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Dieser Band enthält folgende Western: Heinz Squarra: Der Trapper und die Poker-Lady Glenn Stirling: Das Geheimnis des Totempfahls Glenn Stirling: Himmel und Hölle am Yellowsprings Glenn Stirling: Der Gegenschlag Glenn Stirling: Die Frau mit der goldenen Hand Bill Garrett: Wells Fargo Transport 1344 Glenn Stirling: Jimmy und die Mörderin Der US-Marshal Colorado reitet nach Hulett, um Pferdediebe dingfest zu machen. Im Saloon versucht er von zwei Cowboys mehr über die Diebstähle zu erfahren. Kurze Zeit später liegt einer der beiden Cowboys tot auf der Straße. Colorado reitet zur Ranch, auf der der Erschossene gearbeitet hat, in der Hoffnung seinen Platz einnehmen und ermitteln zu können. Als er sich bei der Besitzerin der Ranch vorstellt, trifft er auf eine schüchterne und kindlich wirkende Frau, die seinen Beschützerinstinkt weckt. Findet Colorado hier eine Spur?
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Seitenzahl: 1142
Revolver für Wells Fargo: Super Western Sammelband 7 Romane
Copyright
Der Trapper und die Poker-Lady
Das Geheimnis des Totempfahls
HIMMEL UND HÖLLE AM YELLOWSPRINGS
Der Gegenschlag
Die Frau mit der goldenen Hand
Wells Fargo Transport 1344
Jimmy und die Mörderin
Dieser Band enthält folgende Western:
Heinz Squarra: Der Trapper und die Poker-Lady
Glenn Stirling: Das Geheimnis des Totempfahls
Glenn Stirling: Himmel und Hölle am Yellowsprings
Glenn Stirling: Der Gegenschlag
Glenn Stirling: Die Frau mit der goldenen Hand
Bill Garrett: Wells Fargo Transport 1344
Glenn Stirling: Jimmy und die Mörderin
Der US-Marshal Colorado reitet nach Hulett, um Pferdediebe dingfest zu machen. Im Saloon versucht er von zwei Cowboys mehr über die Diebstähle zu erfahren. Kurze Zeit später liegt einer der beiden Cowboys tot auf der Straße. Colorado reitet zur Ranch, auf der der Erschossene gearbeitet hat, in der Hoffnung seinen Platz einnehmen und ermitteln zu können. Als er sich bei der Besitzerin der Ranch vorstellt, trifft er auf eine schüchterne und kindlich wirkende Frau, die seinen Beschützerinstinkt weckt. Findet Colorado hier eine Spur?Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / COVER FIRUZ ASKIN
© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Western von Heinz Squarra
Der Umfang dieses Buchs entspricht 126 Taschenbuchseiten.
Nachdem die Postkutsche mit Rohgold an Bord aus der Stadt Choteau losgefahren ist, wird sie überfallen und ausgeraubt. Die Männer werden ermordet. Schnell verdächtigt man den alten Trapper, der einsam, aber zusammen mit der Poker-Lady in den Bergen wohnt. Der Marshal und Sicherheitskräfte der geschädigten Transportfirma reiten zu ihm, um nachzuschauen, ob sie bei ihm Gold von dem besagten Überfall finden. Zu ihrer Überraschung finden sie Gold, aber der Trapper beteuert seine Unschuld und gesteht schließlich, selber eine Goldmine gefunden zu haben.
Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Oben auf dem Kamm der Schlucht ritten Indianer. Sie verfolgten und jagten die Kutsche, die sich in rasender Fahrt durch den abschüssigen Canyon bewegte.
Der Fahrer stand auf dem Bock, knallte wie verrückt mit der Peitsche und schlug so auf die Pferde ein, dass ihnen der Schaum vorm Maul stand, der aber durch das irrsinnige Tempo in dicken Flocken durch die Luft wirbelte.
Der Begleiter lag auf dem Kutschendach innerhalb der Eiseneinfassung und feuerte unaufhörlich auf die Indianer.
Und das Begleitkommando der Kutsche, die fünf Revolvermänner der Goldmine, schoss ebenso wie der Teufel pausenlos auf die wilde Horde.
Ein Indianer wurde getroffen und warf die Arme in die Luft. Sein Schrei vermischte sich mit dem infernalischen Krachen, das von den Felswänden widerhallte.
Die Teton Dakotas trieben ihre Pferde dann den Kamm herunter und jagten weiter hinter der Kutsche her. Es waren ungefähr zwanzig Reiter, die über die Höhe stürmten und in den Canyon herunter sprengten. „Verdammt, die werden wir so nicht los!“, rief Melvin Green, der Anführer der Revolvermänner, ein großer dunkelhaariger Mann mit kalten Augen, der ganz in schwarzes Leder gekleidet war. „Anhalten!“
Die fünf Männer zügelten die Pferde und wendeten sie um.
Die Dakotas feuerten aus alten Gewehren, die ungenau schossen. Kugeln streiften die Felsen und wimmerten über die Reiter hinweg, stiegen als sirrende Querschläger in den Himmel, der sich blau über den Bergen spannte und trafen den Boden der Schlucht.
Die Revolvermänner feuerten aus ihren Winchestergewehren zurück, repetierten und schossen wieder. Es war ein ohrenbetäubendes Schnellfeuer, das die Indianer ansprang und Lücken in ihre Reihen riss. Ein Pferd flog durch die Luft und knallte gegen die Wand. Andere stürzten hinter die Tiere und rollten über den abfallenden Boden. Der Dakota an der Spitze, der vier lange Adlerfedern im Haar hatte, wurde ebenfalls getroffen und fiel auf den Hals seines scheuenden Tieres. Sein Schimmel stieg auf die Hinterhand und wirbelte mit den Hufen. Der Anführer der Indianer stürzte darauf rittlings von der verwaschenen Satteldecke und blieb tot auf dem Boden liegen.
Die restlichen Teton Dakotas hatten ihre Pferde gezügelt. Und während sie noch auf ihren toten Häuptling starrten, schossen die gnadenlosen Revolvermänner der Mine weiter in den Haufen hinein, der förmlich auseinander gefetzt wurde und keine Chance mehr hatte, an die Kutsche heranzukommen. Noch ein paar starben um den Häuptling herum, der Rest ergriff die Flucht, jagte in wilder Panik die Schlucht wieder hinauf und verschwand dann wieder hinter der Kuppe des Weges.
Die Revolvermänner ließen jetzt die Gewehre sinken und schauten sich gegenseitig an.
Fred Tamplin, mit zwanzig Jahren der jüngste, grinste zufrieden und zeigte seine kräftigen Zähne. „Denen haben wir’s gezeigt, was, Melvin?“
Auch die anderen grinsten. Melvin Green spuckte auf den Boden und lud die Winchester, den Blick auf den Staub und Pulverrauch gerichtet, in dem die Indianer verschwunden waren.
„Ob die wussten, was in der Kutsche liegt?“, fragte Crim Porter, ein großer Mann mit langen hellblonden Haaren, der einen hellbraunen Wildlederanzug mit Fransen trug und nun ebenfalls begann, sein Gewehr zu laden.
„Es ist immer Gold in der Kutsche, wenn wir dabei sind“, erwiderte Melvin Green. „Aber es ist selten so wenig wie diesmal. Ich glaube, die haben uns gesehen und es einfach mal versucht. Wer weiß, ob sie überhaupt etwas von dem Gold wissen. Die Mine ist weit von hier entfernt.“ Er schob das Gewehr in den Scabbard. „Sehen wir zu, dass wir die Kutsche einholen. Die haben es ja verdammt eilig!“
Die Revolvermänner trieben die herumgezogenen Pferde an und sprengten weiter hinunter in den Canyon, aus dem nun schon weit entfernt das Knallen der Peitsche schallte.
Erst nach einer Weile, dort, wo die Felsen schon flacher wurden und schwarzer Wald die Hänge bedeckte, sahen sie die Kutsche. Der Gunman auf dem Dach schien den Fahrer mit seinem Gewehr anzustoßen und hinter sich zu deuten. Bald darauf kam das Gefährt zum Stehen.
Der dicke Kutscher war ebenso in Schweiß gebadet wie seine vier Pferde und schaute gespannt auf die Revolvermänner, die wie vom Teufel gehetzt heran fegten und die Pferde hart zurück rissen. Sie lachten über die sichtbare Angst des Fahrers und hänselten den unsicher wirkenden Begleiter, der nun auf den Bock kletterte.
„Die sehen wir nie mehr wieder“, sagte Green. „Aber dass man Indianer unterwegs trifft, damit muss man immer rechnen.“
„Und deshalb bezahlt dich der Boss auch, Sean“, setzte der blonde Crim Porter hinzu.
Die anderen lachten selbstgefällig und hämisch. Der Kutscher trieb die Pferde an und sagte: „Sean muss sich erst daran gewöhnen. Er ist ja noch neu.“
„Dir geht doch auch der Hintern mit Grundeis“, entgegnete Les Zander, ein kleiner krummbeiniger und verschlagen dreinschauender Reiter, der mit fünfunddreißig der älteste der Revolvermänner war.
„Es wäre mir lieber, ihr bleibt bis Great Falls am Missouri dabei“, brummte der Begleitmann.
„Machen wir aber nicht.“ Melvin Green grinste zum Bock hinauf. „In Choteau ist für uns Sense, Hombre. Da nehmen wir ordentlich einen zur Brust und kehren dann morgen in aller Frühe um.“
„Und von dort aus geht es durch die Ebene, da habt ihr nichts mehr zu fürchten. Die Teton Dakotas verlassen die Berge nicht.“
„Als ob du wüsstest, was in den Köpfen der verdammten Sioux vor sich geht!“, schimpfte der Fahrer, der mit der Peitsche knallte. „Kein Mensch weiß das!“
„Sie sind meistens harmlos“, sagte Les Zander. „Selbst in den Bergen hat man sie kaum zu fürchten. Wer weiß, was ihnen heute in den Köpfen herumspukte. Aber aus den Bergen reiten sie nicht, seit es Weiße am Teton River gibt.“
„Und wenn du trotzdem noch Angst hast, musst du wieder abheuern, Sean, mein Junge!“ Melvin Green lachte leise und grinste zum Bock hinauf.
