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"???" – das ist das Firmenzeichen der drei jungen Detektive Justus, Peter und Bob. Sie lösen ihre Fälle vorwiegend mit Köpfchen – aber sie verachten auch die Hilfe moderner Technik nicht. Ob die ihnen in diesem mysteriösen Fall um das Gespensterschloss und den eigenartigen Stummfilmstar Stephan Terrill behilflich sein werden? Filmproduzent Albert Hitfield glaubt jedenfalls fest an die Fähigkeiten der drei Detektive. In dem Schloss, das er als perfekte Kulisse für seinen neuen Film ausgesucht hat, scheint es tatsächlich zu spuken. Werden die drei ??? dem gruseligen Treiben ein Ende bereiten?
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Seitenzahl: 182
und das Gespensterschloss
erzählt von Robert Arthur
Kosmos
S. 1:
Umschlagillustration von Andreas Ruch, Düsseldorf
Umschlaggestaltung von der Peter Schmidt Group, Hamburg,
auf der Grundlage der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)
S. 2:
Umschlagillustration und -gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)
Hinweis: Dieses Buch wurde vor vielen Jahren geschrieben und veröffentlicht. Es ist ein Produkt seiner Zeit. Daher kann es diskriminierende Darstellungen enthalten, die in der Gesellschaft zu wenig infrage gestellt wurden. Jegliche Art von Diskriminierung passt nicht zu unserem heutigen Verständnis von einer vielfältigen und gleichberechtigten Gesellschaft. Wir haben uns dennoch entschlossen, das Buch in seiner Originalfassung zu belassen. Wir empfehlen, sich kritisch mit dem Thema Diskriminierung auseinanderzusetzen.
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Leonore Puschert
Titel der Originalausgabe: "Alfred Hitchcock and The Three Investigators in The Secret of Terror Castle"
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© 2021, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,
Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Wir behalten uns auch die Nutzung von uns veröffentlichter Werke für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
ISBN 978-3-440-50432-1
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Zur Beachtung: Die folgenden einführenden Worte verpflichten den Leser in keiner Weise, ihnen Beachtung zu schenken.
Albert Hitfield
Mit den besten Empfehlungen …
Ständig scheine ich etwas zu empfehlen oder vorzustellen: Fernsehsendungen, Filme und Bücher voller Geheimnis, Spuk und Spannung, damit meine Freunde etwas zum Gruseln haben. Diesmal nun stelle ich drei Jungen vor, die sich »Die drei Detektive« oder »Die drei ???« nennen, in einem goldbeschlagenen Rolls-Royce umherkutschieren und allen möglichen Geheimnissen, Rätseln und dunklen Zusammenhängen auf der Spur sind. Reichlich sonderbar, nicht wahr?
Ehrlich gesagt: Ich wollte mit diesen drei Bengeln erst gar nichts zu schaffen haben. Aber voreilig gab ich meine Zusage, ihre Sache zu vertreten, und dazu stehe ich – auch wenn man mir dieses Versprechen mittels einer Erpressung reinsten Wassers abgerungen hat (doch davon später).
Kommen wir zum Thema. Diese Jungen, die drei Detektive, sind Bob Andrews, Peter Shaw und Justus Jonas. Alle drei wohnen in Rocky Beach, einem Städtchen an der Pazifikküste, nicht weit von Hollywood.
Bob Andrews, klein und drahtig, ist gewissermaßen Verstandesmensch, doch nicht ohne einen Hang zum Abenteuer. Peter Shaw ist ziemlich groß und kräftig gebaut. Justus Jonas ist – nun, meine persönliche Meinung über Justus Jonas möchte ich zunächst für mich behalten. Ihr sollt Euch selbst ein Bild von ihmmachen, während ihr die Geschichte lest, ich will mich einfach an die Tatsachen halten. Aus diesem Grund bezeichne ich Justus mit dem gleichen Wort wie seine Freunde: stämmig. Als kleines Kind hieß er nur »Dickerchen« und erntete allgemeine Heiterkeit, wenn er stolperte und hinpurzelte. Seit dieser Zeit hat er eine tiefe Abneigung dagegen, ausgelacht zu werden. Damit man ihn endlich ernst nahm, stopfte er sich wie besessen mit Wissen voll. Sobald er lesen konnte, las er alles, was ihm in die Finger kam: Naturwissenschaften, Technik, Psychologie, Kriminologie und vieles andere. Da er ein gutes Gedächtnis hat, blieb vieles von dem Gelesenen haften, sodass die Lehrer es vorzogen, im Unterricht nicht mit ihm über Sachfragen zu diskutieren: Zu oft mussten sie sich von ihm belehren lassen.
