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»Dieses Buch ist ein Weckruf. Aufrüttelnd, wie ein ›Mamaaaa‹ nachts um drei. Klug, wahr und dringend notwendig. Jede Frau sollte es lesen. Und danach an zwei Männer weitergeben. Mindestens!« (Marlene Hellene)
Viele Frauen und vermutlich alle Mütter kennen den Mental Load. Er ist der treueste Begleiter ihres Alltags: Einkauf nicht vergessen! An den Kita-Ausflug denken! Den Kindergeburtstag planen! Weihnachtskarten schreiben! Mit jedem Kind wächst das Pensum – und zugleich die Erschöpfung, denn die mentale Last findet selten ein Ende, ist oft ungesehen und immer unbezahlt.
Es ist nicht leicht für Frauen, sich aus dieser Rolle zu befreien. Aber es muss sich etwas ändern! Den zu recht frustrierten Müttern gibt Mental-Load-Expertin Laura Fröhlich dieses Buch an die Hand: In ihrem wegweisenden Ratgeber schildert sie emotional und nahbar, wie es zur ungleichen Verteilung in unseren Familien kommt – und wie wir gemeinsam mit dem Partner neue, faire Lösungen finden. Mit klugen Analysen und praktischen Tipps bringt sie Beziehungen wieder auf Augenhöhe.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 250
SCHLUSS MIT DEM MENTAL LOAD!
Vielen Müttern schwirrt vor lauter Familien-Organisation der Kopf: Wer denkt daran, Lebensmittel einzukaufen? Wer hat den Kita-Ausflug auf dem Schirm? Wer kümmert sich um Weihnachtsgeschenke für die Verwandtschaft? Wer …?
In der Regel sind es die Frauen, die diese Art der Arbeit übernehmen – und sich damit schnell alleingelassen fühlen. Ihr unermüdlicher Einsatz wird vom Partner oft nicht einmal bemerkt. Doch Mütter wollen nicht ständig um Hilfe bitten müssen. Sie wünschen sich Partner auf Augenhöhe, die selbst erkennen, was zu tun ist.
Dieser Ratgeber verbindet kluge Analysen, smarte Tipps und wirkungsvolle Methoden, um die mentale Last in Familien endlich in den Griff zu kriegen. Er hilft,
die häufigsten Mental-Load-Fallen zu erkennen,hohe Erwartungen und falsche Glaubenssätze hinter sich zu lassen,Erschöpfung und Burn-out vorzubeugen,gemeinsam mit dem Partner faire Lösungen zu finden.Laura Fröhlich arbeitet als Journalistin und im Online-Marketing, sie ist Buchautorin und Expertin für Mental Load. Auf ihrem erfolgreichen Blog »Heute ist Musik« beschäftigt sie sich mit Familie, Vereinbarkeit, Feminismus und finanzieller Unabhängigkeit von Frauen – Themen, zu denen sie auch
Workshops, Webinare und Vorträge hält. Laura Fröhlich lebt in Süddeutschland, ist verheiratet und hat drei Kinder.
Laura Fröhlich
Die Frau
fürs Leben
ist nicht
das Mädchen
für alles
Was Eltern gewinnen, wenn sie den Mental Load teilen
Kösel
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Copyright © 2020 Kösel-Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Covergestaltung: Weiss Werkstatt München
Coverfotos: Laura Fröhlich
Redaktion: Dr. Clarissa Czöppan
Illustrationen: Helke Rah
Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
ISBN 978-3-641-26332-4V006
www.koesel.de
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
DAS PROBLEM MIT DEM MENTAL LOAD
Ein Job, den keiner sieht
Kinder, Küche, Katastrophe – Meine Geschichte
Fehlende Anerkennung
Mama geht in die Knie
Drittes Kind und neue Krise
Neue Wege gehen
MENTAL LOAD – EINE DEFINITION
Hättest du doch was gesagt!
Care-Arbeit und Gefühlsarbeit
Gefühlsarbeit in der Familie
Definitionssache
FRAUEN UND MÜTTER
Wie Frauen sozialisiert werden
Zum Kümmern erzogen
Bitte recht freundlich!
