Männer wie aus Eisen: Cowboy Western Sammelband 3 Romane - Bill Garrett - E-Book

Männer wie aus Eisen: Cowboy Western Sammelband 3 Romane E-Book

Bill Garrett

0,0
3,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Romane: Die Todesschlucht (Heinz Squarra) Der Eiserne (Glenn Stirling) So rot wie das Blut der Wölfe (Bill Garrett) Eine Frau und ein Dutzend harter Männer beabsichtigen den Wagentreck und eine große Rinderherde in den Norden zu bringen. Alle wissen um die Gefahr, die um sie herum lauert: Indianer planen einen Aufstand gegen die Weißen. Guy Marion mit angeheuerten Banditen hat es auf die Wagen abgesehen und will sie an sich bringen. Und dann stößt ein Mann zu ihnen, der sich als Marshal ausgibt. Doch Jim Stone ist misstrauisch …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 388

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Glenn Stirling, Heinz Squarra, Bill Garrett

UUID: 820c8950-b7b6-493f-91a9-d7e4657324d2
Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Männer wie aus Eisen: Cowboy Western Sammelband 3 Romane

Copyright

Die Todesschlucht

Der Eiserne

So rot wie das Blut der Wölfe

Männer wie aus Eisen: Cowboy Western Sammelband 3 Romane

Glenn Stirling, Heinz Squarra, Bill Garrett

Dieser Band enthält folgende Romane:

Die Todesschlucht (Heinz Squarra)

Der Eiserne (Glenn Stirling)

So rot wie das Blut der Wölfe (Bill Garrett)

Eine Frau und ein Dutzend harter Männer beabsichtigen den Wagentreck und eine große Rinderherde in den Norden zu bringen.

Alle wissen um die Gefahr, die um sie herum lauert: Indianer planen einen Aufstand gegen die Weißen. Guy Marion mit angeheuerten Banditen hat es auf die Wagen abgesehen und will sie an sich bringen.

Und dann stößt ein Mann zu ihnen, der sich als Marshal ausgibt. Doch Jim Stone ist misstrauisch …

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author / COVER FIRUZ ASKIN

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Folge auf Twitter:

https://twitter.com/BekkerAlfred

Erfahre Neuigkeiten hier:

https://alfred-bekker-autor.business.site/

Zum Blog des Verlags!

Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!

https://cassiopeia.press

Alles rund um Belletristik!

Die Todesschlucht

Western von Heinz Squarra

Der Umfang dieses Buchs entspricht 109 Taschenbuchseiten.

Mit versteinerten Mienen sahen die rothäutigen Männer zu, wie der Puma auf lautlosen Tatzen den Felsvorsprung entlangschlich. Der Postreiter unten in der Schlucht hörte sein leises Fauchen nicht. Nichts warnte ihn vor der von Hunger getriebenen Bestie, die in dem Moment sprang, als sich Pferd und Reiter fast unter ihr befanden. Sicher landete der Puma auf Kopf und Hals des Wallachs, der sich aufbockte und den Reiter in weitem Bogen abwarf. Der Aufprall auf dem harten Felsgestein brach ihm sofort das Genick. Ungerührt hatten die Rothäute das Drama in der Todesschlucht beobachtet. Sie warteten auf eine größere Beute …

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Folge auf Twitter

https://twitter.com/BekkerAlfred

Zum Blog des Verlags geht es hier

https://cassiopeia.press

Alles rund um Belletristik!

Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe! –

1

Sie waren zu viert; Chet McCoy, Vormann der Bullhead-Ranch, die beiden Cowboys Brazos und Dwarf, sowie Jimmy Threefeather, der jüngste aus der Ranchmannschaft.

Sie kamen am Nachmittag aus dem Hohlweg herauf, lange, nachdem der Puma seinen Hunger gestillt und das Feld geräumt hatte. Ein paar Aasgeier saßen an der Futterstätte. Ihre wie geschliffenes Glas ausschauenden Augen richteten sich auf den Hohlweg, aus dem das Klappern der Hufe schallte. Die Aasfresser krächzten und schlugen mit den Flügeln. Doch die Hufgeräusche wurden lauter und ängstigten die gefräßigen Vögel. Sie stießen sich ab, beschrieben einen Kreis im kargen Bergtal und stiegen in den dunstverhangenen Himmel.

»He, Geier!«, rief Dwarf, riss den Colt heraus und jagte den hässlichen Vögeln mit den kahlen roten Hälsen ein paar Kugeln nach.

Narr, verdammter!«, schimpfte Brazos schnaufend. »Was soll denn die Ballerei? So weit fliegen die Kugeln nicht, Kleiner!«

In Pulverdampf gehüllt schob Dwarf den Revolver verdrossen fluchend in die Halfter. »Ich mag Geier nicht. Und deshalb schieße ich, wenn ich welche sehe.«

»Dummkopf«, maulte Brazos.

Chet McCoy, der Vormann, ritt vorbei, sah den fürchterlich verstümmelten Toten vor dem zerrissenen Kadaver und riss das scheuende Pferd zurück.

»Ach, du meine Güte!«, rief Brazos entsetzt, als er dem Vormann vor den anderen folgte.

Jimmy, das Greenhorn, wandte das Gesicht ab, hatte aber trotzdem Mühe, sich nicht zu übergeben.

»So was«, murmelte Dwarf, der als letzter den Kessel voll übersah. »Den hat doch einer umgelegt!«

Chet ließ das Pferd im Schritt weiterlaufen. Seine Blicke glitten über die Felsleiste und die schroffen, stellenweise bizarr zerrissenen Wände und Hänge der Sangre de Christo Range, in deren südlichsten Teil sie sich befanden.

Der Tote lag noch so verrenkt auf dem Boden, dass Chet sofort erkannte, wie er zu Tode gekommen sein musste.

Auch Brazos schien das sofort klar zu sein, denn er sagte: »Nein, den hat der Gaul abgeworfen. Der brach sich das Genick!«

»Ein Raubtier«, sagte Chet, der angewidert auf den Kadaver blickte. Er deutete zur Felsleiste darauf. »Sprang wahrscheinlich von da oben herunter.«

»Ja, kann sein.« Brazos beruhigte sein immer noch scheuendes Pferd. »Hör doch auf, dich frisst niemand mehr!«

»Verdammt, das ist doch der Postreiter aus Questa!«, rief Dwarf. »Der ist losgeritten, als wir noch im Saloon standen, Chet. Gestern Mittag, gar nicht sehr viel vor uns. Der hat gewaltig Vorsprung gewonnen.«

»Kein Wunder, bei dem Tempo, das deine Rosinante vorlegt!«, höhnte Brazos.

»Aufhören!«, befahl Chet, als Dwarf erbost den Mund öffnete, um zu kontern. »Hier liegt ein Toter, und ihr habt nichts Besseres zu tun, als euch an die Kehle zu fahren.«

»Das liegt an Dwarf. Der fängt andauernd an.«

Chet stieg ab, näherte sich dem Kadaver und löste eine braune Tasche vom Sattel, auf der »Wells Fargo« Stand.

»Ja, es ist der Postreiter«, sagte Brazos. »Der fiel mir in dem Nest auch auf. Zwischen den Städten westlich und Trinidad setzen sie die Reiter ein, weil die Kutschen nur schwer durch die Berge kämen.«

Chet öffnete die Posttasche. Ein paar Briefe steckten darin, eine Anweisung für die Bank von Colorado in Trinidad über zweiundzwanzigtausendfünfhundert Dollar, und in großen Silbermünzen das Geld dazu unter den Papieren.

Chet ging zur Felswand hinüber und an ihr in die Hocke.

Die Cowboys kamen ihm nach. Sie hatten gemeinsam dreihundert Rinder von der Bullhead-Ranch zu einem Aufkäufer im Süden gebracht und befanden sich seit Tagen auf dem Rückweg. Morgen hätten sie die Ranch am Abend erreichen müssen.

Chet griff in die Münzen, hob die Hand an und ließ den silbernen Segen klimpernd zurück in die Tasche fallen.

