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Die Zirbe: ein Baum zum Wohlfühlen Zirben faszinieren uns: Sie wachsen im kargen Hochgebirge und ihr Holz verströmt einen besonderen, wohltuenden Duft. Wer einmal durch einen Zirbenwald gewandert ist, weiß um die besondere Ausstrahlung dieser Bäume. Maximilian Moser, Professor an der Medizinischen Universität Graz, hat jahrelang diesen besonderen Baum erforscht. Sein Buch ist eine Reise in die Welt der Zirbe und ihrer Verwandten von Kanada bis Korea: - Die Zirbe und ihre Schwestern: Wissenswertes über Pinien und Kiefern - Geschichte und Tradition: wie uns das Holz der Königin der Alpen seit Jahrhunderten fasziniert - Duft, Öle und Inhaltsstoffe: der angenehme Duft des Holzes - Das optimale Zirbenbett finden und Möbel aus Zirbenholz pflegen - Rezepte mit Zirbennüssen: Pesto, Kuchen, Likör und Zirbenschnaps - Salben, Seifen und Shampoo selbst herstellen Das alte Wissen über die Zirbelkiefer »Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit, und diese ist grün«, schrieb schon Hildegard von Bingen. Seitdem wurden die Zirbe und ihre ätherischen Öle gründlicher erforscht. In seinem Buch »Die Kraft der Zirbe« verbindet Maximilian Moser das alte überlieferte Wissen über diese Bäume mit dem neuesten Stand der Forschung. Mit einem Buchrücken aus echter, alpiner Zirbe!
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Seitenzahl: 227
Maximilian Moser
Vorwort
1. Wie ich lernte, die Zirbe zu lieben
2. Eine kurze Geschichte der Königin der Alpen
3. Die wunderbare Welt der Zirbe
4. Geheimnisse eines Zauberbaums
5. Die Wirkfaktoren der Zirbe
6. Zirbens Geschwister
7. Meine Wünsche an die Zukunft
Praxisteil
Serviceteil
Danksagung
Glossar
Über den Autor
Literatur
DieZirbelkieferbegleitet mich seit Jahrzehntenheilendundfürsorglichdurch mein Leben in Form von verschiedenen heilkundlichen Zubereitungen. Immer wieder einmal besuche ich meineLieblingszirbenoben in den Bergen.
Das tut mir gut.
Ich weiß, wo sie stehen. Dort, unter einer alten knorrigen Zirbe sitzend, ungestört, mit genügend Zeit und dem Blick auf das Tal, würde ich dieses Buch am liebsten lesen.
Es führt in so viele verschiedene Bereiche dieses wunderbaren Baumes, dass es sich beim Lesen anfühlt wie eine spannende Reise. Sie führt zu faszinierenden Fakten und Berichten, ebenso wie zu Mythen und Legenden. Es ist erstaunlich, wie viele Geschichten sich um die Zirbe ranken. Max Moser beginnt seine Reise in der Landschaft seiner Kindheit — oben in der Bergwelt, fernab vom Tourismus. Er macht uns dort mit archaischen Naturgeistern sowie Gnomen und Riesen bekannt und erzählt vom urtümlichen Zauber der hochgelegenen Sennhütten. Hier stehen auch die bis zu 1000 Jahre alten, knorrigen Zirbelkiefern. In dieser magischen Bergwelt liegen die Wurzeln der Liebe des Autors zu diesen Bäumen, dort oben ist er ihnen zum ersten Mal begegnet. Hier liegt der Ursprung der tiefen Vertrautheit des Autors mit der Zirbe, die er auch im Lauf von vielen Jahren nicht wieder verlieren sollte — selbst als Leiter eines Hightech-Forschungsinstitutes. Sie begleitete ihn bei allen Studien rund um die Zirbe. In jedem Kapitel berührt sein wertschätzender Umgang mit der Natur und mit den Erkenntnissen, die sie uns gewährt. Auf der Reise ins Reich der Zirbe durch die einzelnen Kapitel dieses Buches spüren wir mehr und mehr den Mythos der Zirbelkiefer und die innige Verbindung zwischen Mensch und Baum. Wir folgen dabei lesend einem anerkannten Wissenschaftler, der die Bäume liebt. Er nimmt uns in diesem außergewöhnlichen Buch in sein Forschungslabor mit, wo er als Pionier wissenschaftliche Nachweise zu dem im Volksglauben verankerten Wissen über die hervorragenden schlaffördernden und herzstärkenden Eigenschaften des Zirbenholzes erbrachte. Max Moser erklärt verständlich, wie diese Studien zeigen, dass das Holz der Zirbelkiefer das Herz schont, die Schlafqualität verbessert und sogar Entzündungen hemmen kann.
