.

Warum?

Aietes.

        Mir deucht es raschelt dort

Und regt sich. – Man behorcht uns.

Absyrtus(zum Gebüsch hingehend und an die Bäume schlagend).

He da! – Steht Rede! – – Es regt sich Niemand!

(Aietes wirft sich auf ein Felsenstück im Vorgrunde.)

Absyrtus(zurückkommend).

Es ist nichts, Vater! Niemand lauscht.

Aietes(aufspringend und ihn hart anfassend).

Ich sage dir, wenn du dein Leben liebst

Sprich nicht davon!

Absyrtus.

Wovon?

Aietes.

        Ich sage dir, begrab's in deiner Brust

Es ist kein Knabenspielzeug, Knab'!

Doch alles still hier! Niemand empfängt mich;

Recht wie es ziemt der Widerspenst'gen Sitz.

Absyrtus.

Hoch oben am Turme flackert ein Licht.

Dort sitzt sie wohl und sinnt und tichtet.

Aietes.

Ruf ihr! Sie soll heraus!

Absyrtus.

        Gut Vater!

(Er geht dem Turme zu).

Komm herab du Wandlerin der Nacht

Du Spät-Wachende bei der einsamen Lampe!

Absyrtus ruft, deines Vaters Sohn!

(Pause.)

Sie kommt nicht, Vater!

Aietes.

        Sie soll! Ruf lauter!

Absyrtus(ans Tor schlagend).

Holla ho! Hier der König! Heraus ihr!

Medeas Stimme(im Turm).

Weh!

Absyrtus.

        Vater!

Aietes.

                Was?

Absyrtus(zurückkommend).

                        Hast du gehört?

Weh rief's im Turm! War's die Schwester die rief?

Aietes.

Wer sonst! Geh, deine Torheit steckt an.

Ich will rufen und sie soll gehorchen!

(Zum Turme gehend.)

Medea!

Medea(im Turm).

        Wer ruft?

Aietes.

                Dein Vater ruft und dein König!

Komm herab!

Medea.

        Was soll ich?

Aietes.

                Komm herab, sag' ich!

Medea.

O laß mich!

Aietes.

        Zögre nicht! Du reizest meinen Zorn!

Im Augenblicke komm!

Medea.

        Ich komme!

(Aietes verhüllt sich und wirft sich wieder auf den Felsensitz.)

Absyrtus.

Wie kläglich, Vater, ist der Schwester Stimme.

Was mag ihr fehlen? Sie dauert mich! –

Dich wohl auch, weil du so schmerzlich schweigst,

Das arme Mädchen! – (Ihn anfassend.) Schläfst du, Vater?

Aietes(aufspringend).

Törichte Kinder sind der Väter Fluch!

Du und sie,  i h r  tötet mich,

Nicht meine Feinde!

Absyrtus.

Still! Horch! – Der Riegel klirrt! – Sie kommt! – Hier ist sie!

Medeain dunkelroter Kleidung, am Saume mit goldenen Zeichen gestickt, einen schwarzen, nachschleppenden Schleier der an einem, gleichfalls mit Zeichen gestickten Stirnbande befestigt ist, auf dem Kopfe, tritt, eine Fackel in der Hand, aus dem Turme.

Medea.

Was willst du, Herr?

Absyrtus.

        Ist das die Schwester, Vater?

Wie anders doch als sonst, und ach, wie bleich!

Aietes(zu Absyrtus).

Schweig jetzt! (Zu Medeen.) Tritt näher! – näher! –

Doch erst Lösch' deine Fackel, sie blendet mir das Aug!

Medea(die Fackel am Boden ausdrückend).

Das Licht ist verlöscht, es ist Nacht, o Herr!

Aietes.

Jetzt komm! – Doch erst sag' an wer dir erlaubt,

Zu fliehn, des väterlichen Hauses Hut

Und hier, in der Gesellschaft nur der Wildnis

Und deines wilden Sinns, Gehorsam weigernd,

Zu trotzen meinem Worte, meinem Wink?

Medea.

Du fragst?

Aietes.

        Ich frage!

Medea.

                Reden soll ich?

Aietes.

                        Sprich!

Medea.

So höre wenn du kannst und zürne wenn du darfst.

O könnt' ich schweigen, ewig schweigen!

Verhaßt ist mir dein Haus

Mit Schauder erfüllt mich deine Nähe.

Als du den Fremden erschlugst,

Den Götterbeschützten, den Gastfreund

Und raubtest sein Gut,

Da trugst du einen Funken in dein Haus,

Der glimmt und glimmt und nicht verlöschen wird,

Gössest du auch darüber aus

Was an Wasser die heil'ge Quelle hat,

Der Ströme und Flüsse unnennbare Zahl

Und das ohne Grenzen gewaltige Meer.

