Die große Pest während des Türkenkrieges 1828-1829 - Roman S. Czetyrkin - E-Book

Die große Pest während des Türkenkrieges 1828-1829 E-Book

Roman S. Czetyrkin

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Beschreibung

Der verheerende Pestausbruch während des russisch-türkischen Krieges 1828-29 in Südosteuropa wurde von den dort anwesenden Militärärzten dokumentarisch festgehalten. Das vorliegende Buch des russischen Arztes Roman S. Czetyrkin vermittelt trotz seiner Kürze sehr anschaulich das Grauen der Epidemie. Das Aufkommen der Seuche werden beschrieben, ebenso der genaue Verlauf der Krankheit und die dagegen versuchten Mittel.

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Kaiserlich Russischem Kollegienrat, Gehilfen des Generalstabsarztes der aktiven Armee Leibarzt Sr. Durchlaucht des Feldmarschalls Fürsten von Warschau. Grafen Paskiewicz von Erivan, Ritter mehrerer Orden und Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften.

Vorrede des Übersetzers.

DER Aufsatz Dr. Czetyrkins: „Kurzer historischer Überblick vom Erscheinen und Behandlung der Pest, die 1828 und 1829 im russischen transkaukasischen Truppenkorps geherrscht“, wurde von Hufeland mit Beifall angenommen. Dieser Umstand bewog den Autor, mich um die Übersetzung seines ganzen Aufsatzes „über die Pest“, zu ersuchen, in der Absicht, diese Arbeit dem ehrwürdigen Hufeland zur Kritik vorzulegen. Die Übersetzung ward jedoch in jener Periode beendet, als sich in Warschau das erschütternde Gerücht von Hufelands Tode verbreitete, und der Zweck der Arbeit war dadurch zum Teil verfehlt! Dr. Czetyrkin bat mich ausdrücklich, seinen Aufsatz wörtlich und ohne Anmerkungen dem deutschen Publikum zu übergeben, und zwar aus dem Grund, damit er nicht ein ähnliches Schicksal erleide, wie seine Broschüre: „Über die Augenkrankheit, die in der Kaiserlich russischen aktiven Armee herrscht, Kalisch 1835.“ Der Verfasser wollte durch diese letztere Arbeit einen ganz anderen Zweck erreichen als darin gesucht worden ist.

Dr. Czetyrkin ist nämlich Hauptarzt der russischen aktiven Armee, und bekleidet zugleich den Posten eines gelehrten Sekretars des medizinischen Komitees beim Hauptquartier. Als die Augenepidemie unter den russischen Truppen ausbrach, so erhielt er von seinen Vorgesetzten den Auftrag, diese Krankheit für die russischen Militärärzte mit praktischen Bemerkungen zu beschreiben. – Er benutzte die bekannten Abhandlungen über diesen Gegenstand, er verglich die Beobachtungen anderer europäischen Ärzte mit den seinigen, eine sehr große Anzahl Kranker, die in und um Warschau zusammenströmten, lieferten leider nur allzu reichhaltige Ausbeute für seine Studien.

Nachdem seine Broschüre zustande gekommen war, so bat er seinen deutschen Übersetzer, ihr folgende einleitende Worte vorauszuschicken:

„Aus den Mitteilungen ausländischer Ärzte ersieht der Autor, daß die Augenblennorrhae in vielen Gegenden Europas verderblich geworden; er wünscht daher dem gelehrten Publikum des Auslandes die Resultate unseres Wirkens in einer deutschen Übersetzung zur Beurteilung vorzulegen. Jede gewichtige Bemerkung eines unparteiischen Kritikers erwartet er mit Dank; er wird sich bestreben, sie für die Zukunft zu benutzen, denn auch ihm ist Menschenwohl die Hauptsache.“

