Die drei ??? und der Fluch des Rubins (drei Fragezeichen) - Robert Arthur - E-Book

Die drei ??? und der Fluch des Rubins (drei Fragezeichen) E-Book

Robert Arthur

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Beschreibung

August August braucht die Hilfe der drei ???. Er hat von seinem verstorbenen Großonkel den wertvollen Rubin "Feuriges Auge" geerbt. Doch auf dem Stein liegt ein Fluch: Jeder seiner Besitzer ist dem Tode geweiht. Um den Rubin zu finden und den Fluch zu brechen, müssen Justus, Peter und Bob eine ganze Kette rätselhafter Zusammenhänge lösen. Und sie sind nicht die Einzigen, die hinter dem Edelstein her sind. Sollen sie die Drohungen des geheimnisvollen Mr Rhandur ernst nehmen? Eine spannende Schatzsuche beginnt ...

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und der Fluch des Rubins

erzählt von Robert Arthur

Kosmos

S. 1:

Umschlagillustration von Andreas Ruch, Düsseldorf

Umschlaggestaltung von der Peter Schmidt Group, Hamburg,

auf der Grundlage der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

S. 2:

Umschlagillustration und -gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Hinweis: Dieses Buch wurde vor vielen Jahren geschrieben und veröffentlicht. Es ist ein Produkt seiner Zeit. Daher kann es diskriminierende Darstellungen enthalten, die in der Gesellschaft zu wenig infrage gestellt wurden. Jegliche Art von Diskriminierung passt nicht zu unserem heutigen Verständnis von einer vielfältigen und gleichberechtigten Gesellschaft. Wir haben uns dennoch entschlossen, das Buch in seiner Originalfassung zu belassen. Wir empfehlen, sich kritisch mit dem Thema Diskriminierung auseinanderzusetzen.

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele

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© 2021, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Wir behalten uns auch die Nutzung von uns veröffentlichter Werke für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

ISBN 978-3-440-50434-5

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Gruß an meine Leserinnen und Leser

Willkommen, junge Freunde! Ich freue mich, dass ihr mir und den drei Detektiven auch in diesem spannenden Fall wieder Gesellschaft leistet. Diesmal haben es die drei ??? mit einer geheimnisvollen Botschaft, einem seltsamen Erbe, einem unheimlichen Herrn aus Indien und diversen anderen Elementen zu tun, die ich hier noch nicht näher erwähnen möchte. Nur so viel: Wenn ihr Spaß am Geheimnis, am Kombinieren, an Spannung und Gefahr habt, dann seid ihr hier richtig. Alle, die uns schon kennen, können jetzt umblättern und gleich zur Sache kommen. Neulingen sei erklärt, dass mein junges Freundestrio – Justus Jonas, Bob Andrews und Peter Shaw – sich »Die drei ???« (sprich: die drei Detektive) nennt. Ihr Leitspruch heißt »Wir übernehmen jeden Fall«, und danach handeln sie auch! Sie haben bereits Fälle um ein Gespensterschloss und um eine flüsternde Mumie aufgeklärt, die – sagen wir es mit leichter Untertreibung – nicht gerade alltäglich waren. Justus Jonas kann sich beachtlicher Beobachtungs- und Kombinationsgabe rühmen. Peter Shaw ist der starke Mann des Trios. Bob Andrews’ Stärke ist das Recherchieren. Zu dritt sind sie ein hervorragendes Team.

Die Heimat der drei ist Rocky Beach in Kalifornien, nicht weit vom berühmten Hollywood. Ihr Hauptquartier befindet sich auf dem Gelände der Firma »Gebrauchtwarenzentrum T. Jonas«, die Justs Onkel und Tante, Titus und Mathilda Jonas, gehört. Genug der Einleitung. Start frei für unser neues Abenteuer!

Albert Hitfield

Ein Anruf für die drei ???

Auf dem Schrottplatz der Firma Jonas herrschte Hochbetrieb. Mrs Mathilda Jonas hielt ihren Neffen Justus und seine Freunde Bob und Peter ganz hübsch auf Trab. Vor der schmucken kleinen Baracke, die sie sich als Büro eingerichtet hatte, saß sie auf einem Gartenstuhl aus Eisengeflecht und beobachtete mit Adleraugen die drei Jungen. Sie entluden gerade den großen Lastwagen. Titus Jonas hatte von seiner letzten Einkaufstour wieder alles Mögliche mitgebracht.

