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Dieser Band enthält folgende Romane von Bill Garrett: Revolvermarshal Cliff Copper Ohne uns, Buster Tom Zwei kamen durch Duell am Regenbogenfluss Die Letzten von Fort Grant So rot wie das Blut der Wölfe Heiser gellt ihr Schrei Buster Tom Copper und seine Cowboys sind auf der Suche nach verirrten Rindern. Der Rancher hat sich von seinen Cowboys getrennt, um ein bestimmtes Gelände abzusuchen. Dabei begegnet er Jack Murphy und seinen Männern, die in der Gila-Wüste nach Gold suchen wollen. Als Murphy erfährt, dass sich Buster Tom in der Gila-Wüste auskennt, zwingt er den Rancher, ihn und seine Männer zu begleiten. Dieser Ritt in die Wüste wird zu einer tödlichen Falle. Zuerst bricht ein gewaltiger Sandsturm aus, den einige von Murphys Männern nicht überleben. Wenig später werden Buster Tom und die anderen Männer von mexikanischen Banditen gestellt. Nun heißt es ums Überleben kämpfen!. Zwischenzeitlich haben Matt Jackson, der Vormann der Circle C-Ranch, Jimmy Copper und die Cowboys Hep und Kane herausgefunden, dass ihr Boss offensichtlich in Schwierigkeiten steckt. Werden sie rechtzeitig zur Stelle sein, um Buster Tom Copper zu helfen?
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Seitenzahl: 854
Die besten 7 Bill Garrett Western Oktober 2022
Copyright
Revolvermarshal Cliff Copper
Ohne uns, Buster Tom
Zwei kamen durch
Duell am Regenbogenfluss
Die Letzten von Fort Grant
So rot wie das Blut der Wölfe
Heiser gellt ihr Schrei
Dieser Band enthält folgende Romane
von Bill Garrett:
Revolvermarshal Cliff Copper
Ohne uns, Buster Tom
Zwei kamen durch
Duell am Regenbogenfluss
Die Letzten von Fort Grant
So rot wie das Blut der Wölfe
Heiser gellt ihr Schrei
Buster Tom Copper und seine Cowboys sind auf der Suche nach verirrten Rindern. Der Rancher hat sich von seinen Cowboys getrennt, um ein bestimmtes Gelände abzusuchen. Dabei begegnet er Jack Murphy und seinen Männern, die in der Gila-Wüste nach Gold suchen wollen. Als Murphy erfährt, dass sich Buster Tom in der Gila-Wüste auskennt, zwingt er den Rancher, ihn und seine Männer zu begleiten. Dieser Ritt in die Wüste wird zu einer tödlichen Falle. Zuerst bricht ein gewaltiger Sandsturm aus, den einige von Murphys Männern nicht überleben. Wenig später werden Buster Tom und die anderen Männer von mexikanischen Banditen gestellt. Nun heißt es ums Überleben kämpfen!.
Zwischenzeitlich haben Matt Jackson, der Vormann der Circle C-Ranch, Jimmy Copper und die Cowboys Hep und Kane herausgefunden, dass ihr Boss offensichtlich in Schwierigkeiten steckt. Werden sie rechtzeitig zur Stelle sein, um Buster Tom Copper zu helfen?
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / COVER A.PANADERO
© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Western von Bill Garrett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 109 Taschenbuchseiten.
Der US-Marshal Cliff Copper und Conchita Aragusta wollen heiraten. Die ganze Welt scheint in Ordnung zu sein – bis zu dem Augenblick, da Jack Laslow und seine Kumpane in der Stadt Tucson auftauchen und die Bewohner terrorisieren. Conchita stirbt bei dem Versuch, aus der Gewalt der Verbrecher zu entfliehen, und Copper wird durch die Trauer ein anderer Mensch: Er wird der Revolvermarshal.
Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
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© Roman by Author / Cover: Edward Martin
© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Die vier Reiter kamen aus dem Norden und ritten Seite an Seite. Dort, wo die Poststraße den letzten Hügel überquerte, zügelten sie ihre Pferde, blieben still in den Sätteln sitzen und blickten versonnen auf die kleine Stadt hinab.
Sie waren keineswegs die einsamen Wanderer auf der Suche nach einem neuen Anfang. Einer wie der andere waren sie steckbrieflich verfolgte Verbrecher. Doch sie waren nicht in Geschäften unterwegs, auch nicht auf der Flucht. Diesmal nicht. Der wochenlange harte Ritt, der hinter ihnen lag, war ein Pfad der Rache. Der Mann, den sie verfolgten, suchten und umbringen wollten, hieß Jimmy Copper. Er hatte vor Wochen oben im Norden einen von ihnen erschossen. Vor der Blockhütte eines alten Spaniers zwischen dem Oraibi Wash und der Gadiahi Mission. Nicht weit von Tuba City entfernt.
Der Mann, den Jimmy Copper erschossen hatte, hieß Rusty Laslow. Er war der Bruder von Jack und Hush Laslow gewesen und der Freund von Tinto und Barber.
Barber war ein Mann von fünfunddreißig Jahren, groß, schlank, furchtlos und unerschrocken, ein Mann, der zu der Sorte gehörte, die im Bruchteil einer Sekunde ziehen, schießen und treffen konnte. Jedoch nicht nur, wenn auf leere Flaschen oder Steine geschossen wurde, sondern auch dann, wenn die andere Seite zurückschoss.
Er brach das Schweigen zuerst. Er streckte die Hand vor und sah Jack Laslow an. „Da liegt Tucson“, sagte er. „Reiten wir doch einfach hinunter und fragen wir nach der Circle-C-Ranch. Dann werden wir den Bastard schon finden.“
Jack Laslow war in seinem Alter und von der gleichen unerbittlichen Art. „Brennen soll diese Ranch!“, erwiderte er, den Blick auf Tucson gerichtet. „Brennen wie ein Ballen Stroh! Der Bastard aber, der meinen kleinen Bruder erschossen hat, soll hängen! Nur um das zu sehen und zu erleben, habe ich diesen Ritt gemacht.“
Er nahm die Zügel auf, brachte sein Pferd in Gang und ritt den Hügel hinunter. Hush, sein um fünf Jahre älterer Bruder, und Barber und Tinto folgten ihm. Sie ritten Bügel an Bügel den staubigen Hügel hinab, trieben die Pferde auf die Straße und folgten ihr nach Tucson hinein.
Es war Mittag und sehr heiß. Die Mexikaner hielten Siesta. Diesem Rhythmus hatten sich in Tucson auch die Amerikaner angepasst. Die vier begegneten deshalb keinem Menschen. Vor der Bäckerei lag ein Hühnervolk im Schatten. Ein paar Häuser weiter gähnte ein großer gelber Bastardhund die Reiter an. Er war so faul und so müde, dass er die Pferde nicht einmal anknurrte, obwohl er zu jeder anderen Tageszeit selbst dem ältesten Karrengaul in die Gelenke fuhr.
Vor einem verschachtelten Gebäude mit den Aufschriften: Schule, Hotel, Central Saloon, hielten die Männer an, stiegen aus den Sätteln und führten die Pferde an den Hitchrack vor dem neueren Gebäudeteil des Central Saloons.
Während sie die Pferde festleinten, wandte sich Jack Laslow an seinen Bruder. „Hush, da vorn habe ich einen Store gesehen“, sagte er. „Geh sofort los und sieh zu, was du an Presspulver bekommen kannst! Die verdammte Circle-C muss in die Luft fliegen.“
„Wenn du meinst“, sagte Hush unlustig.
„Ja, ich meine!“, knurrte Jack Laslow.
Hush Laslow nahm den Hut ab, strich sich das Haar zurück und setzte ihn wieder auf. Dabei sah er sich suchend um.
„Spar dir den Weg vorläufig!“, riet ihm Barber. „Die Stinker in diesem Kaff liegen doch jetzt alle auf der faulen Haut. Ich wette, in diesem Saftladen hier kriegen wir um diese Tageszeit nicht mal ein Bier.“
„Das meinst du nicht im Ernst!“, sagte Jack Laslow. Er lachte dabei. Aber in seinen kleinen und kalt dreinblickenden Augen stand flammender Zorn. „Lauf, Hush, oder ich mache dir Beine! Weck die Coyoten auf! Mit dem Revolver. Und wenn sie dir nichts verkaufen wollen, dann hilf nach. Auch mit deinem Revolver.“
Hush war fünf Jahre älter als sein Bruder. Er war auch ein Stück größer und kräftiger als Jack. Doch so lange er denken konnte, hatte er sich dem Willen seinen jüngeren Bruders gefügt. Er warf Jack nur einen flüchtigen gereizten Blick zu und lief schnell davon.
„Hier sollten wir nicht zu lange Schritte machen, Jack!“, mahnte Barber. „In Tucson hat ein US- Marshal seinen Sitz, und wir wissen ja noch nicht, was das für ein Kerl ist.“
Jack spie verächtlich aus und sah sich um. „Hast du plötzlich Angst? Vor einem einzelnen Mann? Ich dachte immer, du weißt gar nicht, was das ist, Angst.“
„Wer eine Kuh melken will, braucht Ruhe“, erklärte Barber gelassen. „Nur ein Narr winkt dabei dem Stier mit einem roten Tuch.“
„Du mit deinen blöden Sprüchen!“, knurrte Jack Laslow.
Tinto lachte. „Klingt gut, was er gesagt hat, und das stimmt auch noch.“
„Wir wollen hier keine Kuh melken, sondern höchstens eine schlachten, du Vollidiot!“, fuhr ihn Jack Laslow an.
„Das Marshal-Büro ist da drüben“, sagte Barber trocken und wies schräg über die Straße.
Jack Laslow hatte das Schild dort längst hängen sehen. Er zog den Revolver und wog ihn in der Faust. „Meinetwegen. Bestimmt wird auch er Siesta halten. Dann wecke ich eben jetzt nicht nur den Keeper.“
Er bückte sich, turnte unter dem Hitchrack hindurch und lief mit stapfenden Schritten auf die Saloontür zu, stieß die Schwingflügel auseinander und trat ein, den Colt in der vorgereckten Faust.