Der junge Gunman starrte ihn wütend an und fluchte, blickte aber dann stur über die Pferde hinweg, entschlossen, zu schweigen.
„Die Kutsche ist südöstlich von Choteau niemals angegriffen worden“, redete Les Zander weiter.
Melvin Green ließ sein Pferd etwas zurückfallen und schaute in das Gefährt hinein. Es war leer, hatte an diesem Tage nur den kleinen Ledersack mit dem Rohgold aus der Mine zu befördern und keinen einzigen Fahrgast aus der nördlichsten Region Montanas.
Die kahlen Wände traten zurück, flachten sich rasch weiter ab und die bewaldeten Hänge schoben sich bis herunter zur Sohle, deren steiniger Untergrund von Sand abgelöst wurde. Das Sonnenlicht erreichte das Gefährt. Schatten wurden auf den Boden gezeichnet und sprangen über Steine und Bäume hinweg. Bald traten auch die Hänge zurück und vor der Kutsche und den Reitern öffnete sich das Hügelland, wohinter sich die Prärie erstreckte, soweit der Blick nach Süden und Westen reichte. Der Teton River kam aus einem schmalen Canyon, in dem er schäumend und rauschend über Hindernisse sprang, schlängelte sich hinaus und verschwand zwischen den Hügeln, ein endloses Silberband, dem die Piste nach Choteau folgte.
„Ich werde das Gefühl nicht los, dass dies noch nicht alles war“, sagte der junge Begleitmann der Kutsche.
„Du hast Angst, Sean.“ Les Zander lachte polternd.
Die anderen stimmten ein.
„Der hohe Lohn hat dich wohl zu sehr gelockt“, sagte Milt Turny, der eine lange Messernarbe auf der linken Wange hat, die dunkel zu glühen begann.
Sean Welles starrte ihn wütend an. „Kein Mensch hat mir gesagt, dass mit der Wells-Fargo-Kutsche regelmäßig Gold aus eurer verdammten Mine befördert wird!“
„Na, so ein Pech!“ Melvin Green schüttelte den Kopf. „Das hätten sie dir aber wirklich sagen müssen, Sonny!“
Marshal Burt Mercer war ein großer dunkelblonder Mann mit grauen Augen. Er trug einen braunen Cordanzug und hatte einen sandfarbenen Hut auf dem Kopf und einen silbernen Stern an der Jacke, der im Licht der Nachmittagssonne leuchtete. Burt war achtundzwanzig Jahre alt und seit ein paar Monaten der Marshal von Choteau. Er lehnte an einer Vorbaustütze vor dem Office, das aus einer jämmerlichen Holzhütte bestand, die aus Kistenbrettern zusammengenagelt war. Burt blickte auf die beiden alten Männer aus den Bergen, die vor dem Mietstall standen und offensichtlich um ein Bärenfell feilschten. Er hatte sie beide hier kennengelernt. Der eine war der Fallensteller Quincy Hingle, der oben am Teton-See in einer Hütte hauste und der andere Perce Stuart, ein undurchsichtiger Kerl, dessen Hütte Burt Mercer nicht gefunden hatte, obwohl ihm Hingle den Weg beschrieb, als er einmal da oben gewesen war.
Quincy Hingle wandte sich um und zeigte Burt das Fell des Braunbären. „Was sagen Sie dazu, Marshal, ist es zwanzig Dollar wert oder nicht?“
„Es hat Löcher so groß wie Kinderfäuste!“, schimpfte Perce Stuart. „Wer dafür mehr als fünf Dollar gibt, ist verrückt. — Stimmt doch, Marshal, oder?“
Burt Mercer lächelte die beiden alten Bergteufel an. Stuart war mit sechzig der ältere, sah aber wie über siebzig aus mit seinem Silberbart, den tiefen Runen im Gesicht und dem zerfressenen Schlapphut auf den schütteren Haaren. Er war schmutzig und stank gegen den Wind und seine Kleidung war zerrissen.
Quincy Hingle, obwohl auch bereits achtundfünfzig, wirkte wesentlich jünger. Aber auch er sah abgerissen aus in dem Prince-Albert-Mantel in dessen Nähten der Alkalistaub festsaß, mit dem verbeulten Zylinder auf dem Kopf und dem eisgrauen Stoppelbart, den eine Knollennase krönte.
„Es sind nur ein paar ganz winzige Löcher!“, verteidigte Quincy sein Fell.
„Vielleicht kannst du es Silas Brett im Store andrehen. Mir nicht!“ Stuart
wandte sich ab und ging in den Hof des Stallgebäudes hinein.
„Dann eben nicht“, brummte der Fallensteller. „Wollen Sie nicht ein schönes Fell kaufen, Marshal?“
Burt lächelte, dachte an das rothaarige Mädchen, das bei Quincy Hingle lebte und fragte: „Was macht die Poker-Lady?“
Ein Blitz schoss aus Quincy Hingles Augen. „Das will sie nicht mehr hören und Sie wissen es!“
„Man hat sie zehn Jahre lang so genannt und sie fand nie etwas dabei“, erwiderte Burt.
„Sie haben Sie also schon früher gekannt?“
„Ich hab sie hier und da getroffen; in Julesburg und auch in Medicine Bow, wo sie schließlich zum Teufel gejagt wurde, weil sie zu offensichtlich betrog. — Wissen Sie, was mich wundert?“
„Keine Ahnung.“
„Dass Janice es bei Ihnen in der Einsamkeit der Berge aushält, Quincy. In der Nähe der Indianer, die sie eigentlich sehr fürchten müsste!“
„Es gefällt ihr eben. Und aus den Städten hat man sie schließlich weggejagt. Irgendwo muss der Mensch leben. — Also Sie wollen bestimmt kein erstklassiges Bärenfell kaufen?“
„Nein, bestimmt nicht.“
„Ich muss aber das Fell verkaufen, muss dringend mal einen richtigen Whisky trinken und ein paar Lebensmittel mitbringen, wenn ich zum See reite. Janice verändert sich, wenn ich nichts mitbringe.“
„Haben Sie kein Geld?“
„Wäre ich so versessen darauf, das Fell zu veräußern, wenn ich Dollars hätte, zum Teufel?“ Der Fallensteller fluchte, warf sich das Braunbärenfell über die Schulter und ging auf den Store zu.
Burt ging über die Straße zurück. Im Saloon hörte er die kreischende Stimme eines der Barmädchen. Er stieg zum Fußweg hinauf, lehnte sich gegen den Pfosten und sah weit im Nordosten eine Staubwolke über die Hügel steigen und darunter die Postkutsche auftauchen, die sich näherte. Bald war auch das Knallen der Peitsche zu hören.
Menschen tauchten auf der Straße des kleinen Ortes vor der Schleife des Teton-River auf und jemand rief: „Die Postkutsche kommt!“
Burt sah nun auch die fünf Reiter, die das Gefährt begleiten, nun aber vor der Kutsche her galoppierten und die Stadt schneller erreichten. Mit lautem Geschrei sprengten die wilden Revolvermänner der Goldmine in den Ort. Entsetzte Menschen rannten aus dem Weg, um sich in Sicherheit zu bringen. Mit Gelächter donnerten die Reiter vorbei, einer feuerte aus seinem Revolver in die Luft. Dichter Staub trieb über die Dächer der Holzhäuser, die die einzige Straße von Choteau rechts und links flankierten. Die Reiter zügelten die Pferde vor dem Saloon und sprangen aus den Satteln.
Das Mädchen sang nicht mehr. Es stand mit zwei anderen Bartänzerinnen auf der Veranda vor dem Saloon und lachte den Reitern strahlend entgegen. Sie trugen schillernde Kleider, auf die Sterne aus Pappe genäht waren, was ziemlich albern ausschaute. Es waren bodenlange Kleider mit tiefen Ausschnitten, die Mädchen hatten Schals um und Hüte mit langen Federn auf den Köpfen. Ihr Lachen ging in ein Kreischen über, als die Reiter auf die Veranda sprangen und mit den Mädchen den Saloon stürmten.
Indessen hatte auch die Kutsche die Stadt erreicht. Dichter noch trieb der Staub über die Flachdächer. Vor der Station der Wells Fargo lehnte sich der dicke Fahrer zurück und zog die vielen Zügel in den Händen an und zusätzlich stemmte er sein Gewicht auf den langen Holzhebel der Bremse, die ein rechteckiges Brett für den Stiefel des Mannes hatte. Der Staub hüllte das Gefährt vor der Station ein. Eine Frau hustete, dachte aber offensichtlich nicht daran, den Kreis zu verlassen.
„Wir sind von Indianern angegriffen worden!“, rief der neue Gunman. „Und wir haben nichts als das verdammte Gold der Mine hinter den Bergen dabei! Rohgold für zehntausend Dollar, Leute. Aber stellt euch vor, die Revolvermänner wollen nicht weiter mit uns kommen!“
„Das haben die noch nie gemacht“, brummte der Kutscher, schlang die vielen Zügel um eine Stange am Bock und stieg ab. „He, Postagent, wir fahren erst in zwei Stunden weiter. Ich muss was essen und den Staub aus meiner Kehle spülen!“
An der Ecke der Poststation stand Perce Stuart, der abgerissene Halunke aus den Bergen unbemerkt und unbeachtet hinter der Menge und beobachtete die leere Postkutsche und er hörte den Postagenten sagen: „Es fährt von hier auch niemand mit, Kutscher. Ihr könnt froh sein, dass ihr das Gold der Mine transportieren dürft. Wie oft fährt kein Mensch auf dieser Strecke! Vielleicht wäre die Linie schon eingestellt, gäbe es die Mine nicht!“
Der abgerissene Perce Stuart nahm den Schlapphut vom Kopf und wischte über das Schweißband. „Zehntausend Dollar“, murmelte er. „Und nur der Fahrer und ein Greenhorn von einem Gunman dabei. — Verdammt, wenn das noch mal wiederkommt, will ich Hugo heißen!“
Vor der Kutsche wurden die abgehetzten Pferde ausgeschirrt. Der Fahrer und sein junger Begleiter verließen die Kutsche und steuerten den Saloon an.
