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Ein nach irreparabler Falschbehandlung traumatisiertes Opfer wird von einer weißen Mafia auf die schwarze Nichtbehandlungsliste gesetzt und brutal abserviert. Ein spannender Erfahrungsbericht nach einer wahren Begebenheit.
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Seitenzahl: 448
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Teil 1 Erinnerung an Heimatort, Kindheit und Jugendzeit
Prolog
Die behütete Kindheit
Miras Ehemänner
Gedanklich zurückversetzt in ihr Elternhaus
Der Kampf beginnt
Angst vor dem Schmerz
Alpträume 1 und 2
Selbsthilfe durch Selbstdiagnose
Alpträume 3
Der schmerzvolle Weg
Teil 2 Umsiedlung nach Ost-Berlin und Beginn des ärztlichen Desasters
Neuer Start, neues Ziel
Neue Hürden
Neue Hoffnung
Alpträume 4
Roulette der Ärzte-Profis
Teil 3 Weiterführung der fatalen Behandlungspraktiken
Das Monster schläft nie
Schmerzvolle Hoffnung
Alpträume 5
Ein neuer Versuch
Alpträume 6
Endlich Hilfe
Mira schlägt zurück
Alpträume 7
Lachen ist gesund
Der neue Hausarzt
Der fatalste aller Fehler
Alpträume 8
Es geht noch schlimmer
Alpträume 9
Die Krähenverschwörung
Alpträume 10
Das Ärzte-Chaos geht weiter
Alpträume 11
Das Ärzte-Chaos geht noch weiter
Ein halbes Gesicht
Ausreise Antragstellung beim Ministerium für Staatssicherheit
Vorstellung in der Psychiatrie der Grinde Klinik Berlin
Teil 4 Heirat und Umsiedlung in ein altes Bundesland
Rettung durch das Volk
Neue Klinik im Westen
Schicksalhafte Begegnungen
Alpträume 12
Neuer Start, neues Glück
Alpträume 13
Alpträume 14
Miras Plan
Alpträume 15
Miras Traum von Schmerzfreiheit
Alpträume 16
Das Ärzte-Roulette dreht sich weiter
Alpträume 17
Mira fällt ihr eigenes Urteil
Die schwarze Liste
Die letzte Operation
Alpträume 18
Epilog
Entsetzt sieht Mira Hold den Kieferchirurgen an. Sie kann nicht glauben, was sie gerade gehört hat. Sie habe nichts und deshalb könne man sie auch nicht behandeln. Die Schmerzen hämmern in ihrem Kopf. Nur die Wut lässt sie nicht wanken. Sie bedankt sich noch für die knappe Antwort und geht ohne zu wissen, wie es weitergehen soll.
Dabei hatte sie nur einen Traum: Sie sitzt vor ihrem Haus in der Sonne und genießt den Frühlingstag. Sie ist Rentnerin und glücklich verheiratet. Mit dem Mann an ihrer Seite ist das Leben lebenswert. Gemeinsame Unternehmungen, Reisen in ferne Länder und immer Freunde im Haus erfreuen sie und machen das Leben spannend. Die Tochter ist erwachsen und kommt sie gerne besuchen. Mira hat sie alleine großgezogen und kann stolz auf sie sein. Da kommt ihr Mann Udo mit einem Tablett in den Garten. Der Kaffee duftet und Mira geht es gut.
So wünschte sich Mira Hold ihr Leben, bis sie nach einem Herzinfarkt den Kampf ums elterliche Erbe verlor. Auf sich allein gestellt wagt sie einen Neuanfang in einer anderen Stadt. Nachdem sie bedingt durch besonders starke Kopfschmerzen und zusätzlichen Fieberattacken einen Arzt konsultierte, beginnt für sie eine jahrelange desaströse Odyssee. Sie quält sich durch den Tag. Niemand darf es merken. Was wird aus ihrem Kind? Sie quält sich durch die Nacht. Wenn sie sich betäubt, kommen die Träume. Ärzte werden zu Fratzen. Sie wollen sie holen. Sie soll schweigen. Mira rennt. Sie schreit. Sie kommt nicht weg. Die Fratzen lachen laut.