Der Tresen war leer. Im Raum befanden sich nur zwei Männer. Sie saßen rechts von der Tür an einem Tisch und unterhielten sich. Sie verstummten sofort. Einer stand auf. Er hieß Rip O‘Hagan und war der Besitzer des Saloons.
„Womit kann ich Ihnen dienen?“, fragte er eisig, griff nach seinem Krückstock und trat um den Tisch.
Jack Laslow lächelte, schob den Colt in die Halfter und winkte Barber und Tinto, die draußen vor der Tür stehen geblieben waren und darauf warteten, was er anstellen würde.
„Kommt ‘rein!“, rief er. „Wir werden bedient in dem Laden.“
Rip O‘Hagan hinkte auf den Stock gestützt zum Tresen. Dabei verzog er das Gesicht, da ihn die alte Verletzung seit Tagen wieder peinigte, wegen der er sein Amt als US-Marshal hatte aufgeben müssen.
Jack Laslow nahm den Hut ab und ging mit Barber und Tinto an den Schanktisch. Er schlug den Hut auf die Platte. „Bier! Bier für uns alle.“
Rip O‘Hagan hängte den Krückstock an die Handleiste hinter dem Tresen und bediente den Zapfhahn. „Drei Biere, Mister!“
„Vier!“, erwiderte Jack Laslow schroff. „Aber das vierte in Wartestellung.“
„Vier Bier! Well“, sagte Rip O‘Hagan.
Der Gast am Tisch erhob sich und ging zur Tür. „Bis später, Rip!“, rief er.
„All right, Fred!“, erwiderte Rip O‘Hagan und hob kurz die Hand zum Gruß.
Jack Laslow drehte sich um. „He, Fred! Was ist los? Reißen Sie aus?“
„Nein! Ich habe zu tun“, erwiderte der Mann und lief rasch hinaus.
„Tinto, hol ihn zurück!“, sagte Jack Laslow.
„Warum denn? Was ist denn?“, fragte Tinto ungehalten. „Lass den Kerl doch in Ruh!“
„Rede nicht, saus los!“, zischte Jack Laslow gereizt.
„Fangen Sie hier keinen Streit an“, sagte Rip O‘Hagan.
Tinto und Barber sahen sich nach ihm um. Jack Laslow nahm jedoch keine Notiz von ihm. „Tinto!“, sagte er mit Schärfe in der Stimme.
Tinto wollte gehen. Aber da setzte sich Barber in Bewegung. Er ging hinaus auf die Straße, blickte in beide Richtungen und kam wieder herein.
„Er ist schon weg, Jack!“, sagte er und kehrte an den Tresen zurück.
Jack Laslow drehte sich wütend um, starrte Rip O‘Hagan an und griff nach dem Glas, das er bereits gefüllt hatte. „Dann ist das vierte Glas für Sie, Mister.“
„Danke!“, sagte Rip O‘Hagan kühl und nickte.
„Nein, hier!“, sagte Jack Laslow. „Nehmen Sie das.“
Rip O‘Hagan griff nach dem Glas und wollte trinken. „Auf Ihr Wohl, Mister“, sagte er.
„Halt!“, sagte Jack Laslow und legte ihm schnell die Hand auf den Arm. „Schütten Sie sich einen Schnaps hinein. Ich spendiere Ihnen einen Schnaps dazu.“
Rip O‘Hagan starrte ihm in die Augen. Doch dann drehte er sich um und nahm eine Flasche aus dem Regal. Jack Laslow beugte sich über den Tresen, nahm ihm die Flasche aus der Hand, korkte sie mit den Zähnen auf, ergriff dabei das Bierglas, leerte es zur Hälfte über dem Ausguss und goss bis an den Rand Schnaps nach. Dann knallte er die Flasche auf den Schanktisch und hielt Rip O‘Hagan das Glas hin.
„Sagen Sie jetzt: Auf Ihr besonderes Wohl, Mister Jack Laslow“, forderte er Rip O‘Hagan auf.
Rip O‘Hagan blickte ihm in die Augen, schaute auf das Glas und sah ihn wieder an.
„Was ist?“, fragte Jack Laslow hämisch. „Sie mögen wohl das Dreckszeug nicht, das Sie Ihren Gästen verkaufen?“
„Trinken Sie schon“, sagte Barber und gab Rip O‘Hagan mit einem Blick zu verstehen, dass es sich dann damit haben würde.
Doch jetzt dachte Rip O‘Hagan nicht mehr daran. Er setzte das Glas so hart auf den Tresen, dass es zerbrach. „Ich mag Ihre Manieren nicht. Verlassen Sie den Saloon!“
Jack Laslows Faust zuckte hinab und schwang mit dem Colt wieder hoch. Das ging so schnell, dass Rip O‘Hagan nicht einmal dazu kam, die Arme nach der Schrotflinte auszustrecken, die er unter dem Schanktisch liegen hatte.
„Jack!“, meinte Barber und verzog unwillig das Gesicht.
„Rede nicht!“, versetzte Jack Laslow wütend. „Ich kann einfach nicht vergessen, dass die Laus aus dieser Stadt gekommen ist, die meinen kleinen Bruder erschossen hat. – Tinto, schließ den Laden! Hier ist vorläufig Feierabend. Wir öffnen erst wieder, wenn wir festgestellt haben, wie viel er von seinem eigenen Fusel vertragen kann.“
„Aber dann kann doch Hush nicht herein“, unternahm Tinto einen schwachen Versuch, Jack Laslow umzustimmen.
„Quatsch nicht! Hush wird schon klopfen.“
Tinto wandte sich lustlos ab und ging zur Tür. Er schaute kurz auf die, Straße hinaus, zog dann die Blendladen herum und schloss ab.
Cliff Copper, ältester Sohn des Circle-C-Ranchers, US-Marshal, einziger Beamter der Dienststelle in Tucson, führte seinen Hengst Pascha aus der Box und legte ihm den Sattel auf. Seine Verlobte, Conchita Aragusta, ordnete seufzend ihre Bluse und das lange schwarze Haar, nahm das Bündel Schulhefte aus der Futterraufe, die sie dort abgelegt hatte und folgte ihm in den Gang.
„Ich werde in drei Tagen zurück sein“, sagte Cliff Copper. „Dann halte ich mich für ein paar Tage frei.“
Das hübsche Mädchen klopfte dem Falbenhengst den Hals. „Du hast es besser als ich, Pascha“, sagte sie und rieb die Stirn an seinem Kopf. „Wollen wir nicht tauschen?“
Cliff Copper lachte. „Da würdest du dich aber schnell in deine Schule zurücksehnen. Die Kinder, die hätten freilich etwas zu lachen.“ Er schlug dem sechsjährigen Hengst auf die Kruppe. „Du als Lehrer, Pascha! Da hätten die Gören ständig schulfrei, was?“
Der Hengst wieherte leise und äugte zu Cliff, stellte dabei die Ohren auf und scharrte zweimal mit dem rechten Vorderhuf.
„Well“, sagte Cliff und lächelte. „Eins und eins ist zwei. Aber das hat Conchita ihren Zöglingen bereits beigebracht.“
„Rede nicht“, sagte Conchita betrübt. „Du hast genau begriffen, wie ich das gemeint habe. Deine Pferde, Pascha und Joker, sind öfter mit dir zusammen als ich. Oft genug alle vierundzwanzig Stunden, die der Tag hat, und das auch noch Tage hintereinander.“
Cliff hatte fertig gesattelt. Er wandte sich Conchita zu. Da flog sie ihm in die Arme. Er presste sie fest an sich und küsste sie.
„Drei Tage!“, raunte er ihr ins Ohr. „Das ist doch zu ertragen.“
„Ja!“, flüsterte sie. „Aber wie!“
Cliff ließ sie los, befreite sich sanft aus ihrer Umarmung, ergriff sie an den Schultern und hielt sie von sich und betrachtete sie.
Conchita war zwanzig Jahre alt, Mexikanerin, groß, schlank, eine Frau, die alles versprach und auch alles geben konnte. Jedenfalls Cliff. Sie war ausgesprochen hübsch, voller Temperament, und genau betrachtet stellte sie für jeden Mann eine glatte Herausforderung dar. Cliff Copper war nicht nur glücklich, dass sie ihn liebte, sondern auch stolz auf ihre Liebe.
„Also machen wir der Quälerei ein Ende“, sagte er.
Ihre Augen strahlten. „Soll das heißen, du reitest nicht?“
„Ich kann doch hier den Kram nicht hinschmeißen, Conchita“, lachte er. „Wie stellst du dir das vor?“
Conchita schloss für einen Moment die Augen. „Wie ich mich eben gefreut habe!“
„Ich wollte damit sagen …fassen wir die Sache beim Schopf.“
„Also du bleibst doch!“
„Nein! Heiraten wir!“
Sie sah ihn an, ernst, verblüfft, sprachlos. Doch nur für einen Moment. Dann fiel sie ihm wieder um den Hals, und er presste sie an sich. Ihre Lippen glitten über die Gesichter, bis sie sich fanden. Eines der Schulhefte fiel herunter, flatterte zu Boden, drei andere fielen nach, dann rutschte ihr der Rest unter dem Arm hervor. Pascha wandte den Kopf. Joker, der neunjährige Fuchshengst, polterte mit den Hufen gegen die Trennwand und äugte herüber. Der weiße Stern auf seiner Stirn leuchtete im Dämmerlicht des Stalles. Dann war es wieder still, obwohl sich Cliff und Conchita heftig bewegten. Nur ihre wilden und heißen Atemzüge waren zu vernehmen.
„O Cliff! Cliff!“, hauchte sie und presste ihren Schoss an ihn. „Cliff, lieber Cliff! Lieber …“
Seine Lippen verschlossen ihren Mund. Die verschlungenen 1 Körper wankten gegen die Trennwand. Conchita riss in wilder Leidenschaft den Kopf zur Seite, nur um das Wort „Bitte“ hauchen zu können und sank zurück. Cliff fasste zu, nahm sie auf die Arme, schob Pascha aus dem Weg und trug Conchita zu dem Strohhaufen.
Ein einsamer Sonnenstrahl fiel auf die Schulbücher, die im Gang lagen.