Auf weiteren Stationen der Reise erfahren wir von der Geschichte der Zirbe und werden dabei auf einer Zeitreise um eine Milliarde Jahre zurückversetzt zum Ursprung der grünen Chloroplasten, mit denen die uralte Geschichte der Zirbe beginnt. Dann — vor 300 Millionen Jahren — begegnen wir den ersten Vorfahren der Nadelbäume, fernen Ahninnen der Zirbe. Im Buch werden die verschiedenen Wirkfaktoren der Zirbelkiefer erklärt und wir erfahren von ihren Inhaltstoffen: unter anderem von den Terpenen, die nicht nur heilend auf den Menschen einwirken können, sondern deren sich auch der Nadelwald bedient, um damit sein eigenes Klima zu schaffen. Denn mithilfe der Terpene, die Kondensationskeime in der Luft bilden, kann der Wald selbst Regen erzeugen.
Ein großer Teil der Reise durch das Reich der Zirbe führt zum Land der Gesundheit und zu den Geheimnissen, wie die Zirbe heilsam wirken kann. Präzise und verständlich erklärt der Autor die verschiedenen Wirkfaktoren der Zirbe. Mit großem Interesse habe ich in diesem Buch die Erklärungen dazu gelesen, wie Zirbelkieferholz als Schutz vor Mikrowellen dienen kann. Die Reise in diesem Buch führt nicht nur eine Milliarde Jahre zurück in die Vergangenheit, sondern sie führt auch in die Zukunft: In Form eines »Briefes aus der Zukunft«, den Max Moser erhalten hat, lässt er uns zum Ende des Buches an Visionen teilhaben, die Hoffnungen für ein gutes, naturverbundenes Leben auf dieser Erde machen — auch für zukünftige Generationen.
Dies sind nur einige Stationen der beeindruckenden Reise ins Reich der Zirbe, die der Autor mit uns unternimmt.
Am Ziel — im Serviceteil — serviert uns Max Moser sogar einige Zirbelkieferspezialitäten wie Kuchen, Pesto und Likör — in Form von Rezepten.
Sie kennen es vielleicht selbst: Wenn man sich für ein Thema brennend interessiert, dann ist man bereit, dazu nicht nur eines, sondern mehrere Bücher zu erstehen. Was die Zirbe anbetrifft, kann es bei diesem einen Buch bleiben: Es informiert so umfassend, dass kein Thema zu diesem Baum fehlt.
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern dieses schönen Buches eine wunderbare Reise durch das Reich der Zirbe. Lassen Sie sich von der Kraft dieses Baumes beeindrucken und berühren.
Susanne Fischer-Rizzi, Januar 2019
Autorin, Baumexpertin und Heilpflanzenkundige
Freuet Euch des wahren Scheins, Euch des ernsten Spieles: Kein Lebendiges ist ein Eins, Immer ist’s ein Vieles.
Aus: J. W. von Goethe, »Epirrhema«
Naturgeister im Bergnebel
Das Freital
Der Himmel im Talschluss
Die Ältesten
Ein Projekt erscheint am Horizont
Der Zweifel des Wissenschaftlers
Das Projekt kommt tatsächlich!
Der mutige Tischler
Tiefim darunterliegenden Gesteinverwurzelt,hält sich die Wetterzirbe auch im hohen Alter und bei Schiefstand erfolgreich amLeben.
Meine Eltern liebten die Berge über alles und so nahmen sie mich schon als Kind öfter mit in die Landschaften der Niederen Tauern, wo sie ein bescheidenes Wochenendhäuschen eingerichtet hatten.
Hier, fernab vom Tourismus, in der bergbäuerlichen Welt meiner Großeltern väterlicherseits, war noch alles geheimnisvoll, erfüllt von Naturgeistern und sagenumwoben, besonders wenn die Nebel des Spätsommers oder des Herbstes die Wälder wie nasse Seidentücher mit ihrem feuchten Hauch berührten und das Bild eines verzauberten Regenwaldes in meiner Vorstellung aufleuchten ließen. In den Abendstunden nahmen verwitterte und flechtenbehangene Bäume bald die Gestalt von Riesen oder Gnomen an und ich erwartete, dass jeden Moment ein Wichtel aus einem bröckeligen Felsvorsprung oder einem von glitzernden Spinnweben gesäumten Erdloch hervorlugen würde. Es galten Regeln und Bräuche, die man sonst nur in archaischen Gesellschaften, vielleicht bei den Sami in Nordnorwegen oder bei den Schamanen der sibirischen Nenzen kennt. Seltsame Runen und Drudenfüße waren ins Holz der Türschwellen der Sennhütten geschnitten und mein Vater erzählte mir Geschichten vom Kasermandl, dem Madenzopf und von der schnellen Heilung schwerkranker Tiere und manchmal auch kranker Menschen durch magische und sympathische Rituale einer lebendigen Volksmedizin.