Auf der Suche nach der richtigen Behandlung muss Mira viel ertragen, wird abgeschoben und am Ende nicht mehr behandelt. Sie wagt einen Neuanfang in den alten Bundesländern und findet eine neue Liebe. Doch ihr Kampf um gerechte Behandlung wird durch die weiße Mafia rigoros auch hier niedergeschmettert. Nach zweiunddreißig verzweifelten Jahren voller Schmerzen, unzähligen Ärzten, Klinikaufenthalten und diversen operativen Fehlbehandlungen wird sie schließlich mit einer tauben schmerzenden Gesichtshälfte berentet. Wird sogar auf eine schwarze Liste gesetzt und nicht mehr behandelt. Besonders fatal an dieser Ärztefarce ist jedoch, sollte ein Patient nach feststellbaren Behandlungsfehlern es wagen, diese bestimmten Mediziner zu kritisieren, geschweige eine Beschwerde zu tätigen, wird er mit drastischen Nichtbehandlungs-Kampagnen bestraft. Mira, besonders von solchen Missständen betroffen, wird dadurch bedingt in ihrem Leben niemals mehr schmerzfrei sein.
Der Zweite Weltkrieg tobte und brachte sein Leid in die Welt. Während andernorts die Bomben fielen und die Menschen große Not erfuhren, lebte in einem kleinen Dorf im ehemaligen Osten, im Randgebiet von Berlin, die damals zweijährige Mira Hold. Sie verbrachte eine wohlbehütete Kindheit in ihrem Elternhaus. Die Familie hielt die schlimmen Ereignisse von Mira fern und ermöglichte ihr eine sorglose und unbeschwerte Jugendzeit. Als völlig unerwartet ihr geliebter Vater an einem Herzinfarkt verstarb, geriet Miras behütete Welt aus den Fugen. Für sie unfassbar und viel zu früh, im Alter von 62 Jahren riss ihn der Tod aus dem Leben. Nach langer und tiefer Trauer stand für Mira fest, dass sie aus der Not heraus das väterliche Friseurgeschäft übernehmen würde. Obwohl sie eigentlich andere Pläne hatte und manchmal sogar einen Ortswechsel in Erwägung zog, führte sie das Friseurgeschäft ihres Vaters mit nicht unerheblichem Stolz in seinem Sinne weiter. Es hätte alles gut werden können, wenn nicht durch die Missgunst der Verwandtschaft ein dunkler Schatten auf die erfreuliche Entwicklung geworfen worden wäre. Man gönnte Mira ihre große Freude am eigenen Friseurgeschäft im elterlichen Wohnhaus nicht. Schon bald nach der Geschäftseröffnung begann Mira mit dem Ausbau ihrer eigenen Wohnung im oberen Stockwerk ihres Elternhauses. Dabei wurde sie von einem besonders neidischen Menschen behindert und so kam abrupt und unvermeidbar das katastrophale Ende für Mira. Ihre erträumte Zukunftsillusion zerplatzte innerhalb von kürzester Zeit wie eine luftige Seifenblase und verpuffte schließlich in der Luft.