Wenn euch Justus Jonas nun schon ziemlich unausstehlich vorkommt, so kann ich euch nur beipflichten. Zwar sagt man, er habe viele gute Freunde, doch über den Geschmack von Jugendlichen lässt sich bekanntermaßen streiten.
Nun könnte ich noch vieles über Justus und die beiden anderen Jungen berichten. Ich könnte euch erzählen, wie Justus ein Preisausschreiben gewann und seither in dem goldblinkenden Wagen fahren darf. Ich könnte erzählen, wie er im Städtchen für sein Talent berühmt wurde, Verlorenes wiederzufinden – unter anderem entlaufene Haustiere. Ich könnte … Aber ich finde, ich habe meiner Pflicht genügt und mein Versprechen eingelöst. Mag die Geschichte beginnen! Zu meinem Privatvergnügen (das habe ich mir vom Verfasser des Berichts ausgebeten) werde ich euch beim Lesen durch versteckte Fingerzeige Gelegenheit geben, diedrei Detektive in ihrem Vorgehen zu überprüfen oder – warum nicht? – zu überrunden. Doch ihr werdet von mir höchstens eine Nasenlänge Vorsprung bekommen (das haben sich der Verfasser und die drei Detektive ihrerseits ausgebeten) – der Rest ist eure Sache!
Nun, seid ihr mir bis hierher gefolgt? Dann seid ihr sicherlich noch erleichterter als ich, wenn dieses Geleitwort hiermit zu Ende ist.
Albert Hitfield
Bob Andrews stellte sein Fahrrad vor dem Haus seiner Eltern in Rocky Beach ab und ging hinein. Als die Haustür ins Schloss fiel, rief seine Mutter von der Küche her: »Robert? Bist du das?« »Ja, Mama.« Bob kam an die Küchentür. Seine Mutter, braunhaarig und schlank, war gerade beim Kuchenbacken.
»Wie war’s in der Bücherei?«
»Wie immer«, sagte Bob. Aufregend war die Sache schließlich noch nie gewesen. Er half stundenweise in der Bücherei aus, sortierte zurückgegebene Bücher, stellte sie ins Regal und ordnete neue Bände nach Sachgebieten.
»Dein Freund Justus hat angerufen.« Die Mutter rollte den Kuchenteig auf dem Backbrett aus. »Ich soll dir etwas ausrichten.«
»Etwas ausrichten?«, rief Bob plötzlich aufgeregt. »Was denn?«
»Ich hab’s mir aufgeschrieben – der Zettel ist in meiner Tasche. Wenn ich mit dem Teig fertig bin, kann ich ihn dir zeigen.«
»Weißt du nicht auswendig, was er wollte? Vielleicht braucht er mich!«
»Eine gewöhnliche Mitteilung könnte ich schon behalten«, antwortete seine Mutter, »aber Mitteilungen von Justus sind nie gewöhnlich. Es war etwas Merkwürdiges.«
»Justus drückt sich gern merkwürdig aus.« Bob zwang sich, ruhig zu bleiben. »Er hat unheimlich viel gelesen. Manchmal kann man ihm nicht gleich folgen.«
»Nicht nur manchmal«, entgegnete die Mutter. »Er ist überhaupt ein sonderbarer Junge.«
»Ich würde sagen: Er ist uns allen über«, erklärte Bob. »Mama, kannst du nicht jetzt den Zettel rausholen?«
»Gleich«, sagte Mrs Andrews und rollte den Teig noch dünner aus. »Übrigens, was stand da gestern in der Zeitung – von einem Luxusauto, in dem Justus einen Monat lang fahren darf?«
»Das war ein Preisausschreiben von einer Mietwagenfirma«, erklärte Bob. »Sie stellten in einem Schaufenster einen großen Topf mit Bohnen aus. Wer möglichst genau erraten konnte, wie viele Bohnen drin waren, sollte den Rolls-Royce mit Chauffeur dreißig Tage lang bekommen. Justus rechnete drei Tage lang, bis er heraushatte, welchen Rauminhalt so ein Topf hat und wie viele Bohnen darin Platz haben. Und damit hatte er gewonnen. – Mama, bitte, kann ich jetzt den Zettel haben?«
»Na schön.« Bobs Mutter wischte sich das Mehl von den Händen. »Aber was fängt Justus bloß mit einem Rolls-Royce und einem Chauffeur an, und wenn’s auch nur für dreißig Tage ist?«
»Ja, weißt du, das haben wir uns so gedacht –«, fing Bob an, aber seine Mutter hörte schon nicht mehr zu.
