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Der Halsbandsittich Huxley hat ein Gespräch belauscht und plappert nun am laufenden Band von XFLR-7 und einem geplanten Diebstahl. Die Besitzerin des Papageis weiß, was die Wortfetzen bedeuten: Es handelt sich um das Geheimprojekt XFLR-7, von dem niemand etwas wissen darf. Wer von ihren Mitarbeitern hat etwas ausgeplaudert? Wem kann sie noch trauen? Und können Justus, Peter und Bob Licht ins Dunkel bringen und das Geheimprojekt retten?
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Seitenzahl: 136
Die Schwingen des Unheils
erzählt von Hendrik Buchna
Kosmos
Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin
Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage
der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)
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© 2021, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur
ISBN 978-3-440-50385-0
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
»So, hiermit habe ich unsere Detektei-Satzung um Punkt C-7 ergänzt.« Zufrieden legte Justus Jonas den Kugelschreiber beiseite. Zusammen mit seinen Freunden und Detektivkollegen Bob Andrews und Peter Shaw befand er sich in der Zentrale der drei ??? und leitete eine selbst einberufene Sitzung. Das Detektivbüro der drei Jungen war ein unter diversem Gerümpel verborgener Wohnwagen auf dem Gelände des ›Gebrauchtwarencenters T. Jonas‹. Der Name stand für Titus Jonas, Justus’ Onkel. Bei ihm und seiner Frau Mathilda lebte der Erste Detektiv seit dem Tod seiner Eltern vor vielen Jahren. Justus holte noch einmal Luft und verkündete dann mit strenger Miene: »Ich zitiere: ›Verbraucht ein Mitglied das letzte Stück eines wie auch immer gearteten Nahrungs- oder Genussmittels – sei es süß oder salzig, gekühlt oder ungekühlt –, so verpflichtet sich der Betreffende, binnen Stundenfrist für angemessenen Ersatz zu sorgen.‹«
Genervt rollte Peter mit den Augen. »Du meinst, wenn ich was von unseren Vorräten aufgegessen habe, soll ich sofort Nachschub holen? Hältst du es nicht für ein bisschen übertrieben, an unserem freien Samstagnachmittag wegen einer leeren Donut-Packung einen solchen Zirkus zu ver–«
Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment ertönte ein peitschender Knall.
Erschrocken sprang Peter von seinem Stuhl hoch. »Da … da draußen schießt doch einer!«
»Unsinn!«, zischte Justus. »Wer sollte denn am helllichten Tag auf dem Schrottplatz eine Schusswaffe abfeuern?« Er hob einen Zeigefinger an die Lippen und horchte. Doch außer dem Ventilatorsummen und einer entfernt röhrenden Kreissäge war nichts zu hören. Dann knallte es erneut in direkter Nähe der Zentrale.
»Das gibt’s doch nicht …« Energisch erhob sich Bob aus seinem Sessel. »Ich werfe mal einen Blick durchs Periskop.« Das selbst gebaute Periskop bestand aus einem alten, oben gebogenen Ofenrohr. Im Inneren verfügte es über eine ausgeklügelte Spiegeltechnik, die Justus mit großer Sorgfalt installiert hatte. Wie in einem U-Boot konnte man dieses Sehrohr durch eine Öffnung im Dach der Zentrale in die Höhe schieben und auf diese Weise das umliegende Gelände beobachten, ohne selber gesehen zu werden.
Wieder ertönte ein lauter Knall, diesmal etwas weiter entfernt. Angestrengt spähte Bob durch die Sichtöffnung und drehte das Rohr leicht nach links. »Mist … So ein olles Bettgestell blockiert den Blick. Aber auf jeden Fall bewegt sich dahinten etwas.«
»Geht es vielleicht einen Hauch präziser?«, fragte Justus ungehalten.
»Klar, wenn du mir mal kurz eine Röntgenbrille rüberreichst«, konterte Bob. »Moment …« Er drehte das Rohr ein weiteres Stück nach links.