»Das lag stundenlang hier herum.« Dwarf schüttelte den Kopf. »Einfach so.«

»Wir sollten ihn beerdigen«, schlug Brazos vor. »Unter dem Geröll, das es hier in Massen gibt.«

»Wenn der Zaster nicht spätestens übermorgen in Trinidad ist, starten sie eine große Suchaktion«, murmelte Chet.

»Wir könnten es nach Golden City schaffen«, schlug Jimmy vor.

Brazos tippte sich an die Stirn. »Weißt du, wie weit Golden City und Trinidad auseinander liegen? Zwischen den beiden gibt es noch nicht mal eine direkte Postverbindung. Es dauert länger als eine Woche, bis die Bucks da ankämen, wohin sie gehören.«

Chet stopfte Anweisung und Briefe in die Posttasche und schloss sie. Er richtete sich auf. »Also gut. Zwei von uns kehren zur Ranch zurück und bringen dem Boss das Geld für die Herde. Und zwei reiten nach Trinidad. Für den toten Postreiter.«

»Wie weit ist es denn dahin?«, knurrte Brazos.

»Ungefähr sechzig Meilen, würde ich schätzen.«

»Durch die Berge. Das dauert mindestens bis übermorgen, wenn nicht länger.«

»Die Berge sind im Osten bald zu Ende«, tröstete Chet den hünenhaften Mann. »Im Übrigen, du musst nicht mitreiten. Ich kann auch Dwarf oder Jimmy mitnehmen.«

»Wir haben, wenn ich nicht sehr irre, bis jetzt noch gar nicht davon gesprochen, wer was tut!«, wandte Dwarf ziemlich heftig ein. »Wie sehe ich denn das, he? Verständigt ihr euch ohne Worte, Mann?«

»Es ist ein Haufen Geld, Kleiner!« Brazos ging zu seinem Pferd. »Das ist eine Sache für richtige Männer. Versteht sich doch von selbst.«

»Ich könnte ihm ins Gesicht springen!«, stieß Dwarf gepresst hervor.

Chet holte die Satteltasche von seinem Pferd und drückte sie Dwarf in die Hände. »Da, gib gut auf sie Acht, es sind auch ein paar Dollar drin. Also los, beerdigen wir den Toten, damit wir weiterkommen.«

»Ist es auch wirklich richtig, was du vorhast?«, wandte Jimmy ein.

Chet wandte sich nach dem jungen Cowboy um. »Das haben wir doch eben durchgekaut.«

»Meine ich aber auch«, schimpfte Brazos.

»Ich meine doch nur, wir haben keine Legitimation, einfach den Postreiter zu ersetzen.«

»Der hat vielleicht Nerven, der Junge!« Brazos verdrehte die Augen. »Da bleibt einem doch glatt die Spucke weg.«

Chet zog die Leiche dicht an die Felswand heran, um die fruchtlose Debatte zu beenden. Ob Legitimation oder nicht, sie würden auf jeden Fall den Auftrag des Mannes ausführen und in Trinidad berichten, was geschehen war, um den Leuten zu helfen, das Geld dahin zu bringen, wohin es gehörte und eine große Suchaktion zu vermeiden. Der Unglücksfall erschien ihm eindeutig.

Brazos und Dwarf sammelten bereits Steine und begannen, den Toten damit zu bedecken.

»Und wenn ihr es nach Questa zurückbringt, woher der Postreiter kam?«, hub Jimmy noch einmal an.

»Junge, das ist beinahe genauso weit wie nach Trinidad«, entgegnete Brazos, der bereits ärgerlich wurde. »Was sollen denn diese Umstände? In Trinidad liefe dann trotzdem etwas an.«

Chet half dabei, Steine zu sammeln, und allmählich verschwand die Leiche unter dem Haufen, den sie aufrichteten.

Es dämmerte bereits. Chet und Brazos folgten einem Weg, den sie beide nicht kannten. Hohe Schluchtwände türmten sich über ihnen auf und sorgten für Halbdunkel auf der Sohle. Der Canyon beschrieb einen Bogen.

Vor den beiden Reitern wurde es heller, weil die eine Steilwand abbrach und ein schräger, mit Krüppelkiefern bewachsener Hang auftauchte. Zugleich verbreiterte sich die Schlucht auf rund hundert Yards und die Helligkeit nahm noch einmal zu.

Doch noch bevor sie die ersten Bäume erreichten, rollte lose herumliegendes Gestein aus dem Hangwald.

Chet parierte den Hengst und zog das Winchestergewehr aus dem Scabbard.

»Da ist jemand!«, stieß Brazos hervor.

»Denke ich mir auch.« Der Vormann repetierte das Gewehr.

Ein kehliger Schrei erschallte und brach sich mehrfach zwischen den Wänden und den Bäumen. Pferde schnaubten.

»Indianer, Chet!« Brazos riss schon das Pferd herum. »Nichts wie weg hier!«

Weiteres Gestein rollte aus dem schräg zur Höhe führenden Gehölz. Halbnackte, bronzefarbene Gestalten sprengten aus dem Wald. Ein paar Gewehre entluden sich bei den Kriegern. Pfeile schwirrten durch den Canyon.

Chet feuerte. Das vorderste Pferd wurde getroffen, wieherte schrill und brach zusammen. Das nächste Tier lief auf und stürzte ebenfalls. Zwei Indianer flogen über die auskeilenden Pferde hinweg.

»Weg, Chet, die machen uns fertig!« Brazos feuerte hinter sich und trieb das große Pferd an.

Chet zog den Hengst herum, repetierte das Gewehr mit einer schlenkernden Handbewegung und feuerte, während er das Tier schon anspornte und dem Cowboy folgte.

Die Hufe trommelten auf das harte Gestein. Funken sprühten unter den Eisen auf.

Mit wildem Gebrüll tauchten immer mehr Krieger aus dem Wald auf und nahmen die Verfolgung auf.

Chet schoss hinter sich und traf noch einmal, diesmal einen der Reiter, der die Arme in die Luft warf, die Waffe fallen ließ und abstürzte. Andere Tiere scheuten. Der Pulk geriet ins Stocken und verschaffte den Fliehenden etwas Vorsprung.

Wie von Furien gehetzt, galoppierten die beiden Pferde nebeneinander durch den Canyon. Sie kamen zu dem Plateau zurück, von dem sie vor kaum einer Viertelstunde herunterritten und schwenkten nach Süden, in einen neuen, ihnen unbekannten Weg.

Zwei, drei Minuten lang ritten sie abwärts, ohne die Verfolger zu sehen. Dann tauchte der Pulk erneut auf, das kehlige Geschrei wiederholte sich und neue Kugeln pfiffen ihnen um die Ohren.

»Zum Glück schießen die schlecht!«, rief Brazos.

Chet repetierte das Gewehr, wandte sich im Sattel um, hob die Waffe und schoss. Er konnte nicht zielen und befand sich in der Gefahr, bei einer unerwarteten Bewegung des Hengstes abgeworfen zu werden. Die Kugel prallte von der Felswand ab und jaulte quarrend über die Verfolger hinweg. Die nervösen Pferde stießen zu dritt zusammen und kamen aus dem Ritt. Andere liefen auf. Der Vorsprung vergrößerte sich.

Brazos versuchte es mit dem Revolver, konnte so zwar keinen Indianer treffen, vertraute aber auf die moralische Wirkung. Obwohl sich ihr Vorsprung weiter vergrößerte, dachten die Krieger nicht daran, aufzustecken.

Der Boden schien unter den trommelnden Hufen zu fliegen. Sie durchritten eine Senke und einen ansteigenden Hohlweg hinaus. Immer dichter traten die schroffen Steilwände zusammen, bis sie hintereinander reiten mussten, um nicht mit den Steigbügeln gegen die Wände zu schrammen.

»Hier können wir versuchen, uns zu verteidigen!« Chet wartete keine Antwort ab, zügelte den Hengst, sprang ab, wandte sich um und eröffnete das Feuer auf die heranstürmende Horde. Er schoss so schnell, dass den Verfolgern kaum die Zeit blieb, ihrerseits die Pferde zu zügeln, abzuspringen und Deckung zu suchen. Zwei Krieger brachen noch mitten im Hohlweg zusammen. Ein paar losgelassene Pferde stürmten in panischer Angst davon.