»Was man heutzutage nicht alles gewinnen kann!«, sagte sie. »Kürzlich las ich von einer Frau, die bei einem Wettbewerb im Fernsehen eine Motorjacht gewonnen hat. Sie lebt in den Bergen und wird bestimmt noch verrückt, weil sie nichts damit anfangen kann.« Während sie redete, zog sie ein Stück Papier aus der Tasche. »Hier ist deine Nachricht«, sagte sie. »Sie lautet: ›Grünes Tor, Römisch Eins. Die Maschine läuft.‹«
»Mensch! Danke, Mama«, rief Bob und war schon beinahe draußen, als die Mutter ihn zurückrief.
»Robert, was um Himmels willen bedeutet das? Hat Justus die Nachricht irgendwie chiffriert?«
»Gar nicht, Mama. Der Text ist ganz klar und eindeutig. Du, ich hab’s eilig.«
Bob stürzte aus der Tür, schwang sich auf sein Rad und fuhr los, zum »Gebrauchtwarencenter T. Jonas«.
Beim Radfahren behinderte ihn der Gips an seinem Bein kaum noch. Er hatte sich den »Orden« verdient, wie es Dr. Altman nannte, als er törichterweise ganz allein einen der Berge von Rocky Beach erklimmen wollte. Rocky Beach liegt in einer Ebene, begrenzt vom Meer auf der einen und einer Bergkette auf der anderen Seite. »Berge« ist ein wenig zu hoch gegriffen, aber Hügel von recht ansehnlicher Größe sind es schon. Bob war den Abhang fast zweihundert Meter hinuntergerollt und hatte ein Bein mehrfach gebrochen – ein neuer Rekord, wie man ihm im Krankenhaus bescheinigte. Dr. Altman sagte aber, irgendwann werde der Gips abgenommen, und dann werde Bob gar nicht mehr daran denken. Obwohl der Gips manchmal lästig war, fühlte sich Bob die meiste Zeit kaum behindert. Als Bob die Innenstadt hinter sich gelassen hatte, war es nicht mehr weit bis zum »Gebrauchtwarencenter T. Jonas«. Einst hatte die Firma »Schrotthandel Jonas« geheißen, bis Justus seinen Onkel davon überzeugt hatte, dass der Name geändert werden müsse. Jetzt gab es dort außer Schrott und Altmaterial mancherlei Ausgefallenes, und die Leute kamen von weit her, wenn sie etwas brauchten, was anderswo nicht aufzutreiben war.
Für einen Jungen war das Warenlager ein Paradies. Schon der Bretterzaun, der das Anwesen umgrenzte, verriet dessen ungewöhnlichen Charakter. Titus Jonas hatte den Zaun mit billig eingehandelter Farbe kunterbunt gestrichen. Ein paar ortsansässige Künstler hatten ihm dabei geholfen, denn Mr Jonas schenkte ihnen häufig Material, das sie gebrauchen konnten.
Die ganze Front war mit Bäumen, Blumen, grünen Teichen und Schwänen bemalt, und auch eine Meerlandschaft war zu sehen. Auf den Seiten prangten wieder andere Bilder. Sicherlich war es das farbenfroheste Altwarenlager weit und breit.
