Die dritte Klinge - Kiara Lameika - E-Book

Die dritte Klinge E-Book

Kiara Lameika

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Beschreibung

Ulm, Spätmittelalter, a.d. 1499 Der junge Mathes wurde in den Schwabenkrieg am Bodensee einberufen, doch seine Verletzungen zwingen ihn in ein Ulmer Spital. Seine Freundin Ennlin begleitet ihn, geplagt von der Trauer um ihre verbrannte Mutter und dem Hass auf die Inquisition. Während sich die beiden Jugendlichen vor einem gefürchteten Hexenjäger verstecken, wird eine Frau ermordet. Ehe sie sich versehen, geraten Ennlin und Mathes in einen tödlichen Sumpf aus Hass, Wahn und Liebe, bis sie schließlich der Krieg einholt ... Nach "Das Mahnmal" und "Schatten des Zorns" der dritte Band der Mittelalterreihe "Düstere Lande".

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Kapitelübersicht

Erster Teil:

Die Toten von Ulm

1 Kriegstross

2 Gerbertochter

3 Dämonenbiss

4 Der lautlose Tod

5 Der Dominikaner

6 Das brennende Schwert

7 Der Geist der Kräuterfrau

8 Seelentanz

9 Im Fundenhaus

10 Hausenfest

Zweiter Teil:

Schwabenkrieg

11 Wut

12 Costentz

13 Nebel

14 Karnöffel

15 Thayngen

16 Der Turm des Todes

Dritter Teil

: Dämon

17 Das Verlies

18 Der Falschspieler

19 Die dritte Klinge

20 Ein treuer Freund

21 Hexenfeuer

22 Im Benediktinerkloster

Anmerkung der Autorin

(falls Sie die ersten beiden Bände

der Reihe „Düstere Lande“ nicht gelesen haben):

Im folgenden Buch werden

viele Handlungsstränge aus den vorherigen Bänden,

insbesondere aus „Schatten des Zorns“

aufgegriffen und weiterverfolgt.

Sie finden eine grobe Zusammenfassung

des zweiten Bandes

auf den letzten Seiten dieses Buches.

Viel Freude beim Lesen!

Kiara Lameika

Erster Teil

Die Toten von Ulm

Kapitel 1

Kriegstross

Der Teufel schleicht sich ein durch alle Sinneseingänge,

stellt sich dar in Figuren,

passt sich den Farben an,

haftet an den Tönen,

liegt verborgen im Zorn und in trügerischer Rede,

birgt sich in Gerüchen,

dringt ein mit Dünsten und

erfüllt mit Nebeln alle Zugänge zum Verstande.1

‚Tot.

Meine Mutter ist tot.‘

Wie abertausende Dornen stach dieser Gedanke in meinen Geist. Durchbohrte meinen Kopf, fraß sich in die Augen, wühlte sich durch die Brust und hinterließ eine gähnende Leere.

Die Kräuterkundlerin, wie die Leute sie genannt hatten, das Kräuterweib, war nicht mehr. Nur noch Asche.

Das musste sie sein, die Hölle. Kein ewiges Fegefeuer, sondern Leere, Nichts, Verdammnis.

Wie die sanften Wellen des Lechs wallte der Entschluss in mir hoch: Ich will nicht mehr. Lieber kein Leben als ein Dasein in diesem Abgrund.

Der Blick auf meinen Freund Mathes, der neben mir hertrottete, wischte diese schlimmen Gedanken beiseite.

Ich war gefallen – in ein tiefes, schwarzes Loch, als ich die Rauchsäule am Himmel über Augsburg gesehen hatte. Stürzte in dunkle Kavernen, ohne Halt – doch Mathes’ Umarmung holte mich in die Wirklichkeit zurück. Der Gerbersohn; der Letzte, der mir noch geblieben war.

Unwirsch warf mein Freund seinen Stock beiseite, auf den er sich seit unserem Aufbruch gestützt hatte. Seine Beinverletzung, die er sich auf der Flucht vor dem Hünen zugezogen hatte, schien langsam zu heilen. Die Wunde an seinem Kopf sah wahrscheinlich übler aus, doch sie war unter einem Verband verborgen.

Meine eigene Stirn zierte eine aufgeplatzte Schwellung, die ich Inquisitor Mertz verdankte. Den Kratzer, den er mir mit seinem Dolch an der Wange zugefügt hatte, nicht zu vergessen. Bei seinem Tod war ich dabei gewesen; der Hexenjäger war von seinen schrecklichen Taten eingeholt und mit einer Armbrust erschossen worden. Mathes hatte mir erzählt, dass der Hüne ebenfalls tot war. Nach unserem Aufbruch erwähnte mein Freund auch beiläufig den Tod des Scharfrichters, diesem Scheusal. Ihm gönnte ich es von ganzem Herzen. Mathes wusste nicht, was der Henker mir angetan hatte. Wahrscheinlich war ich sogar selbst für sein Ableben verantwortlich, wo ich doch einige Messerspitzen des grünen Wulstlings seiner Medizin beigemengt hatte.

Ennlin, die Giftmischerin.

Ennlin, die Waise.

Die Milchkuh vor uns, angebunden an der Rückseite eines Karrens, hatte bereits zweimal den Schwanz ein Stück zur Seite geschoben, sich es aber dann wohl anders überlegt. Allerdings war es nur eine Frage der Zeit, bis ein frischer Fladen auf die Straße nach Ulm klatschen und uns bespritzen würde.

Ennlin und ich verlangsamten unsere Schritte und ließen den nächsten Wagen passieren.

Zum zweiten Mal in meinem Leben verließ ich meine Heimatstadt, doch ganz im Gegensatz zur damaligen Vorfreude graute es mir. Der Krieg am Bodensee schien in vollem Gange. Die Bündner und Eidgenossen2 hatten sich bisher wacker geschlagen, Maximilian I.3 hingegen gab nicht auf. Noch diesen Sonntag sollte die Heerschau stattfinden und es hieß, man würde anschließend direkt ins Feindesland marschieren.

Ich erinnerte mich an meine Zwangsrekrutierung vor einigen Monaten; wie ich ins Lager hinter Bregenz verschleppt worden war. Mein erster Erkundungseinsatz, der schreckliche Kampf, die anschließende Gefangenschaft bei den Bündnern. Ein paar Wochen später die Schlacht an der Calven – mehr als einmal war ich dem Tod so nahe gewesen und doch lief ich jetzt, mit schmerzender Kopfverletzung und einem lahmen Bein erneut in Richtung des Krieges.

Im Augenwinkel bemerkte ich, wie Ennlin wiederholt mit dem Ärmel über ihr Gesicht fuhr und schalt mich für mein Selbstmitleid. Was war es denn schon, in den Krieg zu ziehen im Gegensatz zu ihrem Verlust? Ich konnte mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie es sich anfühlte, wenn die eigene Mutter starb; wenn man alles verlor. Ennlin hatte niemanden mehr – außer mir vielleicht. Entschlossen drückte ich den Rücken durch und ergriff ihre Finger. Natürlich wollte ich wissen, was sie in den letzten Tagen in Augsburg erlebt hatte und wie Inquisitor Mertz gestorben war. Allerdings war es dafür noch zu früh. Stattdessen hielt ich stumm ihre Hand, um ihr wenigstens etwas Trost zu spenden.

Marschlieder durchdrangen die Hitze; tiefe Stimmen versuchten sich sogar im Kanon:

„Wir zogen in das Feld,

wir zogen in das Feld.

Da hätten wir weder Säckl noch Geld,

mich ruft zu den Waffen, ich bin dabei,

an eurer Seite ihr Herrn.”

Einige lateinisch klingenden Worte mischten sich darunter, als würden manche Landsknechte in einer anderen Sprache singen. “Stampede malami pesente alfosta sinori4” oder so ähnlich.

Eine plötzliche Schmerzenswelle in meinem Kopf ließ mich die Augen für einen Moment schließen. Als ich sie wieder öffnete, blickte mich meine Freundin besorgt an.

„Wir müssen deinen Verband heute Abend erneuern.” Ihre Stimme klang schwach, fast ein Flüstern. Ein Schatten der lebhaften Ennlin von vor wenigen Wochen.

Obwohl mir trotz der Julihitze kalt war, schüttelte ich den Kopf. „Auf keinen Fall. Mir graut vor einem Feldscher5, der sein Handwerk nicht versteht. Es muss irgendwie so gehen.”

Hoffte ich jedenfalls. Ich sah nach vorne, schwang meinen Reisebeutel über die Schulter und gab vor, nach etwas Ausschau zu halten. Meine Freundin blickte mich noch einen Moment lang an, bevor sich ihre Augen eintrübten und sie wieder auf das Pflaster starrte.

„Wenigstens ist es mit meinem Bein besser geworden”, fügte ich hinzu. Aus einem unerfindlichen Grund hatte sich der Schmerz zu einem gelegentlichen Ziehen und Zwicken gemindert und ich hoffte, dass es bei der verarzteten Brandwunde an meinem Kopf ebenso gut laufen würde. Hände, Arme und der Riss an meiner Wange waren fast verheilt.

Hinter uns wurden Rufe laut, weil einige Reiter die Wagenführer anhießen, näher an den Straßenrand zu fahren. Kurz darauf trabten Berittene vorüber. Das Fuhrwerk vor uns machte allerdings keine Anstalten, den Weg freizumachen. Vielmehr entstand ein energisches Wortgefecht zwischen einem der Reiter und dem Lenker.

