Die drei !!!, 1, 2, 3 Tierliebe! (drei Ausrufezeichen) - Henriette Wich - E-Book

Die drei !!!, 1, 2, 3 Tierliebe! (drei Ausrufezeichen) E-Book

Henriette Wich

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Beschreibung

Schmökerspaß im Doppelpack. Der extra-dicke Doppelband mit zwei spannenden Tier-Krimis. Gefährliche Fracht: In die Praxis von Franzis Vater wird ein Hund gebracht, der angeblich von einem anderen Hund gebissen wurde. Aber die Wunde sieht so gar nicht nach einem Hundebiss aus. Wenn das kein neuer Fall für die drei !!! ist! Schnell kommen sie bei ihren Ermittlungen skrupellosen Tierschmugglern auf die Spur. Gorilla in Not: Das kleine Gorillamädchen Sunima wurde entführt! Die drei !!! haben mehrere Verdächtige im Visier, vor allem den Golfplatzbesitzer, den die Zootiere in seiner Nachbarschaft stören. Die Zeit drängt, denn der Zoo kann das Lösegeld nicht aufbringen. Können Kim, Franzi und Marie den Täter rechtzeitig entlarven?

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Henriette Wich, Ann-Katrin Heger

1, 2, 3 Tierliebe!

KOSMOS

Umschlagillustration von Ina Biber, Gilching, unter Verwendung von Vorlagen

von iStock.com/Best Content Production Group (Farm barn house inside view)

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© 2022, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-50511-3

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Henriette Wich

Gefährliche Fracht

Kosmos

Clubsitzung mit Hindernissen

Eigentlich kam Franzi so gut wie nie ins Schwitzen, nicht mal wenn sie mit Kim und Marie auf Verbrecherjagd war. Doch heute lief ihr der Schweiß in Strömen übers Gesicht. Kein Wunder, sie hatte ja auch die halbstündige Strecke von zu Hause bis zum Café Lomo in der Innenstadt in einem Wahnsinnstempo zurückgelegt und nur die Hälfte der Zeit dafür gebraucht. Auf der Zielgeraden war sie so schnell mit ihren Inlinern unterwegs gewesen, dass sie kurz vor dem Café zweimal eine Laterne umarmen musste, bevor es ihr endlich gelang, zum Stehen zu kommen.

»Kannst du nicht aufpassen?«, schimpfte ein älterer Mann, den sie bei ihrem waghalsigen Bremsmanöver angerempelt hatte.

»’tschuldigung!«, keuchte Franzi. »Kommt nicht wieder vor.«

Schnell quetschte sie sich an dem Mann vorbei und stieß die Tür zum Café Lomo auf. Ein Schwall warmer Heizungsluft kam ihr entgegen und brachte ihren Kopf, der ohnehin bereits knallrot war, erst richtig zum Glühen. Franzi blieb stehen, um zu verschnaufen und sich im Lokal umzusehen. Da entdeckte sie auch schon Kim, die ihr hektisch zuwinkte. Franzi rollte zur Sofaecke hinüber, dem Lieblingsplatz der drei !!!, und ließ sich neben Marie in die weichen Polster fallen. »Hallo zusammen!«

»Es ist vierzehn Minuten nach drei«, sagte Kim und tippte verärgert auf ihre Armbanduhr. »Das Clubtreffen war für Punkt drei Uhr angesetzt.«

»Ich weiß, ich weiß!«, stöhnte Franzi, während sie ihre Inliner abschnallte und erleichtert ihre heiß gelaufenen Füße ausstreckte.

»Muss das sein?« Marie rückte ein Stück weg von ihr und rümpfte die Nase. »Also ich dusche nach dem Sport immer. Und falls du es noch nicht wissen solltest: Es gibt erstklassige Fußsprays.«

»Danke für den tollen Tipp!«, sagte Franzi. Sie hatte schon eine giftige Bemerkung auf den Lippen, verkniff sie sich dann aber doch lieber, weil sie keinen Streit anfangen wollte. Ein bisschen Körpergeruch musste ihre Freundin schon aushalten. Schließlich ertrug sie auch umgekehrt Maries intensive Parfüms und ihren Tick, sich jeden Tag von Kopf bis Fuß zu stylen und zu schminken.

Kims vorwurfsvoller Blick erinnerte Franzi an ihr eigenes schlechtes Gewissen. »Tut mir leid, dass ihr warten musstet«, sagte sie zerknirscht.

Normalerweise war Zuspätkommen Maries Part, die ihre tausend Termine von Aerobic über Schwimmen bis Schauspiel- und Gesangsunterricht manchmal nur schwer mit den Treffen der Detektivinnen koordinieren konnte.

Zum Glück war Kim nie lange böse. »Schwamm drüber!«, sagte sie. »Hauptsache, du bist jetzt da.«

»Wir haben dir schon mal eine Cola bestellt.« Marie schob ihr gnädig ein volles Glas zu, in dem zwei Eiswürfel schwammen.

Dankbar griff Franzi danach und stürzte es in einem Zug hinunter. Danach ging es ihr gleich viel besser. Sie hielt sich das leere, aber immer noch eisgekühlte Glas an die Innenseite ihrer Handgelenke und spürte, wie sich ihr Puls langsam beruhigte und die Hitze aus ihrem Körper wich.

