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Dieses Buch zeigt Ihnen, wie Sie für Wildbienen, Hummeln & Co. ein Insektenhotel selber bauen können, welche Materialien für Nisthilfen geeignet sind und welcher Standort für ein Bienenhotel und seine Bewohner empfehlenswert ist. Heißen Sie die Nützlinge auf Ihrem Balkon und in Ihrem Garten willkommen! Lesen Sie, welche Blumen für die Bienen und Hummeln Nektar bieten und wie sie aus Ihrem Garten einen bienenfreundlichen Naturgarten zaubern können. 70 Porträts helfen Ihnen, die Vielfalt der Wildbienen, Hummeln, Hornissen und Wespen kennenzulernen. Hier erfahren Sie alles über die Lebensweise der nützlichen Insekten im Garten und welche Insektenhotels oder Lebensräume sie bevorzugen.
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Seitenzahl: 210
Melanie von Orlow
Mein Insektenhotel
Wildbienen, Hummeln & Co. im Garten
Bienen, Hummeln, Wespen – geheimnisvolle Vielfalt
Die unbekannte Bienenwelt
Verwandtschaftsverhältnisse
Ein Leben für die nächste Generation
Solitärwespen: Gruselige Kinderstuben
Hummeln: Einen Sommer lang gemeinsam
Soziale Wespen: Besser als ihr Image
Kuckucke und Mitesser
Hotels für Wildbienen und Hummeln
Wildbienen und Wespen entdecken
Einladung zum Nestbau: Nisthilfen für Wildbienen
Bauanleitungen: Nisthilfen für solitäre Bienen und Wespen
Nisthilfen richtig platzieren
Nisthilfen für Hummeln
Verlockende Gärten für Biene & Co.
Gärten gestalten für Mensch und Tier
Drei Grundregeln zur Pflanzenauswahl
Summende Blumenbeete
Rasenflächen und Wiesen
Bäume und Sträucher
Gestalten mit Stein und Holz
Karge Schönheit: Der Steingarten
Von allen umschwärmt: Die Kräuterspirale
Gartenpflege, die gut tut
Verlockende Blüten in Kästen und Kübeln
Wildbienenschutz in Stadt und Land
Bienen, Hummeln und Wespen bestimmen und schützen
Bienen
Hummeln
Wespen
Service
Bezugsquellen
Internet-Tipps, Literatur
Verbände und Organisationen
Jeder weiß, was Bienen, Hummeln und Wespen sind – oder meint es zu wissen. Natürlich, diese mehr oder weniger schwarzgelb geringelten, mehr oder weniger pelzigen, mehr oder weniger stechfreudigen Summer und Brummer kennt jedes Kind spätestens seit der Fernsehserie „Biene Maja“. Dennoch ist so mancher nicht in der Lage, Bienen, Hummeln und Wespen auseinanderzuhalten. Denn dafür muss man schon ein klein wenig genauer hinsehen.
Und wer noch genauer hinsieht, kann entdecken, dass es noch viel mehr Bienen, Hummeln und Wespen gibt – der kann eine faszinierende Vielfalt von Formen und Lebensweisen entdecken: die Welt der solitären Wildbienen, Wespen und der Hornissen- und Hummelvölker. Wobei manche dieser Insekten, obwohl sie „Biene“ oder „Wespe“ heißen, schon rein äußerlich kaum an das klassische Bienen- und Wespenbild erinnern. Das Spannendste an diesen kleinen Wesen ist aber ihre ganz besondere Lebensweise: Die Art, wie sie Nester bauen und ihren Nachwuchs versorgen – und wie sehr sie dabei auf geeignete Bedingungen in ihrem Lebensraum angewiesen sind.
Sie sind Pflanzenbestäuber und Schädlingsbekämpfer, sehen oft auch noch hübsch aus und haben faszinierende Verhaltensweisen – Grund genug für Garten- und Balkonbesitzer, sich mit dieser interessanten Insektengruppe näher zu beschäftigen. Als friedliche Zeitgenossen – viele sind sogar stechunfähig – eignen sie sich auch hervorragend, um Kindern ein Stückchen Natur näherzubringen. Sie lassen sich mit einfachen Mitteln in den Garten und sogar auf den Balkon in der Stadt locken und dort ansiedeln. Die Nisthilfen dafür können Sie einfach selber bauen.
