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Mercurius’ und Ferats Berliner Nachtclub liegt nach dem erneuten Wüten des Wasserschemens in Trümmern. Während die Hexe Agnes weiterhin Mercurius verdächtigt, etwas mit der Beschwörung dieses Elementarwesens zu tun zu haben, kann für diesen nur einer dahinterstecken: der dunkle und überaus mächtige Magier Phineus Magnus. Doch der ist seit Jahren tot. Könnte ihm jemand nacheifern? Da von Agnes keine Hilfe zu erwarten ist, beschließen Merc und Ferat, der Sache selbst auf den Grund zu gehen - und stoßen in den finsteren Abwasserkanälen auf jede Menge unangenehme Überraschungen. Was keiner von ihnen bemerkt: Sie werden bei all ihren Schritten genauestens beobachtet ...
Über die Serie: Mercurius ist Barkeeper, Nachtclubbesitzer - und ein Mensch. Diese Tatsache ist in seinem Fall nicht ganz selbstverständlich, hat er doch familiäre Verbindungen zur magischen Unterwelt von Berlin. Unbemerkt von der Öffentlichkeit leben Hexen, Elfen und Elementarwesen mitten in der Stadt. Mercurius will mit dieser verborgenen Welt nichts zu tun haben. Doch als ein mächtiges Wasserwesen in Merc’s Nachtclub auftaucht, den Abstellraum zertrümmert und zwei Partygäste tötet, kollidieren die beiden Welten auf einen Schlag ...
Für Fans von Ben Aaronovitch und Benedict Jacka
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Seitenzahl: 162
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Grußwort des Verlags
Die letzten Hexen von Berlin – Die Serie
Über diese Folge
Titel
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Über den Autor
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Leseprobe
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Mercurius ist Barkeeper, Nachtclubbesitzer – und ein Mensch. Diese Tatsache ist in seinem Fall nicht ganz selbstverständlich, hat er doch familiäre Verbindungen zur magischen Unterwelt von Berlin. Unbemerkt von der Öffentlichkeit leben Hexen, Elfen und Elementarwesen mitten in der Stadt. Mercurius will mit dieser verborgenen Welt nichts zu tun haben. Doch als ein mächtiges Wasserwesen in Merc’s Nachtclub auftaucht, den Abstellraum zertrümmert und zwei Partygäste tötet, kollidieren die beiden Welten auf einen Schlag …
Folge 2: Mercurius’ und Ferats Berliner Nachtclub liegt nach dem erneuten Wüten des Wasserschemens in Trümmern. Während die Hexe Agnes weiterhin Mercurius verdächtigt, etwas mit der Beschwörung dieses Elementarwesens zu tun zu haben, kann für diesen nur einer dahinterstecken: der dunkle und überaus mächtige Magier Phineus Magnus. Doch der ist seit Jahren tot. Könnte ihm jemand nacheifern? Da von Agnes keine Hilfe zu erwarten ist, beschließen Merc und Ferat, der Sache selbst auf den Grund zu gehen – und stoßen in den finsteren Abwasserkanälen auf jede Menge unangenehme Überraschungen. Was keiner von ihnen bemerkt: Sie werden bei all ihren Schritten genauestens beobachtet …
OLIVER SKUZA
Der finstere Gang
Aus dem Lieferwagen heraus betrachtete Manni das Mietshaus, zu dem seine Klempnerfirma gerufen worden war. Kein besonders vielversprechender Anblick. Ein sechsstöckiges, scheinbar leerstehendes Nachkriegshaus mit schmutziger Fassade, verdreckten Fenstern und übersät mit Graffitis, das der ganzen Welt entgegenzuschreien schien: Jawohl, ich bin bereit für den Abriss.
»Na, da kommt Freude auf«, murmelte er. Nicht dass man nicht auch in schicken Villen manchmal auf böse Überraschungen stieß, und auch hier schrillten gleich beim ersten Anblick alle Alarmglocken. Seufzend nahm er den Werkzeugkoffer und trat auf den Bürgersteig. Auf einer Werbetafel sah man, dass das Gebäude saniert werden würde. Eigentumswohnungen entstanden. Mindestens eine Mietpartei war noch nicht auf die Straße gesetzt worden. Verstopftes Klo, hatte die Hausverwaltung geschrieben. Na, herzlichen Glückwunsch.