Marie warf ihre langen blonden Haare schwungvoll nach hinten. »Na, wie sieht’s aus? Ist euch in den letzten beiden Wochen was Verdächtiges aufgefallen? Irgendein neuer Fall in Sicht?«

Kim schüttelte den Kopf. »Seit dem Valentinstag ist absolut tote Hose.« Allein beim Gedanken an den letzten Fall, der mit ihren Eltern zusammenhing, liefen Kim kalte Schauer über den Rücken. Sie hatte dabei weit über die eigene Schmerz­grenze gehen müssen und hoffte, dass sie so was nie wieder durchstehen musste.

»Bei mir gibt’s leider auch nichts Neues«, sagte Franzi, obwohl das nicht ganz der Wahrheit entsprach. Ihre Neuigkeiten waren alles andere als schön und auch der Grund, warum sie zu spät gekommen war, aber sie wollte jetzt lieber nicht darüber reden. Schnell drehte sie sich nach der Kellnerin um und bestellte ein großes Glas Leitungswasser, weil sie immer noch einen Riesendurst hatte.

Marie drehte inzwischen eine Haarsträhne um ihren Finger und seufzte. »Schade! Ich könnte ein bisschen Ablenkung gut gebrauchen, seit ich wieder solo bin.«

Kim warf ihr einen besorgten Blick zu. »Immer noch Liebeskummer?« Es war gerade mal vier Wochen her, dass Marie sich von ihrem Freund Holger getrennt hatte. Die Fernbeziehung der beiden hatte auf Dauer leider nicht gehalten.

»Nein«, sagte Marie. Unter ihrem sorgfältig aufgetragenen Rouge breitete sich eine leichte Röte aus. »Das Schlimmste hab ich hinter mir. Und zum Glück gibt es ja noch Adrian …«

Kim konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Vor anderthalb Monaten hat sich das aber noch ganz anders angehört. War Adrian da nicht der schreckliche neue Nachbar, der auf deinen armen Nerven herumgetrampelt ist?«

»Hab ich das wirklich gesagt?«, fragte Marie gespielt überrascht. »Ich kann mich gar nicht mehr erinnern. Du etwa, Franzi?«

»Wie? Was?« Franzi war mit ihren Gedanken ganz woanders gewesen und hatte nur mit halbem Ohr den Namen Adrian aufgeschnappt.

Die drei !!! hatten Adrian bei ihrem letzten Fall kennengelernt und Marie hatte sich sofort in den coolen Schauspielschüler verknallt. Die Sache hatte einen großen Vorteil, aber leider auch einen großen Nachteil. Der Vorteil war, dass Adrian nur ein Stockwerk tiefer im selben Haus wie Marie in einer WG wohnte und sie jederzeit bei ihm vorbeischauen konnte. Der Nachteil war, dass er schon achtzehn war – also viel zu alt für Marie.

»Siehst du, Franzi kann sich auch nicht erinnern!«, sagte Marie triumphierend und Kim grinste wieder.

Endlich brachte die Bedienung das Wasser und Franzi nahm ein paar tiefe Schlucke. Hoffentlich fragten Kim und Marie sie nicht auch nach der Liebe. Das hätte ihr jetzt gerade noch gefehlt.

Leider schien Kim heute Gedanken lesen zu können. »Und wie läuft’s bei dir und Benni?«

»Wie soll’s schon laufen?«, murmelte Franzi. »So wie immer. Wir sind Skaterkumpel, nicht mehr und nicht weniger.«

Auch das war nicht die ganze Wahrheit. Seit dem Valentinstag spürte Franzi wieder ein Kribbeln im Bauch, wenn sie Benni traf. Und seither wusste sie auch, dass es ihr absolut nicht egal wäre, wenn er nach ihr wieder eine neue Freundin hätte. Zum Glück sah es momentan nicht danach aus, aber das konnte sich natürlich jederzeit ändern.

Marie und Kim tauschten vielsagende Blicke und Franzi wechselte schnell das Thema: »Können wir jetzt mal wieder über den Detektivclub reden? Ich dachte, das ist ein Clubtreffen.«

»Ist es auch.« Kim, die gerade noch verliebt an ihren Freund Michi gedacht hatte, mit dem es seit dem Valentinstag wieder wunderbar lief, schaltete sofort auf Profi-Detektivin um und holte ein abgegriffenes Heft aus ihrer Tasche. Geschäftig blätterte sie in ihrem Detektivtagebuch für unterwegs, das sie neben dem Computertagebuch führte. Als Kopf der drei !!! notierte sie akribisch alle Details der Ermittlungen. Im Laufe der Zeit hatte sich einiges angesammelt. Bald würde sie ein neues Heft kaufen müssen.

»Also …«, fing Kim an. »Wir sollten unbedingt endlich unseren Gutschein für den Detektiv-Workshop bei der Polizei einlösen. Sonst verfällt er womöglich noch.«

Marie lachte. »Das würde Kommissar Peters uns garantiert nicht antun. Dazu haben wir ihm schon viel zu oft geholfen.«

»Stimmt«, musste Kim zugeben.

Kommissar Peters, ein guter Freund von Maries Vater, war ziemlich stolz auf die Arbeit der drei !!!. Das konnte er auch sein, schließlich hatten Kim, Franzi und Marie bereits 16 Fälle gelöst und ihm handfeste Beweise zur Ergreifung der Täter geliefert.