Bob fuhr am Haupteingang vorbei, der aus den gewaltigen Eisentoren eines abgebrannten Gutshofs bestand. Fast hundert Meter weiter, bei der Ecke, wo der Zaun einen grünen Ozean und eine hilflos im tosenden Sturm tanzende Zweimastbarke zeigte, hielt er an und stieg ab. Hier waren die beiden grünen Planken, die Just zu einem privaten Eingang umgebaut hatte – Grünes Tor I. Bob drückte auf das Auge eines Fisches, der aus den Wogen das sinkende Schiff betrachtete, und die Bretter schwangen zur Seite.
Bob schob sein Rad durch und schloss das Tor. Nun war er im Lagerhof, in der Ecke, die sich Justus als Freiluft-Werkstatt eingerichtet hatte.
Sie lag im Freien, wenn man von einem vielleicht zwei Meter breiten Dach absah, das fast durchgehend an der Innenseite des Zauns umlief. Unter diesem Dach lagerte Mr Jonas den besseren Trödelkram.
Als Bob eintrat, saß Justus Jonas in einem alten Schaukelstuhl und knetete mit den Fingern seine Unterlippe – ein sicheres Zeichen dafür, dass sein Verstand auf Hochtouren arbeitete. Peter Shaw stand an der kleinen Druckmaschine, die als Schrott hier gelandet und von Justus mit viel Mühe wieder repariert worden war.
Die Maschine stampfte im Takt. Peter, ein großer dunkelhaariger Junge, schob weiße Karten ein. Das war der Sinn von Justs Nachricht gewesen: Die Druckmaschine arbeitete, und er bat Bob, durch das Grüne Tor I zum Treffpunkt zu kommen.
Aus dem Teil des Grundstücks, wo das Büro lag, konnten die Jungen nicht gesehen werden – insbesondere nicht von Tante Mathilda, einer wohlbeleibten Dame, die eigentlich der Motor des Geschäfts war.
Sie hatte ein weites Herz und war unendlich gutmütig, aber wenn ihr ein Junge unter die Augen kam, so kannte sie nur eines: ran an die Arbeit mit ihm!
Als Akt der Selbstverteidigung hatte Justus das gestapelte Altmaterial nach und nach so umgeschichtet, dass es seine Werkstatt den Blicken entzog. Seither war er dort mit seinen Freunden ungestört, wenn er nicht seinem Onkel oder seiner Tante wirklich zur Hand gehen musste.
Als Bob sein Fahrrad abgestellt hatte, hielt Peter die Maschine an und reichte ihm eine der gedruckten Karten. »Sieh dir das an!«, sagte er.
Es war eine großformatige Visitenkarte. Darauf stand:
»Donnerwetter!«, sagte Bob anerkennend. »Das hat wirklich Pfiff. Dann willst du also loslegen, Just?«
»Wir haben schon immer davon gesprochen, ein Detektivbüro zu eröffnen«, sagte Just. »Und mein Gewinn – ein großer Wagen dreißig Tage und Nächte zur freien Verfügung – setzt uns alle in die glückliche Lage, dem Geheimnis nachzuspüren, wo es uns begegnet. Mindestens für eine begrenzte Zeit. Darum wollen wir den Start wagen. Wir nennen uns ab sofort ›Die drei Detektive‹. Als Erster Detektiv übernehme ich die Strategie. Peter, Zweiter Detektiv, wird für alle Aufgaben eingesetzt, die körperliche Kraft und Geschicklichkeit erfordern. Da du, Bob, beim Beschatten von Verdächtigen oder beim Zäune-Überklettern zurzeit etwas behindert wärst, kommt es dir zu, die nötigen Nachforschungen in unseren Fällen zu betreiben. Außerdem wirst du über unsere gesamte Tätigkeit die Akten führen.«
»In Ordnung«, meinte Bob dazu. »Bei meinem Job in der Bücherei komme ich leicht an interessantes Material heran.«
»Neuzeitliche Ermittlungsverfahren erfordern eingehendes Recherchieren«, sagte Justus noch. »Aber warum beäugst du unsere Karte so sonderbar? Darf ich fragen, was dich daran stört?«
»Na ja, die Fragezeichen«, gab Bob zu: »Was soll das eigentlich?«
»Auf die Frage habe ich gewartet«, sagte Peter. »Just meinte, du würdest bestimmt fragen. Und jeder andere auch, sagte er.«
»Das Fragezeichen«, erläuterte Just, »ist das universelle Symbol des Unbekannten. Wir sind bereit, Rätsel, Geheimnisse und Verwicklungen aller Art zu lösen, sofern man uns damit betraut. Daher soll das Fragezeichen unser Gütezeichen sein. Drei Fragezeichen bedeuten immer: Die drei Detektive!«
Bob dachte, Justus sei am Ende, aber er hätte es besser wissen sollen. Justus kam jetzt erst richtig in Fahrt.
