3,99 €
Seine dunklen Augen mustern sie, und plötzlich hat sie Schmetterlinge im Bauch: Scheich Adham löst in Prinzessin Isabella Gefühle aus, die sie nie kannte. Und denen sie nicht nachgeben darf, denn sie ist einem anderen versprochen – dem Bruder von Adham …
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 175
© 2023 für die deutschsprachige Ausgabe by MIRA Taschenbuch in der Verlagsgruppe Harper Collins Deutschland GmbH, Hamburg © 2011 by Maisey Yates Originaltitel: »The Inherited Bride« Erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V. / SARL Covergestaltung von Birgit Tonn / Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH Coverabbildung von Alexey Emelyanov / Getty Images ISBN E-Book 9783745753325
Cover
Impressum
Inhalt
Die Geliebte des Wüstensohns
Titel
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
Start Reading
Contents
Nein, zum Zimmerservice gehörte er bestimmt nicht.
Prinzessin Isabella Rossis Blick wanderte an dem beeindruckend großen Mann empor, der vor der Tür ihres Hotelzimmers stand. Der offensichtlich maßgeschneiderte dunkle Anzug brachte seine muskulöse Gestalt perfekt zur Geltung. Aber dieser Anzug schien auch das einzige Zugeständnis an die Zivilisation zu sein.
Seine Miene war undurchdringlich, in seinen Augen stand nichts abzulesen, die Lippen bildeten nur eine schmale Linie. Anspannung ging von seiner ganzen Haltung aus und ließ das markante Kinn noch härter wirken. An manchen Stellen war die goldgetönte Haut von Narben gezeichnet – auf seiner Wange und an den Handgelenken, soweit sie aus den Jackettärmeln hervorschauten.
Isabella schluckte. „Ich fürchte, wenn Sie mein Dinner nicht irgendwo auf einem Servierwagen stehen haben, kann ich Sie nicht hereinlassen.“
„Nein, tut mir leid.“ Er löste die verschränkten Arme von der Brust und streckte ihr die leeren Hände entgegen.
„Ich hatte den Zimmerservice erwartet.“
Er tippte mit dem Zeigefinger gegen das Guckloch im Türblatt. „Dafür lassen sie diese Spione einbauen. Es ist immer gut, wenn man vorher durchschaut.“
„Danke. Ich werde es mir merken.“ Gerade als sie die Tür schließen wollte, stellte er seinen Fuß dazwischen. Mit großen Augen sah sie ihn beklommen an.
„Sie haben einer Menge Leute eine Menge Probleme gemacht, einschließlich der für Sie verantwortlichen Sicherheitsleute, die jetzt alle ohne Job dastehen.“
Der Magen sackte ihr in die Kniekehlen. Er wusste, wer sie war. Sie allerdings wusste nicht, ob sie Erleichterung verspüren oder maßlos enttäuscht sein sollte. Erleichtert, dass er ihr nichts antun würde, aber enttäuscht, weil er hier war, um sie zurückzuholen. Entweder nach Umarah oder nach Turan. Sie wollte in keines der beiden Länder. Nicht jetzt. Nicht, wenn sie kaum etwas von dem erreicht hatte, was sie sich vorgenommen hatte.
Einen Abend in Freiheit, mehr hatte sie nicht gehabt. Ein kurzer Blick auf die Welt, so wie sie sie nie wieder sehen würde.
„Arbeiten Sie für meinen Vater?“
„Nein.“
„Dann für Hassan.“ Es hätte ihr gleich auffallen müssen – bei dieser Andeutung eines Akzents in seiner tiefen Stimme musste Arabisch seine Muttersprache sein. Dann hätte sie auch gewusst, dass er zu ihrem Verlobten gehörte.