Die Menge zerstreute sich rasch, nachdem mit der Postkutsche keine Fremden und keine interessanten Nachrichten die Stadt erreicht hatten. Ein kleiner Überfall durch Indianer interessierte kaum.
Perce Stuart rieb sich mit der Faust am Kinn entlang. „Gold für zehntausend muntere Bucks“, murmelte er. Kalt und heiß lief es ihm über den Rücken, als er bedachte, wie vielleicht an das Gold zu gelangen wäre. „Und in zwei Stunden will er weiter!“
Perce Stuart schaute zum Stand der tief im Westen über den Bergen stehenden Sonne. In zwei Stunden war die Sonne verschwunden, es würde dämmrig sein und nicht viel später dunkler. Zwei, drei Meilen jenseits der Stadt fuhr die Kutsche dann bereits durch die Nacht.
Er wischte sich über den Hals, kratzte sich im Nacken, wandte sich ab und ging hinten um die Station herum. Stuart erreichte den Mietstall, in dem sich niemand befand. Er sattelte seinen alten Klepper, führte ihn in den Gang und ließ ihn stehen. Dann schlich er zur Tür und spähte hinaus.
Niemand näherte sich.
Der Mann ging in die Ecke, in der das Werkzeug stand, suchte hinter der Futterkiste und fand einen kurzstieligen Spaten, den er hastig zu seinem Pferd brachte und am Sattel befestigte. Perce Stuart führte sein Pferd aus dem Mietstall und hinter die Gebäude. Er warf noch einen Blick in die Runde, sah aber nichts Verdächtiges. Da schwang er sich in den Sattel, ritt hinter den Häusern vorbei, an einer Hecke entlang und unbemerkt nach Osten.
„He, du, willst du nicht ein schönes Fell kaufen?“, sagte der Fallensteller und stieß den Revolvermann Melvin Green an der Theke im Saloon an.
Der große schwarze Mann wandte sich um, ließ Cecil, das eine Barmädchen los und funkelte den alten Fallensteller böse an.
„Ein schönes Fell!“ Quincy Hingle zeigte die durchlöcherte Haut des Braunbären.
„Hau ab!“
„Sehr preiswert, Mister!“, redete Hingle drängend weiter. „So billig kriegst du nie mehr so ein feines Fell!“
„Verdammt, hau ab!“
„Aber...“ Hingle kam nicht mehr weiter. Der schwarze Revolvermann donnerte ihm die Faust ins Gesicht. Quincy Hingle flog zurück, verlor sein Fell und knallte gegen einen Tisch. Die Mädchen kreischten. Der Fallensteller stürzte zu Boden.
„Idiot“, sagte der Revolvermann Green. „Geh woanders betteln und lass uns in Frieden.“
Der Fallensteller raffte sich brummend auf und nahm sein zusammengeknülltes Fell. „Das wagt ihr verdammten Halunken doch nur mit einem armen alten Mann!“
Green wandte sich nun ganz um. Auch seine Partner ließen von den Mädchen ab und fassten den alten abgerissenen Mann ins Auge.
„Mit einem armen alten Mann könnt ihr es ja auch machen!“, schimpfte der Fallensteller.
„Hau ab, Alter“, sagte Crim Porter, der Revolvermann mit den schulterlangen blonden Haaren. „Sonst kommst du hier nicht mehr lebend hinaus!“
„Halunken!“, schimpfte Hingle. „Mensch, halte doch die Klappe, Oldtimer!“, rief eines der Mädchen mit schrill kreischender Stimme. „Und verschwinde, du störst hier. Geh heim zur Poker-Lady, die wartet bestimmt schon auf dich!“
Die anderen Mädchen lachten. Die Revolvermänner waren angestachelt und grinsten und Tamplin vertrat dem alten Mann aus den Bergen schon den Weg zur Schwingtür, bevor Hingle davon etwas merkte.
„Mit einem alten Mann könnt ihres ja machen!“, grollte er noch, ging weiter zurück und prallte gegen Tamplin.
Der Kerl stieß ihn vorwärts, Hingle rannte gegen seinen Willen auf Green zu, sah dessen böses Grinsen und eine Faust, die wie aus dem Nichts kam und ihn ins Gesicht traf. Er schrie röchelnd, spürte, wie seine Knie nachgaben und meinte, Feuer würde vor seinem Gesicht zerplatzen.
Quincy Hingle stürzte unter dem wüsten Gelächter der Kerle auf den Boden.
„Hebt ihn auf!“, befahl Melvin Green.
Milt Turny und Les Zander zerrten den alten Fallensteller von den schmutzigen Dielen, aus denen Staub gestiegen war, der Quincy Hingle einhüllte. Noch benommen hing er in den Fäusten der brutal lachenden Kerle, blinzelte und sah Greens teuflische Visage dreimal nebeneinander.
In der nächsten Sekunde traf die Faust den alten Mann wieder und eine zweite Explosion ging durch seinen Kopf. Seine Knie hielten ihn nicht, aber die Fäuste der Kerle verhinderten, dass er wieder stürzte. Und Green schlug gnadenlos wieder zu, bis dem alten Mann Blut aus der Nase lief und sein Stöhnen zu einem Ächzen herabsank. Die beiden anderen ließen los und Hingle fiel auf die Dielen.
„Und nun mit mir“, sagte die Stimme des Marshals hinter den beiden.
Sie fuhren herum, sahen Tamplin gegen die Theke prallen und Burt Mercer vor sich. Sie wollten zuschlagen, aber dazu kam es nicht mehr.
Burt hatte die beiden Kerle an den Köpfen gepackt und schlug ihre Schädel mit solcher Wucht zusammen, dass sie augenblicklich das Bewusstsein verloren und rechts und links vom Fallensteller zusammenbrachen.
Tamplin wollte den Marshal von hinten angreifen und Crim Porter hatte die Hand auf den Revolverkolben gelegt.
„Nicht!“, rief Green, der Burt Mercer scharf angrinste und die großen Hände zu Fäusten ballte.
Porter ließ den Revolverkolben los und Tamplins Haltung entspannte sich. Der Fallensteller stöhnte. Die beiden Kerle auf den Dielen rührten sich nicht.
„Also dann wir zwei!“ Green lachte auf und sprang so plötzlich vorwärts, dass er Burt fast noch überrascht hätte. Im letzten Moment konnte der Marshal den Arm heben und die Faust abblocken. Dafür bekam er einen Tritt in den Leib, krümmte sich stöhnend zusammen und schwankte. Ein Knie traf ihn ins Gesicht, riss ihn wieder in die Höhe und ließ ihn heftiger taumeln.
„Ich mache dich fertig!“, rief Green, setzte nach und schlug zu. Lahm nahm Burt noch den Kopf und wurde gegen das Ohr getroffen. Er knallte neben der Tür gegen die Wand, riss sich mit aller Macht zusammen, wehrte den folgenden Angriff ab und schmetterte, völlig überraschend die Faust in Greens überheblich grinsendes Gesicht.
Melvin Green flog bis zu einem Tisch zurück, der über den Boden geschoben wurde.
Die Mädchen kreischten und flohen in den Hintergrund und der Postfahrer, der am nächsten Tisch eine Suppe aß, nahm seinen Teller und sagte etwas zu dem jungen Begleitmann. Beide zogen sich wie die Mädchen zurück.
Melvin Green aber griff nach der Lehne eines Stuhles, schwang ihn in die Höhe und schleuderte ihn Burt Mercer entgegen. Der Marshal duckte sich, der Stuhl knallte gegen die Wand, zerbarst und die einzelnen Holzteile fielen auf den Boden und trafen Burt gegen die Schultern.
Der Marshal sah Green kommen und entging dessen Faust durch eine rasche Drehung. Green schlug gegen die Bretterwand. Der Marshal schmetterte ihm die Faust aufs Ohr und da taumelte Green bis zum Tresen hinüber und brach zwischen den beiden anderen und den bleich gewordenen Mädchen zusammen.
Burt schaute in der Runde herum. „Ich hoffe, ihr könnt nun miteinander auskommen. Wenn nicht, werden ein paar aus der Stadt gejagt und dürfen sich hier so schnell nicht wieder blicken lassen. — Habt ihr verstanden?“
Die Revolvermänner gaben keine Antwort. Aber der Salooner knurrte: „Quincy, der alte Trottel aus den Bergen, der ist an allem Schuld! Kann er denn die Männer nicht in Frieden lassen? Die wollen hier in Ruhe ihren Whisky trinken und nicht ein altes Braunbärfell kaufen. — Na ja, ist doch wahr!“
Der Trapper hatte sich gesetzt und wischte sich das Blut von der Nase. Auch die beiden Revolvermänner waren zu sich gekommen und wälzten sich ächzend und stöhnend auf dem Boden herum. Tamplin gab Melvin Green aus einem Wasserglas Whisky zu trinken und das brachte auch den wieder zu sich.
Burt Mercer verließ den Saloon.
Die Männer standen auf. Quincy Hingle raffte sein durchlöchertes Fell vom Boden auf und zog sich zur Tür zurück.
„Verschwinde und lass dich so schnell nicht wieder sehen!“, schimpfte der Salooner. „Alter Bettler! Er wird den ganzen lieben Tag auf der faulen Haut liegen, dass er so arm ist! Es gibt nämlich genug Wild in den Bergen. Er könnte massig Fleisch und Felle haben!“
Quincy Hingle verließ den Saloon, lief zum Mietstall und sattelte sein Pferd; einen alten, durchgebogenen Klepper, dem bereits Zähne fehlten und dessen Alter undefinierbar war.