Ein törichter Schütze ist der Mord,

Schießt seinen Pfeil ab ins dunkle Dickicht,

Gewinnsüchtig, beutegierig,

Und was er für ein Wild gehalten,

Für frohen Jagdgewinn,

Es war sein Kind, sein eigen Blut,

Was in den Blättern rauschte, Beeren suchend.

Unglücksel'ger was hast du getan?

Feuer geht aus von dir

Und ergreift die Stützen deines Hauses

Das krachend einbricht

Und uns begräbt. –

Aietes.

Unglücksbotin was weißt du?

Medea.

In der Schreckensstunde

Als sie geschehn war die Tat,

Da ward mein Aug geöffnet

Und ich sah sie, sah die Unnennbaren

Geister der Rache.

Spinnenähnlich,

Gräßlich, scheußlich,

Krochen sie her in abscheulicher Unform

Und zogen Fäden, blinkende Fäden,

Einfach, doppelt, tausendfach,

Rings um ihr verfallen Gebiet.

Du wähnst dich frei und du bist gefangen,

Kein Mensch, kein Gott löset die Bande

Mit denen die Untat sich selber umstrickt.

Weh dir, weh uns allen!

Aietes.

Verkaufst du mir Träume für Wirklichkeit?

Deines Gleichen magst du erschrecken,

Törin! Nicht mich!

Hast du die Zeichen, die Sterne gefragt?

Medea.

Glaubst du ich könnt's, ich vermöcht' es?

Hundertmal hab' ich aufgeblickt

Zu den glänzenden Zeichen

Am Firmament der Nacht.

Und alle hundertmale

Sanken meine Blicke

Von Schreck getroffen, unbelehrt.

Es schien der Himmel mir ein aufgerolltes Buch

Und Mord darauf geschrieben, tausendfach,

Und Rache mit demantnen Lettern

Auf seinen schwarzen Grund.

O frage nicht die Sterne dort am Himmel,

Die Zeichen nicht der schweigenden Natur,

Des Gottes Stimme nicht im Tempel:

Betracht' im Bach die irren Wandelsterne,

Die scheu dir blinken aus den düstern Brau'n

Die Zeichen die die Tat dir selber aufgedrückt,

Des Gottes Stimme in dem eignen Busen,

Sie werden dir Orakel geben,

Viel sicherer als meine arme Kunst,

Aus dem was ist und war, auf das was werden wird.

Absyrtus.

Der Vater schweigt. Du bist so seltsam Schwester

Sonst warst du rasch und heiter, frohen Muts;

Mich dünkt du bist dreifach gealtert

In der Zeit als ich dich nicht gesehn!

Medea.

Es hat der Gram sein Alter, wie die Jahre

Und wer der Zeit vorauseilt, guter Bruder,

Kommt früh ans Ziel.

Absyrtus.

        Du weißt wohl also schon

Von jenen Fremden die –

Medea.

        Von Fremden –?

Aietes.

                Halt!

Ich gebot dir zu schweigen! Schweig denn, Schwätzer!

Medea, laß uns klug sprechen und besonnen,

Das Gegenwärt'ge aus der Gegenwart

Und nicht aus dem betrachten was Vergangen.

Wiss' es denn. Fremde sind angekommen, Hellenen,

Sie begehren zu rächen Phryxus' Blut,

Verlangen die Schätze des Erschlagnen

Und des Gottes Banner, das goldene Vließ.

Medea(aufschreiend).

Es ist geschehn! Der Streich gefallen! Weh!

(Will in den Turm zurück.)

Aietes(sie zurückhaltend).

Medea, Halt! – Bleib, Unsinnige!

Medea.

Gekommen die Rächer, die Vergelter!

Aietes.

Willst du mich verlassen, da ich dein bedarf?

Willst du sehen des Vaters Blut?

Medea ich beschwöre dich

Sprich! Rate! Rette! Hilf!

Gib mich nicht Preis meinen Feinden!

Argonauten nennen sie sich

Weil Argo sie trägt, das schnelle Schiff.

Was das Hellenenland an Helden nährt,

An Tapfern vermag, sie haben's versammelt

Zum Todesstreich auf deines Vaters Haupt.

Hilf Medea! Hilf meine Tochter!

Medea.

I ch  soll helfen, hilf du selbst!

Gib heraus was du nahmst, Versöhnung bietend!

Aietes.

Verteilt sind die Schätze den Helfern der Tat;

Werden sie wiedergeben das Empfangne?

Besitzen sie's noch? die törichten Schwelger,

Die leicht vertan das leicht erworbne.

Soll ich herausgeben das glänzende Vließ,