Die Auswirkung von Führungsstilen auf die Performanz von multinationalen Firmennetzwerken - Niels Brabandt - E-Book

Die Auswirkung von Führungsstilen auf die Performanz von multinationalen Firmennetzwerken E-Book

Niels Brabandt

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Beschreibung

Die grenzüberschreitende, internationale Geschäftstätigkeit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Das Erschließen neuer Märkte und die Verlagerung von Produktionsstätten an ökonomisch vorteilhaftere Standorte sind nur zwei von vielen Gründen, die Unternehmenstätigkeit ins Ausland auszuweiten. Ein Großteil dieser internationalen Geschäftstätigkeit geht heute von multinationalen Unternehmen aus, die aus ihrem multinationalen Netzwerk deutliche Wettbewerbsvorteile generieren. Dies setzt allerdings eine funktionierende Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Netzwerkteilen voraus, um das gemeinsame Unternehmensziel - die Steigerung der Unternehmensleistung - effektiv verfolgen zu können. Die Koordination des Netzwerkes und die gemeinsame Zielerreichung sind daher zentrale Führungsaufgaben, die im interkulturellen Kontext mit grundsätzlich anderen Anforderungen verbunden sind als im Heimatunternehmen. Führung im internationalen Kontext bedeutet die Bewältigung komplexer Herausforderungen, die sich aus der kulturellen Diversität ergeben. Leistung basiert auf Zufriedenheit, das bedeutet, Mitarbeiter, die mit ihrer Aufgabe nicht zufrieden sind, sind entsprechend wenig motiviert, sich für die Erreichung der Unternehmensziele zu engagieren. Die interdependenten Leistungs-erwartungen von Unternehmen und Mitarbeitern bilden die Basis der Führung, die im internationalen Netzwerk mit verschiedenen Verhaltensmustern, Denkweisen und Wertvorstellungen konfrontiert wird, auf die im Unternehmenssinne reagiert werden muss. Damit entscheidet letztlich das Führungsverhalten bzw. der Führungsstil darüber, ob ein multinationales Unternehmensnetzwerk seinem Leistungsanspruch gerecht werden kann oder nicht. Ziel dieser Arbeit ist es, verschiedene Führungsstile zu analysieren und hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Unternehmensperformance im interkulturellen Kontext zu untersuchen. Dafür werden zunächst die Charakteristika multinationaler Unternehmen und Netzwerke, ihre Strategien und Organisationsstruktur analysiert. Daran anschließend werden der Begriff der Führung erläutert und verschiedene Führungsstile und Führungsverhaltensweisen vorgestellt. In Kapitel vier werden die wichtigsten Führungsstiltheorien dargestellt, bevor in Kapitel fünf und sechs schließlich die Interdependenzen zwischen Führung im interkulturellen Kontext und Unternehmensperformance thematisiert werden.

