Die Brüder von der Sunset Ranch (4-teilige Serie) - Charlene Sands - E-Book

Die Brüder von der Sunset Ranch (4-teilige Serie) E-Book

Charlene Sands

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Beschreibung

DIE RÜCKKEHR DES SHOWGIRLS Was will dieses Showgirl aus Las Vegas auf seiner Ranch? Logan würde Sophia Montrose am liebsten in die Prärie schicken. Aber das ist unmöglich: Sein Vater hat der schwarzhaarigen Schönheit die Hälfte der Ranch vermacht. Und außerdem ist Logan auch nur ein Mann … VERFÜHRT VON EINER FREMDEN Im Dunkel der Nacht schlüpft sie zu Luke ins Bett, verführt ihn und verschwindet vor dem Morgengrauen: ganz schön kess von Audrey! Einen Monat später sehen sie sich wieder. Seltsam: An die Nacht, die Audrey niemals vergessen wird, kann Luke sich nicht erinnern … SEHNSUCHT NACH DEINEN WILDEN KÜSSEN Fassungslos starrt Kat den heißen Typ an, mit dem sie eine leidenschaftliche Nacht verbrachte. Damals nannte Justin ihr einen falschen Namen. Nun stellt sich heraus, dass er der Erbe der Sunset Ranch ist - und leider immer noch unwiderstehlich. Kann Kat ihm diesmal trauen? DIESES BRENNENDE VERLANGEN Zehn Jahre ist es her, dass Susanna in Caseys Armen schwach wurde. Und schon am nächsten Tag ließ er sie sitzen! Warum muss ausgerechnet dieser Mann jetzt im Nachbarhaus einziehen? Wieder spürt Susanna dieses erotische Prickeln, das ihr schon einmal zum Verhängnis wurde ...

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Charlene Sands

Die Brüder von der Sunset Ranch (4-teilige Serie)

Charlene Sands

Die Rückkehr des Showgirls

IMPRESSUM

COLLECTION BACCARA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Christel BorgesGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2013 by Charlene Swink Originaltitel: „Sunset Surrender“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARABand 341 - 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Brigitte Marliani-Hörnlein

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2014 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733722845

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag: BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

1. KAPITEL

Sunset Ranch, Nevada

Sophia Montrose blickte in die kalten schwarzen Augen des Cowboys. Sein Mund war hart, die Lippen fast spöttisch verzogen.

„Du konntest es wohl nicht abwarten, hier wieder aufzutauchen, oder?“

Das war nun wirklich alles andere als ein „Herzlich willkommen zurück auf der Sunset Ranch“. Nicht, dass Sophia so etwas von Logan Slade erwartet hätte. Sein unhöfliches Benehmen machte ihr jedoch längst nichts mehr aus – schon vor langer Zeit hatte sie beschlossen, sich nie mehr von Logan verunsichern zu lassen.

Allerdings waren sie sich nicht mehr über den Weg gelaufen, seit sie als fünfzehnjähriges Mädchen die Sunset Ranch verlassen hatte. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass sie komplett vergessen hatte, wie sehr sein Aussehen und seine markanten Züge ihren Herzschlag beschleunigen konnten.

Trotzdem, auch wenn er mit den Jahren gefährlich attraktiv geworden war, ihr würde immer bewusst sein, dass Logan Slade sie nicht hier haben wollte. Genauso wenig wie damals, als die Ranch noch ihr Zuhause gewesen war.

„Ist Luke zu Hause?“ Sophia hoffte, schon bald das freundliche Gesicht von Logans jüngerem Bruder zu sehen.

„Nein. Er kommt erst morgen. Willst du wiederkommen?“

Sie schüttelte den Kopf, denn ihr blieb nichts anderes übrig, als hierzubleiben. Sie hatte ihr Apartment in Las Vegas aufgegeben und war stundenlang gefahren, um die Farm schon nachmittags zu erreichen. Und sie wollte sich kein Zimmer in Carson City nehmen. Sie wollte ihr neues Leben beginnen. Jetzt. In dieser Minute. „Ich bin gekommen, um mir die Schüssel zum Cottage zu holen.“

Er warf ihr einen unversöhnlichen Blick zu. „Ich gebe ihn dir.“

Logan hatte seinen Anwalt angewiesen, ihr die Schlüssel nicht im Voraus zu geben. Er hatte gewollt, dass Sophia sie sich persönlich abholte. Er wollte sehen, wie sie sich wand, zumindest sollte sie sich von dem Moment an, in dem sie einen Fuß auf das Anwesen setzte, in ihrer Haut unwohl fühlen.

Sie streckte die Hand aus, mit der Handfläche nach oben, und bemühte sich um Höflichkeit. „Bitte. Ich würde gern einziehen.“

Logan sah sie abschätzig an, drehte sich schließlich um und ging ins Haus, wobei er ihr über die Schulter zurief: „Komm mit.“

Das Haus war so wunderschön, wie Sophia es in Erinnerung hatte. Es strahlte Wärme und Behaglichkeit aus. Vor dem großen Kamin stand eine einladende Sitzgruppe. Antiquitäten, Bronzestatuen und teure Kunstwerke schmückten den Raum.

Wie oft hatte sie hier mit Luke gespielt? An wie vielen Geburtstagsfeiern und privaten Sunset Lodge Events hatte sie mit ihrer Mutter teilgenommen? Ein warmes Gefühl breitete sich in ihr aus.

Sie folgte Logan. Er war groß und muskulös, breite Schultern, schmale Hüften. Mit langen, kraftvollen Schritten ging er zum Arbeitszimmer seines verstorbenen Vaters Randall Slade. Seine glänzenden schwarzen Stiefel verursachten bei jedem Schritt ein klackendes Geräusch auf dem Holzboden. Er versuchte nicht, mit Sophia zu plaudern. Aber das erwartete sie auch nicht.

Sophia konnte nur ahnen, welche Tirade Logan losgelassen hatte, als der letzte Wille seines Vaters verlesen worden war. Mr Slade musste in letzter Minute entschieden haben, sie in seinem Testament zu bedenken, denn als Luke angerufen hatte – eine Stimme aus der Vergangenheit – war ihr sein überraschter Tonfall aufgefallen. Aber er hatte ihr Mut gemacht. Hatte gesagt, dass er es nicht erwarten könnte, sie nach all den Jahren wiederzusehen. Trotz der Umstände.

Niemand hätte überraschter als Sophia selbst gewesen sein können, als sie erfuhr, dass Randall Slade ihr die Hälfte von Sunset Lodge vermacht hatte. Die einzige Auflage war, dass sie ein Jahr lang das Gästehaus leiten musste, bevor sie ihren Anteil verkaufen konnte.

Zwölf Jahre waren vergangen, seit sie hier gewohnt hatte. Ihre Mutter, damals Managerin von Sunset Lodge, hatte das Gästehaus abrupt verlassen und jegliche Verbindung zu der Familie Slade abgebrochen. Dasselbe hatte sie von Sophia verlangt.

„Es ist besser so“, hatte ihre Mutter gesagt. Sophia hatte nicht verstanden, was gut daran sein sollte, ohne Vorwarnung im ersten Jahr aus der Highschool gerissen zu werden, die Freundschaft mit Luke aufgeben zu müssen und ihre Freundinnen sowie all ihre Träume zu verlieren. Und so hatte sie sich während der ersten Monate jede Nacht in den Schlaf geweint.

Jetzt, nachdem ihre Mutter den zweijährigen Kampf gegen den Krebs verloren hatte, war Sophia hier, um ihr unerwartetes Erbe anzutreten. Randall Slade war immer sehr nett zu ihr gewesen. Er hatte Sophia das Gefühl gegeben, zur Familie zu gehören, war für sie eine Vaterfigur gewesen, nachdem ihr eigener Vater sie verlassen hatte, als sie drei Jahre alt war.

„Hier herein“, sagte Logan und betrat das Arbeitszimmer.

Sie folgte ihm.

„Setz dich.“ Er deutete auf ein purpurrotes Ledersofa, das steril und neu wirkte. Sie blickte sich in dem Raum um und bemerkte, dass er insgesamt anders eingerichtet war.

Statt der Holzpaneele an den Wänden und der goldfarbenen Gardinen, die sie in Erinnerung hatte, waren die Wände jetzt hell tapeziert. Große Fenster öffneten sich zum Außenbereich. Der Kronleuchter war Halogenstrahlern gewichen, die auf den Schreibtisch gerichtet waren. Es war, als wäre jeder Hinweis auf Randall Slade und seine Herrschaft über die Sunset Ranch entfernt worden.

„Nein danke.“ Ihre Entscheidung, stehen zu bleiben, trug ihr einen flüchtigen Blick und dann ein Grummeln von Logan ein. Sophia lächelte in sich hinein. Sie würde sich an diese kleinen Siege klammern.

Sie wünschte, Luke hätte sie heute begrüßt. Ihn hätte sie gern als ersten bei ihrer Rückkehr auf die Sunset Ranch getroffen. Aber sie hatte ihre Ankunft ein paar Tage vorverlegen müssen, und vielleicht war es gar nicht schlecht, dass sie die Konfrontation mit Logan gleich hinter sich brachte, statt sie hinauszuzögern.

