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»Ein isländischer Schriftsteller kann nicht leben, ohne beständig über die alten Bücher nachzudenken.« Halldór Laxness Der Stellenwert, den die Isländersagas im kulturellen Gedächtnis der Isländer einnehmen, ist enorm. Bis heute haben die fesselnden Geschichten rund um die Besiedelung der nordischen Insel nicht an Leuchtkraft verloren: Die Prosatexte aus dem 13. und 14. Jahrhundert sind eine Sternstunde der Geistesgeschichte Europas – und können hier in einer breiten Auswahl bewundert werden. Mit der vorliegenden Neuedition öffnet sich dem Leser ein Tor in eine Welt, die beseelt ist von wütenden Außenseitern, starken Frauen und Rechtskundigen, von Rache, Totschlag und Buße, aber auch von Schadenszauber und Wiedergängern und nicht zuletzt abenteuerlichen Reisen in ferne Länder. Die Isländersagas sind Weltliteratur. Die ›Isländersagas‹ - vorgelegt von den besten literarischen Übersetzern und angereichert mit wissenschaftlichen Zusatzinformationen - räumen einer der bedeutendsten Literaturen den Platz ein, der ihr gebührt. Mit einem Vorwort der Herausgeber Mit Faksimiles der mittelalterlichen Handschriften Mit Karten der Handlungsorte der Sagas Mit einem Glossar
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Seitenzahl: 181
Die Erzählung vom scharfzüngigen Halli und vier weitere Erzählungen
Isländersagas
Herausgegeben von Klaus Böldl, Andreas Vollmer und Julia Zernack
Aus dem Altisländischen von Thomas Esser
Fischer e-books
Mit einer Einleitung von Thomas Esser
Mit einem Vorwort der Herausgeber
Mit einer Faksimile der mittelalterlichen Handschrift
Mit einem Glossar
Die Isländersagas (Íslendingasögur) sind umfangreiche Prosaerzählungen in altisländischer Sprache, entstanden im 13. und 14. Jahrhundert. Sie gelten als der wichtigste Beitrag Islands zur Weltliteratur und sind in viele Sprachen übersetzt worden, mehrfach auch ins Deutsche. Die vorliegende Ausgabe präsentiert eine breite Auswahl dieser Sagas in neuen deutschen Übertragungen, ergänzt durch eine Reihe thematisch und stilistisch verwandter Erzählungen (þættir) aus derselben Epoche. In ihrer novellenhaften Kürze und Pointiertheit legen sie zusammen mit den Isländersagas in eindrucksvoller Weise Zeugnis ab von der im Mittelalter einzigartigen Erzählkunst Islands.
Viele Übersetzer haben zum Entstehen der neuen Ausgabe beigetragen. Wenn die Übertragungen dadurch einen je individuellen Ton bekommen haben, dann ist dies durchaus beabsichtigt. Denn die Originaltexte haben bei allen Gemeinsamkeiten doch immer eine deutlich eigene Prägung, die auch in der Übersetzung noch durchscheint. Damit die Sagas als literarische Kunstwerke für sich wirken können, sollten sie von allen erläuternden Zusätzen möglichst frei bleiben. Für das Verständnis unverzichtbare Anmerkungen der Übersetzer sowie Karten zur geographischen Orientierung finden sich in einem Anhang. Den größeren kultur- und literaturgeschichtlichen Zusammenhang erschließt der Begleitband.
April 2011
Die Herausgeber
Gull-Ásu-Þórðar þáttr
Aus dem Altisländischen und mit einer Einleitung von Thomas Esser
Die abgebildete Seite einer Handschrift aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zeigt den Anfang der Erzählung von Gold-Ása und Þórð. Die Überschrift, die jeweils erste Zeile eines Kapitels sowie Orts- und Eigennamen sind mithilfe einer Auszeichnungsschrift vom übrigen Text abgesetzt.
