Die Geschichte des Eisens, Band 5: Das 18. Jahrhundert, Teil 1 - Dr. Ludwig Beck - E-Book

Die Geschichte des Eisens, Band 5: Das 18. Jahrhundert, Teil 1 E-Book

Dr. Ludwig Beck

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Beschreibung

Während nur zu viele Bücher erscheinen, die das nicht wirklich bieten, was der Titel erwarten lässt, haben wir es hier mit einem Werke zu tun, welches unendlich viel mehr gibt, als sein Name verspricht. Wird auch aus der "Geschichte des Eisens " keine allgemeine Kulturgeschichte, so veranlasst doch die Bedeutung und vielseitige Verwendung dieses Metalls den Verfasser zu einer Darstellung, die alle Teile der materiellen Kultur umfasst oder wenigstens berührt. Der allgemeine Wert des Gesamtwerkes ist vielleicht noch viel mehr ein historischer als ein technischer. Der Verfasser ist zwar von Hause aus Techniker und weist in seiner Einleitung mit Bescheidenheit darauf hin, dass man von ihm nicht das erwarten dürfe, was der Geschichtsforscher leiste, er zeigt aber bald darauf durch eine treffliche Bemerkung, dass ihm zum Historiker nichts fehlt, als vielleicht die akademische Qualifikation, und dass viele Männer vom Fach von ihm noch lernen können. Einen bedeutungsvollen Satz, den Beck durch das ganze Werk hindurch mit seltener Belesenheit, großem Fleiß und geschickter Kombinationsgabe befolgt und durchführt, kann man hier wörtlich anführen: "Es will uns vielmehr bedünken, als ob bei unserer Geschichtsschreibung dem biographischen Element gemeiniglich eine zu große Bedeutung eingeräumt würde, während die mechanischen Bedingungen der menschlichen Entwicklung, unter denen die Fortschritte der Technik, vor allem die der Eisentechnik eine hervorragende Rolle einnehmen, zu wenig Berücksichtigung fänden. " Dieser Gedanke wird sich ja wohl bei der wachsenden kulturgeschichtlichen Forschung immer mehr Bahnbrechen, und Beck hat jedenfalls das Verdienst, in seiner Geschichte des Eisens gezeigt zu haben, wie dankbar und erfolgreich das Betreten dieses Weges ist, wenn sich mit sachlicher, hier technischer, Kenntnis historischer Sinn und fleißiges Quellenstudium vereinigen. Die Schwierigkeiten, die sich einer solchen ersten Arbeit, denn eine Geschichte des Eisens hat es bis jetzt nicht gegeben, entgegenstellen, hat Beck in überraschender Weise überwunden. Die zerstreuten Quellen historischen, philologischen, archäologischen, auch poetischen Charakters, sind mit staunenswertem Fleiß gesammelt und gut verwertet. Dies ist Band fünf von zehn und behandelt das 18. Jahrhundert (Teil 1). Der Band ist durchgängig illustriert und wurde so überarbeitet, dass die wichtigsten Begriffe und Wörter der heutigen Rechtschreibung entsprechen.

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Die Geschichte des Eisens

 

Band 5: Das 18. Jahrhundert, Teil 1

 

DR. LUDWIG BECK

 

 

 

 

 

 

 

Die Geschichte des Eisens, Band 5, Dr. Ludwig Beck

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849661953

 

Quelle: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/12>, abgerufen am 18.03.2022. Der Text wurde lizenziert unter der Creative Commons-Lizenz CC-BY-SA-4.0. Näheres zur Lizenz und zur Weiterverwendung der darunter lizenzierten Werke unter https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de. Der Originaltext aus o.a. Quelle wurde so weit angepasst, dass wichtige Begriffe und Wörter der Rechtschreibung des Jahres 2022 entsprechen. Etwaige Seitenverweise beziehen sich auf die Originalausgabe und stimmen in aller Regel nicht mit der vorliegenden Edition überein.

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

ALLGEMEINER TEIL.1

Einleitung.1

Literatur im 18. Jahrhundert.8

Wissenschaftliche Lehranstalten.48

Die Chemie des Eisens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.54

Physik.64

Die Dampfmaschine vor Watt.79

Die direkte Schmiedeeisengewinnung — Luppenfeuer — Stücköfen.98

Hochöfen bis 1734.116

Die Eisengießerei bis 1750.144

Eisen- und Stahlfrischen.156

Die Zementstahlfabrikation (nach Reaumur 1721).179

Schmiedbarer Guss (nach Reaumur 1721).203

Die mechanische Bearbeitung des Eisens (Polhem 1720 bis 1746).217

Die Ankerschmieden.229

Die Weißblechfabrikation (1725).235

Die Nadelfabrikation.239

DIE EISEN-INDUSTRIE UM DIE MITTE DES ACHTZEHNTEN JAHRHUNDERTS (1740—1770).244

Die Erfindung des Gussstahls.244

Die Zementstahlfabrikation besonders in England.253

Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts (1734 bis 1770).263

Das Brennmaterial.263

Gebläse.280

Die Eisenerze.284

Die Hochöfen in Frankreich um 1750.290

Die Floßöfen in Steiermark und Kärnten.302

Die Eisengießerei um die Mitte des 18. Jahrhunderts.331

Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.350

Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.371

Eisen- und Stahlveredelung.391

Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.410

Ambossschmieden, Rohrhämmer, Messer- und Waffenfabriken.429

Die Chemie des Eisens von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Sturz der Phlogistontheorie.438

DIE MASCHINEN IN DER ZWEITEN HÄLFTE DES ACHTZEHNTEN JAHRHUNDERTS.455

James Watt und die Dampfmaschine.455

Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer.491

Walzwerke. Scheren.522

Werkzeugmaschinen. Öfen.544

 

 

ALLGEMEINER TEIL.

 

Einleitung.

 

Im 18. Jahrhundert waren die Fortschritte im Eisenhüttenwesen sehr bedeutende, durch sie wurde die Grundlage des Riesenbaues der modernen Eisenindustrie geschaffen.

Die politischen Verhältnisse trugen zur gewerblichen Entwicklung insofern bei, als die Länder Europas sich wenigstens zeitweilig ungestörter Friedensperioden erfreuten. War die Zahl der Kriege auch groß, so hatten dieselben doch nicht den verheerenden Charakter, wie der 30-jährige Krieg in Deutschland, der Revolutionskrieg in England, der Befreiungskrieg der Niederlande, welche alle bürgerlichen und staatlichen Verhältnisse bis in den Grund aufgewühlt hatten. Aus den Kämpfen des 17. Jahrhunderts war eine gewisse Gruppierung der europäischen Großmächte hervorgegangen, welche sich während des 18. Jahrhunderts mehr und mehr befestigte. Die leitende Stellung des römisch-deutschen Kaisers hatte schon längst aufgehört. Deutschlands innere Kraft war durch den 30-jährigen Krieg gebrochen und der westfälische Friede hatte ein Konglomerat einer Unzahl kleiner und großer Einzelstaaten hinterlassen, welche nur dem Namen nach durch das deutsche Kaisertum zusammengehalten wurden. Begann doch das Jahrhundert damit, dass sich der Kurfürst von Brandenburg selbst die preußische Königskrone aufsetzte. Wenn auch an Umfang den übrigen Staaten überlegen, stand Deutschland an Macht den geschlossenen Einheitsstaaten Frankreich und England nach. Diese beiden kämpften um die Hegemonie in Europa, wobei Deutschland oder einzelne deutsche Staaten nur Handlangerdienste verrichteten, der deutsche Grund und Boden bei allen größeren Verwickelungen aber wieder das Schlachtfeld abgeben musste. So war es gleich zu Anfang des Jahrhunderts im Spanischen Erbfolgekrieg, an dem sämtliche westeuropäische Staaten beteiligt waren.

Italien litt an der gleichen Zerrissenheit wie Deutschland und außerdem noch unter der antinationalen Politik des Papsttums.

Spanien war zu Grunde gerichtet durch seine selbstmörderische Finanz- und Volkswirtschaft und durch eine unduldsame Priesterherrschaft.

Entsprechend den politischen Verhältnissen entwickelte sich die Eisenindustrie: In Italien und Spanien Stillstand, in Deutschland anfangs Stagnation, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts langsamer Fortschritt, mehr erzwungen durch die Konkurrenz des Auslandes, als aus eigener Initiative. Infolgedessen betätigte sich auch der Fortschritt in Deutschland mehr in Nachahmung als in Erfindung. Die Länder des Fortschrittes auf dem Gebiete der Eisenindustrie waren Frankreich, England, Schweden und Russland.

Frankreichs Ehrgeiz ging dahin, der erste Staat in Europa, vor allem auf dem Kontinent, zu sein; es erstrebte politische Macht nach außen, die Wohlfahrt im Inneren fand erst in zweiter Linie Berücksichtigung, ja sie wurde im Laufe des Jahrhunderts jenem ehrgeizigen Phantome nicht nur untergeordnet, sondern sogar zum Opfer gebracht. Aber Frankreich hatte seinen Zweck erreicht, der angesehenste und einflussreichste Staat des europäischen Kontinents zu sein. Sein Einfluss auf die Entwicklung der Eisenindustrie war ein großer, aber mehr auf theoretischem als auf praktischem Gebiete. Die industriellen Fortschritte im eigenen Lande können nicht als mustergültig bezeichnet werden und haben die Eisenindustrie nicht wesentlich gefördert, aber die theoretische Behandlung des Gegenstandes, welche in einer reichen, vortrefflichen Literatur ihren Ausdruck fand, wurde von großer Bedeutung für dieselbe. Frankreich gebührt mit Schweden der Ruhm, der Begründer der Eisenhüttenkunde als Wissenschaft zu sein.

Ganz anders gestaltete sich die Entwicklung in England. Dieses erstrebte die Weltherrschaft zur See nicht aus Ruhmsucht, sondern zur Sicherstellung seines großartigen Handels und seiner Industrie. Deren Schutz und deren Entwicklung waren die ersten Interessen des Staates; diese waren es, welche sein politisches Handeln leiteten. Das Streben der Engländer war ein durchaus praktisches sowohl in der Politik wie in der Industrie. Deshalb trat die theoretische Diskussion in den Hintergrund, das praktische Experiment aber in den Vordergrund, und während die schriftstellerische Tätigkeit in England auf dem Gebiete der Eisenindustrie im 18. Jahrhundert fast gleich Null ist, sind alle wichtigen Fortschritte und Entdeckungen hierin in England gemacht worden, und am Schluss des Jahrhunderts steht England als die erste Eisenmacht der Welt da.

Schweden setzte seine Bestrebungen auf Hebung der nationalen Eisenindustrie, welche die wichtigste Grundlage seines Wohlstandes bildete, mit Eifer und Erfolg fort und trug auf theoretischem, wie auf praktischem Gebiete zum Fortschritt des Eisenhüttenwesens bei.

In Russland schuf der starke Wille eines genialen Herrschers eine mächtige Eisenindustrie, die bald imstande war, mit der der übrigen Staaten Europas in Wettbewerb zu treten. Die Großartigkeit der Unternehmungen zeitigte manche Fortschritte, welche der ganzen Eisenindustrie zugutegekommen sind.