Joker, der Fuchs, zerrte einmal am Halfter. Pascha rührte sich nicht und blickte durch das offene Tor in den Hof hinaus, der im grellen und gleißenden Sonnenlicht lag.
Später standen Cliff und Conchita dort in der Sonne. Der Marshal hielt sein Pferd am Zügel. Das Mädchen hielt die Schulbücher unter dem Arm. Er sprach von den Plänen, die er hatte, von dem Haus, das er bauen wollte, und sie stand an ihn gelehnt und hörte zu.
„Sobald ich zurück bin, werde ich zu meinem Vater reiten“, sagte er zum Schluss. „Er hat ein Recht darauf, es als erster zu erfahren.“
Sie lachte glücklich und trat zur Seite, weil er in den Sattel steigen wollte. „O Cliff! Das kannst du nicht von mir verlangen. Woher soll ich die Kraft nehmen, darüber drei Tage lang zu schweigen? Julie O‘Hagan! Rip! Ich muss es ihnen sofort sagen.“
Cliff schwang sich in den Sattel. „Meinetwegen! Aber dann mach Rip gleich klar, dass er als Trauzeuge antreten muss.“
„Wen nehmen wir noch?“, wollte sie wissen, sah zu ihm auf und strich sich das Haar aus der Stirn. „Deinen Bruder?“
„Das überlegen wir uns noch“, lachte Cliff. „Aber jetzt lass es dir gutgehen. Je eher ich wegkomme, um so eher bin ich zurück.“
Conchita hob die Hand. „Gib auf dich Acht, du großer Junge!“
Cliff lächelte. „Gib den Kindern heute Nachmittag frei. Dann ist das nicht nur für uns beide, sondern auch noch für vierzig andere Leute ein großer Tag.“
„Das tue ich!“, rief Conchita.
Pascha trabte an. Cliff ritt aus dem Hof, drehte sich noch einmal im Sattel und winkte zurück.
Conchita reckte die Hand empor, lief ihm nach, rannte noch ein paar Schritte und blieb dann außer Atem auf der Straße stehen. Cliff galoppierte bereits und jagte aus der Stadt. Es dauerte nur Sekunden, und er war nicht mehr zu sehen. Conchita ließ den Arm kraftlos herabfallen und blickte auf die Staubwolke, die sich hinter dem Townhaus langsam zu Boden senkte.
Dann fiel ihr Blick auf das Hotel und die geschlossene Saloontür. Julie! Rip!, dachte sie belustigt. Oh, ich werde euch helfen und munter machen!
Sie überquerte die Straße, lief auf der anderen Straßenseite hastig den Sideway entlang, hielt vor dem Schulbau ein, ging rasch hinein, holte das Schild mit der Aufschrift: Heute geschlossen! aus dem Pult und hängte es draußen an die Türklinke. Dann betrat sie Julie O‘Hagans Hotel.
„Julie! Julie!“, rief sie, stellte fest, dass sie die Hefte der Kinder in der Aufregung mitgenommen hatte, und legte sie auf das Anmeldepult. „Julie! Julie!“, rief sie. „Ich bin es! Conchita!“ Sie lauschte eine Weile, ohne dass ihr die seltsame Ruhe in dem Haus auffiel. Sie strich sich das Haar aus der Stirn, las einen Strohhalm heraus, betrachtete ihn, lächelte, küsste ihn und ließ ihn zu Boden flattern. Ihr Busen bebte dabei in nachklingender Leidenschaft.
„Julie!“, rief sie dann wieder.
Aber es rührte sich niemand. Sie zuckte die Schultern, machte kehrt und lief zur Tür, die das Hotel und den Central Saloon miteinander verband. Sie erwartete, die Tür verschlossen zu finden. Doch sie war offen. Conchita betrat voller Freude den Saloon, weil sie überzeugt war, Julie und Rip O‘Hagan dort anzutreffen und ihnen die Neuigkeit, die sie so sehr aufwühlte, mitteilen zu können.
Doch es bot sich ihr ein Anblick, der sie vom Himmel in die Hölle warf. Sie trat über die Schwelle, verharrte und sah entsetzt in den Raum.
Mitten im Saloon standen vier Männer, die sie zuvor noch nie gesehen hatte. Einer hielt eine Holzkiste unter dem Arm. Direkt vor ihm am Boden lag Rip O‘Hagan. Er war bewusstlos und blutete aus einer klaffenden Wunde am Kopf. Julie lehnte am Tresen und weinte. Einer der Männer hielt sie roh am Arm gepackt. Die beiden anderen Kerle hielten die Revolver in den Fäusten und auf Conchita gerichtet.
Es war Jack Laslow, der Julie O‘Hagan gepackt hielt. Seine Schlangenaugen verengten sich zu schmalen Schlitzen, als er die junge und hübsche Mexikanerin unter der Tür erblickte und sie von oben bis unten betrachtete. Er zog dabei die Mundwinkel langsam zu einem hämischen Grinsen herab.
„Hush!“, rief er und schleuderte Julie O‘Hagan mit einem wilden Ruck zu ihm hinüber. „Da! Nimm! Du bist schon immer für die älteren Jahrgänge gewesen.“
Hush hätte Julie O‘Hagan fast fallen lassen, da er nur mit einer Hand zugreifen konnte. In der anderen hielt er die Kiste mit dem Schwarzpulver, das er im Store erworben hatte. Aber Tinto griff rasch mit zu.
Jack Laslow ging zu dem Mädchen und warf die Tür hinter ihr ins Schloss. „Wer sind Sie? Was wollen Sie?“
„Ich …“, stammelte das Mädchen erschrocken. „Mein Name ist Aragusta. Conchita Aragusta.“
Er betrachtete sie herausfordernd. „Conchita“, murmelte er. „Ich hätte nie im Leben vermutet, dass dieses Nest so etwas aufzuweisen hat. – Barber! Bist du nicht platt?“
In Barbers Augen leuchtete es verlangend auf. Statt eine Antwort zu geben, grinste er nur.
Jack Laslow ergriff Conchita am Arm. Aber da hatte sie sich gefasst. Sie riss sich los und wies auf Rip O‘Hagan. „Was haben Sie mit ihm gemacht? Was geht hier vor? – Julie!“
Jack Laslow war mit einem Schritt bei ihr und packte sie. Conchita wehrte sich, schrie, trommelte ihm die Fäuste auf die Brust. Jack Laslow lächelte. Er war ein großer und starker Mann und wollte sie eine Weile kämpfen lassen. Doch er unterschätzte sie. Conchita warf sich plötzlich an ihn und biss ihm in den Hals, dass er aufschrie, zurückzuckte und sie fluchend gegen die Wand stieß.
Während er sich den Hals rieb, zog er den Colt und legte auf das Mädchen an. „Schlange!“, zischte er.
Conchitas Biss war durch die Haut gegangen. Seine Hand war blutig, als er sie wegnahm. Direkt unter dem linken Kiefer klaffte ein Riss.
„Dieses Biest!“ schnaufte er. „Na warte, Weibsbild, dir werden wir es zeigen!“
„Rühr mich nicht an! Ich beiß‘ dir die Kehle durch“, rief sie, als er sich ihr erneut nähern wollte.
„Lass sie, Jack!“, meinte Tinto. „Mit diesem Stück haben wir nur Scherereien.“
Jack Laslow winkte wütend ab. „Rede nicht! Bring Schnaps her! Wenn sie voll ist, wird sie schon zugänglich werden. Da will ich doch verdammt sein, wenn ich in diesem Kaff niemanden meinen Willen aufzwingen kann. Her mit der Flasche!“
Tinto ging zum Tresen, nahm die Flasche und brachte sie ihm.
Die Laslows hatten getrunken. Barber hatte von seinem Glas nur genippt. Tinto hatte nichts angerührt. Ihm war unbehaglich zumute. „Wir sollten jetzt verschwinden“, meinte er.
Jack Laslow riss ihm die Flasche aus der Hand und maß Conchita mit einem drohenden Blick. „Komm, Täubchen, das hebt die Stimmung! Und wir wollen doch in Stimmung kommen, wir beide.“
Er bewegte sich auf Conchita zu, die Flasche in der vorgereckten Faust, in der anderen den Revolver.
Conchita neigte sich vor. „Ich kratze dir die Augen aus! Bleib mir vom Leib!“, rief sie mit vor Erregung zitternder Stimme.
Jack Laslow lachte nur.
Da glitt Conchita rasch zur Seite und rannte auf die Saloontür zu. Jack Laslow drehte sich wankend. „Barber!“, brüllte er.
Conchita prallte gegen die Straßentür und wollte die Flügel zurückreißen. Doch die Tür war verschlossen. Als sie das erkannte, warf sie sich herum, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und blickte auf Barber.
Barber hielt den Schlüssel zwischen Daumen und Zeigefinger hoch und grinste unverschämt. „Nichts zu machen, Conchita-Mädchen.“
Jack Laslow grinste wie ein Teufel. „Du kannst dich heraushalten, Tinto! Ich und Barber, wir machen das schon.“ Er leckte sich die Lippen und setzte sich langsam in Bewegung.
Conchita sah entsetzt von einem zum anderen, blickte dann auf Julie O‘Hagan, die von Hush gehalten wurde. „Julie!“, keuchte sie verzweifelt.
Julie kämpfte vergebens gegen die Kräfte des schweren Mannes. Hush hielt sie mühelos mit einer Hand.
Da drangen Stimmen und Tritte aus dem Hotel in den Raum. Die vier Männer fuhren herum und blickten auf die Verbindungstür, durch die zuvor schon Conchita hereingekommen war. Da ging sie auch bereits auf, und zwei Mexikaner traten über die Schwelle.
„Also doch nicht geschlossen“, sagte der eine. „Da können wir uns ein bisschen den Staub aus den Kehlen …“ Er verstummte und beide blieben stehen. Ihre Blicke zuckten durch den Raum.
„Mrs. O‘Hagan!“ krächzte der eine erschrocken. „Señorita Aragusta! Heiliger Antonius! Was geht hier vor?“ Jack Laslow und Tinto hatten sofort die Waffen auf sie gerichtet.
„Was wollt ihr Hundesöhne hier?“ fragte Jack Laslow gereizt.