In der Erzählung von Gold-Ása und Þórð gelangt ein armer Isländer nach Norwegen und kommt bei einer wohlhabenden älteren Frau unter. Sie finden rasch Gefallen aneinander, und er begibt sich mit ihrer finanziellen Hilfe auf einträgliche Handelsfahrten. Eines Tages entlarvt er den Gefolgsmann eines mächtigen Fürsten als Dieb und setzt ihn fest, der Fürst will den Isländer dafür töten lassen. Insgesamt rückt der mächtige Norweger dreimal an, um den Isländer in die Hände zu bekommen, sieht sich aber aufseiten des Isländers einer immer größeren Mannschaft gegenüber.
Die darauffolgende Erzählung von Gunnar, dem Töter Þiðrandis, steht inhaltlich den Isländersagas sehr nahe, auch dadurch, dass sie auf Island spielt. Gunnar wird durch äußere Umstände dazu gebracht, den unschuldigen Þiðrandi zu töten. Er muss fliehen, um sich den erbarmungslosen Rächern entziehen zu können. Es gelingt ihm mehrfach, zu entkommen. Schließlich führt ihn seine Flucht zu einer Hochzeit nach Helgafell, über die auch die Saga von den Leuten aus dem Laxárdal berichtet. Dort sind nicht nur Freunde unter den Gästen.
Die Erzählung vom scharfzüngigen Halli schildert die Begegnung des im Titel erwähnten Isländers mit dem nicht minder schlagfertigen König Harald. Sie berichtet über einige kurzweilige Episoden aus Hallis Leben am norwegischen Hof. So muss er sich gegen den neidischen Hofskalden des Königs behaupten, eine Bußgeldforderung für einen vermeintlichen Verwandten gegen einen brutalen Vasallen durchsetzen und auch dem König selbst eine bessere Verpflegung seiner Untertanen abringen.
Sprachlich ist diese Erzählung einzigartig, und die witzigen und zum Teil derb-vulgären Dialoge suchen in der altnordischen Literatur ihresgleichen.
Þorgrím ist in der Erzählung von Þorgrím Hallason ein dem heiligen Ólaf über den Tod hinaus treu ergebener Gefolgsmann. Er gelangt in einer Zeit nach Norwegen, in der König Magnús, ein Sohn Ólafs des Heiligen, im Ausland weilt und von Kálf Árnason, einem von Ólafs Mördern, vertreten wird. Der Isländer wird verleumdet und rächt sich anschließend dafür. Er selbst fällt einem Racheakt zum Opfer, was ein Freund Þorgríms zum Anlass nimmt, den Rächer zu töten. Erst die Ankunft des Königs kann weitere Racheakte verhindern.
Die Erzählung von Þorleif, dem Skalden des Jarls, ist eine der vielen kurzen Erzählungen in dieser Ausgabe, welche aus christlicher Perspektive die Niedertracht der Heiden schildert, in diesem Fall die Grausamkeiten und die teuflische Natur des heidnischen Jarls Hákon. Hákon fühlt sich durch Þorleif beleidigt, plündert im Gegenzug das Schiff des Isländers und tötet dessen gesamte Mannschaft, nur Þorgrím kann entkommen. Dieser bereitet eine Rache auf Skaldenart vor: Er sucht den Jarl in Verkleidung auf und trägt ihm unter einem Vorwand ein Schmähgedicht vor, als dessen Folge sich allerhand seltsame Dinge am Hof des Jarls abspielen.
In den Tagen von König Eysteinn, einem Sohn des Magnús Barfuß, kam ein Mann aus Island nach Norwegen, der Þórð hieß. Er stammte aus den Ostfjorden und besaß wenig Geld, war aber ein tüchtiger, seinem Vater überlegener Mann und behauptete sich gegen seinesgleichen. Þórð war auch ein guter Skalde.
Als er nach Nidaros kam, hatte er kaum Geld für eine Unterkunft. Am Abend gelangte er zum Haus einer Frau, die Ása hieß, sie stammte aus einer vornehmen Familie und war überaus vermögend. Sie war eng verwandt mit den Leuten von der Insel Bjarkøy und Víðkunn Jónsson sowie anderen aus dieser Familie. Sie nahm Þórð eine Zeitlang bei sich auf. Er unterhielt sie gut und machte sie glücklich. Sein Aufenthalt verlief gut, und er blieb dort den Winter über, sie verstanden sich blendend. Und sein Ansehen bei ihr stieg stetig, je länger er blieb, weshalb manche Leute tuschelten, die beiden hätten ein überaus inniges Verhältnis zueinander. Sie führten lange Gespräche. Ása war keine junge Frau mehr.