»Hey, Chef!«, dröhnte es vom Bürgersteig. Dennis, sein schlaksiger Azubi, schlurfte mit breitem Grinsen auf ihn zu. Manni hatte schon ein paar Mal versucht, ihn zu erreichen. Der Junge hatte vorsichtshalber sein Handy ausgestellt, könnte ja sein, dass der Chef anrief, wo zur Hölle er bliebe, und das störte nur beim Schönheitsschlaf. »Da bin ich schon! Bereit, in die Scheiße zu packen. Geht’s los?«
»Schon? Deine Schicht hat vor einer Stunde begonnen.«
»Das ist doch der erste Kunde, oder?«, fragte er verwundert.
Na klar, und da musste der Chef schon drauf vertrauen, dass Monsieur dann rechtzeitig auftauchte. Manni verschränkte die Arme. Hier war offenbar eine Ansprache nötig.
»Es gibt Arbeitszeiten, Dennis. Und wenn du dich nicht daran halten kannst, dann richte dich mal auf ein Leben mit Hartz IV ein. Da wirst du nämlich zwangsläufig landen!«
Dennis zog eine Zigarettenschachtel hervor und tastete seine Taschen nach einem Feuerzeug ab.
»Willst du jetzt etwa rauchen? Wegstecken, und zwar dalli.«
»Du hast ja eine Laune«, murmelte der Junge.
»Ich hab überhaupt keine Laune. Wir haben einen Auftrag, und jetzt ist Schluss. Komm mit, es geht los.«
Er wartete, bis Dennis die Zigaretten weggesteckt hatte.
»Verstopftes Klo«, brachte er ihn auf den Stand. »Genau dein Spezialgebiet. Du kannst mir zeigen, was du gelernt hast.«
Sein Azubi ließ die Info sacken und betrachtete die abrissreife Bruchbude. Jetzt wurde ihm etwas unwohl zumute.
»Geht klar, Chef«, erwiderte er matt.
Das Klingelschild war demoliert und mit Tags und Kaugummis unkenntlich gemacht. Nur ein Name war noch lesbar, der des Kunden. Manni drückte die Klingel, kurz darauf ging der Summer. Im Erdgeschoss wurde eine Tür aufgezogen, und ein überfordert wirkender Rentner stand auf der Schwelle.
»Ihre Hausverwaltung hat den Klempner gerufen«, rief Manni. »Ihr Klo ist verstopft?«
»Nicht nur das Klo«, jammerte der Rentner. »Auch die Dusche und das Waschbecken. Es ist alles dicht. Ich weiß gar nicht …« Alles dicht. Dann würden sie nicht wie so oft eine Haarbürste aus dem Klo ziehen, und damit wäre die Sache wieder in Ordnung. Seine Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten.
»Wir sind ja hier. Sehen wir uns das Ganze mal an.« Zu Dennis sagte er: »Mit etwas Glück ist das ein Großauftrag.«
Die Wohnung war staubig und voller Nippes und sah aus, als sei seit den Siebzigern nichts mehr verändert worden. Im Badezimmer, einem Raum voller grüner Fliesen und orangener Emaille, standen Klo und Waschbecken randvoll mit einer braunen Brühe. Es stank bestialisch. Dennis drückte sich an die Wand und versuchte, durch den Mund zu atmen. Der Junge war eben noch neu im Job, was sollte man da machen.
»Ich hab die Hausverwaltung schon zigmal angerufen«, entschuldigte sich der Rentner. »Ich solle es mal mit Rohrreiniger versuchen, haben sie gesagt.«
Manni klappte den Klodeckel runter. Sie würden mit dem Waschbecken anfangen, beschloss er. Das Schönste zum Schluss.
»Trotzdem wurde es nur immer schlimmer«, meinte der Rentner. »Ich weiß auch nicht, was ich machen soll.«
»Wissen Sie was? Warum gehen Sie nicht in die Küche und machen sich einen Kaffee. Wir kümmern uns hier drum.«
Der Rentner nickte hilflos und humpelte aus dem Bad.
»Dann leg mal los, Dennis.«
»Ich, Chef?«, fragte er voller Unbehagen.