»Siehst du jetzt was?«, fragte Peter ungeduldig. »Müssen wir die Polizei alarmieren?«
»Wohl eher einen Kindergarten«, entgegnete der dritte Detektiv trocken, während ein weiterer Knall ertönte. »Da schmeißt ein kleiner Junge mit Steinen, und zwar immer schön auf die Kühlerhaube von dem kaputten Chevrolet-Transporter. Wahrscheinlich weil da dieser weiße Stern drauf ist – eine tolle Zielscheibe.«
»Lass mich mal sehen.« Stirnrunzelnd trat Justus ans Periskop und blickte hindurch. »Hab ich’s mir doch gedacht! Das ist dieser verzogene Clarkson-Junge. Wahrscheinlich unterhält sich seine Mutter gerade vorne mit Tante Mathilda und ihr Söhnchen darf sich in der Zwischenzeit hier austoben.«
»Du kennst den Jungen?«, fragte Bob überrascht.
»Und ob! Beim letzten Besuch hat er mit voller Absicht eine schöne alte Keksdose kaputt getreten. Mrs Clarkson hat den Schaden zwar bezahlt, aber ihr Kommentar war der Gipfel.« Justus ahmte eine piepsige Frauenstimme nach. »Hach, mein kleiner Goldspatz hat ja sooo viel Temperament, ganz wie der Papa!«
»Der liebe Dad ist wahrscheinlich Abrissunternehmer«, vermutete Peter.
»Wie auch immer – es wird auf jeden Fall höchste Zeit für eine kleine Erziehungsmaßnahme«, verkündete Justus mit entschlossener Miene.
Verdutzt blickte der dritte Detektiv ihn an. »Was hast du vor?«
»Da der werte ›Goldspatz‹ gerade günstig nahe am Kalten Tor steht, werde ich ihm mal kurz meine Aufwartung machen.«
Beim sogenannten Kalten Tor handelte es sich um einen hohlen Kühlschrank, dessen Rückwand sich per Hebeldruck öffnen ließ. Ein kurzer Wellblechtunnel verband diesen mit der Zentrale – für Außenstehende ein völlig unverdächtiger Bestandteil des Gerümpelberges, für die drei ??? ein wichtiger Geheimgang aus und zu dem versteckten Wohnwagen.
In den Augen des Ersten Detektivs funkelte es triumphierend. »Genauer gesagt werde nicht ich ihm diesen Besuch abstatten, sondern ein alter Bekannter von uns.« Mit diesen Worten griff Justus in eine Kommode und wühlte ein wenig darin herum. Schließlich zog er ein schwarzes Fellkostüm und eine unheimliche gehörnte Maske hervor, aus deren riesigem, weit aufgerissenem Maul spitze Raubtierzähne ragten.
Bob lächelte amüsiert. »Wie praktisch, dass Mr Clay uns nach dem Fall ›Tanzender Teufel‹ das Schamanenkostüm seines Neffen für unser Kriminalarchiv überlassen hat.«
Justus brummte zustimmend, während er sich die gruselige Fratzenmaske anlegte.
»Auf all die Glöckchen, Knochen und Rasseln würde ich an deiner Stelle aber verzichten«, warnte Peter schmunzelnd. »Sonst wird’s mit dem unbemerkten Anschleichen vermutlich etwas schwierig.«
»Vielen Dank für den überaus weisen Rat«, gab der Erste Detektiv mit sarkastischem Unterton zurück und zupfte einige widerspenstige Fellsträhnen zurecht. Dann tippte er sich zum Abschied an die zottige Stirn und entschwand durch die Geheimtür.
»Na, das will ich sehen!« Gespannt griff Peter zum Periskop.
Wenige Augenblicke später gellte ein schriller Schrei über den Schrottplatz.
»Und?«, fragte Bob erwartungsvoll.
»Na, was glaubst du denn?«, erwiderte der Zweite Detektiv prustend. »Der kleine Randalierer flitzt wie ein geölter Blitz zu Mama!«
Kurz darauf kehrte Justus in die Zentrale zurück und zog sich mit lautem Ächzen die schwere Hörnermaske vom Kopf. Sein knallrotes Gesicht glänzte wie ein glasierter Bratapfel. »Unter diesem Ding hätte ich es keine Sekunde länger ausgehalten«, stellte er schnaufend fest, während er hastig die Verschlüsse des Fellkostüms öffnete. »Aber was tut man nicht alles im Dienste der Erziehung der Jugend …«
Bob half ihm aus der Verkleidung. »Dann hat der Teufel also einen guten Job gemacht?«
»In der Tat«, bestätigte der Erste Detektiv. »Zuerst habe ich durch die Luke gespäht und gewartet, bis der Lümmel direkt vor dem Kalten Tor stand. Dann habe ich die Kühlschranktür aufgerissen, meinen Teufelskopf rausgestreckt und laut ›Buh!‹ gerufen. Die Reaktion habt ihr ja wahrscheinlich mitbekommen.«
»Und ob«, bestätigte Peter. »Ich schätze, die kleine Kröte wird hier nicht so bald wieder herumwüten.«
»Bestimmt nicht«, pflichtete der Erste Detektiv grinsend bei. »Das Letzte, was ich gehört habe, war: ›Mamaaa, da ist ein Monster im Kühlschra–‹«
Das Klingeln des Telefons unterbrach Justus. Neugierig griff er zum Hörer und schaltete den Verstärker ein, damit seine Freunde mithören konnten. »Justus Jonas von den drei Detektiven.«
»Hier Bowman, Kendra Bowman«, meldete sich eine sympathische, gleichzeitig aber auch entschlossen klingende Frauenstimme. »Ich rufe an, weil ich eure Dienste in Anspruch nehmen will.«
Die Jungen horchten auf.