»Na also!«, frohlockte Brazos. Auch aus seinem Mehrladegewehr stachen die Mündungsflammen, und das heiße Blei raste den Weg hinunter. Das laute Dröhnen rüttelte förmlich an den bizarren Granitwänden, und dort, wo die Kugeln am Gestein entlangschrammten, standen winzige Staubwolken in der Luft.

Mehrere Indianer hasteten bereits hinter den fliehenden Pferden her. Die noch in der Deckung standen, wagten nicht die Köpfe zu zeigen und das Feuer zu erwidern.

»Ich muss nachladen, Brazos!«

»In Ordnung, ich habe noch ein paar Schuss.« Brazos schoss langsamer.

Chet schob hastig Patronen in den Füllschlitz der Winchester. »So, gut. Jetzt du!« Er schoss.

Brazos lud nach und fuchtelte dann mit der Waffe herum, um die penetrant stinkende Pulverdampfwolke, die sie einhüllte, etwas aufzulockern und das Atmen zu erleichtern. »Ein bisschen Wind wäre nicht zu verachten!«

Gegen die Wände gepresst, verließen weitere Indianer die Deckung und setzten sich ab.

Chet ließ die Waffe sinken. Brazos jagte den halbnackten Gestalten ein paar Kugeln nach, gab es dann aber auch auf.

»Alle weg, oder?«

»Sieht fast so aus." Chet schob noch einmal Patronen in das Messingschloss der Winchester.

»Könnte sein, dass wir versehentlich in deren Gebiet gerieten.«

»Oder, dass sie auf dem Kriegspfad sind. Das könnte ich mir nämlich eher denken. Sie haben kein Kind, keinen alten Mann und keine Squaw dabei. Und relativ gut bewaffnet sind sie obendrein.«

»He, ist noch einer da?«, brüllte Brazos.

Der Ruf hallte wie Gelächter den Hohlweg hinunter und verklang im Dunkel.

»Los, weiter!« Chet drehte sich um, lief den Pferden nach, erreichte seinen Hengst, schob das Gewehr in den Scabbard, und saß auf.

Brazos schoss noch mehrmals, ehe er nachkam, in den Sattel jumpte und mit dem Vormann losritt.

Sie hielten erst nach zehn Minuten erneut an, warteten, bis der Hufschlag verklang und lauschten dann in die Schwärze, die inzwischen die Berge einhüllte.

»Nichts«, flüsterte der Cowboy und Schmied der Ranch. »Die dürften wir los sein.«

Chet atmete tief durch. »Für unsere Skalps habe ich, um ganz ehrlich zu sein, keinen Dollar mehr gegeben.«

»Denkst du vielleicht, ich? Mir ist ganz schön die Muffe gegangen. Aber es stimmt schon.« Brazos grinste.

»Was?«

»Nur die guten Leute sterben jung!«

»Ach so.« Chet schnalzte mit der Zunge und schlug dem abgehetzten, schweißnassen Pferd gegen den Hals. »Gut gelaufen, Alter.«

»Die Gäule sind fertig«, knurrte Brazos. »Kein Wunder. Erst den ganzen Tag durch die Berge marschiert und dann noch diese Hetzjagd. Ich denke, wir sollten uns ein Schlafplätzchen suchen.«

»Erst reiten wir noch ein Stück und versuchen, die Richtung zu wechseln. Sonst haben wir die Horde wieder auf dem Hals!«

»Einverstanden.«

2

Heiß brannte die Sonne in den Canyon herunter, dem sie folgten.

»Hast du noch was zu beißen?« Brazos blickte den Vormann nicht an, sondern über die Ohren seines Pferdes hinweg in das eintönige Grau, das sie umgab.

»Nein.«

»Die Pferde würden auch was fressen. Aber hier wächst nichts für sie. Ist eigentlich kein Wunder, dass ein Raubtier mitten im Sommer in so einer Steinwüste einen Reiter angreift.«

»Wenn wir wenigstens annähernd eine Ahnung hätten, wo wir uns befinden«, sagte Chet leise.

Brazos schaute zum dunstverhangenen Himmel. Da er die Sonne nicht zu sehen vermochte und der Schatten an den Wänden weit nach oben reichte, konnte er nicht genau abschätzen, welche Richtung sie einschlugen. Aber die Schlucht ließ ihnen ohnehin keine Wahl, sollten sie nicht umkehren.

Doch nach einiger Zeit traten die Felsen weiter auseinander. Ein großes, trostloses Tal öffnete sich vor ihnen. Weit verstreut standen skurrile Felsgebilde und einige kantig emporwachsende Felsblöcke. Kein noch so winziger Wasserlauf durchzog das unfruchtbare Tal, kein einziger Busch wucherte in einer der Spalten.

»Hier ist das Ende der Welt!« Brazos wischte sich den Schweiß mit dem Ärmel seines karierten Hemds vom Gesicht und zog sich danach den Hut tiefer in die Stirn, um das breite Gesicht etwas zu beschatten. Aber die Hitze kam nicht nur vom Feuerball in den Dunstschwaden, sie wurde in gleicher Stärke vom Gestein abgestrahlt. Es flimmerte in der Luft, und manchmal sah es aus, als würden die gewaltigen Quader sich bewegen.

»Von hier aus geht es vielleicht direkt in die Hölle«, maulte Brazos. »Oder denkst du, da kann noch mal fruchtbares Land kommen.«

Chet ritt weiter. »Wir halten uns nach Osten. Und irgendwo da enden die Berge vor dem Prärieland.«

»Hoffentlich stimmt das auch.« Der Schmied ritt mürrisch hinterdrein. »Vielleicht wäre es doch klüger gewesen, den Zaster nach Golden City zu schaffen. Was geht uns die Wells Fargo eigentlich an? Und was die Bank von Colorado, zum Teufel!«

Chet tat, als würde er nichts verstehen. Langsam trug ihn der Hengst einer neuen Felsformation entgegen, in der ein klaffender Riss die Fortsetzung des Weges signalisierte. Mit einiger Sicherheit befanden sie sich zwar abseits der Route, die der Postreiter nahm, aber dennoch würde es sicher nicht schwierig sein, Trinidad zu finden, wenn die Sangre de Christo Range erst einmal hinter ihnen lag.

Brazos löste zum wiederholten Male die Flasche vom Sattel, schüttelte sie und brummte verdrossen.

Chets Pferd schnaubte, blieb stehen und reckte den Kopf etwas nach links.

»Was ist denn jetzt los?« Brazos hielt nach einigen Längen an und blickte zurück.

»Wahrscheinlich Wasser!« Chet schnalzte mit der Zunge. Der Hengst, da er nicht mehr dirigiert wurde, trabte nach Nordosten, lief um einen großen Felsblock und erreichte da die Steilwand, wo ein Wasserstrahl aus einem yardhoch gelegenen Spalt plätscherte. Das silbern glänzende Nass lief an der Wand hinunter und sammelte sich in einer ausgewaschenen Schüssel, von der es in eine Rinne lief und zehn Yards weiter in der Sonne restlos verdunstete.

»Hölle und Schwefel!«, rief Brazos anerkennend, als er die Felswand erreichte. »Wie hat er denn das riechen können? Mein Gaul hat noch nicht mal mit den Ohren gewackelt!«

»Der Hengst ist bedeutend intelligenter als deine Mähre«, erwiderte Chet gedehnt. Er stieg ab, ließ den Hengst aus der Steinschüssel saufen und hängte den Hut ans Sattelhorn.

Während Brazos absaß und sein Pferd laufen ließ, krempelte der Vormann die Ärmel auf, wusch sich die Hände im herabrinnenden Wasser und trank aus ihnen. So gut es das wenige Nass zuließ, spülte er auch das Gesicht ab.