Diese Fähigkeit habe unter anderem auch einer meiner Urgroßväter besessen, der als vorher relativ wohlhabender Bergbauer dann in der Weltwirtschaftskrise der 1920er-Jahre sein gesamtes Vermögen verloren hatte, so berichtete mir mein Vater. Auch »bösen Zauber« habe es gegeben — wie zur Bestätigung war zu seiner Abwehr an einer der Sennhütten ein erlegter Eichelhäher über der Eingangstüre an die Wand genagelt.
Wahrscheinlich war es daran gelegen, dass dieses Tal, in dem auch meine Vorfahren über Jahrhunderte gelebt hatten, zu Zeiten von Kaiser Leopold I. ein sogenanntes »Freythal« war. Ein Stein am Taleingang, in blassgüldener barocker Schrift beschrieben und mit der Jahreszahl 1668 versehen, kündet noch heute von der Tatsache dieses juridischen Sonderstatus. Nach einer alten Chronik war dieses FREITAL eine Art Asylgebiet: Wenn sich Hexen, Zauberer oder anderweitig auffällige Menschen, die von den Häschern des Regimes gesucht wurden, bis in dieses Tal durchschlagen konnten, so waren sie vor der Justiz außerhalb des Tales sicher.[1] Hier konnten sie eine neue, wenn auch meist sehr bescheidene Existenz aufbauen. Auch die strenge imperiale und klerikale Justiz vergangener Zeiten hatte offensichtlich ihre bewusst gewählten Schlupflöcher: keine noch so strenge Regel ohne Ausnahme. Menschen, die etwas anders als der Durchschnitt gestrickt waren, konnten diese nutzen, wenn sie ein bisschen Glück hatten.
Freital:juridischer Begriff aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit, der für Täler angewendet wurde, die nicht der Obrigkeit unterstanden, sondern eine eigene, autarke Justiz hatten.
Wenn man in diesem Tal bis ans Ende des Talgrundes wanderte, kam man in den Himmel, eine Quellgegend, die von mächtigen dunkelgrünen Zirben sowie im Sommer von lichtgrünen und im Herbst goldgelben Lärchen locker bestanden war. Es herrschte absolute Ruhe mit Ausnahme des murmelnden Bächleins, das dort seinen Mäander durch die Wiese zog, und dem Rauschen des Windes in den Bäumen, sofern der Tag nicht windstill war. Noch mächtiger als die stehenden Zirben waren umgefallene Zirbenstämme, wahre Titanen, deren Wurzeln nach Jahrhunderten des stetigen Wachstums und Widerstandes gegen die Naturgewalten bei einem der stärkeren Stürme losgelassen hatten und in die feuchte Bergwiese rund um das Bächlein gefallen waren. Nun lagen sie einsam im unwahrscheinlich grünen Moos, das gegen die schwarzen Moorlachen, die gelben Sumpfdotterblumen und die schwarzblauen, im Herbst dunkelrotblättrigen Heidelbeeren ausnehmend hübsch kontrastierte. Zirbenholz ist relativ widerstandsfähig, auch gegenüber der Witterung. Sonst wäre es nicht möglich, dass Zirben weit über 1000 Jahre alt werden können. Trotz der jahre- oder jahrzehntelangen Verwitterung rochen die Stämme herb nach Rinde, und an den Bruchflächen der Äste war der typische heimelige Geruch nach Zirbenholz zu erschnuppern.
Das war die Landschaft, in der ich als Kind zum ersten Mal Zirben zu sehen bekam. Wunderschöne, ausgewachsene und gereifte WETTERZIRBEN, uralt, mit der Mächtigkeit und Weisheit von Jahrhunderten, die uns sonst nur in würdigen Kathedralen, bei sehr großen Bäumen und bei Tieren aus der Familie der Wale oder Elefanten entgegentritt. Das waren die Ältesten der Landschaft, silbergrau, wo sie verwittert waren und vor Vitalität strotzend, wo ihr Grün zum Vorschein kam. Ich bestaunte auch die umgefallenen Exemplare, diese nun kahlen und mit ihren Ästen schroff in den blauen Himmel aufragenden Bäume und kletterte in dem Labyrinth der senkrecht stehenden Aststummel bis in den am Boden liegenden Wipfel hinauf. Ein Stückchen von einem wohlriechenden Ast brach ich ab und nahm ihn als Geruchstrophäe mit, als olfaktorischen Beweis für die bedauernswerten im Tal Gebliebenen. Wenn meine Eltern mit mir dann müde das Tal und das Haus meiner Eltern erreichten, roch ich ähnlichen, aber bei weitem nicht so intensiven Wohlgeruch an der Zirbentruhe meiner Großeltern, die sie über viele Jahrzehnte zum Aufbewahren von Mehl verwendet hatten und die jetzt gereinigt, abgeschliffen und neu geölt im Wohnzimmer meiner Eltern stand.