Burt Mercer stand vor seinem Office und schaute dem Reiter nach, der die Stadt in westlicher Richtung verließ.
Die Sonne war inzwischen hinter den Bergen versunken und die Dämmerung schob sich von Osten über das weite Hügelland, verdrängte das Blau am Himmel und wurde von der Schwärze der Nacht rasch verfolgt. Der Reiter verschwand in dem schwachen Licht der Dämmerung, das ihn zu verschlucken schien, kaum dass er sich einige hundert Yard von Choteau entfernt hatte.
Burt schaute dem Trapper noch eine Weile nach, sah ihn aber nicht mehr auftauchen.
Im Saloon lachten die Mädchen bereits wieder und die Revolvermänner verlangten brüllend nach Whisky. Der Vorfall schien damit erledigt zu sein.
„Clyde, wollt ihr nicht endlich weiterfahren?“, rief der Postagent über die Schwingtür des Saloons in Rauch und Gebrüll hinein.
Lampen waren angezündet worden, warfen heller werdende Lichtbahnen auf die Straße und machten die Rauchschwaden sichtbar, die den Saloon beherrschten.
„Es geht gleich weiter“, sagte der Kutscher irgendwo hinter der Schwingtür. „Immer langsam. — Sind denn noch Fahrgäste aufgetaucht?“
„Nein“, erwiderte der Postagent, der laut schreien musste, damit Clyde ihn verstehen konnte.
„Na also, was hast du es dann so eilig? Dem Gold ist es doch egal, wann es in Great Falls ankommt!“
„Der Fahrplan muss eingehalten werden! Beeilt euch also!“ Der Postagent wandte sich ab und ging zur Poststation zurück, vor der die Kutsche stand. Alsbald brachte der Mann vier Pferde aus dem Korral und schirrte sie vor das Gefährt, in dem vielleicht bis nach Great Falls nur das Gold reisen sollte.
Burt ging ins Office, setzte sich im Dunkeln hinter den Schreibtisch und legte die Beine auf die Platte. Die rohen Möbel in dem engen Raum versanken schon in der Finsternis. Burt Mercer lauschte auf die vielfältigen Geräusche der Stadt, so wie er jeden Tag auf sie lauschte. Es war nichts los in Choteau, diesem Nest vor den Bergen, in dem etwa hundert Menschen lebten. Seit den Rachefeldzügen der Armee nach dem Custer Massaker, wagten sich auch die versprengten Stämme der Dakotas nicht mehr aus den Bergen, um vielleicht eine Stadt anzugreifen. Höchstens, dass sie noch über eine Kutsche in dem Felsengebirge selbst herfielen oder über ein paar Reiter, die sich zu weit wagten. Aber selbst Männer wie der Fallensteller Hingle konnten offenbar in Frieden da oben in der Einsamkeit leben.
Burt stand auf und lief im Office hin und her. Es wurde ihm eng in Choteau und die Tatsache, zum ersten Mal in seinem Leben ein ganzes Haus völlig allein zu bewohnen, sagte ihm indessen nicht mehr, zumal, da es ein angenagtes, windschiefes Brettergebilde war, das sie ihm zur Verfügung gestellt hatten. Es war ihm langweilig in der Stadt und er sehnte sich allmählich nach den Städten an der Bahnlinie zurück, die er vor Monaten verlassen hatte. — Er lief hin und her und lauschte seinen Schritten nach und manchmal blieb er stehen und warf einen Blick hinaus auf die Straße.
Der Postagent tauchte vor der Schwingtür des Saloons wieder auf und rief: „Clyde, was ist denn nun?“
Burt öffnete das Fenster. Die Geräusche wurden lauter.
„Warte die Zeit ab!“, schimpfte der dicke Kutscher, der im Saloon nicht zu sehen war.
„Das ist ja schlimm mit dem!“, meldete sich der junge Begleitmann. „Macht der das immer so.?“
„Es ist längst Zeit!“, zeterte der Postagent. „Und die Pferde sind eingeschirrt!“
„Ja ja, wir trinken nur noch einen Whisky, dann geht die Fuhre los!“, meldete sich der Fahrer.
Burt Mercer schloss das Fenster und wanderte wieder durch das enge Office, in dem die Dielenbretter bei jedem Schritt beängstigend knarrten. Er überlegte, ob er hinüber in den Saloon gehen und einen Whisky trinken sollte. Aber wenn ihn die wilden Kerle aus der Goldmine sahen, würde es vielleicht neuen Ärger geben, denn die suchten nach Abwechslung und waren für jeden Streit dankbar.
Burt ging hinter den Schreibtisch, setzte sich in den zerfledderten Ohrensessel, legte die Füße auf den Tisch und lehnte sich zurück, den flachen Hut in die Stirn gerückt. Er schloss die Augen und faltete die Hände vor der Brust.
Der alte Perce Stuart hatte drei Meilen östlich der Stadt einen breiten tiefen Graben quer über die Piste neben dem Fluss angelegt. Er kroch aus dem Loch heraus, kratzte sich im Silberbart und kicherte teuflisch. Die Rinne war so breit, dass ein Rad ganz hineinstürzen und aus eigener Kraft nicht mehr freikommen würde.
Der alte Stuart warf den Spaten in den Fluss, der aufspritzte. Er riss Äste von dem Gestrüpp, das auf der anderen Seite der Piste wucherte und deckte damit das Loch nach und nach ab. Dann ging er zu seinem Pferd, das er weiter nördlich in den immer dichter werdenden Büschen abgestellt hatte, holte sein Gewehr und kehrte zurück.
Aus einiger Entfernung betrachtete der Mann sein Werk, kratzte sich wieder im silbernen Bartgestrüpp und rückte an seinem alten Schlapphut herum.
„Blödsinn, das erkennt keiner!“, redete er sich selbst seine Zweifel aus und schüttelte den Kopf.
Plötzlich duckte er sich. Durch das leise Rauschen des Flusses war deutlich das Knallen einer Peitsche zu hören. Auch andere Geräusche drangen durch das Rauschen des Wassers, wurden zu Hufschlag und Räder rasseln.
Perce Stuart ging zurück und repetierte seine Spencer, die er mit beiden Händen fest gepackt hatte. Seine Schulter und der Arm streiften an den Büschen entlang und ließen sie rascheln. Er war unsicher, fragte sich, ob die Sache nicht eine Nummer zu groß für ihn wäre und er merkte, wie es ihm immer heißer unter der Haut wurde, wie ihm Schweiß ausbrach und das Blut in den Schläfen zu hämmern begann. Er meinte auf einmal zu träumen, wähnte sich weit weg in einem Bett und doch wusste er, dass er auf dieser Piste neben dem Teton-River stand und die Postkutsche hörte. Fratzen schienen zu grinsen und grüne Augen leuchteten scheinbar aus dem Dunkel der Nacht, bis es ihm sogar war, als könnte er ein Kichern hören.
Laut knallte die Peitsche. Die Kutsche schien bereits nahe zu sein.
„Es muss sein!“, stieß Stuart hervor. „Einmal. Kein Mensch kann den Spuren durch die Berge folgen. Und in Oregon führe ich dann ein herrliches Leben!“
Der Schweiß rann ihm über die Stirn, durch die Brauen und in die Augen. Er ging immer noch an den Büschen entlang zurück und hatte sich bereits dreißig Yard von dem abgedeckten Loch in der Piste entfernt. Kaum konnte er es noch sehen.
Wieder knallte die Peitsche. Pferde wieherten. Schemenhaft tauchte das Gefährt in der Dunkelheit auf und die beiden Männer auf dem Bock waren wie schwarze Schemen zu sehen. Die vier Pferde rissen das Gefährt auf die Äste über dem Loch zu, das eine Pferd stürzte mit einem schrillen Wiehern hinein, das andere lief darüber hinweg, wurde von den sich spannenden Geschirren zurück gerissen und stürzte. Die anderen liefen auf, die Deichsel brach mit einem Krachen, der Kutscher schrie, die Kutsche rollte auf die Pferde und der Fahrer flog durch die Luft, landete neben den Tieren und rollte ein Stück zum Fluss hinunter.
Das eine der vorderen Pferde war abermals aufgesprungen jagte mit abgerissenen Sielen davon. Der junge Begleitmann war auf die Pferde gestürzt und befreite sich.
Stuart legte das Gewehr an und feuerte auf die Gestalt. Der Mündungsblitz blendete den alten Teufel und das Krachen übertönte das wie tödliches Geschrei klingende Wiehern der Pferde und das Brüllen des jungen Burschen, der gegen die Büsche taumelte und zusammenbrach.
Stuart repetierte das Gewehr und feuerte solange auf die Pferde, bis sie alle drei tot in dem Loch und halb unter der aufgefahrenen Kutsche lagen und der Pulverrauch über sie hinwegzog.
Perce Stuart näherte sich dem mit dem Gesicht nach unten liegenden Gunman und trat ihm gegen die Schulter.
Sean Welles gab kein Lebenszeichen mehr von sich.
Da ging der alte Halunke vor den toten drei Pferden vorbei und den Hang bis zu dem dicken Fahrer hinunter. Clyde Matsch lag auf dem Rücken, die Arme ausgebreitet, als hätte er fliegen wollen und den Kopf seltsam verrenkt. Stuart wusste gleich, dass sich der dicke Mann beim Sturz das Genick gebrochen hatte.
„Tut mir leid“, murmelte Stuart, der sich den Schweiß mit dem Handrücken von der Stirn wischte. Er begriff nicht, dass es so einfach gewesen und schon alles erledigt sein sollte. Aber er sah die hochgeschobene Kutsche auf der Piste, die toten Pferde und den Kutscher mit dem starren glasigen Blick.