Unmittelbar zurückdenkend war sie mit ihren Gedanken beim Beginn ihrer ersten Ehe. Mira war nicht sonderlich von Männern angetan, die ihre Frauen als Gebrauchsgegenstände und notwendiges Übel betrachteten. Durch Kundinnen in ihrem Beruf hatte sie viele unglückliche Ehefrauen erlebt. Für sie stand fest, nur mit gegenseitigem Vertrauen und aus gegenseitiger Liebe würde sie eine Beziehung wagen. Ihre Friseur-Kollegen und weitere Ehemänner im Ort, die ihre Ehefrauen betrogen, waren schuld an ihrem diesbezüglichen Misstrauen. Ihr jüngerer Bruder war bereits verheiratet. Als Hochzeitsgeschenk erhielt er ein eigenes Haus im selben Ort. Mira sehnte sich ebenfalls nach eigener Familie. Doch durch ihre Skepsis bedingt, lag ihr nicht besonders viel an Männern. Doch zu einer Beziehung gehörte auch ein Mann. Doch woher nehmen und nicht stehlen. In ihrem Elternhaus war sie ständig unter elterliche Bewachung und zu viele ihrer Hobbys ließen kaum eine Partnerschaft zu. Ihr erster fester Freund wollte unbedingt heiraten, doch Mira wollte erst ihre geplanten Ausbildungen absolvieren, ansonsten hätte sie diesen…? Der Sohn einer ihrer Kundinnen wurde geschieden. Miras Vater und diese Kundin verkuppelten dann die Zwei. Mit einem von seiner Mutter gekauften Blumenstrauß tauchte er bei ihr zu Hause auf und lud sie zu einer Feier ein. Seine Familie war im Ort angesehen und Mira dachte es würde sicher funktionieren. Bereits drei Monate später war die große Hochzeit. Ihr angetrauter Mann war Zimmermann und hätte das gesamte Dachgeschoss in ihrem Elternhaus zur eigenen Wohnung ausbauen können. Ruck zuck war sie schwanger und ihr Mann glänzte durch ständige Abwesenheit. Nichts wurde aus eigener Wohnung und Geplantem. Und nichts wurde aus erträumten Gemeinsamkeiten, sowie erhoffter, wenn auch nur geringer Zärtlichkeit und Wärme. Selbst nach der Geburt ihrer Tochter war sie für sämtliche Belange allein verantwortlich. Alles war stets Weiberkram. Nach relativ kurzer Zeit, ihr Mann sich um nichts kümmernd, reichte sie unverzüglich die Scheidung ein. Wenn sie ihren Mann nur wie einen Logiergast bewirten sollte, wollte sie lieber ganz ohne diesen sein. Ihr Kind musste sie so und so allein versorgen. Auch das geplante Wohnobjekt im großen Dachboden zerplatzte, ohne jegliches handwerkliches Interesse und seelischer Hilfe ihres Ehemannes.
Verzweifelt und reichlich desillusioniert begutachtete Mira ihr durch familiäre Missgunst vereiteltes Bauwerk. Nach einiger Zeit schaffte sie es irgendwie, das Ganze als Ironie des Schicksals zu betrachten. Obwohl ihr in vielen schlaflosen Nächten klar wurde, dass dieses Schicksal durchaus von Menschenhand gemacht war, konnte sie doch nichts daran ändern. Vergeblich versuchte Mira die nicht zu ändernden Tatsachen zu verkraften und schaffte es trotz aller Bemühung nicht. Ein nicht entfernbarer, sie ständig schmerzvoll stechender Stachel blieb hartnäckig und fest in ihrem Bewusstsein sitzen. So musste sie das Unvermeidliche annehmen und sich von ihrem Traum, ihrem Elternhaus, dem eigenen Geschäft und ihrer Wohnung verabschieden. Traum zerronnen, kaum begonnen! Mira verließ mit schwermütigem und seelischem Kummer im Gepäck überstürzt ihr geliebtes Elternhaus. Sie dachte an ihren Vater und wünschte sich, er wäre nur einmal noch da, um die Verwandtschaft auf ihren rechten Platz zu verweisen. Sie sehnte sich nach ihm, brauchte ihn und musste doch mit allem alleine fertig werden.
Angeschlagene Herzen brauchen Ruhe und Frieden und Mira brauchte dringend Ruhe, ganz ohne Familienstreitigkeiten. „Materieller Wert ersetzt keine Gesundheit“, sagte sie sich. Schon gar nicht Herzensschmerz und seelischer Kummer. Kaum ein Tag verging, an dem sie nicht, mit Tränen in den Augen und voller Sehnsucht, an ihr Elternhaus dachte. Dadurch bedingte Alpträume versetzten Mira oft ungewollt in ihre sorgenfreie Kindheit und Jugend zurück. Unaufhaltsame Tränen sammelten sich in ihren Augen und kullerten wie kleine nasse Kugeln an den Wangen hinab.