Im Frühjahr sagte sie ihm, sie habe großen Gefallen an ihm gefunden: »Ich werde dir ein wenig Geld für eine Handelsfahrt nach England geben. Falls du es vermehren kannst, teilen wir uns den Gewinn.«
Er willigte ein. Er unternahm eine erfolgreiche Handelsreise, kehrte im Herbst zurück und blieb den Winter über in ihrem Haus. So ging es einige Sommer. Ihr Geschäft florierte, und sein Ansehen stieg, je länger er bei Ása war. Da wurde er Gold-Ásas Þórð genannt. Ihre Verwandten dachten abschätzig über ihre Beziehung und ließen Þórð ihre feindliche Gesinnung spüren, auch wenn er so tat, als bemerkte er es nicht.
Eines Tages unterhielt sich Ása mit Þórð und sagte: »Mein Verwandter Víðkunn wird uns hier besuchen. Ich möchte, dass du ihm sämtliche Ehren erweist, wenn du ihm zu Diensten bist. Mir scheint es angebracht zu sein, dass du auf ihn eine Drápa dichtest und anschließend vorträgst, ehe er uns verlässt. Schmeichle ihm im Gedicht, den meisten mächtigen Männern gefallen Lobesworte. Wir werden alles so einrichten müssen, dass er großen Gefallen daran findet. Es ist nicht gerade unwichtig, dass du die richtigen Worte findest. Dann hast du einen mächtigen Verbündeten gegen wen auch immer, mit dem du hier in Norwegen in Streit gerätst, wenn du seine Freundschaft erlangst.«
Þórð sagte, er werde es darauf ankommen lassen, und machte dann das Gedicht. Danach erschien Víðkunn mit einer großen Schar Männer, und ein Trinkgelage wurde für sie ausgerichtet.
Eines Tages trat Þórð vor Víðkunn, begrüßte ihn und sprach: »Ich möchte Euch ein kleines Gedicht vortragen, das ich mir ausgedacht habe, und wünsche, dass Ihr mir zuhört.«
»Das mache ich«, sagte Víðkunn, »du bist der Erste, der über mich ein Gedicht gemacht hat. Dir, Þórð, wird es sicher wichtig sein, wie mir das Gedicht gefällt. Daher werde ich gut zuhören, weil ich nicht so viel Gefallen an dir finde wie meine Verwandte Ása.«
Dann begann Þórð, das Gedicht vorzutragen. Es war eine Drápa mit fünfzig Strophen, und eine jede endete mit folgendem Kehrreim:
Unerbittlich rötet Víðkunn,
Stütze von Jóns Sippe,
schwingend sein Schwert
im Schlachtgetümmel.
Als Þórð das Gedicht beendet hatte, waren viele voll des Lobes. Am meisten dankte ihm Víðkunn, der sofort seine Meinung über Þórð änderte, und ihm einen goldenen Armreif schenkte, der eine Mark wog. Þórð sagte, er benötige kein Geld, sondern wolle lieber seine Freundschaft erbitten, die ihm Víðkunn zusicherte. Er wurde mit kostbaren Geschenken verabschiedet.
Es vergeht einige Zeit, und eines Sommers, als Þórð aus England zurückkehrte, legte er an der Mündung der Nið an.
König Eysteinn hielt sich zu der Zeit in der Stadt auf, und bei ihm waren zahlreiche mächtige Männer, so Sigurð Hranason, Víðkunn Jónsson und Ingimar von Ask, der sehr reich, aber auch sehr anmaßend war. Dieser hatte schon auf dem Ankerplatz festgemacht, ehe Þórð dazukam. Die Leute rieten ihm, er solle am besten an einem anderen Platz anlegen, aber Þórð sagte, das sei schließlich kein Vergehen, und gab sich gelassen. Als sie darüber sprachen und die Ladung löschten, fiel Þórð auf, dass das Zelt des Vorderstevens fehlte. Er geht hinüber zu Ingimars Schiff und trifft dort einen jungen Burschen, der das zusammengerollte Zelt bei sich trägt. Er packt den Jungen mitsamt dem Zelt und schafft ihn zu sich nach Hause. Danach kümmert er sich um seine Ladung.