»Justus!«, rief Mrs Jonas. »Die Statuen auf dem Wagen! Bringt sie alle hierher und stellt sie auf den Tisch da – in einer Reihe. Das wird eine hübsche Ausstellung.«

Sie meinte eine Reihe Gipsköpfe berühmter Männer, die, sorgfältig auf Tücher gebettet, hinten im Lastwagen lagen. Der Fachmann hätte sie nicht als Statuen, sondern als Büsten bezeichnet: Nur Kopf und Schultern waren ungefähr in halber Lebensgröße modelliert. Es waren Plastiken von der Art, wie sie manchmal in Museen und Bibliotheken auf Konsolen stehen. Justus, Bob und Peter erklommen den Lastwagen und sahen sich die Büsten kritisch an. Einem Jungen erschienen sie ja nicht gerade begehrenswert! Es waren insgesamt dreizehn Stück, und alle waren vom Staub vieler Jahre ein wenig angegraut. Jede Figur trug ihren Namen in den quadratischen Sockel eingemeißelt.

»Julius Cäsar, Octavian, Dante, Homer, Francis Bacon, Shakespeare.« Justus las ein paar Namen vor. »Anscheinend sind es lauter Berühmtheiten.«

»Augustus von Polen«, entzifferte Bob. »Von dem hab ich nie gehört.«

»Und da – Luther und Bismarck.« Peter wies auf zwei sehr ernst blickende Büsten.

»Und hier haben wir Königin Victoria«, meinte Justus. »Und Washington, Franklin und Lincoln.«

»Fangen wir mit Washington an.« Peter bückte sich, um George Washingtons Büste aufzuheben. »Uff!«, keuchte er. »Ist der schwer!«

»Pass gut auf, Peter!«, rief Mrs Jonas. »Die Figur ist sehr wertvoll – sie ist ein Kunstwerk. Dafür werde ich wohl fünf Dollar verlangen können!«

»Ich geh runter und nehm ihn dir ab«, sagte Justus. Peter kniete sich auf die Pritsche und ließ George Washington behutsam in Justs Arme gleiten. Justus umklammerte die Büste und machte damit ein paar Schritte rückwärts. Vorsichtig stellte er das Abbild von Amerikas erstem Präsidenten auf den Tisch. Dann wischte er sich über die Stirn. »Tante Mathilda«, meinte er, »ich glaube, wir sollten mit dem Abladen auf Patrick und Kenneth warten. Peter und ich lassen womöglich so einen Kopf fallen.«

»Ja, das sähe euch ähnlich«, stimmte Mrs Jonas zu. Sie hatte während des ganzen Manövers kein Auge von den beiden gelassen. »Und schon wären fünf Dollar hin! Gut, Justus, ihr seid entlassen. Meinetwegen könnt ihr jetzt eine Klubsitzung abhalten.« Vor längerer Zeit hatten Bob, Peter und Justus einen »Klub der Knobelfreunde« gegründet, aus dem später das Unternehmen der drei Detektive geworden war. Mrs Jonas hatte allerdings nie so ganz begriffen, dass die Jungen – obwohl sie an Rätselfragen und Preisausschreiben durchaus noch ihren Spaß hatten – sich in letzter Zeit hauptsächlich für richtige Geheimnisse interessierten, die sie lösen wollten.

Mrs Jonas wusste, dass Justus den Teil des Lagerhofs, der durch Stapel von Baumaterial fremden Blicken verborgen war, mit allerlei Gerätschaften – unter anderem einer Handabzugspresse – zu einer Werkstatt ausgebaut hatte. Aber sie wusste nicht, dass die Jungen gleich neben dieser Werkstatt auch das Zentralbüro ihrer Firma eingerichtet hatten. Diese Zentrale befand sich in einem alten Campinganhänger, den Mr Jonas mit einem Unfallschaden erworben hatte und dann nicht wieder losgeworden war. Er hatte ihn Justus für die Zusammenkünfte mit seinen Freunden überlassen. Während des vergangenen Jahres hatten die drei Jungen mithilfe von Patrick und Kenneth, den beiden muskelstarken Iren, die bei Titus Jonas arbeiteten, auch rings um diesen Anhänger allen möglichen Schrott aufgestapelt. Jetzt war er nach außen hin vollkommen abgeschirmt und konnte nur durch bestimmte Geheimeingänge betreten werden. In der Zentrale befand sich ein winziges Büro mit Schreibtisch, Telefon, Tonbandgerät, Aktenschrank und anderen notwendigen Dingen, und daran angrenzend ein ebenso enges Labor und ein Dunkelkämmerchen für Fotoarbeiten. Fast die ganze Einrichtung war in schrottreifem Zustand im Lager der Firma Jonas gelandet, und Justus und die anderen hatten dann alles wieder instand gesetzt.

