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Dicke Luft in Rocky Beach! Auf dem Gelände des verstorbenen Magiers Aden Tangury soll ein Einkaufs- und Begegnungszentrum gebaut werden. Seit einiger Zeit versammeln sich seine Fans, um das Haus vor dem Abriss zu schützen. Doch es sind nicht nur die Proteste, die die Bauarbeiten verzögern. Die drei ??? haben einen neuen Fall und schon bald eine heiße Spur: Was haben die Vorkommnisse mit den legendären Shows des Magiers zu tun? Tangury soll sich damals in einen riesigen Barrakuda verwandelt haben. Mit Witz und Verstand finden Justus, Peter und Bob heraus, was hier gespielt wird.
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Seitenzahl: 153
Die drei ???Im Bann des Barrakudas
Hendrik Buchna
KOSMOS
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Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur.
Umschlagsabbildung: © Silvia Christoph, Berlin
© 2024, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG
Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-440-51042-1
E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Cover
Titel
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Hauptteil
Besuch aus der Vergangenheit
Der Geister-Magier
Auf den Spuren des Gestaltwandlers
Besuch in Hollywood
Ein neues Puzzleteil
Höhenflieger
Riesenfisch und Hotdogs
Ruhe vor dem Sturm
Knall-Attacke
Turm-Erscheinung
Polizei!
Konfrontation
Die Kappe des Krawallnachbarn
Überraschung dank Tante Mathilda
Gefährlicher Verräter
Von rot zu blond
Einbruch bei der Goldjägerin
Brand auf dem Schrottplatz
Ein Uhr dreizehn
Alles anders
In der Höhle des Barrakudas
Zufrieden klappte Bob Andrews die Mappe zu, auf deren letzter Seite er gerade »Fall abgeschlossen« notiert hatte. Es war ein sommerlich-heißer Freitagnachmittag und Bob saß mit seinen Freunden Justus Jonas und Peter Shaw in der Zentrale, ihrem geheimen Detektivbüro. Es befand sich auf dem Gelände des Gebrauchtwarencenters T. Jonas in einem ausrangierten Wohnwagen, verborgen unter einem großen Haufen Gerümpel.
»Wieder einmal erfolgreiche Arbeit geleistet, Kollegen«, stellte Justus erfreut fest. »Hervorragend recherchiert, ermittelt und kombiniert.« Er hielt seufzend inne. »Dann fürchte ich, es ist jetzt Zeit für körperliche Betätigung.«
Peter stöhnte leise. »An die Lieferung von Onkel Titus hatte ich gar nicht mehr gedacht. Das wird wieder ein Spaß …«
Titus Jonas war Justus’ Onkel. Zusammen mit seiner Frau Mathilda betrieb er den Schrotthandel. Justus lebte bei den beiden, sie hatten ihn wie einen Sohn bei sich aufgenommen, als seine Eltern vor vielen Jahren bei einem Unfall gestorben waren.
»Vergiss nicht die Belohnung, die mein Onkel uns versprochen hat«, erinnerte der Erste Detektiv seinen Freund. »Drei Karten für den Zirkus ›Varelly‹. Das wird –«
In diesem Moment wurde Justus von der energischen Stimme seiner Tante Mathilda unterbrochen. Diesmal rief sie jedoch ausnahmsweise nicht ihren Neffen.
»Booob! Ein Mädchen will dich sprechen. Sie sagt, ihr kennt euch von früher.«
Der dritte Detektiv schaute seine Freunde irritiert an. Die grinsten nur breit.