„Trinken!“ antwortete der eine. „Wir wollen etwas …“
„‘rein mit euch! Flossen hoch!“ bellte Jack Laslow.
Die Mexikaner blickten in die Runde, schauten auf die Waffen und auf Rip O‘Hagan, der noch immer blutend und bewusstlos am Boden lag. Dann sprangen sie beide zurück und zogen die Revolver.
Jack Laslow und Barber schossen sofort. Ihre Geschosse trafen die Mexikaner, noch ehe sie die Revolver aus den Halftern hatten. Der eine brach auf der Schwelle tot zusammen. Der andere stolperte rückwärts in die Hotelhalle hinaus, fiel gegen das Treppengeländer, hielt sich dort einen Moment und rannte dann hinkend zur Straßentür.
Jack Laslow feuerte viermal hintereinander. Aber er traf nicht mehr. „Tinto!“ brüllte er.
Tinto war mit einem Satz über den Toten hinweg. Sein Colt knallte in der Halle. Er schoss zweimal, dann kam er zurück. „War nichts mehr zu machen. Mit der Kugel im Bein war er schneller als ein Blitz. Jetzt sollten wir aber verschwinden, Jack!“
Da wurde es auf der Straße lebendig. Jemand schrie: „Überfall! Banditen!“ Rufe und Geschrei drangen von draußen herein. Jack Laslow biss sich auf die Lippe, ließ den Colt und die Flasche sinken und trat ans Fenster.
Conchita lief von der Tür weg. Hush gab Julie frei und stieß sie in Conchitas Richtung. Die beiden Frauen liefen in die hinterste Ecke und drängten sich dort entsetzt aneinander.
Männer klopften draußen gegen die Tür und riefen nach Rip O‘Hagan. Jack Laslow trat vom Fenster weg.
„Aufmachen, Barber!“, rief er. „Du, Tinto, bewachst die Verbindungstür! Schieß jeden über den Haufen, der herein will! Hush, du gibst auf die Frauen Acht und auf die Tür hinter dem Tresen!“
Barber trat an die Schwingflügel und öffnete das Schloss, schob auch den Riegel der Blendtür zurück und glitt auf Jack Laslows Wink hin sofort zurück.
Die Blendtüren wurden aufgerissen und knallten draußen gegen die Hauswand. Dann flogen schon die Schwingflügel in den Saloon herein.
Jack Laslow holte aus und schlug dem ersten Mann, der voller Entschlossenheit wie ein gestiefelter Kater hereingepoltert kam, die Schnapsflasche auf den Kopf, dass sie zerbrach. Es donnerte, krachte und splitterte. Der Mann verdrehte die Augen und fiel nach vorn in den Raum herein.
Der Mann, der ihm folgte, wollte zurückzucken und griff zum Revolver. Aber da sauste Jack Laslows‘ andere Faust herab. Er schlug ihm den Revolver in den Nacken, dass er auf der Stelle zusammenbrach.
„Barber!“, brüllte Jack Laslow.
Barber schoss. Sein Colt spie Feuer und Rauch. Die Geschosse pfiffen zwar draußen über die Köpfe der Männer hinweg, doch das genügte, um sie zu vertreiben. Dann krachte auch Jack Laslows Waffe. Er war so in Fahrt, dass er hinausrannte und nach links und rechts feuerte. Die Männer, die auf das Geschrei des verwundeten Mexikaners zusammengelaufen waren, rannten wie die Hasen in alle Richtungen davon – nur um Deckung zu suchen. Doch es vergingen keine drei Minuten, da griffen sie wieder an, unterstützt von einem Dutzend Männer, die aus der Mexikanersiedlung herbeigelaufen kamen.
Jack Laslow kehrte in den Saloon zurück, bückte sich und schleifte den bewusstlosen Mann von der Schwelle und legte ihn zu dem anderen.
„Was wollen wir denn mit denen?“, fragte Barber, der damit beschäftigt war, seinen Revolver aufzuladen.
„Das wirst du schon sehen!“, erklärte Jack Laslow schwitzend. Sein Blick war auf die beiden Frauen gefallen, die Rip O‘Hagan vom Tresen weggezogen hatten und sich hinten zwischen den Tischen und Stühlen um ihn bemühten.
Da waren jene drei Minuten vergangen. Ein Schuss krachte auf der Straße. Das Geschoss zerschlug eine der Fensterscheiben und klatschte hinter dem Tresen in das Flaschenregal, jedoch ohne dort Unheil anzurichten.
„He, ihr da im Saloon!“, rief ein Mann auf der Straße. „Kommt heraus, oder wir holen euch!“
Jack Laslow richtete sich auf und drehte sich um. „Barber!“, grinste er. „Hast du das gehört?“
Barber nickte nur und lehnte sich neben dem Fenster gegen die Wand. Tinto hatte an einem Haken den Schlüssel zur Verbindungstür gefunden und sie abgeschlossen. Er kam mit langen Schritten nach vom.
„Jack! Unsere Pferde stehen draußen, warum reiten wir nicht weg?“
Da begannen auf der Straße Revolver und Gewehre zu krachen. Jack Laslow und Barber duckten sich und schossen durch das Fenster und die Tür hinaus. Hush ging hinter dem Tresen in Deckung, um von den hereinfliegenden Geschossen nicht getroffen zu werden. Er kroch dann an dessen Ende und glitt auf allen vieren zu den Tischen, warf einen um und hockte sich hinter die Platte.
Tinto hatte sich erschrocken fallen lassen, sprang wieder auf und stellte sich neben Jack Laslow an die Wand. Dabei spähte er über die Schwingflügel hinweg ins Freie.
„Verdammt“, keuchte er. „Die Hundesöhne haben unsere Pferde weggeführt.“
Jack Laslow blickte ihm kurz ins Gesicht. „Rege dich nicht auf! Die Halunken werden uns die Pferde wiederbringen. Von selbst und auch freiwillig!“
Die Lage wurde für sie jedoch bedrohlich. Die Bürger von Tucson umstellten das Hotel und feuerten aus Revolvern und Gewehren durch das Fenster und die Tür. Die Bleistücke fuhren von draußen herein und krachten in die Wand, dass Putz und Kalkstaub herabrieselten.
„Sie kommen von allen Seiten!“, krächzte Tinto.
Jack Laslow blickte zu den Frauen. „Hush!“, brüllte er. „Nimm dieses dickbusige Frauenzimmer und halte ihr leidendes Muttergesicht zum Fenster hinaus, damit die Narren da draußen begreifen, welche Trümpfe wir hier haben.“
Julie O‘Hagan wich ängstlich zurück. Hush pachte sie am Arm, verdrehte ihn ihr auf dem Rücken und schob sie vor sich her.
Das Schießen verstummte schlagartig, als er mit ihr vor das zertrümmerte Fenster trat und mit dem Ellenbogen ihren Oberkörper hinausdrückte.
„Da seht!“, rief er. „Da seht nur! Sie steht hier nicht nur in der Gefahr, von euch getroffen zu werden. Wir können ihr auch eine Kugel verpassen. Wenn ihr nicht verschwindet zum Beispiel.“
Draußen war es im Handumdrehen geradezu totenstill. Pulverrauch trieb auf der Straße entlang am Saloon vorbei.
„Jetzt hat es denen aber die Sprache verschlagen“, lachte Jack Laslow. „Barber!“
Barber grinste wieder nur.
Tinto stieß Jack Laslow an und wies zum Fenster hinaus. „Pass auf, Jack! Da drüben will einer mit dir sprechen. Handle ihnen unsere Pferde und freien Abzug aus der Stadt ab!“
Jack Laslow schaute über die Schwingtür. Auf der anderen Straßenseite war ein Mann aus dem Haus unter das Vordach getreten und winkte.
„Das ist doch dieser Fred, der vor einer halben Stunde noch hier an dem Tisch gesessen hat“, sagte er.
Tinto nickte. „Ja, das ist der Kerl.“
„Na, warte!“, grinste Jack Laslow. „Dem handle ich etwas ganz anderes ab, dem Hundesohn.“
Er halfterte den Colt, rammte die Schwingtür mit einem Fausthieb auseinander und trat auf den Sideway hinaus.
„Hallo!“, rief der Mann drüben. „Was wollen Sie? Welche Bedingungen stellen Sie? Lassen Sie die Frau frei!“
„Kommen Sie herüber!“, rief Jack Laslow. „Das Geschrei ist mir zu anstrengend.“
Der Mann drüben sah sich um, sprach mit einem anderen, der im Hausflur stand. Dann kam er über die Straße.
„Wer sind Sie eigentlich, Fred?“, grinste Jack Laslow, als er knapp fünf Schritt von ihm entfernt stehenblieb.
„Mein Name ist Guggenheimer. Ich bin der Town Mayor. Was geht im Saloon vor? Welche Absichten verfolgen Sie? Lassen Sie die Leute frei, die Sie gefangen halten. Wir haben den Saloon umstellt.“
Jack Laslow neigte den Kopf und schloss die Schlangenaugen zu schmalen Schlitzen. „Sind Sie hergekommen, um mir Bedingungen zu stellen?“
Fred Guggenheimer, Stellmacher und Bürgermeister von Tucson, wies in die Runde. „Wir sind über dreißig Mann. Wir geben Ihnen fünf Minuten. Dann kommen wir in den Saloon.“
„Fünf Minuten!“, lachte Jack Laslow. Doch er wurde sofort wieder ernst. Die Haut spannte sich über seinen Kiefern. „Hören Sie mal genau zu, Sie mieser Stinker, Sie! In fünf Minuten stehen unsere Pferde wieder dort, wo wir sie hingestellt hallen. Und in fünf Minuten seid ihr dreißig Helden auch von der Bildfläche verschwunden. Dafür aber sehe ich hier vor der Tür dreißigtausend Dollar liegen, oder ihr könnt die Leute, die wir da drinnen haben, schreien hören. Die Frauen zuerst!“
„Sie treiben das alles auf die Spitze“, sagte Fred Guggenheimer.
