18,99 €
Immer mehr Frauen suchen und finden den Weg zur Imkerei. Hierbei setzen sie erfahrungsgemäß andere Schwerpunkte, haben andere Erwartungen als ihre männlichen Kollegen, weswegen die Zeit reif ist für ein Buch, das die Bedürnisse der angehenden Imkerinnen in den Fokus stellt. Imkern als Naturerfahrung, als gemeinsames Hobby mit den Kindern, als Quelle für Honig, Wachs und Propolis für den eigenen Bedarf und die Weiterverarbeitung zuhause – dieses Buch zeigt Ihnen, wie’s geht. Erfahren Sie, welche Haltungsform die richtige für Ihre Umgebung ist, wie Sie Ihre Bienen pflegen und gesund erhalten, welche rechtlichen Bestimmungen Sie einhalten müssen und noch viel mehr.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 189
Melanie von Orlow
62 Fotos
4 Grafiken
Früh am Morgen um den Nachwuchs gekümmert, dann raus zum Tagwerk, zwischendurch für die kranke Kollegin einspringen, auf dem Heimweg rasch einige Besorgungen machen, dann noch eben die Wäsche und die eine oder andere kleine Reparatur erledigen, aufräumen, und wieder viel zu spät ins Bett.
Wenn Sie darin Ihren Alltag erkennen, dann sind Sie schon perfekt auf Ihr neues Hobby eingestellt: Honigbienen sind Meister des Multitasking –und es sind alles Weibchen. Jedes Jahr bauen sie aus etwa 5000 Winterbienen einen Staat aus bis zu 50 000 Arbeiterinnen auf, der sich nur im Frühling und Frühsommer den Luxus einiger weniger Männchen leistet. Vom starren Karriereplan – von der Putzbiene bis hin zur Sammlerbiene – weichen sie ab, wenn es nötig ist.
Umso unverständlicher ist es, dass Frauen erst so spät das Imkern entdeckt zu haben scheinen – die Geschichte der Imkerei kennt viele berühmte Züchter, Erfinder und Entdecker, doch ihre Frauen scheinen nie hinter dem Entdeckelungstisch oder dem Marktstand hervorgekommen zu sein. Bestenfalls findet die „Imkerfrau“ in der Einleitung oder in der Widmung Erwähnung oder gar Würdigung.
Doch seit gut zehn Jahren ist die Trendwende vor allem in der Stadtimkerei offensichtlich: Hier sind rund 30 % der Neulinge tatsächlich Imkerinnen. Ganz ohne dogmatischen Feminismus, sondern ganz pragmatisch profitiert diese neue Generation von den unbestreitbaren Errungenschaften der männlichen Vordenker und nutzt den Erfahrungsschatz für den eigenen Weg in die Imkerei.
Diese neuen Imkerinnen (und Imker) sind manchmal trotz eines geringeren Erfahrungsschatzes qualifizierter und informierter als die langjährig imkernden Vereinskollegen, die niemals etwas links und rechts von dem einst vom Imkerpaten erlernten Weg ausprobiert haben. Selbstbewusster als ihre Vorfahren diskutieren und gestalten sie in vielen deutschen Großstädten eine lebendige Imkerszene und übernehmen Verantwortung in den imkerlichen Vereinen und Verbänden.
Vorbei die Zeiten, in denen die „Imker-Frau“ ihren imkerlichen Beitrag allenfalls beim Entdeckeln, Abfüllen und Etikettieren der Ernte ihres Ehemannes leistete – nun wird zurückgeimkert!