Mit kleinen Anfängen begann die Eisenindustrie Nordamerikas. Zunächst zog sie die Blicke der Politiker auf sich, denn der Druck, welchen sie durch die unvernünftige und ungerechte Industriepolitik Englands seinen Kolonien gegenüber gerade auf dem Gebiete der Eisenindustrie ausübte, gab den Hauptanstoß zu dem denkwürdigsten Ereignis des vorigen Jahrhunderts, der Unabhängigkeitserklärung der nordamerikanischen Freistaaten. Wir werden diesen wichtigen Vorgang an späterer Stelle beleuchten.

Der Verbrauch von Eisen wuchs, wenn auch lange nicht mit der Geschwindigkeit, wie in diesem Jahrhundert, von Jahr zu Jahr. Es war dies die natürliche Folge der zunehmenden Zivilisation. So gingen Massen von Eisenfabrikaten von Europa nach Amerika für die immer mehr sich ausbreitenden Ansiedelungen. Immer größere Mengen von Eisen verbrauchte die wachsende Seeschifffahrt. Der Fortschritt des Maschinenwesens, die Feuermaschinen, Dampfmaschinen, Walzwerke, Zylindergebläse u. s. w. erhöhten den Verbrauch von Eisen. Man begann eiserne Schienenwege anzulegen und eiserne Brücken zu bauen. Alles dieses trug zum Wachstum der Eisenindustrie bei. Der Verbrauch an Eisen wurde mehr und mehr der Kulturmesser der Nationen.

Dieser wachsende Verbrauch ging Hand in Hand mit den Fortschritten der Technik. Es wäre aber verkehrt, zu sagen, der zunehmende Bedarf allein habe diese Fortschritte veranlasst. Der Bedarf an Eisen ist infolge der mannigfaltigen vortrefflichen Eigenschaften dieses Metalls ein unbegrenzter. Jede technische Verbesserung in der Herstellung desselben, die eine Steigerung der Produktion und eine Verbilligung des Eisens zur Folge hat, bewirkt auch eine Steigerung des Verbrauchs. Die technischen Fortschritte steigern also ebenso den Verbrauch wie der vermehrte Verbrauch die Fortschritte steigert. Daher kommt es, dass wir in den einfachen Verhältnissen früherer Jahrhunderte und wie sie noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts vorliegen, das Wachstum der Industrie kaum wahrnehmen, während dieses Wachstum umso rascher zunimmt, je komplizierter unsere Industrie wird, je mehr wir uns der Gegenwart nähern. Dasselbe stellt sich fast wie eine geometrische Progression dar; jedenfalls erscheint sie uns im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts bereits riesengroß im Vergleich mit der ersten Hälfte desselben.

Die Fortschritte vollzogen sich auf theoretischem und auf praktischem Gebiete. Auf ersterem übernahm zuerst Frankreich die Führung, und zwar durch den genialen Reaumur, den philosophischen Metallurgen. Ihm verdankt die Eisenhüttenkunde ihre eigentliche Begründung, durch ihn erlangte sie erst die Gleichberechtigung, ja die bevorzugte Stelle in der Metallurgie.

Durch sorgfältige Versuche, in wissenschaftlichem Geiste erdacht, ausgeführt und erklärt, versuchte Reaumur zuerst Klarheit über die verschiedenen Zustände des Eisens und deren chemische und physikalische Unterschiede zu verbreiten. Auf derselben Grundlage baute er seine Erfindungen der Zementstahlbereitung und des schmiedbaren Gusses auf. Denn als seine Erfindungen dürfen wir diese Prozesse wohl bezeichnen, wenn auch schon früher darauf bezügliche Versuche gemacht worden waren, welche aber einen durchaus empirischen Charakter an sich trugen und in den Schleier des Geheimnisses gehüllt wurden. Diesen hob Reaumur und beleuchtete in seiner lichtvollen Weise das Wesen dieser Prozesse, die er dadurch jedem verständlich und zu einem Gemeingut machte. Dass der praktische Erfolg nicht der erhoffte war, dass gerade in Frankreich diese beiden Fabrikationen nicht den erwarteten Fortgang nahmen, dass Reaumurs eigene Unternehmungen im Großen verunglückten, beweist nichts gegen den großen Wert der theoretischen Grundlage, welche Reaumur geschaffen hat. Aber auch die praktischen Erfolge blieben im Laufe der Zeit nicht aus, nur zog nicht Frankreich, sondern England den Nutzen davon. Die Zementstahlfabrikation erlangte schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine große Bedeutung in England und bildete zunächst die Grundlage für die englische Gerbstahlbereitung; später wurde sie auch die Grundlage der Gussstahlfabrikation, die aus ihr entstanden ist. Die Fabrikation des schmiedbaren Gusses verschwand, nachdem die Versuche in Frankreich ungünstig verlaufen waren, lange Zeit ganz, um erst gegen Ende des Jahrhunderts in England von neuem und mit besserem Erfolg wieder aufgenommen zu werden.

Hatte Reaumur der Eisenhüttenkunde durch das wissenschaftliche Experiment ihre Grundlage gegeben, so führte ein anderer hervorragender Gelehrter des vorigen Jahrhunderts, der Schwede Emanuel Swedenborg, eine andere Methode, die der Vergleichung ein, welche die Grenzen der Hüttenkunde erweiterte und Übersichtlichkeit über die mannigfachen einzelnen Prozesse bewirkte. Ihm verdanken wir in seinem vortrefflichen Buche „De Ferro“ die erste Eisenhüttenkunde. Dieselbe ist wesentlich historisch und beschreibend, indem darin die schwedischen Hüttenprozesse möglichst objektiv, so wie sie damals ausgeführt wurden, geschildert werden und hieran kürzere Darstellungen der gleichartigen Prozesse, wie sie der Verfasser auf seinen Reisen im Auslande kennen gelernt hat, zur Vergleichung angereiht werden. Auch diese Methode ist in hohem Grade fruchtbringend geworden und hat bereits im vorigen Jahrhundert eine reichhaltige Literatur erzeugt.

Die Verbindung dieser praktischen Kenntnis der Hüttenprozesse mit der Theorie, wie sie das Experiment und die chemische und physikalische Wissenschaft geschaffen hatte, führte dann in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zur systematischen Eisenhüttenkunde, welche ihre vortrefflichste Behandlung in Swen Rinmans „Geschichte des Eisens“ gefunden hat.

Unabhängig von diesen theoretischen und literarischen Arbeiten entwickelte sich die Eisenindustrie in England auf empirischem Boden Schritt für Schritt und zeitigte die wichtigsten Erfindungen. Die Not war hier Lehrmeisterin; denn während der Bedarf an Eisen in England namentlich durch den Aufschwung der Schifffahrt von Jahr zu Jahr wuchs, nahm der Holzreichtum, welcher bis dahin das Brennmaterial für die Eisenindustrie geliefert hatte von Jahr zu Jahr ab. Steinkohle als Ersatz für Holz und Holzkohle mit Erfolg zu verwenden, war aber trotz vieler Versuche bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts nicht gelungen. Erst diesem war es vorbehalten, die Lösung dieser wichtigen Frage zu finden. Nach langen Anstrengungen vermochte endlich Abraham Darby, das Schmelzen der Eisenerze im Hochofen mit Koks mit Nutzen durchzuführen.

Die zweite grundlegende Entdeckung, welche in England gemacht wurde, war die Erfindung des Gussstahls von Benjamin Huntsman 1740. Die Fabrikation desselben blieb während des ganzen Jahrhunderts Geheimnis und ausschließlicher Besitz der Engländer, zu deren Überlegenheit auf industriellem Gebiete sie wesentlich beitrug.

Ein anderer großer Fortschritt für die Eisengießerei war die Einführung von Flammöfen zum Umschmelzen des Roheisens. Dadurch wurden die Gießereien erst unabhängig von den Hochöfen. Bei diesem Betriebe, wie bei der Stahlbereitung wurden Steinkohlen, beziehungsweise Koks als Brennmaterial verwendet.

Noch aber war es nicht gelungen, Stabeisen aus Roheisen mit fossilem Brennstoff herzustellen; noch kannte man nur den Frischprozess, der nur mit Holzkohlen erfolgreich ausgeführt werden konnte. Da erfand Henry Cort 1785 das Flammofenfrischen, den sogenannten Puddelprozess, welcher das wichtige Endglied der Kette der Eisendarstellungsprozesse mit Steinkohlen bildete.

Dadurch war Englands Überlegenheit auf dem Gebiete des Eisenhüttenwesens gesichert, denn seine Steinkohlenschätze waren größer als die der Kontinentalstaaten; an Eisenerzen hatte es gleichfalls keinen Mangel und kein Land hatte so günstige Transport- und Abfuhrverhältnisse, als das gesegnete Inselland. Seit der Erfindung des Puddelprozesses war die Führerschaft Englands in der Eisenindustrie eine unbedingte und ist es geblieben bis in unsere Zeit.

Diese metallurgischen Fortschritte waren es aber nicht allein, welche den außerordentlichen Aufschwung der Eisenindustrie veranlassten; Hand in Hand damit gingen die Erfindungen auf mechanischem Gebiete. Von diesen waren es zwei, welche unmittelbar von größtem Einfluss auf die Eisenbereitung geworden sind, die der Walzwerke und der Zylindergebläse. Durch erstere wurde die Formgebung des Schmiedeeisens erleichtert und beschleunigt, durch letztere wurde die große Produktion der Kokshochöfen, wodurch erst deren unbedingte Überlegenheit begründet wurde, ermöglicht. Alle diese Neuerungen und noch viele andere Verbesserungen der Hilfs- und Werkzeugmaschinen hätten aber ihre volle Bedeutung nicht erlangen können ohne die wichtigste Erfindung des vorigen Jahrhunderts, die der Dampfmaschine. Diese ist der Triumph des 18. Jahrhunderts und gibt ihm seine Signatur. Die Anfänge derselben fallen zwar, wie wir gesehen haben, schon in das vorhergehende Jahrhundert. Savarys sogenannte Dampfmaschine war aber kein Motor im modernen Sinne, es war ein Apparat, der nur zum Wasserheben eine beschränkte Anwendung finden konnte.

Viel näher dem Ziele kam schon die atmosphärische Maschine von Newkomen, die gewöhnlich als Feuermaschine bezeichnet wurde. Hier übten wirklich ein Kolben und eine Kolbenstange, welche durch den Luftdruck in einem luftverdünnten Raume niedergedrückt wurden, eine motorische Kraft aus. Bei der Unregelmäßigkeit dieser Bewegung war aber eine andere Verwendung als zur Bewegung von Pumpen, namentlich die Umsetzung in eine Kreisbewegung fast unmöglich und alle in dieser Richtung gemachten Versuche blieben erfolglos. Einen vollkommenen Motor schuf erst das Genie von James Watt in seiner Dampfmaschine. Durch diese wurde der große Schatz von Kraft, welcher in dem Schosse der Erde in den Kohlenflözen abgelagert ist, erst verwertbar gemacht und erschlossen. Mühevoll und lang war der Weg, den Watt wandern musste, bis er zu seinem Ziele kam; die eigene große Kraft des genialen Mannes hätte dazu fast nicht ausgereicht. Aber ein gütiges Geschick, dem wir heute noch danken, hat ihn geleitet und die größten Schwierigkeiten hinweggeräumt.