»Darf ich jetzt mal«, knurrte Brazos. »Das dauert ja den ganzen Tag, bis du fertig wirst.«

Chet trat lächelnd zur Seite. »Sei doch nicht gleich so sauer. Die Pferde haben‘s, oder sie haben's nicht. Und deines hat‘s eben nicht.«

Brazos wusch sich prustend, obwohl er nur Spritzer ins Gesicht bekam. Chet löste die beiden Flaschen von den Sätteln und warf die eine dem Cowboy zu. Brazos hielt sie unter den dünnen Wasserstrahl, der von einem winzigen Vorsprung abgelenkt fingerdick vor der nassen Wand herabfiel.

Brazos gab die Flasche gefüllt zurück und nahm die andere. Chet verkorkte sie und hängte sie an die beiden Sättel. Er hielt in der Runde Ausschau, weil er noch an den Indianerangriff zuvor denken musste.

In den Dunstschwaden ließ sich jedoch nichts Verdächtiges erkennen.

»So, genug gesoffen!« Brazos drängte die Pferde zurück. »Ihr kriegt nur dicke Bäuche und könnt euch selbst nicht mehr tragen.«

Chet nahm den Zügel des Hengstes, saß auf und ritt an der Wand entlang zur Schlucht. Als er dabei erneut hinter sich schaute, sagte der Cowboy: »Die Rothäute haben die Nase voll. Denen haben wir ja auch ganz prächtig eingeheizt!«

»Hoffentlich.«

Brazos kniff die Augen zusammen. »Du glaubst es nicht?«

Chet zuckte nur mit den Schultern.

Neuer Schatten nahm sie auf, so dicht wuchsen die Wände zueinander. Aber es wurde deswegen nur unmerklich kühler. Der Weg führte abwärts.

»Irgendwann müssen wir doch aus diesen verdammten Bergen kommen!«, schimpfte Brazos nach einer halben Stunde des Schweigens.

Chet lenkte den Hengst um eine Biegung und sah ein neues Tal am Ende einer sanft abschüssigen Strecke. Es war aber nicht so verlassen wie das hinter ihnen. Triste Bretterbuden, ein Corral mit Maultieren und Pferden darin, schwere Erzwagen und ein ziemlich großer Höhlenzugang lagen in seinem Blickfeld.

Brazos pfiff durch die Zähne. »Eine Mine!«

Je weiter Chet den Canyon hinunterritt, um so mehr der schmutzigen Hütten gerieten in sein Blickfeld. Kein einziges Brett der windschiefen Buden war jemals mit Farbe in Berührung gekommen. Die Hitze und die Trockenheit hatten das Holz gespalten und manches Brett krummgebogen. Mitten in der Ansammlung von rund einem

Dutzend Gebäuden erhob sich der Saloon wie eine gewaltige Kiste. Das Sonnenlicht brach sich in den verstaubten, teilweise zerschlagenen Fenstern des Oberstockwerks. Eine Fassade darüber, die ein weiteres Stockwerk vortäuschen sollte, war infolge der zerbrochenen Strebe halb nach hinten umgefallen.

Wären nicht die Tiere im Corral neben den schweren Frachtwagen gewesen, hätte Chet angenommen, das Nest wäre von seinen Bewohnern aufgegeben worden.

»Trostlos, was?« Brazos schob sich den Hut in den Nacken.

»Das kann man wohl sagen.«

Nebeneinander ritten sie langsam weiter hinunter. Brazos schielte auf die Wells-Fargo-Tasche an Chets Sattel.

Da erschallte Peitschenknallen. Zwei Maultiere zogen einen Wagen aus dem Dunkel der Höhle. Zwei Männer in schmutzigen Overalls schlugen von links und rechts auf die Tiere ein.

»Verdammt brutales Volk!«, stieß Brazos hervor.

Der Wagen rollte neben die anderen. Deutlich war aufgeladenes Erz zu erkennen, offenbar silberhaltig, wie das Glitzern in der Sonne signalisierte.

Ein weiterer Mann trat ins Licht. Er trug ein schmuddeliges weißes Hemd und eine Melone auf dem Kopf, unter der strähnig weißes Haar hervorfiel. Chet schätzte ihn auf über sechzig Jahre. Das Faltengesicht, beinahe so lang wie die Köpfe der Maultiere, wandte sich den Reitern zu.

Auch die beiden Treiber wurden aufmerksam.

»Die gefallen mir nicht«, raunte Brazos.

»Denkst du vielleicht, mir? Wenn es geht, essen wir in der Kneipe was und verdünnisieren uns wieder.«

»Einverstanden. – Dort steht noch ein Wagen!« Brazos deutete mit einer Kopfbewegung in die Straße zwischen den elenden Hütten hinein.

Das zweite Gefährt mit zwei Pferden an der Deichsel, besaß flache Bordwände und war auch ansonsten leichter als die Erzwagen gebaut; ein typischer Ranchwagen, wie sie auch auf der Bullhead-Ranch zwei stehen hatten.

Der Mann im schmuddeligen Hemd kam weiter zur Straße herüber. Er trug ausgebeulte Hosen und breite Hosenträger und, um die Hüften geschnallt, einen dunklen Patronengurt mit einem schweren Colt in der Halter.

Chet ließ den Hengst langsamer gehen, schaute aber von dem Mann auf das Nest hinter dem Bergwerk.

Der andere Wagen stand vor einem Store, aus dem gerade zwei wie Cowboys gekleidete Männer kamen, die einen Sack schleppten und auf die Ladefläche wuchteten.

Sie hielten vor dem ungefähr sechzigjährigen Mann an, dessen helle Augen sie abtasteten.

»Guten Tag.« Chet tippte an seinen flachen Hut. »Mein Name ist McCoy. Chet McCoy. Mein Partner Brazos. Werden wir im Saloon etwas essen können?«

»Wenn Sie Geld haben, sicher.« Der Mann schaute neugierig auf die Sättel, die Gewehre in den Scabbards und dann auf die Posttasche. Seine Augen zogen sich zusammen.

»Wir fanden unterwegs den Postreiter«, erklärte Chet. »Ein Raubtier muss ihn angegriffen haben.«

»Vermutlich sein Pferd«, verbesserte Brazos. »Da wurde er abgeworfen und brach sich das Genick.«

»Postreiter?« Der weißhaarige Mann mit dem zerhackten Gesicht schaute immer noch auf die Tasche. »Hier geht doch keine Postlinie durch.«

»Uns griffen in den Bergen Indianer an. Da kamen wir vom Wege ab.« Chet lächelte freundlich, was den Mann aber wenig beeindruckte.

»Hier war noch nie ein Postreiter«, sagte der Mann noch einmal.

»Ist es noch weit nach Trinidad?«, fragte Chet.

»Ungefähr vierzig Meilen.«

»Ganz schön«, brummte Brazos. »Da haben wir noch gut bis morgen zu tun.«

Der Mann trat näher. »Ich bin Dead Smolett. Mir gehört die Mine.«

»Ach so.« Chet blickte über den Mann hinweg.

Der Saloon schien offenbar doch nicht verlassen zu sein, wie Chet wegen der teilweise zerstörten Fenster angenommen hatte, denn die beiden Cowboys überquerten die ausgefahrene Straße und betraten das mehr hohe als breite Gebäude. Aber daneben standen ein paar Ruinen von Hütten, die darauf hinwiesen, dass das Nest schon größer als derzeit gewesen sein musste, dass hier früher mehr Menschen lebten und die Geschäfte besser florierten. Ein paar der teilweise eingestürzten Gebäude schienen Werkstätten gewesen zu sein.

»Die Ausbeute ist schlechter geworden«, sagte Smolett, der Chets prüfenden Blick bemerkte. »Eine Ader kann ganz plötzlich zu Ende sein. Lange, bevor sich die Investitionen gelohnt haben.«

Männer traten aus dem Stollen, stemmten die Fäuste in die Hüften und blickten herüber. Sie hatten staubige, stoppelbärtige Gesichter und sahen samt und sonders wenig vertrauenerweckend aus.