Doch Kämpfernaturen in Sachen Geschlechterkampf findet man unter den neuen Imkerinnen eher selten. Es geht nicht etwa darum, nun zu zeigen, dass frau es besser kann. Tatsächlich zeigen sich die neuen Imkerinnen zurückhaltend und hinterfragen eher: Jetzt schon gegen die Varroa-Milbe behandeln oder den Bienen doch noch lieber etwas Ruhe gönnen? Haben die Bienen noch genug Platz? Selbst althergebrachte Standards wie Absperrgitter und das Brechen von Weiselzellen zur Schwarmverhinderung werden infrage gestellt. Etwas in den Hintergrund treten dabei die traditionellen Werte wie Honigertrag und Schwarmträgheit. Ein wenig Honig für den eigenen Tisch, etwas Wachs für das eine oder andere Präsent – das genügt den meisten Imkerinnen.
So ist das Herantasten an „den Bien“ (der historische Begriff für das Bienenvolk) die Herausforderung, die die neue Generation von Imkern und Imkerinnen reizt. Obwohl jedes Jahr neue Bücher und Publikationen über Bienen und Imkerei erscheinen und Honigbienen zu den am besten erforschten Insekten gehören, bleibt der Bien uns ein Rätsel. Aber ein Rätsel, das wir auf Balkon, Garten oder dem Dach – ganz ohne Studienabschluss und teure Laborausstattung – erforschen können. Nun knobeln wir Frauen mit!
In diesem Buch soll das Augenmerk auf die Imkerin und ihre Bedürfnisse gerichtet werden. Es richtet sich vor allem an die Einsteigerin. Doch ist es kein klassisches Einsteiger-Buch, das den Anspruch erhebt, alle Aspekte der Imkerei abzudecken. Es soll jedoch helfen, bereits zu Beginn die richtigen Weichenstellungen vorzunehmen, um sich aus der unüberschaubaren Vielfalt der verfügbaren Methoden, Materialien und Meinungen die passenden herauszupicken.
Die Begeisterung für Bienen findet oft schon bei Hummeln oder Wildbienen ihre Befriedigung. Wer einen Garten hat, in dem sich Mäuse wohlfühlen, hat oft auch Hummeln zu Gast. Manchmal nisten sie Jahr für Jahr in der gleichen Ecke, und der gelegentliche Blick auf das gemächliche Fluggeschäft genügt an „Bienengeschehen“ im Garten.
Nisthilfen für Wildbienen haben in den letzten Jahren zunehmenden Absatz gefunden, obwohl leider viele der in Bau- und Supermärkten angebotenen Modelle untauglich sind. Wer an geeigneten (meist selbst gebauten) Nistwänden bewundern kann, wie rege das Treiben der einzelgängerischen und vielgestaltigen Bienen sein kann, wird sich an einen Bienenstand erinnert fühlen. Leider ist jedoch die Einsichtnahme in das wundersame Treiben in den Nistgängen beschränkt. Selbst der Einblick in Schaunisthilfen mit Plexiglasfenstern kann manchmal den Hunger nach mehr nicht stillen.
Hinzu kommt, dass das Treiben oft ein jähes Ende findet, denn die Lebenszeit von Hummeln und Solitärbienen ist sehr begrenzt. Schon nach wenigen Monaten kehrt wieder Ruhe ein und manchmal ist das eben etwas zu ruhig. Mit Honigbienen ist hingegen zwischen März bis Ende Oktober immer etwas zu tun und dennoch sind sie pflegeleichter als Wellensittich, Hund und Katze.
BIENEN SIND FLEXIBEL
Kein Gassigehen zu festen Zeiten, kein Bedarf an einem „Bienen-Sitter“ zur Ferienzeit – Bienen machen alles allein. Imkerin oder Imker müssen nichts zwingend zu einem bestimmten, klar definierten Zeitpunkt im Jahr tun. Es lohnt sich jedoch, den gelesenen oder von erfahreneren Imkern gehörten Ratschlägen Aufmerksamkeit zu schenken. Nach etwas Zeit und Praxis können Sie sich dann lobend auf die Schulter klopfen, wenn Sie wenigstens die Hälfte der als sinnvoll erkannten Eingriffe pünktlich geschafft haben.