Nicht gleich war die Dampfmaschine Watts, so geistvoll sie erdacht, so sinnreich alle Teile erwogen, so sorgfältig sie ausgeführt war, das siegreiche Werkzeug, wie es in seiner Vollendung vor uns steht. Allmählich nur entwickelte sie sich zu dieser Vollkommenheit und die Umsetzung der Kraft in die mannigfaltigen Bewegungen, die Anpassung an alle Arten von Arbeiten, welche wir sie heute leisten sehen, hat noch viele Mühe, Nachdenken, Versuche und Zeit gekostet. Aber schon bald nach ihrer Geburt wurde sie begrüßt als das, was sie geworden ist, das hoffnungsvolle Kraftwerkzeug einer besseren Zukunft, um den trägen Schritt und die mühselige Arbeit des Menschen zu beschleunigen und zu erleichtern. Diese Hoffnung fand den treffendsten Ausdruck in einem Gedicht, welches Erasmus Darwin, der Großvater des berühmten Charles Darwin, selbst ein vortrefflicher Naturforscher und ein Freund von James Watt im Jahre 1788 verfasst hat. Es lautet:

 

 Bald wird des Dampfes Kraft den flüchtigen Wagen

Die Straße entlang,

Die träge Barke durch die Wellen tragen

In sicherem Gang.

Ja, durch des Windes leichtbewegte Schwingen,

Durchs luftige Reich

Ein neu Gefährt zum fernsten Ziele bringen,

Dem Adler gleich!

 

Der Dichter ist hier Prophet, dem die Zukunft enthüllt ist. Bis zur Eröffnung der ersten Eisenbahn bedurfte es aber noch einer geraumen Zeit, und das lenkbare Luftschiff gehört noch heute zu den unerfüllten Wünschen.

Tiefeingreifend waren die Wirkungen der Erfindung der Dampfmaschine auf die Eisenindustrie; denn einerseits war damit eine Kraftquelle von unbegrenzter Stärke geboten, anderseits war sie nicht an örtliche Bedingungen gebunden. Überall, auf Höhen und Tiefen, in Stadt und Land, ließen sich Dampfmaschinen aufstellen. Die Eisenindustrie war nicht mehr gefesselt an das Gefälle des Wasserlaufes, sie war erlöst aus dem „Waldtal“; die Kraft, die sie nötig hatte, band sie nicht mehr an eine bestimmte Örtlichkeit; sie konnte frei da ihr Arbeitsfeld aufschlagen, wo sich ihr die günstigsten Bedingungen darboten. Dies war aber besonders in den Steinkohlenrevieren, wo der Bezug des Brennmaterials leicht und billig war, der Fall. Die Eisenhütten verließen ihre alten Sitze in oft abgelegenen unzugänglichen Waldtälern und wanderten in das Steinkohlengebiet aus. Hier entstanden weit größere Werke, als man sie früher jemals gekannt hatte; denn man war ja nicht mehr beschränkt durch die zugemessene Kraft des Wassergefälles, sondern konnte mit Steinkohlen und Dampfmaschinen beliebige Kraftmengen auf beschränktem Raume erzeugen. Auf diese Weise entstanden neue, großartige Eisenindustriegebiete, wie namentlich in Schottland, Süd-Wales, Staffordshire, Oberschlesien u. s. w.

Auch die Chemie arbeitete eifrig an den Fortschritten im Eisenhüttenwesen mit. War sie darin auch lange Zeit gehemmt durch die falsche Lehre vom Phlogiston, so konnte sie nach dem Sturze dieser durch die Entdeckung des Sauerstoffs und Lavoisiers Lehre von der Verbrennung sich frei entfalten und durch die richtige Erklärung der Konstitution der verschiedenen Eisensorten und der Vorgänge bei den hüttenmännischen Prozessen der Industrie den richtigen Weg und die richtigen Grenzen zeigen.

 Nur in großen Zügen haben wir die Entwicklung des Eisenhüttenwesens im vorigen Jahrhundert angedeutet, die nähere Ausführung sollen die nachfolgenden Blätter bringen.

 

 

Literatur im 18. Jahrhundert.

 

Ein großer Fortschritt für die Eisenindustrie war die Entstehung einer selbständigen Fachliteratur im 18. Jahrhundert. Diese entwickelte sich zuerst in Frankreich. Der Führer und Meister derselben war Reaumur, welcher durch seine zwei vortrefflichen Abhandlungen über Zementstahlfabrikation und über schmiedbaren Guss (l’art de convertir le fer forgé en acier et l’art d’adoucir le fer fondu), welche er im Jahre 1722 zu Paris veröffentlichte, die Eisenindustrie nicht nur mit neuen Erfindungen und Ideen bereichert, sondern damit die gediegene Grundlage für die Literatur des Eisenhüttenwesens gelegt hat.

Seit Agricola hatte kein Schriftsteller es verstanden, hüttenmännische Vorgänge mit solcher Sachlichkeit und Klarheit zu beschreiben, wie Reaumur. Dadurch, dass er immer nur einen bestimmten Gegenstand zum Vorwurf seiner Arbeiten nahm, übertraf er sogar Agricola noch an Gründlichkeit, während er in Bezug auf Schönheit und Bestimmtheit des Ausdrucks, Wärme und Vornehmheit der Sprache diesem an die Seite zu stellen ist. Die erwähnten Schriften Reaumurs sind Muster von Darstellungen technischer Vorgänge und Einrichtungen, welche den Praktiker ebenso ansprechen, wie den Gelehrten. Ehe wir auf diese und andere Arbeiten Reaumurs näher eingehen, wollen wir einige kurze Nachrichten über seine Person mitteilen.

René-Antoine Ferchault de Reaumur wurde am 26. Februar 1683 als Sohn des Präsidialrats Reaumur zu La Rochelle geboren. Ebenfalls zur juristischen Karriere bestimmt, vertauschte er, einem inneren Drange folgend, das Studium der Jurisprudenz mit dem der Mathematik und der Naturwissenschaften. 1703 kam er nach Paris, wo er in den folgenden Jahren drei mathematisch-geometrische Abhandlungen veröffentlichte, welche solchen Beifall fanden, dass er bereits 1708, erst 25 Jahre alt, zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften ernannt wurde. Er ist deren eifrigstes und tätigstes Mitglied geworden. Man übertrug ihm die Leitung eines großen, von der Regierung unterstützten Unternehmens einer Beschreibung der Künste und Handwerke (Description de divers arts et métiers). Dieses Werk wurde zwar niemals vollendet, es gab aber Reaumur, der sein ganzes Leben daran arbeitete, Veranlassung zu eingehenden Studien auf den verschiedenartigsten Gebieten der Technik, und seine Arbeiten wurden die Grundlage der großen technischen Enzyklopädie, welche erst nach seinem Tode unter dem Titel: Description des arts et métiers faites et approuvées par Messrs. de l’Académie royale des sciences de Paris erschien.

Da er am Meer geboren war, so wurde sein Interesse schon früh auf das noch wenig bekannte Leben und die Entwicklung der Seetiere hingelenkt. In den Jahren 1708 bis 1715 machte er eingehende Studien hierüber und veröffentlichte eine Menge neuer Beobachtungen und Entdeckungen. Er fand die Purpurschnecke wieder auf und stellte den Farbstoff aus derselben dar. Er machte höchst interessante Beobachtungen über Regeneration bei den Krustazeen, besonders das Nachwachsen verlorener Glieder von Krabben und Seekrebsen; über die Fortbewegung der Seesterne, über die Zoophyten, welche die Korallen bilden, über den elektrischen Apparat der Zitterrochen; über eine Perlmuttersubstanz in den Weißfischen, mit der man künstliche Perlen färben könnte; über die Phosphoreszenz der Bohrmuschel und anderer Seetiere u. s. w. Daneben beschäftigte er sich mit technischen Untersuchungen, deren Ergebnisse er veröffentlichte, wie 1711 über die Seilerei, 1712 über Golddrahtfabrikation, 1714 über Türkise und Türkisgruben in Frankreich, sowie über deren Zusammensetzung und Färbung, 1715 Versuche über luft- und wasserdichtes Papier, 1718 über Goldstaub führende Flüsse in Frankreich. Am wichtigsten aber waren seine Versuche über das Eisen, welche er 1715 begann und welche namentlich die Erzeugung guter Stahlsorten in Frankreich zum Zweck hatten. Dieselben führten ihn zur Entdeckung der bis dahin als Geheimnis behandelten und in Frankreich noch nicht eingeführten Zementstahlfabrikation und weiter zur Erfindung des schmiedbaren Gusses. Er veröffentlichte die Ergebnisse seiner Arbeiten in den oben schon erwähnten beiden Abhandlungen, welche 1722 zu Paris gedruckt wurden. Der Prinzregent von Orleans hatte in Anbetracht der nationalen Bedeutung dieser Entdeckungen Reaumur mit einem Gnadengehalt von 12000 Livres, welchen dieser aber nur unter der Bedingung annahm, dass derselbe nach seinem Tode auf die Akademie übergehen sollte, belohnt. Reaumur, der sich in günstigen Vermögensverhältnissen befand, verwendete dieses Geld ausschließlich zur Förderung der Industrie und der Gewerbe. Wie die Zementstahlfabrikation, so war die Weißblechfabrikation ein Zweig der Eisenindustrie, welcher in Frankreich noch unbekannt war. Zementstahl und Weißblech musste aus dem Ausland bezogen werden. Reaumur beschäftigte sich eingehend mit demselben und veröffentlichte die Ergebnisse seiner Untersuchung 1725 in den Memoiren der Akademie unter dem Titel: Prinzipes de l’art de faire le fer blanc. Es war dies ebenfalls die erste wissenschaftliche Arbeit über die Weißblechfabrikation. Nachdem er bereits 1718 die Beschreibung eines Eisenbergwerks der Grafschaft Foix herausgegeben hatte, veröffentlichte er 1722 und 1723 zwei Memoiren über die Magnetisierung des Eisens, 1724 eine über die Kristallisation der geschmolzenen Metalle beim Erstarren (De l’arrangement qui prennent les parties des Matières Métalliques et Minerales lorsqu’après avoir été mises en fusion, elles viennent a se figer). 1726 veröffentlichte er eine interessante Arbeit speziell über das Verhalten des Gusseisens beim Erstarren (Que le fer est de tous les métaux celui, qui se moule le plus parfaitement et quelle en est la cause.

Sehr eingehend beschäftigte sich Reaumur mit der Untersuchung feuerfester Tone, worüber er 1730 eine gründliche Abhandlung veröffentlichte (De la nature de la terre en général et du caractère des différentes espèces de terres). Hiermit standen seine Versuche über die Porzellanbereitung in engster Beziehung, welche ihn 1739 zur Entdeckung des opaken Glases, nach ihm Reaumursches Porzellan genannt, führten.

Die Erfindung, welche Reaumurs Namen am bekanntesten gemacht hat, ist die seines Thermometers, eines Weingeistthermometers, bei dem der Temperaturunterschied zwischen dem Gefrier- und dem Siedepunkte des Wassers in 80 gleiche Teile geteilt ist. Diese praktische Grundlage hat ihm die allgemeinste Einführung verschafft, denn das bald danach angegebene Thermometer von Celsius unterscheidet sich nur durch die Einteilung der gleichen Temperaturskala in 100 statt in 80 Teile.