„Sie haben die Abmachung nicht eingehalten, amira . Ihnen musste doch klar sein, dass der Scheich das nicht erlauben kann.“
„Natürlich hatte ich keine Begeisterung von ihm erwartet, aber …“
„Sie haben sich sehr unvernünftig verhalten, Isabella. Ihre Eltern dachten, man hätte Sie entführt.“
Das schlechte Gewissen, das sie die letzten vierundzwanzig Stunden im Zaum gehalten hatte, zog ihr den Magen zusammen. Allerdings mischte sich ein seltsames Flattern in dieses Gefühl, als sie in die dunklen Augen ihres Gegenübers blickte. Hastig senkte sie den Blick. „Ich wollte niemandem Sorgen bereiten.“
„Und was hatten Sie sich vorgestellt? Dass man nach Ihrem Verschwinden wieder zur Tagesordnung übergeht, so als wäre nichts geschehen? Konnten Sie sich nicht denken, dass Ihre Eltern vor Sorge um Sie völlig aufgelöst sein würden?“
Sie schüttelte den Kopf. Sie hatte damit gerechnet, dass die Eltern verärgert sein würden. Wütend, aber nicht besorgt. Höchstens besorgt, dass der Scheich den Vertrag annullieren könnte. Weil die Tochter zu lange in der großen bösen Welt da draußen gewesen war und eventuell als „beschädigte Ware“ zurückkommen würde. „Nein, ich … ich hätte wirklich nicht gedacht, dass sie sich Sorgen machen.“
Er drehte kurz den Kopf, schaute auf das junge Pärchen, das ein Stück weiter den Korridor hinunter an der Wand gelehnt stand und sich leidenschaftlich küsste. „Ich habe nicht vor, dieses Gespräch hier auf dem Gang zu führen.“
Isabella war seinem Blick zu dem selbstversunkenen Liebespaar gefolgt. Ihre Wangen brannten vor Verlegenheit. „Nun, ich kann Sie nicht einlassen.“
„Zu schäbig?“
„Nein, es ist ein einfaches, aber sehr sauberes Hotel. In einem besseren Haus …“
„… hätte man Sie vermutlich erkannt“, beendete er ihren Satz.
Sie nickte stumm.
„Ich komme jetzt herein“, sagte er bestimmt. „Mit oder ohne Erlaubnis. Eines werden Sie sehr schnell über mich lernen, Prinzessin. Ich lasse mir nichts befehlen.“
„Bis zur Hochzeit sind es noch zwei Monate und zehn Tage.“ Verzweiflung begann an ihr zu nagen. „Ich … ich brauche diese Zeit.“
„Das hätten Sie sich überlegen müssen, bevor Sie weggelaufen sind.“
„Ich bin nicht weggelaufen . Das klingt, als sei ich ein ungehorsames Kind.“
„Wie würden Sie es nennen?“ Er sah zu dem Pärchen zurück, dessen Aktivitäten immer hitziger wurden. „Ich warte noch immer darauf, dass Sie mich hereinbitten“, sagte er dann zu ihr. „Ich finde, ich habe bisher extreme Geduld bewiesen.“
Isabella zweifelte nicht daran, dass er sich auch mit Gewalt in ihr Zimmer drängen würde, wenn sie ihm den Zutritt verweigerte. Das Glitzern in seinen Augen sagte ihr, dass er kurz davorstand, es zu tun.
Von dem Pärchen drang ein ekstatisches Stöhnen durch den Gang. Isabella zuckte zusammen und wich unwillkürlich zurück, gab damit die Tür frei.
„Eine kluge Entscheidung.“ Er trat an ihr vorbei in das kleine Hotelzimmer.
Wie ein Fels stand er da, mit reglosem Gesicht. Er war attraktiv, sehr sogar. Erst jetzt fiel es ihr auf. Seine Erscheinung und die Energie, die er ausstrahlte, hatten sie so überrumpelt, dass sie gar keine Zeit gehabt hatte, ihn genauer anzusehen. Nun tat sie es.