Doch auch wenn nicht: die Bienen nehmen es Ihnen in der Regel nicht krumm – allenfalls die Nachbarn, weil ein Schwarm im Garten hängt. Letztendlich entscheiden Sie mit Ihrer Wahl des Haltungssystems, wie intensiv Sie imkern wollen und können. Damit fügen sich Bienen in das stressige Leben von Familien- als auch Topmanagerinnen ein, ohne dabei selber Stressor zu werden – sofern die Imkerin nicht durch ihre eigenen Ansprüche einen aus ihnen macht.
BIENEN SIND LEHRREICH
Nicht nur, dass Sie das aus Büchern und Filmen erlernte Wissen über Bienen in 3-D und in Farbe real erfahren können – Bienen leisten auch einen Beitrag zur Selbsterkenntnis. Sie können sie nicht mit Leckerlis und Gassigehen bestechen, noch können Sie ihre Zuneigung in irgendeiner Form erwerben. Sie können sie nicht zähmen und formen – und dennoch können Sie mit ihnen kooperieren. Sie können einen Deal mit ihnen eingehen, dessen Grenzen beide abstecken und die zumindest von Seiten der Bienen nicht verhandelbar sind.
Professor Dr. Randolf Menzel, ein bekannter Neurobiologe, sieht in der Honigbiene die neuronal höchste Entwicklungsstufe, die die Urmünder (sog. „Protostomier“, z. B. Krebse, Gliederfüßer) erreicht haben, während wir Menschen diesen Platz bei den Neumündern („Deuterostomier“, z. B. Wirbeltieren) einnehmen. Sozusagen Auge in Auge stehen sich damit zwei hochentwickelte Wesen gegenüber, und zumindest wir erkennen in den Bienen ein irgendwie ebenbürtiges Geschöpf.
Bienen fordern einen Respekt, an dem frau sich reiben, aber auch wachsen und entwickeln kann. Hektische und leistungsorientierte Menschen werden mit Grenzen konfrontiert, die sich nur mit Gelassenheit meistern lassen. Eher unorganisierten und chaotischen Bienenhaltern erlegen die Bienen einen ordnenden Rahmen auf, doch wer sich übervorsorglich oft um seine Bienen kümmert, muss manchmal bitter lernen, dass viel nicht viel hilft.
Die Beobachtung feinster Veränderungen, sei es auf dem Flugbrett oder beim Blick von oben in die Wabengassen oder von hinten durch ein Sichtfenster, eröffnen den Weg in eine feine, kaum wahrnehmbare Kommunikation – eine Sprache, die ein Leben lang erlernt und ständig geübt werden muss.
BIENEN SIND EINE HERAUSFORDERUNG
Kein Jahr ist wie das vorausgegangene. Veränderungen im Weltklima und die Wanderungen neuer Parasiten zwingen Imker und Imkerinnen zur ständigen Fort- und Weiterbildung. Kaum haben sie einen Aspekt halbwegs gemeistert, entsteht auf anderer Seite neuer Handlungsbedarf. Schulungen, eigene Erfahrungen und neue Erkenntnisse bewahren einen fast kindlichen Spiel- und Forschungsdrang bei Imkern und Imkerinnen, die sich in diesem Umfeld neu entfalten können. Frauen, die sich privat oder beruflich im Stillstand verharrend empfinden, können sich hier autark oder in ausgewählter Gesellschaft neu entdecken.
Durch die Beobachtung eines Bienenvolks können Sie viel lernen.
Rähmchen kann man heute fix und fertig kaufen. Hier haben die Bienen bereits die an einem Wachsstreifen angebaute Wabe mit Honig gefüllt.
BIENEN ZU HALTEN IST NICHT SCHWER
Vor einigen Jahrzehnten mussten die Beuten selbst gebaut und das Imkerwissen von Mund zu Mund weitergegeben werden. Als Beuten bezeichnet man die Behausung der Bienen, die bei vielen Systemen nach dem Baukastenprinzip zusammengestellt werden kann. Heute gibt es eine Vielzahl ausgefeilter Haltungs- und Beutensysteme, die über eine ebenso große Vielfalt an Läden und Internetshops vertrieben werden.