Perce Stuart richtete sich auf, klemmte das Gewehr unter den Arm und trat an die Kutsche heran, deren Schlag er öffnete. Er zerrte hastig den Ledersack heraus, warf ihn neben die Kutsche und öffnete ihn mit fliegenden Fingern. Stuart griff in den Sack, brachte einen Goldklumpen zum Vorschein und betrachtete das stumpfe Funkeln, das etwas Rötliches an sich hatte. Er rieb das Nugget über seinen zerschlissenen Ärmel und betrachtete es wieder. Abermals schlug ihm das Herz schneller und brach der Schweiß aus seinen Poren.
„Ich bin reich!“, hauchte er. „Verdammt, ich bin reich!“
Er lachte wie irr, putzte das Nugget am Ärmel und betrachtete es immer wieder. Plötzlich jedoch wurde ihm bewusst, dass auf der Piste zufällig ein Reiter oder ein Wagen auftauchen konnte. Er stand auf und starrte lauschend in das Dunkel.
Irgendwo heulte ein Wolf in der Ferne. Sein Pferd schnaubte ängstlich hinter den Büschen.
Perce Stuart warf das Nugget in den Sack und band ihn zu. Er schaute sich um, wollte vermeiden, etwas zurückzulassen, was auf ihn hinweisen würde. Aber es lag nichts von ihm herum. Er ging um die Kutsche, trat dem jungen Begleitmann abermals gegen die Schulter und beugte sich über ihn. Nein, der gab kein Lebenszeichen mehr von sich.
Stuart warf sich den Sack über die linke Schulter, hatte das Spencergewehr in der rechten Hand und ging in die laut raschelnden Büsche hinein zu seinem ängstlichen Pferd, das ihn mit neuem Schnauben begrüßte.
„Ich bin ja schon da. — Wir sind reich, Feiler!“, Stuart lachte verrückt, schlug dem Tier gegen den Hals und band den Sack an seinen Sattel. Er machte die Zügel los, schwang sich auf das Pferd und ritt durch das Gestrüpp nach Süden, über die Piste hinweg und in den Fluss, der selbst in der Mitte nur zwei Fuß Tiefe hatte. Der Reiter entfernte sich in westlicher Richtung der Stadt entgegen. Bald verließ er den Teton-River auf der südlichen Seite und trabte durch das Dickicht und über einen Hügel hinweg, von dem aus er die Lichter der Stadt im Norden in der Ferne sah.
Perce Stuart strebte den Bergen im Westen entgegen. Weit dahinter lag Oregon und er war überzeugt, dass dort niemals von einer überfallenen Postkutsche in Montana die Rede sein würde.
Als er die nächste Hügelkuppe erreicht hatte und sein Pferd zügelte, sah er die Lichter der Stadt schon ein wenig östlich. Er war an Choteau vorüber. Wahrscheinlich würden sie erst am folgenden Tag von dem Überfall erfahren. Wenn sie Glück hatten, fanden sie auch seine Spuren, die in den Fluss führten und allenfalls zusätzlich die, welche wieder ans Ufer und hier über die Hügel führte. In den Bergen würde es dann damit mit Sicherheit vorbei sein.
Perce Stuart ritt im Westen von der Hügelkuppe und durch das weite Grasland den Felsen und Bergwäldern entgegen. Die Nacht verschluckte ihn in ihrer Schwärze.
Das entwichene Postpferd schnaubte hinter dem Gestrüpp. Äste raschelten.
Auf der Piste etwas vor der Kutsche bewegte sich der Begleitmann bei den toten Pferden. Ein Geier, der sich auf einem Kadaver niedergelassen hatte, schlug mit den Flügeln, krächzte fürchterlich und stieg in die Luft.
Sean Welles wälzte sich stöhnend auf die Schulter, öffnete die Augen und meinte hinter Funken und Feuer grinsende Gesichter zu erkennen, die ihn höhnisch angrinsten.
Das Pferd schnaubte, das Buschwerk teilte sich und der Kopf des Tieres wurde sichtbar. Das Pferd trabte aus den Büschen und stieß den Mann mit dem Maul an.
Welles rollte auf den Rücken. Schmerzen bohrten sich wie Nadelstiche durch seinen Körper und vor dem großen Kopf des Pferdes zogen scheinbar Nebelschwaden vorbei.
Das Tier schnaubte und stieß ihn wieder an. Klarheit kam langsam in seinen Kopf und er erinnerte sich an den jähen Überfall, an den Feuerstoß, der aus den Büschen gefahren war und den Schlag, der ihn traf, bevor sein Bewusstsein auslöschte.
Die Schmerzen wurden mit seiner zurückkehrenden Klarheit immer stärker. Blut schien ihm warm über die Brust zu rinnen. Vorsichtig streckte er die Hand aus und griff nach dem Kopfgeschirr des Pferdes, das wieder sein leises Schnauben ausstieß. Aber er kam so nicht auf die Beine. Die Schmerzen waren so heftig, dass sie in seinem Kopf etwas zur Explosion zu bringen schienen. Er ließ das Kopfgeschirr los, wälzte sich weiter herum und zog die Beine an den Körper. Ein paar Sekunden lag er so und sammelte Kraft, dann stützte er die Hände auf und kniete. Es ging besser als er gedacht hatte und nun konnte er wieder nach dem Kopfgeschirr des noch verharrenden Pferdes greifen, konnte neuerlich seine Kräfte sammeln und aufstehen. Das Tier schleppte noch das abgerissene Zuggeschirr mit sich herum, aber davon nahm der verletzte Gunman keine Notiz. Sean Welles richtete sich am Kopfgeschirr auf und lehnte sich gegen das Pferd. Er keuchte wegen der Anstrengung und der Schweiß lief ihm über das Gesicht. Jetzt konnte er das Loch in seinem Hemd sehen und den dunklen Fleck, an dem der Stoff auf der Haut klebte. Blut rann aus der Wunde. Er brauchte Hilfe, wenn er nicht verbluten wollte. An das Gold, das sie bis hierher transportiert hatten, dachte Sean Welles nicht. Es interessierte ihn nicht einmal. Nur überleben, weiter ging ihm nichts im Kopfe herum. Er presste die Zähne aufeinander, führte das Pferd neben die Kadaver, auf die er steigen konnte, um auf den Rücken des Tieres zu kommen. Tatsächlich gelang es ihm und er konnte nach den langen Zügeln greifen, die noch hinter dem Pferd auf dem Boden schliffen.
Sean Welles ritt an der Kutsche vorbei, deren Schlag offenstand und folgte der Piste nach Westen. Bald sank er auf den Hals des Pferdes, blieb aber bei Bewusstsein und konnte sich an der Mähne des Tieres festhalten.
„Marshal!“, rief eine bellende Stimme.
Burt war am Tisch eingeschlafen, fuhr aber bei dem Ruf in die Höhe und starrte auf das Fenster, hinter dem er das aus dem Saloon fallende Licht erkannte.
Menschen hasteten draußen die Straße hinauf.
„Marshal!“, meldete sich die Stimme wieder.
Burt Mercer lief um den Tisch herum und riss die Tür auf.
Die Revolvermänner waren vor der Schwingtür mit den Mädchen aufgetaucht.
„Es ist der neue Kutschenbegleiter!“, schrie der Postagent durch die Stadt.
Ungenau erkannte Burt einen auf den Hals eines Pferdes gesunkenen Reiter, um den sich die Menge staute. Er verließ den Fußweg, lief die Straße hinunter und kämpfte sich durch die Menge.
Der Postagent stützte den Reiter, der nach der Seite rutschte. Burt erreichte den Mann, griff zu und sie zogen ihn herunter und legten ihn auf die Straße. Welles stöhnte mit geschlossenen Augen.
„Platz da, zur Hölle!“, befahl einer der Revolvermänner aus der Goldmine hinter den Bergen.
„Holt den Barbier“, sagte Burt Mercer.
Der Postagent drängte das Wagenpferd mit den abgerissenen Zuggeschirren zur Seite. Die Revolvermänner bahnten sich mit Gewalt einen Weg durch die Menge, blieben aber stehen, als sie den Mann sahen, der auf dem Boden lag.
„Die Kutsche ist überfallen worden“, sagte der Postagent. „Es gibt keine andere Erklärung dafür.“
Die bleichen Lippen des Verletzten bewegten sich, aber er sagte kein Wort und auch seine Augen blieben geschlossen.
Der Barbier, ein kleiner weißhaariger Mann, tauchte auf, kniete neben Burt, öffnete eine schwarze Ledertasche und ließ den Verletzten an einer kleinen, braunen Flasche riechen. „Das wirkt immer“, erklärte der Mann.
Die Lider des Begleitmannes zuckten und hoben sich. Verwirrt schaute er um sich.
„Was ist passiert?“, fragte Burt drängend.
„Über... Überfallen!“, stieß Welles hervor.
Melvin Green, der schwarzhaarige Revolvermann, fuhr herum und winkte den anderen. „Die Pferde! Das kann nicht sehr weit von hier entfernt passiert sein!“
Die Kerle schoben sich aus der Menge und rannten zum Mietstall hinauf.
„Weiter!“, bedrängte Burt den Mann. „Wie viele Banditen waren es?“
Wieder zuckten Welles Lippen, bevor er hauchte: „Ein... Einer!“
Burt schaute noch ein paar Herzschläge lang auf den Verletzten, überlegte, ob es Sinn hatte, weitere Fragen zu stellen, sah aber dann, wie der Blick des Mannes sich verwirrte und seine Lider zufielen.
„Moment, ich bringe ihn gleich zu den Tatsachen zurück!“, rief der Barbier und suchte die Flasche aus der schwarzen Tasche, in die er sie achtlos hatte fallen lassen.