Justus machte eine auffordernde Handbewegung. »Damen soll man nicht warten lassen.«
Grummelnd verließ Bob die Zentrale. Er hatte keine Ahnung, wer die Besucherin sein konnte. Umso größer war seine Überraschung. Lässig ans Tor gelehnt stand ein hochgewachsenes Mädchen mit verfilzten hellblonden Zöpfen, einem verwaschenen olivgrünen Trägerkleid und türkisfarbenen Flip-Flops. Es war Alyssa, ein kesses und irgendwie auch geheimnisvolles Mädchen, das der dritte Detektiv von einer Begegnung in Burbank kannte, einer Stadt nördlich von Los Angeles. Bei Ermittlungen zu einem mysteriösen blauen Biest war er damals von ihr in ein bizarres, möglicherweise auch gefährliches Spiel mit einem knurrenden Umzugskarton verwickelt worden. Sofort stiegen in Bob die unterschiedlichsten Empfindungen auf. Einerseits hatte er Alyssa durchaus nicht unsympathisch gefunden, ganz im Gegenteil. Andererseits war ihr Verhalten – gelinde gesagt – doch höchst seltsam gewesen.
Entspannt ließ sie nun eine große rote Kaugummiblase platzen. »Na, Bobo, kennst du mich noch?«
Der dritte Detektiv legte den Kopf schief. »Wie könnte ich jemanden wie dich wohl vergessen?«
Das Mädchen lächelte breit. »Das fasse ich einfach mal als Kompliment auf.« Sie hielt inne und atmete tief durch. »Aber jetzt sollte ich wohl erzählen, warum ich hier bin.«
»Gute Idee.« Bob strich sich über die verschwitzte Stirn und sah sich unsicher um.
Tante Mathilda kam ihm zu Hilfe. Sie deutete zur überdachten Veranda des Wohnhauses der Familie Jonas. »Im Schatten plaudert es sich angenehmer. Setzt euch, ich bringe euch was Kühles zu trinken.«
Eine Minute später hatten es sich die beiden auf Campingstühlen bequem gemacht und genossen Tante Mathildas selbst gemachte Grapefruit-Limonade mit Eiswürfeln.
Nach einem großen Schluck schloss das Mädchen die Augen. »Wow … einfach himmlisch. Zu Hause gibt’s immer nur diesen überzuckerten Mist aus Dosen. Wenn überhaupt.«
Bob ahnte, dass Alyssa in schwierigen Familienverhältnissen lebte, entschied sich jedoch dafür, jetzt nicht darauf einzugehen. Er wollte seine Besucherin nicht davon ablenken, ihr Anliegen zu erklären.
»Du kennst ja meine Wohngegend in Burbank.« Das Mädchen verzog die Mundwinkel. »Nicht gerade schick da und absolut nichts los. Aber das könnte sich demnächst ändern.«
»Inwiefern?«
»Ganz in der Nähe soll ein großes Einkaufs- und Begegnungszentrum gebaut werden. Die Anwohner wurden sogar gefragt, was sie sich dort wünschen! Es soll ein Kino geben, einen Sportplatz und auch ein Erlebnis-Schwimmbad. Daneben einen öffentlichen Park. Das wäre so toll für unser Viertel. Eine echte Chance für uns alle.« Plötzlich verfinsterte sich Alyssas Miene. »Wenn nur diese Idioten nicht wären!«
Bob horchte auf. »Idioten?«
»Eine Gruppe völlig verrückter Fans von Aden Tangury. Das ist ein Magier, dem das Grundstück gehört hat, auf dem das Zentrum gebaut werden soll.«
Mit einer solchen Antwort hatte Bob nicht gerechnet.