Bald hört Ingimar davon. Er wird überaus wütend, stapft zu Þórðs Haus und befiehlt ihm, den Jungen herauszugeben. Þórð erwidert: »Das darf nicht passieren, dass der Dieb einfach so davonkommt, auch wenn er einer deiner Leute ist.« Ingimar entgegnet: »Du, Gold-Ásas Þórð, wirst meine Männer nicht lange festhalten und als Diebe bezeichnen. Ich will nicht länger Lehnsmann genannt werden, wenn ich mir von einem dahergelaufenen Bettler wie dir einen Mann entführen lasse.«
Þórð antwortet darauf und spricht:
Der dreiste Despot will mir
Drohungen aussprechen,
dein nichtsnutziger Neider
nötigte mir mein Zelt ab;
loslassen will ich den Lausebengel
lieber nicht, auch wenn
du hoffst, am Ende
zu obsiegen.
Ingimar macht daraufhin kehrt und ist sehr wütend. Ása riet Þórð, Víðkunn rufen zu lassen und dessen Freundschaft, die er Þórð als Lohn für das Gedicht gewährt hatte, auf die Probe zu stellen, »denn es ist eine schwerwiegende Sache, sich mit jemandem wie Ingimar anzulegen«.
Þórð folgte Ásas Vorschlag. Víðkunn setzte sich sofort in Bewegung und meinte, er stehe in seiner Pflicht. Er trifft mit einer großen Schar Männer Þórð im Obergemach an. Es dauert nicht lange, bis sie ein lautes Getöse hören, da Ingimar im Anmarsch ist. Er befiehlt, seinen Mann freizulassen, anderenfalls werde er Gewalt gebrauchen.
Da sprach Víðkunn: »Das einzig Richtige ist, die Sache vor einen Richter zu bringen. Þórð hat lediglich das getan, was er tun musste, als er denjenigen festsetzte, der gestohlen hatte, sonst hätte er sich selbst schuldig gemacht.«
Ingimar erwiderte: »Stich mich dort hinein, sprach der Spaten, als er alleine war, aber nun ist Víðkunn hinzugekommen. Es wäre angemessener, wir würden in der Angelegenheit auf der gleichen Seite stehen, als dass du aufseiten deines Schwagers Þórð bist. Aber du willst ihm das armselige Gedichtchen entlohnen, in dem er dich verspottet.«
Danach machte er kehrt. Da sprach Víðkunn: »Nun müssen wir nach meinem Freund Sigurð Hranason rufen und ihn bitten, er möge hierherkommen. Sollte er zögern, erinnere ihn, wer sich damals als größte Hilfe erwiesen hat, als die Finnen sein Gehöft auf Bjarkøy überfielen.«
Daraufhin machten sie sich auf den Weg und überbrachten seine Botschaft. Sigurð sagte, es wäre nur passend, wenn sich Víðkunn und Ingimar miteinander mäßen, »ein jeder von beiden hält sich doch für stärker als der andere«.
Da erinnerten sie ihn an Víðkunns Abschiedsworte. Sigurð erwiderte: »Das ist wahr, mir hat niemand so viel Hilfe geleistet wie er. Ihm wird sicher viel daran liegen, dass ich komme. Lasst uns aufbrechen.«
Danach gingen sie zu Þórðs Haus. Innerhalb kurzer Zeit bemerkten sie einen Menschenauflauf in der Straße, Ingimars Leute waren weithin in der ganzen Stadt verteilt.