»Und überdies«, sagte er, »werden die Fragezeichen Interesse wecken. Die Leute werden fragen, was sie zu bedeuten haben– genau wie du. Man wird uns daran erkennen. Sie werden kräftig für uns werben. Jedes Unternehmen braucht Werbung, um Kunden zu gewinnen.«
»Großartig«, sagte Bob und legte die Karte auf den Stapel zurück, der bereits gedruckt war. »Und wenn wir nun noch einen Fall zu bearbeiten hätten, würde unser Geschäft florieren.«
Peter sah bedeutungsvoll drein. »Bob«, sagte er, »wir haben einen Fall!«
»Einspruch«, unterbrach Justus. Er richtete sich auf, und sein Ausdruck wurde konzentriert. Das sonst eher runde Gesicht erschien länger, er sah älter aus. Mit seiner stämmigen Statur wirkte Justus leicht dicklich, wenn er sich nicht gerade hielt.
»Bedauerlicherweise«, erklärte er, »ist noch ein kleines Hindernis zu verzeichnen. Es gibt zwar einen Fall für uns – und ich glaube bestimmt, dass wir ihn leicht lösen können –, aber man hat uns noch nicht eingeschaltet.«
»Um was geht es denn?«, fragte Bob begierig.
»Albert Hitfield sucht für seinen nächsten Film ein Haus, in dem es spukt«, sagte Peter. »Mein Vater hat es im Studio gehört.« Mr Shaw war Trick-Experte bei einer der Filmgesellschaften in Hollywood, nicht weit von Rocky Beach jenseits der Berge.
»Ein Spukhaus!« Bob runzelte die Stirn. »Wieso ist ein Spukhaus ein Fall für uns?«
»Wir können ja das Haus untersuchen und feststellen, ob es wirklich darin spukt oder nicht. Das wäre Werbung für uns und würde den drei Detektiven zum Start verhelfen.«
»Nur hat Mr Hitfield uns nicht darum gebeten, für ihn Spukhäuser zu erforschen«, sagte Bob. »Das meinst du wohl mit dem kleinen Hindernis?«
»Wir müssten ihn eben dazu bewegen, unsere Dienste in Anspruch zu nehmen«, sagte Just. »Das wäre der erste Schritt.«
»Klar«, stimmte Bob in sarkastischem Ton zu. »Was ist schließlich dabei, wenn wir bei einem berühmten Filmproduzenten anklopfen und sagen: ›Sie wollten uns sprechen, Sir?‹«
»Ganz so lässt es sich wohl nicht anstellen, aber im Prinzip ist das die richtige Idee«, meinte Just. »Ich habe Mr Hitfield schon wegen eines Termins angerufen.«
»Wirklich?«, fragte Peter und sah ebenso überrascht aus wie Bob. »Und er sagte, wir könnten kommen?«
»Nein«, räumte Just ein. »Seine Sekretärin ließ mich gar nicht mit ihm reden.«
»Kann man sich vorstellen«, sagte Peter.