»Ja, wer sonst? Zeig, was du gelernt hast. Siphon abschrauben.«
Dennis griff nach dem Werkzeugkoffer, die Lasche löste sich, und Schraubenschlüssel klirrten auf die Fliesen. »Sorry », murmelte er und hob den Koffer an, wobei die Rohrzange rausrutschte und hinterherschepperte.
»Kann es dann losgehen?«, fragte Manni.
Dennis nickte und hockte sich mit der Zange unter das Waschbecken. Kaum begann sich die Dichtung zu lösen, spritzte stinkendes braunes Wasser hervor. Der Junge stellte würgend einen Eimer unter das Rohr, in den sich das Waschbecken gurgelnd leerte.
»Wenn wir Glück haben, ist bloß der Siphon verstopft.«
»Meinst du wirklich, Chef?«
»Nein, aber es hilft ja nichts.«
Dennis holte Luft und zog vorsichtig den rostigen Siphon aus der Wand. Ein Schwall fauliges Wasser ergoss sich aus dem Loch und gab den Blick frei auf …
»Was zur Hölle?«, stieß Dennis aus.
Manni verstummte. Er traute seinen Augen nicht. Aus dem Siphon ragte ein Nest aus Reisig, Moos und kleinen Vogelknochen. Wirklich das Letzte, was er dort vermutet hätte. Und er hatte schon so einiges gesehen, womit Rohre verstopft waren. Gebrauchte Kondome, ertrunkene Hamster, Klumpen von Frittierfett. Aber so was?
»Was ist das, Chef?«
»Die Verstopfung.«
»Das ist voll gruselig.«
Ja, das war es tatsächlich. Er fragte sich, wie das ganze Zeug in das Rohr gekommen war. Der Ablauf im Waschbecken war viel zu eng für die Knochen und Stöckchen.
»Soll ich jetzt …?«, fragte Dennis.
»Wenn du keine Einladung brauchst.«
Angewidert zog der Junge an der Masse. Fellhaare lösten sich, Tieraugen kullerten auf die Fliesen, und verschlammte Federn fielen herab. Dennis hustete, um seinen Brechreiz zu unterdrücken, dann riss die Masse und klatschte auf den Boden. Der Rentner tauchte in der Tür auf, um zu sehen, ob alles in Ordnung war.
»Was haben Sie denn in den Abfluss gestopft?«, fuhr Manni ihn an und merkte dabei, dass nicht nur Dennis unter Schock stand. »Das ist einfach nicht normal.«
»Gar nichts«, meinte er überfordert.
»Das ist ein halber Wald, der hier feststeckt.«
»Das muss von woanders kommen.«
»Es ist Ihr Siphon.«
»Ich gebe keine Essensreste in den Ausguss. Man soll das nicht, das höre ich immer wieder.«
Als wenn es sich hier um Essensreste handelte. Doch der Rentner blickte so verständnislos, dass Manni beinahe gewillt war, ihm zu glauben.
»Im Keller steht auch Wasser«, stotterte er. »Da ist der Hauptablauf vom Haus. Vielleicht hat es damit zu tun?«
»Im Keller.«
Natürlich, der wichtigste Hinweis kam zum Schluss. Dann waren nicht nur hier oben die Rohre verstopft.
»Vielleicht fangen wir am besten da an«, schlug Dennis vor, was sich verdächtig anhörte wie: Hauptsache, raus hier.
»Haben Sie einen Schlüssel für den Keller?«, fragte Manni, worauf der Rentner nervös nickte und eilig zum Schlüsselbrett humpelte.
»Wir gucken uns das mal an.«
»Find ich auch, Chef. Find ich auch.«
Der Rentner übergab ihnen den Kellerschlüssel, und die beiden stiegen hinunter in das muffige Untergeschoss. Hinter einer Sicherheitstür lag ein weitläufiger, düsterer Kellerraum, der zentimeterhoch unter Wasser stand. Eine nackte Birne warf schummriges Licht über Mauerwände. Sperrmüll stand in der Brühe und hatte sich mit Wasser vollgesogen, ein torfiger Geruch lag in der Luft, und in dem schmutzigen Stauwasser schwammen undefinierbare Pflanzen- und Tierreste. Manni versuchte sich zu erklären, was hier los war, doch vergebens. Ihm wurde zunehmend unbehaglich zumute.