»Diejenigen meiner Leute mit Familie sind schon lange weggezogen«, fuhr Smolett fort. »Zur Zeit gibt es eine einzige Frau in der Stadt. Die trefft ihr im Saloon. – Was hat der Postreiter denn transportiert?«

Der letzte Satz kam wie nebenbei gesagt aus dem Mund des weißhaarigen Mannes, aber das Glitzern seiner hellen Augen verriet, wie wichtig er ihm war.

»Geld«, sagte Chet. »Und Briefe. Vielen Dank für die Auskunft, Mister Smolett!« Er trieb den Hengst an und ritt in die zwischen Steilwänden liegende Stadt hinein.

»Das hätte er gern gewusst«, maulte Brazos, der neben Chet durch die Straße ritt.

»Was?«

»Wie viel es ist. Was denn sonst?«

»Wir dürfen uns hier nicht länger als nötig aufhalten.«

Aus dem noch stehenden Mietstall trat ein kleiner Mann mit einem runden Gesicht, in dem eine Knollennase prangte. Er grinste erfreut und rief: »In meinem Stall finden Ihre Gäule das beste Wasser und erstklassiges Futter, Gentlemen!«

Sie hielten an, schauten schräg über die Straße zum Saloon und hörten kicherndes Gelächter von einer Frau.

»Mach doch keine Zicken, Amy!«, schimpfte eine raue Männerstimme. »So oft kommen wir nicht in die Stadt. Und ewig bleiben können wir auch nicht. Also, was ist nun?«

»Das ist Val, der Vormann von Watsons Ranch«, erklärte der Stallmann. »Der will Amy überreden, mit ihm nach oben zu gehen. Sie wissen sicher, was ich meine.«

»Wir sind nicht blöd«, knurrte Brazos.

»Was ist denn heute nur los mit dir?« Chet schüttelte den Kopf.

»Was haben wir denn da?« Der kleine Mann trat näher und griff nach der Tasche. »Wells Fargo. – Wie kommt ihr denn zu so was?«

»Pfoten weg!«, schimpfte Brazos barsch.

»Nana, man wird doch noch mal dranfassen dürfen.« Der Stallmann trat zurück.

»Sie haben angeblich einen toten Postreiter gefunden«, sagte hinter ihnen Smolett.

Chet schaute sich um. Außer dem abgewirtschafteten Minenbesitzer näherten sich auch die grau-verstaubten Gestalten in den Overalls. Erst jetzt fiel Chet auf, dass sie ausnahmslos Revolver umgeschnallt trugen.

»Zehn Mann«, flüsterte Brazos. »Ich würde gleich wieder abdampfen, wenn wir nicht dringend was essen müssten. Und wenn es irgendwo sonst Futter für die Pferde geben würde.«

»Hab hier noch nie einen Postreiter gesehen«, sagte der Stallmann mürrisch. Alle dienernde Freundlichkeit war aus seinem Gesicht verschwunden.

Chet meinte sogar, nacktes Misstrauen in den Augen des Mannes zu erkennen.

»Sie wollen angeblich das Geld nach Trinidad bringen«, meldete sich Smolett, der Besitzer der nicht mehr florierenden Mine, abermals.

Brazos wandte sich im Sattel um. »Was heißt denn hier angeblich, Mister?« herrschte er den pferdegesichtigen Mann an.

Smolett grinste dünn. »Wir wissen doch nur, was ihr erzählt.«

»Keiner kann nachprüfen, ob es stimmt«, setzte einer der glücklosen Miner hinzu.

Die anderen grinsten dreckig.

»Holen Sie Wasser und Futter für die Pferde heraus«, befahl Chet. »Die Tiere bleiben hier stehen. Damit wir sie sehen können!«

Sie stiegen ab und banden die Pferde an den schief hängenden Zaun neben dem flachen Stallgebäude.

»Für beide einen halben Dollar!«, verlangte der Stallmann, streckte die Hand aus und bewegte die Finger.

Chet bezahlte, nahm die Tasche vom Sattel und überquerte die Straße.

»Geld, was?«, sagte der Stallmann hinter ihnen. »Wie viel denn?«

»Das verraten die Kerle nicht«, erwiderte der Minenbesitzer laut.

»Kennt die einer?«

»Nicht, dass ich wüsste.«

Chet stieg zur Veranda hinauf und wartete, über die Schulter blickend, auf Brazos.

»Soll ich dir verraten, wo wir hier sind?«

»Nicht nötig, ich merke es selbst.« Chet ging weiter, stieß die Schwingflügel zurück und betrat den Saloon.

Die beiden Cowboys standen am Tresen und hatten ein rothaariges, sie beide an Größe überragendes Barmädchen zwischen sich. Die Saloonschöne hatte sehr auffällig helle Haut, ein paar tiefe Falten rechts und links der Nase, eine hohe Stirn und einen langen Hals, den das tief ausgeschnittene Kleid fast so sehr betonte wie den vollen Busen. Sie stieß den mittelgroßen Cowboy links von sich eben an.

»Was sind denn das für Leute, Val?«

»Verdammt, interessiere dich doch nicht andauernd für fremde Leute, wenn ich mal in dem Drecknest bin!« Der uninteressierte Vormann schaute sich dennoch um und warf Chet einen missbilligenden Blick zu.

»Störenfriede, was denn sonst«, sagte der andere.

Chet blieb am Ende des Tresens stehen. Brazos trat neben ihn und rieb die Hände aneinander, wozu er die Cowboys und das ältliche Mädchen angrinste.

»Ist was?«, fragte Val.

»Wieso?«

»Du siehst verdammt komisch aus, mein Junge.«

»Meinst du.« Brazos lachte leise.

Der andere kam hinten um das Mädchen herum. Er war von dürrer Gestalt und hatte krumme Beine und einen fast quadratischen Kopf auf einem dünnen Hals.

Hinter Chet und Brazos wurde die Schwingtür aufgestoßen. Der Keeper, ein großer, bulliger Mann mit rundem, rosigen Gesicht, platter Nase und Froschaugen, walzte schnaufend herein und schob sich hinter den Schanktisch. Er musterte die beiden Bullhead-Reiter ziemlich finster und blickte dann auf die Tasche, die Chet langsam auf die Theke schob.

»He!« Val stieß den anderen an. »Sieh dir mal das an.«

»Sie haben angeblich einen toten Postreiter in den Bergen gefunden. Von einem Raubtier angefallen.« Der Keeper grinste tückisch. »Aber sie wollen nicht damit heraus, was ihnen mit der Tasche wirklich in die Hände fiel.«

»Das geht euch auch nichts an!«, schimpfte Brazos. »Wir schaffen es nach Trinidad, wohin es gehört. Und damit Schluss.«

»Hier ging nie eine Postlinie durch«, sagte der Keeper. »Nicht mal zu der Zeit, als unser Nest noch aufblühte und beinahe einen Namen, einen Stadtrat und einen Marshal bekommen hätte. Und jetzt auf einmal sind da Postreiter.«

»Wir mussten die Route verlassen, weil uns Indianer verfolgten«, erklärte Chet.

»Wie oft willst du das eigentlich noch herunterleiern?« Brazos‘ Augen funkelten wild. »Wir sind denen hier doch keine Rechenschaft schuldig. Wir sind Cowboys der Bullhead-Ranch, Mister. Aus dem Bluegrass Valley. Davon habt ihr doch schon gehört?«

Der bullige Wirt schüttelte den Kopf. »Wo soll denn das sein, das Bluegrass Valley?«

»Nordwestlich von hier.«

»In den Bergen?«

»Dahinter.«

»Soweit war von uns noch nie einer im Westen oder Norden. Für uns ist die Welt in der Richtung hier zu Ende, Freundchen. Und da kann man uns eine Menge Brei auf die Backe schmieren, was das angeht, was hinter den Bergen sein könnte.«

»Und wenn wir mal Lust haben, glauben wir‘s auch«, setzte Val hinzu.

»Du hast ein richtiges Backpfeifengesicht«, sagte Brazos schleppend.

Val verlor das Grinsen aus dem Gesicht.

Amy, das rothaarige Mädchen, lachte, als habe es einen Witz gehört und trat dabei zur Seite.