„Wir haben zwei Frauen und drei Männer“, sagte Jack Laslow eisig. „Nein, nicht drei Männer, sondern vier. – Der vierte sind Sie! Aber gehen Sie erst einmal los und unterrichten Sie Ihre Helden über unsere Forderung. Doch dann kommen Sie wieder. Wenn Sie in drei Minuten nicht zurück sind, Mister, haben wir einen Gefangenen weniger. Wir werfen euch die Leiche durchs Fenster!“
Fred Guggenheimer streckte die Hand vor. „Einen Augenblick!“
Doch Jack Laslow hatte nicht die Absicht, sich auf ein langes Gespräch einzulassen. Er machte kehrt und ging in den Saloon zurück.
Barber grinste, als er durch die Tür kam. „Weißt du, Jack, im Grunde genommen reite ich eigentlich nur mit dir, weil du immer wieder Ideen aus dem Handgelenk heraus zauberst. Dreißigtausend Dollar! Das ist genau das Geschäft, von dem ich immer geträumt habe.“
Jack Laslow schlug ihm auf die Schulter. „Halte dich nur an mich, du langer Esel.“
„Wir überziehen unsere Chancen, Jack!“, raunte Tinto mit heiserer Stimme. „Ohne Blutvergießen werden wir nicht ‘rauskommen.“
„Bestimmt nicht!“, versetzte Jack Laslow trocken. „Aber unser Blut wird es nicht sein. – Barber, die grünäugige Hexe nehmen wir mit. Die habe ich mir nun einmal in den Kopf gesetzt.“ Er legte die Hand auf die Bisswunde an seinem Hals und grinste gemein. „Mit ihr werden wir unseren Spaß haben. Oder glaubst du vielleicht nicht?“
„Da bin ich sogar ziemlich sicher!“ Jack Laslow nickte. „Kümmere dich um sie! Ich schätze, es wird gleich alles so schnell gehen, dass wir nicht einmal Zeit haben werden, richtig Luft zu holen. Da kann ich unmöglich auf alles achten.“
„Du kannst dich auf mich verlassen“, sagte Barber.
Jack Laslow blickte wieder über die Schwingtür hinweg. Es dauerte nicht einmal vier Minuten, und Fred Guggenheimer kam wieder zu Vorschein. Er zögerte drüben einen Moment. Dann lief er über die Fahrbahn und betrat den Saloon.
„Sie müssen uns mehr Zeit lassen“, sagte er zu Jack Laslow, während er sich schnell und spähend umblickte. „Dreißigtausend Dollar sind schließlich nicht im Handumdrehen zu beschaffen.“
„Trau ihm nicht, dem Hund!“, krächzte Tinto.
Jack Laslow wies Tinto mit einem gereizten Blick zurecht. „Wie viel Zeit wollen Sie schinden?“, wandte er sich an Guggenheimer.
„Wir benötigen mindestens eine halbe Stunde, um das Geld aufzutreiben.“
Guggenheimer war unbewaffnet. Jack Laslow suchte ihn trotzdem von oben bis unten ab. „Die halbe Stunde ist euch Hundesöhnen genehmigt“, sagte er, als er sich aufrichtete und zurücktrat.
Barber hatte sich von Hush die Kiste mit den Schwarzpulverstangen geben lassen und hielt sie Guggenheimer hin. „Da setzen wir Sie drauf, Mister, wenn wir dahinterkommen, dass Sie uns zu leimen versuchen.“
Jack Laslow nickte. „Mit einer langen Zündschnur, damit die Sache für Sie auch spannend wird.“
Guggenheimer würgte es im Hals. „Sie werden das Geld erhalten.“
„Damit rechnen wir auch fest“, erwiderte Jack Laslow trocken. „Pack den Burschen, Barber! Und zu den anderen mit ihm. Hush soll die Kerle und die blonde Tante aneinanderbinden. Nur unser Conchita-Täubchen bindet nicht. Das nehmen wir ja mit. Von dem vielen Geld werden wir ihr die schönste Unterwäsche kaufen. Direkt in Paris!“
Er stieß Barber den Ellbogen in die Seite und grinste, und Barber grinste tief und auf die gleiche gemeine Art zurück. Dann schob er Guggenheimer hinter in den Saloon.
„Ich sehe zwar niemanden da draußen, aber sie sind noch alle da“, sagte Tinto.
Jack Laslow spähte über die Schwingtüren hinweg, schaute dann durch das Fenster und winkte Barber zurück.
„Mach uns die Bombe fertig, Barber“, sagte er zu ihm. „Sollten die Narren da draußen nicht verschwinden, jagen wir den Bau in die Luft. Pack die Kiste den Geiseln genau vor die Füße. Die Zündschnur legen wir bis auf die Straße hinaus. Wir haben ja genug davon. Wenn die Schurken die Schnur brennen sehen, laufen sie, ohne dass wir sie noch einmal auffordern müssen. Wir reiten dann wie die Teufel weg.“
Er lachte. Barber grinste.
„Aber nur mit den dreißigtausend Dollar und unserem Conchita-Täubchen“, meinte Barber.
„Noch haben wir nicht einmal unsere Pferde“, krächzte Tinto. „Du weißt, ich bin kein Hasenfuß, Jack, aber diese Sache gefällt mir nicht.“
In diesem Augenblick vernahmen sie Hufschlag. Sie schauten alle drei hinaus. Ein Mexikaner trieb ihre Pferde vorn am Marshal-Büro um die Straßenecke in die Hauptstraße herein und dann genau auf den Central Saloon zu. Vor der Bäckerei ließ er die Pferde allein weitergehen und rannte zurück.
„Tinto!“ sagte Jack Laslow. „Hinaus mit dir! Binde die Pferde am Hitchrack fest, damit sie uns nicht weglaufen, sollte wirklich noch einmal geschossen werden.“
Tinto zog sich den Hut in die Stirn, trat durch die Tür, sah sich draußen rasch und spähend in beide Richtungen um, und lief dann den Pferden entgegen.
„Wir haben die Pferde!“, sagte Jack Laslow zu Barber und schlug ihm auf die Schulter. „Wetten, dass die uns auch das Geld vor die Tür legen, he?“
„Bestimmt!“, erwiderte Barber überzeugt. „Aber wir werden aufpassen müssen. Wir sind mitten in der Stadt, Jack.“
„Du befürchtest einen Hinterhalt?“, lachte Jack Laslow. „Verlass dich nur auf mich. Das wird diese Narrenbande nicht wagen.“
Tinto hatte die vier Pferde an die Zügel genommen und führte sie an den Hitchrack, der sich rechts von der Tür am Straßenrand befand. Er schlug die Zügelenden um den Holm und kam in den Saloon zurück.
„Jack!“, krächzte er. „Hausflure, Hinterhöfe und Seitengänge zwischen den Häusern sind voller Leute. Nur zwei Häuser weiter steht über ein Dutzend gesattelter Pferde bereit. Die werden nicht klein beigeben. Die nicht!“
Jack Laslow verzog das Gesicht.
„Regst du dich schon wieder auf? Wir haben doch eine Menge in der Hand. – Von dem Geld hast du nichts gesehen?“
„Wie denn und wo, zum Henker?“, schnaufte Tinto.
Barber zog seine silberne Taschenuhr und klappte sie auf. Er warf einen Blick auf das Zifferblatt und steckte sie wieder weg. „Wir warten erst zehn Minuten, Jack. Geduld musst du schon haben.“
Jack Laslow starrte über die Tür hinweg. „Geduld habe ich! Aber die Burschen sollen sich nur nicht einbilden, dass sie meine Geduld über Gebühr strapazieren können.“
„Das verdammte Haus, das da in die Fahrbahn hineinragt!“, meinte Tinto. „Ich habe dahinter keinen Menschen gesehen. Aber ich wette alles, was ich habe, dass jetzt eine Menge Schurken dahinter in Deckung gegangen sind und auf uns warten.“
„In diese Richtung werden wir nicht reiten“, erklärte Jack Laslow. „Wir galoppieren nach Westen! Und zwar, kurz bevor dieser Bau hier in die Luft fliegt. Dann werden die Kanaillen da draußen etwas zu rennen haben. Schließlich wissen sie, dass wir Leute zurücklassen. Den Town Mayor zum Beispiel!“ Er grinste. „Barber, du nimmst die Mexikanerin zu dir in den Sattel, claro?“
Barber nickte. „Ich werde sie schön festhalten.“
„Ja, aber lass etwas übrig von ihr!“, versetzte Jack Laslow.
Er drehte sich um. Hush stand hinter ihm, das Ende der Zündschnur in Hand.
„Bringen sie uns das Geld?“, wollte er wissen.
Jack Laslow blickte an ihm vorbei. Julie O‘Hagan, ihr Mann, der noch bewusstlos war, Fred Guggenheimer und die anderen beiden Männer hockten neben dem Tresen an der Wand. Direkt vor ihnen lag die Kiste mit den Schwarzpulverstangen. Hush hatte die Zündschnur hineingesteckt und das Paket sorgsam verschnürt. Conchita stand neben den Männern und Julie O‘Hagan an der Wand. Die Frauen und die Männer starrten furchtsam und gebannt herüber.
Jack Laslow nahm seinem Bruder die Zündschnur aus der Hand und zog daran, um festzustellen, wie lang sie war.
„Sie reicht bis zu den Pferden hinaus“, sagte Hush.
„All right, Hush!“, sagte Jack Laslow und gab ihm das Ende zurück. „Sobald wir draußen sind, brennst du sie an.“
„Das ist ein Schnellbrenner, habe ich mir erklären lassen“, grinste Hush.
„Um so besser! Schließlich haben wir es eilig“, versetzte Jack Laslow.
„Achtung!“, raunte Barber und wies zum Fenster hinaus.
Sie hoben alle vier die Revolver und blickten zu dem gegenüberliegenden Haus, aus dessen Tür ein Mann getreten war. Er schaute angestrengt zum Saloon und hielt einen kleinen grauen Leinenbeutel in der Hand.
„Da kommen unsere dreißigtausend Dollar angesegelt“, lachte Jack Laslow wild. „Achtung jetzt!“
Er schob die Schwingflügel mit der Schulter auseinander und trat hinaus auf die Straße.
„Komm herüber, Junge!“, rief er über die Fahrbahn.