Wenig später ratterte eine prächtige Kutsche heran und dem Kutscher blieb nichts anderes übrig, als die Pferde zügeln. Neugierig blickten wir durch die Fenster, die aufgrund der Sommerhitze offen standen. Ein Dominikanerpriester saß dort, in ein Buch vertieft. Ich konnte weder erkennen, um welches Werk es sich handelte noch kannte ich den Mann, allerdings musste er wohlhabend sein. In dem Augenblick, als ich etwas näher an die Kutsche heranrücken wollte, stieß Ennlin neben mir unvermittelt einen leisen Schrei aus.

„Was …”, setzte ich an, brach jedoch ab, als ich ihre riesigen, vor Schreck aufgerissenen Augen sah. Im selben Moment wurden die Pferde wieder angetrieben, da der Wagen vor uns schließlich doch Platz gemacht hatte und die Kutsche verschwand aus unserem Blickfeld. Ennlin starrte erschrocken ins Leere, bevor sie mich ansah.

„Was ist los?”, fragte ich.

„Das war er!”, flüsterte sie eindringlich.

„Wer?”

„Der Mann. Hast du den Ring gesehen?”

„Ein Ring? Nein, ich habe auf das Buch … aber was hast du denn? Wer war das?”

Meine Freundin sah versonnen auf die Rückseite des vor uns fahrenden Wagens, während wir weiterliefen. Ich wartete geduldig ab, bis Ennlin endlich weitersprach.

„Ich weiß nicht, wer das ist, doch ich weiß, mit wem er zusammen war. Ich habe dir davon noch nichts erzählt.” Sie trat nahe zu mir und fuhr flüsternd fort: „Es geschah, bevor du mit dem Riesenkerl in jenem Lager eingesperrt warst. Ich beobachtete Inquisitor Mertz und den Hünen in einem Haus nahe des Rottores. Mertz wollte den Hünen zu etwas überreden – wahrscheinlich ging es darum, dich zu töten.

Außerdem sollte der Hüne einen Trank einnehmen. Er weigerte sich zuerst, bis plötzlich aus dem hinteren Teil des Raumes jemand erschien, der den beiden Furcht einflößte. Stocksteif standen beide da. Kurz darauf stürzte der Hüne den Trank in sich hinein und alle drei verließen das Haus in Richtung Stadt. Von der Gestalt, die ich nicht hatte erkennen können, war nur eine Hand zu sehen gewesen, und an dieser Hand steckte ein großer, rubinroter Ring. Genau wie bei dem Mann eben in der Kutsche.”

„Du meinst, es war derselbe Ring?”

Ennlin schnaubte ungehalten, sagte jedoch nichts.

‚Woher sollte sie es auch wissen‘, dachte ich mir und lenkte meinen Schritt nach links, um den Tross entlang blicken zu können. Die Kutsche war eine halbe Meile voraus und schien bereits alle Fuhrwerke hinter sich gelassen zu haben. Ich schloss zu dem Wagenführer vor uns auf, der eines seiner Arbeitspferde ritt.

„Herr, kanntet Ihr den Mann in der Kutsche eben?”

„Nein, und es ist mir auch scheißegal, wer da fährt”, entgegnete er mürrisch. „Wir haben Wägen, dass es mehrere Meilen lang misst, ein Kriegstross auf Befehl des Königs. Und dann kommt ein feiner Herr und will noch schneller sein, will uns am liebsten alle von der Straße stoßen, nur damit er irgendwelche Geschäfte tätigen kann, die ihn noch reicher machen, während wir in den Krieg ziehen müssen, kurz vor der Erntezeit. Hundsfott!”

Ich nickte ihm höflich zu, wünschte gute Reise und ließ mich wieder zurückfallen. Dem Mann war wohl das Klerikergewand in der Kutsche entgangen.

Ennlin schien mit den Gedanken woanders zu sein; ihr Blick hatte sich jedoch im Vergleich zu vorher gewandelt. Ich ahnte, dass sie etwas ausheckte und war froh darüber. Alles war besser als ihr gleichgültiger Gesichtsausdruck.

Wir waren eine halbe Meile weitergelaufen, bis sie mit einem Mal flüsterte: „Ich glaube, jener Mann mit dem Ring ist ein hochrangiger Priester – ein Abt oder so etwas. Er saß allein in einer großen Kutsche, begleitet von vielen bewaffneten Reitern.”

Ich nickte, denn auch meine Gedanken waren in diese Richtung gegangen.

„Vielleicht hat er sogar etwas mit Maximilian I. zu tun?”, hauchte Ennlin fragend.

Ich erschrak und wollte schon abwinken, meine Freundin hingegen fuhr bereits fort: „Du hast mir doch erzählt, dass die Inquisition nicht direkt mit der Kirche zusammenarbeitet, oder? Wer also könnte einem Inquisitor und dem Hünen als Handlanger so viel Angst einjagen, dass sie sich für ihn in Gefahr oder sogar in den Tod begeben?”

Mir fiel nichts ein, was ich dem entgegnen konnte, also zuckte ich nur mit den Schultern. Die Richtung, in die sich unser Gespräch entwickelte, behagte mir nicht. Allerdings war ich so froh, trotz Ennlins Trauer überhaupt wieder mit ihr reden zu können, darum schwieg ich.

„Ein hochrangiger Adeliger”, unterbrach das Mädchen murmelnd meine Gedanken. „Oder …” sie machte eine kurze Pause. Ich zuckte zusammen, als ihre Stimme wieder ertönte, flüsternd, fast drohend. Sie war hasserfüllt. „Oder der Papst.”

„Bist du verrückt?”, zischte ich leise. „Das war niemals der Papst. Der würde hier nicht herumfahren und hätte bestimmt noch viel mehr Leute um sich herum.”

„Das ist mir schon klar”, fauchte meine Freundin verärgert zurück. „Aber vielleicht ein hoher Gehilfe oder was weiß ich. Ich kenn mich bei deiner Kirche nicht aus.”

„Es ist nicht meine Kirche, allerdings verweigere ich mich dem Gedanken, der Papst, einer seiner Kardinäle, Äbte oder Bischöfe hätte bei unseren Erlebnissen die Finger im Spiel.”

„Pah, die sind doch alle gleich”, platzte Ennlin heraus. Ich hob beruhigend die Hände, aber sie fuhr bereits erregt fort: „Hast du mir nicht gesagt, jenes Buch gegen Hexen stammt vom Papst? Davon redete Mertz immer wieder auf dem Perlachplatz!”

„Der Papst hat den Hexenhammer6 nicht verfasst”, gab ich zurück, „das dachte ich nur zunächst. Es ist das Werk eines Inquisitors mit dem Namen Institoris7. Der Papst hat nur … sein Einverständnis gegeben.”

„Einverständnis zu was?”, hakte Ennlin nach. Ihre Stimme war brüchig, allerdings gleichzeitig fordernd.

„Na ja, ich bin mir da nicht sicher. Seine Zusicherung bestand wohl darin, dass er nicht im Weg steht.”

„Pah!”, rief das Mädchen erneut. „Also will die Kirche eigentlich nichts damit zu tun haben, gibt der Inquisition aber die Befugnis dazu? Also ist der Papst letztlich doch schuld an der Hexenverfolgung. Schuld an jeder verbrannten Frau.”

„Nein, Ennlin, ich verstehe ja, dass du …”, versuchte ich beschwichtigend einzuwerfen, ihr Blick war allerdings so zornig, dass mir die Worte im Hals stecken blieben.

‚Schuld am Tod meiner Mutter.‘

Diese Worte kreisten in meinem Kopf, während wir stumm weitertrotteten. Ich war von Hass erfüllt, so sehr, dass mir selbst bange wurde. Ein Zorn auf die Inquisition, die Kirche, den Papst – alle, die etwas gegen die sogenannten Hexen unternahmen. Es ging hauptsächlich gegen Frauen, genau, wie Schwester Sarah damals beschrieben hatte. War ein Weib besagt worden, also hatte jemand sie irgendeiner Tat bezichtigt, war sie so gut wie verloren. Selbst, wenn zu dieser Anschuldigung jeglicher Beweis fehlte. Was für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit!

In manchen Momenten war ich einfach Nichts, ich war wie der Staub im Wind. Es war mir egal, was um mich herum geschah. Dann kam mir sogar in den Sinn, nicht mehr weiterleben zu wollen.

Wenn ich allerdings darüber nachdachte, wer hinter meinen Schicksalsschlägen steckte, herrschte nur noch Zorn in mir, gepaart mit dem Wunsch nach Rache. Oh wie gut tat es zu wissen, dass der schreckliche Inquisitor und der schleimige Henker tot waren. Es verschaffte mir tiefe Genugtuung, doch warum war ich trotzdem so voller Hass? Hätte ich nicht einfach nur weinend auf einem Wagen sitzen müssen? Trauerte ich nicht richtig um meine eigene Mutter? Was war nur los mit mir?

Wurde ich verrückt? Geschah das so?

Oder steckte der Teufel in mir?

Schwarze Zauberei, so hatte es Mama genannt und mich davor gewarnt. Täte ich es, würde mich Satan hören. ‚Die Eintrittskarte zur Hölle‘, so lauteten ihre Worte.