Jetzt, da sein Mund sich entspannt hatte, erkannte sie, wie fein geschwungen und voll seine Lippen waren, selbst mit der kleinen Narbe über dem Mundwinkel. Seine Augen waren die dunkelsten, die sie je gesehen hatte, der Blick so intensiv, dass sie meinte, er könne bis in ihr Innerstes sehen. Er war der Typ Mann, der eine prompte physische Reaktion hervorrief, die sich nicht ignorieren ließ. Weder verstand Isabella diese Reaktion, noch wusste sie mit ihr umzugehen.
„Ich wollte Sie nicht einlassen, ich war nur einen Moment verwirrt.“ Sie hoffte, dass sie sich hochherrschaftlich anhörte. Sie war eine Prinzessin, ein derartiger Ton sollte ihr also leichtfallen.
„Ich habe sie vorgewarnt.“
Sie räusperte sich und versuchte, ihm nicht direkt in die Augen zu schauen. Denn sobald sie ihn anblickte, schien alles wie in Zeitlupe abzulaufen. Es war kaum zu glauben, welch ungeheure Präsenz dieser Mann ausstrahlte. „Nun, jetzt sind Sie also drinnen.“
„Richtig. Und wir gehen jetzt.“
Sie trat einen Schritt zurück. „Ich gehe nirgendwo mit Ihnen hin.“
Eine schwarze Augenbraue schnellte in die Höhe. „Glauben Sie?“
„Wollen Sie mich etwa wegtragen?“
Er zuckte nur mit einer Schulter. „Wenn es nicht anders geht.“
Die Vorstellung, von diesem Mann, diesem Fremden, angefasst zu werden, war alles andere als berauschend. Isabella trat einen Schritt zurück, um mehr Abstand zu schaffen. „Das würden Sie nicht wagen.“
„Täuschen Sie sich nicht, Prinzessin – ich würde. Es besteht eine Abmachung mit dem Scheich von Umarah. Ich habe den Auftrag, Sie zu ihm zu bringen. Das heißt, Sie kommen mit, selbst wenn ich Sie auf meiner Schulter schreiend und strampelnd über die Straßen von Paris tragen muss.“
Sie versteifte sich, bemühte sich angestrengt, würdevoll zu erscheinen, auch wenn ihre Hände vor Nervosität zitterten. „Ich glaube nicht, dass Sie das tun würden.“
Er richtete diesen intensiven Blick wieder auf sie. „Versuchen Sie bitte nicht, mich herauszufordern. Sie würden es bereuen.“
Er ließ den Blick über ihre Gestalt gleiten. So, wie seine Augen in dem schwachen Licht glitzerten, kam sie sich vor, als stünde sie nackt vor ihm.
Ihr Puls beschleunigte sich, unbekannte Hitze raste durch ihre Adern, ihr Herz klopfte so laut, dass sie fast sicher war, er müsse es hören.
Um sich zu beruhigen, sah sie hastig von ihm fort. Leider landete ihr Blick auf dem Bett in der Zimmerecke. Sofort musste sie an das Pärchen auf dem Korridor denken, und ihre Wangen begannen zu glühen.
Konzentrier dich!
Sie musste ihre Gedanken ordnen, musste einen Weg finden, um diesen Mann loszuwerden, damit sie ihr Leben leben konnte. Schließlich würde sie es bald opfern, alles im Namen der Pflicht. Der riesige Solitär an ihrem Finger, der ihr vor sechs Monaten per Courier zugestellt worden war, erinnerte sie ständig an die Tatsache, dass sich die Zeit ihrer Freiheit dem Ende zuneigte.
Nur zwei kurze Monate wollte sie ihr eigenes Leben führen. Das war doch wirklich nicht zu viel verlangt. Dennoch schien jeder beschlossen zu haben, dass das nicht geschehen würde. Als sie ihren Vater um diese Zeit für sich selbst gebeten hatte, lehnte er sofort ab, so als wäre eine solche Vorstellung völlig undenkbar. Also hatte sie die Dinge allein in die Hand genommen. Nein, sie konnte jetzt nicht mit diesem Mann gehen, nicht, wenn sie ihrem Ziel so nahe war.