Geboren, um glücklich zu machen
Frau macht Stimmung
DER MUTTERMYTHOS
Die Mutter aller Probleme
Männer, die auf Mütter schauen
Kümmern ist menschlich
Mutter sein heute
Was sich durch Mutterschaft ändert
Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Der neue Anspruch
Druck und Verlockung im Internet
Backlash oder die Bewegung der neuen Häuslichkeit
Das schlechte Gewissen
Perfektionismus
Häuslicher Kontrollzwang
Maternal Gatekeeping
MÄNNER UND VÄTER
Das Märchen vom unfähigen Mann
Väter-Spagat
Männerrollen
Zu Besuch im eigenen Leben
Zusammenfassung
DIE FOLGEN VON MENTAL LOAD
ERSCHÖPFUNG UND BURN-OUT
KONFLIKTE IN DER BEZIEHUNG
HÜRDEN IM BERUF
Volle Konzentration
Teilzeit
Finanzielle Schwierigkeiten
Verwehrte Führung
GLEICHBERECHTIGUNG
SOZIALE UNGERECHTIGKEIT
POLITIK, KULTUR UND GESELLSCHAFT
Zusammenfassung
AUSWEGE FINDEN
DIE REVOLUTION BEGINNT ZU HAUSE
DEM MUTTERMYTHOS AN DEN KRAGEN
Falsche Erwartungen identifizieren
Moderne Ansprüche hinterfragen
Denkmuster durchbrechen
Das bist Du!
Gegen den Perfektionismus
Eigene Bedürfnisse erkennen
Abstand von der Familie
Vorsicht mit WhatsApp, Instagram und Co.
ENDLICH TEAMWORK!
Mit dem Partner reden
Zielführend kommunizieren
Mental Load sichtbar machen
Die ultimative Steuerboard-Liste
Standards festlegen
Priorisieren lernen und Aufgaben reduzieren
Faire Aufteilung
Zeit ist gleichwertig
Kinder einbeziehen
Was wir voneinander lernen
Mit Handwerkszeug die Familie managen
Analog: Die Shopfloor-Methode
Digital: Apps und Kalender
Küchenmeeting
Was wir gewinnen, wenn wir teilen
Zusammenfassung
DIE REVOLUTION GEHT WEITER
Zeitwohlstand
Neue Job-Konzepte
Politische Forderungen
Unterstützung für Alleinerziehende
Care-Arbeit aufwerten
Was Männer tun können
Lasst uns laut werden!
SCHLUSSWORT
ANHANG
Dank
Meine Empfehlungen für dich
Anmerkungen
Ich freue mich, dass du dieses Buch in Händen hältst und dir Zeit zum Lesen nimmst, denn vermutlich hast du genug andere Dinge zu tun. Bis vor Kurzem wusste ich jedenfalls eines ganz genau: Wenn ich mich nicht um die Familien-Organisation kümmere, tut es keiner. Merke ich nicht, dass die Zahnpasta zur Neige geht, schreibe ich keine neue auf den Einkaufszettel und besorge sie nicht, werden wir bald mit einer leeren Tube im Bad stehen. Wenn ich mich nicht um den Kindergeburtstag meiner Tochter kümmere samt Geschenken, Kuchen und Konfetti, werden wir nichts für den Gabentisch haben. Kommt dir das bekannt vor? Machst du auch all die Arbeit zu Hause, die nie aufhört und die keiner sieht? Weißt du auch immer Bescheid, wo die Siebensachen deiner Lieben sind, und macht es dich ebenso müde, dass dein Kopf voll damit ist? »Hey, Laura, wo liegt mein Geldbeutel?« oder »Mama, wo ist mein Fußballtrikot?« Manchmal dachte ich, ich wäre die Sprachassistentin meiner Familie.
Du bist garantiert diejenige, die an alles denkt, die organisiert und plant, neu kauft oder ersetzt, tröstet und ermutigt, sich Termine merkt und daran erinnert, nachhakt und immer an die Ersatzklamotten für die Kinder denkt. Ich wette, wenn du morgens aufwachst, bricht sich eine Lawine von Aufgaben Bahn durch dein Gehirn. Wie dir und mir geht es Millionen von Frauen, und ich habe mich lange gefragt, wieso wir diese mentale Last tragen, auch Mental Load genannt, die für unsere psychische Gesundheit weitreichende negative Konsequenzen hat. Ich bin diesen Fragen auf die Spur gegangen. Was führt dazu, dass wir plötzlich in der Rolle der Kapitänin stecken, die als Einzige den komplizierten Alltag mit seinen endlosen Aufgaben im Blick hat? Welche Rolle spielen dabei unsere Partner und wieso verd*** noch mal schlafen sie abends entspannt auf dem Sofa ein, während wir den Urlaub auf dem Ponyhof planen und Matschhosen in Größe 110/116 bestellen?
Weltweit leisten Frauen und Mädchen den Großteil der Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit – pro Tag sind das laut einer Oxfam-Studie 12,5 Milliarden Stunden. Legt man den Mindestlohn zugrunde, ist das eine Wirtschaftsleistung, die das Vermögen der Superreichen übersteigt.1 Aber diese Leistung taucht nicht in der Statistik auf, weil Hausarbeit, Pflege- und Fürsorgetätigkeiten in Familien, Haushalten und Gemeinschaften als selbstverständlich betrachtet werden. Wer sich kümmert, verliert, das gilt auch für Mütter in Deutschland. Sie verdienen im Schnitt 61 Prozent weniger als Väter, weil sie in Teilzeit arbeiten, generell schlechter bezahlt werden als Männer oder andere Berufe wählen, und leisten dafür insgesamt 52 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit.2 Mental Load legt ein System offen, das Frauen diskriminiert und Männer privilegiert. Das zu erkennen kann schmerzhaft sein, aber es ist ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung.