Dieses Buch soll Ihnen dabei helfen, diese Tiere und ihre Bedürfnisse kennenzulernen und sich auf eine spannende Entdeckungsreise in ihre Welt zu begeben. Wer zum ersten Mal mit „seiner“ Hummelkönigin mitfiebert und ihr die Daumen drückt, dass sie die schwere Zeit der Nestgründung unbeschadet übersteht, wer einer Mauerbiene beim Bau ihres Nestchens in einer Fensterritze zuschaut, der wird diese Insekten künftig mit anderen Augen sehen.
Die sogenannten solitären Bienen oder Wildbienen findet man an Blüten, manchmal huschen sie gerade in ein kleines Erdloch, buddeln zwischen Pflastersteinen oder verschwinden in einer Ritze am Fensterrahmen. Im Gegensatz zu den sozial, also in Familienverbänden lebenden Verwandten, wie Honigbienen oder Hummeln, sind bei diesen Arten die Individuen allein auf sich gestellt, und sie lagern auch keine Honigvorräte für schlechte Zeiten ein. Doch sie leisten ebenso wie die Hummeln und Honigbienen in der Natur und in den Gärten eine gewaltige Arbeit: Indem sie die Blüten bestäuben, tragen sie zum Erhalt vieler Wildpflanzen bei, und unsere Obsternte würde ohne ihren Einsatz in Menge und Qualität wesentlich bescheidener ausfallen.
Eine Sandbiene, die fleißig Pollen gesammelt hat.
Vielen Menschen sind diese gemütlich wirkenden Blütenbesucher sympathisch. Ihre dichte, lange Behaarung in hübschen Farben, der tiefe Brummton beim Fliegen wie auch der weit verbreitete Mythos, dass Hummeln nicht stechen können, tragen zu ihrer Beliebtheit bei. Im Gegensatz zu den eher hektisch wirkenden Bienen gelten Hummeln als gemächliche Zeitgenossen. Ebenso wie die Honigbienen und die solitären Bienen tragen sie jedoch wesentlich zur Bestäubung von Wild- und Nutzpflanzen bei. Und die Hummelkönigin leistet Gewaltiges, wenn sie im Frühjahr ihren Sommerstaat gründet.
Die Helle Erdhummel (Bombus lucorum) ist im Garten häufig.
Beim Stichwort „Wespen“ denken die meisten Menschen mit Unbehagen an die gelb-schwarzen, unbehaarten Insekten, die im Sommer über Kuchen und Aufschnittplatten herfallen. Tatsächlich gibt es aber sehr viele Wespenarten, von denen sich nur zwei Arten überhaupt für unser Essen interessieren. Und nur die Wenigsten leben sozial, also in Völkern – die meisten Arten sind Einzelkämpfer, sogenannte solitäre Wespen. Auch sie leisten ihren aus menschlicher Sicht positiven Beitrag: Als Insektenjäger sind sie wichtige Gegenspieler für zahlreiche Schadinsekten.
Die Waldwespe ist eine friedliche sozial lebende Art.
Viele solitäre Wespen werden gezüchtet, um im Dienst des Menschen Ernteausfälle zu vermindern oder sogar bei der Erhaltung von Kunstschätzen mitzuhelfen. So bewahrte eine nur 2 mm große Wespe, die Lagererzwespe Lariophagus distinguendus, den 400 Jahre alten hölzernen Altaraufbau im Erfurter Dom vor der Zerstörung durch die Larven des Gemeinen Nagekäfers.
Wer weiß schon, dass es insgesamt an die 800 Bienenarten und rund 700 Wespenarten im deutschsprachigen Raum gibt? Sie alle gehören zur Insektengruppe der Hautflügler (Hymenoptera) und innerhalb dieser zu den Stechimmen (Aculeata). Die zahlreichen Familien der Stechimmen werden von den Biologen in drei Überfamilien gegliedert.
Die Chrysidoidea sind eine Gruppe mit über 6000 zumeist parasitisch lebenden Arten, das heißt, ihre Larven ernähren sich von der Brut bzw. den eingelagerten Nahrungsvorräten verwandter Insekten. In diesem Buch werden die größten und schönsten Vertreter, die Goldwespen (Chrysididae), vorgestellt.
Die zweite Überfamilie, Vespoidea, umfasst viele Familien, darunter die Echten Wespen (Vespinae), Ameisen (Formicidae), Keulenwespen (Sapygidae) und Wegwespen (Pompilidae). Aus diesen und anderen Familien werden häufige und gut erkennbare Arten behandelt.