Da sprach Ingimar: »Wir werden nach dem Burschen suchen, Víðkunn, wenn er nicht freigelassen wird. Eure Lage ist jetzt nicht besser als zuvor.«
Da erwidert Sigurð: »Lass uns vernünftig sein, Ingimar. Es wäre ein großes Unrecht, wenn du mit Gewalt in unser Haus eindrängest und obendrein einen Gefangenen des Königs raubtest. Die Leute verlangen, dass du ihnen gegenüber rechtmäßig handelst, auch wenn du ein tapferer Krieger bist.«
Ingimar antwortet: »Der Hahn ist um nichts besser dran, wenn das Huhn den Schild trägt. Es kommt mich aber teuer zu stehen, wo ihr beiden gegen mich Einzelnen vorgeht, und beide seid ihr Lehnsmänner, noch dazu überaus tüchtige. Daher ziehe ich mich erneut zurück, werde aber ein drittes Mal wiederkommen.«
Daraufhin schickt Sigurð Männer zu König Eysteinn, um ihn um Beistand zu bitten, »und sagt ihm auch, dass ich mich erst im Tode von seinem Vater im Westen in Irland getrennt habe«.
Sie kommen zum König und überbringen ihm Sigurðs Botschaft, er aber äußerte, es sei für zwei so hervorragende Männer kein unmögliches Unterfangen, sich mit Ingimar auseinanderzusetzen. Dann erzählten sie ihm alles, was Sigurð gesagt hatte.
Da entgegnete der König: »Ihm ist es anscheinend wichtig, dass ich komme, und das werde ich nun auch tun.«
Dann bricht der König mit einer großen Schar auf und gelangt zu Sigurð. Wenig später erscheint Ingimar, er hat diesmal vierhundert Männer dabei und rückt zu Þórðs Haus vor. Es ist nun mehr denn je zu erwarten, dass sie einander bekämpfen werden, wenn sie den Mann nicht freilassen sollten.
Da sagt der König: »Es gereicht dir nicht zur Ehre, Ingimar, in der Stadt so ein lautes Getöse zu veranstalten, so große Scharen an Leuten zusammenzuziehen und einen Aufruhr im Land zu entfachen. Wir werden das keinesfalls zulassen.«
Ingimar spricht: »Schlechtes Eisen, sagte die Alte, und hatte ein stumpfes Messer. Hier geschehen große Dinge, wenn selbst der König gegen uns Partei ergreift, daher werde ich mich diesmal zurückziehen müssen.«
Und so geschah es auch. Daraufhin ließ der König ein Thing einberufen. Dorthin wurde der Dieb geführt, das Zelt trug er auf seinem Rücken. Dort wurde er für schuldig befunden und anschließend draußen auf Eyrar gehängt.
Da sprach der König: »Was denkst du, Ingimar, wie wird es dem Dieb nun ergehen?«
»Ich denke«, erwiderte Ingimar, »dieser Mann wird es gut haben, da er wegen einer nichtigen Sache gehängt wurde.«
»Falsch«, sagte der König, »er wird in der Hölle schmoren.«
Ingimar sprach: »Ihr tatet das Falsche, König, als Ihr Euch auf die Seite des Talgländers stelltet und Eure eigenen Männer entehrtet. Und Ihr habt weder Anstand noch Mut dazu, Euren Vater zu rächen, der auf Irland wie ein aasfressender Hund erschlagen wurde. Ich nehme an, dass er in der Hölle schmort, weil er um etwas kämpfte, was ihm nicht zustand.«
Daraufhin zieht er sich zu seinen Schiffen zurück und segelt nach Osten. Er tötete drei Männer des Königs in Vík. Dann setzte er nach Dänemark über und ließ sich dort nieder. Über Þórð ist zu erzählen, dass er mit dem Einverständnis Víðkunns und des Königs Ása heiratete. Man hielt ihn für einen überaus tüchtigen Mann, und er blieb bis zu seinem Tod in Norwegen.
UND HIER ENDET DIE ERZÄHLUNG VON GOLD-ÁSA UND ÞÓRÐ.
Ein Mann hieß Ketill Þrym. Er war ein Sohn des Þiðrandi und lebte in Njarðvík. Seine Frau hieß Þorgerð, Þorkell und Eyjólf waren die Söhne der beiden. Sie hatten einen Ziehsohn, der Þiðrandi hieß und ein Sohn des Geitir war, man hielt ihn für den vielversprechendsten jungen Mann in den Ostfjorden.