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Dissertation

vorgelegt von

Niels Brabandt

aus

Berlin

Fachbereich Ökonomie

Kharkov National University V.N. Karazin Kharkov

zur

Erlangung des Grades eines

Doktors der Wirtschaftswissenschaften

Tag der Einreichung: 02.09.2010

Tag der mündlichen Prüfung: 21.05.2011

Málaga / St. Gallen / Kharkov 2010

Inhalt

Einleitung

Multinationale Unternehmen und Netzwerke

2.1. Begriffsdefinition multinationales Unternehmen

2.2. Globalisierungsstrategien multinationaler Unternehmen

2.3. Organisationsstruktur multinationaler Unternehmen

2.4. Netzwerkorganisation

2.4.1. Netzwerkbegriff und Netzwerkstrukturen

2.4.2. Steuerung von Netzwerken

2.4.3. Spezifika und Führung multinationaler Unternehmen

Grundlagen der Unternehmensführung

3.1. Unternehmen und Unternehmensführung im Überblick

3.1.1. Unternehmen

3.1.2. Der Begriff Unternehmensführung

3.1.3. Funktionen der Unternehmensführung

3.1.3.1. Planung

3.1.3.2. Steuerung

3.1.3.3. Kontrolle

3.2. Herausforderung für die Unternehmensführung

3.3. Leadership und Unternehmensführung

3.3.1. Das Begriffsverständnis von Leadership

3.3.2. Leadership-Paradigmen

3.3.3. Unterschied zwischen Unternehmensführung als Funktion und Leadership

3.4 Transformationale Führung

Führungsstil und Führungsverhalten

4.1. Zum Begriff der Führung

4.2. Führungsstiltypologien

4.2.1. Autoritäre Führungsstile

4.2.2. Kooperative Führungsstile

4.3. Zur Effektivität der verschiedenen Führungsstile

4.4. Führungsverhalten

Führungsstiltheorien

5.1. Eigenschaftstheorie

5.2. Situationstheorie

5.2.1. Dreidimensionaler Verhaltensansatz der Führung

5.2.2. Der kontingenztheoretische Ansatz von Fiedler

5.2.3. Das Vroom/Yetton Führungsmodell

5.2.4. Das situative Führungsmodell von Hersey und Blanchard

5.3. Verhaltenstheorie

5.4. Weg-Ziel-Ansatz der Führung

Interkulturelle Führung

6.1. Besonderheiten des interkulturellen Personalmanagements

6.2. Aspekte interkulturellen Führungsverhaltens

6.3. Interkulturelle Kompetenz

6.4. Interkulturelles Konfliktmanagement

Führung und Perfomance-Management in multinationalen Netzwerken

7.1. Führung multinationaler Unternehmensnetzwerke

7.2. Koordination

7.3. Kommunikation

7.4. Interorganisationales Lernen und Wissensmanagement

7.5. Vertrauen als konstitutives Element der Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit eines Unternehmensnetzwerkes

7.6. Implementierung von Motivations- und Anreizstrategien

Lösungsansätze ausgewählter Führungsprobleme in der aktuellen Wirtschaftskrise

8.1. Human Resource Management

8.1.1. Verhalten von Mitarbeiter und Führenden in Krisensituation

8.1.2. Strategisches Personalmanagement in der Krise

8.2. Berücksichtigung von Ethik und Werten

8.2.1. Begriffsdefinitionen Werte, Ethik und Führungsethik

8.2.2. Unternehmensethik und Unternehmenskultur

8.2.3. Ethik- und wertebewusstes Personalmanagement

8.2.4. Ethik und Werte als ökonomischer Erfolgsfaktor

Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die grenzüberschreitende, internationale Geschäftstätigkeit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Das Erschließen neuer Märkte und die Verlagerung von Produktionsstätten an ökonomisch vorteilhaftere Standorte sind nur zwei von vielen Gründen, die Unternehmenstätigkeit ins Ausland auszuweiten. Ein Großteil dieser internationalen Geschäftstätigkeit geht heute von multinationalen Unternehmen aus, die aus ihrem multinationalen Netzwerk deutliche Wettbewerbsvorteile generieren. Dies setzt allerdings eine funktionierende Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Netzwerkteilen voraus, um das gemeinsame Unternehmensziel – die Steigerung der Unternehmensleistung – effektiv verfolgen zu können. Die Koordination des Netzwerkes und die gemeinsame Zielerreichung sind daher zentrale Führungsaufgaben, die im interkulturellen Kontext mit grundsätzlich anderen Anforderungen verbunden sind als im Heimatunternehmen. Führung im internationalen Kontext bedeutet die Bewältigung komplexer Herausforderungen, die sich aus der kulturellen Diversität ergeben. Leistung basiert auf Zufriedenheit, das bedeutet, Mitarbeiter, die mit ihrer Aufgabe nicht zufrieden sind, sind entsprechend wenig motiviert, sich für die Erreichung der Unternehmensziele zu engagieren. Die interdependenten Leistungs-erwartungen von Unternehmen und Mitarbeitern bilden die Basis der Führung, die im internationalen Netzwerk mit verschiedenen Verhaltensmustern, Denkweisen und Wertvorstellungen konfrontiert wird, auf die im Unternehmenssinne reagiert werden muss. Damit entscheidet letztlich das Führungsverhalten bzw. der Führungsstil darüber, ob ein multinationales Unternehmensnetzwerk seinem Leistungsanspruch gerecht werden kann oder nicht. Ziel dieser Arbeit ist es, verschiedene Führungsstile zu analysieren und hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Unternehmensperformance im interkulturellen Kontext zu untersuchen. Dafür werden zunächst die Charakteristika multinationaler Unternehmen und Netzwerke, ihre Strategien und Organisationsstruktur analysiert. Daran anschließend werden der Begriff der Führung erläutert und verschiedene Führungsstile und Führungsverhaltensweisen vorgestellt. In Kapitel vier werden die wichtigsten Führungsstiltheorien dargestellt, bevor in Kapitel fünf und sechs schließlich die Interdependenzen zwischen Führung im interkulturellen Kontext und Unternehmensperformance thematisiert werden.