Als die drei sich auf den Weg zur Zentrale machen wollten, bog gerade der kleinere Lastwagen in die Hofeinfahrt. Kenneth saß am Lenkrad, Titus Jonas auf dem Beifahrersitz. Das Größte an dem zierlichen Mann schien sein gewaltiger Schnurrbart zu sein. Patrick, Kenneths Bruder, fuhr hinten bei der Ladung mit. Der Wagen hielt, und Mr Jonas sprang ab. Die Jungen sahen, dass die Ladung aus einer Anzahl merkwürdiger schwarzer Gegenstände bestand – lauter Schneiderpuppen. Ihr Körper war ein Metallgestell mit schwarzer Tuchbespannung, dem Rumpf einer Frau nachgestaltet. Sie hatten keinen Kopf und statt der Füße einen Metallständer. Früher hatte es in jedem Haushalt so eine Puppe gegeben, an der die Frau des Hauses ihre selbst geschneiderten Kleider drapierte. Heute aber fand man kaum mehr eine im Gebrauch.

Mrs Jonas sprang von ihrem Stuhl auf und griff sich an den Kopf. »Titus Jonas!«, rief sie entsetzt. »Bist du übergeschnappt? Wie um alles in der Welt willst du eine Ladung alter Schneiderpuppen verkaufen?«

»Wir finden schon Verwendung dafür«, sagte Titus Jonas in ungebrochener Zuversicht. Mr Jonas war im Trödlergewerbe eine recht ungewöhnliche Erscheinung – er kaufte auf, was ihn persönlich interessierte, und nicht etwa Dinge, die sich leicht wieder absetzen lassen würden. Trotzdem konnte er fast alles mit hübschem Gewinn weiterverkaufen.

»Justus, denk mal nach«, befahl Titus seinem Neffen. »Wozu könnte eine alte Schneiderpuppe gut sein?«

»Nun«, sagte Justus ohne Zögern, »für einen Bogenschützenverein wäre so ein Ding eine hervorragende Zielscheibe.«

»Hmm.« Titus Jonas erwog den Vorschlag. »Nicht übel, gar nicht übel. Überleg nur weiter. Ah – ihr habt ja schon angefangen, meine schöne Gipsfigurensammlung abzuladen. Ein Gelegenheitskauf von künstlerischem Wert, möchte ich sagen.«

»Erst konnte ich mir nicht vorstellen, warum du sie gekauft hast«, meinte Mathilda Jonas. »Aber jetzt weiß ich, wie man sie an den Mann bringen könnte – als Gartendekoration! Sie würden doch in jedem Garten sehr hübsch aussehen, wenn man sie auf Säulen zwischen Blumen und Sträucher stellt.«

»Ich wusste es doch: Mathilda wird mich nicht enttäuschen«, sagte Titus. »Das ist die Idee! Patrick, Kenneth – ihr ladet sie jetzt alle ab. Und passt auf, dass ihr nichts abstoßt!«

Er setzte sich in den Schatten, holte seine Pfeife aus der Tasche und zündete sie gemächlich an, während Patrick und Kenneth die Gipsbüsten nacheinander vom Wagen hoben.

»Ja, meine Köpfe«, sagte er. »Ich hab sie in einem alten Haus in den Bergen entdeckt. Großartige alte Villa in einer Schlucht. Der Besitzer war gestorben. Die Möbel und Teppiche waren leider schon verkauft, als ich hinkam. Es war nichts mehr da bis auf Krimskrams, den niemand haben wollte – die Büsten da, ein paar Bücher, eine Sonnenuhr, einige Gartenmöbel. Also kaufte ich das Zeug.« Er verstummte und paffte vor sich hin. Justus, Bob und Peter nutzten die Gelegenheit zu verschwinden. Gleich darauf waren sie hinten im Hof in ihrer Werkstatt-Ecke.