Und ich hatte es getan. Weil ich am Ende gewesen war, gefesselt im Keller, bei Mertz mitsamt Henker. Ich wusste nicht, was ich tat und wie ich es tun sollte, aber ich hatte sie beide verflucht. Stumm, voller Wut und Hass.

Eine Wirkung gab es allerdings nicht. Oder doch? Immerhin waren beide mittlerweile tot. Vielleicht brauchte auch der Teufel Zeit, seine Opfer zu sich zu schaffen; mehr als ein paar Stunden waren schließlich nicht vergangen.

Obendrein hatte ich noch den Leichnam des Inquisitors geschändet, ihn um seine Münzen und den Dolch mit dem eingravierten Kreuz erleichtert.

Zog Satan nun an meiner Seele? An mir, die seine schwarze Magie verwendet hatte – wollte er mich in die Hölle holen, weil ich dazu verdammt war? Überkamen mich deswegen diese schlimmen, mächtigen Gefühle, weil es des Teufels Macht war, der in mir steckte? War ich bereits eine Ketzerin, weil ich Gott entsagt hatte; wurde ich langsam zu einer bösen Hexe, ohne etwas dagegen tun zu können?

Mit meinen Gedanken wollte ich allein sein, deswegen hielt ich mich ein paar Schritte abseits von Mathes.

Auch als wir abends rasteten und uns in der Nähe der anderen Kinder ein Lager einrichteten, achtete ich darauf, mit niemandem reden zu müssen.

Bereits kurz nach Einbruch der Dämmerung schlief mein Freund erschöpft ein, während in meinem Kopf alles durcheinanderwirbelte und mir keine Ruhe ließ.

*

Morgens machte Mathes einen gesünderen Eindruck und hielt gut mit dem Tross mit, doch bereits am Vormittag wurde sein Gang immer schleppender. Mittlerweile trottete er vornübergebeugt hinter dem Karren her, seinen Beutel mit Habseligkeiten und Proviant über die Schulter geschwungen.

„Tut es arg weh?”, fragte ich leise.

Er winkte ab und richtete sich auf. „Der Schmerz lässt nach, keine Sorge.”

Mit diesen Worten zog er die Schnüre seines Wamses fester und seine Schecke8 vor der Brust zusammen. Als er meine Hand ergriff, zuckte ich zusammen. Sie war eiskalt.

„Ist dir nicht zu warm?”, fragte ich, die Antwort ahnend.

„Nein, eher kalt. Praktisch bei der Hitze, nicht wahr?” Er versuchte ein Grinsen.

„Du hast Fieber.” Ich ließ nicht locker.

„Kann gar nicht sein.” Er atmete tief durch die Nase ein. “Schau, kein Schnupfen, nichts.”

„Man muss nicht immer Schnupfen haben, um Fieber zu bekommen”, gab ich zurück.

„Wird schon nicht so schlimm sein, wenn ich noch laufen und reden kann”, entgegnete er und drückte meine Hand fester.

Ich spürte tiefe Dankbarkeit, dass er für mich da war. Ohne Mathes wäre ich allein. Mit ihm mitzukommen, das verfluchte Augsburg und mein bisheriges Leben hinter mir zu lassen, bereute ich nicht. Auch wenn unser Ziel im Dunklen lag und womöglich erneut schreckliche Zeiten auf uns warteten: Wenigstens waren wir zusammen. Das war das Licht in der Dunkelheit, die mich umgab und zu verschlucken drohte. Es war wie ein Strahl der Sonne, der durch eine Lücke in schweren Gewitterwolken hindurchschien und mir ein bisschen Hoffnung gab.

Vielleicht benötigte ich Mathes, um dem Teufel den Garaus zu machen.

Entschlossen erwiderte ich seinen Händedruck.

1 Augustinus q. 83, zit. Der Hexenhammer, Übersetzung aus dem Lateinischen von J.W.R. Schmid, Teil 1 F 5

2 Bündner und Eidgenossen: Frühere Bewohner der heutigen Schweiz.

3 Maximilian I. *1459, †1519, historisch, König von deutschen Landen, ab 1508 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.

4 „Strampede mi a la mi presente al vostra signori”, der lateinische Refrain aus dem Landsknechtsmarsch, der ins frühe 16. Jhd. datiert wird, jedoch wahrscheinlich seinen Ursprung mit Aufkommen des Landsknechtswesens Ende des 15. Jhd. hat.

5 Feldscher: Feldscherer. Ein Scherer konnte ein Heilkundiger sein, der die Baderprüfung nicht bestanden hatte oder jemand, der sich in der Krankenpflege Kenntnisse angeeignet hatte. Wer eine Ausbildung bei einem Barbier machte, hatte ebenfalls den Gesellenstatus eines Scherers inne, obwohl er Zeit seiner Lehre fast nur Bärte gestutzt und Schnittwunden versorgt hatte. Meist wurden sie im Feld eingesetzt, daher auch Feldscherer oder Feldscher. Aber auch Bader und Barbiere wurden in der Not als Feldscherer eingesetzt. Zusätzlich wurden auch gelernte Wundärzte bei Bedarf (bspw. im Krieg) Scherer, wodurch die Qualität der medizinischen Versorgung im Kampf sehr unterschiedlich ausfiel.

6 Der Hexenhammer (Malleus Maleficarum): Eine Art Handbuch zur Hexenverfolgung. Gilt heutzutage als eines der verheerendsten literarischen Werke der Menschheit.

7 Henricus Institoris (alias Heinrich Kramer), * um 1430, historisch. Verfasser des Hexenhammers, einem reißerischen Buch, das die Hexenverfolgung legitimieren sollte. Durch verständliche Regeln wurde eine systematische Verfolgung und Vernichtung der Hexen gefordert. Wer dem Werk entgegenstand, wurde von den Inquisitoren teils als Ketzer oder Häretiker bezeichnet. Kramer bzw. Institoris, einer der bekanntesten Inquisitoren und Wegbereiter für die Hexenverfolgung, hatte dieses Buch verfasst und 1486 in Speyer veröffentlicht.

8 Schecke: Eine Art Jacke, die über dem Wams getragen wird, lang- oder kurzärmelig.

Kapitel 2

Gerbertochter

Wessen Seele sich zu

Magiern und Wahrsagern neigte

und mit ihnen hurte,

gegen die will ich mein Antlitz erheben

und will sie vertilgen

aus der Schar meines Volkes.9

Bereits von weitem konnte ich einige Dächer und Turmspitzen ausmachen. Schon bald kam die Stadtmauer in Sicht, die sich an der südlichen Seite an einen breiten, in der späten Nachmittagssonne glitzernden Fluss schmiegte. Im Norden sowie hinter der Stadt bildeten einige Hügel eine Art Einfassung, in deren Mitte Ulm lag.

Ich dachte gerade darüber nach, dass die Häuser sich in ihre Umgebung einzukuscheln schienen, als Mathes neben mir stolperte und auf die Knie fiel. Sofort rappelte er sich wieder hoch. Schweißperlen standen auf seiner Stirn.

„He, schau gefälligst, wo du hinläufst!“, rief der Wagenlenker hinter uns.

„Er ist krank!“, fuhr ich den Mann an.

„Schlecht für ihn, aber nicht zu ändern. Geht schneller oder zur Seite.“

Mathes wankte an den Straßenrand, ich hingegen gab nicht klein bei. „Herr, kann er nicht ein Stückchen bei Euch mitfahren?“

„Meinst du, ich will mir was holen? Auf keinen Fall!

Los jetzt, wenn ich bremse, werden auch alle hinter mir langsamer.“

„Er gehört zu Ritter Langenmantels10 Gefolge“, protestierte ich, trat jedoch widerwillig beiseite.

„Und wenn er ein Burggraf wäre, muss er dennoch Schritt halten, sonst kommt der Stockmeister11 und macht uns Beine.“

„Hat jemand gerufen?“, fragte ein Reiter, der auf einem Schimmel herantrabte. „Was fahrt Ihr so lahm, Mann?“

Schrecken zeichnete sich im Gesicht des Angesprochenen ab. „Der Bengel ist krank, Herr Stockmeister“, entgegnete der Wagenführer höflich.

„Ist gestürzt, daher musste ich bremsen.“

„Seht zu, dass Ihr aufholt“, wies ihn der andere knapp an.

Während der Mann erleichtert aufatmend seine beiden Ochsen antrieb, kniete sich Mathes auf den Boden.

„Und nun zu dir, Junge“, fuhr der Stockmeister fort.

„Wo brennt’s?“

„Am Kopf, Herr, und scheinbar deswegen habe ich Fieber.“

„Lass dich zurückfallen, bis ein Bader oder Feldscher vorbeifährt und dich untersuchen kann.“

„Ja, Herr“, gab Mathes zaghaft zurück. Ich wusste, dass er Angst vor jemandem hatte, der ihm sein Bein abnehmen würde, so wie ihm vom Medicus in Augsburg prophezeit worden war, sollte er an den falschen Scherer geraten. Doch bestimmt hatte der studierte Mann übertrieben.

Während der Stockmeister sein Pferd antrieb, setzten wir uns am Straßenrand nieder und beobachteten den vorbeiziehenden Tross.

*

„Ich kann dich hier nicht richtig behandeln.“ Der Feldscher war vom Wagen gestiegen, damit die Fuhrwerke nicht ins Stocken gerieten. „Es kann an deiner Kopfverletzung liegen, doch du hast möglicherweise auch etwas ganz anderes.“

Mathes wollte etwas entgegnen und machte einen Versuch, sich aufzurichten, allerdings zitterten seine Knie so stark, dass er sich dagegen entschloss und den Mund hielt.