2 Multinationale Unternehmen und Netzwerke

2.1 Begriffsdefinition multinationales Unternehmen

Der Begriff des multinationalen Unternehmens1 erfährt in der Fachliteratur eine Vielzahl von Definitionsansätzen, so dass eine allgemeingültige Definition kaum möglich ist. Voraussetzungen für die Einstufung als multinationales Unternehmen sind die „grenzüberschreitende Tätigkeit“2 und die „polyzentrische Prägung“3. Das bedeutet, ein multinationales Unternehmen ist international tätig und hat mindestens eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Betriebsstätte im Ausland. Die Geschäftstätigkeit wird dabei in der Regel vom Mutterkonzern aus gesteuert. Die Motive für die multinationale bzw. internationale Geschäftstätigkeit können sowohl gesamtwirtschaftlich als auch individuell begründet sein.4 In der Regel nutzen diese Unternehmen Standortvorteile und „günstige Bezugsquellen für Rohstoffe“5, um ihre Unternehmensziele zu verwirklichen und die Unternehmensleistung insgesamt zu erhöhen. Vorteile der multinationalen Tätigkeit ergeben sich insbesondere aus der Umgehung von Handelshemmnissen, günstigen umwelt- und lohnpolitischen Standards und der Ausschöpfung internationalen Humankapitals und internationaler Finanzierungsquellen.6 Im Gegenzug liefern sie dem Gastland unter Umständen neue Technologien und schaffen Arbeitsplätze.7 Der sich daraus ergebende und im Zuge der Globalisierung zunehmende ökonomische Einfluss der multinationalen Unternehmen in den Gastländern wird allerdings durchaus kritisch gesehen, da sie infolgedessen ihren Absatz- und Beschaffungsmarkt beherrschen.8