»Ist so was normal, Chef?«
»Nein, ist es nicht.«
Am besten professionell bleiben, sagte sich Manni. Er bahnte sich einen Weg zum Bodenablauf, dem tiefsten Punkt im Keller, und zog probeweise mit einem Abzieher über den Rost.
»Was siehst du hier, Dennis?«
»Schwimmende Kotze.«
»Nein. Die Hauptleitung ist dicht.«
Der Junge begriff plötzlich. Er strahlte, seine trübe Stimmung war wie weggeblasen.
»Da muss man mit Hochdruck ran, Chef, um das Rohr spülen. Wir können da gar nichts tun.«
»Tja, scheint dein Glückstag zu sein«, meinte Manni. »Komm, Dennis, raus hier. Holen wir Verstärkung.«
Da bemerkte er, dass sich das Wasser leicht bewegte. Ein kleines Rinnsal zog zur hinteren Kellerwand. Verwundert watete er zur Rückwand, wo im trüben Wasser eine metallene Bodenplatte zu erkennen war. Sie war mit einem länglichen Metallschaft verschlossen. Luftbläschen stiegen an einer Ritze auf. Hier floss definitiv Wasser ab.
Dennis kam plantschend hinter ihm her.
»Ist da noch ein Ablauf?«
»Frag mich was Besseres.«
Jetzt wollte Manni es wissen. Er zog seine Plastikhandschuhe über, griff in das Schmutzwasser und zog an dem Riegel, der sich widerwillig löste. Nun gluckerte es, ein kleiner Strudel entstand, und die Luftbläschen wurden größer.
»Komm, fass mal mit an«, forderte er Dennis auf. Gemeinsam zogen sie die Luke hoch, die sich mit einem schmatzenden Geräusch öffnete. Das stehende Wasser schoss in das schwarze Loch hinein. Der Keller lief leer, während aus dem Loch leises Plätschern drang.
Manni zog sein Handy hervor und leuchtete mit der Lampe in den Schacht hinein. Auch hier waren Reisignester zu sehen, als gäbe es eine Art Tierbefall in den Rohren. Und rostige Leitersprossen, die in der Dunkelheit verschwanden.
»Ist das ein Zugang zur Kanalisation?«, fragte Dennis verwundert. »Hier im Keller?«
Es sah ganz so aus. Trotzdem … Zwar verlief direkt unter ihren Füßen der Schöneberger Mischwasserkanal, ein riesiger und meterhoher Abwassertunnel, der vor über hundert Jahren als Regenüberlaufbauwerk errichtet worden war. Dass man allerdings von einem Wohnhaus dort einsteigen konnte, das hatte er noch nie gehört.
Dennis nahm ebenfalls sein Handy und leuchtete hinein.
»Krass, Chef, oder?«, meinte er und beugte sich weit vor.
Manni sah schon kommen, was passieren würde, aber es war zu spät, um den Jungen vom Rand wegzuziehen. Er rutschte an der glitschigen Kante ab und fiel mit einem Schrei in das Loch hinein. Mit einem dumpfen Laut landete er auf dem Schachtboden.
»Dennis! Ist alles in Ordnung?«
Er leuchtete hastig in den Schacht.
»Hast du dich verletzt?«
»Ich glaub, ich hab mir den Knöchel verstaucht«, jammerte er.
»Warum passt du nicht auf, wo du hintrittst, verdammt?«
»Ich wollte doch nur …«
»Sei ruhig. Kannst du aufstehen?«
Dennis versuchte es. Scharf sog er die Luft ein und ließ sich wieder sinken.
»Warte da«, rief Manni. »Ich komme runter.«
Er steckte das Handy ein und kletterte über die Sprossen in den Schacht hinein. Hier unten verstärkte sich der torfige Geruch. Es war nicht das erste Mal, dass er in die Kanalisation hinabstieg, nur so einen Geruch hatte er dabei noch nie erlebt. Lieber wäre er schnurstracks wieder umgekehrt.
»Leuchte mir mal«, rief er.
Augenblicklich hob Dennis das Handy.