„Wo soll er hin, Herr?“, fragte ich seiner statt, während ein großer Trupp Landsknechte vorüberzog, irgendein Lied singend.

„Wir sind gleich in Ulm. Dort gibt es Spitäler, außerhalb der Stadt auch eins für Arme. Dahin gehst du und lässt dich behandeln, bis du gesund bist.“

Mathes blickte auf. „Wird man mich dort aufnehmen, Herr?“

„Im Armenspital muss man das, ja. Wer ist dein Vorgesetzter?“

„Ritter Langenmantel, Herr.“

„Ist er beim Tross?“

„Ich glaube nicht, Herr. Der Trosswebel hat mich eingeteilt.“

„Dann geben wir ihm Bescheid. Er reitet im hinteren Teil.“

*

„Leg dich hier hin und ruhe dich aus, bald kommt jemand vorbei.“ Die Frau deutete auf eine Pritsche.

„Habt Dank“, murmelte Mathes und tat, wie ihm geheißen worden war.

Der Trosswebel hatte nicht einmal haltgemacht, während der Feldscher ihm die Krankheit beschrieb.

Sobald Mathes gesund sei, müsse er an den Bodensee nachreisen und sich bei ihm persönlich wieder zum Dienst melden.

„Danke, dass du mitgekommen bist“, sagte mein Freund, doch ich winkte ab. Mich würde im Tross sowieso niemand vermissen.

„Ich bin froh, bei dir sein zu können“, gab ich zurück.

„Ennlin, es tut mir so unendlich leid …“, begann er, aber ich schnitt ihm mit einer Handbewegung die Worte ab. Ich wollte nicht daran erinnert werden, sonst lief ich Gefahr, vor Schmerz verrückt zu werden.

Mühsam rang ich mit den aufkommenden Tränen, doch es hatte keinen Zweck. Schnell erhob ich mich und ging rastlos in dem Raum umher. Um mich irgendwie abzulenken, prüfte ich mit der Hand das Wasser eines Zubers, der inmitten des einfachen Zimmers stand. Schließlich setzte ich mich auf den Boden, entledigte mich eines Schuhs und schüttelte ein Steinchen heraus.

„Nur drei Pritschen haben die hier“, bemerkte Mathes.

„Das ist nur ein Raum, um neu eingetroffene Kranke untersuchen zu können, bevor man sie mit anderen zusammenlegt. Man weiß ja nie, was die so haben.

Nachher bringt einer Flöhe mit oder so.“

Noch während Ennlin sprach, öffnete sich die Tür.

„Damit hat sie recht“, sagte ein Mann und trat ein.

„Aber auf den ersten Blick siehst du ja ordentlich aus.“

Prüfend betrachtete er Mathes und fuhr fort:

„Gewaschen wird sich jetzt trotzdem. Anschließend werde ich dich untersuchen.“

An mich gewandt fragte er: „Und was fehlt dir? Außer der grässlichen Beule und dem Riss an der Wange?“

Meine Finger fuhren wie von selbst über meine Schläfe, wo mich die Faust des Inquisitors zweimal brutal getroffen hatte. Die Haut war gespannt und eingerissen, darunter pulsierte es schmerzhaft. Die Wunde an der Wange war nichts dagegen.

„Sonst ist nichts, habt Dank, Herr.“

„Mein Name ist Aschbach, ich bin Wundarzt. Du erhältst nachher eine Paste, die dir Linderung verschaffen wird.“

„Ein Wundarzt in einem Armenhaus?“ Ich konnte meine Verwunderung nicht verbergen.

Zu meiner Überraschung lächelte der Mann, den ich um die vierzig Jahre alt schätzte.

„Jeder Medizinkundige der Stadt muss einen Teil seines Dienstes hier verrichten. Derzeit bin ich an der Reihe. Woher kommt ihr?“

„Aus Augsburg, Herr. Ennlin und Mathes Pelker.“ Die Lüge ging mir locker über die Lippen, denn meinen alten Namen Bruckner wollte ich nie wieder verwenden. Mathes und ich hatten stillschweigend vereinbart, fortan als Geschwister aufzutreten, seit uns eine Frau beim Aufbruch dafür gehalten hatte.

„Ah, mit dem Tross wohl. Ist euer Vater Landsknecht und kann deswegen nicht hierbleiben?“ Er sah mich einen Moment prüfend an, bevor ich mir jedoch eine weitere Lüge zurechtgelegt hatte, sprang Mathes für mich in die Bresche: „Gerber, Herr Aschbach, aber ja, unsere Eltern konnten nicht hierher, deswegen begleitet mich meine Schwester.“

„Da ihr nicht arm seid, werdet ihr für die Behandlung bezahlen müssen. Vorher lasst mich mal schauen, was wir hier haben.“ Sein Blick wanderte von Mathes Verband herab und blieb an der Wunde an seinem Bein hängen. „Wie ist das passiert?“

„Ein Sturz vor einigen Tagen, Herr.“

Der Arzt nahm den Riss in Augenschein. „Es verheilt, an manchen Stellen hat sich allerdings Wundwasser angesammelt“, merkte er einen Moment später an.

„Es tut immer weniger weh, Herr“, warf mein Freund ein.

„Das kann mit dem Fieber zusammenhängen, das du hast, wie ich sehe. Kletter in den Zuber, lass den Kopf nicht nass werden und reibe nicht an der Beinwunde.“

„Ja, Herr.“ Mathes entledigte sich seines Obergewands, zögerte dann jedoch.

„Willst du deine Bruche12 auch gleich mit waschen oder wie? Keine Bange, ich hab schon unzählige nackige Frauen und Männer gesehen, ich guck dir schon nichts weg.“

Eilig bückte ich mich und tat, als würde ich meine Schuhsohle überprüfen. Erst als das Plätschern von Wasser zu vernehmen war, richtete ich mich wieder auf. Nur Mathes’ Kopf ragte aus dem Zuber, so klein kauerte er sich zusammen. Verlegen warf er mir einen Blick zu, während der Arzt begann, den Verband zu lösen. Ich nutzte die Gelegenheit, um die Kleidung meines Freundes auszuschütteln und mitsamt seinen Habseligkeiten ordentlich vor der Pritsche abzulegen.

„Puh, junger Gerber, das gefällt mir gar nicht. Hast du deinen Kopf in eine Esse gesteckt?“

„Ein Brand in einem Lagerhaus, Herr“, presste Mathes zwischen den Zähnen hervor, während Aschbach die Wunde untersuchte. „Ein Balken hat mich getroffen.“

„Wann war das?“

„Vorgestern Abend, Herr. Der Augsburger Medicus trug mir die Paste auf.“

„Das war richtig und sicherlich mit einiger Hoffnung verbunden, allerdings entzündet sich die Wunde. Tut es hier weh?“

„Ein bisschen, Herr.“

„Das ist gut.“ Behutsam drückte er die Fingerkuppe auf eine kleine Wölbung in der Wunde. „Und hier?“

Mathes zog scharf die Luft ein. „Ja, Herr.“

„Da sammelt sich Eiter. Das ist nicht gut.“

Ich war neugierig herangetreten, um nichts zu verpassen. „Hat er deswegen Fieber, Herr Aschbach?“, fragte ich.

Der Arzt nickte. „Möglich“, erwiderte er. „Durch die beiden Entzündungen und das Fieber sind die Säfte im Ungleichgewicht.“ Da ich ihn fragend ansah, fügte er hinzu: „Ich werde die Stellen mit dem angesammelten Wundwasser trockenlegen und anschließend mit einer Salbe bestreichen.“

„Aus Lindenblüten, Herr?“

„Mitunter, richtig.“

„Und Weidenrinde gegen das Fieber?“

„Auch korrekt, vermengt mit Pfefferminze und ein paar anderen Dingen. Du scheinst dich gut auszukennen, Gerbertochter. Außerdem darf er gewisse Dinge für eine Weile nicht mehr essen, doch das erkläre ich ihm später.“

Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Mit Kräutern und deren Heilungskräften war ich seit meiner Kindheit vertraut.

„Wasch dich ordentlich“, forderte der Arzt Mathes auf, „ich bin gleich wieder zurück.“

Nachdem der Mann den Raum verlassen hatte, flüsterte ich: „Meinst du, unser Schwindel funktioniert?“

„Dass wir uns als Geschwister ausgeben?“, entgegnete Mathes. „Ich denke schon.“

„Ennlin Pelker, Gerbertochter. Hört sich komisch an.“

„Stimmt, aber mir gefällt es. Hoffen wir nur, dass wir an keinen richtigen Gerber geraten. Wie funktioniert das eigentlich mit diesen Säften in mir drinnen, weißt du das?“

„Klar. Es gibt Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle.

Jene vier sorgen dafür, dass du gesund bist. Ist das nicht mehr der Fall, muss man den schwachen Saft stärken, beispielsweise durch gewisse Kräuter. Jede Pflanze, alles Essbare, ja sogar die Jahreszeiten beeinflussen dieses Gleichgewicht in dir.“

„Ah, verstehe. Für mich ist das alles neu, hab mich nie damit beschäftigt.“ Mathes tauchte das Gesicht ins Wasser.