Zur dritten Überfamilie, Apoidea, zählt unter anderem die Familie der Bienen (Apidae). Zu dieser artenreichen Familie gehören zählen neben der bekannten Honigbiene auch die Hummeln und die Wildbienen.
Wildbienen sind Solitärbienen, das heißt, sie leben allein – im Gegensatz zu den Honigbienen, die in dauerhaften Völkern zusammenleben, und den sozialen Wespen und Hummeln, die in den warmen Monaten des Jahres „Sommerstaaten“ bilden. Die staatenbildenden Insekten haben im Laufe der Evolution komplexe Verhaltensweisen und – infolge der Arbeitsteilung – körperliche Anpassungen entwickelt. Demgegenüber stellen die einzelgängerischen Wildbienen entwicklungsgeschichtlich die Urform der bekannten Honigbiene dar. Bei ihnen sind Nestbau und Brutversorgung allein den Weibchen überlassen, die ihr meist nur kurzes Leben ganz dieser Aufgabe widmen. In Deutschland sind rund 560 Arten bekannt.
Nicht wenige Wildbienen und Solitärwespen sind spontan gar nicht als Bienen oder Wespen zu erkennen. Oft fehlen vermeintlich typische Merkmale wie die Behaarung der Bienen oder die gelb-schwarze Signalfarbe der Wespen. So sind manche Bienenarten fast völlig unbehaart, und viele solitäre Wespen sind einfarbig schwarz und schillern buntmetallisch.
Aus der Sicht des Zoologen lassen sich Wespen und Bienen am besten an der Nahrung für ihren Nachwuchs unterscheiden: Bienen suchen Blüten auf, um den daraus gesammelten Pollen als Nahrungsgrundlage für die Brut zu nutzen. Wespen hingegen verfüttern in der Regel tierische Eiweiße, also erbeutete Insekten, an ihren Nachwuchs.
Allerdings lassen sich dennoch viele Wespenarten auch an Blüten beobachten – zum einen machen sie Jagd auf Blütenbesucher, sie werden aber auch von leicht erreichbaren Nektarquellen in flachen Blüten angelockt. Dementsprechend unterscheiden sich die Mundwerkzeuge von Bienen und Wespen. Während Wespen starke, mit Zacken ineinandergreifende Oberkieferzangen zum Ergreifen von Beutetieren besitzen, sind diese Zangen bei Bienen eher als flache Schaufeln gestaltet, die sie zum Bauen verwenden. Nur wenige, aktiv Holz bearbeitende Arten wie die Blaue Holzbiene (Xylocopa violacea) haben ähnlich starke und scharfe Mundwerkzeuge wie Wespen.
Gesicht und Mundwerkzeuge einer Ackerhummel, die zur Familie der Bienen gehört.
Hornissen haben kräftige Zangen als Mundwerkzeuge.
Typisch für Bienen ist die in der Regel längere Zunge für den Blütenbesuch, die gut geschützt in einem Saugrohr untergebracht ist. Diese Mundwerkzeuge werden im Flug längs des Körpers unter Kopf und Brust geklappt und erst beim Landeanflug an der Blüte nach vorn ausgestreckt. Wer einer Hummel beim ausgiebigen Putzen der Mundwerkzeuge zuschaut, kann dabei die lange und sehr bewegliche Zunge besonders gut beobachten.
Die lange Zunge einer Hummel, ideal zum Nektarsaugen.
Indem solitäre Wespen unermüdlich Insekten für Ihren Nachwuchs jagen, leisten sie einen unersetzlichen Beitrag für die Regulierung zahlreicher Schadinsekten. So gibt es solitäre Wespen wie die Rollwespen, die gezielt wurzelschädliche Engerlinge (Käferlarven) befallen.
Rollwespen wurden bereits gezielt zur biologischen Bekämpfung von schädlichen Blatthornkäfern eingesetzt, beispielsweise bei lokalen Maikäferplagen.
Andere bejagen Käfer oder Kleinschmetterlinge und deren Larven und begrenzen damit die Schäden im Obst-, Gemüse- und Getreideanbau. Manche solitären Wespen verhindern die Verbreitung von Krankheitskeimen durch Bejagung von Fliegen. Mit der Vielfalt an Wespenarten geht deren Spezialisierung auf bestimmte Beutetiere und Lebensräume einher. Gerade bei den solitären Wespen wird deutlich, dass sich in der Natur einzelne Arten nicht einfach durch andere ersetzen lassen.