„Schon gut.“ Burt richtete sich auf. „Helfen Sie ihm, wenn Sie können, aber bedrängen Sie ihn nicht mit Fragen.“
„Wie Sie meinen, Marshal. — Also los, Leute, helft mir, ihn in mein Haus zu bringen!“
Burt Mercer verließ den Kreis der Menschen und ging zum Mietstall.
Der erste Revolvermann kam schon mit seinem gesattelten Pferd aus dem Gebäude und sagte: „Sie müssen sich beeilen, wenn Sie mithalten wollen, Marshal!“
Burt ging in das Stallgebäude, das Melvin Green eben verlassen wollte. Er griff dem Mann in die Zügel und hielt das Pferd fest. „Damit wir uns richtig verstehen, Green, der Marshal bin ich!“
Melvin Greens schwarze Augen funkelten spöttisch. „Das sieht man an dem großen Stern. — Da fällt mir ein, der Boss hat uns auch Sterne gegeben. Die hat er extra mal aus New York kommen lassen. — He, Crim, haben wir die Sterne dabei? — Ehrlich, Marshal, wir sind Minenmarshals!“
„Hier sind die Sterne!“ Crim Porter leerte hinter Green im Stallgang eine Tüte aus, die er aus der Satteltasche gezogen hatte. Seine ganze Hand lag voller blitzender Sterne und ein paar fielen auf den Boden.
Die Kerle lachten.
„Wir können die ganze Stadt zu Marshals machen“, sagte Green.
Burt ließ den Zügel los und hob einen der Sterne auf. „Marshal“ stand darauf. „Das ist doch ein Fastnachtsartikel“, erklärte er.
„Ist uns doch egal.“ Green heftete sich einen Stern an die schwarze Lederjacke. „So, jetzt bin ich auch ein Marshal, Marshal.“
„Wenn ihr mir Schwierigkeiten macht oder euch einbildet, Amtshandlungen durchführen zu können, bringe ich euch in Grat Falls zur Anzeige, das verspreche ich euch! Und ihr wartet, bis ich mitreite!“
„Und warum das?“, fragte Crim Porter, der die Sterne verteilt hatte und den Rest einpackte, um ihn in die Satteltasche zu stecken.
„Weil ihr mögliche Spuren vielleicht vernichten würdet und weil es meine Arbeit ist!“
„In Ordnung, lasst ihn.“ Green winkte ab.
Burt ging weiter, sattelte seinen Grauschimmel und führte ihn in den Hof, in dem die Revolvermänner mit den blinkenden Sternen an den Jacken bereits in den Satteln saßen. Sie grinsten wie leibhaftige Teufel und schienen den größten Spaß an dem Überfall zu haben, den sie möglicherweise als eine grandiose Abwechslung betrachteten und als nichts anderes.
Burt stieg auf und ritt auf die Straße. Die Menge war indessen am Saloon vorbeigelaufen und hatte sich hier versammelt. Burt ritt die Straße hinauf, gefolgt von den Revolvermännern.
Die Mädchen winkten und lachten vor dem Saloon und Cecil rief: „Bleibt nicht so lange, sonst wird der Whisky warm, Melvin!“
„Wir beeilen uns, Schatz! Schlaft nur nicht inzwischen ein!“
Die Kerle und die Mädchen lachten. Der Postagent führte das Wagenpferd vorbei. Er schien keine Lust zu haben, die Posse zu begleiten und wurde auch nicht dazu aufgefordert.
Burt trieb seinen Grauschimmel zum Galopp an und sprengte aus der Stadt hinaus.
Der Pulk der Revolvermänner holte ihn ein. Rechts und links von ihm ritten die wilden Kerle aus den Bergen, die sich selbst zu Marshals ernannt hatten und mit denen er sich vor ein paar Stunden noch prügeln musste. Hinter ihnen wehte Staub in die Höhe und wallte dem Mond entgegen, der indessen aufgegangen war.
Nach einer halben Stunde sahen sie die auf der Piste gestoppte Kutsche, die halb im Graben hing und auf den Kadavern lag, von denen ein Schwarm Geier mit heiserem Krächzen aufstieg und heftig mit den Flügeln schlug.
In einiger Entfernung hatten sie alle die Pferde gezügelt und blickten auf die Kutsche, die toten Pferde, die Büsche und den Fluss, der jetzt einem Silberband ähnelte.
„Es ist niemand mehr da“, sagte Melvin Green.
„Das weiß ich auch“, gab Burt zurück, schnalzte mit der Zunge und ritt auf die Kutsche zu.
„Woher willst du wissen, dass niemand mehr da ist, Melvin?“, fragte Tamplin.
„Weißt du es wirklich nicht?“
„Was denn?“
„Die Geier!“
„Ach ja. Natürlich, die würden sich nicht an die Kadaver wagen, wenn jemand in der Nähe wäre.“
„Schlaues Kerlchen.“ Green grinste mit nach unten gebogenen Mundwinkeln.
„Wir sollten ihn zum Hilfs-Marshal degradieren“, schlug Porter vor, der mit dem Ärmel über seinen Stern wischte. „Schäme dich, Fred, so was muss doch ein Marshal nicht erst fragen!“ Porter schüttelte komisch verweisend den Kopf und folgte dem Marshal.
Die anderen schlossen sich an.
Burt war vor den Kadavern abgestiegen. Die Geier hatten den toten Pferden an vielen Stellen mit ihren spitzen Schnäbeln das Fell aufgerissen. Auch den toten Fahrer hatten die Vögel nicht verschont.
„Raffiniert“, sagte Green, als er den Graben genau erkannte.
„Und Clyde hat sich das Genick gebrochen“, setzte Les Zander hinzu, der bei dem toten Fahrer abgestiegen war.
Burt Mercer lief in die Büsche hinein, kam aber bald zurück, nahm sein Pferd am Zügel und blickte auf Green, der die Kutsche durchsucht hatte und nun aus dem Gefährt kam und den Kopf schüttelte.
„Das Gold ist weg, Marshal.“
„Hattet ihr was anderes erwartet?“ Burt Mercer folgte den Spuren zum Ufer des Flusses hinunter, sah die Eindrücke noch auf der Sandbank, die aus dem Wasser ragte, aber dahinter, wo sie überspült war, bereits nicht mehr. Es war gerade noch auf der Sandbank zu erkennen, dass der Reiter nach Westen abgebogen war.
Der Marshal stieg in den Sattel des Grauschimmels und folgte dem Fluss nach Westen. Er musste ins Wasser reiten, um an beiden Ufern Ausschau halten zu können. Bald hörte er Hufschlag und als er über die Schulter schaute, tauchten die Reiter hinter ihm auf und jagten durch das aufspritzende Wasser.
Das erste Licht des neuen Tages erreichte die sechs Reiter in einer breiten Schlucht zwischen schroffen grauen Hängen, deren Kuppen schwarze Waldköpfe hatten. Nebelschleier zogen den Canyon hinunter, der Ebene entgegen.
Les Zander und Milt Turny suchten noch vergebens nach Spuren. Sie waren sogar abgestiegen und den Reitern voraus. Les Zander kam als erster zurück und sagte, dass es sinnlos wäre.
„Wir wissen doch nicht einmal, ob er hier auch geritten ist“, erläuterte Burt. „Und je weiter wir reiten, umso fraglicher wird es, ob wir noch auf der richtigen Spur sind.“
„Heißt das, Sie wollen aufgeben?“, schimpfte Green.
Burt schaute dem schwarzhaarigen Mann ins kantige, dunkel wirkende Gesicht, in dem die Augen trotz der Müdigkeit immer noch blitzten. „Sie wissen doch so gut wie ich, dass uns höchstens noch ein Zufall helfen würde!“
„Dann hoffen wir eben auf einen Zufall!“
„Wenn der Boss erfährt, wie das Gold zum Teufel gegangen ist, geht der in die Luft“, murmelte Porter, der sich versonnen über das lange blonde Haar strich.
Burt schaute in der Runde herum. Sie waren ein wilder furchteinflößender Haufen und doch hatten sie Angst. „Ich verstehe euch nicht“, gab er zurück.
„Wieso?“ Greens Augen zogen sich zusammen.
„Das Gold hat die Post transportiert. Damit habt ihr doch spätestens ab Choteau nichts mehr zu tun.“
„Da der Überfall so kurz hinter der Stadt stattfand, denkt unser Boss unter Garantie anders darüber“, knurrte Zander, der auf sein Pferd stieg. „Zumal wir dem Banditen auf der Spur waren!“
„Genau!“ Green nickte bekräftigend. „Na, dann mal weiter!“ Burt Mercer trieb den Grauschimmel an und ritt die Schlucht weiter hinauf.
Der Hufschlag verriet, dass die anderen Männer dem Marshal folgten. Hart klirrte das Gestein und winzige Staubfontänen stiegen in die Höhe. Wachsam hielten sie nach Spuren Ausschau, suchten aber auch die Ränder der Felsen ab, denn sie dachten daran, dass sie erst tags zuvor völlig überraschend von Teton Dakotas angegriffen worden waren. Und je weiter sie kamen, umso mehr verstärkte sich das Gefühl der Unsicherheit. Sie bewegten sich in einem Gebirgsabschnitt, in dem sie besser nicht sein sollten und sie wussten das genau.
Immer weiter ließen sie den Marshal voran, bis sie schließlich hundert Yard von ihm trennten.
Burt hielt an und schaute lächelnd zurück. „Angst, Green?“
Die Kerle zügelten die Pferde ebenfalls. „Sie sind der Marshal!“, rief Melvin Green.
Burt schnalzte mit der Zunge. Mit einem leisen Schnauben setzte sich der Grauschimmel erneut in Bewegung. Er erreichte die Gipfelhöhe der Schlucht. Diese fiel hier stark ab und machte einen sanften Bogen nach Nordwesten. Ein Bach kam aus einer breit klaffenden Felsspalte und lief die Schlucht hinunter. Das Wasser sprang über abgewaschene Steine und über einen überhängenden Felsen hinweg und verschwand hinter der nächsten Biegung.