Was wir grundsätzlich brauchen, sind strukturelle Veränderungen, die es Familien und vor allem Müttern leichter machen. Ich wünsche mir Frauen, die mit Protestschildern und Trillerpfeifen auf die Straße gehen und Veränderungen fordern, wie es die Isländerinnen getan haben. Aber wie sollen sie das schaffen, wenn sie viel zu müde sind von all der Care-Arbeit und keine Kraft mehr haben für den Aufstand? Auch aus diesem Grund muss die Revolution zu Hause beginnen. Das Private ist politisch, und indem wir uns mit unserer Lage auseinandersetzen und Veränderungen im Kleinen anstreben, bewegen wir gemeinsam Großes.
Worum geht es in diesem Buch? Mental Load heißt, an alle Aufgaben, Termine und täglichen Routinen denken zu müssen, und das ist besonders im Familienalltag ein unendlicher Berg an Dingen. Es bedeutet auch, unter dieser mentalen Last zu leiden, denn der Kopf hat nie Pause, und das kann krank und traurig machen. Ich habe es selbst erlebt, aber meine Geschichte ist nichts Besonderes und könnte in vielen anderen Familien genauso erzählt werden. Wenn du bisher wie ich die Kapitänin des Familienschiffs warst, setz nun deine Kapitänsmütze ab, leg die Füße hoch und komm mit mir auf eine Reise, auf der wir gemeinsam mit unseren Partnern dafür sorgen, dass der Lärm in unseren Köpfen endlich leiser wird.
Wir widmen uns in diesem Buch auch unserer Psyche und gehen der Frage auf den Grund, wie sehr uns unsere Erziehung prägt, warum es uns so schwerfällt, Verantwortung abzugeben und wieso wir Frauen unter dem eigenen Perfektionismus leiden. Das hat weitreichende historische Gründe und ist nicht so einfach abzulegen. Welche Auswirkungen hat die mentale Last auf uns selbst, auf unsere beruflichen Karrieren und auf die gesamte Gesellschaft? Schritt für Schritt machen wir uns im dritten Teil des Buches daran, Lösungen zu finden. Wie können wir unser eigenes Bild vom Muttersein verändern und unsere hohen Ansprüche überdenken? Wie ist es möglich, den Mental Load mit unserem Partner zu besprechen und die Arbeitslast mithilfe digitaler und analoger Werkzeuge gerechter zu verteilen? Dabei kommt immer wieder Ärztin und Coach für Konflikt- und Stressmanagement Dr. Mirriam Prieß zu Wort, die uns wichtige Hintergründe unseres Verhaltens erläutert. Am Ende jedes Kapitels findest du eine kurze Zusammenfassung, die du zur Hand nehmen kannst, um anderen Menschen das Problem mit dem Mental Load zu erklären.
Mein Mann Anton ist gerade Brot holen. Außerdem hat er sich heute in seiner Mittagspause um einen Stapel Fotos für die Freundebücher der Kinder gekümmert. Ich bestelle dafür die Überweisung zum Hals-Nasen-Ohrenarzt und schreibe eine Mail an den Steuerberater. Das Familienalbum erstellen Anton und ich am Wochenende zusammen, und außerdem haben wir beschlossen, dass es Wichtigeres zu tun gibt, als den Keller auszuräumen – nämlich mal in Ruhe miteinander Kaffee zu trinken. Wie wir das hingekriegt und unser Zuständigkeitsdilemma gelöst haben, verrate ich dir in diesem Buch. Die Veränderungen, die nötig sind, hat Tiffany Dufu wunderbar in ihrem Buch Den Ball weiterspielen zusammengefasst: »Ich erwarte wesentlich weniger von mir und viel mehr von meinem Mann als die meisten anderen Frauen!«3 Lange genug haben die Frauen das Familienorchester dirigiert. Es wird Zeit, dass wir uns diesen Job mit den Männern teilen. Die Frau fürs Leben ist schließlich nicht das Mädchen für alles!