Innerlich vom Schmerz zerrissen und nicht wissend, was die Zukunft ihr bringen würde, siedelte sie 1979 in die Hauptstadt Berlin um. Mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln versuchte sie, sich dort einzuleben. Sie wollte sich eine neue Existenzgrundlage, ein eigenes Friseurgeschäft, schaffen. Mira brauchte ihren ganzen Mut und einen starken Willen. Sie wusste, dass sie viel Ausdauer und Geduld brauchte, um Erfolg zu haben.
Wieder und wieder an ihre zweite gescheiterte Ehe und ihr Elternhaus denken zu müssen, brachte sie in seelischen Zwiespalt. Ihren zweiten Ehemann, nachdem sie mit Nummer eins verkuppelt wurde, suchte sie sich selbst aus. Doch Ehemann Nummer zwei war nicht in sie verliebt, sondern in ihren Besitz und vermeintliches Vermögen. Mira erkannte das eindeutige Phänomen schon bald und trennte sich umgehend auch von diesem Ehemann.
Unvermittelt und erneut gedanklich sich abermals in ihrer Heimat wiederfindend, war sie nach ihrer zweiten Scheidung durch zeitweise undefinierbare Schmerzanfälle, anfallender Arbeit und Kinderversorgung völlig allein mit ihrer kleinen Tochter Micha. Sie hatten weder eine richtige Wohnung noch Aussicht darauf. Und trotzdem nahm Mira ihr ungewisses Schicksal tatkräftig an. Als zu den existenziellen Sorgen plötzlich gesundheitliche Probleme auftraten, begann für Mira ein über dreißig Jahre andauernder schmerzvoller Horrortrip, der seinen Anfang durch schlampige Arztbehandlungen von Kieferchirurgen nahm. Es folgte für Mira der unglaublichste Behandlungsalptraum, der sie physisch und psychisch an ihre Grenzen brachte. In einem ihrer dramatischen Tagträume wurde sie unmittelbar in die Zeit zurückversetzt, als sie noch mit ihrer Tochter Micha in ihrem Elternhaus lebte und sich in ihrem gewohnten sorgenvollen Leben wieder fand.
Nach ihrer zweiten gescheiterten Ehe war sie abermals allein für ihre Tochter Micha verantwortlich und deutlich überarbeitet, da sie gleichzeitig, neben Beruf und Kinderbetreuung, eine Ausbildung in einer Klinik absolvierte. Wie aus heiterem Himmel geschah die unvorhersehbare Katastrophe, die Mira hätte das Leben kosten können. Plötzlich, völlig ahnungslos und unerwartet, während der Arbeit überfiel Mira eine heftige Übelkeit und ein stark brennender Schmerz zerriss ihr förmlich die Brust. Erhebliche Schweißausbrüche folgten und setzten sie binnen kürzester Zeit mit drastischer Wucht außer Gefecht.
„Verdammt“, schimpfte sie, „was wird das denn?“
Spontan schwirrten ihr Fragen und Überlegungen durch den Kopf und sie versuchte verzweifelt gegen diese unheimliche Macht anzukämpfen. Jeder Atemzug, den Mira ausstieß und einsog, war ab sofort mit stechendem Schmerz und beklemmendem Luftmangel verbunden. Jedoch nach längerer Verschnaufpause, verbesserten sich die eigenartigen, ihr nicht bekannten und deshalb beängstigenden brennenden und stechenden Brustschmerzen, die wie ein glühender Stein auf ihre Brust drückten. Nach Abklingen dieser sonderbaren Beschwerden musste Mira unaufhörlich an das schmerzvolle Erlebnis denken, doch sie fand keine Erklärung dafür. Sie fürchtete sich vor einer Wiederholung, wusste nicht was sie dagegen tun würde und fragte sich immer wieder, was ihr die Brust zerreißen wollte.