»Diese Krawalltypen protestieren gegen das Projekt, damit das Haus ihres Idols nicht wie geplant abgerissen wird.« Sie verdrehte die Augen. »Diesen Zauberer kannte außerhalb von Burbank kein Mensch. Aber ein paar Bescheuerte finden ihn immer noch so großartig, dass sie deswegen den Bau des Zentrums verhindern wollen.«
»Klingt in der Tat eigenartig«, stimmte Bob nachdenklich zu. »Und hier hättest du jetzt gern unsere Hilfe? Aber Proteste an sich sind ja nicht verboten, solange keine ungesetzlichen Mittel angewendet werden. Und gegen Gewaltanwendungen könnten wir Detektive kaum etwas ausrichten. Dafür sind Polizei oder Sicherheitskräfte zuständig.«
»Weiß ich doch«, entgegnete Alyssa schnippisch. »Für Kampfeinsätze gegen Randalierer würde ich mich wohl kaum an die drei ??? wenden. Das wäre ja albern.«
Allmählich wurde Bob ungeduldig. »Wärst du dann so gütig, mir zu verraten, warum du hier bist?«
»Klaro.« Das Mädchen straffte sich und stellte ihr Limonadenglas auf dem Tisch ab. »Seit zwei Nächten gibt es rätselhafte Vorkommnisse rund um die Baustelle, an denen Aden Tangury selbst beteiligt zu sein scheint, um die Wut seiner Fans weiter anzustacheln. Aber das ist vollkommen unmöglich.«
Bob stutzte. »Und warum ist das unmöglich?«
Alyssas Blick war nun vollkommen ernst. »Weil dieser Magier seit über hundert Jahren tot ist!«
»Oh.« Bob blinzelte verdutzt.
»Viel weiß ich nicht über ihn, außer dass er in Burbank Ende des 19. Jahrhunderts eine richtig große Nummer war.« Sie murrte leise. »Und dass er auch heute noch viele Anhänger hat, die völlig in ihn vernarrt sind.«
Der dritte Detektiv verengte die Augen. »Und … was genau hat sich bei der Baustelle abgespielt?«
»Es war so: Die Tangury-Anhänger halten dort seit einer Weile sogenannte Mahnwachen. Mittwochnacht soll dann der Magier leibhaftig dort aufgetaucht sein. Es gab einen riesigen Wirbel, deshalb wollte ich gestern Nacht selber nachsehen, was da vor sich geht. Tja, und prompt kurz vor halb zwölf ist es passiert.« Sie kramte ihr Handy hervor, rief eine Videodatei auf und reichte Bob das Telefon. Der Film zeigte zunächst eine ›klassische‹ Demonstrationssituation. Im Hintergrund war ein etwa zweieinhalb Meter hoher Bretterzaun zu sehen, offensichtlich die Umgrenzung des Baugeländes. In regelmäßigen Abständen prangte darauf das rot-gelbe Logo der Baufirma ›Satterfield‹. Vor dem Zaun standen im matten Licht der Straßenlaternen mehrere dutzend aufgebrachte Personen. Manche von ihnen trugen Plakate, auf denen Bob sowohl ein Gesicht mit markant gezwirbeltem Schnurrbart als auch monsterartige Fratzen mit weit aufgerissenen Mäulern zu erkennen glaubte. Ein älterer Mann mit blau-weißer Schirmmütze und einem selbst gemalten ›ZENTRUM – NEIN!‹-Schild tat sich dabei durch besonderen Eifer hervor, brüllte lauter und wütender als alle anderen. Eine Frau mit langen roten Haaren stand direkt an seiner Seite und schien ihn anzufeuern. Den Bau-Gegnern gegenüber standen einige Pro-Zentrum-Demonstranten und mehrere Sicherheitsleute in Uniformen der Baufirma und mit erhobenen Schlagstöcken. Urplötzlich wandten sich dann alle Leute gleichzeitig um und richteten die Blicke nach oben, teils verwirrt, teils jubelnd.
Alyssas Gesichtszüge verhärteten sich. »So, jetzt kommt’s …«
Eine Sekunde später erkannte Bob auf dem verwackelten Bildausschnitt den erstaunlichen Grund für das Verhalten der Menschen. Hoch auf dem Bauzaun lief mit geradezu unfassbarer Geschwindigkeit ein hagerer Mann. Er trug einen dunklen Hut und einen altmodischen, Frack-ähnlichen Anzug, der rhythmisch flackernd in gleißendem Licht erstrahlte! Nach gut zwanzig Metern hielt die bizarre Gestalt unvermittelt inne und drehte ihren Kopf ruckhaft den Demonstranten zu: stechende Augen, markant gezwirbelter Schnurrbart, spitzes Kinn. Unter frenetischen »TANGURY! TANGURY!«-Rufen seiner Anhänger streckte der Mann nun seine Arme in die Höhe. Dem dritten Detektiv lief ein kalter Schauer über den Rücken. Die Haut des Magiers glänzte silbrig-blau, seine Hände waren völlig deformiert und schienen keine Finger zu haben. Sein Mund verzog sich zu einem unnatürlich langgezogenen Grinsen, bevor der Mann gellend zu lachen begann. Extrem große und spitze Zähne wurden sichtbar. Einen Wimpernschlag später flackerte der Anzug nochmals extrem grell auf, dann erlosch das Licht abrupt, und unter grässlichem Gelächter verschwand die Erscheinung.