Kinder, Küche, Katastrophe – meine Geschichte
Es hat gedauert, bis ich erkannte, was mit mir los war und warum Mental Load mein Problem genau beschrieb. Lange hatte die Last nämlich keinen Namen. Ich spürte nur, dass da etwas Schweres auf meinen Schultern lag, das an mir zehrte. Vor neun Jahren kam unser Sohn auf die Welt. An die Dauermüdigkeit gewöhnte ich mich irgendwann, aber sie ging nahtlos über in eine andere Art der Erschöpfung. Am Anfang war ich müde, weil ich meinen Sohn nachts stillte. Zwei Jahre später kam unsere Tochter auf die Welt, und die Nächte wurden weiterhin von Mahlzeiten oder verloren gegangenen Schnullern unterbrochen. Die Mattheit kam aber schon bald nicht mehr nur durch den fehlenden Schlaf, sondern vor allem von meinem vollgestopften Kopf. Dabei tat ich in meiner Wahrnehmung nichts Anspruchsvolles: Mich um die Kinder kümmern, Brei kochen, aufräumen und Wäsche waschen waren schließlich banale Alltagstätigkeiten.
Ich brütete nicht über komplexen Gedanken, dafür hatte ich immerzu Dinge im Sinn, die ich erledigen musste. So fand mein Kopf nie Ruhe. Während ich mich um die Beikost-Einführung meiner Tochter kümmerte, musste ich für meinen Sohn an Wechselkleider für den Kindergarten denken, eine neue, wasserfeste Wintermontur besorgen oder den Adventskalender füllen. Außerdem stand mein Wiedereinstieg in den Job bevor und die Eingewöhnung der Kleinen in die Kita, beides zwei aufwendige Großprojekte, die mich mental begleiteten. Dann stand ein Winterurlaub an, und allein bei dem Gedanken an die Packliste mit all den Sachen, die wir für zwei Kinder brauchen würden, wurde ich nervös. Für mich war klar, dass ich diese Aufgaben übernehmen musste, und ich kam nicht einmal auf die Idee, meinem Mann einen Teil zu übergeben. Ich war schließlich zu Hause und hatte, so meinte ich, genug Kapazitäten, denn »ich arbeitete ja nicht«. In meinem Kopf betreute ich also stets drei bis vier Großbaustellen, managte den Alltag und hatte mich außerdem tief in jedes erdenkliche Kinderthema eingelesen. Ich wusste Bescheid über das Stillen und Füttern, kannte die Anzeichen gängiger Kinderkrankheiten und behielt den Überblick über bevorstehende Entwicklungsschritte. Ich hatte bis vor kurzem von Babys und kleinen Kindern keine Ahnung gehabt und füllte die Wissenslücke durch ausgiebige Recherche. Muttersein war auf diese Weise zu einem Fulltime-Job geworden, bei dem nie Feierabend war, und ich war zur erstklassigen Streberin mutiert. Anton, der abends in seinem Büro den Computer ausmachte und zumindest bis zum nächsten Morgen seine Büro-Projekte vergessen konnte, hatte Pausen von der Arbeit. Meine Arbeitsstelle war dagegen immer präsent, und ich hielt es für verschwendete Zeit, abends einfach nur fernzusehen. Stattdessen recherchierte ich Fingerfood-Rezepte für das Baby. Ich bemerkte nicht, dass ich mir selbst keine Pause gönnte und mir sogar immer neue Projekte auflud, um meine Rolle als Supermutter auszufüllen. Ahnst du, in welchen Schlamassel ich mich gebracht hatte?
Fehlende Anerkennung
Es war frustrierend, dass niemand sah, was ich tat. Vermutlich war das auch ein Grund dafür, dass ich Baby-Mützen strickte und den Brei selbst zubereitete, denn hier war ich zumindest kreativ und konnte das Ergebnis präsentieren. Dass ich dadurch noch mehr zu tun hatte, übersah ich. Ein typischer Fall von Kreativ-Overload, meine ich heute. Damals wollte ich einfach nur alles richtig machen. Aber warum nur, fragte ich mich, war ich so schlecht gelaunt, gestresst und lustlos? Es lag wohl daran, dass die Arbeit im Haushalt und die Betreuung der beiden kleinen Kinder ermüdend war, und ich sehnte mich nach meinem Job und ein paar Stunden am Tag, in denen ich mich nicht mit Kinderthemen beschäftigen musste. Zugegeben hätte ich das nie. Hinzu kam: Anton war ein sehr engagierter Vater und erledigte alle Aufgaben, die anfielen. Kam er aus dem Büro, nahm er mir das Baby ab, spielte mit dem Großen, legte Wäsche zusammen und holte Brot vom Bäcker. Ich konnte froh sein, so einen Mann zu haben, dachte ich. Und war doch unglücklich. Fragst du dich auch, wie es dazu kommt, dass wir Mütter einen so großen Teil der Familienangelegenheiten übernehmen? Ich denke, dass sich das in vielen Familien nach und nach einschleicht, wenn einer der Elternteile über lange Zeit zu Hause bleibt.