„Tut mir leid mit deinem Vater“, bekundete Sophia ihr Beileid. „Er war ein sympathischer Mann. Ich bin sicher, du vermisst ihn sehr.“

Logan verzog keine Miene. „Wir sind nicht hier, um über meine Beziehung zu meinem Vater zu sprechen.“

„Darf ich dir nicht einmal mein Beileid aussprechen?“ Sophia sprach leise. Es verletzte sie, dass Logan ihr nicht einmal das zubilligte. „Er war immer sehr nett zu mir.“

Leder quietschte, als Logan sich auf den Schreibtischstuhl setzte. „Er war zu den Montrose-Frauen auf Kosten meiner Familie nett.“

Sophia war ohne Schuhe schon über einen Meter siebzig groß, und doch schien Logan, hinter seinem Schreibtisch sitzend und den durchdringenden Blick auf sie gerichtet, der Dominierende zu sein. Sie schluckte. Der Tod ihrer Mutter schmerzte immer noch. Sie wusste, dass Logan ihre Mutter nicht mochte. Vielleicht hasste er sie sogar, doch Sophia würde nicht zulassen, dass er schlecht von ihr sprach. „Meine Mutter ist vor ein paar Monaten gestorben, Logan. Ich vermisse sie, und ich bin sicher, du vermisst auch deinen Vater. Ich bitte dich, deine Gedanken und das, was du zu wissen glaubst, für dich zu behalten.“

„Ich kenne die Wahrheit, Sophia. Und da gibt es nichts zu beschönigen.“ Seiner Stimme nach zu urteilen war er sehr überzeugt von dem, was er sagte. „Deine Mutter hatte eine Affäre mit meinem Vater, direkt vor der Nase meiner Mutter. Louisa wollte sein Geld, und er war zu geblendet von ihrer Schönheit, um das zu erkennen. Diese Geschichte hätte fast unsere Familie zerstört.“

Sophia blickte aus dem Fenster auf das wunderschöne Anwesen und die Ställe. Edle Pferde wurden hier gezüchtet, um dann gegen Höchstgebote verkauft zu werden. Die Lodge dahinter beherbergte elitäre Gäste, die das Leben auf einer Ranch erleben, aber nicht auf den gewohnten Luxus verzichten wollten.

Die Slade-Brüder – Justin, Luke und Logan – hatten den Tod ihrer Mutter und ihres Vaters ertragen müssen, aber sie hatten immer noch sich. Und sie hatten die Sunset Ranch, während Sophia völlig allein war. Egal, was die Slades durchgemacht hatten, es tat ihr wirklich leid. Aber was zwischen ihrer Mutter Louisa und Randall Slade geschehen war, war kompliziert und nicht so einfach zu erklären.

„Meine Mutter hat die Ehe deiner Eltern gerettet.“

Logan schoss zurück: „Auf den Bühnen von Las Vegas hast du offensichtlich nicht nur deine Kleidung abgelegt, sondern auch deinen Verstand, Sophia.“

Triumphierend sah er sie an. Eigentlich sollte es sie nicht überraschen, dass er über ihre Arbeit als Showgirl Bescheid wusste. Lange Zeit hatte sie es geschafft, dies geheim zu halten, doch als ihre Mutter krank wurde, hatte Sophia schwere Entscheidungen treffen müssen, um sie beide versorgen zu können, und sie schämte sich dessen nicht.

Fast jeder in Nevada hatte von ihrer Hochzeit mit einem alternden Millionär erfahren. Und was eigentlich privat sein sollte, wurde zu einem gefundenen Fressen für die Klatschpresse. Selbst in Las Vegas sorgte die heimliche Heirat eines sechsundzwanzigjährigen Showgirls mit einem fast siebzigjährigen Ölmagnaten für Gesprächsstoff.

„Du weißt es also?“

„Ich lese Zeitung, Sophia.“

„Meine Heirat und mein letzter Job gehen dich nichts an“, sagte sie leise. Sie wollte an ihrem ersten Tag auf der Ranch keinen Streit. Es würde noch zu vielen Wortgefechten mit Logan kommen, dessen war sie sicher, aber bitte nicht heute.

Abschätzig ließ er seinen Blick über sie gleiten. Er sah die schwarzen Strähnen, die sich aus ihrem strengen Knoten gelöst hatten, sah die bernsteinfarbenen Augen und die vollen Lippen. Bei ihrem Mund verweilte er, und sie fragte sich, ob er sich an den Kuss auf der Highschool erinnerte. Der Kuss, der Sophia mit klopfendem Herzen und heftigem Verlangen zurückgelassen hatte. Der Kuss, den Logan benutzt hatte, sie zu demütigen. Sie war nie über diesen ersten Kuss und das Leid hinweggekommen, das Logan ihr beschert hatte.

„Du bist wunderschön, Sophia.“ Mehr hatte der siebzehnjährige Logan damals nicht sagen müssen, als er sie hinter der Sporthalle in die Arme zog, sie an sich presste und küsste. Es war ein himmlischer, süßer und leidenschaftlicher Kuss, und Sophia gab sich ganz den wunderbaren Gefühlen und dem Kribbeln im Bauch hin.

Instinktiv schlang sie damals die Arme um Logans Nacken und ließ sich weiter von ihm küssen, bis lautes Gelächter den intimen Moment störte. Logan löste sich hastig von ihr. Einen Moment schaute er ihr tief in die Augen, dann ging er zu seinen Freunden und ließ Sophia sprachlos zurück.

Am nächsten Tag gab es nur ein Thema in der Schule. Die Wette, die Logan mit seinen drei Schulfreunden abgeschlossen und gewonnen hatte: Sophia stößt mich nicht zurück, wenn ich sie küsse. Sophia ist leicht zu haben. Genau wie ihre Mutter.

Noch heute wünschte sie, sie hätte sich nicht zu Lukes älterem Bruder hingezogen gefühlt. Und sie ärgerte sich, dass sein Blick sie jetzt schon wieder durcheinanderbrachte und dass sie diesen einen überraschenden Kuss nicht vergessen hatte. Es war, als hätte Logan ihr für immer seinen Stempel aufgedrückt.

Er ließ seinen Blick über den Ausschnitt ihres konservativen Sommerkleids wandern und verweilte bei ihren vollen Brüsten. So sehr sie sich auch bemühte, ihre Kleidung konnte ihre beachtliche Oberweite nicht kaschieren. Sie hatte sogar schon einmal über eine Brustverkleinerung nachgedacht. Das war zu einem Zeitpunkt gewesen, als sie sich noch keine Gedanken darüber machen musste, wie sie Essen auf den Tisch bringen und Krankenhausrechnungen bezahlen sollte. Später hatten ihr Körper und ihr exotisches spanisches Aussehen die Rechnungen bezahlt. Sie musste also dankbar dafür sein.

Schließlich wanderte Logans Blick über ihre Beine, die er von seinem Platz hinter dem Schreibtisch aus direkt vor Augen hatte. Sie wünschte jetzt, sie hätte sich gesetzt, als er ihr einen Platz angeboten hatte. Die Art, wie er sie beäugte, machte sie nervös.

Als er fertig war, sagte er: „Was ist passiert? Hat der alte Kerl einen Herzinfarkt im Schlafzimmer bekommen?“

Sophia schnappte empört nach Luft. „Red nicht so von Gordon. Er ist nicht tot. Gott sei Dank. Wir sind … geschieden.“

Logan betrachtete sie einen Moment. „Kurze Ehe. War Gordon Gregory klug genug, einen Ehevertrag aufzusetzen?“

„Es geht dich zwar nichts an, aber ich war diejenige, die darauf bestanden hat.“

Logan lehnte sich zurück und lachte. „Du kannst mir nichts vormachen, Sophia. Du bist genau wie deine Mutter.“

„Danke. Das nehme ich als Kompliment. Meine Mutter war eine tolle Frau.“

Das Lächeln wich aus Logans Gesicht. Er beugte sich vor und sah ihr ernst in die Augen. „Hör zu, ich mache dir einen Vorschlag. Ich bin bereit, dir deine Hälfte der Lodge abzukaufen. Du musst nicht bleiben und das Gästehaus ein Jahr lang leiten. Ich kann dafür sorgen, dass mein Anwalt diese Bestimmung irgendwie umgeht. Ich würde dir ein großzügiges Angebot machen.“

„Nein.“

„Willst du nicht wissen, wie viel ich zu zahlen bereit bin?“ Er hatte einen Stift in der Hand und wollte eine Zahl aufschreiben.

„Für kein Geld dieser Welt werde ich auf dein Angebot eingehen.“

Logan zuckte mit den Schultern und dachte, sie wollte handeln. „Ich zahle dir doppelt so viel, wie es wert ist, Sophia.“

Sophia schnappte nach Luft, Logans Angebot traf sie wie ein Messerstich ins Herz. Er wollte sie loswerden. Unbedingt. Aber egal, wie viel er ihr bot, Sophia würde nicht gehen. „Nein. Ich bleibe. Ich werde Sunset Lodge leiten.“

Zwölf Jahre lang war das Cottage auf der Sunset Ranch ihr Zuhause gewesen. Jetzt war sie zurück, und sie würde sich von Logan Slade nicht vertreiben lassen.

Sie würde bleiben.

Und sie würde die Lodge genauso erfolgreich leiten, wie ihre Mutter es getan hatte.

„Und jetzt gib mir bitte die Schlüssel, Logan.“

Logan brachte Sophia zu ihrem Wagen. Der alte verbeulte Toyota Camry sah mit seinen abgefahrenen Reifen und dem stumpfen Lack ziemlich ramponiert aus. Ein Schrotthaufen, mindestens fünfzehn Jahre alt. Nicht gerade das Fahrzeug, das er bei einem Las-Vegas-Showgirl erwartet hätte, das mit einem millionenschweren Tycoon verheiratet gewesen war.