»Wann findet denn der nächste Workshop statt?«, fragte Marie.

Kim fischte ein Blatt Papier aus ihrem Detektivtagebuch. »Warte … Ah, hier steht’s: übernächstes Wochenende. Das würde bei mir gut passen. Und bei euch?«

»Ich hab leider meinen Terminkalender nicht dabei«, sagte Marie. »Könnte aber schwierig werden. Mein Vater dreht bald in Italien und hat mir ein Luxus-Wochenende in Rom versprochen.«

Franzi seufzte leise. Manchmal wünschte sie sich heimlich, auch den berühmten Fernseh-Kommissar der Vorabendserie Vorstadtwache als Vater zu haben, der seiner Tochter jeden Wunsch von den Augen ablas. Da konnte ihr eigener Vater mit seiner kleinen Tierarztpraxis am Stadtrand nicht mithalten. Andererseits hatte Marie es nicht leicht, weil ihre Mutter bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, als Marie erst zwei Jahre alt gewesen war.

»Gib uns bitte so bald wie möglich Bescheid«, sagte Kim. Dann drehte sie sich zu Franzi um. »Und was ist mit dir?«

Franzi zuckte mit den Schultern. »Weiß noch nicht …« Im Moment hatte sie ganz andere Sorgen als den Detektiv-Work­shop.

Kim verdrehte die Augen. »Ihr macht es mir echt schwer! Bitte klärt das bald, ja? Gut. Dann können wir zum nächsten Punkt übergehen. Was haltet ihr davon, wenn wir …«

Weiter kam sie nicht, weil plötzlich zwei Jungen auf den Tisch der Detektivinnen zustürmten.

»Ihr seid doch die drei !!!, oder?«, fragte der Kleinere, ein blonder Wuschelkopf, der ungefähr neun Jahre alt war.

»Ihr seid die berühmten Detektivinnen, stimmt’s?«, fragte sein braunhaariger Freund.

Beide Jungen starrten Kim, Franzi und Marie mit großen Augen an und platzten fast vor Aufregung.

Kim musste kichern. »Kann schon sein. Aber warum wollt ihr das wissen?«

Der Blonde sah sie bewundernd an. »Wir hätten gern ein … äh … ein … ein …« Er wusste nicht mehr weiter.

Da sprang sein Freund für ihn ein: »Könnt ihr uns ein Autogramm geben? Bitte!«

Marie zog ihre linke Augenbraue hoch. Nach außen hin tat sie ganz cool und ließ sich nicht anmerken, wie sehr sie die Aufmerksamkeit der kleinen Fans genoss. »Ihr platzt hier einfach so rein. Seht ihr nicht, dass wir gerade mitten in einem wichtigen Gespräch sind?«

»Doch …«, nuschelte der Blonde und trat von einem Fuß auf den anderen, während sein Freund ein enttäuschtes Gesicht machte.

Kim schwankte zwischen Mitleid und Sorge. Bisher hatten die drei !!! immer ziemlich ungestört ermitteln können. War das jetzt vorbei? Waren sie zu berühmt geworden? Schließlich siegte doch das Mitleid. »Jetzt, wo ihr schon mal da seid …«, sagte Kim. Lächelnd griff sie nach einer Papier-Serviette, kritzelte ihren Namen darauf und schob die Serviette Franzi zu, die auch unterschrieb.

Am Schluss setzte Marie ihren schwungvollen Namenszug auf die Serviette. »Na, seid ihr jetzt zufrieden?«, fragte sie.

Die Jungen strahlten von einem Ohr zum andern und riefen wie aus einem Mund: »Jaaa!«

Der Blonde presste die Serviette wie einen Schatz an seine Brust. »Danke!«

»Gern geschehen«, sagte Franzi. »Woher habt ihr eigentlich von uns gehört? Habt ihr den letzten Artikel in der Zeitung gelesen?«

Der Braunhaarige schüttelte den Kopf. »Nö. Ben und Lukas haben in der Klasse erzählt, wie toll ihr seid und wie viele Fälle ihr schon gelöst habt.«

Kim schnappte nach Luft. »Ihr meint doch nicht etwa meine kleinen Zwillingsbrüder?«

»Doch«, sagte der Blonde. »Genau die. Ben und Lukas haben uns auch den Tipp gegeben, wo wir euch am besten erwischen können. Zweimal waren wir schon im Café Lomo, und heute hatten wir endlich Glück.«

»Danke noch mal für die Autogramme!«, sagte sein Freund. »Tschüss!«

Genauso schnell, wie sie gekommen waren, stürmten die Jungen wieder davon.

»Das glaub ich jetzt einfach nicht«, sagte Kim. »Daheim strecken mir meine lieben Brüder dauernd die Zunge raus und nennen mich Planschkuh, und in der Schule prahlen sie plötzlich mit mir.«

»Tja«, meinte Marie. »Scheint so, als ob sie doch ziemlich stolz auf ihre große Schwester sind. Freu dich doch! Ich wünschte, ich hätte auch Geschwister.«

»Sag das nicht!« Franzis Gesicht verdüsterte sich schon wieder. Als sie heute bei ihrer sechzehnjährigen Schwester Chrissie ihren Kummer hatte loswerden wollen, hatte die nur gemeint: »Ach, das wird schon, Kleine!« Stefan war zwar netter gewesen, hatte ihr aber auch nicht weiterhelfen können.