Es musste einen Weg geben, den Mann auf ihre Seite zu ziehen. Allerdings wusste sie nicht viel über Männer. Der einzige Mann, mit dem sie Zeit verbracht hatte, war ihr älterer Bruder Max. Und sie hatte genau beobachtet, wie ihre Schwägerin mit ihm umging, wenn sie an seine nachgiebige Seite appellierte.
Allerdings bezweifelte Isabella, dass dieser Mann da vor ihr eine nachgiebige Seite besaß. Aber irgendetwas musste sie tun!
Sie trat vor und legte ihre Hand auf seinen Arm. Ihre Blicke trafen sich, ein Stromstoß durchzuckte Isabella. Hastig zog sie die Hand zurück. „Ich bin noch nicht bereit, wieder zurückzugehen. Mir bleiben noch zwei Monate bis zur Hochzeit, und diese Zeit möchte ich … möchte ich für mich selbst haben.“
Adham al bin Sudar unterdrückte den aufflammenden Ärger. Die kleine Hexe wollte ihn in Versuchung führen, um ihren Kopf durchzusetzen. Diese sanfte Hand auf seinem Arm … das war ein kalkuliertes Manöver, um das Blut eines Mannes in Wallung zu bringen. Und wenn eine Frau aussah wie Isabella Rossi, wie sollte einem Mann das Blut da nicht heißer durch die Adern strömen?
Nicht zum ersten Mal dachte er, wie viel Glück sein Bruder hatte, sie als seine Braut zu erhalten. Adham hätte sich schon glücklich geschätzt, sie als Geliebte haben zu dürfen. Die Frau war wunderschön, mit verlockenden Kurven und einem makellosen Gesicht. Eine klassische Schönheit, mit hohen Wangenknochen, einer kleinen Nase und einem Mund, der alle Blicke auf sich zog. Sie war nicht so schlank wie die angesagten Supermodels, aber Adham hatte schon immer Frauen geschätzt, die auch wie Frauen aussahen. Isabella Rossi besaß definitiv sehr weibliche Formen.
Für einen Moment ließ er seinen Blick auf ihrem vollen Busen ruhen, und sofort schalt er sich im Stillen, als er merkte, was er da tat. Sie war die Verlobte seines Bruders und somit absolut tabu.
Sein Bruder hatte ihn gebeten, ja geradezu angefleht, die zukünftige Braut zu ihm zurückzubringen, damit sein Ansehen nicht gefährdet wurde. Und nur deshalb war Adham hier, obwohl er inzwischen an ihrer Tauglichkeit zu zweifeln begann. Ein egoistisches, verwöhntes Kind ohne jedes Pflichtgefühl würde nie die geeignete Scheicha für sein Land sein. Aber Isabella Rossi brachte als Aussteuer sozusagen ein ganzes Land mit – in Form eines Handels- und Militärabkommens, und das machte sie nun einmal einzigartig.