In Miras Unterbewusstsein baute sich ein vager, quälender Verdacht auf. Hoffentlich war das kein Herzinfarkt. Der Schock erschütterte sie und schon fegten angstvolle Überlegungen durch ihr Gehirn. Sterben? Unmöglich. Was wird aus Micha? Jetzt nicht! Nein! Anfallartige Schmerzattacken dieser Art waren Mira unbekannt, doch erinnerten sie sich an ähnliche Beschwerdeerscheinungen bei ihrem Vater vor dessen tödlichen Herzinfarkt. Unmittelbare Übereinstimmungen waren hier bei Mira erkennbar, trotz alledem versuchte sie nicht an eine derartige Möglichkeit zu denken, geschweige denn diese Möglichkeit zu akzeptieren. Ihr Bewusstsein sträubte sich hartnäckig dagegen, einen Herzinfarkt anzunehmen, da dieser zur völlig falschen Zeit auftrat und nicht erwünscht war. Mira hatte keine Zeit zum Krankwerden. Diesbezügliche Überlegungen ausblendend versuchte sie die hartnäckigen und äußerst zermürbenden Beschwerden zu verdrängen. Sie wollte damit nichts zu tun haben. Voller Panik ließ sie von da an der Gedanke an einen möglichen Herzinfarkt nicht mehr los. Sie war erst 36 Jahre alt und für so etwas noch viel zu jung. Nach einer fast beschwerdefreien Nacht erwachte sie am nächsten Morgen und spontan wiederholten sich die heftigen Schmerzattacken. Diesmal begleitet von extrem großer Atemnot, starken Schweißausbrüchen und bis in ihren linken Arm ausstrahlenden stechenden Schmerzen. Mira rief ihre Mutter Elise zu sich. Ihr war der schnelle Tod ihres Mannes vor einem Jahr noch deutlich vor Augen und sie reagierte sofort. Miras Mutter rief die Hausärztin an. Als sie der Ärztin die Symptome beschrieb, zögerte diese keine Sekunde und rief den Notdienst, der wenig später mit Blaulicht und Martinshorn vorfuhr. Nach heftigem Sträuben der zierlichen und zarten Mira im Rettungswagen mitzufahren, wurde ein Sanitäter recht despotisch und verfrachtete sie resolut auf eine Trage und dann weiter ins Fahrzeug hinein. Konsequent und professionell wurde noch im Rettungswagen eine erste gründliche Untersuchung durchgeführt. Und es wurde tatsächlich, wie erahnt, ein Herzinfarkt diagnostiziert. Pech für Mira, aber wiederum großes Glück für sie, eine schnelle unverzügliche Hilfe bekommen zu haben und von helfenden Händen umsorgt zu sein. Das Glück war ihr besonders hold, denn der Rettungsarzt und die Sanitäter waren alte Bekannte aus einer Hautklinik, in der Mira zuvor ein kosmetisches Praktikum absolviert hatte. Unvermeidbar waren allerdings die weiteren gründlichen Untersuchungen und Behandlungen. Mira war äußerst besorgt um ihren Gesundheitszustand, jedoch setzten die Ärzte alle notwendigen Möglichkeiten zur gesundheitlichen Wiederherstellung ein. Zahlreiche und belastende Fragen tauchten auf. Warum jetzt? Warum so früh? Obwohl es sie sehr anstrengte, musste Mira alle Fragen genauestens beantworten, denn nur dadurch konnte ihr geholfen werden.