Und inzwischen haben sogar die Imker begriffen, dass Bandscheiben und Muskulatur einer gewissen Alterung unterliegen. Die Verwendung von Hilfsmitteln und leichteren Beutensystemen ist daher kein Zeichen der Schwäche, sondern eins von Weitsicht und Weisheit. Davon profitieren auch die Frauen, die sich körperlich besser zu bewältigende Haltungssysteme wünschen.
Eine Imkerin muss sich heutzutage weder eine Standbohrmaschine und Oberfräse zulegen, noch rasch die Women’s-Day-Kurse im nächst gelegenen Baumarkt buchen. Nicht einmal das traditionelle Drahten von Rähmchen, mit dessen Perfektion sich ganze Generationen von Imkern beschäftigt hatten, ist heute noch erforderlich. Man kann inzwischen fertig gedrahtete und geöste Rähmchen kaufen. Andere Beutensysteme stellen sogar die Errungenschaft des Rähmchens infrage oder verzichten auf die Drahtung.
Nun steht die angehende Imkerin vor dem Problem der Systemwahl. Eine wachsende Zahl von Haltungs- und Behandlungs-Systemen drängt auf einen wild wachsenden Markt, der offenbar auch Glücksritter mit wohlfeilen Versprechungen angelockt hat. Ob die ultimative Varroa-Behandlung oder das „natürlichste“ Haltungssystem – für alle Aspekte in der Imkerei gibt es „komplett neu entwickelte“, „einmalige“ (und meist sehr teure) Lösungen.
Limitierende Faktoren sind allenfalls Geld und Platz. Von Ersterem möchte der Imkereifachhandel angesichts der kleinen Stückzahlen des Imkergeräts nicht zu wenig und von Letzterem hat die städtische Imkerin in der Regel nicht zu viel.
Zum Glück sind Bienen nicht sehr anspruchsvoll und arrangieren sich mit nahezu allem, was man ihnen bietet. Selbst auf zugigen Dächern oder an Balkonbrüstungen gehängt können sie sich häuslich einrichten. Dennoch wird es sich nicht vermeiden lassen, dass man und frau im Lauf der Zeit einen Haufen Kram kaufen, der später kaum noch Verwendung findet.
Daraus resultiert der grundsätzliche Tipp für die Einsteigerin, sich vor jedem Kauf zu überlegen, ob sie bereit wäre, den Kaufpreis auch aus dem zehnten Stock zu werfen. Ist das nicht der Fall, sollte sie von dem Kauf Abstand nehmen – der wirklich erforderliche Bedarf ist überschaubar und zeigt sich erst in der Praxis.
BIENEN ZU HALTEN SCHAFFT KONTAKTE
Nach jahrzehntelangem Niedergang der größtenteils im Deutschen Imkerbund e. V. (D.I.B.) organisierten Freizeitimker-Vereine hat die Kehrtwende inzwischen auch den ländlichen Raum ergriffen. Das Klischee der Altherrenvereine stirbt allmählich aus und insbesondere in den Städten sind Vereinsabende wertvolle Schulungsveranstaltungen und weit mehr als bierselige Skatrunden oder hitzige Fachdiskussionen, denen 99 % der Anwesenden nicht mehr folgen können.
Das ist nicht zuletzt auch das Verdienst von Frauen, die in den Vereinen immer häufiger Verantwortung übernehmen. Es gelingt Ihnen eher eine Plattform zu schaffen, auf der auf gleicher Augenhöhe diskutiert werden kann, ohne Rivalitäten zu großen Raum zu geben. Das Teilen ihrer Erfahrungen und ihrer Begeisterung erleben nicht nur Imkerinnen als Bereicherung auf dem Weg zu „ihrer“ Bienenhaltung.