Burt konnte keine Indianer auf den Felsen am Waldsaum sehen und auf dem Boden gab es keine frischen Spuren, die einen Reiter verraten hätten. Er folgte dem Canyon, warf einen Blick zurück und sah die Revolvermänner mit ihren Fastnachtssternen an den Jacken hinterher reiten. Sie holten nun wieder auf. Burt waren die Kerle während der Nacht gefährlich erschienen mit ihrem unheimlichen Grinsen und der deutlich zur Schau gestellten Überheblichkeit. Jetzt aber war er doch froh, dass er sie bei sich hatte. Denn wenn wirklich noch Indianer auftauchen sollten, war die Chance des Überlebens wesentlich größer.
Immer tiefer führte die Schlucht zwischen die näher zusammenrückenden Hänge. Eine Halde tauchte auf, auf der Geröll lag und Krüppelkiefern bis herunter in den Canyon standen. Es war möglich, durch den Wald aufwärts zu reiten, weswegen Burt dichter an die Halde ritt und den Boden auf ihr genau anschaute. Dort, wo der Felsen wieder steil aufragte und die Halde zu Ende war, zügelte Burt sein Pferd und wartete auf die anderen.
Sie hielten alle an, stiegen nach und nach ab und wuschen sich im kalten Wasser des klaren Bachs. Auch Burt schloss sich an, beobachtete aber weiterhin die Hänge und den Canyon. Danach suchte er im Bach nach Spuren, da er an dieser Stelle breit genug, war, um einen Reiter aufnehmen zu können.
„Wenn der Kerl schnurstracks durch die Berge nach Oregon reitet, holen wir ihn nie mehr ein“, sagte Tamplin mürrisch. „Dann ist er selbst jetzt noch schneller als wir.“
Melvin Green schaute die Schlucht erst hinunter und dann hinauf. „Wollen Sie wirklich aufgeben, Marshal?“
„Ist es für Sie wichtig, wann ich aufgebe?“
Green zuckte die Schultern. „Wenn wir unserem Boss sagen, dass Sie keine Möglichkeit mehr sahen, kann er uns keinen Vorwurf machen. Wir wollen doch nicht schlauer als der Marshal sein!“
Die Kerle grinsten Burt wieder alle an.
Er lehnte sich an den Felsen und schaute nach Osten, wo sich oberhalb der Schlucht die Morgenröte über den Horizont geschoben hatte und das Aufflammen langer Sonnenstrahlen auch das Grau vom Himmel vertrieb.
Die Revolvermänner mit den Spielzeugsternen an den Jacken standen im Halbkreis vor ihm und warteten auf seine Antwort, das war ihnen anzusehen.
„Der Überfall auf die Kutsche geschah nicht deshalb, weil gerade zufällig ein Bandit am Wege stand und das Gefährt durch die Nacht fahren hörte“, sagte Burt versonnen.
„Das können wir uns auch denken“, gab Green bissig grinsend zu. „Zumal der Kerl einen Graben ausgehoben hat, damit die Kutsche auch wirklich nicht vorbeifahren konnte.“
„Eben!“ Burt nickte. „Mit der Kutsche kommt aber bestimmt nicht jeden Tag Gold. Und es könnten auch ein halbes Dutzend Männer in dem Gefährt sitzen, die dem Banditen so einheizen, dass er tot umfällt, bevor er es sich versieht. Mit anderen Worten, das ist ein ziemliches Risiko, was so ein Bandit da allein eingeht.“
Die Kerle grinsten nicht mehr.
„Es sei denn, er weiß...“ Green brach ab und wischte sich das Wasser vom Gesicht.
„Ja, es sei denn, er weiß, dass er es nur mit den beiden Männern auf dem Bock zu tun hat.“ Burt nickte. „Genau richtig, Green. Aber das kann der Bandit praktisch nur in Choteau erfahren haben. Dort konnte man gleichzeitig herausfinden, dass Gold mit der Kutsche transportiert wird. Und wenn einer sehr die Ohren spitzte, dann wusste er vielleicht sogar, um wie viel Gold es sich handelt!“
„Verdammt“, murmelte Milt Turny. „Der Marshal denkt messerscharf, das muss man ihm lassen, Melvin!“
„Aber wer käme da in Frage?“, fragte Crim Porter. „Hast du eine Idee, Melvin?“
„Ich wüsste einen, der in die Berge reiten musste, der es hören konnte und der darüber hinaus arm ist wie die Mäuse in den Kirchen.“
Sie starrten ihn alle an.
„Quincy Hingle“, murmelte der kleine krummbeinige Les Zander. „Den hat die Poker-Lady vielleicht geschickt. Die wissen doch, dass immerzu Gold aus der Mine nach Choteau gebracht wird und wir dann umkehren!“
„Genau“, stimmte Green zu.
Der Gedanke erschien Burt Mercer verrückt und logisch zugleich. Verrückt, weil Hingle sicher ein armer Teufel war, solange er denken konnte. Er hätte also schon viel früher auf diesen Gedanken kommen müssen. Logisch aber, weil er wirklich in der Stadt gewesen war, sie vor der Kutsche verlassen hatte, weil er die Kerle hassen musste und weil ihn die Poker-Lady auf den Gedanken sehr wohl gebracht haben konnte.
Green schaute sich um. „Wie finden wir ihn von hier aus, Marshal!“, wollte er wissen.
„Langsam, Leute! Es gibt bis jetzt nicht den geringsten Beweis und es ist sehr fraglich, ob Hingle sich an zwei Männer heranwagen würde. Er hat auch nie Schwierigkeiten mit den Gesetzen gehabt, soviel ich weiß!“
Sie grinsten schon wieder in einer Art, die Burt klarmachte, dass darüber nicht mehr mit ihnen zu reden war. In ihren Köpfen war Quincy Hingle bereits mit Sicherheit der Mann, dessentwegen sie hier herumirrten.
Auch Turny schaute sich um und sagte: „Ich finde den Weg zu Hingles See. Ich war schon dort!“
„Dann los!“, befahl Green.
Die Kerle rannten von neuem Eifer getrieben zu den Pferden, zogen die Gurte nach und schwangen sich in die Sattel. Burt musste sich beeilen, wenn er mithalten wollte. Sie sprengten die Schlucht hinauf und folgten einem Hohlweg. Burt setzte seinen Grauschimmel an die Spitze und sorgte dafür, dass das Tempo nachließ. Schließlich ritten sie erneut im Schritt.
„Keine übereilten Schritte!“, mahnte Burt. „Ich ziehe jeden zur Verantwortung, der etwas Ungesetzliches tut! Haben wir uns verstanden?“
„Denken Sie nicht auch, dass er es war?“, fragte Green.
„Ich rede von etwas völlig anderem, zur Hölle, Green! Wenn er es war, wird er zum Richter gebracht.“
„Das können wir aber einfacher haben!“, maulte Zander.
Burt zügelte sein Pferd und lenkte es quer in den Hohlweg, um den anderen den Weg zu versperren. Kalt funkelten seine grauen Augen. „Wenn ihm einer von euch ohne eigene Not etwas tut, kann er sich auf etwas gefasst machen. Es wäre Mord!“
„Immer vorausgesetzt, er stirbt bei unserer Behandlung“, schränkte Green neuerdings grinsend ein.
Auch die anderen zeigten blitzende Augen und verzogene Gesichter.
„Ihr denkt wohl, ich bluffe, was?“ Burt legte die Hand auf den Revolverkolben. Jetzt war er schon gar nicht mehr froh, diese Kerle bei sich zu haben. Aber nun konnte er sie auch längst nicht mehr loswerden.
„Wir denken, dass der ein verdammtes Stinktier ist, der das Loch gegraben und den Fahrer auf dem Gewissen hat“, sagte Porter grimmig.
„Und dass er den Tod verdient hat!“, setzte Green hinzu.
„So ist es!“, stimmte Zander zu.
Die anderen nickten.
„Was er verdient hat und dafür bekommt, falls es sich so verhält, das
wird der Richter bestimmen. — Haben wir uns verstanden, Green?“
„Also gut, in Ordnung, Sie geben ja doch keine Ruhe. Aber wir bleiben dabei, bis er aufgehängt ist!“
Burt lenkte sein Pferd nach Norden und ritt weiter durch den Hohlweg. Er war erleichtert, wusste aber, dass er sich trotzdem nicht auf diese wilde Horde verlassen konnte, wenn sie Gold bei Hingle fanden. Er ertappte sich bei dem Gedanken, dass er die Hütte des Fallenstellers und Trappers durchsuchte, dass er daran glaubte, das Rohgold dort zu finden. Mühsam schüttelte er den Gedanken ab und achtete wieder mehr auf den Weg und die Wände, die jetzt senkrecht in die Höhe stiegen.
„Wie weit ist es noch?“, fragte Green barsch.
„Nur noch ein paar Minuten.“ Burt blickte nicht hinter sich. Er wusste den Weg zufällig, weil er zweimal bei Hingle gewesen war; das eine Mal, weil er die Poker-Lady hatte sehen wollen und das andere Mal, weil Presspulver im Store für Hingle, der sich nicht in Choteau sehen ließ, eingetroffen war. Der Storebesitzer und Town-Mayor hatte Burt leicht veranlassen können, in die Berge zu reiten, da er ja die Stadtkasse verwaltete und den Marshal zu bezahlen hatte.
Der Hohlweg beschrieb einen scharfen Bogen, führte eine halbe Meile gerade aus und wurde breiter und breiter, bis er sich zu einem weiten Tal mit einem großen spiegelblanken See in der Mitte öffnete. Dichtes Buschwerk stand vor den Reitern, die die Pferde gezügelt hatten. Darüber war das mit Steinen beschwerte Dach einer Hütte zu erkennen. Hinter dem See erhoben sich schroffe senkrechte Felswände mit bizarren Gipfeln und stellenweise Wald auf den Höhen. Die Wände waren bis zu zweihundert Yard hoch. Unter den Wänden gab es Höhlen, in die das in der ersten Sonne schimmernde Wasser führte.