Der Mann setzte sich in Bewegung. Er war ein Mexikaner. Langsam und schwerfällig und voll Furcht, kam er über die Straße gelaufen und blieb vor Jack Laslow stehen.
„Die dreißigtausend Dollar, Mister!“, schnaufte er. „Aber Sie müssen die Gefangenen freilassen.“
„So? Muss ich das?“, grinste Jack Laslow, nahm ihm den Beutel aus der Hand und öffnete ihn, um einen Blick hinein zu werfen.
„Die Gefangenen!“, sagte der Mexikaner. „Sie müssen sie jetzt freilassen.“
Jack Laslow schaute in den Beutel, der voller Geldscheine war. Er verschnürte ihn sorgsam und nickte. „Ihr müsst euch zurückziehen“, sagte er. „Das war auch eine Bedingung.“
„Das haben wir getan!“, schnaufte der Mexikaner.
Jack Laslow nickte. „Gut, dann verschwinde auch du!“ Er lachte, machte kehrt und stapfte in den Saloon hinein. Der Mexikaner sah ihm nach und rannte dann über die Straße zurück.
„Hier!“, rief Jack Laslow triumphierend. „Dreißigtausend Dollar.“ Er hielt den Beutel hoch.
Hush, Barber und Tinto starrten einen Moment auf den kleinen, prall gefüllten Leinensack, bis ihn Jack Laslow wieder sinken ließ.
„Jetzt nichts wie weg hier!“, sagte Barber.
Jack Laslow nickte. „Well, Barber! Greif dir die schwarze Hexe! Wir verschwinden.“
Barber lief sofort zu den Geiseln, von denen als einzige Conchita Aragusta nicht gefesselt war. Er lächelte und musterte Conchita, die ihm wütend in die Augen blickte.
„Rühr mich nicht an!“, stieß sie hervor.
„Pass auf, Barber!“, rief Jack Laslow belustigt. „Lass dich nicht beißen.“
Barber blickte auf die am Boden hockenden Männer und Julie O‘Hagan, die so fest aneinandergebunden waren, dass sie sich nicht rühren konnten.
„Wir verlassen jetzt die Stadt“, sagte er.
„Das könnt ihr nicht tun!“, rief Fred Guggenheimer mit heiserer Stimme.
Der Kasten mit den Schwarzpulverstangen stand direkt vor seinen Füßen. „Wir haben euch nichts getan. Ihr habt das Geld! Alle Forderungen sind erfüllt.“
Barber hatte nicht vor, sich mit Guggenheimer in ein Gespräch einzulassen. Er wollte nur Conchita einen Augenblick ablenken. Er blieb stehen, bückte sich, als wollte er die Gefesselten befreien, doch schon im nächsten Augenblick fuhr er herum und stürzte sich auf Conchita.
Conchita reagierte auch prompt zu spät. Sie sprang wohl zur Seite. Aber Barber bekam sie am Handgelenk zu fassen. Sie schrie unter seinem rohen Griff auf, mehr vor Zorn als vor Schmerz. Als er sie an sich riss, ergriff sie mit der anderen Hand einen Stuhl, um ihn Barber in die Seite zu schleudern. Doch Barber trat ihr den Stuhl aus der Hand, versetzte ihr einen Schlag in den Nacken, fing sie mit dem anderen Arm auf und schleifte sie zur Tür.
Conchita wehrte sich. Sie trat um sich, versuchte Barber in die Arme zu beißen und stieß ihm den Kopf ins Gesicht. Doch Barber presste sie kurzerhand so fest an sich, dass sie kaum noch atmen konnte, und trug sie dann einfach.
Jack Laslow, Hush und Tinto traten vor ihm zur Tür hinaus. Tinto hielt ihm die Flügel auf. Auf der Straße fing Conchita laut an zu schreien. Barber hielt ihr rasch den Mund zu. Er wandte so viel Gewalt an, dass sich Conchita nicht mehr rühren konnte. Doch ihn strengte das nicht im geringsten an. Im Gegenteil. Es bereitet ihm Vergnügen.
Jack Laslow nahm seinem Bruder das Ende der Zündschnur und das Streichholz aus der Hand. „Barber!“, brüllte er. „Aufs Pferd mit ihr, damit sie jeder sehen kann! Halte ihr den Revolver an die Schläfe! Die Hundesöhne sollen erkennen, was sie riskieren, wenn auch nur einer einen Schuss abfeuert.“
Während Tinto, Hush und Barber mit Conchita zu den Pferden gingen und die Tiere losbanden, lief Jack Laslow mit langen Schritten auf die Fahrbahn, riss das Streichholz am Daumennagel an und setzte die Zündschnur in Brand.
Prasselnder Funkenflug sprühte für einen Augenblick in der Sonne. Rauch quoll empor, der Jack Laslows Kopf einhüllte, als er das Ende der Schnur hochhielt. Dann waren die Funken nicht mehr zu sehen. Nur der aufquellende Rauch fraß sich an der Schnur entlang.
„Hier!“, rief Jack Laslow laut und blickte schnell in die Runde. „Zurück ihr alle, wenn ihr nicht mit in die Luft fliegen wollt.“ Dann ließ er die Schnur fallen.
Es war totenstill in Tucson. Die vier Banditen und Conchita Aragusta schienen die einzigen Menschen in der Stadt zu sein. Wie ausgestorben lag die Straße im Sonnenglast. Die Gehsteige zu beiden Seiten der Fahrbahn waren wie leer gefegt. Weder Fuhrwerke noch Reiter waren zu sehen. Auch keine Passanten. Selbst der große gelbe Bastardhund, der die vier beim Einreiten so träge angegähnt hatte, war verschwunden, und mochte der Teufel wissen, wohin sich das Hühnervolk vor dem Haus des Bäckers verzogen hatte.
Jack Laslow drehte sich um, blickte auf die Schnur, an der sich der Rauch rasch auf die Saloontür zu fraß. Er lächelte grimmig und sah sich noch einmal schnell um. Dann stapfte er mit wiegenden Schritten zu seinem Pferd.
Barber saß mit Conchita schon im Sattel. Tinto und Hush schwangen sich mit Jack Laslow auf die Pferde. Jack Laslow jagte einen Schuss in die Luft, als sich die dünne Rauchsäule über der
Schnur unter den Schwingflügel in den Saloon hineinfraß.
„Galopp!“, brüllte er und gab seinem Pferd die Sporen.
Der Schuss krachte zwischen den Häusern, und die Echos prasselten von einer Hauswand gegen die andere. Der Hufschlag der vier angaloppierenden Pferde raste zwischen der Häuserzeile himmelan. Staub quirlte empor.
Jack Laslow und Barber mit Conchita galoppierten an der Spitze. Hush und Tinto jagten Seite an Seite hinterher. Jack Laslow hielt in der einen Hand den Revolver, in der anderen den Beutel mit dem Geld. Das Pferd lenkte er nur mit den Schenkeln.
„Barber!“, brüllte er und hielt den Beutel triumphierend hoch. Dabei sah er zu Barber hinüber. Doch Barber hing auf einmal zurück, und plötzlich saß er allein auf seinem Pferd. Jack Laslow sah gerade noch die Beine des Mädchens über das Pferd hinweg verschwinden.
Barber fluchte laut und riss sein Pferd brutal auf die Hinterhand. Jack Laslow warf das Pferd herum, während Tinto und Hush an ihm vorbeigaloppierten, die in diesem Moment noch nicht bemerkten, dass sich Conchita Aragusta aus Barbers Klammergriff befreit und vom Pferd geworfen hatte.
„Hol sie zurück!“, brüllte Jack Laslow, als er sah, dass sich die Mexikanerin aus dem Staub erhob und wegrannte.
Barber zögerte jedoch. „Hauen wir doch ab!“, rief er.
Conchita Aragusta lief mit wehendem Rock auf die Zündschnur zu und stolperte dann an ihr entlang zum Central Saloon. Jack Laslow verfluchte Barber und hob den Colt. Es war eine geradezu langsame und sorgfältige Bewegung.
„Jack!“, schrie Barber.
Doch da hatte Conchita die Tür erreicht, und Jack Laslow feuerte. Er traf das Mädchen mit dem ersten Schuss. Er sah, wie sie sich aufrichtete, einhielt und die Arme nach der Tür ausstreckte. Da wollte er noch einmal schießen. Doch Barbers Pferd prallte gegen seinen Braunen.
„Du Vollidiot!“, brüllte Jack Laslow wütend und sah ihm in die Augen, und der Blick daraus verriet ihm, dass Barber sein Pferd mit Absicht herüber gedrängt hatte.
Jack Laslow zielte erneut. Aber da brach Conchita Aragusta vor der Saloontür zusammen und blieb liegen.
„Weg!“, schrie Barber. „Wir fliegen ja mit in die Luft.“
Sie rissen die Pferde um die Hand und jagten Seite an Seite Tinto und Hush nach, die sich bereits zweihundert Yard von ihnen entfernt hatten. In diesem Augenblick begann es zu krachen. Auf einmal steckte die Stadt voller Leben und vor allem voller Schützen. Revolver und Gewehre krachten. Barber duckte sich tief auf den Hals seines Pferdes und feuerte blindlings nach beiden Seiten.
Jack Laslow schrie auf. Barber sah, wie er die rechte Hand hochriss. Sie blutete. Barber wusste sofort, was das bedeutete und blickte zurück. Der Beutel mit dem Geld war Jack Laslow entfallen und rollte durch den Straßenstaub. Jack Laslow wollte anhalten. Aber die Schüsse der Bürger von Tucson trieben das Tier weiter.
Barber schaute zum Saloon. Conchita Aragusta hatte sich aufgerafft, schien einen Moment dort an den Schwingflügeln zu hängen und stürzte dann in den Saloon hinein. Die Türflügel schwangen zurück und flappten wieder in den Raum hinein. Aus dem gegenüberliegenden Haus kam ein Mann gerannt und rief Conchitas Namen. Barber sah, wie er sich mitten auf der Fahrbahn bückte, die verkohlte Zündschnur aufhob und wild daran zerrte. Die Schnur riss jedoch einen Meter vor seiner Hand ab.