Von den technischen Arbeiten und Versuchen Reaumurs auf ganz andern Gebieten erwähnen wir noch seine Untersuchung der Spinnfäden, welche 1710 als selbständiges Werk erschien (Examen de la soie des araignées 1710 in 4°) und in welchem er nachwies, dass Seide aus Spinnfäden die Seide aus Kokons der hohen Herstellungskosten wegen nicht ersetzen könnte. Dies Werk wurde auf ausdrücklichen Befehl des Kaisers von China durch den Jesuitenpater Perennin in die Mandschusprache übersetzt. Er schrieb ferner Aufsätze über Wagenbau und Feuerlöschwesen. — 1735 veröffentlichte Reaumur eine Methode zur Konservierung der Eier. Überhaupt beschäftigte er sich in großem Maßstabe mit Vogelzucht und künstlicher Brütung, worüber er 1749 eine berühmte Arbeit veröffentlichte, welche ins Deutsche und Englische übersetzt wurde.

Ebenso Großes wie auf dem Gebiete der praktischen Naturwissenschaft leistete Reaumur auf dem der theoretischen. Als Beleg hierfür dient seine ausgezeichnete Geschichte der Insekten in 12 Bänden (Mémoires pour servir à l’histoire des insectes, Amsterdam 1737—1748, avec 276 planches). Reaumur wies auch zuerst nach, dass die Korallen und Madreporen keine pflanzlichen Gebilde seien, wie man bis dahin allgemein annahm, sondern von Korallentierchen, gebildet werden.

Reaumur starb nach einem ruhigen, den Wissenschaften gewidmeten Leben, welches er meist auf seinem Gute zu Saintonge, teils auch auf seinem Landgute zu Bercy bei Paris verbracht hatte, am 17. Oktober 1757 plötzlich in Folge eines Sturzes vom Pferde auf seinem Landgute de la Bermondière in Maine. Die französische Akademie widmete ihm einen warmen Nachruf (s. Mém. de l’Acad. 1757), in dem ihm als Gelehrter, Akademiker und Bürger das höchste Lob gespendet wird; mit besonderer Wärme aber wird sein edler Charakter, sein vortreffliches Herz, seine Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit wie seine große Sittenreinheit gepriesen. Seine dankbaren Landsleute legten ihm den Namen Plinius des 18. Jahrhunderts bei. Der Akademie der Wissenschaften hatte er erstens sein großes Naturalienkabinett, aus dem Brisson das Material für seine Werke über die  Säugetiere und Vögel schöpfte, zweitens seine Sammlungen von Mineralien und von Pflanzen, drittens 138 Mappen mit teils vollendeten, teils angefangenen Memoiren und viertens das Manuskript einer Geschichte der Künste vermacht. Die Handschriften wurden von den Enzyklopädisten, namentlich aber von den Verfassern der Description des arts et métiers benutzt.

Reaumurs wissenschaftliche und praktische Tätigkeit war von nachhaltigem Einfluss, und zwar nicht nur durch seine zahlreichen Erfindungen, sondern auch durch seine Methode der Untersuchung und Behandlung. Er war ein Meister des Experimentes und seine analytischen und synthetischen Versuche waren geistreich und praktisch. Seine Darstellungen zeichnen sich durch Klarheit, Einfachheit, Gründlichkeit und Anmut aus. Er ist ein klassisches Vorbild für die Behandlung technischer Fragen für alle Zeiten und sein Beispiel ist insbesondere für die französische technische Literatur von nachhaltigem Einfluss gewesen, so dass diese durch sein Vorgehen und Wirken die gediegenste des 18. Jahrhunderts geworden ist, aus welcher alle andern Nationen schöpften. Reaumurs Einfluss war aber viel weitgehender. Er hat die technische Literatur und die technische Wissenschaft erst geschaffen, durch seine Persönlichkeit wurde sie geadelt und sein Beispiel bewirkte, dass Gebildete und Vornehme sich mit Vorliebe mit ihr beschäftigten.

Das große Werk „Description des arts et métiers“ hat Reaumur, wie erwähnt, nicht vollendet. Daran war seine Gründlichkeit und die Art, wie er die Fragen behandelte, schuld; denn er begnügte sich nicht damit, die Dinge und Zustände zu beschreiben, wie er sie fand, sondern er untersuchte die Grundlagen und ihre Verbesserungsfähigkeit. Ausgerüstet mit dem ganzen mathematischen und naturwissenschaftlichen Wissen seiner Zeit, tat er dies mit dem größten Erfolg und förderte dadurch die französische Industrie ungemein, zugleich erweiterte er den Kreis der Wissenschaften durch die Einführung, Erklärung und Begründung der Vorgänge im Gebiete der Technik. Sein Einfluss beschränkte sich schon zu seinen Lebzeiten nicht auf Frankreich, er machte sich in ganz Europa fühlbar, ganz besonders in Schweden, wo damals in der Akademie der Wissenschaften ein reges Leben herrschte.

Der zweite große Schriftsteller auf dem Gebiete der Eisenindustrie, welchen das 18. Jahrhundert hervorgebracht hat, der berühmte Emanuel Swedenborg, war ein Schwede. Der Einfluss, welchen sein französischer Zeitgenosse Reaumur auf ihn ausgeübt hat, lässt sich aus seinen Schriften erweisen. Im Jahre 1734 veröffentlichte Swedenborg sein wichtiges Werk „De ferro“, dessen vollständiger Titel folgendermaßen lautet: Emanuel Swedenborgii Sacrae Regiae Majestatis Regnique Sveciae Collegii Metallici Assessoris Regnum Subterraneum sive Minerale De Ferro deque modis liquationum ferri per Europam passim in usum receptis: deque conversione ferri crudi in chalybem: de vena ferri et probatione ejus: pariter et chymicis praeparatis et eum ferro et victriolo ejus factis experimentis etc. etc. cum figuris aeneis. — Dresdae et Lipsiae sumptibus Friederici Hekelii, Bibliopolae regii MDCCXXXIV. — Swedenborg war auch eines jener universellen Genies, von allumfassendem Wissen (Polyhistor), wie sie gerade jene Zeit hervorbrachte und als deren größtes Beispiel Leibniz an der Schwelle des Jahrhunderts steht.

Emanuel Svedberg wurde am 29. Januar 1688 als der zweite Sohn des damaligen Hofpredigers Jesper Svedberg zu Stockholm geboren. Sein Vater war ein angesehener Geistlicher und hervorragender Theologe, welcher 1692 zum Professor der Theologie nach Uppsala berufen und 1702 von König Karl XII. zum Bischof von Skara ernannt wurde. Außer einer Autobiographie hinterließ er eine große Zahl Schriften verschiedenen Inhalts. Als Geistlicher neigte er weder zur streng orthodoxen noch zur mystischen Richtung, und war besonders geschätzt wegen seiner Beredsamkeit, Vaterlandsliebe und Mäßigung. Dass der talentvolle Sohn eines solchen Vaters eine vortreffliche Erziehung erhielt, ist fast selbstverständlich. Im vierten Jahre zeigte Emanuel bereits einen ungewöhnlichen Ernst. Schon als Knabe unterhielt er sich am liebsten mit Geistlichen über Glaubensfragen, ohne indes irgendwelchen Hang zum Mystizismus oder zur Schwärmerei zu zeigen. Sein Vater vermied es, ihn irgendwie zu beeinflussen, suchte vielmehr die möglichst freie Entfaltung aller seiner Anlagen zu befördern. Neben klassischen Studien beschäftigte er sich mit Vorliebe mit Mathematik und Naturwissenschaft. Nachdem er 1709 zu Uppsala die Doktorwürde mit einer philologischen Dissertation erlangt hatte, ging er auf Reisen und besuchte in den nächsten vier Jahren England, Holland und Frankreich. Während dieser Zeit veröffentlichte er zwei Bände Gedichte. Nach Hause zurückgekehrt, gründete er ein wissenschaftliches Archiv unter dem Titel Daedalus hyperboreus, von dem in den Jahren 1716 bis 1718 sechs Bände erschienen. Wegen seiner vorzüglichen Kenntnisse in der Mechanik ernannte ihn Karl XII., der sein Genie erkannte, 1716 zum Assessor des Bergkollegiums. Er half damals nicht nur dem Ingenieur Polhem bei der Ausführung verschiedener Konstruktionen, sondern er leistete dem König einen außerordentlichen Dienst, indem er den Transport der zur Belagerung von Friedrichshall erforderlichen schweren Geschütze und des ganzen Belagerungsmaterials über das Gebirge bewerkstelligte. Nach Karls XII. Tode in den Laufgräben dieser Festung erhob ihn die Königin Ulrike Eleonore zum Dank für seine Verdienste am 3. Mai 1719 in den Adelstand unter dem Namen von Swedenborg. Er hat von seinem Adel nie Gebrauch gemacht, sondern nannte sich einfach immer nur Assessor Swedenborg. Obgleich ein eifriges Mitglied der Landesvertretung, der gewissenhafteste Beamte und sowohl bei Hof als bei seinen Kollegen in hohem Ansehen, strebte er nie nach Beförderung. Er hatte und bekannte die freiesten Ansichten über Regierung und Staatswesen, hielt sich aber von Politik fern, indem er alles, selbst die Religion, nur von dem Gesichtspunkte der Moral aus betrachtete. Er lebte zumeist dem Studium und den Wissenschaften und hatte die umfassendsten Kenntnisse in Mathematik, Astronomie, Physik, Chemie, Mineralogie, Kristallographie, Metallurgie, Mechanik, Nautik und Nationalökonomie, welche er unablässig zu erweitern bemüht war. Unabhängig durch Vermögen und Charakter, ein Freund der Tätigkeit, lieferte er, wie richtig von ihm gesagt wurde, die Arbeiten einer ganzen Akademie und teilte sich selbst wissenschaftliche Preisaufgaben zu, wie es sonst Fürsten und Universitäten zu tun pflegten. Nachdem er längere Zeit die Bergwerke Schwedens bereist und studiert hatte, besuchte er die Bergwerke und Brüche der Niederlande, Hannovers, Sachsens und des übrigen Deutschland während 15 Monaten in den Jahren 1721 bis 1722. Hierbei fand er an dem Herzog Ludwig Rudolf von Braunschweig einen großmütigen Gönner, der ihm die sämtlichen Kosten seiner Reise bezahlte. Während dieser Reise veröffentlichte er fünf Abhandlungen und vier Bände, darunter das berühmte Buch „Prodromus prinzipiorum rerum naturalium“, in welchem er die Erscheinungen der Chemie und Physik aus geometrischen Grundsätzen zu erklären suchte; ferner ein Buch über Schiffsbau, eins über eine neue Art der Meridianbestimmung und ein anderes „Miscellanea observata circa res naturales, praesertim mineralia, ignem et montium strata“; alle reich an trefflichen Gedanken und Beobachtungen. Erst nach seiner Rückkehr nahm er seinen Sitz im Bergwerkskollegium, für den er sich zuvor nicht würdig genug gehalten hatte, ein. 1724 bot ihm die Universität Uppsala den Lehrstuhl für Mathematik an, aber trotz dringender Bitten lehnte er die Ehre ab. Die Theorie allein befriedigte ihn nicht. 1729 wurde er zum Mitglied der Schwedischen Akademie der Wissenschaften ernannt. — Seine Wissbegierde trieb ihn bald wieder in das Ausland. „Sein geistiger Horizont kannte keine Grenzen, wie bald danach auch sein religiöser.“ 1733 trat er seine Reise an, besuchte Preußen, Sachsen und die Berg- und Hüttenwerke in Böhmen, darauf die in Österreich, Steiermark und Ungarn. Den Winter brachte er in Leipzig zu, mit der Abfassung eines großen Werkes beschäftigt, welches 1734 unter dem allgemeinen Titel „Opera philosophica et mineralia“ erschien und von dem das eingangs erwähnte Buch De ferro einen Teil bildete. In dem ersten allgemeinen Teil des Werkes stellte er sein System der Natur auf, eine Naturphilosophie. Der zweite und dritte Band sind durchaus praktisch und beschäftigen sich mit dem Eisen und dem Kupfer. Er wollte in gleicher Weise auch die übrigen Metalle behandeln, dieser Plan kam aber nicht zur Ausführung. Die Arbeiten für den ersten Band des Werkes führten ihn auf den Weg, den verborgenen Geheimnissen der Natur nachzuforschen. Er dehnte seine Theorie auf die Physiologie aus und schrieb über das Unendliche, über die letzten Gründe und über den Zusammenhang zwischen Körper und Seele. Der Ruhm Swedenborgs breitete sich in Europa aus, Wolff und andere Gelehrten suchten seine Freundschaft und traten in nähere Verbindung mit ihm. Den 17. Dezember 1734 ernannte ihn die Akademie zu Petersburg zum korrespondierenden Mitgliede. 1736 unternahm er eine neue Studienreise. Von Holland ging er nach Frankreich und verweilte 19 Monate in Paris. Von da ging er nach Italien, wo er abwechselnd in Florenz, Venedig und Rom verweilte. Hier gestattete er sich zum ersten und einzigen Male einen freieren Lebensgenuss. Vier Jahre hatte diesmal sein Aufenthalt im Auslande gedauert. Nach seiner Rückkehr beschäftigte er sich hauptsächlich mit Physiologie und Anatomie und veröffentlichte in dem großen Werke „Oeconomia regni animalis“ seine Ansichten über das Tierreich, speziell über den homo sapiens. Ganz besonders studierte er den Bau des Körpers und begründete eine Geometrie und Mechanik desselben. 1745 begab er sich nach London und veröffentlichte das merkwürdige Buch „De cultu et amore Dei“, das sich mit der Seele, der Erkenntnis und dem Bilde Gottes beschäftigt. Damit schließt die erste Periode seines Lebens.