„Allein zu reisen war extrem unvernünftig von Ihnen.“ Er brauchte seine gesamte Willenskraft, um das jähe Verlangen abzuwehren. „Ihnen hätte etwas zustoßen können.“
„Ich war immer in Sicherheit, und ich werde weiter in Sicherheit sein. Ich …“
„Sie werden nichts anderes tun, als mit mir zu kommen, amira . Glauben Sie wirklich, ich lasse Sie allein, nur weil Sie lächeln und nett fragen?“
Bestürzt öffnete sie die vollen Lippen. „Ich … ich hatte gehofft …“
„Was? Dass Sie sich nicht an Ihr Wort zu halten brauchen? Sollte das Volk von Umarah herausfinden, dass die Braut ihren Scheich verlassen hat, so beschämt ihn das in seiner Ehre. Man wird die falsche Wahl in Ihnen sehen. Und was soll dann aus der Allianz werden? Arbeitsplätze, Handel, Sicherheit, die Wohltaten für unsere Völker … alles zunichtegemacht.“
Isabella kaute nervös auf ihrer Lippe herum, ihre blauen Augen schimmerten feucht. „Ich wollte ja nicht die Hochzeit absagen, ich wollte doch nur etwas Zeit für mich haben.“
Von Tränen hatte er sich noch nie beeindrucken lassen, vor allem nicht, wenn sie bewusst eingesetzt wurden, um zu manipulieren. Allerdings fiel ihm auf, dass sie Hassans Ring trug, den sie jetzt auch nervös an ihrem Finger drehte – möglicherweise ein Zeichen, dass sie die Wahrheit sagte.
„Nun, die Zeit ist um, fürchte ich.“
Die Verzweiflung, die in ihren Augen stand, hätte jeden anderen gerührt, ihn nicht. Er fühlte nichts als Geringschätzung. Er hatte zu viel von der Welt gesehen, um ein wohlhabendes kleines Mädchen zu bemitleiden, das sich über die Heirat mit einem extrem reichen Fürsten beklagte.
„Ich habe nicht einmal den Eiffelturm gesehen“, sagte sie jetzt leise.
„Was?“
„Ich habe den Eiffelturm nicht gesehen. Ich kam heute Abend mit dem Zug aus Italien an. Im Dunkeln wollte ich nicht allein ausgehen. Ich habe überhaupt nichts von Paris gesehen.“
„Sie haben den Eiffelturm nicht gesehen?“
Sie lief rot an. „Nun, gesehen habe ich ihn, vom Taxi aus. Aber das ist nicht dasselbe, wie unter ihm zu stehen, ihn zu erleben.“
„Das hier ist kein Urlaub, und ich bin auch nicht hier, um mit Ihnen eine Stadtbesichtigung zu machen, sondern um Sie nach Umarah zurückzubringen.“
„Bitte … lassen Sie mich wenigstens den Eiffelturm sehen.“
Eine schlichte Bitte, die zudem leicht erfüllt werden konnte. Zwar ließ ihn ihr Drama kalt, aber er war nicht gemein. Außerdem wäre es sicherlich einfacher, wenn sie aus freien Stücken mitkam. Zwar würde er nicht zögern, sie mit Gewalt aus diesem Hotel zu holen, aber lieber wäre es ihm ohne.
„Morgen früh. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass wir auf dem Weg zum Flughafen beim Eiffelturm anhalten. Aber jetzt müssen Sie mit mir kommen, vorzugsweise ohne Schreien und Strampeln.“
„Und Sie werden Ihr Wort halten?“
„Noch etwas, das Sie über mich wissen sollten, Prinzessin: Ich bin kein netter Mann, und ich bin auch kein besonders guter Gesellschafter, aber mein Wort halte ich immer. Das ist eine Frage der Ehre.“
„Und Ehre ist wichtig für Sie?“
„Es ist etwas, das einem niemand nehmen kann.“
„Ich nehme das als ein Ja.“ Sie sah sein knappes Nicken. „Und wenn ich nicht mit Ihnen komme?“
„Sie kommen mit. Sie haben nur die Wahl zwischen Schreien und Strampeln oder Besichtigung.“
„Das schränkt meine Wahl wohl ziemlich ein, oder?“ Sie kaute an ihrer Lippe.
„Im Grunde ist es keine Wahl, nur über die Methode können Sie entscheiden.“
Sie blinzelte wütend, dann sackten ihre Schultern enttäuscht nach unten. Sie wandte den Kopf, so als wollte sie nicht, dass er ihren Kummer sah. Dabei war er sich sicher, dass sie damit genau das Gegenteil bezweckte.