Er hielt die Schlüssel fest in der Hand und wünschte, sein verdammter Vater hätte Sophia nicht in seinem Testament bedacht. Sie war zu schön, zu vollkommen. Ihre Gesichtszüge waren makellos. Sie hatte golden schimmernde Augen, pechschwarzes Haar und eine Haut, die in der Sonne von Nevada leuchtete. Sie war der Typ Frau, der Männer dumme Dinge tun ließ. Er wollte gar nicht daran denken, welche Probleme es ihretwegen hier geben könnte. Die Männer würden sich ihretwegen ein Bein ausreißen, dessen war er sicher. Das hatten sie auch bei Louisa getan. Die Frau hatte nur hübsch lächeln müssen, und schon erfüllten ihr die Rancharbeiter jeden Wunsch.

„Frisch meine Erinnerung auf. Warum zum Teufel willst du hier draußen leben? Mit all dem Dreck und den Fliegen und Pferdedung?“

Sophia verdrehte die Augen und holte tief Luft. Dabei hob sich ihre üppige Oberweite, und ihr Kleid spannte sich bis ans Limit. Logan schoss sofort das Blut in die Lenden. Diese prompte Reaktion seines Körpers gefiel ihm überhaupt nicht.

„Sunset Ranch war auch mein Zuhause, Logan. Zwölf Jahre lang. Es war eine glückliche Zeit, und ich habe gern meiner Mutter bei ihrer Arbeit in der Lodge geholfen, die jetzt – dank der Freundlichkeit deines Vaters – zur Hälfte mir gehört. Warum sollte ich also nicht hier wohnen wollen?“

„Es ist kein besonders aufregendes Leben.“

„Nein, das ist es nicht.“

Logan zog die Augenbrauen hoch. „Willst du etwa behaupten, du hast nicht gern in Las Vegas gelebt? Eine Frau wie du?“

„Du hast keine Ahnung, wer ich bin, Logan.“

Er wusste, dass sie der Typ Frau war, der sich nicht zu schade war, mit einem älteren Mann zu schlafen, um an sein Geld zu kommen. Der Typ musste jedoch zur Vernunft gekommen sein, bevor sie ihn wie eine Weihnachtsgans ausgenommen hatte. Ehevertrag hin oder her.

„Ich kann die Vergangenheit nicht ändern“, sagte sie. „Aber ich bin hier, um ein neues Leben anzufangen.“

„Ausgerechnet auf dem Land der Slades.“

„Ja, genau hier. Also, willst du mir die Schlüssel noch länger vor die Nase halten, oder gibst du sie mir jetzt endlich?“

Logan blickte auf die Schlüssel in seiner Hand. „Seit ihr weggegangen seid, hat dort keiner mehr gewohnt.“

„Das Cottage ist noch genauso wie früher?“

Er nickte. „Mein Vater wollte nicht, dass irgendjemand anderes dort lebt. Noch ein Sieg für Louisa. Du kannst dir vorstellen, dass meiner Mutter diese Entscheidung gar nicht gefallen hat. Immer wieder habe ich gehört, wie sie spät abends darüber stritten.“

„Das ist nicht die Schuld meiner Mutter. Und meine auch nicht.“

„Du wirst die jetzige Leiterin des Gästehauses entlassen müssen.“

Sophia begegnete seinem selbstgefälligen Blick. „Entlassen? Was meinst du?“

„Ich meine, Mrs Polanski hat jetzt keinen Job mehr. Du wirst ihren Job übernehmen, Sophia. Zwei Vollzeitmanager sind nicht drin.“

„Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich reingehe und sie feuere, oder?“

„Nun, wenn du das nicht willst, dann soll sie bleiben, und ich zahle dich aus. Damit wäre unser Problem gelöst.

Sophia verschränkte die Arme unter der Brust und starrte ihn an. „Du kannst mich mal.“

Logan musste grinsen. Er hatte es geschafft, sie aus der Ruhe zu bringen. Bis jetzt war sie ganz cool geblieben. Aber, verdammt noch mal, die Frau war tatsächlich noch hübscher, wenn ihre Wangen vor Wut gerötet waren und ihre Augen Funken sprühten. „Ich sage nur, wie es ist, Sophia. Mrs Polanski leitet die Lodge seit acht Jahren. Sie ist erfolgreich, und die Gäste mögen sie.“

„Und du überlässt es mir, sie hinauszuwerfen. Wie nett von dir.“

„Irgendjemand muss es tun. Es scheint, mein Vater hat nicht an alles gedacht, als er unsere Lodge weggab.“

„Sie gehört mir nur zur Hälfte. Er hat sie nicht ganz weggegeben.“

„Ich wette, du wünschst dir, er hätte es getan.“

Sophia hob das Kinn und antwortete ohne zu zögern. „Ja, sicher. Ich wünschte, ich wäre Alleinbesitzer.“

Logan sah sie etwas konsterniert an. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie das einräumen würde.

„Dann müsste ich mich nicht mit dir herumärgern … oder eine Angestellte entlassen.“

Logan kochte vor Wut. „Die Lodge ist seit Generationen in Familienbesitz. Nach dem zweiten Weltkrieg war es eine Absteige für mittellose Soldaten, bis mein Großvater kam und die schöne Hotelanlage daraus machte, die sie heute ist. Und wie passt du in dieses Bild?“

„Ich weiß nicht, warum dein Vater so großzügig war, Logan. Und ich weiß nicht, was du mir sagen willst, aber offensichtlich hatte dein Vater Vertrauen in mich. Deshalb bin ich jetzt hier und werde die Lodge leiten. Wenn ich jemanden entlassen muss, dann werde ich es tun. Aber“, sie zeigte mit dem Finger auf seine Brust, „ich versichere dir, ich werde nicht vergessen, dass du mich in diese Lage gebracht hast.“

„Das war der Plan. Dann weißt du auch, dass ich dich von Zeit zu Zeit auf die Probe stellen werde, Sophia. Du gehörst nicht hierher, aber ich werde dir auch nicht im Weg stehen, wenn du gute Arbeit leistest. Und keine Sorge, ich werde meine Aufgaben in der Lodge Luke übertragen. Von jetzt an hast du mit ihm zu tun.“ Er ließ die Schlüssel in ihre Hand fallen.

„Ich habe mir den ersten Tag hier anders gewünscht, Logan.“

Er öffnete ihr die Wagentür und sprach so beherrscht, wie es ihm möglich war. „Ich bin sicher, du kennst den Weg noch.“

„Natürlich.“ Sie quetschte sich an ihm vorbei, um ins Auto zu kommen. Dabei streiften ihre Brüste seinen Oberkörper, und der Körperkontakt, zusammen mit dem aufregenden Duft ihres erotischen Parfüms, traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube.

Er schloss die Tür und sah fluchend dem Camry nach, der am Horizont verschwand.

Kaum war Logan nicht mehr im Rückspiegel zu sehen, ließ Sophia die Schultern sinken und lockerte den verkrampften Griff um das Lenkrad. Sie nahm den Fuß von Gas und fuhr gemächlich die Straße entlang, die zur Sunset Lodge führte. Sie würde einfach nicht mehr an Logan Slade denken. Na ja, versuchen würde sie es wenigstens … Dieser Mann machte sie wütend, aber er faszinierte sie leider auch.

Sicherlich konnte sie ihm irgendwie aus dem Weg gehen, solange sie hier wohnte. Die Sunset Ranch, eingebettet zwischen der Sierra Nevada und Carson City, war riesig. Morgen kam Luke nach Hause. Sie würde ihre Freundschaft mit ihm erneuern und alle Angelegenheiten, die die Lodge betrafen, mit ihm besprechen. Auf ihn konnte sie zählen.

„Mach dir keine Gedanken“, hatte er gesagt. „Ich werde dafür sorgen, dass du hier herzlich willkommen geheißen wirst.“

Die Gipfel der Berge waren noch schneebedeckt. Sophia hatte fast vergessen, wie friedlich und wunderschön die Landschaft hier im Frühjahr war. Ganz anders als die belebten und lauten Straßen von Las Vegas.

In der Ferne konnte sie schon die Ställe erkennen, die zur Lodge gehörten. Es stimmte Sophia traurig, dass ihre Mutter nicht hier sein und das Gelände noch einmal sehen konnte. Louisa hatte sich in ihrer Freizeit gern um die Pferde gekümmert. „Es tut mir so leid, Mama“, flüsterte Sophia.

Langsam fuhr sie weiter und erblickte schließlich die Lodge. Das Haus war ein stattliches Gebäude, das Eleganz und Charme ausstrahlte. Auf den Wiesen ringsherum blühten Blumen in allen Farben.

Von den Angestellten wurde es als Privileg erachtet, das Anwesen zu pflegen und in den Ställen zu arbeiten, die meisten von ihnen arbeiteten schon sehr lange auf der Sunset Ranch.

Sophia fühlte sich höchst unwohl bei dem Gedanken, Mrs Polanski entlassen zu müssen, und sie verwarf die Idee, an der Lodge anzuhalten und kurz hineinzuschauen. Stattdessen beschloss sie, direkt zum Cottage zu fahren und einzuziehen und bis morgen zu warten, um mit Luke über die Frau zu sprechen.

Das Cottage lag versteckt hinter dem Gästehaus und war von dort nicht zu sehen. Es bot eine Menge Privatsphäre, genau das, was Sophia im Moment am dringendsten benötigte. Der Medienrummel um ihre Hochzeit und der verlorene Kampf ihrer Mutter gegen den Krebs hatten sie stark strapaziert. Sie musste sich neu orientieren und in die Arbeit stürzen, die ihr Spaß machen würde. Vor allem aber wollte sie sich selbst etwas beweisen.