»Sie sagte sogar, sie würde uns festnehmen lassen, wenn wir ihm zu nahe kämen«, setzte Just hinzu. »Albert Hitfields Sekretärin ist nämlich zurzeit ein Mädchen, das hier in Rocky Beach zur Schule ging. Sie war ein paar Klassen über uns, aber ihr kennt sie bestimmt noch. Henrietta Larson.«
»Henrietta, der Feldwebel!«, rief Peter. »Und ob ich die noch kenne!«
»Die hielt doch immer zu den Paukern und schikanierte die Jüngeren«, ergänzte Bob. »So eine vergisst man nicht. Wenn Henrietta Larson Mr Hitfields Sekretärin ist, stocken wir besser auf. Drei Tiger kämen an der nicht vorbei!«
»Hindernisse«, erwiderte Just, »machen das Leben erst interessant. Morgen früh fahren wir alle in unserem feinen Leihwagen nach Hollywood und statten Mr Hitfield einen Besuch ab.«
»Und Henrietta schickt uns die Polizei auf den Hals!«, rief Bob aufgeregt. »Überhaupt habe ich morgen den ganzen Tag in der Bücherei zu tun.«
»Dann fahren Peter und ich allein. Ich rufe die Autovermietung an und sage Bescheid, dass ich den Wagen ab morgen zehn Uhr brauche. Und du, Bob«, fuhr Justus fort, »kannst, wenn du morgen schon in der Bücherei bist, im Zeitschriftenarchiv nach Material fahnden – hier!«
Er schrieb »Gespensterschloss« auf die Rückseite einer der Visitenkarten und reichte sie Bob. Der las und schluckte.
»Na schön, Just«, sagte er. »Wenn du meinst.«
»Die drei Detektive sind nun im Einsatz«, verkündete Justus befriedigt. »Einen Vorrat unserer Karten solltet ihr immer bei euch haben – als Empfehlung. Und morgen ist jeder auf seinem Posten, komme, was wolle.«
Am nächsten Morgen warteten Peter und Justus schon lange vor Ankunft des Rolls-Royce am großen eisernen Tor zum »Gebrauchtwarencenter T. Jonas«. Sie trugen ihre Sonntagsanzüge, weiße Hemden und Krawatten, die Haare klebten ordentlich am Kopf, und die Gesichter glühten unter der Sonnenbräune. Die Hände waren so unbarmherzig mit der Bürste geschrubbt worden, dass auch sie vor Sauberkeit leuchteten.
Als aber das große Auto endlich kam, überstrahlte sein Glanz alles. Es war ein Rolls-Royce älteren Baujahrs mit riesigen runden Scheinwerfern und einer ungewöhnlich lang gestreckten Kühlerhaube. Die Karosserie war eckig und kastenförmig. Doch alle Zierleisten und sogar die Stoßstangen waren vergoldet und blinkten wie Geschmeide. Der hochglänzende schwarze Lack spiegelte buchstäblich.
»Na so was«, sagte Peter ehrfürchtig, als der Wagen auf sie zurollte. »Der sieht ja aus, als wenn er einem hundert Jahre alten Multimillionär gehörte.«
»Der Rolls-Royce ist der teuerste Serienwagen der Welt«, erklärte Justus. »Das Modell wurde ursprünglich für einen reichen arabischen Scheich mit großem Hang zum Luxus gebaut. Jetzt setzt ihn die Firma hauptsächlich als Werbemittel ein.«
Der Wagen hielt, und der Fahrer schwang sich hinter dem Lenkrad hervor. Er war ein schlanker, aber muskulöser Mann, fast zwei Meter groß, mit langem, gutmütigem Gesicht. Er nahm die Dienstmütze ab und wandte sich an Justus. »Mr Jonas?«, fragte er. »Ich bin der Chauffeur, Morton.«
»Hm – guten Tag, Mr Morton«, sagte Justus. »Aber nennen Sie mich ruhig Justus.«
»Bitte, junger Herr –« Morton sah ganz betrübt drein. »Sie müssen mich einfach Morton nennen, das gehört sich so. Und es gehört sich auch, dass ich meine Dienstherrschaft anrede, wie es dem guten Ton entspricht. Sie sind ja nun meine Herrschaft, und ich möchte die Form wahren.«
»Na ja, dann eben Morton«, sagte Justus. »Wenn es sich so gehört.«
»Besten Dank, junger Herr. Der Wagen und ich stehen für dreißig Tage zu Ihren Diensten.«
»Dreißig Tage und Nächte«, sagte Justus. »So hieß es in den Wettbewerbsbedingungen.«