„Seid vorsichtig, es können überall Fallen herumliegen.“ Burt ritt weiter und achtete darauf, dem dichten Buschwerk aus dem Wege zu gehen und folgte einem verwilderten Weg.
Die Tür der Hütte öffnete sich mit einem lauten Knarren, das dem Jaulen einer Katze glich. Der Trapper trat blinzelnd und mit einem doppelläufigen Schrotgewehr in der Armbeuge heraus. Er war mit einer ausgebeulten Hose und einem offenstehenden Hemd bekleidet, sah noch verschlafen aus und kratzte sich im Stoppelbart. Vor der Schwelle blieb er stehen.
Die Reiter hielten in einer Reihe vor dem Gebäude, neben dem sich ein kleiner Korral befand, der bis hinunter in den See führte und so den fünf Pferden darin zugleich als Tränke diente. Vor dem Korral lag ein großes Kanu am Ufer.
„Was ist los, was wollt ihr mitten in der Nacht?“, fragte der Fallensteller grollend.
Die Kerle lehnten sich auf die Sattelhörner und grinsten selbstzufrieden. Die Tatsache, dass Hingle da war, beruhigte sie ganz offensichtlich.
„Die Postkutsche ist drei Meilen hinter der Stadt überfallen worden“, sagte Burt.
„So?“ Hingle blickte erstaunt auf die Männer und ließ das Schrotgewehr sinken.
„Von einem einzigen Mann, der einen Graben quer über die Piste ausgehoben hat“, setzte Green hinzu.
„Von einem Mann?“
„Ja, von einem Mann!“ Burt Mercer nickte. „Und der ist dann durch den Fluss und hinter der Stadt vorbei in die Berge geritten.“
„Hier, Hingle“, sagte Green.
Die anderen grinsten nicht mehr.
Hingle schaute von einem zum anderen und kratzte sich wieder im Bartgestrüpp.
Auf der Türschwelle tauchte die Frau plötzlich auf. Janice O’Brien, die sie Poker-Lady nannten, trug eine rote Kattunbluse, die ihr kupferfarbenes Haar rötlich schimmern ließ. Kalt sprühten ihre grünen Katzenaugen. Sie trug ferner einen langen, bis auf den Boden reichenden Wildlederrock und einen breiten Gürtel, in den Silbernägel geschlagen waren. Mit blitzenden Augen trat sie neben den Trapper und fragte: „Und warum kommen Sie deswegen mit fünf Deputies hierher, Marshal Mercer?“
„Das sind nur Faschingssterne, Poker-Lady, mit denen die Revolvermänner sich zieren. Sie denken, es wäre dann amtlicher.“
Blitze schossen Burt aus den großen grünen Augen der Frau entgegen. „Ich heiße Janice Hingle!“
Burt lächelte. „Es war dir doch früher recht, dass wir dich Poker-Lady nannten. — Ist es, weil sie dich aus Medicine Bow fortgejagt haben?“
Das sechsunddreißig Jahre alte Barmädchen zeigte schimmernde kräftige Zähne. „Ich bin Janice O’Brien, Mercer, merke dir das gefälligst oder es setzt etwas!“
Porter pfiff durch die Zähne. „Alle Teufel, hat die Haare auf den Zähnen!“
„Und was bist du für ein Lackaffe?“ Poker-Lady ging auf Porters Pferd zu, griff nach dem Kopfgeschirr und drehte die Faust mit einer jähen geübten Bewegung herum.
Scharf wieherte das erschrockene Pferd und machte eine so heftige Bewegung, dass Porter aus dem Sattel geschleudert wurde.
Poker-Lady lachte schallend und schaute in der Runde herum. Aber die erwartete Wirkung blieb aus. Die Männer lachten nicht, grinsten nicht einmal und sie fanden es auch nicht spaßig. Crim Porter stand auf, ging vor das Pferd und das Mädchen wich zurück.
„Lass sie, Crim“, sagte Green leise. „Sie braucht wohl mal einen Spaß hier in der verdammten Einsamkeit.“
Die Lippen des Mädchens pressten sich zusammen.
„Was wollt ihr also?“, rief der Trapper scharf.
Burt stieg vom Pferd. „Wir suchen nach einem Mann, der in die Berge geritten ist. Mit einem Haufen Rohgold. Und wir möchten uns in deiner Hütte umsehen.“
„In meiner Hütte?“
„So ist es, Hingle.“
„Und wieso das?“
„Fragen stellen kannst du!“, sagte das Mädchen verächtlich. „Weil sie dich im Verdacht haben, ihr Gold geklaut zu haben, das hörst du doch, Quincy!“
„Ich? — Wie kommt ihr denn auf mich?“
„Sehr einfach.“ Green stieg nun ebenfalls ab. „Du bist gestern in Choteau gewesen und hast die Stadt vor der Postkutsche verlassen.“
„Aber... Aber ich bin doch nach Westen und die Kutsche bestimmt nach Osten!“
Green lächelte. „Ist es denn schwer, ein Stück zu reiten und dann einen Bogen zu schlagen?“
Irritiert schaute der Fallensteller von einem zum anderen und Burt begann zu ahnen, dass Hingle mit dem Überfall nichts zu tun hatte.
„Es ist am besten, du lässt uns deine Hütte mal genau ansehen“, schlug der Marshal vor.
Auch Green kam näher, schob die Poker-Lady zur Seite und ging mit Burt auf den Trapper zu, der zurück trat und die dollargroßen Mündungslöcher des Schrotgewehres anhob.
„Bist du verrückt?“, fragte Burt Mercer gedehnt. „Du wirst doch nicht wirklich auf uns schießen, nur weil wir uns deine Hütte ansehen wollen, Hingle?“
„Du hast mir gestern gegen diese Kerle geholfen und machst heute mit ihnen, Marshal!“
Burt schüttelte den Kopf. „Du bringst alles durcheinander, Quincy. Der Kutscher der Wells Fargo ist ermordet worden und sein Begleiter schwerverletzt. Und außerdem fehlt Rohgold für ungefähr zehntausend Dollar!“
„Ich würde mich nicht so sperren“, mischte sich die Frau ein.
Hingle trat weiter zurück. „Wenn ich abdrücke, kriegt jeder von euch was ab!“
„Der ist verrückt genug, das zu machen“, brummte Tamplin, der wie Zander und Turny noch auf seinem Pferd saß und den Kopf zwischen die Schultern gezogen hatte.
„Hingle, mach keinen Unsinn!“, mahnte Burt leise. „Es geht um Raubmord. Und wenn du damit nichts zu tun hast, ist es besser, du lässt uns nachsehen!“
Noch drei Yard trennten Burt Mercer von den großen Mündungslöchern des Schrotgewehres. Die Parker zitterte in den Händen des Trappers.
„Quincy, lass sie die Hütte durchsuchen!“, riet die Frau erneut.
Burt ging weiter, streckte langsam die Hand aus, packte dann jäh das Gewehr und riss es dem Fallensteller aus der Hand. Er meinte, die Frau und auch Green aufatmen zu hören.
„Ich habe damit nichts zu tun!“
Burt schüttete den Kopf. „Die Revolvermänner der Mine waren im Saloon in Choteau, Hingle. Die haben mehr als ein Dutzend Leute die ganze Zeit gesehen.“
„Welche ganze Zeit denn?“, fragte die Poker-Lady.
„Die ganze Zeit, bis der verletzte Transportbegleiter auf einem Postpferd zurückkam.“
„Ach so.“
„Gefällt dir wohl gar nicht, wie, Poker-Lady?“ Green grinste die rothaarige Frau scharf an. „Im übrigen überfallen wir nicht die Transporte, die wir selbst bis Choteau begleiten.“
„Zutrauen würde ich es euch schon“, sagte das furchtlose Barmädchen. „Danach aussehen tut ihr!“
„Die muss mal ein paar auf die Klappe haben, schätze ich!“, schimpfte Zander.
Burt ging an dem Trapper vorbei in die Hütte, in der es wüst aussah.
Das Mädchen trat auf die Türschwelle, lehnte sich gegen den Balken und kreuzte die Arme vor der Brust. „Ich bin noch nicht zum Aufräumen gekommen.“
„Man sieht es.“
„Aber das interessiert euch ja sicher nicht.“
Burt blickte noch einmal über den Tisch hinweg, um nichts zu übersehen. „Wieso bist du eigentlich zu ihm gegangen und hier geblieben, Poker-Lady?“
„Das hast du mich vor Wochen schon mal gefragt. — Und ich will nicht mehr Poker-Lady genannt werden! Nimmst du nie Rücksicht auf die Wünsche der Menschen?“
„Nicht, wenn sie sich so oft ändern wie bei dir.“ Burt Mercer rückte einen Stuhl von der Wand weg, durchsuchte einen Schrank aus Fichtenbrettern.
„Mach Platz!“, kommandierte Green.
Das Mädchen wandte sich um und versperrte dem Revolvermann den Weg. „Du nicht. Wenn überhaupt, dann hat höchstens der Marshal ein Recht dazu. Aber selbst das möchte ich noch bezweifeln. Eine Spur in die Berge ist noch kein Grund, jede Hütte zu durchwühlen.“
„Mach Platz!“
„Ich denke nicht daran“, sagte das Mädchen und musterte den Revolvermann kalt und abweisend.
Green wurde wütend, wollte das Mädchen packen, aber Poker-Lady kratzte ihm ins Gesicht, bevor er es sich versah. Er brüllte, schimpfte und sprang zurück. Blut lief ihm über die Wange.
„Na los, komm her, du kriegst noch mehr!“, schallend lachte das gereizte Mädchen mit dem irischen Namen und den feuerroten Locken.
Fluchend wischte der Revolvermann sich über die Wange.