Ihr ganzes Leben lang war sie mit ihrem guten Aussehen durchgekommen. Sie hatte nicht die Möglichkeit gehabt, aufs College zu gehen, aber sie hatte nie die Zeit bedauert, in der sie ihrer Mutter geholfen hatte, die kleinen Motels und Gasthäuser am Rand von Las Vegas zu leiten. Als ihre Mutter krank wurde, besann sich Sophia ihrer angeborenen tänzerischen Begabung, vervollkommnete ihr Können und verdiente als Showgirl genug, um sie beide zu versorgen.

Jetzt hatte sie die Chance, etwas zu tun, was sie liebte, und darin zu glänzen.

„Miss Montrose, hallo.“

Ein Reiter auf einer wunderschönen braunen Stute näherte sich dem Auto. Sophia war gar nicht bewusst gewesen, wie langsam sie tatsächlich fuhr. Sie kurbelte das Fenster ganz nach unten.

„Ward Halliday. Erinnern Sie sich an mich?“

Sie warf einen Blick auf den Pferdewirt der Slades. „Mr Halliday. Ja, ich erinnere mich an Sie. Wie geht es Ihnen?“

Er grinste. „Ich werde alt und miesepetrig“, sagte er und ritt neben ihrem Wagen her. „Aber Sie hier zu sehen, ist mir wirklich eine große Freude.“

„Danke. Es ist schön, wieder zu Hau … wieder hier zu sein.“

„Tut mir leid mit Ihrer Mutter.“

Sie bremste, und der Wagen kam zum Stillstand. „Danke. Es war eine schwere Zeit.“

„Ja, das kann ich mir vorstellen“. Ward zog an den Zügeln der Stute. „Sie war eine nette Frau. Sie hat ab und zu Plätzchen für Hunter gemacht, meinen Jungen.“

„Ich erinnere mich. Ich habe ihr dabei geholfen, Mr Ward.“

Er lächelte freundlich, und dabei erschienen unzählige feine Fältchen in seinem Gesicht. „Nennen Sie mich bitte Ward. Da kommt ja auch Hunter.“

Er drehte sich in seinem Sattel, als sich ein junger Mann auf einem Pferd näherte. „Er war noch ein Kind, als Sie die Ranch verließen. Jetzt hilft er mir hier bei der Arbeit. Im Herbst will er an die Texas A & M University gehen.“

Sophia schaltete den Motor ab und stieg aus. Sie legte die Hand schützend vor die Augen, um von der Sonne nicht geblendet zu werden, als sie zu dem jungen Mann hochblickte und ihn begrüßte. „Du bist also der kleine Hunter. Schön, dich wiederzusehen.“

„So klein bin ich nicht mehr, Miss“, erklärte er gutmütig.

Nein, das war er tatsächlich nicht. Hunter Halliday war größer als sein Dad und hatte breitere Schultern. „Das sehe ich.“

Ward blickte auf die Kartons auf dem Rücksitz ihres Wagens. „Brauchen Sie Hilfe? Hunter kann Ihnen beim Ausladen helfen.“

„Das wäre sehr nett, aber wenn du zu beschäftigt bist …“

„Überhaupt nicht“, sagte Hunter. „Mr Slade hat mich geschickt, damit ich mich erkundige, ob ich Ihnen helfen kann.“

Hatte er das? Sie hatte eher den Eindruck bekommen, dass es Logan egal war, ob sie beim Ausladen Hilfe hatte oder nicht. Er hatte seine Unterstützung nicht angeboten, wie es sich für einen Gentleman gehört hätte. Aber das hatte sie auch nicht von ihm erwartet. „Dann nehme ich deine Hilfe gern an. Wir treffen uns am Cottage.“

Hunter ritt los und schaffte es, als erster dort zu sein.

„Du warst schnell“, sagte Sophia, als Hunter ihr die Autotür öffnete.

Er grinste. „Ich kenne eine Abkürzung, Miss.“

„Natürlich.“ Sie erinnerte sich, dass die befestigten Wege nicht immer die schnellsten waren, um von A nach B zu kommen. „Bitte, nenn mich Sophia.“

„Gern.“ Er holte bereits den ersten Karton aus dem Wagen. Schließlich balancierte er drei aufeinander gestapelte Kisten zur Tür. Sophia steckte den Schlüssel ins Schloss. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust, und Hunter sprach die Worte aus, die ihr auf der Zunge lagen.

„Ich wette, es sieht genauso aus, wie Sie es in Erinnerung haben.“

Sie stieß einen langen Atemzug aus. „Ich hoffe es.“

Dann öffnete sie die Tür – zunächst zögerlich, doch dann beherzt – und betrat das gemütliche Dreizimmercottage. Sie blickte sich um und nahm schnell alles in sich auf. „Es ist wirklich noch genauso wie früher.“

Hunter ließ seinen Blick schweifen. „Wo soll ich die Kartons hinstellen?“

Langsam ging sie in das Schlafzimmer, das einst ihrer Mutter gehört hatte, und verdrängte wegen Hunter jegliche Sentimentalität. „Hier herein, das ist wohl am besten.“

Hunter lud die restlichen Kisten aus, und Sophia dankte ihm für seine Hilfe. Dann war sie allein. Sie setzte sich aufs Bett und sah sich um. Die Gardinen waren frisch, die Bettdecke flauschig. Nirgendwo ein Körnchen Staub. Alles befand sich in makellosem Zustand. Jemand hatte all die Jahre dafür gesorgt, dass das Cottage gepflegt wurde. Und sie hatte das Gefühl, dass dieser Jemand Randall Slade gewesen war.

Eine halbe Stunde später klingelte es an der Tür. Es war dieselbe Melodie, an die sie sich erinnerte. Neugierig ging sie an die Tür und warf einen Blick durch den Spion. Eine ältere Frau stand auf der Schwelle, in der Hand eine hübsche Vase mit rosa Rosen und grünen Zweigen.

Sophia öffnete die Tür.

„Miss Montrose?“

Sie nickte. „Ja, ich bin Sophia Montrose.“

„Ich heiße Ruth Polanski. Ich möchte Sie in der Sunset Lodge willkommen heißen.“

Sophia erschauerte. Ruth Polanski? Die Leiterin des Gästehauses? Das war die Frau, die sie würde entlassen müssen. Aber noch nicht jetzt. Sie hatte noch keine Zeit gehabt, sich darüber Gedanken zu machen, wie sie der Frau die schlechte Nachricht überbringen sollte. Falls Logan sie hierhergeschickt hatte …

„Möchten Sie nicht hereinkommen?“

„Nur für einen Moment“, sagte die Frau mit den silbernen Haaren. „Ich möchte nicht stören. Ich wollte Sie nur kennenlernen und Ihnen ein paar Blumen bringen.“ Sie reichte Sophia die Vase. „Herzlich willkommen“, sagte sie und lächelte freundlich.

Sophia hielt die Vase in der einen Hand, mit der anderen bedeutete sie der Frau einzutreten. Ihr Herz raste, und sie fragte sich, warum Luke nicht erwähnt hatte, dass sie die ältere Frau feuern musste, damit sie deren Position als Managerin einnehmen konnte. Er hätte wissen müssen, in welch delikate Lage sie dadurch gebracht wurde. „Danke. Der Strauß ist wunderschön.“

„Ich hoffe, es stört sie nicht, dass ich so schnell gekommen bin. Hunter war bei mir und hat mich über Ihre Ankunft informiert. Ich konnte es nicht abwarten, Sie zu treffen. Ich leite die Lodge jetzt seit acht Jahren.“

„Ja, das hat mir Logan heute erzählt.“

„Ich kann gar nicht sagen, wie glücklich ich bin. Ich meine, ich bin traurig, dass Mr Slade verstorben ist. Er war ein guter Mann – streng, aber gut – und ich habe ihm etwas versprochen, als im letzten Jahr seine Herzprobleme begannen.“

„So?“

Ruth Polanski stand mitten im Flur und schien erleichtert, endlich darüber sprechen zu können. „Er hat mir das Versprechen abgenommen, dass ich als Managerin bleibe, bis Sie kommen und übernehmen.“

„Sie mussten ihm versprechen zu bleiben?“

„Ja. Jeder hier weiß, dass ich es nicht abwarten kann, in den Ruhestand zu gehen. Ich habe drei Enkel und einen Mann, der im letzten Jahr pensioniert wurde. Doch ich wollte mein Versprechen nicht brechen, und ich hatte keiner Menschenseele von dem Agreement erzählt. Er wollte es so. Mr Slade war gut zu mir, und Logan, nun, er ist ein Heiliger in Männerkleidung.“

Sophia hätte sich fast verschluckt bei den letzten drei Worten.

„Wollen Sie damit sagen, dass Sie froh sind, Ihre Stelle aufzugeben?“ Wut stieg in ihr hoch. Wut auf Logan.