Mama geht in die Knie
Weil ich so schnell und effizient im Planen bin und schon immer gut darin war, erweckte ich den Eindruck, dass ich den Alltag locker meisterte. Jedenfalls staunte Anton, als ich eines Tages heulend in der Küche saß. Wir wollten über das bevorstehende Wochenende Freunde besuchen, und ich hatte abends zuvor einen Kuchen gebacken. Morgens brachte ich noch den Sohn in die Kita, packte die Taschen, kümmerte mich um das Baby und suchte nebenher ein paar Steuerunterlagen heraus. Dann fiel mir eine Schüssel mit Brei aus der Hand, das Baby brüllte und ich ging zu Boden. Die ganze Familienverantwortung, die keiner sah und die mir so viel Arbeit bereitete, hatte mich in die Knie gezwungen. Wir sagten unsere kleine Reise ab, packten die Taschen wieder aus und aßen den Kuchen alleine. Wir redeten, beschlossen, dass ich Entlastung brauchte, Anton schickte mich raus an die frische Luft und übernahm die Kinder.
In den nächsten Tagen rappelte ich mich auf, bekam noch mehr Unterstützung von meinen Eltern, integrierte Yoga in mein Leben – und machte weiter wie bisher. Ein paar Wochen später stieg ich halbtags in meinen Job ein und war froh über die Abwechslung. Anstrengend war es trotzdem, denn jetzt hetzte ich morgens ins Büro und mittags wieder zurück, um die Kinder rechtzeitig vom Kindergarten abzuholen. Für eine Mittagspause war keine Zeit, und den Nachmittag über kümmerte ich mich um die Kinder und den Haushalt. Die gesamte Familien-Organisation blieb weiter an mir hängen, denn ich hatte ja den Überblick und meine inneren To-do-Listen. Weil es aber immer mehr zu tun gab, vergaß ich das eine oder andere, wie zum Beispiel den Ersatz-Sonnenhut für den Kindergarten. Die Erzieherin hatte mich schon zwei Mal daran erinnert, und ich fühlte mich so schuldig, wie sich nur Mütter fühlen können. Ich kaufte ein leeres Notizbuch und entwickelte ein perfektes System mit Markern, Haftzetteln und Tabellen und hatte fortan die Aufgaben besser im Blick.
So wurde ich noch professioneller, was die Haushaltsführung betraf, und schaffte es, nicht wahnsinnig zu werden, zumindest eine Zeit lang. Nach wie vor rieb ich mich auf mit den Kindern, meinem Job und dem Anspruch, alles richtig zu machen. Außerdem übernahm ich, typisch Streber-Mutter, viele Aufgaben ungefragt, was dann zur Selbstverständlichkeit wurde. Zeitweise war ich Aushilfslehrerin beim Kinderturnen und hatte mich breitschlagen lassen, das Amt der Kindergarten-Elternbeirätin zu übernehmen, weil sich sonst niemand gemeldet hatte. Zu Hause kümmerte ich mich um alles, was anfiel, was manchmal schlicht bequemer war. Aufgaben abzugeben bedeutet nämlich, den anderen mühsam einzuweisen. Oft ging es schneller, es selbst zu erledigen, und Anton ließ viele Unterlagen, Briefe oder Anmeldebögen einfach liegen. Also war es ich, die Formulare ausfüllte oder Zeugnisse kopierte und wurde auch von unseren Verwandten gefragt, was sich die Kinder zum Geburtstag wünschten. Ich hatte im Kopf, wann die U-Termine beim Kinderarzt anstanden, ich wusste, in welcher Kellerkiste die Wintersachen lagerten und wann es Zeit war, sie hervorzuholen. Ich konnte in Blitzgeschwindigkeit gebrauchte Marken-Gummistiefel im Internet ersteigern, notierte mir alle möglichen Urlaubsziele in einer Notiz-App auf dem Handy und führte Winter- und Sommer-Packlisten für Wochenend-Ausflüge. Außerdem schaffte ich eine gemütliche Atmosphäre in der Wohnung, stellte einen Strauß Blumen auf den Tisch, sammelte im Herbst mit den Kindern Kastanien oder hängte in der Adventszeit einen goldenen Stern an die Tür. Ich pflegte unsere sozialen Kontakte, kümmerte mich um Treffen mit unseren Freunden und dachte daran, ab und zu ein wenig Paarzeit für Anton und mich zu organisieren, zum Beispiel ein Kinobesuch mit Babysitter. Auch das musste geplant und in unseren vollen Terminkalender integriert werden. Na, wird es dir schon schwindelig? Oder nickst du eifrig, weil dir diese Plackerei bekannt vorkommt?