Ein Mann hieß Björn, er war ein Sohn des Kórek und lebte im Skriðudal. Er war ein tüchtiger Bauer und hatte mehrere Brüder. Es wird erzählt, dass eines Sommers ein Pferdekampf stattfinden sollte. Der Bauer Ketill aus Njarðvík besaß das eine, Björn Kóreksson das andere Pferd. Dazu fanden sich viele Leute ein, die gut unterhalten wurden. Þiðrandi Geitisson war ebenfalls dort. Der Kampf zeigte, dass Björn das bessere Pferd besaß.
Dann wandte er sich Þiðrandi zu und sagte: »Ich möchte mit dir Freundschaft schließen und dir das Pferd schenken, das ich heute bei mir habe.«
Þiðrandi dankte ihm für das Geschenk: »Natürlich werde ich dir im Gegenzug meine Freundschaft versprechen.«
Björn sagte, dann habe er nun das bekommen, was er wollte.
Bei diesem Ereignis war auch ein Mann zugegen, der Þórir hieß und den Beinamen Englandsfahrer trug. Er wollte auch mit Þiðrandi Freundschaft schließen. Þórir war bereits im Sommer zuvor nach Island gekommen und hatte bei Brodd-Helgi Quartier genommen. Zwischen beiden bestand ein freundschaftliches Verhältnis.
In dem Herbst, von dem nun erzählt wird, nahm ein Mann bei Björn Kóreksson und dessen Brüdern Unterkunft. Er nannte sich Ásbjörn Vegghamar. Er war ein großer, fahriger Mann und kräftig, mit dunklen, langen Haaren, hässlichen Augen und einem langen Hals. Er wurde gefragt, woher er komme. Er antwortete, er stamme aus dem Süden Islands und habe bei Ásgrím Elliða-Grímsson gelebt.
»Nun suche ich mir eine Unterkunft«, sagte er, »wenn Leute einen tüchtigen Arbeiter benötigen, sind sie bei mir richtig.«
Sie sagten, sie benötigten in der Tat dringend eine Arbeitskraft, die ordentlich zupacken könne. Daher kam Ásbjörn bei den Kórekssöhnen unter. Seine Arbeit und sein Charakter gefielen ihnen stets besser, je länger er sich bei ihnen aufhielt. Er war ihnen einige Zeit zu Diensten, annähernd drei Jahre, und häufte Geld an. Dann wollte er sie verlassen und bat darum, sie mögen irgendeinen Hof für ihn finden. Die Brüder sagten, es wäre besser für ihn, bei ihnen zu bleiben, als Umgang mit Leuten wie Grundbesitzern zu haben. Er sagte, sie müssten ihm deswegen keine schlimmen Voraussagen machen.
Schließlich verschafften sie ihm einen Hof ganz in der Nähe. Dort war er aber dennoch in hohem Maße von ihren Zuwendungen abhängig, und sein Rückstand wurde ständig größer, weil er sich nicht darum kümmerte, seine Schulden zu verringern.
Da sagte Björn zu ihm: »Das habe ich vermutet, dass ein eigener Hof nichts für dich ist. Ich möchte, dass du zu uns zurückkehrst und deine Schulden abarbeitest.«
Er antwortete, dass er noch immer wenig Erfahrung mit seinem Hof habe, und bat darum, so weitermachen zu dürfen wie bisher. Darauf einigten sie sich. Er kaufte manche Dinge, die ihm sehr begehrenswert erschienen.