„Meine Koffer müssen gepackt werden. Dabei habe ich gerade erst alles auspacken lassen.“ Sie rührte sich keinen Zentimeter, sah einfach nur sehr jung und sehr traurig aus.
„Also, ich mache das nicht“, meinte er trocken.
Sie riss leicht die Augen auf und errötete verlegen. „Entschuldigen Sie. Sie arbeiten für Scheich Hassan, daher dachte ich …“
„Dass ich ein Lakai wäre?“
Sie murmelte etwas, das sich wie ein italienischer Fluch anhörte, und stapfte zum Schrank.
„Mir ist nicht klar, wie Sie mit der realen Welt fertig werden wollten, wenn Sie erwarten, dass jemand anderes sich um das Kofferpacken kümmert, Prinzessin.“
Sie versteifte die Schultern, aber sie drehte sich nicht um. „Nennen Sie mich nicht so.“
„Aber das sind Sie doch.“
Ein freudloses Lachen kam über ihre Lippen. „Wer weiß schon, wer ich bin? Ich zumindest nicht.“
Er ging nicht auf die Bemerkung ein. Es war schließlich nicht seine Aufgabe, den Psychoanalytiker bei der zukünftigen Frau seines Bruders zu mimen. Er wollte so schnell wie möglich zurück, hatte er doch wichtigere Dinge zu erledigen.
Im Moment suchten Geologen in der Wüste von Umarah nach dem Standort für die nächste Ölplattform. Er war immer gerne dabei, wenn eine solche Entscheidung fiel. Nicht, dass er sein Team überwachte, wozu auch, wenn er nur die Besten der Besten anheuerte? Aber bei solch wichtigen Ereignissen war er nun mal lieber vor Ort, nur für den Fall, dass irgendein Problem auftauchte.
Der wachsenden Wirtschaft in Umarah den Weg zu ebnen war nur ein Teil seines Jobs. Vor allem ging es ihm darum, die Sicherheit seines Bruders und seines Volkes zu gewährleisten. Daher hatte er, als Hassan ihm von dem Verschwinden seiner Braut berichtet hatte, auch angeboten, sie ausfindig zu machen. Jetzt bereute er sein Angebot bereits.
Isabella schwang herum, einen Stapel Kleider im Arm. „Sie könnten mir zumindest helfen.“
Er schüttelte nur den Kopf und sah ihr zu, wie sie ungeschickt damit begann, ihre Garderobe zu falten und im Koffer zu verstauen. Nach dem dritten oder vierten Teil schien sie eine Methode entwickelt zu haben, wenn auch eine eher unkonventionelle.
„Wer hat denn vorher den Koffer für Sie gepackt?“
Sie zuckte mit einer Schulter. „Ein Diener meines Bruders. Es war ja geplant, dass ich abreise. Ich bin eben nur etwas früher abgefahren.“
„Ohne Begleitschutz.“
Sie kniff abschätzend die Augen zusammen. „Wie, sagten Sie noch, heißen Sie?“
„Dem Bericht nach, der mir vorlag, sind Sie eine sehr intelligente Frau, immer nur die besten Noten in der Schule. Ich denke, Sie wissen genau, dass ich Ihnen meinen Namen nicht genannt habe.“
Sie hob eine feine Augenbraue. „Und ich denke, da Sie anscheinend alles von mir wissen, einschließlich meiner Schulnoten – ich wage gar nicht, mir vorzustellen, was sonst alles noch –, sollte ich wenigstens Ihren Namen kennen.“
„Adham.“ Den Nachnamen unterschlug er – und damit auch sein Verwandtschaftsverhältnis zu Hassan.
„Nett, Sie kennenzulernen.“ Sie wollte eine Seidenbluse in den Koffer legen und hielt mitten in der Bewegung inne. „Nein, eigentlich ist es überhaupt nicht nett. Ich weiß wirklich nicht, warum ich das gesagt habe. Gewohnheit.“ Sie seufzte. „Weil es das ist, wozu ich erzogen wurde.“ Sie schürzte missmutig die Lippen.
