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Neben Ideen, Skizzen und Zeichnungen offenbaren Tomi Ungerers Notizbücher seine Vorliebe für Aphorismen, Wortspielereien und kleine Geschichten. Aus diesem Fundus ist ein Buch entstanden, das Tomi Ungerer von einer ungewohnten Seite zeigt, die aber vielleicht gar nicht so ungewöhnlich ist: »Ich bin ein Aufzeichner. Ich zeichne, was ich aufschreibe, und ich schreibe auf, was ich zeichne, um einen Gedanken klar, kurz und bündig auszudrücken«, so Tomi Ungerer. "
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Seitenzahl: 40
Tomi Ungerer
Die Hölle ist das Paradies des Teufels
Gedanken und NotizenMit einem Vorwort vonElke Heidenreich
Die Erstausgabe erschien 2008
im Diogenes Verlag
Umschlagillustration von
Tomi Ungerer
Alle Rechte vorbehalten
Copyright © 2013
Diogenes Verlag AG Zürich
www.diogenes.ch
ISBN Buchausgabe 978 3 257 24211 9 (1.Auflage)
ISBN E-Book 978 3 257 60217 3
Die grauen Zahlen im Text entsprechen den Seitenzahlen der im Impressum genannten Buchausgabe.
[5] Für den FrühlingsmenschenWerner Spies
[7] »Ich zeichne, was ich schreibe. Ich schreibe, was ich zeichne. Ich bin ein Aufzeichner.«
Tomi Ungerer
[9] Inhalt
Vorwort von Elke Heidenreich [11]
Definitionen [19]
Fragen [23]
Glück [26]
Sein und Zeit [29]
Tugend und Laster [31]
Relativität [39]
Ruhm und Ehre [42]
Wissen und Weisheit [45]
Slogans [49]
Liebe und Freundschaft [53]
Kurzschlüsse [57]
Frauen [65]
Kunst [69]
Bücher [75]
Elsass [81]
Erotik [89]
Provokationen [95]
[10] Natur [99]
Tiere [107]
Globetrotter [111]
Humor [115]
Kinder [118]
Rezepte [121]
Bekenntnisse [125]
Condition humaine [133]
Himmel und Hölle [137]
Tod [141]
[11] In einem Glas Wasserschwimmen lernen
Gedanken zu Tomi UngerersAphorismen
Wenn Arthur Schopenhauer recht damit hat, dass uns die ersten vierzig Jahre den Text unseres Lebens liefern und die folgenden dreißig den Kommentar dazu, dann ist der jetzt siebenundsiebzigjährige Tomi Ungerer der beste Kommentator seines Lebens. Und genauso liest sich auch dieses Buch, diese Sammlung von Gedankensplittern, Bonmots, Aperçus, das, was wir Aphorismen nennen.
Man muss ein Talent für so etwas haben. Es gibt durch alle Jahrhunderte große Aphoristiker, gewiss, aber man kann sie immer noch zählen, denn nicht jeder kluge Mensch ist in der Lage, so kurz und knapp, so ironisch, so scheinbar leicht das Wesentliche in wenigen Worten zu [12] sagen. Der Aphorismus, sagte Marie von Ebner-Eschenbach, eine Meisterin des Fachs, ist der letzte Ring einer langen Gedankenkette.
Tomi Ungerer zeichnet, malt, schreibt sein Leben lang. Viele seiner Zeichnungen sind wie Aphorismen: auf den Punkt gebrachte Satiren oder rasche, präzise Blicke auf komplizierte Verhältnisse. Auch die diesem Buch beigegebenen Zeichnungen sind Aphorismen – der Mann, der mit oder ohne Brille nur Mauern sieht; der ans Stuhlbein gebundene, also flugunfähige Pfeil hinaus ins Leben; der Mensch als Glied einer Kette. Die Zeichnungen, sonst Ungerers Hauptwerk, sind hier das Beiprogramm. Es geht um die Aphorismen, in vielen Jahren entstanden, schnelle kleine Pfeile, die ins Schwarze treffen. Klaus von Welser, Aphorismensammler und Herausgeber, ist der Meinung, dass der Systematiker seine Gedanken ausführt, aber der Aphoristiker führt sie heim.
Tomi Ungerer beobachtet, hält fest, zeichnet, schreibt, beschreibt – »Ich zeichne, was ich schreibe. Ich schreibe, was ich zeichne. Ich bin ein Aufzeichner«, sagt er ja auch von sich. Er macht nicht viele Striche, und er macht nicht [13] viele Worte. Der Aphorismus ist ihm die angemessenste, knappste Form, das auszudrücken, was er sieht und sagt.
Ja, die Hölle ist in der Tat das Paradies des Teufels, weil alles eine Frage des Ausgangspunkts ist, und so stimmt es auch, dass das Gleichgewicht der Traum der Waage ist und dass die Wolken ohne den Wind nicht wüssten, wohin. Aphorismen können poetisch sein, witzig, blitzgescheit oder auch banal, sogenannte Binsenweisheiten: »Das Glück, falls es das gibt, ist eine Frage der Disziplin.«
Aber auch das ist schön formuliert. Man blättert, man liest sich fest, man hat das so und so ähnlich auch schon gedacht, hätte es aber nie so wunderbar formulieren können, und auf Seite 76 weiß man: »Ein gutes Buch ist ein Buch, zu dem man ein Vorwort schreiben möchte.«
Wie schreibt man denn aber ein Vorwort zu einzelnen Sinnsprüchen, die keine Geschichte bilden, außer: Die Geschichte ist hier die Summe eines ganzen Lebens? Indem man ein wenig über Tomi Ungerer schreibt, über den man in diesen Aphorismen so viel erfährt.
[14] Er ist ein Kunstarbeiter, der die Welt umpflügt, mit Strichen und Worten. Er zeigt die Welt so, wie sie ist, und darum stehen in seinen Kinderbüchern auch schon mal Whiskyflaschen auf dem Tisch. Pädagogen ist er verdächtig, Feministinnen beschimpfen ihn als Erotomanen, Politiker keiner Richtung können ihn vereinnahmen. Er ist – im Elsass geboren, in der ganzen Welt zuhause – ein umfassend gebildeter Renaissancemensch, ein Weltbürger, der in vier Sprachen denkt, arbeitet, lebt. Er ist ein Moralist, der nur an den Zweifel glaubt und doch nie aufhört zu träumen. Er hat ein großes Talent für die Freundschaft, aber das Verhältnis Mann-Frau ist für ihn ein… »Schlitzkrieg«. Über solche Geschmacklosigkeiten kann er sich ausschütten vor Lachen, er liebt die Provokation, bei der die andern entnervt aufheulen, genau das muss es eben auch bei ihm sein, das ganz und gar Platte. »Ich fahre meinen eigenen Lasterwagen«, kalauert er vergnügt.
»Ich bin ein gezeichneter Mensch«, schreibt er, »gezeichnet von Faschismus und Protestantismus. Vom Protestantismus ist mir die Moral geblieben, den Puritanismus habe ich ersetzt [15]