»Huii!« Peter pfiff durch die Zähne. »Ich dachte schon, deine Tante ließe uns den ganzen Tag lang arbeiten, Just.«

»Das hatte sie auch vor, bis sie fürchtete, wir könnten so einen Gipskopf fallen lassen«, antwortete Justus. »Für Tante Mathilda wäre es unerträglich, an einem Gelegenheitskauf Geld zu verlieren.«

»Und was machen wir jetzt?«, fragte Peter. »Wir haben keinen Fall zu lösen. Vielleicht könnten wir uns die Karten von den alten Geisterstädten in der Wüste vornehmen, die wir später einmal erforschen wollen.«

»Oder wir lösen das Preisausschreiben, bei dem man eine Reise nach Hawaii für zwei Personen gewinnen kann«, schlug Bob vor.

»Na ja –«, fing Justus an. In diesem Augenblick begann ein rotes Licht am Schaltbrett über der Handpresse zu blinken.

»Da!«, rief Bob aufgeregt. »Telefon!«

»Vielleicht hat jemand einen neuen Fall für uns«, sagte Justus hoffnungsvoll.

Peter hatte schon das Eisengitter zur Seite geschoben, das hinter der Druckerpresse gegen eine Kiste gelehnt war. Er kroch in die Kiste und ließ sich in Tunnel II hinab, eine lange Röhre aus Wellblech, die teils unterirdisch, teils durch hohe Stapel von Altmaterial zu dem versteckten Campingwagen führte. Bob und Justus folgten. Am anderen Ende stieß Peter eine Falltür auf, und alle drei Jungen kletterten in das enge Büro ihrer Zentrale.

Tatsächlich – das Telefon klingelte. Schnell nahm der Erste Detektiv den Hörer ab. »Hallo!«, sagte er. »Hier Justus Jonas.«

»Einen Augenblick bitte«, sagte eine junge Frauenstimme. Alle drei konnten sie über den Lautsprecher, den Justus installiert hatte, gut hören. »Ich verbinde mit Albert Hitfield.«

Albert Hitfield! Wenn Mr Hitfield anrief, so bedeutete das meist, dass er einen Fall für sie hatte.

»Hallo, Justus, junger Freund!« Mr Hitfields tiefe Stimme mit dem britischen Akzent füllte dröhnend den kleinen Raum. »Ich hoffe, ihr seid zurzeit nicht überlastet. Ich habe hier einen jungen Mann, der Hilfe braucht, und ich glaube, dafür wärt ihr drei genau die Richtigen.«

»Wir wollen es gern versuchen, Mr Hitfield«, sagte Justus. »Worum geht es denn Ihrem Freund?«

»Er hat eine Erbschaft gemacht«, sagte Mr Hitfield. »Unglücklicherweise hat er aber keine Ahnung, was das Erbe sein könnte und wo es zu finden ist. Wenn ihr morgen früh um zehn Uhr zu mir ins Büro kommen wollt, kann er euch alles Nähere selbst erzählen.«

Da hatte ich mir die Burschen also wieder aufgehalst …

Durch den überraschend positiven Verlauf früherer Ermittlungen hatte ich jedoch diesmal schon so viel Zutrauen in die Fähigkeiten der drei Nachwuchsdetektive gewonnen, dass ich ohne Zögern einen Fall, dessen Hauptbeteiligter aus Übersee bei uns zu Gast war, in ihre Hände legen konnte.

Übrigens – wer nicht nur zur Unterhaltung mitlesen, sondern auch zur Übung fürs Köpfchen mitlösen möchte, dem will ich gern ab und zu durch einen Hinweis auf die Sprünge helfen. Nebenbei: Die Idee, Gipsbüsten als Freiluft-Plastiken zu verwenden, ist zwar originell, aber nicht ohne Risiko. Mathilda Jonas bewies bei ihrem Vorschlag ein ausgesprochen sonniges Gemüt und einen reizenden trockenen Humor. Wir werden sehen …

Ärger mit Mr Gelbert

»Fantastisch!«, rief Peter. »Mr Hitfield hat einen neuen Fall für uns!«

»Ein Junge, der etwas geerbt hat und nicht weiß, was das ist und wo es steckt …«, wiederholte Bob mit gerunzelter Stirn. »Ich finde, das hört sich reichlich verwickelt an.«

»Je vertrackter, umso besser«, sagte Justus.