Kim sah sie besorgt an. »Was ist denn eigentlich los mit dir, Franzi? Du bist die ganze Zeit schon so mies drauf. Ist irgendwas passiert?«

Franzi schluckte. Merkwürdigerweise schaffte Kim es immer, den Nagel auf den Kopf zu treffen. »Hmmm …«, machte Franzi, weil sie nicht wusste, wie sie anfangen sollte.

Da rückte Marie auf dem Sofa näher. »Erzähl schon! Spuck es aus.«

Plötzlich konnte Franzi ihren Kummer keine Sekunde länger zurückhalten. »Polly geht es nicht gut!«, platzte sie he­raus. »Seit gestern hinkt sie wieder ganz stark, viel schlimmer als früher.« Polly hatte zwar schon immer leicht gehinkt, war aber trotzdem fröhlich auf dem Hof herumgehüpft. Jetzt konnte sie auf einmal kaum noch laufen.

»Das ist ja schrecklich!«, sagte Kim. »Was fehlt denn deinem armen Huhn?«

Franzi hob hilflos die Schultern. »Wenn ich das bloß wüsste! Vielleicht hab ich mich in letzter Zeit nicht genug um sie gekümmert.«

»Das glaub ich nicht«, widersprach Marie sofort. »Du tust doch alles für deine geliebten Tiere.«

Franzi schniefte. »Eigentlich schon, ja …«

Ein Leben ohne Polly und ohne ihr Pony Tinka konnte Franzi sich überhaupt nicht vorstellen. Die beiden Tiere waren ihr so ans Herz gewachsen, dass es ihr gut ging, wenn es ihren Lieblingen gut ging, und schlecht ging, wenn sie krank waren.

»Mach dir keine Sorgen!«, versuchte Kim ihre Freundin zu trösten. »Polly wird bestimmt bald wieder gesund.«

Franzi musste noch stärker schniefen. »Ich glaub nicht …«

Plötzlich schlug Marie mit der Hand auf den Tisch. »Ich hab’s! Geh doch mit Polly zu deinem Vater. Er als Tierarzt kann ihr sicher helfen.«

Franzi starrte Marie verblüfft an. »Ich bin so doof! Warum bin ich da nicht selbst drauf gekommen? Vielleicht weil er gestern den ganzen Tag auf einem Tierarztkongress war. Ich muss sofort zu ihm!« Sie sprang auf und schnappte sich ihre Inliner, doch plötzlich biss sie sich auf die Lippen. »Äh … Ich will das Clubtreffen nicht so einfach abbrechen, aber kommt ihr heute vielleicht auch ohne mich zurecht?«

»Klar!«, sagte Kim. »Ich drück dir die Daumen. Du wirst sehen, es wird alles wieder gut.«

Und Marie grinste breit. »Kein Problem! Wer zu spät kommt, kann auch früher gehen!«

Schock beim Tierarzt

Das Wartezimmer der Tierarztpraxis Winkler war rappelvoll. Als Franzi mit Polly auf dem Arm die Tür aufmachte, fauchte eine Katze mit einer weißen Binde an der linken Pfote sie empört an.

Polly gackerte ängstlich und flatterte mit den Flügeln. »Ruhig, ganz ruhig«, sagte Franzi und strich ihrem Huhn sanft über den Kopf. »Das Kätzchen tut dir nichts. Das ist auch krank, weißt du?«

Langsam beruhigte Polly sich wieder. Franzi begrüßte die Tierbesitzer und setzte sich auf den letzten freien Platz, der zum Glück weit genug weg von der Katze war. Sie griff nach einer Tierzeitschrift und stellte sich auf eine längere Wartezeit ein. Vordrängeln wollte sie sich nicht, das hätte ihr Vater bestimmt nicht gut gefunden.

Kurz darauf streckte Herr Winkler seinen Kopf zur Tür he­rein und rief gut gelaunt: »Der Nächste, bitte!«

Die Besitzerin der kranken Katze stand auf und ging auf ihn zu. »Guten Tag, Herr Doktor! Ich bin ja so froh, dass Sie kurzfristig einen Termin für uns hatten. Meiner Mucki geht es leider überhaupt nicht gut.«

»Das ist doch selbstverständlich«, sagte Herr Winkler. Dann entdeckte er Franzi und zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Du hier? Was ist denn mit Polly?«

»Sie hinkt seit gestern ganz schlimm«, sagte Franzi und merkte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. »Sie kann sich kaum noch auf den Beinen halten.«

Herr Winkler runzelte die Stirn. »Hmm … Klingt nach was Ernstem.« Er drehte sich zu der Frau mit der Katze um und lächelte entschuldigend. »Würde es Ihnen was ausmachen, wenn Sie noch einen ganz kleinen Augenblick warten? Ich fürchte, ich muss mich zuerst um den Notfall hier kümmern.«

Die Katzenbesitzerin war zwar alles andere als begeistert, seufzte aber resigniert. »Na gut! Es dauert ja sicher nicht lange, oder?«

»Ganz bestimmt nicht«, versicherte Herr Winkler. Dann winkte er Franzi und Polly ins Sprechzimmer hinein.