Im April des Jahres 1745 hatte er in London zum ersten Male eine Vision. Gott selbst war ihm, wie er glaubte, in menschlicher Gestalt, von einem Lichtglanz umflossen, erschienen und hatte ihm mitgeteilt, er habe ihn auserwählt, um den Menschen den geistigen Inhalt der heiligen Schriften zu erklären. „Schreibe nieder, was ich Dir sagen werde“, lautete sein Ruf.

Seitdem hatte Swedenborg häufig Visionen und führte Zwiegespräche mit Engeln, die ihm erschienen, welche er niederschrieb. Seine wissenschaftlichen Arbeiten hatten damit ihr Ende erreicht, mit um so größerem Eifer warf er sich auf die Erklärung Gottes und der Menschennatur. Er schrieb darüber eine erstaunliche Zahl von Schriften. Es ist nicht unsere Aufgabe, ihm auf diesem Gebiete zu folgen oder Kritik zu üben. Bekanntlich besteht die Kirche der Swedenborgianer oder, wie sie sich nennt, „die Kirche des neuen Jerusalem“. Anerkennen muss ein jeder die hohe sittliche Auffassung des Gottesbegriffes, der Menschennatur und des Christentums, sowie den Ernst und Eifer, mit dem Swedenborg seine Lehre erfasste, begründete und erklärte. Hierin erweist sich auch die Einheitlichkeit zwischen Swedenborg dem Gelehrten und Swedenborg dem Propheten: das Suchen nach Wahrheit, das Bekennen der Wahrheit, wie er sie sieht, das ist das Streben, welches den einen wie den Anderen erfüllte und so betrachtet, erscheint der Übergang von dem Einen zum anderen nicht so unbegreiflich.

Uns aber berührt hier nur Swedenborg der Gelehrte; insbesondere der praktische Naturforscher und Metallurge. In ersterer Beziehung erwähnen wir, dass er sich eifrig für die Einführung des Dezimalsystems bemühte und darüber bereits 1719 eine Schrift veröffentlichte. Von praktischen Gesichtspunkten gingen auch die interessanten geognostischen Untersuchungen aus, worüber er die „Miscellanea observata circa res naturales, praesertim mineralia, ignem et montium strata“ 1722 in vier Bänden veröffentlichte. Aus dieser Arbeit erfahren wir auch, dass Swedenborg den Auftrag hatte, die schwedische Küste im Hinblick auf Salzgewinnung zu untersuchen. — Technisch-praktischem Zwecke sollte die kleine Schrift „Nova observata et inventa circa ferrum et ignem, una cum novi camini inventione“ Amst. 1721 dienen. Alle diese Schriften stehen aber an Bedeutung zurück gegen das oben erwähnte Buch „De ferro“.

Swedenborgs Werk „De ferro“ von 1734 ist das erste und älteste Handbuch der Eisenhüttenkunde. Behandelt es auch den Gegenstand nicht in der theoretischen Weise unserer heutigen Lehrbücher, so gibt es uns doch eine systematische Darstellung des Eisenhüttenwesens Europas im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts. Die Grundlage bildet das schwedische Eisenhüttenwesen und sind die damals in Schweden gebräuchlichen Verfahrungsweisen für die Ausschmelzung der Eisenerze zu Gusseisen und zu schmiedbarem Eisen, die Umwandlung von Roheisen in Schmiedeeisen ausführlich auf den ersten 141 Folioseiten und 10 Figurentafeln beschrieben. Hieran knüpft sich eine vergleichende Schilderung der Eisenbereitung in Frankreich, Lüttich, Italien, Spanien, England, Nordamerika, Russland und Sibirien, Norwegen, Schlesien, Sachsen, am Harz, in Steiermark und Kärnten, eines älteren Verfahrens in Salzburg, der von Agricola beschriebenen Luppenfeuer und verschiedener Schmelzversuche mit rohem Holz und Steinkohle; sodann die Beschreibung der Stahlbereitung aus Roheisen in Schweden, Frankreich, Salzburg, Tirol, Steiermark und Kärnten und des Verfahrens nach Agricola. Hierauf folgt ein Auszug aus Reaumurs Schrift über die Erweichung der Gusswaren (schmiedbaren Guss), sodann eine Zusammenstellung verschiedener Angaben über Weich- und Hartmachen von Eisen, über Versuche, Schmiedeeisen mit Flüssen zu schmelzen, Stahl eine silberweiße Farbe zu geben, Schweißen und Löten, Eisen vor Rost zu schützen und zuletzt die Darstellung der Schmiedeeisenfabrikation in Lüttich, England und Schweden. Damit schließt der erste Teil (Classis prima).

Der zweite Teil handelt über die Eisenerze und die Kunst, dieselben zu probieren. An die Prüfung der Erze schließt sich die Prüfung und Unterscheidung der Eisensorten, der Eigenschaften des Stahls, das Vorkommen des Eisens in der Erde und in Pflanzen und Tieren.

Der dritte Teil handelt von den chemischen Verbindungen des Eisens; der Darstellung von Eisenfarben und Heilmitteln — tinctura, flores, oleum Martis — dem spezifischen Gewicht des Eisens und dem Vorkommen von Eisen in den Stahlquellen.

Aus diesem Inhaltsverzeichnisse ist zu ersehen, dass das Buch wesentlich eine praktische Tendenz verfolgt. Es schildert besonders die damals gebräuchlichen Hüttenprozesse und gerade darin liegt der große historische Wert des Buches.

Swedenborgs Werk fand in Frankreich die verdiente Anerkennung; es wurde sogar ein Teil davon in französischer Übersetzung den Descriptions des arts et métiers der Akademie der Wissenschaften einverleibt, „weil es anerkannt das Beste wäre, was bis jetzt über diesen Gegenstand geschrieben worden sei“.

In Deutschland fand dagegen das in lateinischer Sprache abgefasste Buch nur in Gelehrtenkreisen Beachtung. Es ist dies zu bedauern und ein Zeichen, dass die deutsche Eisenindustrie damals nicht auf der Höhe der Zeit und der Wissenschaft stand, dass dieses vortreffliche Buch, obgleich es in Leipzig gedruckt und einem deutschen Fürsten, dem Landgrafen Wilhelm von Hessen-Kassel, Regenten von Schweden, gewidmet war, in technischen Kreisen fast unbekannt blieb und später erst durch die französische Bearbeitung bekannt wurde. Der Hauptgrund dafür lag darin, dass das Werk lateinisch geschrieben war, eine Sprache, die den humanistisch Gebildeten zwar geläufig, dem Techniker jener Zeit aber noch fremder war wie heutzutage.

Swedenborg war der Vorgänger und Anführer einer Reihe trefflicher schwedischer Metallurgen, welche besonders über das Eisenhüttenwesen geschrieben haben. So sind über das schwedische Osmundeisen folgende Specialschriften aus jener Zeit zu erwähnen: Petr. Saxholm, Dissert. de ferro Suecano Osmund 1725 und Westmann, De ferro Suecico Osmund 1725.

Swedenborgs vortrefflicher Zeitgenosse und Kollege im Amt war Christoph Polhem, der viele hervorragende Ingenieur- und Maschinenbauten ausführte und der Vater des schwedischen Maschinenwesens genannt wird. Christoph Polhem (Polheim, Polhelm, eigentlich Polhammer) wurde am 18. Dezember 1661, also 17 Jahre vor Swedenborg, in Visby geboren. Er war der Enkel eines deutsch-ungarischen Edelmannes, der wegen seiner Religion sein Vaterland hatte verlassen müssen. Von seinem 12. Jahre an war er gezwungen, für seinen Unterhalt zu sorgen und tat dies durch Abschreiben. Später wurde er Rechner bei verschiedenen Großgrundbesitzern. Neben seinem Broterwerb beschäftigte er sich von Jugend an damit, Maschinen zu entwerfen und auszuführen, wofür er ein angeborenes Genie besaß, denn er brachte mehrere Maschinen eigener Erfindung zu Stande, ohne noch irgendwelche Kenntnis der Mathematik und Mechanik zu besitzen. Der Wunsch, sich mit diesen vertraut zu machen, führte ihn dazu ohne fremde Hilfe Lateinisch zu lernen und seiner Energie, die vor keiner Schwierigkeit zurückschreckte, gelang dies auch. 1686 begann er auf der Universität Uppsala Mathematik zu studieren, ohne seine mechanischen Arbeiten liegen zu lassen. 1686 zog er zuerst die allgemeine Aufmerksamkeit dadurch auf sich, dass er die große Uhr der Domkirche von Uppsala wieder in Stand setzte, nachdem alle Uhrmacher Schwedens dies für unmöglich erklärt hatten. Zwei Jahre später erfand er eine sehr bequeme Erzfördermaschine, wofür ihm von der Regierung ein Jahresgehalt von 500 Talern ausgesetzt wurde. 1693 wurde er Bergmechanikus in Falun. Danach begab er sich auf Reisen und kam 1695 nach Paris, wo er zwei Jahre blieb. Dort fertigte er unter anderem den Entwurf zu einer höchst komplizierten Uhr, welche die französische Regierung ausführen ließ und dem Sultan der Türkei zum Geschenk machte. 1697 nach Schweden zurückgekehrt, erhielt er eine Anstellung im Bergkollegium und führte nun viele mechanische Verbesserungen beim Bergbau und in anderen Industrien ein. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts gründete er eine Fabrik in Stiernsund zur Herstellung von Metallwaren. Er schrieb darüber in seinem patriotischen Testament (1746): „Da ich vor einigen und 40 Jahren mit den Stiernsundschen Manufakturen den Anfang machte, bestand dieser Ort nur aus Felsen, auf welchen kaum eine Ziege ihre Nahrung haben konnte, gegenwärtig finden nicht nur einige hundert Menschen ihren Unterhalt von allerlei Eisen und Stahlmanufakturwaren, sondern man kann sogar alles, was in Eisen, Stahl, Kupfer, Messing, Zinn und Blei verlangt wird, machen“.