2.2 Globalisierungsstrategien multinationaler Unternehmen

Nicht zuletzt aufgrund der verbesserten Techniken der Informationsverarbeitung und der Telekommunikation ist die Zahl international tätiger Unternehmen deutlich gestiegen. Die erleichterten Rahmenbedingungen ermöglichen globale Interaktion und Vernetzung und damit Expansionsmöglichkeiten auf allen Kontinenten.9 Unternehmen können mit den verschiedensten Geschäftssystemen und –strategien weltweit tätig werden und strategische Allianzen eingehen.10 Globalisierung bedeutet in diesen Fällen die Konzentration von Entscheidungskompetenzen und Wertschöpfungsaktivitäten, um Größenvorteile zu erzielen.11 Häufig „wachsen“ international agierende Unternehmen durch Übernahmen, so dass sie dann, nach Wortmann, über mehrere „Stammsitze in unterschiedlichen Heimatländern“ verfügen, die sie als Basis für Zentralisierungs-prozesse nutzen können.12 Neben der Errichtung von Produktionsniederlassungen, der „höchsten Form der Internationalisierung“, gewinnen auch strategische Allianzen, Joint Ventures und internationale Dienstleistungsunternehmen zunehmend an Bedeutung.13 Das heißt, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zunehmend von einem effizienten Technologie-, Personal- und Servicemanagement bestimmt wird. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass immer dynamischere Veränderungen der Umweltbedingungen und kürzer werdende Produktlebenszyklen eine immer schnellere Reaktionsfähigkeit voraussetzen, die nur durch flexible und zeitlich befristete internationale Engagements erzielt werden kann, anstatt durch „schwerfällige und kapitalintensive Produktionsgesellschaften“.14 Dabei beschränkt sich die internationale Unternehmenstätigkeit nicht nur auf große Konzerne – auch kleine und mittlere Unternehmen agieren zunehmend multinational, wobei diese Investitionen in benachbarten Ländern sowie Netzwerke und Joint Ventures mit ausländischen Partnern präferieren, da ihnen höhere Informationskosten entstehen und Finanzierungen schwieriger sind als bei Großkonzernen.15

Zusammenfassend lassen sich, nach Koopmann und Franzmeyer, die Globalisierungsstrategien multinationaler Unternehmen in vier Kategorien unterteilen:

Ressourcenstrategien

Marktstrategien

Effizienzstrategien und

Wertstrategien.

16

Die Erschließung von Rohstoffquellen zur Sicherung der Versorgung mit natürlichen Ressourcen, Sicherung und Ausweitung des Absatzes im Ausland, Kostensenkung durch Produktionsverlagerung ins Ausland und die Steigerung des Unternehmenswertes durch die Nutzung ausländischer Ressourcen, speziell Wissensquellen, stehen demnach im Fokus der multinationalen Strategie.17 Für die erfolgreiche Verfolgung dieser Strategie ist sowohl eine größtmögliche Anpassung an die lokalen Gegebenheiten notwendig als auch ein hohes Maß an Dezentralisierung, so dass die Tochter-gesellschaften im Ausland weitgehend autonom und unabhängig von der Mutter-gesellschaft agieren können.18 Dies setzt allerdings die Überwindung kultureller Grenzen voraus, die im Rahmen der interkulturellen Geschäftsabwicklung schnell evident werden, also in erster Linie sprachliche Barrieren und konträre oder differierende Wertvorstellungen, wie sie sich beispielsweise in der Interaktion zwischen europäischen und asiatischen Geschäftspartner zeigen.19 Multinationale Unternehmen müssen also über eine gute Anpassungsfähigkeit verfügen, um sich international durchsetzen zu können. In diesem „Spannungsfeld zwischen Globalisierung und Lokalisierung“ müssen die multinationalen Unternehmen, nach Wald, sowohl globale als auch multilokale Strategien verfolgen, deren Zielsetzungen sich eigentlich ausschließen, wenn etwa auf der einen Seite „lokal ausgerichtete, autonome Einheiten differenzierte Leistungen erstellen sollen und andererseits eine weltweit koordinierte Nutzung der gemeinsamen Ressource notwendig ist“.20