Erleichtert drückte sich Franzi an ihm vorbei. Hinter sich hörte sie noch das halblaute, verärgerte Murmeln von ein paar anderen Tierbesitzern. Normalerweise wäre ihr das peinlich gewesen, aber heute machte es ihr nichts aus. Zärtlich drückte sie Polly an sich und flüsterte ihr ins Ohr: »Hab keine Angst! Papa macht dich wieder gesund, versprochen!« In Wirklichkeit hatte sie selber schreckliche Angst, versuchte aber so tapfer wie möglich zu sein. »Danke, Papa!«, flüsterte sie.

Herr Winkler nickte. »War doch klar. Na, dann wollen wir uns die kleine Patientin mal ansehen.« Nachdem er sich die Hände desinfiziert und dünne Gummihandschuhe angezogen hatte, nahm er Franzi das Huhn ab und legte es auf den Untersuchungstisch. Sein Griff war so geübt und sicher, dass Polly gar nicht erschrak und ganz stillhielt. »Seit gestern hinkt sie, sagst du? Und auf welchem Bein? Ah, ich seh schon. Hier tut es weh, Polly, stimmt’s?« Das Huhn zuckte zusammen, als der Tierarzt ihr rechtes Bein berührte.

»Hast sie sich was gebrochen?«, fragte Franzi.

Herr Winkler tastete behutsam Pollys krankes Bein ab und schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube nicht. Es steht kein Knochen heraus. Den würde ich sofort fühlen.«

»Was kann es dann sein?« Franzi wurde immer unruhiger. »Irgendein schlimmer Virus, der ihr Bein lähmt?« Davon hatte sie mal in einer Tierzeitschrift gelesen. Der Besitzer einer Hühnerfarm hatte sämtliche Hühner töten müssen, weil der Virus hochansteckend war und sich rasend schnell ausbreitete.

»Nein«, sagte Herr Winkler. »Dann würde es ihr noch viel schlechter gehen. Ich tippe eher darauf, dass sie sich das Bein verdreht hat. Es ist leicht angeschwollen, siehst du?«

Franzi beugte sich über Polly und nickte. »Ja, stimmt. Und was kann man dagegen machen?«

»Nicht viel«, antwortete ihr Vater. »Das braucht einfach Zeit und viel Geduld, bis es von selber wieder abschwillt. Mach dir keine Sorgen! In ein, zwei Wochen ist Polly wieder gesund.«

Franzi fiel ein Riesenstein vom Herzen. »Wirklich?«, fragte sie, weil sie es noch nicht glauben konnte.

»Wirklich«, wiederholte er und lächelte ihr aufmunternd zu. »Hältst du sie bitte kurz? Ich muss was aus dem Arzneischrank holen.«

»Klar!« Liebevoll legte Franzi die Hände auf Polly und drückte sie sanft auf den Untersuchungstisch.

Herr Winkler holte inzwischen ein kleines braunes Fläschchen. »Ich gebe Polly jetzt ein paar Tropfen gegen die Schmerzen.« Er öffnete den Schnabel des Huhns und flößte ihr mit einer Pipette das Schmerzmittel ein.

Wieder zuckte Polly zusammen, aber als Franzi sie streichelte, entspannte sie sich.

»Du bist eine ganz Brave!«, lobte Herr Winkler die Patientin. »So, bald bist du erlöst. Du bekommst nur noch eine Salbe, damit die Entzündung schneller zurückgeht.« Er griff zu einer Tube und drückte eine weiße Paste heraus. Dann rieb er Pollys rechtes Bein vorsichtig damit ein. Polly hatte kaum Zeit, sich zu wehren, da war die Behandlung auch schon vorbei. Herr Winkler strich dem Huhn über den Kopf und lächelte. »Jetzt hast du es überstanden. Gute Besserung, Kleine!«

Franzi nahm Polly wieder auf den Arm. »Kann ich noch irgendwas für sie tun?«

Ihr Vater räumte die Arzneimittel weg und zog sich die Handschuhe aus. »Ja. Sorg dafür, dass sie ein paar Tage in ihrem Käfig bleibt und sich ausruht. Über frisches Wasser und Körner und ein paar Streicheleinheiten freut sie sich bestimmt. Ich besuche sie natürlich auch jeden Tag und du kannst mir dann dabei helfen, sie mit der Salbe einzureiben.«

»Mach ich!«, sagte Franzi glücklich.

Herr Winkler wusch sich ausgiebig die Hände am Waschbecken und trocknete sie anschließend ab. »Du hast mir heute übrigens auch schon ganz toll geholfen. Sag mal, hättest du vielleicht Lust, noch ein bisschen hierzubleiben, wenn du Polly in den Käfig zurückgebracht hast? Meine Assistentin musste heute nämlich leider früher weg und deine Mutter hat keine Zeit.«

»Ich?« Franzi wuchs vor Stolz gleich ein paar Zentimeter. So ein Angebot hatte ihr Vater ihr bis jetzt noch nie gemacht. »Klar helf ich dir! Bin sofort wieder zurück.«

»Danke!«, rief Herr Winkler ihr hinterher.