Außerdem führte er im Auftrage der Regierung große Ingenieurarbeiten, als Anlagen von Dämmen, Kanälen, Docks- und Hafenbauten aus. 1714 wurde er Bergassessor und 1716 als „Kommersrat“ nach Stockholm berufen, durch Titel und Orden geehrt und auch in den Adelstand erhoben, wobei er, wie erwähnt, seinen Namen Polhammer in Polhem umwandelte. Er war Mitglied der Akademie der Wissenschaften seit deren Stiftung im Jahre 1739. 1744 wurde er zum Präsidenten derselben gewählt.

Polhem erfreute sich im hohen Alter wunderbarer geistiger Frische. Er war 83 Jahre, als er die Präsidentschaft übernahm und zwei Jahre später schrieb er seine unter dem Titel „patriotisches Testament“ bekannten Beiträge zur Eisenhüttenkunde, welche erst längere Zeit nach seinem Tode herausgegeben wurden. Er starb am 31. August 1751. Polhem war vor Allem Praktiker „und als solcher nicht nur in Schweden, sondern in ganz Europa berühmt“. Die Zahl der von ihm „erfundenen“, d. h. nach eigenen Ideen selbständig entworfenen Maschinen und Apparate war eine sehr große. Er veröffentlichte eine Anzahl derselben durch Druck, eine weitere Liste veröffentlichte sein Sohn. Ein großer Teil davon war im Modell in der Modellkammer des königlichen Bergkollegiums aufgestellt. Es waren Maschinen für Bergbau, Schleusenbau, Mühlenbau und Landwirtschaft, für die Landesverteidigung, für Metallindustrie, Wollmanufaktur, Uhrmacherkunst u. s. w. Wir wollen davon nur einige, die auf das Eisengewerbe Bezug haben, erwähnen.

Für die Stiernsundschen Manufakturen erfand er Maschinen, um aus verzinntem Eisenblech Schüsseln und Teller zu hämmern und fertig zu machen, um Becher zu schlagen und um tiefe Becher zu walzen; eine Schneidemühle mit Hobel-, Spunt- und Reifelwerk; eine große Plattpresse zum Pressen des Dachblechs; eine Klippschere für Nägel und Kneipeisen; ein großes Walzwerk für Platten und Bandeisen; eine Wassermaschine, Roheisenwalzen zu schleifen; eine Handmaschine, Teller rund zu schneiden, eine Klippschere, durch Wasserbetrieb Dachbleche vierkantig zu schneiden. Ferner für die Landesverteidigung erfand er eine Methode, durch Wasserbetrieb Bomben und Kugeln zu schleifen und ein Ziehwerk für Flintenrohre für Gewehrfabriken. Wichtig war noch die Erfindung einer mechanischen Nagelschmiede und des Blasebalges dazu, sowie die von Glühöfen zum Heißmachen von Platten ohne Gebläse.

Als bemerkenswerte Erfindungen erwähnen wir noch ein Pump- und Druckwerk bei den Hellestadischen Eisengruben, welches durch einen Pferdegöpel getrieben wurde; eine Windmühle, welche im Sturme nicht geschwinder, als bei gewöhnlichem Winde geht, aber doch stärkeren Effekt zeigte, je stärker der Wind blies. Hiervon war ein Modell nach Leipzig und ein anderes auf den hannöverschen Harz gekommen. Ebendahin kam ein Hebewerk mit Selbststeuerung. Für die Harzer Bergwerke erfand er auch einen Pumpenkolben von Holz ohne Leder. Eine von ihm angegebene vollständige Münzmaschine wurde 1737 in Kassel gebaut. — Aus diesen letzten Angaben ersieht man, dass Polhems Tätigkeit über die Grenzen seines Vaterlandes hinausging und er auch in Deutschland als Mechaniker im hohen Ansehen stand.

Seine schriftstellerische Tätigkeit war nicht so umfassend, wie seine praktische. Auf diesem Gebiete hat er sich nie stark gefühlt und nur der Wunsch, seinem Vaterlande zu nützen, pflegte ihm die Feder in die Hand zu drücken. Charakteristisch hierfür ist folgende Stelle aus seinem patriotischen Testament: Obgleich ich als Besitzer solcher Metallwerke Bedenken tragen sollte, diesen Unterricht zu erteilen und öffentlich bekannt zu machen, weil es in der Folge meinen Anstalten zum Nachteil gereichen könnte, so liegt mir doch das dauernde Wohlergehen des geliebten Vaterlandes viel näher am Herzen als mein und der Meinigen besonderer Nutzen; daher ich alles, was ich weiß und verstehe, des gemeinen Besten wegen offenherzig bekannt mache. Ich mache daher meine geringen Kenntnisse nicht nur allgemein, sondern erteile auch allen denen, die zu mechanischen Wissenschaften wenig Lust haben, den Rat, dass sie mit solchen Dingen den Anfang machen mögen, deren Theorie den Kopf am wenigsten beschäftigt, und am geschwindesten beständige Einkünfte verschafft. — Die Kunst aber besteht darin, dass man mit eigenen Händen machen lernt, was man sich vorzunehmen gedenket. — 1714 gab er ein mathematisches Werk unter dem Titel „Cogitationes mathematicae“ heraus. 1716 veranlasste der junge Swedenborg, als er den Plan zu seinem Daedalus hyperboreus fasste, Polhem zur Mitarbeiterschaft. Beide arbeiteten mehrere Jahre (1716 bis 1718) gemeinschaftlich an diesem wissenschaftlichen Archiv.

Darauf wurde lange nichts von ihm dem Druck übergeben. 1729 erschien zu Stockholm „Berättelsne om eina förnämsta mechaniska inventioner“. Als im Jahre 1739 die Abhandlungen der königlich schwedischen Akademie der Wissenschaften zu erscheinen begannen, an deren Gründung er tätigen Anteil genommen hatte, veröffentlichte er zahlreiche Aufsätze, die in den ersten sieben Bänden von 1739 bis 1746 zerstreut sind. Viele davon beziehen sich auf das Eisenhüttenwesen, dessen Hebung ihm immer warm am Herzen lag. Gleich im ersten Band 1739 erschien von ihm eine Abhandlung über die Zubereitung des Stahls, in deren Einleitung er mit Nachdruck darauf hinweist, wie unrecht und verkehrt es von seinen Landsleuten sei, dass sie ihr gutes Eisen in rohem Zustande verkauften, statt es zu feineren Sorten und zu Waren zu verarbeiten und dadurch den Gewinn für sich zu ziehen, der jetzt allein dem Auslande, namentlich England, zugutekomme. Seit 60 Jahren bedrücke ihn dieser patriotische Schmerz und seit 40 Jahren kämpfe er dagegen; 1720 habe er seine Gedanken hierüber in einer schlichten Denkschrift, so gut er es verstanden habe, dem Reichstag unterbreitet. Diese Schrift habe die Aufmerksamkeit erregt und Beifall gefunden und andere hätten daraufhin begonnen, in demselben Sinne zu schreiben. Er sei ein Bußprediger, der immer auf die Mängel hinweise, aber seine Erfahrung und sein Patriotismus zwängen ihn dazu. Dieser praktische und für Schweden so wichtige Grundgedanke geht durch alle seine Schriften durch. — Außer dem erwähnten Aufsatz über die Stahlbereitung von 1739 veröffentlichte er 1741 einen weiteren über die Schmiedeeisenbereitung in Schweden. In demselben Bande befinden sich auch noch Bemerkungen über die Verbindung der Theorie und Praxis in der Mechanik von seiner Hand. Seine Gedanken über das Eisenhüttenwesen in Schweden schrieb er dann noch einmal während des schlesischen Krieges 1746 in seinem 85. Lebensjahre im Zusammenhange nieder und dieses geschichtlich bedeutsame Manuskript, welches er bei seinem Ableben am 31. August 1751 im 90. Lebensjahre hinterlassen hatte, veröffentlichte sein Sohn, der Kammerherr Gabriel Polhem, unter dem Titel „Christoph Polhems patriotisches Testament“ im Jahre 1761. Die ausführliche Abhandlung ist besonders für die Geschichte des Eisenhüttenwesens in Schweden von Wichtigkeit. Aber auch für den Stand des Eisenhüttenwesens im Allgemeinen ist sie von Bedeutung; ganz besonders in Bezug auf die mechanischen Hilfsmittel. Polhem verdanken wir die ersten genaueren Angaben über die Anwendung von Walzwerken.

Die Abhandlungen der königlich schwedischen Akademie der Wissenschaften, welche seit 1739 erschienen, enthalten überhaupt zahlreiche und wichtige Beiträge zur Eisenhüttenkunde. Wie erwähnt, hatte Polhem einen Teil seiner Arbeiten dort erscheinen lassen. Weitere bemerkenswerte Aufsätze in denselben sind von August Ehrenswerd, Über das Büchsenschmieden 1739; von Daniel Tilesius, Über Hammerschmiedeherde, und von Sven Rinman, Anleitung zur Verbesserung des Schmelzwesens in Schweden 1745. Es war dies die erste literarische Arbeit des später so berühmten Verfassers der Geschichte des Eisens. Zahlreiche Beiträge lieferte Waller, der in Mineralogie und Metallurgie Hervorragendes leistete und sich besonderes Verdienst um die Kenntnis der Eisenerze erworben hat.

Joh. Gottschalk Wallerius wurde am 11. Juli 1709 zu Nerike geboren, studierte Medizin und wurde 1733 Adjunkt und 1735 Doktor der Medizin in Lund. Er kam dann als Adjunkt der Medizin an die Universität Uppsala, und wurde dann Professor der Chemie, Mineralogie und Pharmazie daselbst, in welcher Stellung er von 1750 bis 1767 tätig war. In diesem Jahre legte er wegen Kränklichkeit seine Stelle nieder, in welcher Bergman sein Nachfolger wurde. Seit 1748 war er Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Stockholm und 1763 der wissenschaftlichen Gesellschaft zu Uppsala.

Als Mineraloge nimmt er eine hervorragende Stellung ein, namentlich durch seine verständige Einteilung der Mineralien. 1747 erschien seine „Mineralogie eller Mineral-Riket“, welche später 1772 erweitert unter dem Titel Systema mineralogicum in zwei Bänden gedruckt wurde. Dieses Werk fand große Verbreitung und wurde in das Deutsche, Französische und Englische übersetzt. Als Chemiker machte er sich bekannt durch seine „Chemia physica“ 1759 bis 1768, deutsch von Weigel 1772, und als Metallurg durch seine „Elementa metallurgiae speciatim chemicae“, 1768, welche unter dem Titel „Anfangsgründe der Metallurgie besonders der chemischen“ von Joh. Gottsch. Waller 1770 in das Deutsche übersetzt wurde. Viele Arbeiten jüngerer Gelehrter wurden durch ihn in den Abhandlungen der Akademie zum Abdruck gebracht; so z. B. in dem Jahrgange 1756 „Von der gebührenden Aufsicht eines Eigentümers von Bergwerken. Hütten und Hämmern“, „Von den Eigenschaften eines Hammerherrn (von Uhr)“ u. s. w. In seiner Mineralogie teilte er die Eisenerze nach ihrer Farbe ein, in seiner Metallurgie nach ihrer Schmelzbarkeit. Über die Schmelzung und Zubereitung handelt der III. Abschnitt, III. Teil, Kapitel I seiner Metallurgie.