„Ja. Warum? Hat Logan Ihnen das nicht gesagt? Ich habe Ihre Ankunft sehnlichst erwartet. Natürlich lasse ich Sie nicht ins kalte Wasser springen. Ich bleibe, bis Sie eingearbeitet sind.“

„D…danke.“

„Sehr gern. Es ist nicht viel anders als damals, als Sie hier gewohnt haben. Die Lodge genießt immer noch einen sehr guten Ruf, und wir bieten im Frühjahr und in den Sommermonaten dieselben Aktivitäten an wie früher. Ich bin sicher, Sie erinnern sich. Sobald Sie also bereit sind, weise ich Sie gern ein. Und wenn ich weg bin, dann kann Logan all Ihre Fragen beantworten.“

Sophia lächelte freundlich. Dieser „Heilige“ würde was von ihr zu hören bekommen. Sophia spielte nicht gern das Opfer. Sie würde einen Weg finden, Logan Slade heimzuzahlen, dass er sie absichtlich falsch informiert hatte. Von jetzt an war sie auf der Hut. „Ja, Mrs Polanski, wenn Sie nicht mehr hier sind, wird Logan mir sicherlich Rede und Antwort stehen.“

2. KAPITEL

Die Morgensonne fiel durch die Vorhänge und weckte Sophia. Einen Moment war sie desorientiert, doch sie erinnerte sich schnell, dass sie sich in dem früheren Schlafzimmer ihrer Mutter befand und dass heute ihr neues Leben begann.

Noch vor sechs Wochen hatte sie im Traum nicht daran gedacht, jemals wieder hierher zurückzukehren, in dem Cottage zu leben, in dem sie aufgewachsen war, und Mitinhaber der herrlichen Sunset Lodge zu sein. Slade Senior und ihre Mutter waren kurz hintereinander gestorben, und irgendwie glaubte sie daran, dass Louisa und Randall jetzt zusammen waren. Dieser Gedanke tröstete Sophia, als sie ihren geblümten Morgenmantel anzog und von dem weichen Teppich vor ihrem Bett auf den Steinfußboden trat, der in die Küche führte.

Sophia hatte die offene Küche immer geliebt, und da sich nichts verändert hatte, fiel es ihr leicht, gedanklich in die Zeit zurückzukehren, als sie glücklich gewesen war, als ihre Mutter noch lebte und als Angst für sie noch ein Fremdwort war.

Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und sie dachte an ihre Zeit als Showgirl in Las Vegas, als sie sich aus gutem Grund alles andere als sicher fühlte. Gerade in diesem Moment blickte sie aus dem Fenster und sah einen schwarzweißen Border Collie am Cottage vorbeirennen. Im Maul hielt er einen Kuchenspachtel, von dem, wie es den Anschein hatte, Teig tropfte. Ein dunkelhaariger Junge jagte hinter ihm her und rief: „Blackie, komm zurück!“

Sophia musste lachen. Sie ging an die Haustür und trat auf die Veranda. Sie entdeckte das hintere Ende von Blackie, als er mit wedelndem Schwanz um das Cottage raste. Offensichtlich genoss er den Sport. Der kleine Junge dagegen schien das Spiel beenden zu wollen. Sein Gesicht war rot vor Anstrengung, und er wurde langsamer.

Sophia ging die Treppe hinunter und versteckte sich hinter der kleinen Mauer. In dem Moment, als der Hund um die Ecke kam, machte sie einen Satz nach vorn und rief. „Blackie, aus!“

Der Hund blieb abrupt stehen, der Teig tropfte aus seinem Maul, seine großen braunen Augen – dunkel und unschuldig – blickten sie neugierig an. Sein neckisches Spiel war vorbei.

Der kleine Junge bog als Nächster um die Ecke und blieb einige Meter entfernt stehen. Er atmete schwer, seine Brust hob und senkte sich. Und sein Gesichtsausdruck sagte: Ich darf nicht mit Fremden sprechen.

„Hallo. Ich heiße Sophia Montrose. Ich wohne jetzt hier und werde in der Sunset Lodge arbeiten.“

Der Junge nickte, dann warf er dem Hund einen schnellen Blick zu. Blackie hatte sich einige Schritte entfernt hingelegt, den Spachtel immer noch im Maul. Gelegentlich schnellte seine Zunge hervor und leckte etwas Teig ab.

„Wie heißt du?“, fragte sie den Jungen.

„Edward.“

„Hallo, Edward. Und wie alt bist du?“

„Z–zehn“, sagte er. „W–wie alt bist du?“

Der Junge stotterte. Sophia hoffte, dass es nicht daran lag, dass sie ihm Angst einjagte. „Ich bin fast achtundzwanzig. Es sieht so aus, als hätte der kleine Blackie etwas von dir, was du gern wiederhaben möchtest.“

„J–ja, Ma’am. A–allerdings gehört der Sp–Spachtel nicht mir. Blackie hat ihn aus O–Omas Küche g–geklaut. S–sie wird sauer sein. Er d–darf nicht in die K–Küche.“

„Verstehe. Ich wette, wenn wir uns einen Moment unterhalten und Blackie ignorieren, dann wird er zu uns kommen, und wir bekommen den Spachtel zurück.“

Edward warf einen Blick auf den Hund, der glücklich den Teig abschleckte, dann sah er Sophia zweifelnd an.

„Wohnst du hier?“, fragte sie.

Das zerzauste braune Haar fiel ihm in die Augen, als er nickte. „Ich w–wohne mit meiner Oma in der L–Lodge. Sie ist die K–Köchin.“

„Dann werde ich sie bald kennenlernen. Ab heute arbeite ich in der Lodge. Ist Blackie dein Hund?“

Der Junge schüttelte den Kopf. „Er gehört Mr S–Slade. Ich füttere ihn und führe ihn aus. Das ist mein J–Job.“

„Aha. Gehört der Hund Luke oder Logan?“

„Logan Slade. S–Sie werden es ihm nicht s–sagen, oder?“

„Dass Blackie in der Küche war?“

Er nickte.

„Nein“, versicherte sie ihm lächelnd. „Aber vielleicht solltest du deiner Großmutter erzählen, was passiert ist. Und als Entschuldigung pflückst du ihr auf der Wiese einen schönen Strauß und versprichst ihr, dass es nicht wieder vorkommt.“

Der Hund ließ schließlich den Spachtel fallen und kam zu Edward getrottet. „Siehst du“, sagte Sophia. „Da kommt er.“

Edward streichelte über den Kopf des Collies. „Er ist ein lieber H–Hund, normalerweise.“ Er ergriff den Spachtel und trollte sich. Der Hund blieb ihm auf den Fersen. Sophia wollte gerade zurück ins Haus gehen, als Edward sich noch einmal umdrehte und ihr einen langen nachdenklichen Blick zuwarf.

Sie winkte und verschwand im Haus, um zu duschen und sich für ihren ersten Arbeitstag fertigzumachen. Sorgfältig wählte sie ihre Kleidung aus. Von ihrer Mutter hatte sie gelernt, dass die Gäste in der Lodge zwar den Duft des Wilden Westens schnuppern, aber keinesfalls auf ihren Luxus verzichten wollten. Ein korallenrotes Seidenkleid mit einem schicken breiten Gürtel, dazu ein leichter Blazer und braune Lederstiefel vermittelten den richtigen Eindruck von Professionalität und Wildem Westen.

Nachdem sie sich angezogen hatte, trank sie noch schnell einen Kaffee und verschlang ein Müsli, bereit und begierig darauf, den Tag zu beginnen.

Sie wollte etwas beweisen.

Logan Slade.

Aber vor allem sich selbst.

Eine halbe Stunde später betrat Sophia die Sunset Lodge. Noch immer konnte sie kaum glauben, dass die Hälfte dieser wunderbaren Anlage jetzt tatsächlich ihr gehörte. Euphorisch durchschritt sie die hübsch eingerichtete Lobby und wandte sich nach links. Das Büro der Managerin befand sich noch genau dort, wo sie es in Erinnerung hatte. Die Tür stand offen. Sophia hob die Hand, um trotzdem höflich anzuklopfen, als Ruth Polanskis Stimme ertönte.

„Willkommen, Sophia. Kommen Sie bitte herein.“ Ruth erhob sich hinter ihrem Schreibtisch und ging lächelnd auf Sophia zu. Statt die Hand zum Gruß auszustrecken, umarmte die Frau Sophia herzlich. Sophia wurde warm ums Herz. Seit dem Tod ihrer Mutter war sie nicht mehr so liebevoll umarmt worden, und jetzt hieß diese freundliche Frau – die sie glücklicherweise nicht feuern musste – sie mit echter Zuneigung willkommen. Plötzlich vermisste sie ihre Mutter noch mehr.

„Guten Morgen.“

„Ich bin froh, dass Sie hier sind“, sagte Ruth. „Wie war Ihre erste Nacht auf der Sunset Ranch?“

Sophia entschied zu schwindeln. Ruth musste nicht wissen, dass Logan ihr letzte Nacht den Schlaf geraubt hatte. „Gut. Das Cottage ist noch genau so, wie ich es in Erinnerung hatte.“

„Schön, meine Liebe. Bevor wir uns hier im Büro an die Arbeit machen, halte ich es für wichtig, Sie durch die Lodge zu führen und unserem Personal vorzustellen. An einige der Angestellten erinnern Sie sich vielleicht sogar noch.“

„Könnte sein.“

„Sollen wir?“

„Ja, gern.“

Sophia genoss den Rundgang durch die Anlage und freute sich, bekannte Gesichter zu sehen. Viele Angestellte kannten sie noch als Kind und bekundeten ihr Beileid zum Tod ihrer Mutter. Es war eine Reise in die Vergangenheit, aber Sophia konzentrierte sich auf das Neue und auf das, was eventuell geändert werden musste.

Du bist keine Angestellte mehr, Sophia. Du besitzt die Hälfte des Anwesens.