Wetterzirbe:alte Zirbe, die vor allem im Gebirge an der Baumgrenze vorkommt und aus dem Wechselspiel zwischen kräftigen Witterungseinflüssen wie Wind, Schnee und Sonnenschein und dem unbändigen Baumwachstum entsteht.
Zirben waren also etwas Ähnliches für mich wie wahrscheinlich Elefanten oder Baobab-Bäume für ein afrikanisches Kind: mächtig, uralt, vielleicht sogar weise, etwas, zu dem man als Kind ehrfürchtig aufschaut und das man als Ältestes der Landschaft respektiert. Dass man im Zirbenholz gut schlafen solle, war mir nicht bekannt und wurde auch in dieser Gegend nicht erwähnt. Zirbenholzstuben waren zwar in manchen Bauernhöfen vorhanden, wurden aber zur Zeit meiner Kindheit nirgends mehr neu eingebaut, sondern höchstens als gemütliches aber altertümliches Relikt einer vergangenen Zeit geduldet.
So war es für mich 30 Jahre später als Leiter eines damals gerade drei Jahre alten Hightech-Forschungsinstitutes verwunderlich, als ein junger Forstingenieur der Landwirtschaftskammer Tirol sich bei unserem Institut anmeldete und ein Gespräch zum Thema »Schlafqualität im Zirbenbett« suchte. Er hatte in den Medien von unseren Messungen an österreichischen und russischen Kosmonauten gelesen, die wir in der Raumstation MIR (russisch: »Frieden«) in den 1990er-Jahren durchgeführt hatten. Nun suchte er im Auftrag der Landwirtschaftskammer ein Institut, das Schlafqualität objektiv messen konnte, in der Hoffnung, den wissenschaftlichen Nachweis erbringen zu können, dass man im Zirbenholzbett besser schläft als in einem konventionellen Bett aus dem Möbelhaus. Grund für diese Suche war eine Zukunftskonferenz der Landwirtschaftskammer gewesen, bei der man beschlossen hatte, die aus dem Volksglauben überlieferten Eigenschaften unterschiedlicher Hölzer durch wissenschaftliche Studien untersuchen zu lassen. Zirbenholz, so die Volksmeinung insbesondere in Tirol, sei besonders gut für Betten und Kinderwiegen geeignet, da der Schlaf im Zirbenbett besonders tief und erholsam sein solle. Gleiches galt offensichtlich für Kleinkinder, da Zirbenwiegen den Ruf hatten, dass die Eltern nach der schweren bäuerlichen Tagesarbeit nachts besonders wenig durch wache und schreiende Kinder gestört würden. Später konnte ich mich im Innsbrucker Volkskundemuseum und auch im Museum der Kärntner Nockberge überzeugen, dass offensichtlich wirklich beinahe alle Wiegen der Tiroler und Kärntner Berge aus Zirbenholz gemacht waren; zu diesem Zeitpunkt war mir dies jedoch noch nicht bekannt gewesen.
Bäuerliche Stube des 19. Jahrhunderts aus Zirbenholz im Volkskundemuseum Nockberge. Nicht nur Möbel, auch die Geräte wurden vielfach aus Zirbenholz gefertigt.
Leider musste ich dem Ursprungsanliegen des Herrn Forstingenieurs zunächst eine Absage erteilen: Wir konnten keinesfalls zusagen, den Nachweis für die Wirkung von Zirbenholzbetten auf den Schlaf zu erbringen. Ich hielt es zwar für möglich, dass eine Verbesserung der Schlafqualität eintreten könnte, doch ist Schlafqualität aus verschiedenen Komponenten zusammengesetzt und die Frage war, ob wir die »richtige« Komponente der Schlafqualität mit unseren Messungen erfassen würden. Auch die Effektstärke, also wie stark sich das Zirbenholz auf den Schlaf auswirkt, war schwer abschätzbar, da noch niemand vor uns ähnliche Studien durchgeführt hatte. Aus diesem Grund verwies ich auf einen der obersten Grundsätze wissenschaftlicher Arbeit: Wir würden die Studie nur dann durchführen können, wenn wir auch ein negatives Ergebnis in Kauf nehmen, wenn also absolute Ergebnisoffenheit besteht. Obwohl dies meinem sympathischen Gegenüber nicht so zu behagen schien — schließlich sind wissenschaftliche Studien aufgrund der vielen Arbeitszeit, die hineinfließt, nicht gerade billig —, versprach er, sich auf die Suche nach einem Geldgeber für die Studie zu machen und sich wieder zu melden, wenn er diesen gefunden hätte.