Eine Frau kreischte ekstatisch: »BARRAAA–«. Dann endete das verstörende Video.
»Hui …« Für einen kurzen Moment war Bob schlicht sprachlos. Er versuchte, seine Gedanken zu sortieren. »Wie … ging es denn weiter?«
Alyssa zuckte die Achseln. »Der Typ auf dem Zaun war verschwunden. Danach sind die Tangury-Fans völlig ausgeflippt. Zum Glück ist irgendwann die Polizei eingetroffen und die Demonstration wurde aufgelöst. Aber diese Typen kommen wieder, spätestens heute Nacht, um das nächste Erscheinen des Zauberers zu erwarten.« Sie rang die Hände. »Bei den bisherigen Tumulten ist schon so einiges zu Bruch gegangen, und wer weiß, wie stark das alles noch eskaliert. Vielleicht wird dann irgendwann das ganze Bauvorhaben gestoppt.«
Grübelnd schaute sich Bob das kurze Video erneut an.
»Und?« Gespannt sah Alyssa ihn an. »So ein unheimlicher Geister-Magier müsste doch genau das Richtige für findige Detektive wie euch sein, oder?«
»Wir hatten im Laufe der Zeit tatsächlich schon mehrfach mit vermeintlich übernatürlichen Phänomenen zu tun. Die konnten wir alle erfolgreich entlarven. Meiner Meinung nach gehört das, was da bei euch an der Baustelle passiert, also definitiv in unser Arbeitsgebiet.«
»Na bitte, perfekt! Was würde das kosten?«
»Gar nichts«, gab der dritte Detektiv zurück. »Wir nehmen für unsere Dienste grundsätzlich kein Geld.«
»Sehr kundenfreundlich, klasse! Dann schlage ich vor, du informierst jetzt deine Freunde und wir legen dem werten Mister Tangury gemeinsam das Handwerk!«
»Klingt gut«, entgegnete Bob.
»Okay, ich muss dann wieder los. Will noch einkaufen und eine Freundin besuchen. Wie sieht es aus? Könntet ihr heute Abend so gegen zehn zu mir nach Burbank kommen? Vorher wird wohl nichts passieren, zumindest erschien dieser bekloppte Spuk-Zauberer vorgestern um kurz vor eins und gestern gegen halb zwölf.«
Der dritte Detektiv nickte. »Wir haben hier auf dem Gelände zwar noch einiges zu tun, aber das müsste bis dahin eigentlich zu schaffen sein.«
»Prima!« Lächelnd stand Alyssa auf und strich ihr Kleid glatt. »Falls doch schon früher was passiert, rufe ich an. Ich kriege doch bestimmt eine eurer Visitenkarten?«
»Sicher.« Bob holte eine seiner Karten hervor, notierte auf der Rückseite seine Handynummer und reichte sie dem Mädchen. »Schick mir bitte auch das Video, damit ich es Justus und Peter zeigen kann.«
Alyssa erledigte das direkt. Dann drehte sie die Karte nach vorn und las mit anerkennender Miene, was darauf stand.