»Womit können wir Ihnen denn helfen?«, erkundigte sich Justus neugierig.
»Mein Vogel Huxley, ein indischer Halsbandsittich, ist vorhin ausgebüxt. Nach dem Lüften hatte ich ein offenes Fenster vergessen.«
»Aha. Und wir sollen ihn wiederfinden?«, fragte der Erste Detektiv argwöhnisch. Die Suche nach entlaufenen oder entflogenen Haustieren zählte nicht gerade zu den Lieblingsbeschäftigungen des Trios.
»Nein, er ist von selbst wieder zurückgekommen«, erfolgte die überraschende Antwort. »Huxley war nur etwa eine Viertelstunde fort.«
Irritiert zog Justus die Stirn kraus. »Wo liegt dann Ihr Problem, wenn ich fragen darf?«
Die Frau räusperte sich. »Es … geht nicht darum, wo der Vogel ist, sondern um das, was er sagt.«
Verdutzt blickten die Jungen einander an.
»Das müssen Sie näher erklären, Mrs Bowman«, forderte Justus sie auf.
»Miss Bowman, ich bin alleinstehend«, korrigierte die Anruferin. »Am Telefon kann ich nicht über die Sache sprechen. Könntet ihr vorbeikommen – wenn möglich noch heute? Es ist wirklich wichtig.«
Nach kurzer Rücksprache mit seinen Freunden sagte Justus zu und ließ sich von Miss Bowman die Adresse in Santa Monica geben.
Eine halbe Stunde später hatten die Jungen in Bobs VW Käfer ihr Ziel, ein elegantes Flachdachhaus im Cloverfield Boulevard nahe dem Virginia Avenue Park, erreicht. Kendra Bowman, eine große dunkelhaarige Frau Anfang fünfzig, empfing die drei Detektive mit sichtlich besorgter Miene. In der hellen Küche bot sie ihren Gästen eisgekühlte Zitronenlimonade an und kam dann zur Sache. »Ich habe Huxley seit einem Jahr bei mir. Hier im Haus darf er sich schon immer frei bewegen, nur nachts kommt er in seine Voliere. Im Moment ist er im Wohnzimmer.« Sie blickte zum Fenster. »Nachdem sich eine feste Bindung zwischen uns entwickelt hatte, bin ich vor ungefähr drei Monaten dazu übergegangen, ihn Ausflüge nach draußen unternehmen zu lassen. Sein Vorbesitzer hatte das schon mit ihm trainiert. Ein Vogel gehört einfach in die Natur.«
»Lobenswert«, entgegnete Bob, fragte sich allerdings auch, warum die Dame einen Vogel als Haustier hielt, obwohl sie der Meinung war, dass er in die freie Natur gehöre.
»Huxley weiß, dass er hier in der Nachbarschaft umherflattern darf, wenn ich ebenfalls draußen bin und ihn mit meiner Stimme zurücklocken kann«, fuhr Miss Bowman fort. »Das hat bisher auch immer gut geklappt.«
»Doch heute ist etwas schiefgegangen«, vermutete der Erste Detektiv.
Die Frau nickte. »Mir ist im Ofen etwas angebrannt, deshalb war ich abgelenkt und hatte das offene Wohnzimmerfenster vergessen. Tja, und dann war Huxley plötzlich weg.«
Peter kratzte sich am Kinn. »Lange hat der Ausflug aber nicht gedauert. Sie sprachen von etwa einer Viertelstunde, oder?«
»Das stimmt. Dennoch muss er ein ganzes Stück weit weg gewesen sein, denn auf meine ersten Rufe hat er anders als sonst nicht reagiert. Umso froher war ich, als er schließlich doch wieder zu mir zurückkam.«
»Und dann hat Ihr Vogel plötzlich etwas Seltsames gesagt?«, fragte Bob.