Damit vergaß ich für einige Zeit das Anliegen, bis nach etwa einem Jahr das Telefon läutete und besagter Forstingenieur nachfragte, ob er mich sprechen könne. Er habe nun ein EU-Projekt eingereicht, das bewilligt sei, und wir würden mit den Studien beginnen können. Nun freute ich mich einerseits über die Tatsache, dass ich wieder mit der Zirbe, wenn auch diesmal wissenschaftlich, zu tun haben würde, andererseits meldeten sich Bedenken, was wir im Falle eines negativen Ergebnisses von unseren Auftraggebern zu hören bekommen würden. So setzten sich unsere besten Mitarbeiter an einen Tisch, um ein Forschungsdesign zu entwickeln, das mögliche Effekte von Zirbenholzbetten auf den Schlaf untersuchen sollte. Damit wir nichts übersahen, verwendeten wir außer den an unserem Institut entwickelten hochpräzisen Herzfrequenzmessgeräten zur Untersuchung des vegetativen Nervensystems auch noch Elektroenzephalogramme, die die Gehirntätigkeit im Schlaf auf klassische Weise messen können. Mit Fragebögen wurde außerdem die Befindlichkeit der Versuchsperson am Morgen sowie die Selbsteinschätzung der Schlafqualität untersucht.
Parallel dazu wurde ein zweites Projekt entwickelt, das am Tag die Wirkung eines Zirbenholzumfeldes während geistiger Arbeit, also zum Beispiel einer Fehlersuche in Texten, mit einem neutralen Umfeld, möglichst ähnlich dem, was herkömmliche Einrichter und Möbelhäuser anbieten, vergleichen sollte. Damit wollten wir sowohl den Schlaf als auch den Zustand von geistiger Arbeit erfassen, um einen umfassenden Blick auf die Wirkungen von Zirbenholz zu erhalten.
Parallel zum Aufbau der Wissenschaftsprojekte starteten wir mit der Suche nach einem Tischlereibetrieb, der flexibel genug war, in seinen Räumlichkeiten unterschiedliche Messsituationen aufzubauen und für entsprechende Ruhe zu sorgen, wenn die Messungen vorgenommen wurden. Außerdem sollte er sechs Zirbenholzbetten und, als Placebo und Kontrollgruppe, jeweils sechs Betten mit ähnlicher Optik, aber aus Spanplatte und mit Folienüberzug, tischlern können.
Glücklicherweise fanden wir in einem sehr innovativen Tischler in Weiz unseren virtuosen Forschungspartner. Erich Binder hat in dankenswerter Weise und kostenlos für das Projekt alle unsere Wünsche auf diesem Gebiet erfüllt und etwas ermöglicht, das nicht nur ihm im späteren Verlauf eine langjährige Existenzgrundlage gesichert, sondern auch im ganzen deutschsprachigen Raum das fast zum Aussterben verurteilte altehrwürdige Tischlergewerbe zu neuer Blüte gebracht hat. Zudem haben die Forschungsergebnisse des Zirbenholzprojektes auch andere Massivholzmöbel und den gesamten Holzhausbau ins Rampenlicht gerückt und so neues Interesse an einer Kunsttischlerei abseits von großen industriellen Möbelhäusern erweckt. Auch das respektable »Holz100« Projekt von Erwin Thoma blüht und gedeiht. Es klingt fast wie ein Treppenwitz der Geschichte, dass derzeit die Ergebnisse unserer Holzforschungen besonders in Skandinavien Anklang finden. Auch japanische und kanadische Wissenschaftler haben sich des Themas angenommen und mittlerweile viele unserer Forschungsergebnisse, die in Kapitel 4 beschrieben sind, bestätigt.
In Österreich jedoch ist zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Buches kein Forschungsprojekt zur gesundheitlichen Wirkung des Holzes geplant.
DieBäumesind dieAltender Landschaft, ehrfürchtig blicken wir auf lebendeWeisheitundErfahrungvon Jahrtausenden.
Die Zirbe ist in einÖkosystemanderer Lebewesen eingebunden — Flechten, Pilze, Moose und zahlreiche Tierarten leben mit ihr inSymbiose.
Aus Feuer geboren
Der Baum im Eis
Ein Krater birgt die Geschichte der Nacheiszeit
Das Refugium der Zirben und ihr Vogel
Die Pasterzenzirbe
Wo die Zirbe heute steht
Die Geschichte beginnt vor langer, langer Zeit. Vor etwa 300 Millionen Jahren entstanden die ersten Vorfahren der heutigen Nadelbäume aus der Gruppe der sogenannten NACKTSAMER. Zu einem Zeitpunkt, als noch fünfmal mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre war als heute. Die Temperatur war um 6 °C höher als heute — in dieser für uns Menschen heißfeuchten Hölle entstanden riesige Wälder, deren Reste wir heute als Steinkohle bewundern können. Über Jahrmillionen haben diese ersten Bäume und Riesenschachtelhalme aus dem Kohlendioxid der Luft und dem Sonnenlicht die enormen Kohlevorräte der Erde aufgebaut — das »Carbon«, das Kohlezeitalter der Erdgeschichte, hat daher seinen Namen.