„Und das gefällt Ihnen nicht?“
„Nein. Nein, es gefällt mir überhaupt nicht“, bekräftigte sie und holte tief Luft. „Es ist nicht nett, Sie kennenzulernen, Adham. Ich wünschte, Sie würden einfach gehen.“
„Nicht alle unsere Wünsche erfüllen sich. Sie bekommen den Eiffelturm, das muss Ihnen reichen.“
Ein Penthouse im 7. Pariser Arrondissement hatte Isabella nicht bei einem Mann erwartet, der für den Scheich arbeitete. Offensichtlich hatte Adham eigenes Vermögen, vermutlich trug er sogar einen Titel. Kein Wunder, dass er sie angesehen hatte, als sei sie nicht recht bei Trost, als sie ihn um Hilfe beim Kofferpacken bat.
Dieses Penthouse ließ leider keinerlei Rückschlüsse auf den Mann zu, der faktisch ihr Gefängniswärter war. Es sei denn, er war wirklich so kompromisslos und spartanisch wie die Einrichtung. Kalt wie Stahl. Hart wie Granit. Karg wie die Wüste seiner Heimat. Durchaus möglich.
„Haben Sie Hunger?“
„Kann ich auch etwas anderes als Brot und Wasser bekommen?“
„Das glauben Sie also, Isabella? Dass Sie meine Gefangene sind?“
Sie schluckte den Kloß in ihrer Kehle hinunter. „Etwa nicht?“ War sie nicht von jeher eine Gefangene gewesen? Eine Marionette, dazu geschaffen, demjenigen zu folgen, der die Fäden zog.
„Kommt darauf an, wie Sie es betrachten. Sollten Sie versuchen, zu dieser Tür hinauszugehen, so kann ich das nicht zulassen. Aber wenn Sie nicht versuchen zu fliehen, werden wir sicherlich gut miteinander auskommen.“
„Meiner Ansicht nach macht mich das zu einer Gefangenen.“
Er presste die Lippen zusammen, was die Narbe an seinem Mund heller werden ließ. Dieser kleine Makel in seinem attraktiven Gesicht verstärkte nur den Eindruck des Kriegers, den Isabella von ihm hatte. „Ob nun Gefangene oder nicht, ich denke, Sie würden vielleicht gern etwas essen. Ich habe Sie schließlich vor dem Abendessen aus dem Hotel geholt.“
Wie zur Antwort knurrte prompt ihr Magen. „Ja, ich hätte gern etwas zu essen.“
„Wenn ich hier bin, lasse ich mir immer aus dem Restaurant in der Nähe etwas kommen. Ich nehme an, es ist Ihnen recht?“
„Ich …“ Jetzt oder nie, das war ihre Chance! „Ich hätte gern einen Hamburger. Und Fritten. Oder Pommes … wie immer man das nennt. Und eine Cola. So etwas habe ich nämlich noch nie gegessen.“
„Einen Hamburger, also.“ Seine Augenbrauen hoben sich unmerklich. „Nun, das scheint mir doch ein schlichter Wunsch für eine Henkersmahlzeit zu sein. Ich denke, das lässt sich machen.“
Sie glaubte, einen Anflug von Humor in seiner Stimme zu hören, aber das bildete sie sich wohl ein. Er zog sein Handy hervor, wählte und sprach in fließendem Französisch mit der Person am anderen Ende.
„Sie sprechen Französisch?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe einen Wohnsitz hier. Da erweist es sich als praktisch.“
„Italienisch auch?“ Sie steuerte auf das schwarze Ledersofa zu, das so gemütlich wie Marmor wirkte, und setzte sich auf die äußerste Kante.
„Nur wenig. Fließend beherrsche ich Arabisch, Französisch, Englisch und Mandarin.“
„Mandarin?“