»Blöde Gans«, sagte der zweite Cowboy.

Val schien immer noch nicht zu wissen, ob er den hünenhaften Cowboy der Bullhead-Ranch anspringen sollte oder nicht. Und Brazos grinste geradezu auffordernd.

Chet warf einen Blick über die Schulter. Die Minenleute standen noch drüben bei den Pferden, die der Stallmann gerade versorgte.

»Ihr habt Angst«, sagte das Mädchen und kicherte. »Der Breite sieht ja auch aus, als könnte er dich in der Luft zerreißen, Doug!«

Dem krummbeinigen Mann entfuhr ein Fluch. Und weil Amy wieder lachte, warf er sich vorwärts und griff Brazos an, was ihm jedoch sehr schlecht bekam, denn der Hüne legte ihm die Hand auf den vorgereckten Kopf und stoppte ihn, und die zu kurzen Arme des Kerls ließen die Fäuste nicht treffen.

Amy lachte lauter und schlug klatschend die Hände zusammen. »Doug, willst du Fliegen fangen?«

Brazos stieß den Mann zurück, aber Doug griff ihn wieder an, wurde genauso gestoppt und bekam die Linke des Hünen von unten gegen das Kinn. Er flog mit rudernden Armen zurück und prallte gegen Val.

»Hör auf«, sagte der andere barsch.

»Ihr seid vielleicht zwei trübe Tassen.« Amy schüttelte den Kopf.

»Wir geben keine Vorstellung für dich!« Vals Augen funkelten das alternde Mädchen böse an. »Los, Doug, wir verschwinden!«

Brazos wandte sich langsam um, als die beiden den Saloon verließen, damit er sie nicht aus den Augen lassen musste. Das war auch angebracht, denn Doug wirbelte schon fast an der Tür jäh herum und versuchte es doch noch einmal.

Brazos wehrte die Faust ab und drosch dem Mann diesmal die Rechte ans Kinn.

Doug stöhnte auf, taumelte durch die heftig aufschwingende Tür und stürzte auf die Veranda.

Val war stehengeblieben. Seine Unentschlossenheit hielt ein paar Herzschläge lang an, dann folgte er dem Partner.

»Wir würden gern etwas essen und jeder einen Whisky Soda trinken, wenn es sich einrichten ließe.«

»Amy, mach den beiden was«, sagte der Wirt. »Los, du bist nicht hier, um nur herumzustehen.«

»Ich hab keine Lust«, entgegnete das Mädchen schnippisch. »Gibst du einen aus, Muskelmann?«

»Nein, ich habe auch keine Lust«, gab Brazos im gleichen Tonfall zurück.

»Und wie steht es mit dir?« Amy blickte auf Chet und zog den Ausschnitt des grünen Kleides weiter nach der Seite, um ihre Vorzüge noch besser zur Geltung zu bringen.

»Danke«, erwiderte Chet.

»Ihr seid vielleicht miese Typen!« Amy schob das Kleid wieder zusammen.

Chet blickte hinaus. Die Cowboys erreichten die Männer bei den Pferden und sprachen mit ihnen. Gleich darauf gingen sie jedoch zu ihrem Wagen, stiegen auf den Bock und fuhren weg.

»Wenn du dich jetzt nicht bewegst, kannst du gleich deinen Krempel zusammenpacken und verschwinden!« drohte der Keeper.

»Mistladen!« Amy trollte sich in die Küche, fluchte wie ein Fuhrknecht und klapperte lautstark mit Geschirr.

Der Keeper füllte zwei Gläser und schob sie über den Tresen. »Soll das Mädchen ein Zimmer für Sie herrichten, Gentlemen?«

»Nicht nötig, wir reiten bald weiter«, erwiderte Chet. »Wie weit ist es denn bis zum Ende der Berge?«

»Noch ein schönes Stück. Hübsch ein paar Stunden zu reiten. Da geht der Tag drüber hin. Es ist sicher besser, Sie reiten morgen früh, wenn der Tag graut.«

»Wir reiten in einer Stunde.« Chet nahm die Tasche und sein Glas und steuerte einen Tisch an. Erst als er saß, fand er Gelegenheit, sich genauer umzuschauen.

In der Mitte des Saloons führte eine breite Treppe mit verschnörkelten Geländerteilen ins Obergeschoss. Die Galerie, von der die Zimmertüren oben abzweigten, nahm zwei Wandseiten ein. Wie draußen waren die Wände auch innen kahl und staubig. Eine US-Fahne zierte die Rückfront unter der Galerie, bot aber auch keinen erhebenden Anblick, da die Staubschicht auf ihr noch dicker als auf den Wänden ausfiel. An der rechten Seitenfront waren zwischen den beiden kleinen Fenstern je eine doppelarmige Wandlampe angebracht. Die Glasschirme bestanden nur noch aus bizarr abgerissenen Resten und das Messing schimmerte grün. Zehn Tische standen im Saloon, von den Stühlen, die einmal dazugehörten, existierte noch die Hälfte. Der Rest lag in der hinteren Ecke als spinnennetzüberzogener Trümmerhaufen.

»Schön hier, was?« Brazos nahm Platz.

»Kann man wohl sagen.«

3

»Hat es geschmeckt?« Der Keeper räumte die angeschlagenen Teller zusammen, nahm die Bestecke und wandte sich dem Tresen zu. Er schien keine Antwort zu erwarten.

Draußen rief eine kehlige Stimme: »Rothäute! Zur Hölle, die versuchen es schon wieder.«

Chet stand auf.

»Was denn, kommen die Indianer auch hierher?« Brazos blickte hinter dem Keeper her.

Der Wirt stellte das Geschirr auf den Tresen, hastete zur anderen Seite und zerrte das Gewehr unter dem Schanktisch hervor. »Die bilden sich offenbar ein, die Mine würde großartig was abwerfen. Haben auch die Transporte schon angegriffen. Aber das Erz ist kaum etwas wert. Ich würde sagen, Smolett verdient bald nicht mehr so viel, wie die Transporte kosten, von den Löhnen gar nicht zu reden.«

Chet lief zu einem der Fenster und schob die untere Hälfte nach oben.

Die Männer hasteten zu ein paar Hütten und verschwanden darin.

»Verwünscht, unsere Pferde!«, rief Brazos.

Die Tiere standen verlassen drüben am Zaun des Mietstalls. Aber es war zu spät, sie in Sicherheit bringen zu wollen, denn die Indianerbande sprengte bereits mit kehligem Geschrei in die Stadt herein. Gewehre entluden sich. Das Dröhnen der Schüsse ließ die losen Scheiben in den Fenstern klirren. Kugeln trafen pochend die Wände.

Der Keeper schob den Gewehrlauf aus einem anderen Fenster. Brazos stand mit dem Colt in der Faust an der Tür. Auch Chet richtete den Revolver nach draußen.

Das Geschrei und der Hufschlag wurden rasend schnell lauter. Schon tauchte der Reiterpulk auf.

Von allen Seiten wurde geschossen. Gleich drei Indianer stürzten getroffen von den Pferden. Die anderen jagten schießend vorbei.

Chet sah eine Lanze auf sich zufliegen, warf sich geistesgegenwärtig rückwärts, stolperte über einen herumstehenden Stuhl und stürzte zu Boden. Neben ihm bohrte sich der Speer in die schmutzigen Dielen, von denen der Dreck aufwirbelte. Der Schaft und die darangebundenen Federn zitterten.

Chet raffte sich auf, erreichte das Fenster und feuerte dem schon verschwindenden Pulk nach.

Staub trieb über der Straße wie Nebel in der Sonne. Reglos lagen die abgestürzten Indianer darin, die starren Augen in den Himmel gerichtet und die Arme ausgebreitet.

»Mann, sind die schnell!« Brazos lud den rauchenden Colt nach.

»Und sie versuchen es immer wieder, obwohl sie sich hier nur blutige Köpfe holen«, sagte der Wirt.

»Bis sie vielleicht mal die Taktik ändern«, schränkte Brazos ein.