Am späten Nachmittag verabschiedete Ruth sich von ihr. „Das sind jetzt Ihre“, sagte sie und legte Sophia die Schlüssel in die Hand. „Sie können das Büro abschließen, wann immer Sie wollen.“

Als Sophia ihre Überraschung zeigte, schüttelte Ruth den Kopf. „Ich lasse Sie nicht allein, keine Sorge. Ich werde bis Ende der nächsten Woche hier sein, um noch einige Dinge abzuschließen. Wenn Sie mich länger brauchen, dann ist das auch kein Problem.“

„Danke“, sagte Sophia. „Sie haben mir den ersten Tag sehr angenehm gemacht.“

„Ich habe Ihnen viel abverlangt“, sagte Ruth ernst, bevor sie dann den Mund zu einem Lächeln verzog. „Ich habe fast ein schlechtes Gewissen, aber ich bin überzeugt davon, dass Sie sich sehr schnell einarbeiten und die Lodge bald fest im Griff haben. Und das werde ich Logan auch berichten.“

„Sie meinen Luke, oder? Mir wurde gesagt, dass ich von jetzt an mit Luke zu tun habe.“

„Ja, das stimmt. Und … keiner der Jungs würde Ihnen jemals Steine in den Weg legen.“

Sophia hätte widersprechen können, doch sie hielt den Mund.

Auf dem Weg nach Hause dachte sie darüber nach, was sie heute erledigt hatte, was von ihr erwartet wurde und wie alles funktionieren würde. Wenige Minuten später saß sie im Cottage auf der Couch, hatte die Stiefel ausgezogen, den Blazer über das Sofa geworfen und hielt ein Glas Eistee in der Hand.

Einen Moment später hörte sie einen Wagen vorfahren. Der Motor wurde ausgestellt, eine Tür schlug zu. Schritte näherten sich der Veranda, und einen Moment später klopfte es. Sophia legte die Hand an den Türknauf, drehte, zog die Tür auf und blickte in das attraktive Gesicht von Luke Slade.

„Hallo“, sagte er. „Ich dachte, du kannst vielleicht einen Freund gebrauchen.“

„Also, wie geht es dir wirklich, Soph?“, fragte Luke zehn Minuten später, nachdem sie sich gegenseitig ihr Beileid bekundet hatten.

Soph?

Sophia hatte ganz vergessen, dass Luke gern ihren Namen abgekürzt hatte. Das vertraute Wort und sein leichtes Näseln weckten schöne Erinnerungen an die Zeit, die sie zusammen verbracht hatten. Wenn Sophia befürchtet hatte, die erste Begegnung könnte schwierig sein, dann war sie jetzt beruhigt. Luke war immer noch Luke. Sie war sehr erleichtert, dass der Freund, auf den sie sich immer hatte verlassen können, sich nicht verändert hatte – außer dass aus dem Jugendlichen ein selbstbewusster, attraktiver Mann geworden war.

„Ich vermisse Mama so sehr, Luke. So viele Jahre haben wir gemeinsam gegen den Rest der Welt gekämpft. Und jetzt ist sie nicht mehr da, und ich fühle mich etwas verloren.“

„Nicht verloren, gefunden, Süße. Sunset Ranch ist jetzt wieder dein Zuhause.“

Luke beugte sich vor, und als er seine Hand auf ihre legte, blickte sie auf ihre ineinander verflochtenen Finger, dankbar für seine Freundschaft. Dann drückte sie seine Hand und wartete darauf, dass sich ein Funken zwischen ihnen entzündete. Sie wartete darauf, dass sie schweißnasse Hände bekam. Sie wartete auf ein Kribbeln.

Die Sekunden verstrichen.

Nichts. Kein Kribbeln. Kein Feuer.

Sie hatte sich immer gefragt, ob sie mehr als nur Freundschaft für ihn empfinden würde, falls sie einmal zur Sunset Ranch zurückkehrte.

Sie ließ seine Hand los und hob langsam den Blick. Luke grinste sie vergnügt an. Offensichtlich hatte er ihre Gedanken gelesen und sich dasselbe gefragt.

„Du bist eine tolle Frau, Sophia, das steht fest.“

„Und du bist ein unglaublich attraktiver Cowboy, Luke.“

Er schaute zweifelnd drein und schüttelte den Kopf. Dann brachen beide in Gelächter aus.

Wie damals, als sie noch Kinder gewesen waren.

Sie waren Freunde. Punkt. Sophia war froh, dass sie das klargestellt hatten. Sie wollte ihr Leben nicht unnötig komplizieren. Die letzten Jahre waren schwer genug gewesen. Die Ehe mit einem Mann, der seine Hilfe angeboten hatte, damit ihre Mutter die beste medizinische Versorgung bekam, und das Hoffen auf ein Wunder, das ihre Mutter rettet. Sie hatte einen hohen Preis für ihre Hoffnung und Naivität gezahlt.

„Danke, Luke. Du hast immer gewusst, was du tun oder sagen musst, damit es mir besser geht.“

Er zwinkerte ihr zu. „Immer gern. Und jetzt sag, wie sieht dein Plan aus?“

„Ich hoffe, dass der Wechsel von Ruth Polanski zu mir reibungslos und schnell vonstattengeht. Ruth meint, dass ich Ende nächster Woche so weit bin. Ich habe da meine Zweifel.“ Sie neigte den Kopf zur Seite. „Übrigens, wäre schön gewesen, wenn du mich im Vorfeld gewarnt hättest, dass ich sie als Managerin ersetzen soll“, sagte sie ohne Vorwurf in der Stimme.

„Ich bin nicht auf die Idee gekommen, dass es ein Problem sein könnte. Sie kann es gar nicht abwarten, in den Ruhestand zu gehen.“

„Mittlerweile weiß ich das auch. Aber dein Bruder hat mich glauben lassen, dass ich Ruth feuern muss, um meine Stelle in der Lodge antreten zu können.“

Luke starrte sie einen Moment an, dann rieb er sich den Nacken. „Verdammt.“ Luke beugte sich vor, um sein Glas abzustellen. „Lass dir von ihm nicht die Laune verderben, Sophia. Er hat eine Macke, was die Vergangenheit betrifft. Er beruhigt sich schon wieder.“

„Glaubst du das wirklich?“

„Willst du meine ehrliche Antwort? Nein, ich glaube es nicht, ehrlich gesagt. Jedenfalls wird es nicht so schnell passieren. Er ist noch sturer als ich.“

Sie erinnerte sich an die Diskussionen, die sie mit Luke geführt hatte. Er wich nur selten von seinem Standpunkt ab, wenn er sich im Recht glaubte. „Das ist kaum möglich“, murmelte Sophia.

„He!“

Sie lächelte. „Ich spreche von damals. Ich bin sicher, dass du heute einsichtiger bist.“

„Auf jeden Fall. Ich meine, ich war eigentlich auch damals nicht stur, ich hatte eben immer recht.“

Sophia lachte. Es tat gut, mit Luke zu scherzen.

„Über was habt ihr gestern noch gesprochen?“

„Er hat versucht …“, begann sie, besann sich dann aber eines Besseren.

„Was hat er versucht?“

Sophia wollte nicht zwischen Luke und seinen Bruder geraten. Das war oft genug geschehen, als sie noch Kinder waren. Logan war frech zu ihr gewesen, oder schlimmer noch, hatte so getan, als existierte sie gar nicht, und Luke war zu ihrer Rettung gekommen. Das Ergebnis war, dass die beiden Brüder miteinander stritten – jedenfalls wenn es um sie ging. Sie wollte nicht wieder böses Blut erzeugen. „Nichts.“

„Irgendetwas war doch, Soph. Wenn du es mir nichts sagst, dann rede ich mit Logan. Ich werde es herausfinden.“

„Dräng mich nicht.“

„Ich dränge dich nicht. Aber du musst es mir sagen.“

Sophia schwieg.

Luke stand auf. „Okay, ich werde meinen Bruder fragen, ob du …“

„Okay, okay. Ich erzähle es dir.“

Er nahm wieder Platz.

„Du musst mir versprechen, dass du dich nicht einmischen wirst. Ich möchte nicht wieder zwischen euch stehen.“

Luke zögerte so lange, dass Sophia schon glaubte, er würde ihr das Versprechen nicht geben. „Okay“, sagte er schließlich. „Du hast mein Wort.“

„Logan hat mich nicht nur glauben lassen, dass ich Ruth feuern muss, er hat auch versucht, mich auszuzahlen. Er hat gesagt, dass sein Anwalt einen Weg finden würde, die Bedingung zu umgehen, dass ich ein Jahr die Lodge leiten muss. Er hat mir eine Riesensumme angeboten.“

„Mistkerl. Er lässt aber auch nichts unversucht. Dabei weiß er verdammt gut, dass er dich nicht auszahlen kann.“

„Er hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass ich hier unerwünscht bin.“

„Du kannst dir nicht vorstellen, wie leid es mir tut, dass ich gestern bei deiner Ankunft nicht da war.“

„Das ist nicht deine Schuld, Luke. Ich gebe zu, seit deinem Anruf konnte ich es nicht mehr abwarten, dich wiederzusehen, aber du kannst dein Leben nicht nach meinem ausrichten. Ich bin ein großes Mädchen, und Logan macht mir keine Angst.“

„Das vielleicht nicht, aber er hat dir wehgetan. Und das ist nicht in Ordnung.“

„Lass uns das Thema wechseln“, sagte sie. „Erzähl mir von dir, Luke. Du hast erwähnt, dass du einige Zeit Rodeos geritten bist. Wie war das?“

Sophia lehnte sich zurück und lauschte den Erzählungen ihres Freundes über sein Leben, nachdem sie die Ranch verlassen hatte. Und als er sie später zu dem schärfsten Chili im Westen der USA einlud, fing ihr Magen an zu knurren.