»Nicht ins Gesicht, du Trottel.«
Er hielt eine Hand schützend vor die Augen, als eine Sprosse unter seinem Gewicht nachgab. Geblendet umklammerte er die Leiter, die dabei fast aus der Wand gerissen wurde. Der Ruck reichte aus, um den schweren Metalldeckel über seinem Kopf in Bewegung zu bringen. Die Schwerkraft tat das Übrige, und scheppernd donnerte die Luke in ihre Fassung. Manni hörte, wie mit dem Schwung auch der Riegel ins Schloss zurückfiel und in den Schaft einrastete.
Mit Verspätung ließ Dennis das Handy sinken, um ihn nicht länger zu blenden. Es wurde dunkel. Stille breitete sich aus.
»Wollt ihr mich verarschen?«, brüllte Manni in dem engen Schacht und donnerte mit der Faust gegen die Luke. Nichts zu machen, sie saß felsenfest. »Verdammt, das ist jetzt nicht wahr.«
Sie waren wirklich die allerletzten Amateure. Wer sperrte sich denn in einem Abwasserkanal ein, nachdem er zu einem verstopften Klo gerufen wurde? Das konnte man keinem Menschen erzählen.
»Sorry, Chef«, sagte Dennis kleinlaut. »War meine Schuld.«
Manni stieß die Luft aus. Er nahm die letzten Stufen und sprang auf den feuchten Steinboden.
»Lass mal deinen Knöchel ansehen.« Er tastete vorsichtig die geschwollene Stelle ab. »Tut das weh?«
»Geht schon. Ich bin echt zu blöd, oder?«
»Na ja, eine große Leuchte bist du wirklich nicht.«
»Wie kommen wir jetzt hier wieder raus?«
Manni nahm sein Handy, doch hier unten hatten sie kein Netz. Er stellte ebenfalls die Taschenlampe ein und leuchtete in den abzweigenden Schacht hinein, der offenbar in den Überlaufkanal führte. Von der Runddecke hingen Schlingpflanzen und tropfendes Seegras herab, und an den Mauern wuchs etwas, das wie Torfmoos aussah. Alles in ihm schrie, nicht da reinzugehen, bloß wenn sie nach oben wollten, hatten sie wohl keine Wahl.
»Wir nehmen einen anderen Ausgang«, sagte er. »Ein Stück die Straße runter ist ein Zugang der Berliner Wasserbetriebe. Versuchen wir es da. Kannst du laufen?«
Dennis stand mit seiner Hilfe auf und belastete vorsichtig den Fuß. »Es geht schon.«
»Dann ist der Knöchel nicht verstaucht?«
»Hm«, gab Dennis verlegen zurück, als hätte er ein schlechtes Gewissen deshalb.
»Komm, mir nach.«
Manni betrat den Kanal. Eine Echse huschte im Lichtkegel des Handys davon, und in den moosartigen Gebilden wimmelte es von Wanzen und Wasserlarven.
»Was ist das hier?«, fragte Dennis beklommen. »Sea-Life?«
»Ehrlich, Junge, ich habe keine Ahnung.«
Er packte Dennis am Arm und zog ihn durch den niedrigen Tunnel. Eine Schlingpflanze streifte nasskalt über seine Schulter. Er unterdrückte einen Aufschrei. Himmelherrgott.
»Ich dachte, hier unten gibt es höchstens Ratten.«
»Nicht einmal das«, sagte Manni. »Ratten sind zwar manchmal auf Nahrungssuche hier unten, obwohl sie meistens die Kanalisation meiden.« Zu nass und zu giftig. Was den ganzen Zoo hier noch unwahrscheinlicher wirken ließ. Egal, sagte er sich. Augen zu und durch.
Nach ein paar Schritten erreichten sie ein backsteinernes gewölbeartiges Bauwerk, den Hauptkanal. Der war vier Meter hoch und wirkte weniger klaustrophobisch als ihre Röhre. Dennis sprang voran in das knöcheltiefe Wasser, erleichtert, wieder aufrecht stehen zu können, und sah sich im Schein seiner Taschenlampe um.
Manni trat zögernd vor und versank ebenfalls bis über die Knöchel in dem modrigen Wasser. Schuhe und Socken sogen sich augenblicklich voll.