Die mentale Last begleitete mich täglich, manchmal schon morgens auf dem Weg ins Bad. Wenn ich duschen wollte, leerte ich erst den Badmülleimer und füllte noch Toilettenpapier auf. Ich sah aus den Augenwinkeln den Berg Buntwäsche und warf ihn in die Maschine. Dann erst stieg ich in die Dusche. Wenn Anton duschen ging, ging er für gewöhnlich ins Bad duschen. Der Vorteil war, dass durch meine Effizienz viel erledigt wurde. Der Nachteil, dass mein Hirn immer mehr ermüdete. Anton blieb wacher, denn er widmete sich immer einer Sache nach der anderen. Er schloss eine Schublade, bevor er die nächste öffnete. In meinem Kopf waren alle Schubladen gleichzeitig offen und ragten in mein Bewusstsein hinein. Ich hatte keine Lust auf leere Klopapierrollen und manchmal auch nicht auf Diskussionen. Also übernahm ich Hunderte von Mikroaufgaben, und das war der große Fehler.
Mütter scheinen für alle Belange der Kinder alleine zuständig zu sein, das denken auch die Menschen um mich herum. Also wies die Erzieherin mich und nicht Anton auf den Sprachfehler meines Sohnes hin. Ich machte einen Termin beim Kinderarzt, der mir eine Überweisung zum Logopäden schrieb. Als Nächstes vereinbarte ich Therapiestunden, verbrachte fortan mit beiden Kindern den Mittwochnachmittag in den Praxisräumen und sorgte dafür, dass die Logopädie-Übungen auch zu Hause gemacht wurden. Ein anderer aufwendiger Punkt waren die Familienbilder. Um schöne Erinnerungen zu schaffen, entwickelte ich in regelmäßigen Abständen aktuelle Fotos für die Familienalben und hängte gerahmte Bilder von den Kindern an die Wand. Die schöne Zeit der Kindheit zu dokumentieren oder Verwandte mit Mails und Fotos an unserem Leben teilhaben zu lassen – als Hobby-Fotografin übernahm ich auch das. Mein anfängliches Vergnügen wurde auf diese Weise zu einem weiteren leidigen Punkt auf meiner To-do-Liste, und es fing an, mich zu nerven, wenn mich jemand um Kinderbilder bat.
Wer viel Zeit mit Kindern verbringt, sorgt sich mehr, denn er weiß, wie groß ein kleines Unglück für ein Kind werden kann. Wutanfälle begleiten, Streit schlichten, Unlust und Nörgeln aushalten, wieder für Ruhe und Frieden sorgen – jeden Abend war ich erschöpft davon. Mit kleinen Kindern zusammenzuleben fordert eine ganze Menge Selbstlosigkeit. Wir denken und handeln von morgens bis abends rücksichtsvoll, denn ein Baby versteht nicht, dass wir nach einer schlaflosen Nacht gerne eine Stunde auf dem Sofa ausruhen wollen, ein Kindergartenkind möchte Türme stapeln, auch wenn wir dazu keine Lust haben. Das Problem daran ist nicht die Tatsache, dass das Leben mit Kindern fordernd ist. Es gehört nun einmal dazu, zurückzustecken und zu akzeptieren, dass sich alles erst einmal um deren Bedürfnisse dreht. Aber es stellt sich die Frage, warum sich in Paarbeziehungen vorrangig die Mutter um die Arbeit zu Hause und die Kinder kümmert, irgendwann das gesamte Leben aller Familienmitglieder organisiert und dadurch mental immer stärker belastet ist. Wir Mütter sind selbstverständlich für unsere Familie da, machen oft den Großteil des Haushalts und haben kaum Zeit für uns selbst. So »erschaffen [wir] uns ein altruistisches Selbst und lassen zu, dass wir von den Bedürfnissen anderer aufgesaugt werden«4, fasst Gemma Hartley das Dilemma in ihrem Buch Es reicht zusammen.
Drittes Kind und neue Krise
Unser drittes Kind machte unsere Familie komplett, und wieder nahm ich ein Jahr Elternzeit, ohne über diese Entscheidung groß nachzudenken. Anton und meine Eltern rieten mir, die Rückkehr in den Job zu überdenken. Es sei einfach zu viel, mit drei Kindern arbeiten zu gehen. Das kam für mich jedoch nicht infrage, denn berufstätig zu sein und Anerkennung in Form von positivem Feedback und Bezahlung zu bekommen, war mir wichtig und stärkte mein Selbstbewusstsein.
Ich saß noch einige Male erschöpft in der Küche. Mein Rücken schmerzte, meine Tage schienen grau, und mich packte die Angst davor, an einer Depression zu erkranken. Also absolvierte ich eine Mutter-Kur mit vierzig anderen erschöpften Frauen. Manche waren alleinerziehend oder hatten kranke Kinder zu Hause und trugen damit eine noch viel schwerere Last als ich, aber uns einte, dass wir uns täglich um andere kümmerten, nur nicht um uns selbst. Ich erkannte dort, dass ich zu viel von mir erwartete, und wollte in der Zukunft Pausen einlegen, morgens eine halbe Stunde früher aufstehen, meditieren und dann erst loslegen mit dem Kümmern und dem Organisieren. Würde es so besser klappen? Um es vorwegzunehmen: leider nein. Die beste Selbstoptimierung reichte nicht, und alle Veränderungen waren nur Tropfen auf den heißen Stein. Keine Yoga-Übung und kein Dankbarkeitstagebuch konnten mir helfen, mein Problem zu lösen. Oder sagen wir besser: das Problem von Millionen Frauen.