Franzi stürmte freudestrahlend durchs Wartezimmer und trug Polly über den Hof zu einem Schuppen, in dem ihr Käfig stand. »Käfig« war leicht untertrieben für den geräumigen kleinen Stall, der im Winter direkt am Fenster stand. Im Sommer durfte Polly natürlich draußen frei herumlaufen, aber Mitte März war es noch zu kalt dafür.

»Hab ich’s dir doch gesagt«, flüsterte Franzi ihrem Huhn ins Ohr. »Mein Papa macht dich wieder gesund!«

Polly gackerte zufrieden, als Franzi sie in ihren vertrauten Stall setzte, noch ein paar frische Körner in den Napf streute und das Wasser auffüllte. Polly trank sogar gleich ein paar Schlucke. Franzi sah ihr dabei zu und verriegelte dann sorgfältig die Tür.

»Jetzt muss ich leider los, aber vor dem Abendessen komme ich auf jeden Fall noch zu dir«, versprach sie, warf Polly eine Kusshand zu und verließ den Schuppen. Sie war so froh und erleichtert, dass sie den ganzen Rückweg zur Praxis vor sich hin pfiff. Und wem hatte sie das alles zu verdanken? Wieder mal ihren besten Freundinnen! Was würde sie bloß ohne die beiden machen?

Als Franzi zurück ins Wartezimmer kam, hatte sich der Raum bereits deutlich geleert. Die Frau mit der Katze war weg und auch der rothaarige Junge, der einen Käfig mit einem Meerschweinchen dabeigehabt hatte. Dafür war der Besitzer eines Kanarienvogels neu dazugekommen.

»He, vordrängeln gilt nicht!«, beschwerte er sich prompt.

Franzi ließ ihre Hand an der Tür zum Sprechzimmer noch mal los und drehte sich lächelnd um. »Keine Sorge! Ich bin die Assistentin von Doktor Winkler.«

Bevor der verblüffte Mann nachfragen konnte, ob sie dafür nicht noch ein bisschen zu jung sei, war Franzi bereits weg.

»Ah, schön, dass du kommst!«, begrüßte ihr Vater sie. Er saß hinter seinem Schreibtisch und stellte gerade ein Rezept für das kranke Meerschweinchen aus.

Der rothaarige Junge stopfte das Rezept in seine Hosentasche, schnappte sich seinen Käfig und verabschiedete sich. Franzi ging inzwischen zum Kleiderschrank und holte sich einen weißen Kittel heraus. Wenn sie heute schon assistieren sollte, dann wollte sie auch so professionell wie möglich aussehen.

Herr Winkler zwinkerte ihr zu. »Der Kittel steht dir richtig gut! Du solltest später auch Tierärztin werden und meine Praxis übernehmen.«

»Vielleicht«, sagte Franzi. Sie wollte es sich noch offenhalten, ob sie mal Tierärztin oder doch lieber Detektivin wurde. »Soll ich schon mal den nächsten Patienten hereinrufen?«, fragte sie.

»Ja, mach das«, sagte ihr Vater.

Mit energischen Schritten ging Franzi zur Tür und rief ins Wartezimmer hinein: »Der Nächste, bitte!«

Ein Mann mit einem Dackel auf dem Arm stand auf und kam auf sie zu. Obwohl sein Herrchen ganz langsam ging, winselte der Dackel bei jedem kleinen Schaukeln vor Schmerz laut auf.

Franzi spürte, wie eine Welle Mitleid in ihr hochstieg. »Bald geht es dir besser, Kleiner!«, redete sie dem Dackel gut zu. Dann wandte sie sich an den Besitzer, einen sympathischen Mann Mitte dreißig mit kurzen braunen Haaren und einem offenen Blick hinter der schmalen, rechteckigen Brille. »Wie heißt denn Ihr armer Liebling?«

»Emilio«, antwortete der Mann.

Franzi lächelte. »Ein schöner Hundename!« Dann bat sie den Mann ins Sprechzimmer hinein.

Herr Winkler kam vom Waschbecken herüber und begrüßte Herrchen und Hund. »Guten Tag, Herr Haverland! Bitte legen Sie Ihren Hund hier auf den Untersuchungstisch.«

Der Dackel bellte laut, als er das kalte Aluminium unter sich spürte, und blinzelte ängstlich in das grelle Licht der Deckenlampe.

»Alles wird gut, Emilio!«, sagte Franzi und half ihrem Vater, den zitternden Hund festzuhalten.

»Was fehlt ihm denn, Ihrem Emilio?«, fragte Herr Winkler.

Herr Haverland seufzte. »Als ich vor einer halben Stunde im Park mit ihm Gassi gegangen bin, kam plötzlich ein riesiger schwarzer Hund auf uns zugeschossen. Er hat sich sofort auf meinen Emilio gestürzt und ihn angegriffen. Emilio hat gekämpft wie ein Löwe und sich tapfer gewehrt, aber es hat ihm nichts genützt. Der andere Hund hatte ihn schon gebissen. Es ging alles so schnell, ich konnte meinem armen Emilio nicht helfen.«

»Ja, das muss schlimm für Sie gewesen sein«, sagte Herr Winkler. »Hundekämpfe kommen leider ziemlich häufig vor. Meistens passiert ja zum Glück nichts, aber manchmal geht es eben doch nicht ohne Verletzungen ab. Dann wollen wir uns den Biss mal genauer ansehen.« Er beugte sich über den Hund, und Franzi musste Emilio noch fester halten, weil er anfing zu treten und zu kratzen.