»Nicht sofort – zunächst hat er sein Standardrepertoire vor sich hin geplappert. Halsbandsittiche sind überaus intelligente Papageienvögel, die sehr schnell lernen. Da kommt im Laufe der Zeit so einiges zusammen.«
Die Jungen nickten. Natürlich mussten sie an die gleichfalls beachtlichen Sprachkenntnisse ihres Mynahs Blacky denken.
»Huxley ist in dieser Hinsicht sogar ein ganz besonderes Exemplar«, fuhr die Frau fort.
Gespannt blickte Justus sie an. »Inwiefern?«
»In meiner Familie hatten wir schon mehrere Papageien und Sittiche, aber ein so phänomenales Talent wie Huxley habe ich noch nie erlebt. Manchmal kommt es sogar vor, dass er spontan Wörter und sogar kurze Sätze wiedergibt, die er nur ein einziges Mal gehört hat.«
»Und genau das vermuten Sie auch in diesem Fall?«, erkundigte sich Peter.
»Ja«, bestätigte Miss Bowman. »Denn mitten in seinem munteren Geschwafel fiel plötzlich ein Begriff, der mich völlig aus der Fassung gebracht hat.« Sie fuhr sich nervös durchs Haar. Man konnte ihr deutlich ansehen, wie unangenehm ihr die Sache war.
Auffordernd blickte Justus sie an. »Welcher Begriff?«
Die nun folgende – geflüsterte – Antwort versetzte die drei Detektive in völlige Verwirrung.
»XFLR-7.«
Der Zweite Detektiv blinzelte irritiert. »Was … hat das zu bedeuten?«
Kendra Bowman hielt die Stimme weiter gesenkt. »Näheres kann und darf ich euch nicht sagen, außer dass es sich um ein brisantes Projekt handelt, an dem ich in einem kleinen Forschungsinstitut arbeite und dessen Patentierung gerade in die Wege geleitet werden soll. Das Ganze ist so geheim, dass nur wenige Personen überhaupt davon Kenntnis haben. Und jeder Einzelne von uns ist per Vertrag zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet.«
In den Köpfen der Jungen wirbelten die Gedanken wild umher. Speziell Peter malte sich sehr detailliert ein futuristisches Labor aus, in dem eine Gruppe von Wissenschaftlern in Schutzanzügen an einer geheimnisvollen Superwaffe arbeitete.
Mit fahrigen Bewegungen fingerte die Frau an ihrem Rocksaum herum. »Der entscheidende Punkt ist: Huxley kann diesen Begriff unmöglich hier bei mir im Haus aufgeschnappt haben. Alles, was mit dem Projekt zu tun hat, ist absolut tabu. Daheim existiert meine Arbeit nicht, und ich würde nichts, was damit zusammenhängt, hier je in den Mund nehmen.«
Auch der Erste Detektiv ließ nun seinen Blick zum Fenster schweifen. »Im Ausschlussverfahren bedeutet das somit, dass Ihr Vogel diesen Projekttitel draußen entweder heute oder während eines seiner früheren Ausflüge aufgeschnappt haben muss.«
»Ist es möglich, dass jemand hier aus der Gegend dieses Top-secret-Projekt ebenfalls kennt und es mit der Geheimhaltung nicht ganz so ernst nimmt wie Sie?«, richtete sich Bob an Miss Bowman.
Die Frau schüttelte den Kopf und hob ratlos ihre Hände. »Nein, von meinen Kollegen wohnt niemand in der Umgebung. Das Ganze ist mir ein absolutes Rätsel. Und es kommt noch schlimmer!«
»Warum denn?«, fragte Peter mit einem unguten Gefühl in der Magengegend.
»In direktem Kontext mit der Bezeichnung hat Huxley noch etwas anderes gesagt, was so klang, als ob jemand plant, sich in den Besitz der Erfindung zu bringen. Sollte das tatsächlich geschehen, hätte das nicht nur für das Institut und mich gravierende Folgen.«
»Über die Sie uns jedoch nichts Näheres verraten dürfen«, folgerte Justus.