Völlig erstaunlich für sie war jedoch die Frage nach eventuellen Entzündungsherden in der vergangenen Zeit. Natürlich gab es diese. Große Lymphknoten am Hals, immer wiederkehrende Kopfschmerzen und oft Übelkeit setzten Mira von Zeit zu Zeit erheblich zu. Jedoch vermied sie es, ihre ständigen Vermutungen von möglichen Entzündungen an den Zähnen zu erwähnen. Sie wollte sich nicht lächerlich machen. Doch nach einigen schlaflosen Nächten brachte sie den Mut auf, äußerst vorsichtig von ihrem Verdacht zu berichten, dass eventuell an ihren Zähnen Eiterherde und Zysten sein könnten. Schneller als erwartet erhärtete sich nun der Verdacht, dass Entzündungen im Oberkieferbereich tatsächlich eine mögliche Ursache ihres Herzinfarktes sein könnten. Die Mira sorgsam und fürsorglich behandelnden Klinikärzten gaben ihr nach reiflichen Überlegungen und fachlich korrekter Beratung, eine Überweisung für weitere Untersuchungen ihres Kopfes. Es sollte nach eventuellen entzündlichen Auslösern des Herzinfarktes gesucht werden. Als Mira das abschließende Untersuchungsergebnis erfuhr, konnte sie es nicht glauben. Es konnten leider keine genauen Entzündungen im Kopfbereich diagnostiziert werden. Niedergeschlagen und am Boden zerstört, hielt Mira an ihrer inneren Überzeugung fest, dass Entzündungen an den Zahnwurzeln ihr den Infarkt eingebrockt hatten. Die periodisch wiederkehrenden Kopfschmerzen im Stirnbereich bestärkten sie in ihrer Ahnung. Tatsächlich bewahrheitete sich kurze Zeit ihr Verdacht, dass der Auslöser ihres Herzinfarktes doch eventuelle Entzündungsherde an den Zähnen sein konnten. Inzwischen wurde auf Miras drängenden Wunsch hin eine Sputum-Untersuchung durchgeführt und nach deren bakteriologischer Untersuchung zahlreiche Bakterienstämme registriert. Leider war der gesamte Untersuchungs- und Behandlungsablauf eine einzige unmögliche Farce, da man derzeit mit erfolgtem Ergebnis nichts anfangen konnte. Die derbe Enttäuschung darüber nahm Mira seelisch sehr mit. Es fehlten zu dieser Zeit in der Tat spezialisierte ärztliche Profis für dieses Fachgebiet. Aus der eindeutigen Erkenntnis der behandelnden Ärzte wurde Miras großer Vorderwandinfarkt durch eine massive bakterielle Entzündung ausgelöst. Die diesbezüglich notwendige Behandlung wurde ein herber Reinfall, unter dem Mira stark zu leiden hatte. Immer öfter sah sie mit erschreckender Deutlichkeit ihre nicht geröntgten, daher leichtfertig überkronten Zähne, in Gedanken vor sich. Sollten doch Entzündungsherde an ihren Zahnwurzeln sein, könnte das eine verheerende Katastrophe heraufbeschwören. Ziemlich oft beschäftigte Mira die Tatsache, dass weitere Infarkte sie heimsuchen könnten, da der Auslöser des Infarktes zwar gefunden worden war, jedoch einfach nicht weiter behandelt wurde.
Missgestimmt und körperlich geschwächt streiften Überlegungen durch ihren Kopf. Die Vorstellungen eines erneuten Herzinfarktes nahmen reale Formen an. Die Folge waren seelische und körperliche Tiefs.
Mit erheblich reduzierten Kräften nahm Mira ihre Arbeit wieder auf. Jede Träumerei von Krankfeiern erstickte sie sofort im Keim, da Derartiges als selbständige Friseurmeisterin aus Kostengründen kaum realisierbar war. Die täglichen Anforderungen ließen zeitweise ihre belastenden Beschwerden in den Hintergrund treten. Sie nannte es: „Totale Verdrängung von Problemen.“
Schließlich musste sie trotz aller Nöte und der Arbeit für ihre Tochter da sein. Sie trug Verantwortung, auch für Michas Sorgen und Probleme.