„Ist ja auch richtig umfangreich“, fügte ich hinzu. „Ich weiß auch nicht alles darüber.“ Während mein Freund sich vorsichtig wusch, fragte ich: „Was meinst du, wie lange musst du hier bleiben?“

„Bestimmt nur ein paar Tage. Mir geht es schon wieder besser, das Wasser hat mich irgendwie belebt. Ich bin mir allerdings gar nicht mehr sicher, ob ich überhaupt weg möchte.“

„Wieso?“

„Was erwartet mich denn am Bodensee? Oder besser gesagt uns? Im Tross haben Männer darüber geredet, dass es wieder in eine Schlacht geht. Ritter Langenmantel ist ein alter Haudegen, der wird bestimmt nicht irgendwo in Lindoia13 in einer Schenke sitzen und mit seinen Kriegern den Gähnaffen14 machen.“

„Aber bist du nicht nur Schreiber?“, hakte ich nach.

„Nur Schreiber.“ Mathes klang gereizt, doch entgegen meiner Erwartung seufzte mein Freund nur, ehe er fortfuhr: „Ach, egal. Ich glaub’ nicht, dass ich irgendwo in einem Zelt sitzen kann, während Langenmantel in eine Schlacht reitet. Natürlich sind da Feinde, die bekämpft werden müssen, um das Land zu verteidigen. Doch was macht es für einen Unterschied, ob ich – oder wir – dabei sind?“

Er starrte ins Wasser und mir wurde schlagartig klar, was in diesem scheinbar ausdruckslosen Gesicht zu lesen war: Mathes hatte Angst. Er versteckte es nur unheimlich gut, tat locker und gleichgültig. Mich konnte er allerdings nicht täuschen. Seine Erzählungen von seiner ersten Reise waren spannend gewesen und klangen, als ob man dabei gewesen sein müsste, aber ich hatte nicht erlebt, was er in den Bergen durchmachen musste. Ich gestand mir ein, dass ich ihn um seine Abenteuer beneidete – um einige davon, wohlgemerkt. Auf Todesängste konnte ich gut und gerne verzichten, meine eigenen Erlebnisse reichten mir völlig aus.

Wahrscheinlich hatte Mathes letztlich recht: In Ulm war es besser als im Krieg, für mich sowieso.

Gleichzeitig war ich mir sicher, dass mein Freund seinen Herrn niemals enttäuschen könnte und so bald wie möglich weiterreisen würde.

Während sich Mathes die Bruche anzog, sah ich mir einen Wasserspeier an, der neben der Tür an der Außenwand angebracht war. Aus dem zahnlosen Maul wellte sich eine Zunge, deren Spitze auf ein Fass zielte.

Im Hintergrund gewahrte ich zwei Priester und einen Mann, der heftig gestikulierte und für einen Moment in meine Richtung blickte.

„Ist dies das Spital, Herr?“, fragte ich den zurückkehrenden Wundarzt und deutete auf das Gebäude, welches er eben verlassen hatte.

„Richtig, von den armen Siechen. Dort drüben ist die Kapelle des heiligen Leonhard15. Hat dein Bruder sich brav gewaschen?“

Ich nickte und trat beiseite, um den Mann einzulassen.

Mathes saß sichtlich erschöpft auf dem Rand der Pritsche.

„Sauberkeit ist wichtig, das weiß zwar jedes Kind, trotzdem kommen mir immer wieder Saubengel unter.“ Der Arzt tastete Mathes’ Rücken ab. „Sind meistens die Jungs, die den Schmutz suchen. Glaubt jedoch nicht, dass es keine stinkenden Mädchen gibt.

Wo ich grad darüber rede“ – der Mann sah mich prüfend an – „wann hast du dich das letzte Mal gewaschen?“

Ich spürte, wie mir das Blut zu Kopf stieg.

Körperpflege gehörte zu den Dingen, an die ich in den vergangenen Tagen keinen Gedanken verschwendet hatte. Warum auch? Ich war gefangen, gefesselt und geschlagen worden. Meine Mutter hatte man als Zauberin verbrannt und ich war aus Augsburg geflohen, damit man mich als Tochter einer Hexe nicht aufgreifen konnte. ‚Reicht das, um die Körperpflege zu vernachlässigen, Herr Aschbach?‘ Diese Worte lagen mir auf der Zunge, doch ich hielt sie zurück. Ich durfte mir nichts anmerken lassen, sonst wäre unsere Tarnung dahin. Außerdem brauchten wir den medizinkundigen Mann, damit Mathes eine anständige Behandlung erfuhr. Obendrein hatte er vermutlich recht; ich musste tatsächlich übel aussehen, nach dem was mir widerfahren war.

Anstatt also den Arzt zu beschimpfen hielt ich den Mund, nickte gehorsam und begann, meine Sachen auszuziehen. Während kurz darauf Mathes’ Bauch und Brust untersucht wurden, stieg ich im Rücken der beiden ebenfalls in den Zuber.

Mein Freund hatte recht gehabt, dass das kühle Nass seine Wirkung nicht verfehlte. Mich überkam das Gefühl, alles von mir waschen zu können; Gerüche, Schmutz, Blut, Gedanken, Erinnerungen. Wie schön wäre es doch, die Zeit zurückzudrehen? Ein paar Monate zurück, nach Augsburg, bevor die Mordserie überhaupt begonnen hatte.

Als ich Mathes noch hinterherlief, während er dieser dämlichen Fuggertochter nachstellte.

Als Mama noch lebte.

‚Sei stark, Ennlin‘, sprach ich mir in Gedanken Mut zu und tunkte den Kopf unter Wasser.

„… wo ist denn dieses junge Ding – ah, dort.“ Der Mann, den ich vorhin draußen bemerkt hatte, stand vor Mathes sowie dem Wundarzt und warf einen unangenehmen Blick in meine Richtung. Instinktiv schlang ich unter Wasser die Arme um meine Brust.

„Ihr achtet auf die Bezahlung, Herr Aschbach.“

„Selbstverständlich, Herr Ott.“

„Durch den Krieg werden wir überrannt“, fuhr der Mann weiter fort, während mein Freund sich auf dem Rand der Pritsche niederließ. „Die Stadt ist überfüllt und überall lungert Gesindel herum. Da können wir nicht auch noch Halbwüchsige gebrauchen. Schaut, dass sie schnell gesund werden und abreisen.“

„Ja, Herr Ott.“

„Manche der Armen im Spital könnte man bestimmt auch früher entlassen. Überprüft das und sorgt dafür, dass nur die wirklich Kranken hier bleiben. Die da“, er deutete auf mich, „hat doch nur eine Beule am Kopf.

Mit der kann sie gleich weiterreisen oder arbeiten. Hat dich dein Vater geschlagen, weil du vorlaut warst?“

„Nein, Herr …“, begann ich, doch er fuhr mir direkt ins Wort.

„Ist richtig so. Die Kinder von heute meinen, sie wissen alles besser und versuchen, ihrem Herrn auf der Nase herumzutanzen, von Respekt gegenüber anderen Erwachsenen ganz zu schweigen.“ Er wandte sich erneut an den Wundarzt. „Ihr achtet darauf, dass dieses vorlaute Gör entweder verschwindet oder hier genauso arbeitet wie jeder andere. Sobald dieser Bursche hier genesen ist, schickt ihn rasch dem Tross nach. Und wartet nicht damit, bis alles verheilt ist, diese Blagen sollen ihren Meistern dienen, wenn …“

Erneut tunkte ich meinen Kopf unter Wasser. Die Stimme des Mannes war schneidend und unangenehm. Außerdem wusste er nichts über uns, hatte keinen Schimmer, wen ich verloren hatte. Für ihn waren wir nur dahergelaufene Kinder, die er schnell wieder loswerden wollte.

„… aber zwei, drei Tage wirst du bestimmt hier bleiben müssen, auch wenn du dann die Heerschau verpasst“, meinte Aschbach, während ich wieder auftauchte. Der andere Mann war verschwunden.

„Damit ich dich so, wie es notwendig ist, behandeln kann.“

„Ist es teuer, Herr?“, fragte Mathes. „Eure Behandlung?“

„Für den Zuber ein Heller16, wie im Badehaus auch. Bei deiner Krankheit kommen noch Arznei, Speisen und die Betreuung hinzu, pro Tag drei Heller. Wenn deine Schwester hierbleiben will, muss sie auch bezahlen. Ihr habt Ott eben gehört. Ihr seid keine Ulmer Bürger, aber eben auch keine Bettler, ihr versteht?“ Sein Blick wanderte von Mathes zu mir.

Bevor Mathes etwas sagen konnte, stimmte ich zu. „Ja Herr, macht euch keine Sorgen ob der Bezahlung, Vater hat uns etwas mitgegeben.“

„Du musst hier arbeiten, Gerbertochter“, entgegnete der Arzt an mich gewandt, während mich mein Freund irritiert ansah. Er wusste ja nicht, wie viele Münzen ich bei mir trug – sogar Guldiner, die ich dem toten Inquisitor abgenommen hatte. Rasch verdrängte ich die aufkommenden Bilder aus dem Augsburger Keller.

„Wer sollte mich aufnehmen, Herr?“, fragte ich vorsichtig. Wenn eine Gerberei zur Sprache kommen würde, wäre ich verloren. Ich besaß keine Kenntnisse in Mathes’ Gewerk.

„Wenn man dich untersucht hat und für gesund befindet“, sagte Aschbach, „gehst du auf die Felder.