Einige solitäre Wespen werden sogar gezüchtet und gezielt zum Nutzen des Menschen eingesetzt: Vor allem im Kampf gegen Lebensmittelschädlinge in Lagern oder Produktionseinrichtungen haben sie sich als giftfreie Alternative einen Namen gemacht. Inzwischen kann man die Eier der nur wenige Millimeter großen Wespenarten sogar für den Einsatz in der heimischen Speisekammer kaufen, wo sie zielsicher verborgene Getreideschädlinge aufspüren, ohne dabei selbst zum Problem zu werden.
Der Giftstachel der Stechimmen ist evolutionsmäßig betrachtet ein umgebauter Eiablageapparat. Das erklärt, warum grundsätzlich nur Weibchen stechen können. Die hochentwickelten Bienen- und Wespenstaaten bauen ganz auf Arbeiterinnen auf und nicht auf Männchen, denn nur die Weibchen können mit speziellen Organen Pollen sammeln bzw. Beutetiere erlegen und das Nest mit Stichen verteidigen. Verwandte ursprüngliche Gruppen wie die Pflanzenwespen (Symphyta) besitzen noch den ursprünglichen, rohrförmigen Eilegeapparat, mit dem sie Eier in Pflanzengewebe ablegen. Bei den Stechimmen ist diese Röhre zum Wehrstachel geworden, den übrigens auch eierlegende Weibchen wie die Bienen- oder Hummelkönigin besitzen – sie haben dafür einen neuen Eiablageapparat entwickelt.
Sticht sie oder nicht?
Der Wehrstachel ist unterschiedlich stark ausgebildet. Bei manchen Artengruppen, wie den Goldwespen (Chrysididae), ist er vollkommen zurückgebildet, sie sind daher stachellos. Andere hingegen haben ihn als Waffe gegen große räuberische Wirbeltiere perfektioniert. Doch bei den meisten solitären Bienen und Wespen ist der Stachel zu klein und zu schwach, um die menschliche Haut zu durchstoßen. Diese Arten verlassen eher ein Nest und überlassen es dem Angreifer, als dass sie sich bei der Verteidigung in Gefahr bringen. Daher sind sie besonders geeignet, um Kinder an diese Insektengruppe heranzuführen, und stellen auch für Menschen mit Insektengiftallergie keine Gefahr dar.
Schmerzhaft beim Stich: der Stachel einer Hornisse.
Wer ist am giftigsten?
Übrigens hat nicht etwa die allgemein so gefürchtete Hornisse (Vespa crabro, Seite 154) das stärkste Gift, sondern die allgemein so geschätzte Honigbiene (Seite 140). Ihr Gift ist bis zu zehnmal stärker als das der Hornisse. Die Giftwirkung schwankt im Einzelfall jedoch stark abhängig von der Stichstelle und dem Gesundheitszustand des Gestochenen. Tatsächlich sterben jedes Jahr in Deutschland zehn bis 40 Personen an Insektenstichen – in der Regel jedoch infolge einer Insektengiftallergie und nicht aufgrund der reinen Giftwirkung.
Insektengiftallergien sind sehr selten – nur etwa drei bis fünf Prozent der Bevölkerung reagieren so stark auf Insektenstiche, dass selbst ein einzelner Stich tödliche Folgen haben kann. Man kann sich beim Hautarzt sicher testen lassen. Die Allergie lässt sich sehr gut behandeln – im Gegensatz zu Pollenallergien mit einer Erfolgsrate von über 98 Prozent.
Es gibt tropische Solitärwespen, vor denen selbst Vogelspinnen höllischen Respekt haben. Eine dieser Wespen, der bis zu 5 cm große Tarantulafalke (Pepsis formosa), hat es sogar zum offiziellen Staatsinsekt von Mexiko gebracht. Die Weibchen dieser Art stellen den handtellergroßen Vogelspinnen nach. Ihr Opfer lähmen sie mit einem Stich, legen ein Ei darauf ab und graben es an Ort und Stelle ein oder schleppen es zu einem Versteck.
Die bekannten Hausmittel – Einreiben der Stichstelle mit einer halbierten Zitrone, Zwiebel oder Rhabarber – helfen nur, wenn sie unmittelbar nach dem Stich angewandt werden. Auch zehnprozentige Ammoniaklösung (aus der Apotheke) oder elektrische Geräte, die die Stichstelle lokal erwärmen, hemmen das Entstehen der schmerzhaften Schwellung.