2.3 Organisationsstruktur multinationaler Unternehmen

Die angeführten besonderen Wettbewerbsbedingungen erfordern eine entsprechende Organisationsstruktur der multinationalen Unternehmen, die in erster Linie ein hohes Maß an Flexibilität aufweist. Diese Flexibilität lässt sich, nach Wald, weniger durch formale Strukturen gewährleisten, sondern vielmehr durch informelle Strukturen in Form von Informationsflüssen und persönlichen Beziehungen.21 Insbesondere die Vielfalt unterschiedlicher Werte- und Normensysteme bedeutet zudem einen hohen interkulturellen Lernbedarf.22 Die Organisations- und Managementstrukturen multi-nationaler Unternehmen dürfen deshalb nicht als statisches Konstrukt interpretiert werden, sondern müssen vielmehr ständig überprüft und gegebenenfalls neu angepasst werden.23 Dies setzt eine hohe Informationsverarbeitungskapazität voraus, um die notwendige Flexibilität zu gewährleisten, und sowohl interne als auch externe Veränderungen schnell an die betreffenden Einheiten kommunizieren zu können.24 Ein multinationales Organisationsmodell besitzt nach Wagner eine „vollständig gestreute Konfiguration“. Tochterunternehmen sind in dieser Konstellation ein „Portfolio unabhängiger Unternehmen“ mit einer annähernd vollständigen Wertschöpfungskette. Im Rahmen der Dezentralisation treffen die Tochterunternehmen eigenständige, von Mutter- und anderen Tochterunternehmen unabhängige Entscheidungen. Das bedeutet, dass die Tochterunternehmen nicht interagieren, sondern lediglich zwischen der Mutter und den Töchtern geringe Finanz- und Informationsflüsse stattfinden.25

Neben diesem existieren eine Reihe weiterer Modelle und Konzepte, die sich mit der bestmöglichen Anpassungsstrategie an die Herausforderungen internationaler Geschäftstätigkeit und einer adäquaten Organisationsstruktur auseinandersetzen. Dabei stehen neben Holdingmodellen insbesondere intra- und interorganisationale Netzwerkstrukturen im Fokus, die sich im Hinblick auf die Dynamik der Umweltbedingungen und die damit verbundene notwendige Flexibilität als besonders geeignet erweisen und organisatorische Effizienz und Effektivität sicherstellen.26 Der Preis der Flexibilität sind allerdings vergleichsweise hohe Koordinationskosten, die sich aus der notwendigen Werte- und Zielvermittlung gegenüber den Mitarbeitern und der Auswahl und Entwicklung geeigneter Führungskräfte ergeben.27 In polyzentrisch organisierten Unternehmen kommt dies besonders zum Tragen, da hier nicht nur verschiedene Standorte koordiniert werden müssen, sondern auch die notwendigen Voraussetzungen für eine optimale Anpassung an die lokalen Gegebenheiten geschaffen werden müssen. Hier ist oftmals ein radikales Umdenken erforderlich, da nationale Unternehmen klassisch hierarchisch aufgebaut sind, während international agierende Unternehmen in der Regel polyzentrisch strukturiert sind.28 Polyzentrismus ermöglicht also einerseits den Umgang mit zunehmend komplexer werdenden Umweltbedingungen und ist andererseits die Ursache verschiedenster Steuerungsprobleme.29 Aus organisatorischer Sicht bietet sich der Aufbau integrierter Netzwerkstrukturen an, in dem Sinne, dass die Muttergesellschaft von der direkten Steuerung und Kontrolle der ausländischen Tochtergesellschaften zu einer Kontextsteuerung dezentraler Entscheidungsprozesse übergeht und das mithilfe personenorientierter Koordinations-instrumente.30