© /Kosmos
»Wirklich schönes Design und diese Fragezeichen stechen echt ins Auge.« Sie steckte die Karte ein. »Na, dann ist ja alles –« Zögernd hielt sie inne, weil sie bei Bob ein Stirnrunzeln wahrnahm. »Stimmt was nicht?«
Der dritte Detektiv zögerte noch kurz, bevor er sich zu einer Antwort durchrang. »Verrätst du mir denn jetzt, was damals in diesem verflixten Umzugskarton war?«
In aller Seelenruhe ließ Alyssa zunächst eine weitere große rote Kaugummiblase platzen. »Sagen wir mal so: Wenn ihr diesen Fall löst, verrate ich es dir, Bobo.«
Zurück in der Zentrale berichtete der dritte Detektiv seinen staunenden Freunden von der unerwarteten Besucherin und ihrem außergewöhnlichen Anliegen.
Nachdem beide das Video mit dem unheimlichen Zaun-Zauberer angeschaut hatten, gab Peter ein lang gezogenes Seufzen von sich. »Mannomann … kann es bei einem Auftrag für die drei ??? nicht zur Abwechslung auch mal wieder um ein harmloses entlaufenes Kätzchen oder eine verlorene Armbanduhr gehen? Nein, es muss natürlich ein untoter Magier mit Monsterfratze und gewalttätiger Fan-Horde sein!«
Während Bob bereits am Computer mit den Recherchen begann, lehnte sich Justus in seinem Drehstuhl zurück. »Da muss ich dir gleich in zweifacher Hinsicht widersprechen, Kollege. Zum einen sind Katzen und Uhren zwar zweifelsohne harmlos, aus detektivischer Perspektive aber keine Herausforderung für Experten wie uns. Zum anderen ist auf dem Video mit absoluter Sicherheit kein untoter Zauberer zu sehen, sondern ein lebendiger Mensch, der sich für den Magier Aden Tangury ausgibt, um dessen Anhänger gegen das Bauvorhaben in Burbank aufzuhetzen.«
Gedankenversunken massierte Peter seine Nasenwurzel. »Zauberer hin oder her – ein normaler Mensch kann doch nicht einfach so auf einem Bauzaun herumlaufen, noch dazu in rasender Geschwindigkeit bei Nacht und schummrigem Laternenlicht. Ich bin ja nun wirklich nicht unsportlich, aber nach spätestens zwei Sekunden wäre ich mit Karacho da runtergesegelt.«
»Eine erstaunliche Leistung, in der Tat. Selbst für Spezialisten wie Parkourläufer dürfte das unmöglich sein.« Nachdenklich zupfte Justus an einem Radiergummi herum. »Dennoch hat der extravagante Frackträger dieses Kunststück fertiggebracht. Welche Mittel ihn dazu befähigten, wird von uns zu klären sein.«
Peter kratzte sich am Kinn. »Und habt ihr diesen ›Barraaa‹-Schrei am Ende des Videos gehört? Das passt doch gar nicht zum Namen Aden Tangury.«
Justus nickte. »Da stimme ich dir zu. Möglicherweise galt dieser Ausruf aber gar nicht dem Pseudo-Magier, sondern vielleicht irgend–«
»Doch, er galt ihm«, mischte sich Bob plötzlich ein, ohne den Blick vom Computermonitor abzuwenden.
Peter sah verblüfft zu seinem Freund. »Und wieso denkst du das? Was hat der Ausruf denn zu bedeuten?«
Bobs Antwort bestand nur aus einem Wort. »Barrakuda.«
»Barrakuda?«, horchte Justus auf. »Sprechen wir hier über die mächtigen, in tropischen und subtropischen Gewässern beheimateten Raubfische der Gattung Carangiformes?«
»So ist es, Herr Zoologie-Professor.« Nach all den Jahren konnte das enzyklopädische Wissen von Justus den dritten Detektiv nicht mehr erstaunen. »Tangurys Künstlername war ›Baron Barrakuda‹. Auf dem einzigen Foto, das ich bislang von ihm finden konnte, trägt er übrigens exakt dasselbe Outfit wie der Kerl auf dem Bauzaun.« Er drehte den Computermonitor ein wenig nach rechts, sodass seine Freunde einen Blick auf den elegant gekleideten, etwa fünfzig Jahre alten Mann mit stechendem Blick und markant gezwirbeltem Schnurrbart werfen konnten.
