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Worin die Aufgabe des Schriftstellers heutzutage bestehe? »[I]ch glaube nicht, daß die Aufgabe des Schriftstellers heute eine andere ist, als sie es war von eh und je, nämlich ein Richter und ein Befeuerer des Lebens zu sein.« So beschreibt es Thomas Mann in diesem Beitrag vom 18. April 1947. Er hatte den Text in den Tagen zuvor verfasst und spielt darin auf seinen im selben Jahr erschienenen Roman ›Doktor Faustus‹ an. Das »Geleitwort«, das im August 1947 in der Münchner Zeitschrift Der Schriftsteller (dem Medium des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller) erschien, speist sich zudem stellenweise aus dem großen Nietzsche-Vortrag, den Mann ebenfalls 1947 verfasste und in Washington, New York, London und Zürich hielt. Ein Nachdruck des Textes in einer stark gekürzten Fassung erfolgte am 26. September in Die Neue Zeitung, anschließend wurde der Text in die ›Gesammelten Werke‹ (Band X, 1974) aufgenommen.
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Seitenzahl: 13
Thomas Mann
[Die Aufgabe des Schriftstellers]
Essay/s
Fischer e-books
In der Textfassung derGroßen kommentierten Frankfurter Ausgabe(GKFA)Mit Daten zu Leben und Werk
Liebe Kollegen,
Sie haben in München den Schutzverband Deutscher Schriftsteller wieder ins Leben gerufen, dessen Vorsitzender ich in alten Zeiten war, und haben sich sogar zur Herausgabe einer kleinen Verbandszeitschrift entschlossen. Nehmen Sie meine herzlichen Glückwünsche dazu! Elastizität ist die kennzeichnendste Eigentümlichkeit ausharrender Lebenskraft, und Ihr Tun beweist, daß die deutsche Intelligenz sich vom Drang und Notstand der Zeit nicht beugen und niederhalten läßt, sondern, über das persönliche Werk des Einzelnen hinaus, auch wieder schon auf das Gemein-Interesse, die Rechte, die Solidarität geistiger Arbeit organisatorisch bedacht ist.
Aufrichtig, ich finde es generös von Ihnen, daß Sie für die erste Ausgabe Ihres Verbandsorganes einen Gruß, ein »Geleitwort«, einen Segensspruch von mir wünschen. Denn ich war nicht unter Ihnen während der Jahre des Schreckens und kenne nicht nur, sondern verstehe auch vollkommen die gewisse Abneigung derer, die drinnen waren und das ganze Grauen am eigenen Leibe erfahren haben, gegen das Mitredenwollen solcher, die nicht