Oder du arbeitest hier im Spital mit.“

Erleichterung breitete sich in mir aus. Für diese Entscheidung benötigte ich nicht einmal einen Wimpernschlag. Bereits bei unserer Abreise hatte ich mich damit abgefunden, als Helferin von irgendeinem Scherer in den Krieg zu ziehen. Hier konnte ich sogar gleichzeitig in Mathes Nähe sein. „Ich arbeite gerne im Spital, Herr.“

„Dann wasch auch du dich ordentlich. Ich werde jemanden herschicken, der dich untersuchen wird, während ich für euch beide eine Arznei zubereiten lasse.“

9 Leviticus 19, zit. Der Hexenhammer, Übersetzung aus dem Lateinischen von J.W.R. Schmid, Teil 1 F 1

10 Johann IX. Langenmantel, * um 1440, historisch. Wurde 1495 durch Maximilian I. zum Ritter geschlagen.

11 Stockmeister: Verantwortlich für die Einhaltung der Disziplin im Tross, Unterstellter des Profoss, Vorgesetzter der Steckenknechte.

12 Bruche: Unterhose aus Leinen oder Barchent (teurer), ähnlich heutiger Boxershorts.

13 Lindoia: Lindau

14 Gähnaffe: Vergleichbar mit dem Sprichwort „Maulaffen feilhalten“. Es geht zurück auf Kienspanhalter, die ein Loch wie ein gähnendes Maul besaßen, in das der brennende Kienspan gesteckt werden konnte, um bspw. bei der Arbeit Licht zu haben.

15 Spital der armen Siechen mit Armenkapelle St. Leonhard, nahe der Kirche St. Leonhard am Gries, heutiger Bereich Friedenstraße 40 (s. SA, A Urk.-2755).

Kapitel 3

Dämonenbiss

So groß ist der Schandfleck des Verbrechens der Ketzerei,

dass zu dessen Verhandlung

auch Knechte gegen ihre Herren

und jedwede Verbrecher

und auch Infame gegen jedweden

zugelassen werden.17

Alles, was wir an Worten und Werken tun,

geschehe im Namen unseres Herrn Jesu Christi;

wenn eine Frau unschuldig ist,

wird ihr die Verhaftung nicht schaden.18

Mathes lag, die Augen geschlossen, auf der Pritsche.

Ich war von einer Begine19 untersucht worden, hatte allerdings darauf bestanden, bei meinem ‚Bruder‘ zu bleiben. Ich wollte nicht allein sein; schon gar nicht nackt, um von einer Fremden begutachtet zu werden.

Aber Blicke – auch von Mathes – auf meiner Haut zu spüren war ebenfalls das Letzte, was ich wollte. Doch mein Freund drehte sich galant zur Wand und tat, als würde er sich ausruhen. Wer weiß, vielleicht war es tatsächlich so.

Nachdem die Frau mich für gesund erklärte, reinigte ich meine Kleidung so gut es ging und verstaute sämtliche Dinge ordentlich. Den Dolch des Inquisitors, den ich seit der letzten Erlebnisse bei mir trug, band ich mir wieder fest an den Oberschenkel, sodass er nicht zu sehen war.

Da Herr Aschbach noch auf sich warten ließ, legte ich mich neben Mathes auf den Boden, den Kopf auf seinen Reisebeutel gebettet.

*

Eine Gestalt kniet betend vor einem Altar,

eine Frau mit langen, schwarzen Haaren.

Plötzlich springt sie auf,

dreht sich um,

brüllt wie von Sinnen,

greift sich mit den Händen an die Stirn,

als leide sie unsägliche Schmerzen.

Mit einem Mal erstarrt sie.

Aus dem Kopf stoßen zwei lange Hörner,

darunter erwachen lidlose, glühende Augen.

Dunkle Flügel wachsen als Arme,

mit pulsierenden leuchtenden Adern,

endend in scharfen Klauen.

Die Beine sind kurz, die Füße ähneln Hufen.

Ein Dämon.

Ein Dämon aus schwarzen Flammen,

von rötlichen Feuerzungen umhüllt.

Er springt ins Freie, schnaubt,

heißer Atem schneidet durch die Luft.

Mit einem Mal verwandelt er sich erneut,

färbt sich wie Stein

und ist im nächsten Augenblick

ein Wasserspeier.

Er sperrt sein Maul auf.

Es ist riesig, die Zunge ellenlang;

bedrohlich schwingt sie

zwischen langen Fangzähnen im Regen,

während sich das Ungetüm aufrichtet,

von seinem Sockel abstößt und

in das Grau des Himmels emporsteigt.

Der Wasserspeier kreist über den Dächern,

als wäre er auf der Suche nach Beute.

Vögel schrecken auf, doch das Biest

kümmert sich nicht um sie.

Unbeirrt fliegt er einem Platz entgegen,

auf dem Kinder mit einem Lederball spielen.

Sie balgen und raufen sich,

während der Wasserspeier vom Himmel stößt,

zielsicher, erbarmungslos.

Seine Zunge peitscht über den Platz,

ein kurzer, greller Schrei –

plötzlich fehlt eines der Kinder.

Ein zierliches Mädchen, dunkelblond.

Gerade hat es noch gelacht,

im nächsten Moment ist es verschwunden.

Der Wasserspeier keckert bösartig, steigt auf,

seine Flügel reißen Platten von einem Dach.

Brocken prasseln auf die Kinder nieder,

sie hetzen auseinander.

Der Wasserspeier fliegt davon,

hat die Vorsehung erfüllt.

Der Ball bleibt auf dem Platz zurück,

doch es ist gar kein Ball,

es ist der Kopf von –

„Nein!“

Ein Schrei weckte mich auf. Zuerst war mir nicht bewusst, wo ich mich befand, bis ich neben der Pritsche der auf dem Boden liegenden Ennlin gewahr wurde. Tränen pressten unter ihren geschlossenen Augenlidern hervor; hektisch warf sie ihren Kopf erst in die eine, dann in die andere Richtung. Plötzlich drückte sie den Rücken durch und bäumte sich auf; ein Ächzen drang aus ihrem Mund, gefolgt von einem gepressten Ton, der immer lauter zu werden schien.

Ungeachtet meiner Schmerzen war ich im nächsten Moment über ihr, wollte ihren Kopf festhalten, doch mit einem Mal peitschten ihre Arme wild umher.

„Ennlin! Wach auf!“

Anstatt aufzuwachen schlug sie um sich. Ich presste sie mit meiner Schulter auf den Boden und hielt gewaltsam beide Arme fest, bis ich eine Hand freibekam. Ennlins Lider flatterten, als ich ihr eine leichte Ohrfeige gab. Ehe ich reagieren konnte, bäumte sie sich auf und biss mir in den Unterarm.

„Ennlin?“ Erschrocken wich ich zurück.

Sie öffnete die Augen und sah sich um, bevor ihr Blick an mir haften blieb. Ein Zittern ging durch ihren Körper, während sie aufschluchzte. Das Mädchen kam mir so klein vor in diesem Moment, so zerbrechlich.

„Du hast geträumt“, flüsterte ich.

„Mama“, hauchte Ennlin. Dann drehte sie sich auf die Seite, zog ihre Knie an und weinte.

Langsam trat ich näher, ließ mich neben ihr nieder. Ich streckte beide Arme aus, unsicher, ob sie meine Umarmung wollte. Doch schon im nächsten Augenblick vergrub sie ihr Gesicht an meiner Brust.

Während sie von ihrem Weinen geschüttelt wurde, umarmte ich sie fest.

„Ruhig“, sagte ich leise. „Ruhig.“

„Ich schaff’ das nicht“, schluchzte Ennlin nach einer Weile. „In mir ist alles durcheinander.“

Ich erwiderte nichts, sondern verstärkte meine Umarmung, um ihr zu zeigen, dass ich für sie da war.

Auch wenn es in diesem Moment unpassend war, fand ich es schön, sie im Arm zu halten. Ihre Tränen durchnässten mein Untergewand, aber es kümmerte mich nicht. Es war ein gutes Gefühl, meine Freundin so nah bei mir zu haben, für sie da zu sein, auch wenn die Umstände nicht schlimmer hätten sein können.

„Kann Gott jemandem helfen, der den Teufel angerufen hat?“, fragte Ennlin mit zittriger Stimme.

„Du meinst, ob der Herr eine verlorene Seele rettet?“ hakte ich behutsam nach.

Das Mädchen nickte an meiner Brust und fügte hinzu:

„Wenn ein Mensch mit Satan paktiert, es aber eigentlich gar nicht wollte.“

„Wie kommst du denn darauf?“

„Hab ich vorhin von geträumt.“

„Ach so. Na ja, dann müsste derjenige ehrlich bereuen und bestimmt lange Zeit beten und sühnen. Die meisten Priester kennen sich mit so etwas aus. Ich glaube, das Gott jeden zu retten versucht, allerdings auch nur, wenn man es wirklich will.“

„Was geschieht, wenn es nicht klappt?“

„Dann wird die Seele des Menschen wohl auf ewig im Fegefeuer gefangen sein. Aber keine Sorge, Gott ist immer stärker als der Teufel.“

Ich löste die Umarmung, weil Ennlin sich von meiner Brust wegdrückte.

„Du bist verletzt“, sagte sie mit einem Blick auf meinen Arm. „Wie ist das passiert?“

„Das warst doch du“, entgegnete ich ungläubig.