 In Deutschland ist in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts über das Eisenhüttenwesen fast gar nichts geschrieben worden. Dieser Zweig der Metallurgie wurde am wenigsten beachtet. Dies zeigt sich umso deutlicher, als die übrigen Zweige der Metallurgie in jenem Zeitabschnitte mit Eifer betrieben wurden. Die Metallhüttenkunde fand sogar eine ganz vortreffliche Bearbeitung in dem großen Werke von Ch. A. Schlüter „Gründlicher Unterricht von den Hüttenwerken“, Braunschweig 1738. Das Eisen ist dabei gar nicht berücksichtigt und hat das Werk für den Eisenhüttenmann höchstens dadurch ein Interesse, dass manche Schmelzöfen mit den beim Eisenschmelzen gebräuchlichen Ähnlichkeit haben. In dieser Beziehung dürfte namentlich auf die Flammöfen hinzuweisen sein.

Noch früher (1727 bis 1730) erschien Franz Ernst Brückmanns Werk „Magnalia Dei in Subterraneis oder Unterirdische Schatzkammer aller Königreiche und Länder“, Helmstedt, 2 Bände, welches eine Geographie des Bergbaues genannt werden kann. Das originelle und sehr beachtenswerte Werk enthält aber ebenfalls nur wenig, was sich auf das Eisen bezieht. — Ein mineralogisches Werk, aber von hüttenmännischem Interesse, ist Joh. Friedr. Henckels Pyritologie, welche 1725 herauskam.

Der nächsten Periode gehört der als Metallurge hervorragende Joh. Andreas Cramer an, welcher von 1743 bis 1773 braunschweigischer Kammerrat für Berg- und Hüttenwesen in Blankenburg war. Er war viel gereist und hatte sich namentlich in Holland und England aufgehalten. 1739 erschienen zu Leiden seine „Elementa artis docimasticae“, von denen 1744 eine zweite Auflage gedruckt wurde. Die Bedeutung der Schrift wird am besten dadurch illustriert, dass dieselbe 50 Jahre später 1794 in einer Bearbeitung von Göttling unter dem Titel „Anfangsgründe der Probierkunst“ noch einmal veröffentlicht wurde. Cramers „Anfangsgründe der Metallurgie“ erschienen zuerst 1744 bis 1747, wurden später ebenfalls in verbesserter Auflage in drei Bänden 1774 neu gedruckt. Auch in diesem Werke findet der Eisenhüttenmann nichts Neues.

Eine für seine Zeit vortreffliche Schrift waren C. E. Gellerts „Anfangsgründe zur metallurgischen Chemie“, zwei Bände 1750.

Gellert, der Bruder des bekannten Dichters, war geboren am 11. August 1713 zu Hainichen bei Freiberg. Er wirkte von 1736/37 als Professor am Gymnasium in St. Petersburg und war dann bis 1746 oder 1747 Adjunkt der Akademie der Wissenschaften daselbst. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland hielt er die ersten metallurgischen Vorlesungen in Freiberg, wurde darauf Kommissionsrat, Inspektor der Bergmaschinen und Schmelzprozesse in Freiberg u. s. w., 1762 Oberhüttenverwalter. Er hatte großen Anteil an der Gründung der Bergakademie in Freiberg, 1765, und wurde der erste Professor der metallurgischen Chemie an dieser Anstalt, welche Stellung er bis zu seinem Tode am 18. Mai 1795 bekleidete.

Seine metallurgische Chemie zeichnet sich durch Klarheit und gefällige Darstellung aus. Das Kapitel über die Auflösung der Steine durch Zusammenschmelzung in dem II. praktischen Teil ist von geschichtlicher Bedeutung für die Metallurgie. Das Eisen ist aber auch in diesem Buche vernachlässigt.

Von größerer praktischer Bedeutung für das Eisenhüttenwesen sind die gründlichen Werke eines Mannes, der seinem Beruf nach mit dem Eisen nur wenig zu tun hatte, diejenigen Henning Calvörs, des Predigers in der freien Bergstadt Altenau im Harz. 1760 erschienen seine „Acta historic. chronol. mechanica circa metallurgiam in Hercynia Superiori etc.“ oder „Historisch-chronologische Nachrichten und theoretische und praktische Beschreibung des Maschinenhüttenwesens und der Hilfsmittel bei dem Bergbau auf dem Oberharze u. s. w.“ in drei Teilen. Das Werk ist König Georg III. von England gewidmet. Wie Calvör in der Einleitung erzählt, hatte er schon 1726, als er Lehrer in Clausthal war und in höherem Auftrage die Jugend in den zum Bergwerke gehörigen Wissenschaften unterrichtete, eine kleine Schrift geschrieben „Programma de historia recentiori Hercyniae superioris mechanica“. Anfangs der vierziger Jahre wurde er veranlasst, diese Schrift fortzusetzen, wozu er auch durch das 1738 erschienene, oben erwähnte Werk von Schlüter von neuem sich angeregt fühlte. Die Bedeutung des Buches von Calvör geht weit über die besondere lokale Bedeutung hinaus und ist für die Geschichte des Berg- und Hüttenmaschinenwesens vom allergrößten Interesse. Da die Eisenindustrie am Harze von großer Wichtigkeit war und eine alte Geschichte hat, so finden wir dieselbe in diesem und in den damit verbundenen Werken über die Geschichte des Berg- und Hüttenwesens am Unterharze viel mehr berücksichtigt, als in einem der zuvor genannten Werke. Wir werden deshalb öfter Veranlassung haben, auf Calvörs Schriften zu verweisen, obgleich auch diese keine Fachschriften für unsere Industrie sind.

Die Akademie der Wissenschaften zu Paris hatte sich die dankenswerte Aufgabe gestellt, die Anwendung der Wissenschaft auf das gewerbliche Leben besonders zu befördern. In ihren Veröffentlichungen gestattete sie den Abhandlungen über praktische Gegenstände besonders auch auf dem Gebiete der Hüttenkunde einen weiten Spielraum und wirkte dadurch höchst anregend auf die Industrie. Neben diesen Memoiren sollte aber, nach einem schon früh aufgetauchten Plan, durch die Akademie ein Werk geschaffen werden, in welchem alle einzelnen Zweige des gewerblichen Lebens eine eingehende Beschreibung und Erklärung finden sollten. Diese Absicht bestand, wenn auch in unbestimmter Form, schon vor Reaumurs Eintritt in die Akademie. In Reaumur glaubte man den Mann gefunden zu haben, der dieser großartigen Aufgabe gewachsen sei und so beauftragte ihn die Akademie mit der Herausgabe des Werkes. Reaumur ergriff die Sache mit Eifer und Begeisterung, und gewiss war kein Mensch dazu so befähigt wie er. Aber die Aufgabe, wie sie der Akademie vorschwebte, und wie sie auch Reaumur auffasste, war viel zu groß für die Kraft eines Menschen, und so kam es, dass es zu keinem Ende kam und dass er, als er am 17. Oktober 1757 die Augen schloss, nur eine große Sammlung von Bruchstücken von fertigen, halbfertigen und erst begonnenen Abhandlungen, die alle Teile des großen Werkes bilden sollten, hinterließ. So lange Reaumur lebte, hatte die Akademie nicht daran gedacht, andere neben Reaumur mit dieser Arbeit zu betrauen. Seine Überlegenheit und sein Ansehen schlossen dies vollständig aus. Nachdem er aber gestorben war, sah sich die Akademie dazu gezwungen, sowohl um endlich dem Publikum etwas von dem so lange in Aussicht gestellten Werk zu bieten, als auch um die reiche Hinterlassenschaft Reaumurs zu verwerten. Sie beauftragte also eine Anzahl Gelehrte mit der Herausgabe der „Beschreibung der Künste und Handwerke“, Description des arts et métiers, in der Weise, dass jeder einen Teil, mit dem er mehr oder weniger vertraut war, bearbeiten sollte. Von einem einheitlichen Plan sah man, um nur einen Anfang zu bekommen, ab und so erschienen dann einzelne Hefte (Cahiers) in Folio, von denen jedes ein Gewerbe schilderte, in bunter Aufeinanderfolge. Die Akademie veröffentlichte dieselbe mit einem Vorberichte, aus dem am besten ihre Auffassung des Unternehmens und ihre Stellung zu demselben zu ersehen ist. Er lautet: „Das Werk, welches wir hier dem Publikum vorlegen, ist die Frucht einer seit langer Zeit von der königlichen Akademie der Wissenschaften angefangenen Arbeit. Diese Gesellschaft hatte kaum ihren Anfang genommen, als sie das Vorhaben fasste, nach und nach alle mechanischen Künste zu beschreiben, indem sie überzeugt war, dass dieses Unternehmen Gedeihen und Wachstum sowohl dieser mechanischen Künste als der Wissenschaften gleichmäßig befördern würde. Wenn die Künste, die in dunklen Zeiten geboren sind und denen der Fleiß, der im Finsteren tappte, nur langsamen Fortschritt verschaffen konnte, lange Zeit vor Errichtung der gelehrten Gesellschaften bestanden, so kann man doch deutlich erkennen, dass sie in den Zeiten und den Ländern, in denen die Wissenschaften mit Fleiß gepflegt wurden, einen überaus raschen Fortgang genommen haben . . . . Man wird, wenn man einzelne derselben, wie die Uhrmacherkunst, die Schifffahrt und andere betrachtet, einen unermesslichen Unterschied gewahr werden, welcher durchaus nicht dem blinden Zufall, sondern den Bemühungen zuzuschreiben ist, welche man seit diesem Zeitraum angewendet hat, die Geometrie, die Mechanik, die Optik, die Chemie, die Anatomie u. s. w. zu vervollkommnen“.

„Welche neue Vervollkommnung der Künste wird man nicht erwarten können, wenn die Gelehrten, die in verschiedenen Teilen der Naturkunde Kenntnis und Erfahrung erlangt haben, sich die Mühe geben werden, die oft sinnreichen Arbeiten, welche der Künstler in seiner Werkstatt unternimmt, zu untersuchen und zu erklären; wenn sie dadurch die Bedürfnisse einer Kunst, die Grenzen, die dem Künstler gezogen sind, die Schwierigkeiten, die ihn hindern, weiter zu schreiten, die Beihilfe, die man aus einer Kunst zur Unterstützung einer anderen nehmen kann, und welche der Arbeiter selten im Stande ist, zu erkennen, klar stellen werden! Der Messkünstler, der Mechaniker, der Chemiker, werden einem verständigen Künstler Hilfsmittel an die Hand geben, um die Hindernisse zu übersteigen, welche wegzuräumen er sich nicht getraut hat. Sie werden ihn auf Wege führen, nur nützliche Dinge zu erfinden. Zu gleicher Zeit aber werden sie von ihm lernen, welches die Teile der Theorie sind, deren man sich hauptsächlich befleißigen muss, um das praktische Verfahren desto mehr aufzuklären und empirische Handgriffe auf bestimmte Regeln zurückzuführen“.