Nacktsamer:Die Nacktsamer sind samenbildende Pflanzen, deren Samenanlagen nicht in einem Fruchtknoten eingeschlossen sind. Die Fruchtblätter sind nicht ganz geschlossen.
Über 100 Millionen Jahre später — die Saurier waren bereits entstanden und in voller Blüte — spross die Gattung Pinus aus dieser Gruppe der Nacktsamer hervor.[2] Pinus entstand auf dem damals rund um den Nordpol gelegenen Kontinent Beringia (nach dem »Kolumbus der Zaren« Vitus Bering benannt) und ist mehr als doppelt so alt wie die ersten Laubbäume. Ungefähr 115 Arten umfasst die Gattung Pinus heute: Arten wie die Fichte, die Tanne, die Kiefer und eben auch die Zirbe, Pinus cembra. Pinus-Bäume sind Bewohner der Nordhalbkugel, eine einzige Art hat es auf die Südhalbkugel geschafft. Vor 65 Millionen Jahren starben dann durch den inzwischen bekannten Meteoriten von Yucatan in Mexiko und darauffolgende schwere Vulkanausbrüche am indischen Subkontinent fast alle Dinosaurier aus, mit Ausnahme der Vorfahren der heutigen Vögel, und mit ihnen ein Großteil der Nacktsamer. Die verbliebenen Nacktsamer wurden von den neu entstehenden BEDECKTSAMERN, zu denen unsere Blumen und auch Sträucher und Laubbäume gehören, arg bedrängt und starben größtenteils aus oder wurden in tropische Regionen verdrängt. Mit einer Ausnahme: Die Gattung Pinus florierte ausgezeichnet.
Bedecktsamer:samenbildende Pflanzen, deren Samenanlagen in einem Fruchtknoten eingeschlossen sind.
Diese Zirbe hat einen schweren Waldbrand oder einen Blitzschlag (schwarzer Ring) gut überstanden und ist trotz der Brandspuren weitergewachsen, als ob nichts passiert wäre.
Als man die Ursachen für diesen Erfolg der Pinus-Gewächse im Vergleich zu den viel moderneren Laubbäumen untersuchte, entdeckte man ganz großartige Eigenschaften, die Pinus heute noch zu einer der verbreitetsten Baum gattungen in den Wäldern der Nordhalbkugel machen. Viele Pinusarten sind feuerresistent, und Feuer spielte eine große Rolle für die Entwicklung der Vegetation vor 200 bis 65 Millionen Jahren. Die Luft war nämlich zu dieser Zeit reich an Sauerstoff, den die ebenso reiche Pflanzenwelt produzierte. 30 % Sauerstoff gegenüber 21 % heute fanden sich in der Atmosphäre der Kreidezeit, der letzten Blütezeit der Dinosaurier. Es gab zwar damals noch keine weggeworfenen Zigarettenstummel, aber bei so hohem Sauerstoffgehalt brennt der Wald lichterloh, wenn ein Blitz einschlägt und nicht heftiger Regen gleichzeitig den Brand löscht. Pinusarten hatten sich eine Reihe von Strategien zugelegt, um gut mit diesen Bränden fertig zu werden.[2]
Viele dieser »Schutzmechanismen« finden wir noch heute bei der Zirbe:
eine dicke Rinde, die in der Lage ist, Temperaturen bis zu 400 °C von den empfindlichen Wasserleitungsbahnen unter der Rinde für einige Minuten abzuhalten,
lange Nadeln, die zwar gut brennen, aber auch das Keimgewebe darunter schützen, sodass rascher Neuaustrieb nach dem Brand gesichert ist,
ein Frühstadium, in dem die ganze Energie des Keimlings und der ersten Nadeln zur intensiven Wurzelbildung genutzt wird,
Äste, die die Eigenschaft haben, von selbst abzufallen und zu verrotten, wenn sie dürr sind, und dadurch den Baum weniger anfällig für Brände machen,
symbiotische Pilze, die mit den Baumwurzeln eine intensive Verbindung eingehen und den Baum beim Wachstum unterstützen
und schließlich Samen, die besser keimen, wenn sie auf verbrannte Erde fallen.