Doch nicht nur klassische Imkervereine, sondern auch lose Gruppierungen, Foren-Gemeinden und WhatsApp-Gruppen können beim „Imkerin-werden“ begleiten. Diese Vielfalt an Kommunikationswegen stellt jedoch auch eine Herausforderung dar, insbesondere bei der Auswahl wichtiger Informationen. Da lohnt es sich umso mehr, verschiedene Quellen anzuzapfen – ob Imkerpaten, Vereinsabende, Fachberater oder Foren. Allerdings kann das, was in einer Region eine bewährte und gelebte Praxis ist, andernorts versagen.
BIENEN SIND FAMILIENFREUNDLICH
Viele Aspekte in der Bienenhaltung sind vergleichsweise einfache, manuelle Tätigkeiten, für die sich gerade die Jüngsten sehr begeistern können. Da dürfen zunächst Drahtung eingefädelt, Wabenhonig zerstampft oder Milben aussortiert werden. Etwas später, wenn Hammer und Tacker kein Sicherheitsrisiko mehr sind, dürfen Rähmchen gebaut und Waben entdeckelt werden. Dabei lohnt es sich, gerade den Nachwuchs frühzeitig zu den Bienen mitzunehmen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell Kinder die Königin entdecken oder die kaum erkennbaren Eier im Wabengrund finden. Selbst in der Babyschale – mit einem darüber gespannten Kinderbettlaken oder Insektenschutznetz – können sie oft problemlos „mitimkern“. Allenfalls in der fremdelnden Krabbelkindphase müssen die Bienen zurückstehen – aber auch das ist möglich, ohne das Hobby gleich aufzugeben.
In Vereinen oder bei Seminaren lernen Sie schnell Gleichgesinnte kennen.
BIENEN ZU HALTEN IST ANSTECKEND
Was als eigenes und originelles Hobby begonnen hat, kann schnell Funken schlagen, die bei Nachbarn, Freunden oder dem Partner zünden. Manchmal sind es bestimmte Aspekte wie zum Beispiel der Bau eines Bienenhauses oder der Ruf nach Hilfe beim Schleudern, die das Interesse wecken. Dann kann das Hobby bald zu einem Familienunternehmen werden. Zum Glück lässt es sich wunderbar teilen, und so kann die intensiv bewirtschaftete Magazinbeute direkt neben der nach Mondphasen betreuten, biodynamischen Bienenkiste stehen, ohne dass man sich ins Gehege kommt.
Vor Beginn Ihres Einstiegs in das neue Hobby sollten Sie ein paar Rahmenbedingungen überprüfen: Weder Sie noch Ihre Familie sollten von einer (zum Glück sehr seltenen) Insektengift-Allergie betroffen sein. Je nach Studie sind um die 3 % der Bevölkerung von dieser Allergie betroffen. Da sie ohne Vorwarnung kommt und geht, aber im Stichfall tödlich verlaufen kann, sollten Sie sich die Zeit für einen Allergietest nehmen. In der Regel erfolgt der Test in Spezialsprechstunden im Krankenhaus.
Die Allergie lässt sich allerdings gut behandeln – das sollte aber vor dem Einstieg in die Imkerei geschehen. In engen Bebauungen, in denen die Aufstellung der Bienen auch den Nachbar betreffen kann, sollten Sie auch ihn in die Überlegung einbeziehen, bevor Sie die ersten Bienenkästen aufstellen.
Wer die Imkerei nun nicht gerade über die Familie „mit dem Löffel gefressen hat“, kommt in der Regel auf verschlungenem Pfad zu diesem Hobby. Oft sind es bestimmte Erlebnisse, die den Wunsch nähren, sich eingehender mit Bienen zu beschäftigen. Erlebnisse wie der Blick in einen Schaukasten als Kind oder halb verschüttete Erinnerungen an den imkernden Onkel hinterlassen ein gewisses Nagen.