»So ist es.«
Angespannt verschränkte Bob die Arme vor der Brust. »Wie war denn Huxleys genauer Wortlaut?«
»Leider kann ich mich nicht mehr im Detail daran erinnern. Den Projektnamen aus dem Schnabel von Huxley zu hören, hat mich so schockiert, dass ich den Rest nicht mehr wirklich wahrgenommen habe.« Miss Bowman seufzte. »Und ich konnte den Vogel bis jetzt nicht dazu bewegen, die Sätze nochmals von sich zu geben.«
Mit nachdenklicher Miene zupfte der Erste Detektiv an seiner Unterlippe. »Um uns Klarheit zu verschaffen, müssen wir also versuchen, Ihrem Papageien die fraglichen Zitate noch einmal zu entlocken.«
Zögerlich blickte Peter Miss Bowman an. »Wenn … das alles so furchtbar ernst ist, sollten Sie sich dann nicht an Ihr Institut oder besser noch gleich direkt an die Polizei wenden?«
»Nein«, widersprach die Frau energisch. »Wenn ich jetzt ohne handfeste Beweise Alarm auslöse, würde das den erfolgreichen Abschluss bedrohen. Und das wäre eine Katastrophe.« Sie atmete tief ein. »In dem Projekt stecken mehr als zehn Jahre Forschungsarbeit, und wir befinden uns in der alles entscheidenden Phase. Da kann ich es nicht riskieren, wegen der Äußerungen eines Papageis den Patentierungsprozess zu gefährden.«
»Also wandten Sie sich an uns«, folgerte Bob.
»Ja, ich habe schon so einiges über die Erfolge eurer Detektei und euer Fingerspitzengefühl bei Ermittlungen gehört. Deshalb halte ich euch für genau die Richtigen, um herauszufinden, ob an der ganzen Sache etwas dran ist.« Miss Bowman hielt inne und blickte in die Runde. »Was sagt ihr? Wollt ihr mir helfen?«
Justus straffte sich. »Nun, ich denke, dass ich für meine Kollegen spreche, wenn ich diesen außergewöhnlichen Fall im Namen der drei ??? annehme.«
»Einverstanden«, schloss sich Bob an.
Peter schnaufte leise. »Also liegt die Rettung von XFLR-7 ab sofort in unseren Händen …«
Nun führte Miss Bowman die Jungen ins Wohnzimmer, wo ein etwa vierzig Zentimeter großer gelbgrüner Papagei mit rotem Schnabel aufgeregt auf seinem hoch aufragenden Käfig herumhüpfte.
»Hallooo, Huxley!«, wandte sich die Gastgeberin in hohem, etwas kindlichem Tonfall an den Vogel. »Schau mal – ich habe Besuch mitgebracht.«
Mit schiefem Lächeln hob der dritte Detektiv grüßend die Hand. »Hi!«
Auch seine Freunde waren unsicher, wie sie mit der eigenartigen Situation umgehen sollten.
Spontan entschloss sich Justus dazu, den Vogel wie ein schüchternes Kleinkind zu behandeln. Er sprach laut und langsam. »Huxley … erzähl uns doch mal … von XFLR-7.«
Auch Peter trat einen Schritt näher heran. Er sprach noch lauter und noch langsamer als der Erste Detektiv. »X … F … L … R … 7!«
Der Papagei legte den Kopf schief, zuckte mit dem rechten Füßchen und starrte die Jungen aus großen Augen an. Er hatte offensichtlich nicht den geringsten Schimmer, was man von ihm wollte.
Nun meldete sich wieder Miss Bowman mit ihrer hohen Stimme zu Wort. »Huxley, du würdest mir und meinen Gästen einen riesigen Gefallen tun, wenn du uns sagen würdest, was du von XFLR-7 weißt.« Sie lächelte breit. »Wärst du bitte so lieb?«
Der Vogel riss die Augen noch weiter auf. Mehrere Sekunden herrschte völlige Stille. Dann schwenkte er seinen kleinen Kopf wie ein wild gewordenes Pendel hin und her, hopste begeistert auf der Voliere herum und krakeelte lautstark: »Stau auf der Interstate 405 vor der Kreuzung Santa Monica Freeway! Fünf, fünf, füüünf!«
»Nein, lieber Huxley, das ist nicht das Richtige.« Miss Bowmans Lächeln wirkte jetzt eher wie eine eingefrorene Grimasse. »Wir möchten gerne etwas von XFLR-7 hören, verstehst du? XFLR-7!«