Ob sich letztlich das Unternehmensergebnis infolge der Dezentralisierung tatsächlich verbessert, lässt sich nicht eindeutig prognostizieren. Dennoch erscheint Dezentra-lisierung im Zuge der Abkehr überholter Traditionen, die stark an Autorität und Hierarchie gebunden waren, mittlerweile als gesellschaftliche Notwendigkeit, da diese zunehmend individualistisch geprägt ist.31 Entsprechend rücken differenzierte fachliche Kompetenzen und die Persönlichkeit des Einzelnen stärker in den Fokus.32 Die zunehmende Dezentralisierung setzt auf der anderen Seite eine stärkere Vernetzung der einzelnen Unternehmenseinheiten voraus, um den Informationsfluss zu gewährleisten. Alle Mitglieder eines solchen Systems müssen neben den Verbindungen zur Zentrale oder einer anderen übergeordneten Einheit in der Lage sein, auch direkt untereinander Informationsverbindungen aufbauen und aufrechterhalten zu können.33 Auf diese Weise können Unternehmen beispielsweise auf dem Weltmarkt ein „netzwerkartiges Koopera-tionsgeflecht“ mit anderen Firmen unterhalten, während sie mit diesen Firmen in anderen Bereichen gleichzeitig in intensiver Konkurrenz stehen.34 Diese „marktorien-tierte Flexibilisierung des Wirtschaftens“ kann sogar bis in die einzelne Abteilungen eines Unternehmens hineinreichen und sich für jedes Produkt und jede Einheit anders darstellen. Diese „Netzwerkunternehmen“ versuchen, den Anforderungen mithilfe eines „Nebeneinanders von Zentralisierung und Dezentralisierung von Entscheidungskompetenzen, durch flache Hierarchien, Team-Management, Kunden- und Markt-orientierung“ und einer sowohl intern als auch extern umfassenden Informations-vernetzung gerecht zu werden.35

2.4 Netzwerkorganisation

2.4.1 Netzwerkbegriff und Netzwerkstrukturen

Die Idee, Unternehmen als Netzwerke zu strukturieren, wurde ursprünglich in Japan und Südkorea verfolgt, setzt sich aber zunehmend auch im westlichen Wirtschaftsraum durch als eine „auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen gerichtete Organisa-tionsform ökonomischer Aktivitäten, die sich durch eher kooperative denn kompetitive und relativ stabile Beziehungen zwischen rechtlich selbstständigen, wirtschaftlich jedoch meist abhängigen, in unterschiedlichen Ländern angesiedelten Unternehmen auszeichnet (internationale Kooperation)“.36 Netzwerkstrukturen finden sich nicht nur bei stark dezentralisierten Unternehmen, die den Idealtyp von Netzwerken darstellen, sondern auch bei stark zentralisierten Unternehmen, innerhalb derer sich eine netzwerkartige Organisation entwickeln konnte.37 Grundsätzlich lassen sich also inter- und intraorganisatorische Netzwerke unterscheiden. Die interorganisatorischen Netzwerke basieren auf langfristigen Beziehungen zwischen zwei oder mehr rechtlich unabhängigen, aber wirtschaftlich interdependenten Unternehmen, während intra-organisatorische Netzwerke aus einem Beziehungsgeflecht organisatorisch selbst-ständiger Unternehmenseinheiten bestehen.38 Netzwerkorganisationen stellen vor diesem Hintergrund ein polyzentrisches System dar, innerhalb dessen die beteiligten Unternehmen autonom sind und kooperative, mehr oder weniger stabile Beziehungen zu den anderen Netzwerkpartnern unterhalten.39 Charakteristisch für Netzwerke ist insbesondere die zentrale Ressourcenallokation. Um eine schnelle Anpassung an die lokalen Gegebenheiten der zentralen Unternehmenseinheiten sicherzustellen, müssen Entscheidungskompetenzen delegiert werden, so dass sich mehrere Entscheidungs-zentren bilden.40 Diese „mehrgipfligen Führungsstrukturen“, gründen zudem darauf, dass „steuerungsrelevante Ressourcen“, z. B. Informationen, nicht mehr ausschließlich in der Zentrale gebunden, sondern in den Einzelunternehmen generiert werden.41 Aufgrund ihrer unterschiedlichen Ressourcen können die organisatorischen Teil-einheiten entsprechend unterschiedliche Rollen im Gesamtnetzwerk einnehmen, etwa wenn ein Tochterunternehmen eigene Forschungsarbeit leistet und auf diesem Gebiet eine strategische Führungsrolle einnimmt.42 Dadurch können die Töchter die Unterneh-mensleistung und die Wettbewerbsfähigkeit des Gesamtunternehmens steigern.