Herr Winkler drehte Emilio auf die andere Seite und jetzt konnte auch Franzi es deutlich sehen: Unter dem rechten Ohr des Dackels war alles rot! Verkrustetes und frisches Blut quoll aus einer offenen, faustgroßen Stelle im braunen Fell. Franzi musste kurz wegsehen und die Luft anhalten. Eigentlich hatte sie sonst kein Problem damit, Blut zu sehen, aber das hier war ganz schön heftig. Zum Glück funktionierten ihre Hände trotzdem weiter. Es gelang ihr, Emilio gleichzeitig sanft und sicher festzuhalten, während ihr Vater die Bisswunde untersuchte.

Nach einer Weile richtete er sich auf und seufzte. »Ich fürchte, die Wunde muss genäht werden.«

Herr Haverland schluckte. »Verstehe.«

Franzi spürte, wie der Boden unter ihren Füßen zu schwanken anfing.

»Keine Sorge«, sagte Herr Winkler. »Mit örtlicher Betäubung geht das ganz schnell. Aber eine Frage habe ich vorher noch: Sind Sie wirklich sicher, dass Emilio von einem Hund gebissen wurde?«

Herr Haverland räusperte sich. »Ja, klar. Warum fragen Sie?«

»Ich weiß nicht.« Herr Winkler zögerte. »Ich habe schon viele Bisswunden gesehen, aber diese hier ist ungewöhnlich groß und der Abdruck der Zähne irritiert mich. Normalerweise hätte ich vermutet, dass er von einem anderen Tier stammt, von einem Reptil vielleicht.«

Herr Haverland schüttelte den Kopf. »Nein, ganz bestimmt nicht! Ich würde Ihnen den schwarzen Mistköter ja gern vorbeibringen, der meinem Emilio das angetan hat, aber leider ist er gleich weggerannt, der Feigling.«

»Soso«, sagte Herr Winkler.

Franzi merkte ihrem Vater an, dass er dem Hundebesitzer nicht recht glaubte. Und plötzlich spürte sie selbst ein seltsames Kribbeln im Bauch. Sie wusste, dass es verrückt war, aber trotzdem wurde sie den Gedanken nicht los, der ihr durch den Kopf schoss: Könnte das etwa ein neuer Fall für die drei !!! sein?

Was dann passierte, geschah völlig automatisch. Franzi wechselte den Griff und hielt Emilio mit einer Hand fest, während sie mit der anderen in ihrer Hosentasche nach dem Handy kramte. Als sie es gefunden hatte, aktivierte sie den Fotomechanismus, richtete die kleine Kamera auf die Bisswunde des Dackels und drückte ab.

»Was soll denn das jetzt?«, rief Herr Haverland empört. »Ich will das nicht!«

Franzi lächelte verlegen und steckte das Handy schnell wieder weg.

Herr Winkler runzelte die Stirn. »Entschuldigen Sie bitte, Herr Haverland! So was wird nicht mehr vorkommen. Meine Assistentin wollte sicher nur aus rein wissenschaftlichem Interesse ein Foto machen. Sie können sich natürlich auf meine ärztliche Schweigepflicht voll und ganz verlassen.«

Der Hundebesitzer warf Franzi einen misstrauischen Blick zu, lenkte dann aber ein: »Na schön … Aber jetzt kümmern Sie sich bitte um Emilio. Ich will nicht, dass er noch länger leidet.«

»Selbstverständlich«, sagte Herr Winkler.

Franzi sah lieber nicht so genau hin, als ihr Vater erst nach der Spritze griff und danach mit seinen sterilisierten Instrumenten hantierte. Es dauerte aber zum Glück tatsächlich nicht lange, bis er die Wunde gesäubert, desinfiziert, genäht und mit Wundsalbe bestrichen hatte. Am Schluss kam noch ein dicker Verband drum herum. Emilio winselte anfangs noch vor Schmerz, aber sobald er die kühlende Salbe spürte, wurde sein Winseln leiser. Er zappelte auch nicht mehr so stark und ließ die Behandlung brav über sich ergehen.

»Toll haben Sie das gemacht!«, sagte Herr Haverland und wischte sich verstohlen ein paar Schweißperlen von der Stirn.

Franzi war heilfroh, als sie Emilio endlich loslassen durfte und sein Herrchen sich wieder um ihn kümmerte.

»Emilio wird keine Schmerzen haben«, versicherte Herr Winkler. »Die Salbe enthält ein Schmerzmittel, das 24 Stunden wirkt. Morgen möchte ich Emilio aber unbedingt noch mal sehen.« Er räumte die Instrumente weg und warf die blutverschmierten Handschuhe in den Plastik-Treteimer. »Lassen Sie sich bitte von der Sprechstundenhilfe einen Termin geben.«

Herr Haverland nickte. »Natürlich! Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin! Das werde ich Ihnen nie vergessen!« Schnell drehte er sich um und war auch schon verschwunden. Auf einmal schien er es ziemlich eilig zu haben.