Chet ging zu dem Tisch zurück, an dem sie saßen und auf dem die Tasche noch lag. Er nahm sie an sich und kehrte zum Fenster zurück.

Beide Pferde standen noch drüben am Zaun und beruhigten sich eben wieder. Sie hatten großes Glück gehabt.

»Wenn die Cowboys Pech haben, holen die Rothäute sie ein.« Der Wirt schob Patronen in den Füllschlitz der Spencer und legte sie unter den Tresen. Die Sache schien für ihn tatsächlich mit diesem einen Durchritt erledigt zu sein.

Der Hufschlag entfernte sich aus dem Nest.

Chet ging hinaus, überquerte die Straße und beruhigte die nervösen Pferde. Sie zerrten noch an den Zügeln und keilten aus. In seinem Sattel sah der Vormann einen Pfeil stecken. Er zog ihn heraus und ließ ihn fallen.

»Sie hatten geradezu unglaubliches Glück.« Der kleine Stallmann kam aus dem Gebäude und rieb über seine Knollennase.

»Stimmt.« Chet hängt die Wells-Fargo-Tasche an den Sattel.

»Wollen Sie jetzt weiter? Direkt hinter den roten Teufeln her? Sozusagen dem Satan direkt in den Rachen?«

Chet schaute nach Osten. Es schien ihm selbst nicht richtig zu sein, das zu tun, aber er wollte aus diesem Nest weg.

Die Miner schoben sich schon wieder aus den verwahrlosten Hütten. Auch der Storebesitzer, ein großer, hagerer Mann mit glimmenden Bernsteinaugen verließ sein Geschäft und näherte sich.

»Das können Sie doch nicht machen, wenn Sie ernsthaft der Wells Fargo helfen wollen.« Der Stallmann grinste. »Ich meine, es gibt ja Leute, die das Risiko geradezu suchen. Aber wenn man anderen helfen will … Ich weiß ja nicht.«

»Eben!« Minenbesitzer Smolett zog die Hosenträger vor der Brust lang. »Das müsste man der Wells Fargo melden, wie Sie mit deren Eigentum umgehen wollen.«

Chet sah rundum grinsende Gesichter. Keiner der Männer glaubte, dass er und Brazos vorhatten, nach Trinidad zu reiten, um die Tasche samt ihrem Inhalt dort abzuliefern, sicher vor allem deswegen nicht, weil durch dieses Nest keine Wells-Fargo-Route verlief.

Aber noch wagten sie es nicht ganz offen auszusprechen, was sie meinten, noch benutzten sie Umwege und vermieden es auch, direkter nach dem Inhalt der Tasche zu fragen. Dabei vermutete Chet, dass sie von einer geringeren Summe als der tatsächlich vorhandenen ausgingen, weil sie sehr groß war, größer als das, was es hier an Werten gab, die unlukrative Silbermine mit eingeschlossen.

»Irgendwie sieht er wie die Indianer dort drüben aus!« Einer der Männer starrte Chet an und nickte zu den Toten hinüber, um die sich niemand kümmerte.

»Das dachte ich auch gerade«, sagte sein Nachbar schleppend. »Bist du ein Halbblut, Mister?«

Chet löste den Zügel vom Zaun. Es wurde sogar höchste Zeit, dass sie aus dem Nest verschwanden.

Brazos war zum Glück auch bereits da.

»Warum antwortest du denn nicht, Mister?«

Chet schwang sich in den Sattel. Der Mann wollte nach seinem Bein greifen, aber er war schneller, zog den Stiefel aus dem Steigbügel und setzte dem Halunken die Spitze gegen das Kinn.

Aufheulend stolperte der Miner rückwärts.

Chet riss den Colt aus der Halfter und bedrohte die anderen, die vorwärtsstürzen wollten.

»Keine falsche Hast!«

Brazos saß auch schon im Sattel und zog ebenfalls den Revolver. »Euch lässt die Gier die Augen gleich aus den Köpfen fallen, Leute. Das muss ja weh tun, wenn man so verrückt auf fremdes Eigentum ist!«

Neben Smolett schob sich ein kleiner, verschlagener Typ zur Seite und zog heimlich den Revolver. Chet sah es trotzdem, weil sich die Schulter des Schurken bewegte. Dann drehte der Kerl sich schlagartig herum und hob den Arm.

Chet feuerte auf ihn. In die Schulter getroffen, wankte der Bursche gegen den Zaun und brach zusammen.

»Fort hier!« Der Vormann riss das Pferd herum.

Brazos tat das gleiche und sprengte neben McCoy die Straße hinunter und in die immer noch treibenden Staubschwaden hinein.

Hinter ihnen fielen keine Schüsse, was sie aber nicht sehr verwundern musste, da keiner der Männer ein Gewehr bei sich trug und die Kugeln aus Revolvern sie schon nicht mehr erreichen konnten.

Zwei Minuten später lag das Nest hinter ihnen. Die Canyonwände traten wieder dichter zusammen, die Schlucht setzte sich fort.

Sie ließen die Pferde langsamer gehen und lauschten in die Schlucht hinein. Von den Indianern und ihren Pferden vermochten sie nichts mehr zu hören. Die Horde schien schnurstracks davongeritten zu sein.

Chet hielt an und schaute zurück.

»Denkst du, sie kommen uns nach?«

»Ich nehme an, sie ahnen jetzt zumindest, dass es doch ein Haufen Geld sein muss.«

»Und sie bilden sich ein, wir hätten den Postreiter vielleicht umgelegt und wollten in Wahrheit mit der Beute die Fliege machen.«

»Genau, Brazos.«

Auch der hünenhafte Cowboy blickte nun zurück. Sie vermochten allerdings nur noch ein paar verfallene Hütten am Rand der Stadt zu sehen, die offenbar nie einen Namen besaß und deren Aufstieg und Untergang mit dem der Mine einherlief, da sie nie eine andere Aufgabe wahrnahm, als für die Arbeiter und Smolett Dienstleistungen zu erbringen, abzusehen von den gelegentlichen Einkäufen der Ranchleute, die aber kaum ins Gewicht gefallen sein dürften.

»Drecknest«, murmelte Brazos und trieb das Pferd wieder an.

Chet hielt noch und lauschte. Er meinte fernes Schießen zu hören, das aus der Tiefe der Schlucht heraufschallte.

»Hörst du es auch?«

Brazos hielt den Kopf schief.

»Die sind hinter den beiden Ranchleuten her. Los, schneller!«

»Wollen wir uns ausgerechnet wegen dieser Kerle Ärger auf den Hals laden?«

Chet hörte es nicht mehr. Er war bereits ein paar Längen voraus, und so gingen die Worte des Cowboys im Trommeln der Hufe auf dem Gestein unter.

»Verdammt!«, schimpfte Brazos, galoppierte aber hinterher.

Die Felswände traten schon nach einer halben Meile auf beiden Seiten jäh zurück. Zwischen schroffen Felsabstürzen führte der Weg über eine Halde ins hundert Yards tiefer gelegene, lang nach Osten gezogene Tal hinunter.

Der Ranchwagen befand sich bereits ziemlich weit entfernt in der Senke, verfolgt von den halbnackten Kriegern, die aber erst das Ende der Halde erreichten. Ein Cowboy lag auf der Ladefläche und feuerte auf die Verfolger, der andere schlug auf die beiden Pferde ein, so schnell er die Peitsche nur schwingen konnte.

»Die Indianer müssen unterwegs angehalten haben, sonst könnten wir ihnen nicht so nahe sein!« Brazos zog das Gewehr aus dem Scabbard.

Chet schoss bereits auf den Pulk. Auch Brazos‘ Gewehr entlud sich gleich darauf.

Der Wagen vollführte Sprünge.

Die Indianer hingegen schauten zurück und zügelten die Pferde. Ihre Rufe, mit denen sie sich verständigten, schallten bis zu Chet und Brazos herauf. Schon rissen die Krieger ihre Tiere herum und trieben sie wieder an.

»Na prima, jetzt haben wir sie gleich wieder auf dem Hals!« brüllte Brazos. »Und nun?«

Kugeln pfiffen an ihnen vorbei. Die Pferde scheuten.