»Für die Fahrt nach Hollywood brauchen wir aber einen Wagen«, warf Peter ein. »Zum Universum-Studio und zu Mr Hitfields Büro in dem alten Laster – na, ich danke.«

»Ich ruf ja gerade die Autovermietung an.« Justus wählte eine Telefonnummer. »Die sollen uns morgen früh den Rolls-Royce und Morton schicken.«

Justus hatte vor einiger Zeit in einem Wettbewerb den ersten Preis gewonnen: einen echten Rolls-Royce – und zwar ein Luxus-Veteranenmodell mit goldenen Beschlägen – samt Chauffeur zur freien Verfügung. Der Wagen hatte ihnen bei ihrer Detektivkarriere schon unschätzbare Dienste geleistet, in Südkalifornien sind die Entfernungen sehr groß, und ohne Auto käme man hier nicht weit. Natürlich konnten sich die drei hin und wieder den kleinen Lastwagen der Schrottfirma und dazu Patrick oder Kenneth als Fahrer ausborgen. Aber für einen Besuch bei Albert Hitfield, dem berühmten Regisseur, war ein Lastwagen doch wohl nicht würdig genug.

»Hallo«, sagte Justus in die Muschel. »Kann ich bitte den Geschäftsführer sprechen? … Guten Tag, Mr Gelbert. Hier ist Justus Jonas. Ich wollte Ihnen sagen, dass ich morgen früh um neun Uhr dreißig den Rolls-Royce und Morton brauche.«

Zu ihrer Überraschung hörten die Jungen den Mann am anderen Ende der Leitung sagen: »Ich bedaure, aber das wird sich nicht machen lassen. Die dreißig Tage Benutzungsdauer sind um.«

»Himmel!« Peter war ganz fassungslos. »Wir haben nicht aufgepasst! Die dreißig Tage sind verstrichen, ohne dass wir es merkten.«

Doch Justus sprach weiter ins Telefon. »Nach meinen Aufzeichnungen, Mr Gelbert«, sagte er, »ist von den dreißig Tagen noch einiges übrig.«

»Aber das stimmt doch gar nicht!«, flüsterte Peter heftig. »Die dreißig Tage sind vorbei. Er hat recht!«

Der Erste Detektiv winkte ab. Jetzt sprach wieder der Geschäftsführer der Autovermietung. »Ich fürchte, da liegt ein Irrtum vor«, sagte er unnachgiebig.

»Mr Gelbert«, erklärte Justus würdevoll, »ich glaube, wir beide gehen von verschiedenen Voraussetzungen aus, und das bedarf der Klärung. Ich werde in zwanzig Minuten in Ihrem Büro sein, dann können wir die Angelegenheit besprechen.«

»Hier gibt es nichts zu besprechen!« Die Stimme des Mannes klang jetzt verärgert. »Die Frist ist um. Schön, komm her – aber es wird dir nichts nützen.«

»Vielen Dank.« Just legte auf und wandte sich zu den anderen. »Wir müssen unsere Fahrräder holen und in die Stadt fahren.«

»Aber er hat doch recht!«, protestierte Peter, als sie durch Tunnel II ins Freie krochen. »Dreißig Tage sind dreißig Tage.«

»Nicht unbedingt«, widersprach Justus geheimnisvoll. »Überlasst mir das Reden.«

»Gut, rede du«, stimmte Bob zu. »Wir haben sowieso nichts vorzubringen. Ich finde, wir verschwenden nur unsere Zeit.«

Justus ließ sich nicht auf weitere Diskussionen ein. Sie radelten die Uferstraße entlang, die zum Zentrum von Rocky Beach führte. Links lag der Pazifik glitzernd und blau im Sonnenschein, die Wasserfläche von Booten betupft. Zu ihrer Rechten ragten die Berge von Santa Monica dunkel und zerklüftet empor. Die Autovermietung hatte ihr Büro in einem Eckhaus an der Hauptstraße. Die drei Detektive stellten ihre Räder vors Haus und gingen hinein – das heißt, Peter und Bob folgten Justus eher widerstrebend.

Man führte sie in das Zimmer des Geschäftsführers. Mr Gelbert, ein untersetzter Mann mit rotem Gesicht, zog unwillig die Brauen zusammen, als er die Jungen sah.

»Na!«, wandte er sich an Justus. »Du hast unseren Wettbewerb gewonnen, junger Mann, und du hattest den Wagen dreißig Tage lang zur Verfügung. Wie kommst du nun auf die Idee, das könnte so weitergehen? Kannst du nicht zählen?«

»Doch, Sir«, antwortete Justus höflich. »Ich habe mich bemüht, ganz genau zu zählen, Mr Gelbert.«

Er zog ein dünnes Notizbuch und einen Umschlag aus der Tasche. Aus dem Umschlag nahm er ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Es war einer der Reklamezettel, mit denen damals für den Wettbewerb geworben worden war. Der Text hieß:

Freie Fahrt im Rolls-Royce!