Gelegentlich entsteht das Interesse auch aus dem beruflichen Umfeld oder aus einem anderen Hobby heraus – manche Imkerin von heute wollte nur die Bestäubung der eigenen Obstbäume sichern.
Häufig sind solche Interessen lange Zeit bewusst begraben worden. Vor den Zwängen von Ausbildung, Studium, Beruf und Familie erlauben es sich gerade Frauen oft nicht, diesem Thema Raum zu geben – vor allem nicht, wenn sie mit diesem oft eher absonderlichen Wunsch in der Familie allein dastehen. Der Start wird außerdem durch die nicht unerheblichen Anfangsinvestitionen erschwert. Wenn das neue Hobby doch (noch) nicht in das Leben passt, kann man die Bienen nur schwer wieder verkaufen und erst recht nicht im Tierheim parken.
Wenn Sie sich mit der Imkerei beschäftigen möchten, sollten Sie daher einige Dinge berücksichtigen, bevor Sie den ersten Schritt wagen.
Lesen Sie viel. Der Markt bietet eine Fülle an Einsteigerbüchern und selbst viele etwas angestaubt anmutende Klassiker aus der Stadtbücherei sind eine lohnenswerte Lektüre.
Besuchen Sie Imker und Imkerinnen. Die meisten Vereine bieten regelmäßige Vereinsabende, die auch für Gäste zugänglich sind. Dort können Sie Kontakte knüpfen und sich erkundigen, ob es die Möglichkeit zum Besuch oder Mitimkern gibt – und wenn es nur das Mithelfen beim Schleudern ist. Manche Vereine bieten Schnupperwochenenden und Einführungsveranstaltungen an, in denen Sie praxisnahe Eindrücke von der Imkerei bekommen können.
Die Länderinstitute für Bienenkunde bieten – oft für vergleichsweise kleines Geld – Schulungen für Anfänger an. Es lohnt sich, solche Schulungen von verschiedenen Anbietern zu besuchen.
Je mehr Sie lesen und erfahren, desto unübersichtlicher kann Ihnen der Weg in die Imkerei erscheinen. Manchmal wird der einst klare Vorsatz immer weiter verwässert und die ambitionierte Einsteigerin hat den Eindruck, sich auf ein viel zu großes Projekt einzulassen. Aus dem einst einfachen Gedanken „Die Bienen machen ja alles alleine – ich gebe ihnen nur ein Zuhause und bekomme ab und an etwas Honig“ wird eine verkappte Ausbildung zur Lebensmitteltechnikerin, Juristin, Tischlerin, Elektroingenieurin und Veterinärin.
Besuchen Sie möglichst viele Imker und Imkerinnen an ihrem Bienenstand.
Notieren Sie daher beizeiten ihre Motivation für die Imkerei und hängen Sie sich diese paar Sätze gut sichtbar an den Spiegel, das Schwarze Brett, die Kühlschranktür oder nehmen Sie den Zettel als Lesezeichen für die Imkerliteratur. Im gleichen Zuge sollten Sie auch eigene Ziele definieren:
>Welche Gefühle verbinden Sie mit Bienen (zum Beispiel Bewunderung, Anspannung, Neugierde …)?
>Was erhoffen Sie sich vom Umgang mit Bienen (zum Beispiel Honig, Entspannung, bessere Obsternte, Spaß, Bewältigung von Ängsten, Menschen kennenlernen …)?
>Was ist Ihnen beim Umgang mit Bienen wichtig (zum Beispiel möglichst wenige Eingriffe, Imkern ohne Handschuhe und Schleier, usw.)?
>Welche Größe streben Sie mit Ihrer Imkerei an (zum Beispiel reines Hobbyformat oder berufliche Perspektive)?
>Welche Bienenprodukte sind Ihnen wichtig (zum Beispiel Honig, Wachs, keins …)?
>Wie viel Platz und Zeit wollen Sie ihren Bienen einräumen? Wie viel Platz und Zeit gestehen Ihnen Ihre Mitmenschen für Ihr neues Hobby zu?