„Dieses war die Absicht der Akademie der Wissenschaften, die stets ihre Arbeiten auf das Nützliche richtet, als sie ihre Mitglieder anregte, an einer Beschreibung der Künste zu arbeiten. Seit dem Anfange dieses Jahrhunderts hat sie nie aufgehört, Materialien zu sammeln, um diesen Zweck zu erreichen. Allein der Gegenstand ist unermesslich und kann nur durch eine lange Zeitfolge zu Stande gebracht werden. Man hatte dem verstorbenen Herrn von Reaumur aufgetragen, eine große Zahl Abhandlungen, die teils von vielen Mitgliedern der Akademie verfasst, teils aus verschiedenen Provinzen Frankreichs oder aus dem Auslande eingesendet waren, zu ordnen. Es ist bereits eine große Zahl von Abhandlungen über die Künste vorhanden. Eine große Menge von Werkstätten, Arbeiten, Maschinen, Werkzeugen und Handwerksgerätschaften sind in einerlei Format gezeichnet und in Kupfer gestochen, und die Akademie besitzt schon gegenwärtig mehr als 200 Kupferplatten, die zu ihren Beschreibungen dienen. Das Werk würde schon weiter gekommen sein, wenn nicht verschiedene Stücke verloren gegangen wären. — Glücklicherweise ist aber genug Material vorhanden, um ohne Anstand die vollständige Beschreibung einer großen Anzahl von Künsten zu liefern. Diese Materialien sind im Jahre 1759 denjenigen Mitgliedern der Akademie, deren gelehrte Bemühungen hauptsächlich auf die Mechanik und die Naturkunde gerichtet sind, ausgeteilt worden. Indem sich dieselben der Mühe unterzogen haben, die schon angefangenen Beschreibungen zu vollenden und bei denen, die zu Anfang des Jahrhunderts abgefasst worden sind, die neuen Einrichtungen und Verfahrungsarten, die seit der Zeit erfunden wurden und gegenwärtig im Gebrauch sind, hinzuzufügen: werden sie es als ihre Schuldigkeit ansehen, all denen, welche ihnen in dieser Arbeit vorangegangen sind oder etwas dazu beigetragen haben, die gebührende Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.“

Auf diese Weise entstanden zunächst die Cahiers. Sehr bald nach ihrem Erscheinen unternahm es in Deutschland der berühmte Nationalökonom Johann Heinrich Gottlob von Justi, eine deutsche Übersetzung davon herzustellen, aber nicht wie das Original in Folioheften, sondern in Quartbänden, indem er, soviel wie möglich, die zusammengehörigen Abhandlungen in Bänden zusammenfasste.

Der erste erschien bereits 1762 bei Rüdiger in Berlin, Stettin und Leipzig unter dem Titel „Schauplatz der Künste und Handwerke oder vollständige Beschreibung derselben, verfertigt oder gebilligt von den Herren der Akademie der Wissenschaften zu Paris“. Mit vielen Kupfertafeln. In demselben Format, ebenfalls in Quartbänden, erschien 1774 eine „verbesserte“ französische Ausgabe von Bertrand in Neuchatel — eigentlich nur ein Nachdruck des Werkes der Akademie, welcher seiner Billigkeit wegen große Verbreitung fand.

In diesem großen Werk der französischen Akademie sind die Eisenindustrie und einzelne Eisengewerbe recht ausführlich behandelt. Die wichtigsten Abhandlungen sind in den drei ersten Bänden des Schauplatzes enthalten (Band I, Kohlenbrennen, Ankerschmiede, Nadelfabrikation, Band II und III, von den Eisenhämmern und hohen Öfen) und sind teils unter Reaumurs Namen erschienen, teils sind hinterlassene Aufsätze von ihm zu Grunde gelegt; die umfassendste ist die von dem Marquis de Courtivron und Bouchu verfasste weitläufige Arbeit „Art de Forges et Fourneaux à fer“.

Der Text ist von Bouchu unter ausgedehnter Benutzung der von Reaumur hinterlassenen Handschriften und Zeichnungen, sowie verschiedener Beiträge anderer Schriftsteller und einer Übersetzung des größten Teiles von Swedenborgs Werk „De ferro“ abgefasst. Der Marquis von Courtivron scheint hauptsächlich nur einige Tafeln Zeichnungen geliefert zu haben. Der Abschnitt über Eisengießerei rührt größtenteils von Duhamel her, dem noch ein besonderer Aufsatz von Deparcieux über Röhrenguss hinzugefügt ist. Das ganze Werk ist wenig einheitlich und in vieler Beziehung recht mangelhaft. Man versteht erst dieser Arbeit gegenüber Reaumurs Scheu, seine unvollendeten Schriften der Öffentlichkeit zu übergeben. Bouchu hat es gewagt, allerdings mit mehr Kühnheit als Verständnis. Seine weitläufigen theoretischen Erörterungen sind oft geradezu schwach, z. B. seine Betrachtungen über die Entstehung der Erzgänge, über das Feuer, über Zuschläge und Schlackenbildung. Das Beste ist das, was nicht von Bouchu herrührt, besonders die Bruchstücke von Reaumur; aber auch Duhamels und Deparcieux’ Aufsätze über die Gießerei sind sehr sachlich und gut. Die Beschreibung der Fabrikation von Schmiedeeisen und Stahl ist aus Swedenborg, „De ferro“, übersetzt. Trotz aller Mängel verdienen die Verfasser unsere volle Anerkennung dafür, dass sie das Werk verfasst und herausgegeben haben. Trotz seiner Schwächen ist es die vollständigste Eisenhüttenkunde, welche bis dahin erschienen war und ist es bis auf Rinmans Geschichte des Eisens im vorigen Jahrhundert geblieben. Auch müssen wir den Verfassern dafür danken, dass sie viele Aufzeichnungen Reaumurs veröffentlicht und dadurch gerettet haben. Wäre es auch vielleicht wünschenswerter gewesen, wenn alle hinterlassenen Schriften Reaumurs über die Eisenindustrie unverkürzt herausgegeben worden wären, so war dies doch in jener Zeit kaum ausführbar und wir müssen froh sein, dass auf diese Art wenigstens ein Teil der für die Geschichte des Eisenhüttenwesens so wichtigen Schriften erhalten worden sind. Was von Justis Übersetzung betrifft, so beruht ihr Verdienst fast nur darin, dass sie so rasch erschienen ist. Die ersten Hefte waren kaum im Druck veröffentlicht, so fasste auch schon Justi, in voller Würdigung der hohen Bedeutung derselben, den Plan, eine deutsche Übersetzung davon herauszugeben. Leider ist dieselbe aber so schlecht ausgefallen wie nur möglich. Die ersten Abschnitte der Abhandlung von Courtivron und Bouchu, die er im zweiten Bande des Schauplatzes in eigener Übersetzung veröffentlichte, sind recht mangelhaft, der Hauptteil des Werkes aber, den er in der Übersetzung eines Gehilfen im dritten Bande erscheinen ließ, ist geradezu abscheulich, vieles ganz unverständlich, vieles falsch und dabei ein Deutsch, dass man glauben muss, der Übersetzer habe weder die französische noch die deutsche Sprache gekannt. Dass Justi uns die Übersetzung des Werkes von Swedenborg, welches den größten Teil der französischen Abhandlung ausmacht, erlassen hat, weil sie, wie er in charakteristischem Dünkel schreibt, „für Teutschland, wo man in den metallurgischen Wissenschaften viel weiter gekommen ist, als in Frankreich, nicht wichtig sei“, müssen wir unter diesen Umständen ihm fast dankbar anerkennen, um so mehr, da er an deren Stelle einen recht verdienstlichen Aufsatz des Grafen Johann Christian zu Solms-Baruth über das Eisenhüttenwerk in Baruth veröffentlicht hat.

Die Abhandlung von v. Courtivron und Bouchu erlangte große Anerkennung und Bedeutung namentlich in Frankreich, wo sie das Fundamentalwerk der Eisenhüttenkunde blieb bis zum Erscheinen der „Siderstechnie“ von Hassenfratz im Jahre 1810. Auch die mit vielen Abbildungen ausgestattete Abhandlung „Forges ou art du fer“ von Grignon in der „Encyclopédie Méthodique“ ist im Wesentlichen nur eine Bearbeitung der Schrift von v. Courtivron und Bouchu.

Einige biographische Notizen über die erwähnten Schriftsteller dürften deshalb von Interesse sein. Gaspard le Compasseur de Créqui-Montfort, Marquis de Courtivron, war ebenso berühmt als Feldherr, wie als Gelehrter. Er wurde geboren im Jahre 1715. Von seiner Jugend und seinem Studiengang wissen wir nur wenig. Wegen seiner großen mathematischen und technischen Kenntnisse wurde er 1744 zum Adjoint-mécanicien der Akademie der Wissenschaften ernannt.

Die Verwaltung seiner Güter hielt ihn später viel von Paris entfernt, die Akademie ehrte ihn aber, indem sie ihm den Titel Pensionaire vétéran erteilte. Da er auf seinen Gütern Eisenbergwerke und Hütten besaß, so beschäftigte er sich mit Vorliebe mit dem Eisenhüttenwesen und veröffentlichte 1747 eine Abhandlung über die Notwendigkeit der Verbesserung der Eisenhütten zum Zweck der Verminderung des Holzverbrauches.

Er wies darin namentlich nach, dass Holzersparung und besseres Ausbringen erreicht werden könne, wenn man die Bergerze in Burgund, die damals, wie sie aus der Grube kamen, gepocht und verschmolzen wurden, in großen Haufen ein Jahr oder länger an der Luft ablagern ließe, und sie dann verwasche; ferner, dass man durch eine richtige Gattierung der Bergerze mit den tonigen Erzen die Zuschläge ganz sparen und einen reicheren Möller herstellen könne, wodurch das Ausbringen erhöht und der Kostenverbrauch vermindert werde. Diese auf Erfahrung und Versuchen beruhenden Vorschläge kennzeichnen Courtivron als praktischen Hüttenmann. — In Verbindung mit Bouchu veröffentlichte er 1762 die große Abhandlung „L’art des forges et fourneaux de fer“, wozu er namentlich einen Teil der Tafeln bearbeitete. Er starb am 4. Oktober 1785.

Etienne Jean Bouchu, der eigentliche Verfasser des Textes dieser Abhandlung, war praktischer Hüttenmann von Beruf. Er war geboren am 28. Mai 1714 zu Langres, studierte in Paris Chemie, Physik und Naturgeschichte, die er alsdann in den Eisenwerken von Arc en Barrois, welche dem Herzog von Penthièvre gehörten, praktisch verwerten konnte. Er veröffentlichte viele Vorschläge zur Verbesserung des Eisenhüttenwesens, welche von der Akademie von Dijon gesammelt und herausgegeben wurden. Von der Akademie der Wissenschaften zu Paris erhielt er dann den Auftrag, in Gemeinschaft mit Courtivron die Eisenhüttenkunde für die Descriptions des Arts et Métiers zu bearbeiten. Außerdem schrieb er 1767 „Observations sur l’art du charbonnier“. Ferner rühren alle Artikel über Eisen in der ersten Enzyklopädie von ihm her. Bouchu war Mitglied der Akademie der Wissenschaften von Dijon und starb am 16. September 1773 zu Arc en Barrois.

Einer der eifrigsten und bedeutendsten Mitarbeiter an den Descriptions war Duhamel du Monceau, welcher auch wichtige Beiträge zu der Arbeit von Bouchu und Courtivron über das Eisen geliefert hat.