„Ja. Ich gehe gern mit dir essen.“

Das Einzige, was noch feuriger war als die schräge Musik im The Kickin’ Kitchen, waren die Red Savina Habaneros im Chili, die schärfsten Chilischoten der Welt. Sie brannten wie Feuer im Magen. Logan trank einen großen Schluck Bier. Nachdem er den ganzen Vormittag mit potenziellen Kunden gesprochen hatte und nachmittags den Papierkrieg erledigt hatte, war ihm für den Abend nichts Besseres eingefallen, als mit einem Freund Chili zu essen.

„Wie sieht es mit der nächsten Runde aus?“, fragte Ward Halliday, als er seinen Teller leer hatte. Ward hatte einen Magen aus Stahl, was ihm bei der All-you-can-suffer-Chili-Nacht im Kickin’ zugutekam.

Logan blickte auf die leere Schüssel vor sich. „Nein. Ich habe mich noch nicht von der letzten Runde erholt. Aber iss nur.“ Er gab der neuen Kellnerin, Shelby, ein Zeichen.

Sie kam zu ihnen und schenke Logan ein strahlendes Lächeln. „Hi, Jungs, bereit für einen Nachschlag?“

„Mein Freund will das Schicksal noch einmal herausfordern. Ihm können Sie noch etwas bringen“, sagte Logan. „Gibt es zum Nachtisch vielleicht etwas gegen Sodbrennen, Schätzchen?“

Die junge Frau lachte. „Keine schlechte Idee. Ich könnte damit ein Nebengeschäft aufziehen und in den Ruhestand gehen, bevor ich dreißig bin. Darf es vielleicht noch ein Bier sein?“

„Zwei bitte.“

„Gern.“ Sie drehte sich um, um auch am nächsten Tisch die Bestellung aufzunehmen.

Ein paar Minuten später kehrte Shelby mit Wards zweiter Schüssel Chili und zwei Bier zurück. Sie stellte alles auf den Tisch. „Bitte schön, Jungs.“

„Danke, Miss“, sagte Ward und nahm seinen Löffel.

„Wenn Sie noch etwas brauchen, dann rufen Sie mich.“

Als sie sich umdrehte, um einen anderen Gast zu bedienen, beobachtete Logan das sanfte Wiegen ihrer Hüften in dem kurzen blauen Rock.

„Ich glaube, ich könnte mal wieder eine Frau gebrauchen“, murmelte er.

Ward schien ihn nicht zu hören. Er blickte an Logan vorbei und winkte. „Sieh nur, wer da kommt“, sagte Ward gerade. „Luke und Miss Sophia. Sie kommen zu uns.“

„Verdammt, Ward. Nimm die Hand runter, und hör auf zu winken.“

„Warum … okay, okay.“ Er zuckte entschuldigend mit den Schultern.

Wards Erleuchtung kam einen Moment zu spät. Die Slades hatten immer versucht, ihr Privatleben so zu belassen, wie es war – privat. Aber die Neuigkeit von Louisa Montroses heimlicher Affäre mit seinem Vater hatte sich damals wie ein Lauffeuer verbreitet, und Logan vermutete, dass jeder auf der Sunset Ranch wusste, dass er den Montrose-Frauen nicht freundlich gesonnen war. Und jetzt schon gar nicht. Nicht, nachdem Randall Slade die Hälfte der Lodge der Tochter seiner Geliebten vermacht hatte.

3. KAPITEL

Sophia hatte nicht damit gerechnet, Logan hier zu treffen. Sie hatte sich darauf gefreut, mit Luke zu essen. All-you-can-suffer-Chili klang großartig, aber All-you-can-suffer-Logan absolut nicht.

„Ich schwöre, ich wusste nicht, dass er hier sein würde“, flüsterte Luke.

„Ich glaube dir.“

„Wir bleiben nicht. Wir sagen nur hallo.“

„Nein, Luke“, entgegnete sie. „Ich lasse nicht zu, dass du deinem Bruder meinetwegen aus dem Weg gehst.“

„Logan wird es nicht stören, wenn wir uns an einen anderen Tisch setzen.

„Aber mich.“

Sophia fürchtete, dass sie bereits für eine Kluft zwischen den Brüdern gesorgt hatte. Egal wie, sie musste versuchen, in Logans Gegenwart höflich zu sein. Um ihrer aller willen.

„Hallo“, sagte Ward, als sie den Tisch erreichten. „Ich sehe, du zeigst Miss Sophia das schönste Lokal der Stadt.“

„Richtig. Es gibt nichts Besseres als das Kickin’.“ Luke lächelte Ward an, bevor er sich Logan zuwandte.

Dieser trank von seinem Bier, dann nickte er seinem Bruder zu.

Sophia würde nicht zulassen, dass Logan sie ignorierte, deshalb entschied sie, Größe zu zeigen. „Schön, Sie wiederzusehen, Ward. Und dich auch, Logan.“

Logan schaute in ihre Richtung, sein Blick blieb an dem Oberteil ihres korallenroten Kleides hängen. Er wehrte sich gegen den Blickkontakt mit ihr, als wäre sie seine Aufmerksamkeit nicht wert. „Sophia.“

Idiot.

„Ich habe schon die zweite Portion von Chili Nummer drei“, sagte Ward, um die Spannung am Tisch zu lösen. „Je höher die Zahl, desto schärfer das Gericht. Geht aber nur bis fünf. So mutig bin ich jedoch nicht.“

„Ich glaube, drei ist schon ziemlich tapfer.“ Kickin’ Kitchen hatte es damals noch nicht gegeben, und so war ihr Interesse jetzt groß. Da sie spanische Vorfahren hatte und ihre Mutter mit Gewürzen mehr als großzügig umgegangen war, waren ihr scharfe Gerichte nicht fremd.

„Anfänger starten mit Nummer eins und bleiben ein paar Jahre dabei“, sagte Logan selbstgefällig und sah sie herausfordernd an. „Einigen ist selbst das Chili schon zu scharf.“

Sophia richtete sich zu voller Größe auf. Dieser arrogante Kerl gab von sich aus doch tatsächlich etwas mehr als nur ein Grunzen von sich. Sie schob das Kinn vor und nahm die Herausforderung an. „Ich wette, ich schaffe Nummer drei.“

„Das möchte ich sehen“, sagte Logan zwischen zwei Schlucken Bier.

Luke schüttelte den Kopf. „Wow, Sophia, ich bin erst vor ein paar Monaten bis Nummer drei vorgerückt.“

Ward sah sie skeptisch an.

„Ihr werdet sehen“, sagte sie, sicher, dass sie diejenige sein würde, die zuletzt lachte.

Die Kellnerin brachte Getränke in die Nische. „Brauchen Sie einen Tisch?“, fragte sie Luke. „Dauert zwanzig Minuten.“

„Das ist in Ordnung. Wir warten.“ Es war offensichtlich, dass Luke Sophia schützen wollte. „Slade. Tisch für zwei.“

Logan stellte seine Bierflasche auf den Tisch und blickte Sophia scharf an. „Kneifst du?“

Luke gab Sophia daraufhin mit einem Kopfschütteln zu verstehen, dass sie sich nicht provozieren lassen sollte, doch seine Warnung kam zu spät. Ihr Entschluss stand fest. Erstens würde sie sich von Luke nicht bevormunden lassen, und zweitens musste Logan in seine Schranken verwiesen werden. Als Ward aufstand, um ihr einen Platz anzubieten, rutschte sie durch, damit er neben ihr noch Platz hatte.

„Ich kneife nicht“, sagte sie triumphierend zu Logan, dann lächelte sie Ward strahlend an. „Danke, sehr freundlich von Ihnen.“

Ward nickte verlegen. „Gern.“

Logan seufzte resigniert, als er für seinen Bruder Platz machte.

„Canceln Sie den Tisch für zwei“, sagte Luke zu der Kellnerin und setzte sich neben Logan. „Wir bleiben hier.“

„Gern. Ich hole die Speisekarten.“

Bevor die Kellnerin sich umdrehen konnte, rief Luke ihr zu: „Das ist nicht nötig. Wir wissen, was wir haben möchten.“ Luke begegnete noch einmal Sophias Blick. Sie nickte und gab ihre Bestellung auf. „Ich nehme Nummer drei.“

„Für mich auch bitte. Und zwei Bier.“

„Kein Bier für mich. Ein Wasser bitte.

„Bringen Sie ihr bitte gleich drei Glas eiskaltes Wasser“, sagte Ward. Er schien besorgt. „Dieses Chili hat es in sich.“

Luke beugte sich zu Sophia. „Du hättest besser auch ein Bier bestellt.“

„Ich trinke nicht.“

„Nie?“ Luke schien überrascht. „Tut mir leid, das wusste ich nicht.“

„Konntest du auch nicht“, erwiderte sie ruhig. „Mein Vater war Alkoholiker“, erklärte sie ihm. „Ich habe nie Gefallen an dem Zeug gefunden.“

Nicht, dass sie es nötig hätte, einen Grund zu liefern, warum sie keinen Alkohol trank, aber die Geschichte ihres Vaters war eine ständige Mahnung, wie anfällig die menschliche Natur war – und wie leicht zu verführen. Vor allem Logan sollte wissen, dass auch ihr Leben kein Ponyhof gewesen war. Sophias Vater hatte die Familie verlassen, als Sophia drei Jahre alt war. Bis heute konnte sie sein Verhalten nicht begreifen. Alberto Montrose hatte sich für eine Liebesaffäre mit dem Alkohol entschieden, die ihn letztendlich ruinierte. Das Letzte, was Sophia von ihrem Vater gehört hatte, war, dass er in San Francisco auf der Straße lebte. Und das war mehr als zehn Jahre her.