Dazu kam noch, dass die resilienten Pinusarten es im Laufe der Jahrmillionen gelernt hatten, mit so wenig Wasser wie möglich auszukommen und aufgrund der mit Wachs überzogenen Nadeln extrem wassersparend Fotosynthese zu betreiben. Auch Frost bis minus 43 °C kann die Zirbe ohne Schäden ertragen. All diese Eigenschaften gaben den Pinusbäumen einen enormen Vorteil gegenüber anderen Arten wie Laubbäumen und Riesenschachtelhalmen. Nur die Gräser konnten es mit Pinus aufnehmen und so kam es nach der Entstehung der Gräser vor etwa 30 Millionen Jahren noch einmal zu einer kleinen Konkurrenz zwischen Pinus und den Gräsern, zwischen Nadelwald und Weide. Mit der Entwicklung der Waldnutzung des Menschen wurde auf der Nordhalbkugel insbesondere in den letzten Jahrzehnten der Kampf eindeutig für die Pinusarten entschieden. Nadelwälder, teilweise sogar in natürlicher Monokultur, breiteten sich auf der ganzen Nordhalbkugel aus. Die Zirbe als Steinkiefer ist ein Teil dieser Pinus-Familie und mit den Kiefern eng verwandt.[3] Wann genau sie entstanden ist, können wir heute nicht mehr sagen, mit Sicherheit aber vor der letzten Eiszeit, die vor etwa 1 Million Jahren begann.
Als die letzte Eiszeit ihren Rückzug antrat, war der moderne Mensch bereits seit etwa 60 000 Jahren in Europa. Vor ihm war der Neandertaler hier gewesen und hatte die ersten Kunstwerke Europas geschaffen. Vor etwa 20 000 Jahren, nach dem letzten Höhepunkt dieser Eiszeit, begannen die damals 900 Meter dicken Gletscher über den Alpen zunächst allmählich und dann immer schneller abzuschmelzen und gaben eine vom Eis abgeschliffene, mondartige und vegetationslose Landschaft frei, auf der sich bald die ersten Flechten und Tundrapflanzen ansiedelten. Durch die vom Eis freigegebenen Täler rauschten gewaltige Bäche, die den Schutt der Gletscher weit in die Ebenen hinaustrugen und jene Schotterkegel aufschütteten, aus und auf denen heute viele Städte der Voralpen gebaut sind. Bäume waren damals nur als Zwergformen vertreten, kaum größer als ein kleiner Heidelbeerbusch: Die Zwergbirke (Betula nana) und Zwergformen der Erle zeugen jetzt noch in manchen Tälern der Alpen als Relikte der Eiszeit von der Größe oder vielmehr Kleinheit der damaligen Bäumchen.
Der ehemalige Vulkankratersee Preluca Tiganului in Nordrumänien ist heute verlandet, ein moosiges Feld auf 700 Meter Seehöhe mitten in den Karpaten. Das Pauline Center für Klimaforschung der Universität Stockholm hat dort eine umfangreiche Studie durchgeführt. Vor einigen Jahren hat man Bohrungen in den Sedimenten des Kratersees gemacht und ist bis zu 16 000 Jahre in die Vergangenheit vorgestoßen.[4] In Seen und Wasserflächen fallen Pollen der regionalen Pflanzen und lagern sich Schicht auf Schicht am Boden des Sees ab. Sie bilden dadurch ein Archiv der Vegetationsgeschichte dieser Landschaft. Pollen haben extrem widerstandsfähige und für jede Pflanzenart typische Hüllen, aus deren Formen man auch nach Jahrtausenden die vorkommenden Pflanzenarten bestimmen kann. Aus der Reihenfolge der Schichten und ihrem durch die C14-METHODE bestimmten Alter kann die Vegetation der Landschaft rund um den See auch nach vielen Jahrtausenden rekonstruiert werden. Bis vor 14 500 Jahren finden sich dort typische Tundrapflanzen: heiliger Beifuß, wie ihn heute noch die Schamanen Sibiriens zum Räuchern bei Zeremonien verwenden, Pollen von Birken und Weiden, danach folgen Latschenkiefern und Pappeln. Zirben sind in einem Zeitraum vor etwa 14 250 Jahren nachweisbar. Eine Tundralandschaft also, die allmählich, im Verlauf von 250 Jahren, zu Wald wird — zum Zirbenmischwald.
C14-Methode:Verfahren zur Bestimmung des Alters von organischen Proben, indem man den C14-Anteil am Gesamtkohlenstoff der Probe misst.