„Gerade eben.“

„Ich?“ Das Mädchen sah mich vorwurfsvoll an. „Aber ich hab geschlafen.“

„Als du aufgewacht bist, schlugst du wild um dich und hast mich gebissen.“ Ich fuhr mit den Fingern über die Stelle. Es blutete nur ein bisschen, allerdings konnte man klar die Abdrücke von Zähnen erkennen.

„Sieh.“ Ich hielt ihr den Arm hin.

Ennlin berührte mit den Fingern ihre Schneidezähne, als ob sie sich vergewissern wollte, dass sie noch da waren. „Ich weiß davon nichts“, hauchte sie. „Ehrlich?

Du machst dich nicht über mich lustig?“

„Natürlich nicht. Oder glaubst du, ich beiß’ mich selbst, nur um dich reinzulegen? Jetzt, in unserer Lage?“

Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Tut mir leid“, flüsterte sie.

„Das war im Traum“, gab ich zurück.

*

„Das hier hilft gegen dein Horn, Gerbertochter“, meinte Herr Aschbach, tunkte die Fingerkuppen in ein kleines Holzgefäß und strich Ennlin damit über die aufgeplatzte Beule an ihrer Stirn. Meine Freundin zuckte zusammen, ließ die Berührung jedoch zu.

Anschließend wandte sich der Arzt mir zu und bedeutete mir, mich bäuchlings auf die Pritsche zu legen. Am liebsten hätte ich einfach die Augen geschlossen und geschlafen, so müde fühlte ich mich.

„An deinem Bein, Gerbersohn, werde ich später nur die Salbe auftragen. Am Kopf allerdings muss ich an zwei Stellen den Eiter ablassen. Dann bekommst du auch hierfür eine feine Paste, die das Austrocknen beschleunigt. Anschließend gehen wir ins Spital, wo man dich zur Ader lässt. Diese Maßnahmen sowie die Essensumstellung werden dazu beitragen, dass sich deine Säfte regulieren und du wieder gesund wirst.

Vor allem aber solltest du beten, damit Gott dir hilft, deine Verletzungen zu heilen.“

Er nahm einen feuchten Lappen aus einer Schale und tupfte vorsichtig über meine Kopfhaut. Ich biss die Zähne zusammen. Als Ennlin näher trat, reichte ihr der Arzt die flache Schüssel und holte ein sehr kleines Messer hervor, dessen Klinge äußerst scharf aussah.

„Es wird nur etwas zwicken, keine Sorge. Ich ritze die Haut nur an, das genügt.“

Es schmerzte tatsächlich nicht sehr, war allerdings ausgesprochen unangenehm. Ich konnte ja nicht sehen, was an meinem Hinterkopf geschah; spürte nur, wie dort irgendwas gewerkelt wurde. Ennlin musste mithelfen und bekam von Aschbach knappe Anweisungen.

„Tupfe das hier mit dem Tuch weg.“

„So, Herr?“

„Ja, allerdings nicht dort unten, nur hier. Sonst verteilst du den Eiter. Immer das Tuch in deiner Hand wandern lassen, damit eine frische Stelle die Flüssigkeit aufnehmen kann.“

Ich spürte ein leichtes Brennen.

„Gut so. Es darf nicht runterlaufen und in die restliche Wunde gelangen. Und wieder abtupfen.“

Der Schmerz wurde stärker.

„Jetzt trage ich die Paste auf, jedoch nur ganz dünn, damit nicht alles wieder verklebt.“

Die Berührungen waren unangenehm, die Kühle der Salbe hingegen linderte das brennende Gefühl.

„Fertig. Die Wunde darf mit nichts mehr in Kontakt kommen, mindestens bis zum Einbruch der Dunkelheit. Alles in Ordnung, Gerbersohn?“

Ich nickte. Obwohl ich den medizinkundigen Leuten nichts abgewann, war dieser Arzt gut. Jedenfalls soweit ich das beurteilen konnte. Mir gefiel, dass er über Krankheit und Behandlung redete und einen nicht im Unklaren ließ.

Kurz darauf tupfte er auch die Wunde an meinem Bein sauber und ließ Ennlin unter seiner Aufsicht die neue Paste auftragen. Meine Freundin blickte immer wieder zu mir auf, um sich zu vergewissern, dass sie mir keine Schmerzen zufügte, doch ich nickte ihr aufmunternd zu. Die Berührungen waren sanft und ich fand, dass sie die Arbeit gut verrichtete. Herrn Aschbachs Gebaren nach war er wohl derselben Ansicht. „Viel trinken solltest du ebenfalls in den nächsten Tagen“, ergänzte er.

Gleich darauf humpelte ich in Begleitung des Arztes und Ennlin über den Hof zum Spital.

Ich war beeindruckt, wie groß das Haus der armen Siechen war. Es besaß hohe Glasfenster und glich eher einer Kirche, mit vielen Lagerstätten in der Mitte und Pritschen an den Seiten. Zwei Priester waren bei Kranken beschäftigt, von denen einige greisenhaft alt wirkten und die meisten offensichtlich über keinen guten Lebensstandard verfügten.

„Wie können sich die Armen die Behandlung leisten, Herr?“, griff Ennlin meinen Gedanken auf.

„Bedürftige müssen nichts bezahlen“, entgegnete der Arzt. „Sie müssen für die Stifter und Spender dieses Gebäudes beten, mehrmals täglich.“

„Gibt es auch ein Spital für die reichen Siechen?“, fragte ich.

„Nein. Reiche Bürger holen Ärzte zu sich in ihre eigenen vier Wände. Aber es existiert ein ganz normales Spital. Ich wohne ganz in der Nähe.“ Er deutete auf eine Pritsche nahe des Eingangs. „Leg dich dort hin. Am besten auf den Bauch, damit du nicht während des Schlafs mit deiner Kopfwunde irgendwas berührst. Und das verletzte Bein unterlegst du – natürlich ohne Hose, dann gerät auch da nichts dran.

Ich muss mich jetzt noch um andere Kranke kümmern, wobei mir deine Schwester helfen kann.“ Er wandte sich an Ennlin. „Komm mit, Gerbertochter, dann lernst du gleich wieder etwas.“

Meine ‚Schwester‘ – das hörte sich eigenartig an. Ich erinnerte mich an früher, als Ennlin mir und meinem Bruder hinterherlief. Das kleine, nervige Gör, das immer dabei sein wollte. So lange war das gar nicht her, fühlte sich aber wie eine Ewigkeit an. Ich hatte das Mädchen völlig falsch eingeschätzt. Obendrein hatte sich Ennlin seit dem Frühjahr verändert, war viel reifer geworden. Ich spürte, dass ich sie immer mehr mochte und dass es gut tat, sie bei mir zu haben. Außerdem war sie klug, wofür ich sie bewunderte. Andere in ihrem Alter – nein, die meisten Mädchen und Jungen überhaupt, die ich kannte, hatten einfache Gedanken, sannen nicht über die Dinge nach – ganz im Gegenteil zu ihr und mir. Ich selbst hatte mir als kleiner Junge oft gedacht, dass ich anders sei, als beispielsweise Manfred Baumgartlinger, der Metzgersohn. Die Reise mit dem Kartografen Etzlaub hatte den Wissensdurst in mir verstärkt, ihn genährt. Ennlin, das spürte ich, war mir ähnlich. Sie stammte zwar aus noch einfacherem Hause als ich, doch ich war mir sicher, dass sie ebenfalls Lesen und Schreiben lernen könnte, wenn sie nur wollte.

Insgeheim schwor ich mir, meine Freundin in dieser schweren Zeit zu beschützen – oder besser gesagt zu unterstützen, denn einen Beschützer wollte Ennlin nicht.

Eine Weile beobachtete ich Ennlin, während sie und der Arzt sich den anderen Patienten zuwandten. Als sie einen der Kranken in den Nebenraum begleiteten, versuchte ich, eine einigermaßen bequeme Schlafposition zu finden und gleichzeitig Aschbachs Anweisungen zu befolgen. Trotz der unbequemen Lage übermannte mich bald die Müdigkeit.

Mathes war bereits eingeschlafen, als ich später nach ihm sah. Herr Aschbach nahm mich zu vielen der Kranken mit, um diese zu untersuchen. Gelegentlich ließ er mich anschließend die notwendigen Arbeiten ausführen und schon nach ein paar Stunden hatte ich viel Neues über Krankheiten sowie deren Behandlung gelernt. Bei der Kräuterkunde konnte ich bereits punkten, was der Arzt wohlwollend zur Kenntnis nahm. In vielen anderen Belangen hingegen fehlte es mir an Wissen. Am schlimmsten fühlte ich mich, als Herr Aschbach mir ein kleines, medizinisches Buch zeigte und ich ihm beichten musste, dass ich nicht lesen konnte. Zuerst hatte der Mann mir nicht geglaubt und später, so schien es mir, war er kürzer angebunden gewesen. Trotzdem erläuterte er mir anschließend einige Dinge anhand eines gezeichneten Bildes.

Nachts, so hatte mir der Arzt vor Antritt seines Heimweges erklärt, wäre im Notfall immer jemand in der Leonhardskapelle gegenüber, doch im Saal selbst würde außer den Kranken niemand übernachten. Ich bestand dennoch darauf, mir neben Mathes’ Pritsche mein Lager einzurichten. Nirgendwo sonst fühlte ich mich einigermaßen wohl und warm genug war es ja sowieso.