Franzi starrte ihm hinterher, während in ihrem Kopf tausend Fragen herumschwirrten: Was hatte Herr Haverland zu verbergen? Warum hatte er gelogen? Und warum hatte er sich so aufgeregt, nur weil sie ein harmloses Foto geschossen hatte? Franzi kam nicht dazu, weiter über all diese offenen Fragen nachzudenken, weil ihr Vater sie bei den Schultern packte und sagte: »Kannst du mir bitte mal erklären, was das mit dem Foto sollte?«

Sonderwünsche

»Ach, gar nichts«, behauptete Franzi. »Ich fand die Bisswunde nur so interessant, da hab ich eben spontan mein Handy rausgeholt.« Sie hakte sich bei ihrem Vater unter und versuchte ihn mit einem charmanten Lächeln um den Finger zu wickeln. Leider gelang es ihr diesmal nicht wirklich.

Herr Winkler machte sich von ihr los und fuhr sich stöhnend durch die Haare. »Du hättest mich damit in richtig große Schwierigkeiten bringen können! Ist dir das überhaupt bewusst? Ich bin an meine ärztliche Schweigepflicht gebunden. Wenn ich sie verletze, riskiere ich meinen Job.«

»Ich weiß«, murmelte Franzi. »Tut mir leid, ich wollte dich nicht in Schwierigkeiten bringen, aber du hast doch selbst gesagt, dass der Abdruck der Zähne merkwürdig ist.«

»Stimmt«, musste Herr Winkler zugeben. »Aber das ist nur eine Vermutung, die ich nicht beweisen kann. Es kann genauso gut sein, dass ich mich getäuscht habe.«

»Aber theoretisch könnte der Biss von einem Reptil stammen, oder?«, hakte Franzi nach, der die Sache einfach keine Ruhe ließ.

Herr Winkler stöhnte wieder. »Theoretisch, ja. Trotzdem werde ich den Vorfall auf sich beruhen lassen. Die Hauptsache ist doch, dass der Dackel jetzt gut versorgt ist und bald wieder gesund wird.«

»Ja, schon …«, sagte Franzi gedehnt.

Da sah ihr Vater sie plötzlich prüfend an. »Kann es sein, dass du wieder irgend so eine gefährliche Detektiv-Aktion planst?«

»Ich? Nö!«, stritt Franzi ab und wich dem Blick ihres Vaters aus. »Ich hab gar nichts vor.« In Wirklichkeit überlegte sie fieberhaft, wie sie am schnellsten die Adresse von Herrn Haverland herausbekommen könnte.

Herr Winkler erriet leider, was in ihrem Kopf vorging. »Falls du mich bitten willst, dir die Adresse von Herrn Haverland zu geben: Vergiss es! Und versprich mir, dass du nichts Gefährliches unternehmen wirst, hörst du?«

»Jaja …«, sagte Franzi und verdrehte dabei die Augen. Was war bloß heute mit ihrem Vater los? Normalerweise war er viel cooler, wenn es um den Detektivclub ging. Er hörte sich schon fast wie Kims Mutter an. Frau Jülich machte sich auch ständig Sorgen deswegen. Es musste an der dummen Sache mit der ärztlichen Schweigepflicht liegen. Das war offenbar ein wunder Punkt von ihm.

»Keine Panik!«, versuchte Franzi ihren Vater zu beruhigen. »Ich mache schon nichts Verbotenes.« Sie nestelte nervös an ihrem Kittel herum und fragte zögernd: »Brauchst du mich noch? Ich würde gern noch mal nach Polly sehen.«

»Nein, du kannst ruhig gehen«, sagte Herr Winkler. »Den Rest schaffe ich auch alleine. Vielen Dank übrigens! Du warst sehr tapfer, obwohl ganz schön viel Blut geflossen ist.«

»Gern geschehen.« Erleichtert schlüpfte Franzi aus ihrem Kittel und hängte ihn in den Schrank zurück. Danach machte sie sich schnell aus dem Staub.

Sobald sie die Praxis verlassen hatte, lief sie hinüber zum Wohnhaus. Sie hatte Polly nicht vergessen, aber bevor sie ihr krankes Huhn besuchte, musste sie schnell noch in Ruhe mit Kim oder Marie telefonieren. Sie schnappte sich das Mobilteil aus der Station auf dem Flur, rannte in ihr Zimmer und sperrte ab, damit Chrissie nicht hereinplatzen konnte. Dann wählte sie mit zitternden Fingern Kims Nummer.

Sie hatte Glück. Gleich nach dem ersten Freizeichen ging ihre Freundin ran. »Hallo, hier ist Kim Jülich.«

Sofort sprudelte Franzi los: »Hi! Ich glaube, wir haben einen neuen Fall. Halt dich fest oder setz dich am besten hin. Es wird dich umhauen, was ich dir gleich erzähle.« In Kurzform berichtete sie von ihrem merkwürdigen Erlebnis in der Praxis und fügte am Schluss hinzu: »Mit dem Typen stimmt irgendwas nicht, das spüre ich genau. Wir sollten ihn auf jeden Fall beschatten und herausfinden, was mit ihm los ist.«

»Gute Idee!«, sagte Kim. An ihrer heiseren Stimme merkte Franzi, dass ihre Freundin das Jagdfieber gepackt hatte. »Weißt du, wo dieser Haverland wohnt?«