Diese von Eitelkeit und Dünkel gleichweit entfernten Worte finden wir in der kleinen Broschüre vom Herrn Übersetzer aus unbekannten Ursachen ausgelassen, und des Autors gutgemeintes Bestreben ist durch diesen Umstand nicht allein unbeachtet geblieben, sondern hat ihm noch obendrein eine etwas bittere Kritik im dritten Heft des 23. Bandes des chirurgischen Journals von Graefe und Walther zugezogen. Der Rezensent sagt, daß alles, was der Dr. Czetyrkin geschrieben, sich bereits in Dr. Graefes Werk (die Augenblennorrhae 1825) vorfinde; ein Ausspruch, der einem ruhigen Beobachter allzu übereilt erscheint. Denn einmal finden wir in Dr. Czetyrkins Abhandlung einige ganz neue Beobachtungen, z. B. diejenigen: mit Sulphas Chinini1, mit der Mixtura Depeschii2, einige prophylaktische Vorschriften etc. etc.; dann ist aber auch ein großer Unterschied zwischen der anspruchslosen Broschüre von Czetyrkin und dem Meisterwerk von Graefe: Theoretische Grundsätze und Lehren, die der berühmte Berliner Chirurg angibt, sind durch den russischen Hauptarzt praktisch bei dem größten Armeekorps mit dem glücklichsten Erfolg durchgeführt worden, – diesen Unterschied mußte ein jeder Kritiker bemerken, der das Wohl der leidenden Menschheit vor Augen hat.

Die Tendenz von Czetyrkins Abhandlung über die Pest spricht sich in folgenden wenigen Worten aus, die der Verfasser seinem Original als Einleitung beigegeben:

„Diese Abhandlung wurde geschrieben, um eine Aufgabe der medico-chirurgischen Akademie zu St. Petersburg zu lösen. – Eine treue historische Skizze der von mir beschriebenen verderblichen Epidemie kann ohne Zweifel eine Lehre für die Zukunft abgeben; übrigens mache ich weder Ansprüche auf tiefe Gelehrsamkeit, noch auf glänzende Theorien, meine Ansichten teile ich dem geneigten ärztlichen Publikum mit, weil sie mir mit einer naturtreuen Erfahrung übereinstimmend schienen.”

Der Übersetzer hat diese Abhandlung einer besonderen Aufmerksamkeit wert gefunden, weil er in ihr einen merkwürdigen Beweis gegen die sogenannten nichtkontagischen findet; die Mitteilungen Czetyrkins stehen in offenem Widerspruch mit denen von MacLean, Pariset, Clot-Bey, Brayer. – Das unbestechbare Urteil der Zukunft mag entscheiden.

Dr. Theodor Stürmer.

1Sulphas Chinini: Cininsulphat.

2Mixtura Depeschii: Schnellwirkendes Arzneimittel.

Die große Pest während des Türkenkrieges 1828-1829.

AUS den glaubwürdigsten und sichersten Berichten geht hervor, daß die Pest, seit sie im Jahre 1813 die Moldau und die Walachei auf eine furchtbare Weise verheerte, diese Gegend bis zum Jahre 1824 gänzlich verschonte.

In diesem Jahre wurde sie aus Kleinasien nach Sisopol verschleppt, drang bis in die Donaufestungen und 1825 selbst bis nach Bukarest, an welchem Ort sie endlich vom Hospodar3, trotz aller Hindernisse von seiten der Türken, in ihrem Entstehen erstickt wurde.

Im Jahre 1826 erschien sie (von Burgas aus) abermals in Bukarest und wurde wiederum durch die Tätigkeit des Hospodars bekämpft. Gegen Ende des Jahres 1827 drang das Übel bis in die Hauptstadt der Walachei, herrschte daselbst sporadisch bis zum April des Jahres 1828 und raubte vielen Menschen das Leben. Nur durch medizinisch-polizeiliche Maßregeln gelang es, dem Übel Einhalt zu tun.

Vor dem Anfang des Feldzuges im Jahre 1828 teilte der Chef des Generalstabes Seiner Kaiserlichen Majestät den Beamten der aktiven Armee Vorschriften und Vorsichtsmaßregeln mit, wie dem Übel vorzubeugen und wie dasselbe zu bekämpfen sei, – und bald darauf überschickte der Medizinalinspektor, Baron von Wyllie, allen Militärärzten jenes Armeekorps die von Seiner Exzellenz verfaßten „Praktischen Beobachtungen über die Pest“, in welchen die Kennzeichen und die Heilart dieser verderblichen Krankheit genau auseinandergesetzt waren. Die Kriegsoperationen begannen mit dem Frühjahr; im April waren die russischen Truppen in Bukarest, und im Mai stand das Hauptquartier bereits unweit Brailow. Eine unmittelbare Folge des Krieges waren Unordnungen in den Quarantänen, und aus dieser Ursache griff auch die Krankheit im Monat Mai unter den Einwohnern der Hauptstadt der Walachei mehr und mehr um sich.