„Ich kann deine Abneigung gegen Alkohol verstehen“, sagte Luke mitfühlend.

Logan trank von seinem Bier und betrachtete Sophia gelassen. „Dein Magen wird in ein paar Minuten höllisch rebellieren.“

Dieses Mal widersprach Luke nicht. „Ich fürchte, Logan hat recht, Sophia. Aber du warst schon immer sehr waghalsig. Das weiß ich.“

„Ich? Du hast fünf Jahre deines Lebens mit bockenden wilden Pferden gerungen. Wie nennst du das denn?“

„Sechs Jahre“, sagten Ward und Luke gleichzeitig.

„Und ich habe nicht mit ihnen gerungen, Schätzchen. Ich habe sie neun Sekunden am Stück geritten.“

„Meistens waren er nur fünf Sekunden im Sattel. Den Rest der Zeit lag er auf dem Boden und hat Pferdedreck gegessen“, warf Logan ein. Es bereitete ihm Spaß, Luke zu ärgern.

„Dreck zu essen ist vielleicht einfacher, als Nummer drei zu essen.“

Sophia verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. „Es reicht, ihr habt mich jetzt alle drei gewarnt.“

Sie strich ihre langen Haare zurück und rutschte auf dem Sitz herum, bis sie bequemer saß. Logan beobachtete ihre Bewegungen. Sein Blick wanderte über ihren Körper zu ihrem Gesicht. Herausfordernd sah er sie an. Flüchtig erkannte Sophia in seinen Augen den Hauch von Bewunderung für das, was sie tun wollte. Was, ihrer Einschätzung nach, gar nicht so bewundernswert war. Sie würde eine Schüssel Chili essen. Wie schwierig konnte das schon sein?

Und egal wie ungern sie es sich eingestand, in diesem Moment sah sie Logan in einem anderen Licht. Sie sah ihn als jemanden, der zu ihrem Temperament passte, jemand, dessen Gesellschaft sie genießen und der die klaffende Leere füllen könnte, die sie zu verschlingen drohte. Eine Leere, die nicht einmal ein so wundervoller Mann wie Luke jemals würde füllen können.

„Was zum Teufel?“ Ward sprang plötzlich auf, und alle Köpfe drehten sich zu ihm. „Entschuldigen Sie, Miss.“ Er zog sein Handy aus der Tasche. „Dieses verdammte Vibrieren. Erschreckt mich jedes Mal zu Tode.“

Logan lachte, dabei zeigten sich tiefe Falten an seinen Mundwinkeln. Er sah zum Anbeißen aus. Sophia holte kurz Luft und konzentrierte sich auf Ward, statt zuzulassen, dass sich diese verdammte wohlige Wärme weiter in ihrem Körper ausbreitete. Sie rief sich in Erinnerung, dass Logan sie hasste und zutiefst gekränkt hatte.

Ward blickte auf das Display. „Der Anruf ist von Hunter. Er würde nicht anrufen, wenn es nicht wichtig wäre.“

„Geh schon dran“, ermunterte Logan ihn.

Ward sprach mit seinem Sohn, nickte und sagte ein halbes Dutzend Mal: „Oh, oh.“ Schließlich beendete er das Telefonat mit: „Okay, ich bin gleich da.“

Dann steckte er das Handy zurück in seine Hosentasche. „Mein Sohn braucht meine Hilfe. Skylar fohlt. Er glaubt, dass es eine schwierige Entbindung werden könnte. Luke, sie ist deine Lieblingsstute. Kommt du mit?“

„Ja, natürlich. Tut mir leid, Sophia, ich muss los. Wir hätten sie das letzte Mal fast verloren, als sie fohlte.“

„Verstehe.“ Sophia nahm ihre Tasche. „Ich komme mit.“

„Auf keinen Fall“, entgegnete Luke. „Du bleibst und isst. Ich weiß, dass du Hunger hast. Da kommt dein Essen auch schon.“

„Aber, ich …“ Sophia blickte von Logan, dessen Gesichtsausdruck unergründlich war, zu Luke. „Ich muss nicht …“

„Mein Güte.“ Logan schüttelte den Kopf. „Ich beiße nicht. Ward kann mit Luke zur Ranch fahren. Ich bringe dich später nach Hause. Nachdem du Nummer drei gegessen hast.“

„Aber …“

„Versuchst du zu kneifen?“

„Nein!“

„Also gut.“ Logan warf seinem Bruder einen beruhigenden Blick zu. „Jetzt fahrt endlich. Und denkt an nichts anderes als daran, dass ihr Skylar und ihr Fohlen retten müsst.“

„Benimm dich.“ Luke deutete mit dem Finger auf Logan.

„Verschwinde endlich.“ Logan griff nach seinem Bier und zuckte gleichgültig mit den Schultern.

Luke rührte sich jedoch nicht vom Fleck. „Logan.“

„Verdammt, du hast mein Wort.“

Endlich zufrieden, nickte Luke. „Tut mir leid, Sophia. Aber Logan wird dich sicher nach Hause fahren. Ich muss mich jetzt wirklich beeilen.“

„Mach dir um mich keine Sorgen. Ich hoffe, mit der Stute geht alles in Ordnung.“ Im nächsten Moment war Sophia mit Logan Slade allein.

Für den Rest des Abends hatte er Sophia am Hals. Verdammt, einem Mann konnte Schlimmeres passieren, als eine Frau mit einem Wahnsinnskörper einen Abend zu unterhalten. Er würde sich von seiner besten Seite zeigen. Nicht, weil sich seine Meinung über Sophia geändert hatte, sondern einzig und allein, weil er es seinem Bruder versprochen hatte.

Nach einem langen Moment des Schweigens fragte sie: „Glaubst du, die Stute schafft es?“

Er atmete tief aus. „Ich weiß es nicht. Eine Geburt kann sehr schwierig sein. Skylar ist aber erfahren. Sie ist stark, und wenn ihr irgendjemand helfen kann, dann Luke.“

„Ich habe gehört, dass Luke eine Menge über Pferde weiß.“

„Ja, das tut er“, stimmte Logan im Plauderton zu. Wenn diese Frau seinen Bruder heute Abend in höchsten Tönen loben wollte, dann würde er sie nicht daran hindern. Es würde ihm nicht gefallen, aber er würde nichts dagegen tun. Die beiden waren schon wieder ein Herz und eine Seele.

Die Beziehung seines Bruders zu Sophia hatte Logan immer geärgert. Logan war der älteste der drei Brüder – Justin der jüngste. Logan und Luke hatten sich sehr nahegestanden, bis Sophia aufgetaucht war. Sie hatte sich mit Luke angefreundet, seitdem fühlte Logan sich ausgeschlossen. Die Montrose-Frauen schafften es offenbar irgendwie, die Slade-Familie zu entzweien. Dass Luke genauso blind war wie sein Vater, hinterließ einen bitteren Geschmack bei Logan. Bitterer als das Chili, das er gerade gegessen hatte. Sein einziger Trost war, dass Shelby gerade mit dem höllisch scharfen Chili auf ihren Tisch zusteuerte. „Dein Essen kommt.“

Die Kellnerin stellte die Schüssel vor Sophia. Die würzigen Aromen von Paprika, Zwiebeln und frischem Koriander schwebten zu ihm. „Danke, Shelby.“

„Gern.“ Wieder strahlte sie ihn an.

Sophia faltete ohne Hast ihre Serviette auseinander und legte sie auf den Schoß. Dann hob sie die Wimpern, und er konnte ihre glänzenden bernsteinfarbenen Augen mit den goldenen Flecken sehen. „Riecht lecker“, sagte sie.

„Deshalb sind wir hier.“

In dem Moment, als er „wir“ sagte, beschleunigte sich sein Pulsschlag, und wirklich schöne Bilder schossen ihm durch den Kopf. Für jeden, der sie beobachtete, könnte es scheinen, als hätten sie ein Date.

Eher friert die Hölle zu, dachte er. Trotzdem konnte er den Blick nicht von ihr wenden.

Er beobachtete gespannt, wie sie den Löffel ins Chili tauchte. Dabei schürzte sie die Lippen und pustete leicht.

Logans Adamsapfel hüpfte auf und nieder. Sein verdammter Körper spannte sich an, und er saß wie hypnotisiert da, als Sophia sich darauf vorbereitete, den ersten Löffel von einem Chili zu nehmen, das an Schärfe kaum zu überbieten war.

Logan hatte nie gleichzeitig an Chili und Sex gedacht, aber jetzt konnte er nicht anders. Während er beobachtete, wie sie den Löffel in den Mund schob, schluckte und dann völlig unbeeindruckt zu ihm aufblickte, verspürte er eine prickelnde Erregung wie nie zuvor. Es war absolut verrückt.

„Weißt du“, sagte sie und rührte in ihrem Chili. „Es war nett von dir, Hunter zu bitten, mir beim Einzug zu helfen.“

„Wer sagt, dass ich ihn darum gebeten habe?“

„Hast du nicht?“ Überrascht sah sie ihn an.

Er zuckte mit den Schultern. „Doch, vielleicht.“

„Ich konnte mir nicht vorstellen, dass du daran denkst. Du hattest mir deine Hilfe nicht angeboten.“

„Hattest du damit gerechnet?“