Diese Ziele werden mit wachsendem Informationsstand eine zunehmende Verfeinerung erfahren; wenn es zunächst also eine etwas chaotische Stichwortsammlung wird, dann ist das auch in Ordnung. Spätestens in der Praxis werden sich die Ziele herausbilden.
Häufig (wenn auch nicht immer) zeigt sich in der persönlichen „Motivations- und Zieldefinition“ schon ein gewisser Grundtenor. Auf einer breiten Skala lassen sich an den Enden zwei Extreme finden – die intensive und die extensive Imkerei.
INTENSIVE IMKEREI
Bei der intensiven Imkerei ist die zeiteffiziente Bearbeitung der Völker unter Einsatz maschineller Hilfsmittel möglich und wird auch oft praktiziert. Honigertrag und Eigenschaften der Völker sind wichtige Faktoren, die zu ihrer Bewertung herangezogen und durch Eingriffe optimiert werden (zum Beispiel durch häufiges Austauschen der Königinnen). Die Volksentwicklung kann unter Verwendung aller verfügbaren Methoden beeinflusst werden (zum Beispiel Schwarmverzögerung durch Flügelschneiden oder Brechen der Schwarmzellen, Brutablegerbildung, usw.).
Die intensive Imkerei geht in der Regel mit Mobilbauweisen und hohem Einsatz von vorgefertigten Wachs-Mittelwänden einher. Die Völkervermehrung erfolgt gegebenenfalls auch außerhalb der normalen Vermehrungszeit unter Verwendung aller möglichen Techniken (Königinnenzucht mittels Umlarven, Kunstschwarm, usw.). Kunstwaben und Bienenbehausungen aus Kunststoff werden eingesetzt. Chemische Varroazide (zum Beispiel Bayvarol) und der Schnitt der Drohnenbrut finden Anwendung.
Bei der extensiven Imkerei dürfen die Bienen ihre Waben bauen, wie sie wollen.
Die künstliche Besamung zur gezielten Zucht kann genauso Bestandteil der intensiven Imkerei sein wie das Verstärken von Völkern durch Vereinigung, der Betrieb von Völkern mit mehreren Königinnen und der Bienenversand. Viele dieser Techniken sind empfohlene Standardmethoden in der konventionellen Imkerei. Einige sind jedoch in der Bio-zertifizierten Imkerei nicht zugelassen und andere werden allenfalls bei Berufsimkern Anwendung finden.
EXTENSIVE IMKEREI
Bei der extensiven Imkerei steht die Honigertragsleistung nicht im Vordergrund. Nur die gelegentliche Ernte für den eigenen Bedarf oder im kleinen Freundeskreis spielt eine Rolle. Zeiteffizienz (Zeitaufwand pro Volk oder Arbeitsgang) ist weniger bedeutsam, daher ist der maschinelle Einsatz weniger relevant – manche Imker verzichten sogar auf Schleuder und Smoker. Weiterhin erfolgt die Reduktion der Eingriffe auf das absolut Notwendige. Bieneneigene Schicksale wie Schwarmabgang und Königinnenverlust werden als naturgegeben akzeptiert.
Die extensive Imkerei geht meist mit Stabilbauweisen im Naturwabenbau und einem geringen Einsatz von Mittelwänden einher. Bienenbehausungen aus Kunststoff und Hilfsmittel wie das Absperrgitter oder die Drahtung werden eher abgelehnt. Es wird eine möglichst naturnahe Bienenbehausung angestrebt.
Der Entfernung der Drohnenbrut zur Varroa-Bekämpfung steht man eher skeptisch gegenüber. Allenfalls organische Säuren wie Milchsäure oder experimentelle Verfahren wie Hyperthermie werden eingesetzt. Die Völkervermehrung findet zur Schwarmzeit zum Beispiel über den vorweggenommenen Schwarm statt.