»Zurück, ich habe rechts einen Hohlweg gesehen!« Chet musste den Hengst nicht in der Gegenrichtung lenken. Das Tier warf sich von selbst auf der Hinterhand herum und stob in die Schlucht zurück.

»Vorwärts!«, rief der Cowboy seinem Wallach zu. »So was Verrücktes erlebt man wirklich selten!«

Die Canyonwände flogen an ihnen vorbei. Chet erreichte den nach Süden führenden Hohlweg und lenkte den Hengst hinein, um nicht in das Minennest zurückkehren zu müssen.

»Hoffentlich ist der Weg nicht irgendwo vor einer Steilwand zu Ende!« Brazos holte auf.

Sie schafften den immer steiler werdenden Anstieg, bevor die Verfolger in Sicht kamen. Dann brach links von ihnen die Wand ab, und sie galoppierten auf eine Felsleiste hinaus und konnten den Bergkessel wieder unter sich sehen.

Der Wagen stand bei einem schmalen Felsenturm. Von den Indianern befand sich keiner mehr da unten. Nur der Pulverrauch wehte noch in der Luft wie ein sich langsam nordwärts bewegendes Polster.

Weit waren sie nicht gekommen, als die Indianer auf der Felsleiste auftauchten. Mit ihrem sofort laut werdenden Schreien, entluden sich Gewehre.

Die Pferde wurden unter dem Eindruck pfeifender Kugeln rasch noch einmal schneller und sprengten im halsbrecherischen Tempo auf der knapp drei Yards breiten Felsleiste dahin.

4

Doug kletterte vom Wagen, lud sein Gewehr und verfolgte die Jagd auf dem Pfad mit einem satten Grinsen.

»Was gibst du denn für diese beiden Narren?« Val kletterte vom Bock. »Die sind doch da nicht zufällig reingerasselt, Mann. Das war doch weit zu hören, was hier lief!«

»Narren, wie du schon sagst, Val.« Doug legte das Gewehr auf die Ladefläche und schob den Sack, der ihm als Auflage für die Waffe gedient hatte, wieder zur Mitte.

Die Verfolgten erreichten bereits das Ende der Felsleiste und tauchten zwischen den Wänden erneut unter.

Der Indianerpulk hielt deswegen nicht an und stellte auch das Feuer nicht ein.

»Ob sie entkommen?« Doug blickte den Gefährten an.

»Schon möglich. Mich interessiert viel mehr, wie viel Zaster sie in der Tasche haben.«

»Da der Dunkelhäutige sie beinahe wie seinen Augapfel hütete, sicher eine ganze Menge mehr als wir zwei zusammen besitzen, Val.«

»Eben das denke ich auch, Doug.«

»Gestohlenes Geld! Die wollen nicht nach Trinidad, sondern sich absetzen. Texas, Mexiko oder so. Und die taten sich selbst leid, in das Minennest geraten zu sein.«

»Stimmt.« Val beobachtete weiterhin die Indianer, die an ihnen kein Interesse mehr hatten. Die ersten erreichten indessen das Ende des Pfades und verschwanden zwischen den Felsen. Eine lange Wolke Schwarzpulverrauch blieb hinter der Horde zurück.

»Die müssten wir schnappen können.« Doug ging um den Wagen herum und stieg von der anderen Seite auf den Bock. »Es müsste nicht mal Tote geben. Wenn wir ihnen die Tasche abjagen, können sie nicht viel machen. Ich meine gesetzlich oder so.«

Val stieg ebenfalls ab.

Das Schießen und Trommeln der Hufe entfernte sich.

Val nahm die Peitsche und knallte damit. Die beiden Pferde zogen an.

Der Wagen bewegte sich langsam weiter nach Osten.

»Auf dem Weg da oben geraten sie immer weiter nach Süden«, sagte Val nach einiger Zeit. »Und auf gar keinen Fall heute noch aus den Bergen. Irgendwo werden sie lagern müssen, um den Gäulen Ruhe zu gönnen.«

»Falls sie die Rothäute abhängen«, schränkte Doug ein.

»Das vorausgesetzt.« Val knallte wieder mit der Peitsche.

Sie näherten sich dem Talende, und sie dachten längst nicht mehr daran, dass sie mit dem Wagen den Verfolgern nur schwerlich entkommen wären, dass ihre Chance, verschwindend gering war, eigentlich geradezu winzig. Sie dachten über den Weg nach, den die beiden nehmen könnten, ohne sich darüber verständigen zu müssen. Und sie dachten an die Tasche der Wells Fargo.

»Wenn sich der Postreiter tatsächlich nach Trinidad unterwegs befand, könnte es sehr viel Geld sein«, hub Val erneut an.

»Warum?«

»Der Monat geht zu Ende, Doug. Um Trinidad gibt es Ranchland. Die Bosse müssen in den nächsten Tagen Löhne zahlen. Da braucht die Bank eine Menge Zaster!«

»Richtig. Verdammt, ich kann schon an gar nichts anderes mehr denken. Wie könnten wir denn …« Doug brach ab.

»Das weiß ich auch nicht.«

»Wir können doch nicht alles nach ihnen absuchen. Und der Alte muss davon auch nicht unbedingt wissen. Schon gar nicht seine Frau.«

»Die gehen abends früh ins Bett und würden nichts merken, wenn wir danach wegreiten und erst kurz vor dem Morgen zurückkehren. Aber es stimmt, sie zu finden ist sicher ausgeschlossen.«

»Mist«, maulte Doug. »Eben dachte ich schon, wir hätten es geschafft. Wir können ja nicht ewig für die paar Dollar schuften, die Watson uns gibt.«

Der Wagen rollte zwischen die Felswände und folgte dem Canyon nach Südosten.

»Wir müssten auch Eddie und Upton beteiligen«, redete Doug weiter. »Aber das macht ja nichts. Vier gegen zwei ist sowieso besser für uns. – Hast du keine Idee?«

»Wir können sie höchstens suchen und hoffen, Glück zu haben. Aber das klappt kaum.« Val knallte mit der Peitsche.

Der Wagen rumpelte durch ein Loch, ein Stein barst unter einem Rad und Splitter spritzten durch den Canyon.

Doug richtete sich auf dem Bock auf. »Halte mal an!«

Val zügelte die Pferde. Kaum verklangen die Geräusche, war entferntes Gewehrfeuer zu hören.

»Aus dem Hohlweg kommt man schon heraus«, murmelte Doug. »Und das haben unsere Freunde auch geschafft.«

Sie beobachteten die Gipfel über ihren Köpfen, aber dort tauchte niemand auf. Das Knattern näherte sich auch nicht weiter, dennoch musste sich die Verfolgung in der Nähe abspielen.

»Sie sind jedenfalls nicht weit weg und kommen vielleicht ins Tal der Ranch.« Doug setzte sich auf den Bock. »Rein zufällig, meine ich.«

Nach ein paar Minuten wurde das Wummern zwischen den Felsen leiser und verstummte schließlich.

Val schwang die Peitsche. »Wird wohl nichts werden. Möglicherweise schaffen sie es ja doch nicht. Dann haben die Rothäute das Zeug. Und die sind zu viele für uns.«

5

Chet zügelte den Hengst, als neben ihm eine große Höhle in der Felswand klaffte.

»Was ist los?« Brazos riss den Wallach ziemlich scharf zurück.

Chet schaute hinter sich. Er hörte den Hufschlag, doch war ihr Vorsprung wieder so groß geworden, dass er die Indianer noch nicht sah. »Hier hinein!«

»Du spinnst wohl. Wenn sie uns bemerken, ist der Ofen aus!«

Chet sprang schon ab und zog den Hengst in das Dunkel der Höhle. Das Tier war in Schweiß gebadet. Schaum troff ihm vom Lefzen. Lange konnte das Tier nicht mehr durchhalten. Und das ging Brazos Wallach auf keinen Fall besser.

»Also auf deine Verantwortung!« Der Cowboy kam mit seinem Pferd hinterher.

»Halte dem Wallach die Nüstern zu!«, riet der Vormann.