Die Honigbiene hat als einzige Biene einen Stechapparat entwickelt, der vollkommen selbstständig weiterarbeitet, wenn er vom Körper getrennt wurde. Wenn der winzige Stachel von der Biene abgerissen wird, pumpt er weiter Gift in den Körper des Gestochenen, so dass dieser – ob Maus, Bär oder honigerntender Imker – damit beschäftigt wird, den plagenden Stachel aus der Haut zu ziehen.
Die Brutpflege ist bei den Bienen und Wespen ein aufwendiges Geschäft, denn der Weg vom Ei bis zum fertigen Insekt ist weit. Sie gehören zu den Insekten mit vollständiger Verwandlung, die – ob Schmetterling, Käfer oder Biene – immer nach demselben Schema abläuft: Aus dem Ei schlüpft zunächst eine Larve, die äußerlich rein gar nichts mit dem fertigen Insekt zu tun hat. Einzige Aufgabe der Larve ist es, zu fressen und zu wachsen. Dann verpuppt sie sich, und aus dem Kokon schlüpft schließlich das voll ausgebildete Insekt, das sich paaren und fortpflanzen kann.
Bei den Wildbienen und solitären Wespen ist die Lebenszeit als Vollinsekt in der Regel nur sehr kurz. Zwischen vier und zwölf Wochen sind sie in Natur und Garten unterwegs – dann aber in höchster Geschäftigkeit.
Die aktive Zeit der Wildbienen beginnt bei den meisten Arten mit dem Schlupf der Männchen, der oft schon sehr zeitig im Jahr (ab etwa März) erfolgt; manche Arten erscheinen aber auch später. Die Männchen warten dann einige Zeit auf den Schlupf der Weibchen, wobei sie sich in der Umgebung verteilen, so dass für einen genetischen Austausch gesorgt ist. Die Paarung folgt unmittelbar nach dem Schlupf der Weibchen, und zwar immer nur ein Männchen mit einem Weibchen.
Damit fängt es an: Paarung bei der Gemeinen Löcherbiene.
Die Aufgabe der Männchen ist damit erfüllt, und sie sterben – unabhängig vom Paarungserfolg. Die Weibchen haben ebenfalls eine sehr begrenzte Lebenszeit von nur wenigen Wochen, die sie ganz der Brutpflege widmen. Sie beginnen das Brutgeschäft häufig direkt an ihrem eigenen Schlupfort oder ganz in der Nähe, so dass sie nicht viel Lebenszeit für die Nistplatzsuche aufwenden müssen. Das kann, je nach Art, ein Gang im Boden, ein Käferfraßgang im Totholz, eine Pflasterfuge oder ein hohler Stängel sein. Der Nistort wird gereinigt und neu eingerichtet oder es wird eine neue Niststelle gebaut. Manche Arten haben jedoch sehr spezielle Ansprüche an den Nistort, so dass sie länger suchen müssen – entsprechend geringer ist die Zahl ihrer Nachkommen.
Solitäre Bienen nutzen ganz unterschiedliche Materialien zum Bau ihrer Nester. Über die Hälfte der Arten nistet im Erdboden. In verdichtete, eher trockene Böden graben sie Gänge, die zu den Brutzellen führen. Diese Bauten können unterschiedlich tief in der Erde liegen. Manche Sandbienen graben sich bis zu 60 cm in die Tiefe, andere, wie die Große Harzbiene (Anthidium byssinum), legen ihre Nester nur wenige Zentimeter tief an. Solche flach liegenden Nester können dann schon mit einem unbedachten Schritt zerstört werden.
Pelzbienen nisten in Lehmwänden oder sandigen Fugen.
Eine weitere große Gruppe solitärer Bienen nistet in festem Material wie Holz oder Lehmwänden, indem sie vorgefundene Spalten oder alte Fraßgänge von Käfern nutzen und nur sehr selten eigene Nistgänge bauen. Häufig legen sie Linienbauten an, bei denen eine Brutzelle hinter der anderen liegt.
Manche Bienenarten wiederum, wie die Pelzbienen, wählen Lehmwände oder sandige Fugen in Ziegelsteinmauern als Nistorte, wobei sie das Material selbst aktiv benagen und bearbeiten. Ebenso halten es Solitärbienen, die in Pflanzenstängeln nisten. Sie räumen bei der Anlage der Brutzellen noch vorhandenes Mark aus den Stängeln, um Platz für die Eier zu schaffen.
Manche Arten, wie die Kleine Harzbiene (Anthidium strigatum) errichten sogar kunstvolle Bauten aus Harzen, die sie geschickt an Felsen oder Mauerwerk heften.