Ist die Bildung des Netzwerks strategisch motiviert und verfügt es über ein strategisch führendes (fokales) Unternehmen, spricht man von einem strategischen Netzwerk.43 Das fokale Unternehmen koordiniert das Netzwerk und erfüllt aufgrund seines höheren Machtpotenzials eine Vielzahl strategischer Aufgaben, unter anderem die Selektion neuer Netzwerkpartner, die Koordination gemeinsamer Wertschöpfungsprozesse, die Entwicklung kollektiver Strategien und die Definition des Marktes.44 Die kooperative Zusammenarbeit in strategischen Netzwerken ist langfristig ausgerichtet und von klaren Zielformulierungen und klarer Rollenverteilung, die sich in einer eigenen Netzwerkidentität niederschlagen, geprägt. In der Regel handelt es sich bei den fokalen Akteuren um große international tätige Unternehmen, die auf zahlreichen ausländischen Märkten agieren und mithilfe des strategischen Netzwerkes Wettbewerbsvorteile auf globaler Ebene erzielen möchten.45 Unter den Netzwerktypen nehmen die strategischen Netzwerke eine Sonderstellung ein, die aus ihrer hierarchischen Struktur resultiert. Ihre zentrale Position innerhalb des Netzwerkes versetzt sie in die Lage, gegebenenfalls auch „machtvoll Forderungen und Anweisungen durchzusetzen“.46 Eine in diesem Sinne hierarchische Struktur weisen auch multinationale Unternehmensnetzwerke auf, innerhalb derer die einzelnen Akteure „eindeutig identifizierbare und unterscheidbare Entscheidungszentren“ darstellen.47 Diese Entscheidungsautonomie bestimmt letztlich Art und Umfang der Information, die an die übergeordneten Stellen weitergegeben wird, wobei sich mit zunehmender Dezentralisierung auch die Entscheidungskompetenzen parallel vergrößern.48 Dennoch besteht auch in Unternehmen, in denen die Entscheidungsbefugnisse im Sinne der Dezentralisierung auf die unteren Hierarchieebenen verlagert wurden, die Option der hierarchischen Weisung.49

Das Konstrukt eines idealtypischen Netzwerkunternehmens basiert analog zu den im Vorangegangenen diskutierten Fakten auf einer Organisationsform, die über eine große Flexibilität verfügt, um sowohl hohen Globalisierungs- als auch Lokalisierungs-erfordernissen gerecht zu werden. Dabei verhindert eine kooperative Grundeinstellung, dass vorhandene Ressourcen ungenutzt bleiben. Trotz des theoretisch hierarchischen Gefüges zwischen Mutter- und Tochterunternehmen, spielen die Weisungen der Zentrale in Bezug auf die unternehmensweite Koordination eine eher untergeordnete Rolle.50 Vielmehr werden Unternehmensaktivitäten abgestimmt, so dass einer starken Unternehmenskultur zentrale Bedeutung zukommt. Die daraus resultierenden dichten Beziehungsnetzwerke sind größtenteils informeller Struktur – der formalen Organisationsstruktur kommt damit in Bezug auf die Koordination nur eine vergleichsweise geringe Bedeutung zu.51

2.4.2 Steuerung von Netzwerken

Unternehmensnetzwerke weisen in Bezug auf ihrer Koordination und Steuerung eher heterarchische Strukturelemente auf, so dass die Verantwortung für die Steuerung allen Netzwerkpartnern zukommt.52 Anstelle einer vertikalen Machtverteilung, kooperieren die Akteure auf horizontaler Ebene, im Gegensatz zu hierarchisch strukturierten Netzwerken, in denen die Macht „asymmetrisch zu Gunsten eines oder mehrer Netzwerkakteure“ verteilt ist.53 Riedl benennt vier wesentliche Charakteristika in Bezug auf die Netzwerkkoordination:

„die Multidimensionalität der Organisationsstruktur sowie der prozessualen Koordinationsinstrumente;

das Kontextmanagement der Zentrale;

die unterschiedlichen Rollen und Aufgaben der Auslandsgesellschaften für den Unternehmensverbund und der „rollenabhängige“ Koordinationsinstrumenteneinsatz sowie

die gesteigerte Bedeutung „weicher“ (bzw. nicht-struktureller) Koordinationsinstrumente für die Abstimmung innerhalb des Unternehmensverbundes.“

54

Die Steuerung von Netzwerken erfolgt in Form von Verhandlungen zwischen der Zentrale und den organisatorischen Einheiten. Die bereits erwähnte starke Unternehmenskultur wirkt dabei als ein von allen Einheiten gemeinsam getragenes Wertebewusstsein, das eine Selbststeuerung der Einheiten ermöglicht und ihr kooperatives Verhalten sichert – „Verhandlung und Kultur sind komplementäre Elemente der Koordination“.55 Verhandlungen ermöglichen die „multilaterale Koordination der interdependenten Akteure“ hinsichtlich eines gemeinsamen Unternehmensziels, während sie gleichzeitig die akteursspezifischen Interessen wahren. Dazu bedarf es allerdings einer von Vertrauen geprägten Unternehmenskultur, wie in Kapitel 6.2 noch näher erläutert wird, um opportunistisches Verhalten auszuschließen.56 Vorrangige Aufgabe des Managements von Unternehmensnetzwerken ist daher zunächst einmal die möglichst effektive und effiziente Koordination aller beteiligten Akteure.57 Dazu muss sichergestellt werden, dass die einzelnen Akteure alle notwendigen Informationen erhalten, die sie benötigen, um ihr Handeln auf die Aktivitäten der anderen Akteure abstimmen zu können. Zum anderen ist es Aufgabe des Managements, tendenziell eigennutzorientiertes Handeln der einzelnen Akteure auf das Gesamtziel hin auszurichten und dadurch den Nutzen des Netzwerks zu maximieren.58 Dabei sieht sich das Management der Herausforderung gegenüber, einerseits mithilfe dezentraler Strukturen Flexibilität und Marktnähe zu forcieren, während andererseits die „Erzielung von weltweiten Skaleneffekten und die Ausnutzung globaler Synergien“ durch zentralisierte Strukturen vereinfacht werden.59

2.4.3 Spezifika und Führung multinationaler Unternehmen

Das Spezifikum multinationaler Unternehmen sind die potenziellen Wettbewerbsvorteile, die sich aus ihrer Netzwerkorganisation ergeben. Diese basieren auf dem Ausbau und der Nutzung „materieller, informationeller und finanzieller (Inter-) dependenzen zwischen Unternehmensteilen, die in unterschiedlichen wirtschaftlichen, rechtlichen und sozio-kulturellen Umsystemen agieren“.60 Interdependenz bedeutet in diesem Zusammenhang eine wechselseitige Abhängigkeit von verschiedenen Handlungszentren, die sich durch ihre jeweiligen Aktivitäten wechselseitig – sowohl im positiven wie im negativen Sinne – beeinflussen können.61 Aus den Austauschbeziehungen zwischen den in verschiedenen Ländern präsenten Unternehmensteilen ziehen multinationale Unternehmen dann spezifische Verbundvorteile. Daher sind eben diese Interdependenzen sowohl als Quelle als auch als Spezifikum dieser Unternehmensorganisation anzusehen.62 Multinationale Unternehmen antworten mit ihrem Netzwerkansatz sozusagen organisatorisch auf die Anforderungen des Globalisierungsprozesses.63 Diese bestehen im Wesentlichen aus der „Parallelerfüllung verschiedener Effizienzkriterien – wie insbesondere die der globalen Effizienz, der lokalen Anpassungsfähigkeit und des weltweiten Wissenstransfers“.64