Als Þórir Englandsfahrer in diese Gegend kam, suchte Ásbjörn ihn auf und sagte, Þórir wolle von ihm Handelswaren erwerben. Er antwortete: »Hast du nicht nur sehr wenig Geld?«
Ásbjörn erwiderte: »Ich bin keineswegs reich, aber bald werden sich meine Arbeit und Tüchtigkeit auszahlen.«
Þórir sagte, er werde ihm die Waren verkaufen. Als Þórir Brodd-Helgi traf, erkundigte dieser sich nach seinen Geschäften, und Þórir erzählte ihm, welche er getätigt hatte. »Dann hast du einem Mann etwas verkauft, der mir nicht gefällt und von dem Streitigkeiten zu erwarten sind.«
Im Sommer machte sich Þórir daran, die Außenstände einzutreiben, und suchte Ásbjörn Vegghamar auf. Er erkundigte sich nach seiner Bezahlung. Ásbjörn sagte, er wisse nicht, von welchen Schulden er spreche, und Þórir bekam nichts von ihm. Die Kórekssöhne hatten den größten Verlust zu beklagen. Als Ásbjörn erkannte, dass er nicht ohne weiteres zu Hause würde bleiben können, floh er und gelangte hinunter nach Njarðvík, wo er Ketill aufsuchte. Er bat ihn darum, ihn aufzunehmen: »Ich werde dir gute Dienste erweisen, ich passe gut zu dir, wo du doch selbst so fleißig bist. Bei den Kórekssöhnen habe ich nicht viel Gutes erfahren.«
Ketill erwiderte, er habe nichts Gutes über sein Verhalten gehört, und daher habe er wenig Lust dazu, ihn aufzunehmen. »An deiner Stelle ließe ich es darauf ankommen, Bauer!«, antwortete er.
»Ich halte es nicht für ratsam, mir deinetwegen andere Leute zu Feinden zu machen«, erwidert Ketill.
»Es wird dir kein großes Übel daraus entstehen«, sagte Ásbjörn. Und so geschah es, dass Ketill ihn doch aufnahm.
Als die Kórekssöhne dies erfuhren, suchten sie Ketill in Njarðvík auf und erzählten ihm, dass Ásbjörn seine Schulden bei ihnen nicht beglichen hätte. Sie sagten, sie hätten seinetwegen eine große Menge Geld eingebüßt. Ketill gab zu, dass sie wohl im Recht sein mochten, »dennoch habe ich keine Lust dazu, seine Schulden zu begleichen«.
Þiðrandi befand sich gerade auch in Njarðvík und sprach sich dafür aus, sein Ziehvater Ketill solle einen Teil der Schulden für Ásbjörn bezahlen.
Ketill antwortete: »Für ihn werde ich kein Geld bezahlen, aber ich werde erlauben, dass sie ihn mit einigen Männern gerichtlich vorladen.«
Þiðrandi erwidert: »Diese Eigensinnigkeit steht dir merkwürdig zu Gesicht, Ziehvater. Es wird besser als erwartet werden, wenn es gut gelingt.«
Ketill antwortet: »Du betreibst die Angelegenheit eifrig, du wirst wohl das geschenkte Pferd entlohnen wollen.«
Þiðrandi sagte, er wolle das, was Ketill am meisten nütze. Dabei beließen sie es und ritten auseinander. Þiðrandi begab sich in den Norden nach Krossavík, und nahm dort im Sommer an einer Versammlung teil. Die Kórekssöhne beschlossen dann, nach Njarðvík zu reiten, um Ásbjörn gerichtlich vorzuladen, sobald Þiðrandi dort einen Besuch macht. Sie hatten die Hoffnung, es würde mit ihm besser gelingen.
Im gleichen Sommer gelangte ein Schiff, nach Breiðavík, zwischen Húsavík und dem Borgarfjord. Einer der Steuermänner hieß Gunnar, der andere Þormóð. Die Leute trieben Handel mit ihnen. Die beiden hatten vor, sich dort eine Unterkunft zu verschaffen. Ketill ritt zum Schiff und empfing die Steuermänner. Sie erhielten bei ihm Quartier. Gunnar war der tatkräftigste aller Leute, groß und stark und überaus gutaussehend.
Þiðrandi kam im Sommer zu den Kórekssöhnen, die ihn herzlich begrüßten. Dort blieb er die Nacht über. Sie boten ihm an, seine Gefolgsleute zu werden und ihm in allem zu Diensten zu sein. Das nahm er an.
Sie sagten, dass sie mit ihm nach Njarðvík reiten wollten, um Ásbjörn gerichtlich vorzuladen. Þiðrandi willigte ein.
Der alte Kórek sprach: »Ich habe kein gutes Gefühl bei eurer Fahrt. Ihr, meine Söhne, bringt einen guten Kerl in eine gefährliche Situation und habt mit dem überaus ungestümen Ketill und einem weiteren üblen Mann zu tun.«