Eine Weiden-Sandbiene lugt aus ihrem Bodennest.
Wildbienennester sind oft recht komplizierte Gebilde aus mehreren Brutzellen. Die Nestanlage einer Solitärbiene kann aus unterschiedlich vielen Einzelzellen bestehen – von vier bis über 40 Zellen ist alles möglich. Die Zellenzahl ist abhängig von der Art, dem verfügbaren Platz und der Lebenszeit des Weibchens. Ist in der ersten Zelle eine ausreichende Portion Pollenvorrat deponiert, wird darauf ein einzelnes Ei gelegt. Anschließend verschließt die Biene die Brutzelle mit einer dünnen Zwischenwand und beginnt mit der nächsten Zelle. Bei manchen Arten, die ihre Nestanlagen im Boden bauen, werden die Brutzellen nicht in einer Reihe hintereinander angelegt, sondern nebeneinander, so dass alle Brutzellen auf gemeinsame Verbindungsgänge münden.
Zum Abschluss dieser aufwändigen Prozedur wird die Niststätte durch einen Pfropfen verschlossen, der je nach Wildbienenart unterschiedlich gestaltet und aus verschiedenen Materialien hergestellt ist – das kann ein feines Seidengeflecht sein (die Seidenbienen der Gattung Colletes kleiden damit sogar ihre Brutnester aus), eine Schicht von Blattstückchen oder ein Klümpchen Lehm.
Entwicklung einer Mauerbienenart: Die Eier liegen im Pollenvorrat, dann zehren die Larven diesen auf und verpuppen sich schließlich.
Besondere Spezialisten unter den Wildbienen, wie manche Mauerbienenarten, bauen ihre Nester in leeren Schneckenhäusern, die sie mühsam drehen und dann noch zusätzlich mit einem selbst gebauten Dach vor der Entdeckung durch Fressfeinde schützen.
Schneckenhaus-Mauerbienen haben besondere Vorlieben bei der Wohnungswahl.
In seinem meist nur kurzen Leben versucht das Weibchen, so viele Nestanlagen zu schaffen wie nur möglich. Die Brutfürsorge beschränkt sich dabei in der Regel auf das Einlagern von ausreichend Proviant in entsprechend vorbereitete Zellen – die aus den Eiern schlüpfenden Larven müssen sich dann nur noch bedienen.
Die Bienenlarven brauchen eiweißreiche Pollennahrung zu ihrer Entwicklung. Hierzu tragen die Bienenweibchen große Mengen an Pollen herbei. Da die Weibchen nur kurze Zeit leben, sind sie besonders fleißig und effizient beim Sammeln des Blütenstaubes. Pelzbienen besuchen in derselben Zeit bis zu viermal so viele Blüten wie Honigbienen, sie sind deshalb besonders gute Bestäuber.
Blütenpollen wird von den Solitärbienenweibchen auf verschiedene Weise gesammelt. Manche Arten (zum Beispiel Mauerbienen und Blattschneiderbienen), sind Bauchsammler, die den Blütenpollen mit Hilfe langer Haare am Bauch transportieren. Andere besitzen entsprechende Transporteinrichtungen an den Beinen – der Name „Hosenbienen“ ist für einen Teil dieser Gruppe besonders passend, da die vollgeladenen Beinsammelhaare an dicke Pluderhosen erinnern (etwa bei der Hosenbiene auf Seite 122). Der Pollen wird in der Regel trocken in diese Transporteinrichtungen gekämmt. Manche Bienen (wie Sägehornbienen und Langhornbienen) feuchten den Pollen mit Nektar an; andere (zum Beispiel Schenkelbienen) benutzen dazu von den Pflanzen gesammeltes Öl. Manche ursprüngliche Arten (wie die Maskenbienen und Keulhornbienen) schlucken den Pollen auch hinunter, um ihn an der Niststelle wieder hervorzuwürgen.
Die Blattschneiderbiene Megachile centuncularis ist ein Bauchsammler.
Spezialisten und Generalisten Eine Besonderheit bei vielen Arten von Solitärbienen sind ihre sehr speziellen Nahrungsbedürfnisse: Für die Proviantausstattung der Brutzellen besuchen sie nur die Blüten einer ganz bestimmten Pflanzenart oder einer eng begrenzten Auswahl von Pflanzen. Dadurch sind diese wählerischen Insekten sehr eng an bestimmte Lebensräume und Blütenbestände gebunden. Wer diese Zusammenhänge kennt, kann also durch gezieltes Anpflanzen von bestimmten Gewächsen besondere Arten in den eigenen Garten locken und so die Bienenvielfalt enorm erhöhen. Weiter verbreitet sind allerdings die Solitärbienenarten, die nicht auf bestimmte Pflanzengesellschaften angewiesen sind, sondern alle möglichen Blütenpflanzen besuchen.