Wagen und Chauffeur gehören Ihnen für dreißig volle 24-Stunden-Tage! Große Preisfrage: Wie viele Bohnen sind im Topf?

Autovermietung Gelbert & Co.

»Na und?«, meinte Mr Gelbert nach einem kurzen Blick auf den Zettel. »Worauf willst du hinaus? Du hattest den Wagen dreißig Tage lang zur Verfügung – du konntest jeden Tag damit fahren, und ein Tag hat immer vierundzwanzig Stunden. Der Fall ist erledigt!«

»Bitte lesen Sie den Wortlaut Ihres Textes nochmals genau, Sir«, sagte Justus. »Hier steht, dass der Gewinner den Wagen dreißig volle Vierundzwanzig-Stunden-Tage benutzen darf.«

»Aber ja! Er war ja dreißig Tage lang für dich da, und jeder Tag hat vierundzwanzig Stunden. Das ist allgemein bekannt.«

»Genau, Mr Gelbert«, sagte Justus Jonas. »Es ist allgemein bekannt, dass ein Tag vierundzwanzig Stunden hat – also braucht man es nicht extra zu erwähnen. Warum haben Sie nicht einfach geschrieben: ›Gewinnen Sie einen Rolls-Royce für dreißig Tage‹?«

»Na, hör mal – das heißt –« Mr Gelbert verhaspelte sich vor Wut. »Ich wollte nur eben – na ja, dass es eindrucksvoller klingt, die Sache ein bisschen reißerisch aufziehen!«

»Verstehe ich vollkommen«, stimmte Justus zu, »aber ich kann Ihren Text nicht anders auffassen, als dass der Gewinner den Rolls-Royce so lange benutzen darf, bis er insgesamt dreißigmal vierundzwanzig Stunden damit gefahren ist. In anderen Worten: dreißig Tage, in denen der Wagen jeweils vierundzwanzig volle Stunden lang gefahren werden darf. Und nach meiner Rechnung …« – er öffnete sein Notizbuch und überprüfte die Eintragungen nochmals –, »nach meiner Rechnung haben wir den Wagen insgesamt siebenundsiebzig Stunden und fünfundvierzig Minuten lang benutzt – das macht drei Tage, fünf Stunden und fünfundvierzig Minuten. Also haben wir den Wagen noch rund weitere sechsundzwanzig Tage zur Verfügung. Sechsundzwanzig Tage zu je vierundzwanzig Stunden, wohlgemerkt.«

Peter und Bob trauten ihren Ohren nicht. Justus konnte unmöglich recht haben, doch seine Erklärungen von soeben hörten sich ungemein überzeugend an. Schließlich hatte es in den Wettbewerbsbedingungen wirklich geheißen: ›dreißig volle Vierundzwanzig-Stunden-Tage‹. Und wenn ein voller Tag bedeutete, dass man vierundzwanzig Stunden lang mit dem Wagen unterwegs gewesen war – nun, dann hatte Justus tatsächlich recht. Mr Gelbert schien vorübergehend die Sprache verloren zu haben. Er wurde krebsrot im Gesicht. »Das ist absurd!«, schrie er dann. »So etwas habe ich nie geschrieben. Zumindest habe ich es nicht so gemeint.«

»Darum ist es sehr wichtig, immer nur das zu sagen, was man meint«, erwiderte Just. »Hier, in unserem Fall, sagten Sie eindeutig –«

»Gar nichts sagte ich!«, brüllte Mr Gelbert. »Und wenn ihr glaubt, ihr könnt meinen besten Wagen mit Fahrer gratis benutzen, so oft es euch passt, dann habt ihr euch getäuscht. Was ich auf dem Reklamezettel geschrieben hatte, interessiert mich nicht. Ich meinte: dreißig Tage. Punktum! Eure Zeit ist also abgelaufen. Und damit basta!«

»Aber wir waren jetzt eine ganze Woche lang nicht hier, Mr Gelbert«, warf Bob ein. »Wir waren im Zeltlager. Da konnten wir ja den Wagen nicht benutzen. Könnten Sie nicht wenigstens diese eine Woche noch an die dreißig Tage anhängen?«

Automatisch wollte der Mann »Nein« schreien. Doch dann nickte er. »Also gut, ich will euch entgegenkommen. Wenn ihr mir versprecht, mich nicht mehr zu belästigen, könnt ihr den Wagen noch zwei Mal bekommen. Zwei Fahrten also, und dann ist endgültig Schluss!«