Neue Wege gehen
Heute ist es mir klar: Nicht die Zeit mit meinen Kindern, sondern mein Mental Load hatte mich in die große Krise geführt. Wirklich geändert haben Anton und ich erst etwas, als wir erkannten, dass es so nicht weitergehen konnte. Auslöser für meinen Nervenzusammenbruch war eine Kleinigkeit mitten im Sommerurlaub.
Nachdem ich sogar in unserer Ferienwohnung für den Tagesablauf, die Essens- und die Ausflugsplanung verantwortlich war, bemerkte ich, dass wir seit Wochen vergessen hatten, die wichtigen Logopädie-Übungen zu machen. Dabei hatte mich die Therapeutin extra darum gebeten, um nicht nach sechs Wochen Ferien wieder bei Null anfangen zu müssen, und ich hatte das auch meinem Mann weitergegeben. Für mich war es einmal mehr die Erkenntnis, dass es allein an mir lag, an die Übungen zu denken – und an alles andere auch. Dabei sollten die Ferien doch auch meiner Erholung dienen. Anton fand mich heulend auf dem Bett, ich fühlte mich nicht mehr in der Lage, mich um irgendetwas zu kümmern, und weil ich so verzweifelt war, brachen wir den Urlaub ab.
Ich hatte Panik bekommen, dass sich niemals etwas ändern würde. Zwar liebte ich meine Kinder und meinen Mann, aber jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem ich nicht mehr mitmachen wollte. In dieser Zeit hörte ich immer öfter den Begriff Mental Load, erkannte erstaunliche Parallelen zu meinem eigenen Leben und dem Gefühl, das ich bisher nur vage hatte beschreiben können. Mir wurde klar, dass ich mit diesem Problem nicht alleine war. So wie mir ging es vielen anderen Frauen, und das bedeutete, dass mehr dahinterstecken musste als falscher Ehrgeiz oder meine mangelnden Qualitäten als Mutter. Auch wenn es nicht alle Frauen betrifft, ist die Belastung durch Mental Load ein weitverbreitetes Phänomen, und es liegt nicht nur daran, dass Mütter nicht abgeben können oder alle Familienpflichten an sich reißen. Unzählige Männer verstehen nicht, wieso ihre Partnerin immer gestresst und nie zufrieden ist. Unzählige Frauen reiben sich auf, ohne zu erkennen, wie weitreichend die Ursachen dafür sind.
Monika schrieb mir auf Instagram:
Ich fühle mich momentan oft sehr gestresst, angestrengt und überfordert von meinem Alltag. Dabei ist er zumindest vordergründig etwas leichter geworden, da meine Zwillinge nun in den Kindergarten gehen und mir morgens Zeit für mich bleibt. Aber dennoch kann ich keine extreme Entlastung feststellen und ich frage mich oft, warum.
Hättest du doch was gesagt!
Mental Load begegnete mir als Begriff das erste Mal auf Patricia Cammaratas Blog Das Nuf. Die Psychologin war zum Zeitpunkt ihres Wiedereinstiegs in den Job nach der Elternzeit extrem erschöpft und erkannte, dass ihre Energie endlich war. Nachdem sie ihre Alltagsaufgaben auf das Nötigste reduziert hatte, indem sie zunächst auf Verabredungen verzichtete, keinen Kuchen mehr backte, nicht mehr bastelte und gemeinsam mit den Kindern früh ins Bett ging, kam die Kraft zurück, aber mit ihr auch die Erkenntnis, dass sich langfristig etwas ändern musste und sie Teile der Verantwortung komplett abgeben wollte.5
Auch Computerexpertin und Zeichnerin Emma beschreibt das Problem mit der einseitigen Familien-Organisation. Die Französin landete mit ihrer Comic-Geschichte You should’ve asked einen viralen Coup, in dem sie über die mentale Last aufklärte.6 Ihre Geschichte handelt von einer typischen Familienszene in der Küche: Das Paar hat Besuch. Während der Mann sich mit dem Gast unterhält und die Frau die Kinder füttert, läuft der Inhalt des Kochtopfes auf dem Herd über. »Hättest du doch was gesagt, dann hätte ich dir geholfen«, kommentiert ihr Mann. Genau hier liegt das Problem, denn: Wieso hat eigentlich nicht er sich um das Essen für die Erwachsenen gekümmert, während die Mutter mit den Kindern beschäftigt war? Wieso hat sie alles alleine gemacht? Die Antwort lautet: Weil er sich nicht verantwortlich fühlte. Er war lediglich der Befehlsempfänger, sie die »Projektleiterin Haushaltsführung«7. Wer sich nicht verantwortlich fühlt, »hilft«, indem er dem anderen auf dessen Bitte einen Gefallen tut. Das bedeutet aber auch, dass das nicht seine Aufgabe ist. Darum ist der Vorwurf »hättest du doch was gesagt« ein Sinnbild für das Dilemma vieler Mütter. Indem ihre Partner darum bitten, ihnen Bescheid zu geben, wenn es etwas im Haushalt zu tun gibt, weigern sie sich gleichzeitig, ihren Teil der mentalen Last zu übernehmen.8