Die Larve zehrt den Pollenvorrat allmählich auf und wird dabei immer größer. Weil die Haut nicht mitwächst, wird sie immer wieder abgestreift (Häutung) und durch die darunter liegende neue Haut ersetzt. Wenn der Nahrungsvorrat verzehrt ist und die Larve die Zelle weitgehend ausfüllt, spinnt sie sich ein zur Puppe.
Eine Blattschneiderbiene schneidet ein Rosenblatt …
Die meisten Solitärbienen bringen nur eine Generation pro Jahr hervor. Die Larve überwintert dann in der Regel als sogenannte Ruhelarve, das heißt, sie bleibt als Larve in ihrer Zelle und verwandelt sich erst im folgenden Jahr kurz vor dem Schlupf zum fertigen Insekt. Bei einigen Arten bleibt ein kleiner Teil der Brut als sogenannte „Überlieger“ unverpuppt und schlüpft erst im Jahr darauf, also erst zwei Jahre nach der Eiablage. Dies dient dazu, hohe Verluste (zum Beispiel durch Witterungseinflüsse) abzupuffern, durch die eine lokale Population in ihrem Bestand bedroht werden könnte.
Zahlreiche Fressfeinde, ob andere Insekten, Milben oder Vögel, sind scharf auf Bienenbrut und Proviantvorräte. Manche Solitärbienen sorgen daher für einen festen mechanischen Schutz, zum Beispiel durch dicke Trennwände aus Lehm, Sand oder Steinchen. Besonders raffiniert sind die Blattschneiderbienen (Megachile): Sie versehen die Brutzellen mit einer zähen Tapete aus Stücken von frischen Laub- oder Blütenblättern, die sie zuvor selbst ausgeschnitten und – unter dem Bauch zusammengerollt – zur Niststätte getragen haben.
… und trägt es zum Tapezieren in ihr Nest.
Daneben gibt es auch Arten, bei denen – gute Futter- und Witterungsbedingungen vorausgesetzt – noch im selben Jahr eine zweite Generation schlüpft. Diese zweite Generation legt dann die Nester an, deren Brut überwintert, bis im nächsten Jahr der Lebenszyklus von Neuem beginnt.
Der Jahreszyklus der solitären Wespen, von denen rund 620 Arten in Deutschland bekannt sind, ähnelt sehr dem der einzelgängerischen Bienen. Allerdings verwenden die Wespen – mit Ausnahme einer speziellen Gruppe, der Honigwespen (Masarinae) – anstelle von Pollen erjagte Insekten als Proviant für ihre Brutzellen.
Wenn sich die Weibchen der solitären Wespen ans Brutgeschäft machen, dann bauen sie, ebenso wie die Wildbienen, zunächst eine Nestanlage mit Brutzellen, die sie je nach Art an unterschiedlichen Stellen errichten – häufig im Boden (was einer ganzen Familie, den Crabronidae oder „Grabwespen“, den Namen gegeben hat), bei anderen Arten im Totholz, in markhaltigen Pflanzenstängeln oder in selbstgebauten Tonzellen in Mauerritzen oder an Pflanzenästen (zum Beispiel bei den Pillenwespen, Eumenes). Manche Arten bauen aus Lehm und Ton recht große und harte Nester bauen (zum Beispiel die Große Lehmwespe, Delta unguiculatus, Seite 161). Häufiger sind eher unauffällige kleine Bauten wie die zerbrechlichen Tönnchen der Orientalischen Mauerwespe (Sceliphron curvatum, Seite 177), die an witterungsgeschützten Stellen errichtet werden.
Ist die erste Zelle fertig, wird sie mit Proviant ausgestattet. Je nach Art dienen dazu Spinnen, Fliegen, Blattläuse oder andere Insekten sowie deren Larven, die mit dem Stachelgift gelähmt und dann ins Nest geschleppt werden. Manche Wespenmutter macht es sich dabei besonders einfach: So dringen die Weibchen der Gemeinen Schornsteinwespe (Odynerus spinipes, Seite 164) auch mal kurzerhand in die Nester ihrer Artgenossinnen ein und rauben die dort deponierten Beutetiere. So sparen sie sich die Mühen einer aufwendigen Jagd.