»Baron Barrakuda?« Peter schnaufte belustigt. »Was ist denn das für ein verrückter Name? Hat der Typ auf der Bühne Fische verzaubert?«
»Nicht direkt«, erwiderte Bob. »Dieser Titel bezog sich auf Tangurys spektakulärsten Trick, bei dem er sich vor den Augen seines Publikums nach einem hellen Blitz in einen drei Meter großen, aufrecht stehenden Barrakuda verwandelte. Fotos davon existieren nicht, zumindest konnte ich im Internet bis jetzt keine finden. Aber so ähnlich …«, er rief mit wenigen Tastenklicks eine Tierlexikonseite auf, »… wird er nach der Umwandlung wohl ausgesehen haben.«
»Oha«, entfuhr es Peter beim Anblick des pfeilförmigen, silbrig-blauen Fischkopfs mit starren Augen, übergroßem Unterkiefer und aufgerissenem Maul voll spitzer, furchterregend großer Fangzähne. »Nicht gerade sympathisch.«
Justus schmunzelte. »Kategorien wie Sympathie sind für einen solchen Jäger der Meere nicht von hoher Wichtigkeit.«
»Und auch nicht für unseren Magier«, erwiderte Bob. »Der Barrakuda war gewissermaßen sein zweites Ich. Laut Tangurys Aussage sind die wichtigsten Eigenschaften eines Menschen Unbeirrbarkeit, Unerbittlichkeit und Unbezwingbarkeit.«
»Was für ein sonniges Gemüt«, murmelte Peter. »Mit so einer Einstellung –« Er stockte. Gerade waren ihm die unförmigen Hände und der schreckliche Mund des Mannes auf dem Zaun eingefallen. »Moment mal … dann ist auf Alyssas Video also zu sehen, wie dieser Kerl gerade beginnt, sich in einen Barrakuda zu verwandeln!«
Justus gab einen ungehaltenen Laut von sich. »Darf ich dich an meine Feststellung von vor …«, er blickte demonstrativ auf seine Armbanduhr, »… drei Minuten erinnern? Es gibt keine toten Zauberer, die aus dem Jenseits zurückkehren, und auch keine Menschen, die sich in Fische verwandeln.«
»Jaja, sondern nur jemanden, der so tut, als ob.« Peter winkte ab. »Aber warum diese ganze Show?«
»Show trifft es«, meldete sich Bob wieder zu Wort. »Dieser Tangury war offenbar ein Meister der Selbstinszenierung, der es perfekt verstand, sich zu verkaufen. Wobei ›verkaufen‹ wörtlich genommen werden kann. Er verlangte für seine Darbietungen sagenhaft hohe Eintrittspreise, die sich ausschließlich die Elite von Burbank leisten konnte.«
Justus stutzte. »Nur Burbank?«
Bob nickte. »Ja, Tangury hielt sich von Anfang bis Ende seiner Karriere an eine kleine, aber sehr zahlungskräftige Fangemeinschaft aus seinem direkten Umfeld. Offenbar waren seine Einnahmen so enorm hoch, dass er Tourneen durch Amerika oder die ganze Welt nicht nötig hatte.«
»Quasi das Gegenstück zu dem später auftretenden Zauberer Harry Houdini, der vor allem für seine spektakulären Entfesselungskunststücke mit Ketten und Zwangsjacken auf dem gesamten Erdball bekannt war«, stellte Justus fest.
»Aber nicht so bekannt wie Harry Potter«, warf der Zweite Detektiv grinsend ein.
Statt einer Antwort schloss Justus nur die Augen und schüttelte wie in Zeitlupe den Kopf. Dann wandte er sich wieder an Bob. »Aden Tangury legte seinen Schwerpunkt also nicht auf die Menge seiner Zuschauer, sondern auf die Exklusivität seiner Auftritte.«
»Genau«, bestätigte Bob. »Er war eine Art Popstar seiner Zeit, aber eben nur für einen sehr kleinen Kreis. Es gab damals den Spruch: In Burbank ist Tangury weltberühmt