Häufig werden bevorzugt alte Rassen wie die Dunkle Biene gehalten und Hybridzüchtungen wie die Buckfast-Biene abgelehnt. Viele Grundlagen für die Imkerei der Bio-Anbauverbände wie Demeter stammen aus der extensiven Bienenhaltung.
Die meisten Imker und Imkerinnen werden sich irgendwo dazwischen einordnen. Da jedoch insbesondere die Frage nach der richtigen Bienenbehausung entscheidend davon abhängt, an welchem Ende der Skala Sie Ihre Imkerei einordnen möchten, sollten Sie sich frühzeitig damit beschäftigen.
INTENSIVE ODER EXTENSIVE IMKEREI?
Der kleine Test soll Ihnen helfen, Ihre Ausrichtung zu finden. In jeder Reihe finden Sie zwei gegensätzliche Aussagen. Kreuzen Sie an, mit welcher Sie sich eher identifizieren können.
A
Zustimmung A
Weiß nicht
Zustimmung B
B
Ich möchte Waben bewegen, einsehen und zeigen können.
Ich möchte eher durch ein Fenster oder das Flugbrett zuschauen. Der Zugang zum Wabenbau ist mir nicht so wichtig.
Ich möchte die Möglichkeit haben, die Königin finden, zeichnen und austauschen zu können.
Ich freue mich, wenn ich die Königin sehe. Ich benötige jedoch keine weiteren Eingriffsmöglichkeiten.
Ich möchte auch größere Mengen Honig mithilfe einer Schleuder ernten können.
Ich möchte keinen oder nur kleine Mengen Honig (zum Beispiel nur für den Eigenverbrauch) ohne Großgerät ernten.
Ich möchte Völker durch Teilung des Wabenbaus vermehren können.
Ich möchte Völker über den natürlichen Schwarmtrieb oder gar nicht vermehren.
Ich möchte zeiteffizient größere Völkerzahlen bearbeiten können.
Ich möchte nur wenige Völker halten, und der Zeitbedarf pro Volk ist mir nicht so wichtig.
Ich möchte mit den Bienenvölkern wandern oder sie häufiger umziehen.
Ich möchte die Bienen nicht oft versetzen.
Imkern ist für mich ein Kompromiss aus meinen Bedürfnissen und denen der Bienen. Ich möchte die Möglichkeit haben, steuernd in die Volksentwicklung einzugreifen (zum Beispiel durch Schwarmverhinderung).
Ich betrachte mich eher als Quartiergeber. Das Tun und Lassen des Biens hat absoluten Vorrang, auch wenn das für mich mit Nachteilen verbunden ist (kein Honigertrag infolge Abschwärmens, Verlust des Bienenvolks).
Ich könnte mir eine Imkerei nach Bio-Richtlinien vorstellen, mag mich aber noch nicht festlegen. Hilfsmittel wie das Absperrgitter will ich nicht ausschließen.
Ich tendiere zur Imkerei nach schärferen Bio-Richtlinien (zum Beispiel Demeter) und möchte naturferne Hilfsmittel wie zum Beispiel Absperrgitter nur minimal oder gar nicht einsetzen.
Auswertung
Zustimmung eher Spalte A
Sie wollen mit und an Ihren Bienen aktiv arbeiten und dafür alle Möglichkeiten nutzen können. Sie tendieren eher zur intensiven Imkerei.
Zustimmung eher Spalte B
Sie möchten eher den Bienen ihren Freiraum lassen und sie nicht zu stark beeinflussen. Sie tendieren eher zur extensiven Imkerei.
kein eindeutiges Ergebnis
Sie suchen die „goldene Mitte“. Dieser Weg kann sehr unterschiedlich ausfallen. Für die Bienenbehausung sollten Sie sich eher an konventionellen Systemen mit mobilen Rähmchen orientieren. Damit lassen sich viele Ansätze aus der extensiven Imkerei umsetzen, während das umgekehrt oft schwierig ist.