Ist die Zelle mit einem ausreichenden Futtervorrat versorgt, dann wird sie mit einem einzelnen Ei bestückt und mit Lehm, Steinchen, Sand oder einem selbst produzierten Seidengespinst verschlossen. Dann wird die nächste Zelle begonnen. Noch während die weiteren Zellen im Bau sind, schlüpft in der ersten Zelle die Wespenlarve. Sie findet sich in einem Schlaraffenland aus lebenden, aber vollkommen hilflos gelähmten Beutetieren wieder. Die Larve muss die Beutetiere nur noch anbeißen und aussaugen.
Das Lehmnest einer Großen Lehmwespe.
Die Frühlings-Wegwespe ist auf Spinnen spezialisiert.
Die reichhaltige Kost lässt die Larve schnell wachsen. Nach vier oder fünf Häutungen füllt sie die Brutzelle fast vollständig aus. Die übrig gebliebenen leblosen Hüllen der Beutetiere stören dabei nicht, sie lassen der Larve ausreichend Platz für die Verpuppung. Dazu spinnt sie einen festen Kokon aus selbst produzierter Seide. Manche Grabwespenarten (zum Beispiel der Gattungen Pemphredon und Psenulus) bauen nur einen sehr dünnen oder sogar gar keinen Kokon. Arten mit nur einer Generation pro Jahr überwintern noch als Larve, ehe sie sich im nächsten Frühjahr in das Vollinsekt umwandeln.
Für Pilze und Bakterien, die im Boden und im morschen Holz reichlich vorkommen, sind Brut und Vorräte von solitären Bienen und Wespen ein „gefundenes Fressen“. Daher wurden Strategien entwickelt, um den Befall durch Mikroorganismen zu verhindern. Zum Großreinemachen beim Nestbau benutzen viele Bienen- und Wespenarten spezielle Sekrete mit antibakterieller und pilzabtötender Wirkung. Manche tragen keimabtötende Harze ein, vergleichbar der bekannten Propolis, die von der Honigbiene zum keimfreien Versiegeln kleinster Öffnungen im Bienenstock benutzt wird. Einige Solitärbienen wie der Bienenwolf bringen sogar bestimmte Bakterien ins Nest, die Antibiotika erzeugen und dadurch die Larven vor Krankheiten schützen.
Kotwespen tragen Schmeißfliegen in ihr Nest.
Porträt eines Bienenwolfs.
Einer der bekanntesten Vertreter der Solitärwespen ist der Bienenwolf (Philanthus triangulum), der als „Bienenräuber“ lange Zeit massiv verfolgt wurde. Tatsächlich ist diese Wespe darauf spezialisiert, Honigbienen zu erbeuten und als Futter für die Nachkommen einzulagern. Wenn man allerdings bedenkt, dass in einem Honigbienenvolk täglich bis zu 2000 Bienen schlüpfen, dann sind die höchstens 12 Honigbienen, die der Bienenwolf für eine Brutzelle benötigt, für das Bienenvolk kaum der Rede wert.
Hummeln sind neben den Honigbienen wohl die bekanntesten Vertreter aus der Familie der Echten Bienen (Apidae). In ihrer sozialen Organisation sehen wir eine Übergangsform zwischen der einzelkämpferischen Lebensweise der solitären Bienen und der sozialen Lebensweise der Honigbienen. Die Hummeln bilden Sommerstaaten aus Arbeiterinnen, die von einem einzelnen Tier – der Königin – gegründet werden.
Die scheinbare Gemütlichkeit der Hummeln täuscht. Auch sie haben jede Menge zu tun, um das Überleben und die Fortpflanzung zu sichern. Das beginnt schon im Frühjahr, wenn die jungen, im Vorjahr begatteten Hummelköniginnen aus der Winterstarre erwachen. Nachdem sie sich an den ersten Frühblühern, wie Weiden und Krokussen, gestärkt haben, machen sie sich umgehend an die Nistplatzsuche. Das Problem dabei: Die Konkurrenz ist groß. Von den rund 36 ursprünglich in Deutschland lebenden Hummelarten haben viele ganz ähnliche Nistplatzansprüche. Sie schätzen warme, geschützte Hohlräume, die mit trockenem, weichem Füllmaterial ausgekleidet sind. Ideal sind verlassene Mäusenester, aber auch Gebäudedämmungen aus Mineralwolle oder Vogelnester in Nisthöhlen.