Barber duckte sich tief auf den Hals seines Pferdes, weil er in der nächsten Sekunde die Explosion erwartete.
Fred Guggenheimer sah Conchita in den Saloon gewankt kommen. Sie lief zwei Schritte zur Seite und schlug dann hart zu Boden.
Drei Meter von der Zündschnur entfernt blieb sie liegen.
Julie und die beiden Männer starrten voller Entsetzen auf die dünne Rauchsäule, die über der grünfarbenen Schnur aufkräuselte und rasch auf sie zukam. Guggenheimer bemühte sich verzweifelt, die Kiste mit den Füßen von sich wegzustoßen. Aber er hatte nur Zentimeter Spielraum und konnte die Bombe nicht erreichen. Er war klatschnass vom Schweiß.
„Conchita!“, schrie Julie O‘Hagan verzweifelt. Dann brüllten auch die beiden anderen Männer. Guggenheimer schrie mit, ohne das selbst zu bemerken, da er immer noch versuchte, die Kiste mit den Schwarzpulverstangen zu erreichen.
Rip O‘Hagan kam durch das Geschrei zu sich, hob den Kopf und sah sich um, ohne jedoch etwas von dem zu begreifen, was da vor sich ging.
Conchita Aragusta war von Jack Laslow in den Rücken getroffen worden. Das Geschoss war ihr unter dem linken Schulterblatt in den Körper gedrungen. Was sie freilich nicht spürte. Sie wusste, was geschehen war. Die Übersicht hatte sie trotz der peinigenden wilden Schmerzen nicht verloren. Sie drehte sich auf die Seite und tastete sich mit der Linken ab, da sie nicht feststellen konnte, wo sie der Bandit getroffen hatte. Doch mitten in der Bewegung hielt sie ein, da der Schmerz sich mit einer Heftigkeit verstärkte, dass sie auf einmal nicht mehr atmen konnte. Sie kippte zurück. Dabei fiel ihr Blick auf die Rauchfahne, die sich dicht vor ihr über die Dielenbretter hinweg vor dem Tresen entlang zur Wand hin bewegte, wo die vier Männer und Julie O‘Hagan aneinandergefesselt hackten.
Conchita hob den Kopf, stemmte sich empor und wollte sich mit den Füßen vorwärts bewegen. Doch die Lähmung in ihrem Körper war schon so weit fortgeschritten, dass ihr die Beine den Dienst versagten. Sie hörte draußen auf der Straße einen Mann schreien, vernahm auch die Stimmen von Julie O‘Hagan und der Männer im Raum und krallte die Fingernägel in den Fußboden, um sich vorwärtszuziehen. Sie wusste ganz genau, dass nur sie die Möglichkeit hatte, das Leben der Menschen neben dem Tresen zu retten und die Katastrophe zu verhindern.
Conchita zog sich vorwärts und riss sich dabei die Finger blutig. Sie bewegte sich immer schneller. Ihr Oberkörper richtete sich wie im Krampf auf, glitt vorwärts und fiel nieder. In immer rascherer Folge. Doch so schnell und verzweifelt sie sich auch bewegte, gegen die vorwärts züngelnde Rauchwolke hatte sie keine Chance. Das begriff sie auch. Als sich die Rauchfahne auf Zentimeter dem Kasten genähert hatte, blieb Conchita liegen, streckte die Hand vor, ergriff die Zündschnur, wickelte sie sich einmal um die Hand und riss sie aus dem Kasten.
Julie O‘Hagan und die Männer hörten auf zu schreien und starrten bestürzt auf das Ende der Schnur, an dem die Rauchfahne zusammensank und förmlich verdampfte. Es stank entsetzlich nach Pulver im Raum. Guggenheimer konnte kaum bis zur Tür blicken. Eine seltsame Ruhe drang von draußen herein. Guggenheimers Blick fiel auf Conchita, die auf einmal in verrenkter Haltung dalag, die verkohlte Zündschnur um die Hand gewickelt.
„Kommt doch herein!“, brüllte Guggenheimer.
Da flogen die Schwingflügel auseinander. Männer kamen herein, Revolver und Gewehre in den Fäusten. Doch schon der dritte Mann war Doktor Mills. So vehement die Männer auch hereingestürmt kamen, als sie Conchita, die Kiste mit dem Sprengstoff und die Gefesselten sahen, blieben sie erst einmal stehen. Doktor Mills bahnte sich dann einen Weg, stürzte förmlich zu Conchita und kniete nieder. Männer hasteten an ihm vorbei, um die anderen zu befreien.
Doktor Mills stellte seine schwarze Tasche ab, zog ein Messer aus der Tasche, klappte es auf und zerschnitt Conchitas Bluse, um die Verletzung genauer betrachten zu können. Er sah nur kurz hin, steckte das Messer wieder in die Tasche und drehte Conchita behutsam auf die Seite.
Conchita schlug die Augen auf und lächelte. „Bist du es, Cliff? Die Sprengladung ist nicht explodiert, nicht wahr?“
Doktor Mills zog ein Tuch aus der Tasche, tupfte ihr den Schweiß von der Stirn und beantwortete nur ihre zweite Frage. „Es ist nichts passiert. Conchita. Das verdanken wir Ihnen. Sie sind ein tapferes Mädchen.“
Conchita schloss die Augen. „Wo ist Cliff?“
Eine Faust krallte sich in Doktor Mills‘ Schulter. „Warum, zum Teufel, tun Sie nichts? Tun Sie doch etwas!“, raunte eine Stimme scharf.
Doktor Mills drehte den Kopf und starrte in Guggenheimers Gesicht. „Wo ist der Marshal?“, flüsterte der Doktor. „Holt ihn her! Rasch, oder ihr alle werdet euch das nie verzeihen.“
„Er ist doch nicht in der Stadt“, erwiderte Guggenheimer.
Da nahm der Doktor den Hut ab und legte Conchita behutsam die Hand auf das Gesicht. „Cliff wird gleich hier sein“, sagte er leise.
Obwohl der Saloon voller Männer war, konnte man Doktor Mills‘ Worte bis zur Tür hin verstehen. Und an dieser Lüge des Doktors erkannte jeder, wie es um das Mädchen stand, dass sie ihr Leben gewagt und verloren hatte, um andere zu retten.
„Du lieber Himmel, sie hätte auf der Straße nur in die andere Richtung rennen zu brauchen, um sich in Sicherheit zu bringen“, flüsterte einer der Männer.
Conchita schlug die Augen auf. „Findet ihr Cliff nicht?“
„Doch!“, antwortete Doktor Mills. „Er wird gleich hier sein. Nur einen Moment noch.“
Conchitas Augen fielen zu. Ihr Gesicht verfärbte sich. Nicht Cliff Copper, der Marshal, kam zur Tür herein, sondern der Tod. Über Conchitas bleiches Antlitz glitt ein Lächeln.
„Julie!“, hauchte sie. „Wir heiraten. Cliff und ich! Sag es Rip! Hörst du? Sag es Rip!“
„Conchita!“, weinte Julie O‘Hagan auf.
Doktor Mills erhob sich nach einer Weile und ergriff Julies Hand. „Es war Conchita Aragusta“, sagte er und seine Stimme zitterte dabei. „Sie hat ein Recht darauf, dass wir in Tucson diesen Namen nie vergessen.“
Die Männer nahmen die Hüte ab. Bedrücktes Schweigen herrschte, das nur von Julie O‘Hagans Schluchzen unterbrochen wurde. Dann war in diesem Schweigen das Schlagen eines Krückstocks zu vernehmen. Rip O‘Hagan hinkte durch den Saloon. Sein Gesicht war verquollen und blutig.
„Pitt, du nimmst die beiden Braunen aus meinem Stall und reitest nach Camp Lowell, um Cliff Copper zu benachrichtigen! – Diego, reite zur Circle-C-Ranch hinaus! Sag Buster Tom Bescheid. Ihr anderen holt eure Pferde und eure Gewehre. Wir brechen sofort auf.“ Er blieb vor Conchita stehen und blickte auf sie hinab, das schmutzige und blutige Gesicht vor Trauer und Schmerz verzogen. „Ich schwöre für diese Stadt, dass wir die Halunken einholen und aufhängen werden, dass wir sie hetzen und treiben werden, solange Leben in uns ist oder wir sie haben.“
Er machte kehrt. „Vasquez, mein Pferd!“, sagte er.
Einer der Mexikaner trat heran. „Conchita!“, schluchzte er mit tränenerstickter Stimme. „Wir reiten auch mit. Wir alle!“
Doktor Mills legte ihm die Hand auf die Schulter. „Well, Rodriquez, stellen wir ein großes Jagdkommando zusammen, wir alle, die wir sie so sehr geliebt haben.“
Rodriquez, ein armer mexikanischer Schafzüchter, ein Mann wie ein Baum, weinte wie ein Schlosshund, als er Seite an Seite mit dem Doktor den Saloon verließ. „Die Kinder“, heulte er, „was werden die Kinder denken? Für sie war Conchita der liebste Mensch der Welt.“
Jack Laslow wickelte sich den Verband von der Hand und betrachtete eingehend die bereits verheilende Verletzung. „Regt euch nicht auf“, sagte er dabei über die Schulter. „Ich kenne das. Die Burschen in so einem Aufgebot reiten für einen oder zwei Dollar pro Tag. Anfangs immer mit mächtig viel Mut. Doch die Zeit brennt ihnen Narben in die Gemüter. Da erkennen plötzlich immer mehr, dass sie die Arbeit zu Hause so lange eigentlich nicht liegen lassen können. Und damit hat es sich auch. – Und wir haben die Hundesöhne ganz schön in die Irre getrieben. Verlasst euch auf mich! Die Bande, die hinter uns her ist, ist bald wie ein Spuk verflogen. Die löst sich auf einmal in einer Zeit von Null Komma nichts in Luft auf, weil jeder an seinen eigenen Kummer zu denken hat. Also macht euch nicht in die Hosen!“
„Daran denkt auch jetzt keiner!“, versetzte Tinto aufsässig. „Ich für meinen Teil habe keine Angst, von dem Aufgebot erwischt zu werden. Was mich wurmt, ist allein die Tatsache, dass wir dreißigtausend Dollar verloren haben, nur weil du unbedingt auf die Frau schießen musstest.“
Jack Laslow zuckte wie ein gereizter Stier herum. Doch Tinto lächelte bloß. Jack Laslow hielt die Binde in den Händen und konnte deshalb niemals schnell genug zum Revolver greifen.