Vor dem Einschlafen graute es mir allerdings.

Konnte nicht einfach die Sonne aufgehen und mich im Spital weiterarbeiten lassen? Es tat gut, mitzuhelfen; etwas Neues zu lernen. Im Schlaf hingegen hetzten Trugbilder durch meinen Geist, schrecklich und erbarmungslos. Was war, wenn mich wieder so ein schlimmer Traum heimsuchen würde? Möglicherweise war ich, während ich schlief, anfälliger für den Teufel, der sich wegen des Fluches meiner Seele bemächtigen wollte. Ich musste ohne Schlaf auskommen, zumindest diese Nacht und beschloss, mich an Mathes’ Pritsche gelehnt auf die Decke zu setzen und wach zu bleiben.

Vorher aber war etwas zu erledigen, was keinen Aufschub duldete. Die Nachttöpfe waren vor dem Spital aufgestellt worden. Frische Nachtluft empfing mich; es hatte immerhin ein bisschen abgekühlt.

Wie gern war ich früher im Dunklen herumgelaufen.

Furcht schien es damals nicht gegeben zu haben.

Damals. Das war erst ein paar Monate her. Alles lag gefühlt so weit zurück.

Während ich still da saß, hörte ich ein Geräusch aus dem nahen Gotteshaus. Dort summte jemand eine Melodie. Wahrscheinlich der Priester, der die Nacht dort verbrachte. Mit den Klerikern musste ich mich wohl oder übel auch anfreunden, schließlich waren sie für das Spital verantwortlich. Ihnen aus dem Weg zu gehen würde nicht funktionieren und wer weiß, vielleicht konnte mir der eine oder andere ebenfalls etwas beibringen. Ich musste meinen Zorn auf die Kirche zügeln, wenigstens für den Augenblick.

In den Lichtschein, der einen leuchtenden Pfad über den Vorplatz sandte, trat unvermittelt eine Gestalt. Für einen Moment stand jemand im Eingang der Kapelle, bevor der Schatten seitlich verschwand. Ich hörte Tritte auf dem Pflaster und kurz darauf das metallische Klicken des Tores.

War das der Priester gewesen?

Nein, ich war mir sicher, keinen Umhang oder Kutte gesehen zu haben.

Rasch zog ich die Hose hoch und ging vorsichtig in Richtung des Lichts.

Zwei Laternen erleuchteten den Eingangsbereich. Das Gitter, welches die Kapelle teilte und dafür sorgte, dass nur Kleriker in den hinteren Teil gelangten, stand offen. Vor dem mit entzündeten Kerzen bestückten Altar kniete jemand.

Ich fühlte mich unwohl. Eigentlich wollte ich nicht hier sein, schoss es mir durch den Kopf. Nicht nur, weil es ein Gotteshaus war und ich bisher kaum etwas Gutes von der Kirche erfahren hatte. Irgendetwas stimmte hier nicht. Eigenartigerweise kam mir alles bekannt vor, doch woher nur?

Mein erster Gedanke war, mich umzudrehen und zu verschwinden.

Dennoch blieb ich. Eine unsichtbare Macht hielt mich zurück.

Leise trat ich ein.

Die Gestalt bewegte sich nicht. Sie trug einen alten Kapuzenumhang in der Art, wie sie an die Kranken im Spital verteilt wurde. Was tat jemand von den Patienten nachts in der Kapelle – und auch noch im abgesperrten Bereich?

Ich räusperte mich, doch nichts rührte sich.

Vorsichtig trat ich näher.

Dunkle Haarsträhnen ragten unter der Kapuze hervor.

Im nächsten Augenblick erinnerte ich mich und sog scharf die Luft ein. Mein Traum! Darin die schwarzhaarige Frau, die sich in einen Dämon verwandelt hatte. Ich war bereits zu nah, wenn sie sich gleich umdrehen und aufspringen würde, könnte sie mich packen!

Doch die Frau sprang nicht auf. Regungslos kniete sie vor dem Altar, während ich wie versteinert dahinter stand. Was war nur los mit mir? Das war ein Albtraum gewesen, nichts weiter. Erwartete ich wirklich, dass sich jemand in einen Dämon verwandelte, um mich zu verschlingen?

‚Reiß dich zusammen, Ennlin‘, sagte ich in Gedanken zu mir selbst.

Ich atmete tief ein und berührte die Schwarzhaarige sachte an der Schulter.

Zuerst geschah nichts – bis sie regungslos auf die Seite kippte. Im nächsten Moment war ich bei ihr und strich die Kapuze zurück. Die Frau gehörte zu den Kranken, die der Arzt und ich vor wenigen Stunden untersucht hatten. Ihr Blick war starr. Ich drehte sie auf den Rücken, schrie sie an, ergriff sie bei den Schultern und schüttelte sie. Nichts.

Sie war tot.

Ein Geräusch am Eingang ließ mich zusammenzucken.

17 Archidiaconus, zit. Der Hexenhammer, Übersetzung aus dem Lateinischen von J.W.R. Schmid, Teil 3 F 4

18 „Apostel“, abgew. zit. Der Hexenhammer, Übersetzung aus dem Lateinischen von J.W.R. Schmid, Teil 3 F 8

19 Begine / Begarden: Mitglieder religiöser Laiengemeinschaften, die sich manchmal der karikativen und vor allem heilkundlichen Tätigkeit verschrieben hatten. Beim in der Gemeinschaft üblichen Rosenkranzgebet sagte man nach einer festgelegten Anzahl und Reihenfolge Gebete (an einer Kette) auf.

Kapitel 4

Der lautlose Tod

Diese Mängel von Frauen werden auch gekennzeichnet

bei der Schaffung des ersten Weibes,

indem sie aus einer krummen Rippe geformt wurde,

d. h. aus einer Brustrippe, die gekrümmt und

gleichsam dem Mann entgegen geneigt ist.

Aus diesem Mangel geht auch hervor,

dass, da das Weib nur

ein unvollkommenes Tier ist,

es immer täuscht.20

Ich erwachte, als schon kein Licht mehr durch die Fenster fiel. Der Saal lag nahezu im Dunklen. Durch die Stille waren vereinzelte Schlafgeräusche zu vernehmen. Mein erster Gedanke galt Ennlin und ich sah auf dem Boden neben meiner Pritsche nach, doch auf dem dort eingerichteten Lager war niemand.

Erschrocken drehte ich mich auf den Rücken, wollte aufspringen – ein schmerzendes Reißen an meinem Kopf zwang mich schlagartig, vorsichtiger in meinen Bewegungen zu werden. Aufgrund Herrn Aschbachs Weisungen wagte ich nicht, meine Hose anzuziehen und stand behutsam auf.

Es passte gar nicht zu meiner Freundin, nach den jüngsten Ereignissen nicht in meiner Nähe zu bleiben.

„Ennlin?“, fragte ich leise in den Raum.

Keine Antwort.

Die ungewöhnliche Schlafposition hatte meinen Muskeln nicht gut getan und ich hinkte mühsam zum Eingang.

Beim Abort war ebenfalls niemand, doch aus der nahen Kapelle strahlte Licht.

„Ennlin?“, rief ich in die Dunkelheit, erneut ohne Erfolg.

Ich humpelte in Richtung des Gotteshauses. Vielleicht konnte mir der Priester, der dort die Nacht verbrachte, helfen.

Die Kapelle glich mehr einer kleinen Kirche. Im hinteren Bereich war eine Tür zu erkennen, die wohl zu einer Sakristei führte und neben dem Altar stand ein niedriges, fein verziertes Sakramentshaus. Was ich allerdings vor dem Altar sah, ließ mich schaudern: Ennlin kniete über einer Frau.

Plötzlich fing sie an zu schreien, ergriff das Weib bei den Schultern und schüttelte es.

Als ich näher trat, zuckte Ennlin zusammen und blickte auf. Erleichterung war in ihrem Blick zu lesen, gepaart mit Angst und Entsetzen.

„Um Gottes Willen“, entfuhr es mir, als ich die starren Augen der Frau sah.

„Sie ist tot“, flüsterte Ennlin wie zur Bestätigung und wandte sich ab. „Ich konnte nichts mehr tun.“

„Nichts mehr tun?“, echote ich. „Was hast du denn getan?“

„Nichts.“ Ennlin sah wieder auf. „Wirklich nicht. Sie war schon tot, als ich hereingekommen bin.“

Innerlich atmete ich auf, doch gleichzeitig überkamen mich Zweifel. Ich konnte mich nicht dagegen wehren.

„Kennst du sie?“, fragte ich.

„Sie gehört zu den Kranken aus dem Spital“, erwiderte das Mädchen. „Gestern war sie zwar schwach, allerdings in recht gutem Zustand.“

Ich gab mir einen Ruck, kniete mich neben der Toten nieder und ergriff ihre kalte Hand. Mit der anderen schloss ich ihre Augenlider. „Herr, erbarme dich ihrer Seele.“

„Was sollen wir tun?“, fragte Ennlin nach einem Moment der Stille. „Jemand lief aus der Kapelle, bevor ich herkam. Da muss die Frau bereits tot gewesen sein, so kalt, wie sie sich anfühlt.“

„Du meinst …“, begann ich und stoppte erschrocken.

Wenn das, was meine Freundin erzählte, tatsächlich so geschehen war …

„Mathes“, unterbrach das Mädchen meine Gedanken, „der Mann – ich glaube, es war einer – hat gesummt.