In den Karpaten im heutigen Rumänien hatten sich Vegetationsinseln erhalten, da das südlichere Klima eisfreie Regionen in den Berggebieten ermöglicht hatte. In diesen Vegetationsinseln hielten sich auch kleine Zirbenbestände, von denen man annimmt, dass sie nicht nur die Vorfahren der Karpatenzirben sind, sondern auch die Stammeltern der heutigen alpinen Zirbe. Man findet heute noch eine höhere genetische Vielfalt in den Zirben im Osten der Alpen als in den westlichen Alpen. Diese genetische Vielfalt deutet auf eine Rückkehr der heutigen Zirbe aus dem Osten Europas hin, wobei einige Exemplare auch südlich der Alpen die Eiszeit überlebt haben könnten. Im Laufe der Jahrtausende bis zum endgültigen Ende der Eiszeit vor etwa 10 000 Jahren arbeitete sich dieser zähe und widerstandsfähige Baum langsam aber sicher durch die Landschaft und die nicht vergletscherten Berggebiete bis in die Region der heutigen Alpen. Dabei half ihm der Tannenhäher, ein munterer Vogel aus der Rabenfamilie, den man heute in den Zirbenwäldern der Alpen hin- und herfliegen sieht. Er hört auf den schönen lateinischen Namen Nucifraga caryocatactes und sein Äußeres gleicht dem eines Stars: dunkelgraue Brust mit weißen Sternchen darauf.
Tannenhäher sind Vögel aus der Rabenfamilie. Ihre Leibspeise sind Zirbennüsse, die sie in bis zu 10 000 Verstecken für den Winter einlagern. 80 % der Verstecke können sie wiederfinden, der Rest hat die Chance, im nächsten Jahr ein Zirbenbäumchen zu werden.
Zirbensamen sind zu schwer, um vom Wind verbreitet zu werden und könnten ohne Hilfe durch Vögel oder Hörnchen nur, der Schwerkraft folgend, talabwärts wandern. Noch dazu sitzen sie, wenn sie reif sind, zu jeweils etwa 90 bis 100 Stück in noch schwereren Zapfen. Aus diesen holt der Tannenhäher die einzelnen Samen mit seinem Schnabel heraus und legt in der Umgebung des Mutterbaumes bis zu 10 000 Verstecke für den Winter an. Davon findet der Tannenhäher bis zu 80 % wieder, das heißt, er kann sich in etwa 8000 Verstecke merken! In einem Jahr frisst eine Tannenhäherfamilie — bestehend aus zwei Altvögeln und zwei Jungen — sagenhafte 50 000 Zirbennüsse. Das ergab eine langjährige Studie in der Schweiz. Zum Glück für die Zirbe und auch für nachfolgende Tannenhähergenerationen merken sich die Tannenhähereltern nicht alle Verstecke. Das nicht ganz perfekte Gedächtnis ist zugleich die Fortpflanzungschance für die Zirbe. Alle nicht gefressenen Zirbennüsse können keimen und neue Zirben werden. Aus diesem Grund findet man in den Alpen oft Zirbenkeimlinge an geradezu unwahrscheinlichen Stellen: im Spalt zwischen zwei Felsen, direkt auf einem Stein oder sogar in der Ritze zwischen zwei Bäumen. Der Tannenhäher legt seine Zirbennussvorräte im Umkreis von bis zu 15 Kilometern und mit Höhenunterschieden bis 600 Meter an. Rechnet man mit einer Fortpflanzungsfähigkeit der Zirbe nach 35 Jahren, so kann sich eine Zirbenpopulation mithilfe des Tannenhähers in 350 Jahren um bis zu 150 Kilometer ausbreiten. In 3500 Jahren wären das dann bis zu 1500 Kilometer, in 5400 Jahren von Rumänien bis nach Frankreich, eine Entfernung von 2300 Kilometern. Da das Verbreitungsgebiet der Zirbe vor einigen Jahrtausenden viel größer war als heute — die Temperaturen in Europa waren damals noch geringer und begünstigten die Zirbe gegenüber Bäumen wie der Fichte oder Laubbäumen — ist es wahrscheinlich, dass es auch am östlichen Teil der Alpen ein Refugium mit Zirben gegeben hat, das dann nach Osten und Westen ausgestrahlt hat. Dass der Tannenhäher so munter und emsig Zirbennüsse frisst und davonträgt, war den Förstern in früheren Zeiten nicht geheuer. In der Schweiz hat man ihn im 19. Jahrhundert sogar verfolgt, im Irrglauben, dass seine Gefräßigkeit an einem Rückgang der Zirben oder Arven, wie sie dort genannt werden, schuld sei. Sogar eine Kopfprämie wurde bis ins 20. Jahrhundert auf diesen Vogel ausgesetzt und viele Exemplare wurden erlegt.[5] Heute ist man sich sicher, dass das ein großer Irrtum war: Ohne den Tannenhäher wäre die Zirbe bereits aus den Alpen verschwunden. Einzelne Inseln mit geringem Zirbenbestand, die ein Fortbestehen einer Tannenhäherpopulation nicht mehr zulassen, sind seit dem 19. Jahrhundert tatsächlich zirbenfrei geworden. Er ist also kein Schädling, sondern ein Nützling, der für die Erhaltung der Zirbe sorgt,[5]