„Rede nicht so daher, du verdammter Vollidiot!“, schnaufte Jack Laslow in blinder Wut.
Tinto zuckte die Schultern. „Vollidiot hin und Vollidiot her, Jack! Ich weiß, es ist dein beliebtestes Schimpfwort. Aber diesmal warst der Vollidiot du. Lass dir das einmal sagen!“
Tinto wusste später selbst nicht, woher er den Mut genommen hatte, Jack Laslow diese Worte an den Kopf zu werfen. Doch Jack Laslow schluckte sie.
„Schluss mit diesem Streit!“, mischte sich da Barber ein.
Jack Laslow starrte ihn wild an. „Du hast uns das alles eingebrockt. Du hättest dieses verdammte Weibsstück nicht fallen lassen dürfen. Da bist du immer der große Bursche, der Kerl, der alles kann und den nichts schreckt. Aber vor so einem Weib, da machst du dir glatt in die Hosen, das kannst du nicht einmal im Sattel festhalten. Und was du hast alles mit ihr anstellen wollen! Da lachen ja alle Sumpfbiber den Pecos hinauf und hinunter!“
„Wenn wir uns so weiter streiten, sind wir gleich erledigt“, meinte da Hush Laslow betrübt. „Hört auf damit, oder wir können uns jeder eine Kugel in den Kopf jagen. Fast fünfzig Mann sind hinter uns her. Statt darüber nachzudenken, wie wir ihnen entkommen, streitet ihr euch, wer dies oder jenes in Gang gebracht hat.“
„Dass du zu deinem Bruder hältst, das ist doch klar“, meinte Tinto verächtlich.
„Trample nicht darauf herum, dass wir Brüder sind“, sagte Hush finster. „Sonst breche ich dir die Knochen.“
Tinto starrte ihn wütend an. „Sag das noch einmal!“
Hush spie aus. „Das sage ich immer wieder“, versetzte er, wandte sich ab und ging zu Jack, der sich gesetzt hatte, und half ihm, die Wunde neu zu verbinden.
Barber drehte sich eine Zigarette und steckte sie an, lehnte sich gegen den Fels, vor dem sie angehalten hatten, und rauchte.
Tinto sah ihm dabei eine Weile mit wachsender Wut zu. Barber bemerkte seinen Blick und grinste. „Was ist los mit dir? Ruh dich aus! Wir müssen gleich weiter. Die Hundesöhne hängen uns ziemlich auf dem Pelz.“
„Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?“, fauchte Tinto. „Wir wollten Rusty rächen, diesen Jimmy Copper und die Circle-C-Ranch erledigen. Wir wollten dreißigtausend Dollar haben, ein Mädchen zum Zeitvertreib und einen Saloon hochjagen. Mit einer Menge Pulver! Aber nichts davon ist uns gelungen oder geblieben. Im Gegenteil! Wir haben fünfzig Bluthunde im Nacken, die uns auf der Fährte hängen. Und du hast nichts zu sagen. Nichts!“
Barber spie aus. „Ich bin über das alles auch nicht glücklich. Aber wozu willst du jetzt noch in dem verbrannten Brei herumrühren?“
„Das ist vielleicht ein Standpunkt!“, begehrte Tinto auf.
„Vor allem ein sehr vernünftiger“, meinte Jack Laslow.
„Wir haben uns die Hörner abtreten lassen, und ihr redet, als ginge es nur noch darum, die Dreißigtausend unter uns aufzuteilen!“, schimpfte Tinto verärgert. „Seid ihr euch vielleicht darüber im Klaren, dass wir nicht einmal in der Lage sind, bei Troy Murphy unterzukriechen?“
„Dort wollen wir auch gar nicht hin“, erklärte Jack Laslow trocken. „Wir gehen diesmal nach Neu-Mexiko.“
Tinto blickte erstaunt von einem zum anderen. „Und die Circle-C-Ranch? Jimmy Copper. der Bastard, der euren kleinen Bruder erschossen hat? Habt ihr den auf einmal vergessen?“
„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, meinte Hush. „Wir reiten nicht sehr tief nach Neu-Mexiko hinein. Übers Jahr sind wir wieder in Tucson. Dann, wenn in dem Nest schon keiner mehr an uns denkt.“
„Wenn Jack die Mexikanerin getötet hat, denken die in Tucson noch in zehn Jahren an uns“, sagte Tinto grimmig.
„Was willst du eigentlich?“, knurrte Jack Laslow gereizt.
„Er will hier die Luft verpesten, um dann eine Tracht Prügel zu beziehen“, sagte Hush. Er verknotete seinem Bruder den Verband, prüfte dessen Sitz und stand auf. „Oder hast du das etwa nicht im Sinn, Tinto?“
Tinto blickte lauernd von einem zum anderen. Dabei legte er wie zufällig, aber trotzdem mit aller Vorsicht die Hand auf den Revolverkolben. „Was ich im Sinn habe, ist schnell erklärt. Neu-Mexiko ist kein Land für mich. Ich kehre zur Gadiahi Mission zurück.“
„Nein!“, sagte Jack Laslow. „Wir bleiben zusammen.“ Er stand auf, zupfte an dem Verband herum und starrte Tinto mit einem brennenden Blick in die Augen.
Da zog Tinto blitzschnell den Colt. Hush war ihm im Ziehen nicht ebenbürtig. Da hätten nur Jack Laslow und Barber etwas erreichen können. Doch Jack Laslows Colthand war verletzt, und Barber griff nicht ein.
„Barber!“, rief Jack Laslow wütend.
Barber musterte Tinto durch den aufsteigenden Zigarettenrauch und verschränkte die Arme. „Lass ihn doch gehen, Jack! Wir werden noch nicht in Bowie sein, da haben ihn die Kerle aus Tucson bereits.“
Tinto verlor kein Wort mehr. Er bewegte sich rückwärts gehend auf sein Pferd zu. Sein Blick zuckte von einem zum anderen. Eigentlich hatte ein Mann wie Barber Tricks nicht nötig. Doch in dieser Situation traute er auch ihm nicht mehr.
Jack Laslow kochte vor Zorn. „Irgendwann, Tinto, rechnen wir miteinander ab.“
„Ich glaube nicht, dass wir uns noch einmal wiedersehen werden“, sagte Tinto, als er die Zügel seines Pferdes ergriff und das Tier langsam herumzog.
„Mir ist noch keiner entkommen!“, behauptete Jack Laslow.
„Dafür steht ein Name: Jimmy Copper!“, lachte Tinto. Er stellte einen Fuß in den Bügel, schwang sich dann blitzschnell in den Sattel und ritt davon. Nach Norden hinauf. Und die drei ließen ihn ziehen. Sie blickten ihm nur nach. Jack Laslow mit einem wütenden Blick.
„Dieser Hundesohn! Dieser feige Bastard!“, polterte er.
„Lass ihn doch!“, erwiderte Barber trocken. „Wir verwischen jetzt unsere Spuren. Das wird die wild gewordenen Stachelschweine aus Tucson auf seine Fährte lenken. Er wird schon sehen, was er davon hat.“
Jack Laslow sah ihn brütend an. „Barber, ich bin noch der alte Tiger, der ich immer gewesen bin. Früher hast du mir oft geraten, dies oder jenes zu tun. Seit ein paar Tagen aber, da entscheidest du einfach über meinen Kopf hinweg und zwingst mich, Dinge zu tun, die ich gar nicht tun will. – Diesem Hundesohn wollte ich eben eine Kugel durch den Kopf jagen, zum Beispiel.“
Barber lächelte säuerlich, ließ die aufgerauchte Zigarette fallen und zertrat sie langsam. „Davon habe ich dich nicht abgehalten“, sagte er, wobei er das Wort ich betonte. „Oder hast du beobachtet, dass ich Jack festgehalten habe?“, wandte er sich an Hush.
„Zum Teufel, nein!“, brummte Hush. „Aber hört jetzt auf mit dieser verdammten Streiterei. Wir müssen weiter. Die Schurken aus Tucson haben unsere Fährte hier herauf längst entdeckt. – Reiten wir jetzt ostwärts?“
Jack Laslow nickte. „Ja, ich will nach Bowie hinein. Dort habe ich alte Freunde. – Barber, bis dorthin müssen wir die Kanaillen aber abgehängt haben.“
Barber ging zu seinem Pferd und stieg auf. „Dann kommt endlich!“, sagte er nur.
Die Laslows schwangen sich in die Sättel. Barber führte sie zunächst ein Stück nach Norden. Direkt auf Tintos Fährte, die deutlich zu sehen war. Nach einer Viertelmeile schwenkte er nach Osten ab, hielt und sprang vom Pferd. Die Laslows ritten noch ein Stück und drehten sich dann nach ihm um. Barber schnallte die Decke vom Packen, ging langsam ein Stück zurück und wischte mit aller Sorgfalt ihre Spuren aus. Als sie dann weiterritten, war nur noch Tintos Fährte zu sehen, die wie ein geschleuderter Speer geradewegs nach Norden wies.
Die drei ritten den Rest des Tages nach Osten, bis die Dämmerung kam und sie die Nacht einholte.
Das Licht der Hängelampe verbreitete ein düsteres Licht im Marshal-Büro von Tucson. Als die Männer den Hufschlag hörten, standen sie sofort auf.
„Das ist er!“, sagte Buster Tom, der Boss der Circle-C-Ranch. „Das ist mein Sohn.“
Da kam auch schon ein junger Mexikaner von draußen herein. „Der Marshal, Señores! Er reitet ein.“
Buster Tom seufzte, zog sich den Hut in die Stirn und ging zur Tür. Sein jüngster Sohn Jimmy, Guggenheimer, Rip O‘Hagan, Doktor Mills und noch ein paar andere Männer schlossen sich ihm an. Sie hatten die ganze Nacht im Office gewartet. Draußen graute bereits der Morgen.