Es wurde jetzt ein besonderes Komitee festgesetzt, welches jedoch weder mit den einheimischen, noch mit den russischen Ärzten über das Wesen der Krankheit einig werden konnte, indem einige daran zweifelten, ob dieselbe wirklich die Pest sei? und wieder andere die Krankheit als wirkliche Pest erklärten, welche sich aus lokalen, krankmachenden Ursachen entwickelt haben sollte. – Indessen wurden zum Bekämpfen des Übels dieselben Maßregeln er griffen, welche bei der Pest vorgeschrieben sind.

Im Laufe des Sommers und des Herbstes des Jahres 1828 verbreitete sich die Krankheit in den meisten Dörfern der Walachei. – Im Winter drang sie bis zur Moldau vor, wurde zu Anfang des Jahres 1829 aufs rechte Donauufer verschleppt und verheerte Hirsowa und andere an diesem Fluß gelegene Orte.

Die von der Pest ergriffenen Soldaten verbreiten das Übel in den Hospitälern und in den Feldlazaretten, jedoch wurde es in letzteren durch strenge polizeiliche Maßregeln bald unterdrückt. – Das Hauptquartier kehrte zum Winter in die Walachei zurück und die Krankheit wurde jetzt überall als Pest anerkannt; indessen konnten, wegen der großen Verbreitung des Übels, schon nicht mehr allgemeine strenge Maßregeln gegen dasselbe in Ausführung gebracht werden.

Die Truppenabteilung, welche in Bulgarien zurückgeblieben war, wurde von der Krankheit verschont, weil sie im Jahre 1828 durch eine Quarantäne in Hirsowa von der Donau abgesondert worden war.

Mit den beginnenden Dezemberfrösten schien das Übel in der Walachei zu verschwinden, kehrte indessen bei eintretendem Tauwetter, doch in gelinderem Grade, zurück. Die strengen Quarantäneanstalten hielten es überall in engen Grenzen.

So war der Stand der Dinge bis zum März des Jahres 1829. Ein unglückliches Zusammentreffen verschiedener Umstände wollte es, daß um diese Zeit die wahre Natur des Übels abermals ganz und gar verkannt wurde, daß man es für ein besonderes pestartiges hitziges Fieber mit Karbunkeln4, Bubonen5 und Petechien6 hielt, welches einzig und allein aus lokalen Krankheitsursachen entstanden sein sollte; gegen letztere allein wurden demnach alle Maßregeln gerichtet. Diese durch ihre Folgen so verderbliche Meinung gründete sich darauf, daß die Krankheit sich langsam entwickelte und nicht so tödlich war, daß sie sich mit den herrschenden hitzigen Nerven- und Faulfiebern mit Dysenterie7, Skorbut8 und Syphilis komplizierte. – Aber die langsamere Verbreitung des Übels und die geringere Sterblichkeit hing davon ab, daß die polizeilichen Maßregeln zwar anfangs nicht mit Konsequenz durchgeführt, doch in der Folge sehr streng befolgt wurden, und was die Komplikation mit anderen Krankheiten betrifft, so gab es viele gewandte und würdige Ärzte, welche die wahre Pest sehr gut von diesen zufälligen Komplikationen zu unterscheiden verstanden. – Nichtsdestoweniger wurde, vom Monat März des Jahres 1829 an, jede Quarantäne aufgehoben, die freie Kommunikation allenthalben hergestellt, und nur gegen vermeintliche endemische Krankheitsursachen gewirkt. Diesen letzteren schrieb man allein die verderbliche Krankheit zu, obgleich an einigen sehr ungesunden Orten Durchfälle und Nervenfieber ohne Pest herrschten, und in anderen hohen, sehr gesunden Orten das sogenannte pestartige Fieber Riesenfortschritte machte.