Zwar ist es im Alltag normal, Aufgaben einander weiterzugeben, aber wenn wir für deren Erledigung verantwortlich sind oder uns verantwortlich fühlen, fassen wir die Erledigungen nach, weil wir vermuten, dass sie sonst im Alltag untergehen. Das wiederum erhöht den Mental Load. Manchmal gelten wir dabei als pingelig oder streng, dabei resultiert die Nachfrage aus dem Wunsch, den Punkt von der mentalen Liste streichen zu können. Mental Load bedeutet, an die einzelnen Aufgaben zu denken, sie zu planen und zu konzeptionieren. Die Ausführung ist dann oft das geringste Problem.
Care-Arbeit und Gefühlsarbeit
Es gibt einen weiteren Aspekt von Mental Load, der uns in seinem Ausmaß nicht immer bewusst ist. Ich erkannte diese Dimension der Belastung in Gemma Hartleys Buch, in dem die dreifache Mutter von ihrem alltäglichen Kampf erzählt, Job und Familienverantwortung zu vereinbaren. Ihr Mann ist ein moderner und engagierter Vater, der Aufgaben im Haushalt übernimmt und sich um seine Kinder kümmert. Dennoch bleibt die mentale Last an Gemma hängen, selbst dann, als ihr Mann arbeitslos wird und sie allein für das Familieneinkommen sorgt. Neben all der Organisation ist da die »Gefühlsarbeit«, mit der sie dafür sorgt, dass sich alle Familienmitglieder wohlfühlen. Weil kleine Kinder ihre Gefühle weder benennen noch regulieren können, gehen wir Eltern auf sie ein und helfen ihnen dabei. Währenddessen stellen wir unsere eigenen Gefühle (zum Beispiel Müdigkeit, Erschöpfung) zurück. Frauen sind diese Art der Gefühlsarbeit gewohnt, denn sie wird ihnen von klein auf abverlangt. Sie lernen durch Erziehung, Vorbilder und gesellschaftliche Einflüsse, dass sie stets für eine gute und ausgeglichene Atmosphäre verantwortlich sind.
Gemma Hartley schreibt:
Wenn ich möchte, dass mein Mann sich um den Garten kümmert, und zugleich den häuslichen Frieden nicht stören will, dann muss ich meinen Tonfall regulieren, damit nicht mein Frust mitschwingt, dass ihm ohne meine Hinweise nie auffällt, was zu tun ist. Ich merke, wie ich in Rücksicht auf meine Umgebung ständig meine Gefühle drossele, einfach nur, damit unser Leben gut und kampffrei läuft.9
Gefühlsarbeit oder Gefühlsmanagement ist eine Form der sozialen Intelligenz und eine Strategie zur Problemlösung, die für alle zwischenmenschlichen Beziehungen notwendig ist. Sie wird in Familien, in freundschaftlichen Beziehungen und in Bekanntschaften, aber auch im beruflichen und gesellschaftlichen Kontext gebraucht.10 Das Konzept der Gefühlsarbeit oder der Emotionsarbeit, im englischen emotional labour genannt, kommt ursprünglich von der US-amerikanischen Soziologin Arlie Russell Hochschild, die in ihrem Buch The Managed Heart über Emotionsarbeit im beruflichen Kontext schreibt. So sind zum Beispiel Flugbegleiter*innen in jeder Situation dazu angehalten, zu lächeln und eine innere und äußere positive Haltung zu erzeugen, selbst wenn sich Fluggäste unverschämt benehmen. Zu ihrer bezahlten Arbeit gehört es, die eigenen Gefühle zu regulieren. Später wurde das Konzept der Gefühlsarbeit auf den privaten Bereich erweitert und mit der unfairen Arbeitsteilung im Haushalt in Zusammenhang gebracht, auch wenn sich Hochschild dagegen ausspricht, weil es das Konzept verwässere.
Gefühlsarbeit in der Familie
Der deutsche Begriff Gefühlsarbeit ist nicht so facettenreich wie die englische Wendung emotional labour,