»Sehr wohl, junger Herr.« Morton öffnete die Tür zu den Rücksitzen. »Darf ich bitten?«
»Danke schön«, sagte Justus, als er mit Peter einstieg. »Aber Sie sollten uns nicht die Tür aufmachen. Dafür sind wir noch nicht alt genug.«
»Wenn Sie gestatten«, erwiderte Morton, »so würde ich es vorziehen, meinen Dienst in der gewohnten Weise zu versehen. Sonst komme ich möglicherweise aus der Übung.«
»Das leuchtet ein.« Justus dachte darüber nach, als Morton seinen Platz hinter dem Lenkrad einnahm. »Aber wir müssen vielleicht mal ganz rasch ein- oder aussteigen, Morton. Dann können wir nicht auf Sie warten. Könnten wir nicht zwischendurch allein ein- und aussteigen, und Sie helfen uns nur am Beginn und Ende jeder Fahrt?«
»Sehr wohl, junger Herr.« Im Rückspiegel konnten sie den wohlerzogenen Fahrer lächeln sehen. »Ein ausgezeichneter Vorschlag.«
»Und wir sind sicherlich auch nicht so würdevoll wie die Herrschaften, die Sie sonst fahren«, vertraute Justus ihm an. »Wir haben manchmal etwas ausgefallene Ziele … Hier, das erklärt es vielleicht besser.«
Er reichte Morton eine der Visitenkarten, die der Fahrer ernsthaft studierte. »Ich verstehe, junger Herr«, sagte er dann. »Ich bin von diesem Einsatz sehr angetan. Es ist doch eine Abwechslung, einmal junge, abenteuerlustige Leute zu fahren. Meine Fahrgäste waren in letzter Zeit meist recht bejahrt und vorsichtig. Und unser erstes Ziel, bitte?«
Peter und Justus hatten bereits begonnen, den Fahrer ungemein sympathisch zu finden.
»Wir möchten zum Universum-Studio in Hollywood, zu Albert Hitfield«, sagte Justus. »Ich – hm – ich hatte ihn gestern angerufen.«
»Sehr wohl, die Herren.« Im nächsten Augenblick brauste der Luxuswagen die Landstraße entlang, die über die Berge nach Hollywood führte. Morton sagte über die Schulter: »Ich mache darauf aufmerksam, dass der Wagen mit Telefon und Erfrischungsfach ausgestattet ist. Beides steht zu Ihrer Verfügung.«
»Danke sehr«, sagte Justus. Er benahm sich bereits so würdevoll, wie es einem solchen Gefährt wohl anstand. Er öffnete ein Einbaufach und nahm einen Telefonapparat heraus – vergoldet wie die Zierleisten am Wagen. Es gab keine Wählscheibe, man musste nur auf einen Knopf drücken.
»Funktelefon«, erklärte Justus seinem Freund. »Man drückt auf den Knopf und nennt dem Amt die gewünschte Nummer. Ich glaube aber, wir brauchen es jetzt noch nicht.« Mit leisem Bedauern stellte Justus den Apparat wieder an seinen Platz und lehnte sich in die Lederpolster zurück.
Die Fahrt verlief angenehm, aber ereignislos. Bald kamen sie durch die Geschäftsstraßen von Hollywood. Als sie sich ihrem Ziel näherten, begann Peter unbehaglich auf seinem Sitz umherzurutschen.
»Just«, sagte er, »hast du eigentlich eine Idee, wie wir in das Studio hineinkommen sollen? Du weißt doch, dass alle Studios hinter Mauern liegen und dass die Eingänge bewacht werden, damit Leute wie wir draußen bleiben. Wir schaffen es sicher nie!«
»Ich habe meinen Plan«, sagte Justus. »Hoffen wir, dass er funktioniert. Anscheinend sind wir da.«
Sie fuhren an einer hohen Betonmauer vorbei, die sich zwei Häuserblocks entlangzog. Auf einem Schild über der Mauer stand »Universum-Studio«. Die Mauer diente nur einem Zweck: Eindringlinge fernzuhalten – wie Peter gesagt hatte.
In der Mitte war ein hohes Eisentor, es stand offen. Ein Mann in Uniform saß in einem Glashäuschen neben dem Eingang. Morton lenkte den Wagen in die Einfahrt, und der Wachtposten sprang auf. »He! Augenblick mal!«, schrie er. »Wo wollen Sie hin?«
»Wir möchten zu Mr Albert Hitfield.«
»Haben Sie einen Durchlassschein?«, wollte der Posten wissen.