Inzwischen kontaktierte Mira Arztpraxen in verschiedenen Fachgebieten. Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Neurologen, und Zahnärzte sahen sich ihre Beschwerden an, hörten ihre Krankengeschichte und kamen alle zu demselben Ergebnis. Zu Ihrer besonders großen Verwunderung war keiner dieser Ärzte fündig geworden. Bei ihrer ständigen Grübelei tauchte immer wieder dieselbe Frage auf: Konnte oder wollte kein Arzt etwas finden? War Desinteresse am Werk oder war vielleicht keiner dieser Fachspezialisten in der Lage festzustellen, an welcher Stelle in ihrem gestressten Kopf sich die diagnostizierten Bakterien eingenistet hatten und festsaßen? Miras Kopfschmerzen sollten für sie weiterhin ein geheimnisvolles Gespenst, das in ihrem Kopf herumspukte und nicht greifbar war, bleiben. Schon recht bald hatte Miras erhebliches Arbeitspensum für ihre körperliche Verfassung beträchtlich einschränkende Folgen. Deutlich stärker machten sich die Kopfschmerzen wieder bemerkbar. Ihre Alarmglocken läuteten und spontan versuchte sie, ihr Arbeitspensum stark zu reduzieren. Vorstellbar für Mira war aber auch, dass bei den vorhandenen, nicht auffindbaren Entzündungen, eine Drosselung des Arbeitspensums allein nicht helfen würde. Daher war es für sie besonders wichtig, dass diese krankmachende Entzündungsursache so schnell wie möglich gefunden wurde. Notlösungen waren dann Antibiotikabehandlungen, die jedoch nur bedingt halfen. Was lief hier bei Miras Behandlung so extrem falsch? War womöglich eine geringe Anzahl von Ärzten unfähig und unzureichend ausgebildet? Kaum vorstellbar, dass die Entzündungsherde, die auf den Kopf eingeschränkt waren, nicht gefunden werden konnten. Miras düstererer Verdacht begleitete sie Tag und Nacht. Missgestimmt überlegte sie ständig, ob nicht eventuell doch Interesselosigkeit und mangelnder Arbeitseifer Schuld an ihren gesundheitlichen Problemen war. Sie glaubte fest, dass durch ein wenig mehr Bemühungen und Gewissenhaftigkeit der Ärzte doch noch eine helfende Möglichkeit für sie bestand. Beängstigende Sorgen belasteten Mira fortwährend. Wo versteckten sich diese diagnostizierten bakteriellen Plagegeister, die Entzündungen auslösten, aber nicht entdeckt und geortet werden konnten? Bedrückt und niedergeschlagen gelangte sie zu der Erkenntnis, Rat hin, Rat her, sie bräuchte einen sehr guten Arzt. Wo aber war dieser zu finden? Wo nur? Hoffentlich erfüllte sich Miras Wunsch bald, einen solchen zu finden. Erheblich deprimiert nach Einnahme von Medikamenten mit beruhigender und schmerzstillender Wirkung, die jedoch sehr langsam einsetzte, versuchte sie es zusätzlich mit einigen erlernten Entspannungsübungen. Sie tat alles, um den Schmerzen Einhalt zu bieten und der anspannenden Belastung zu entfliehen. Später stellte Mira fest, sie wurde durch diese entspannenden Übungen vom Schlaf buchstäblich überrumpelt und schwebend weggetragen, in eine andere, ihr unbekannte Welt. Schon sofort nach späterem Erwachen registrierte sie erstaunt, dass ein bedrückender Alptraum sie eingefangen hatte, wie schon einige Male zuvor.
Diese unheimlichen oft beängstigenden Träume hatten meist unglaubliche Handlungen und erlebte Begebenheiten zum Gegenstand. Des Öfteren wiederholte sich in ihren Träumen ihr Herzinfarkt, was Panikattacken zur Folge hatte. Die kraftkostenden Beklemmungen waren deutlich noch nach dem Erwachen spürbar. Die Furcht, nicht mehr aus diesen Alpträumen aufwachen zu können, lähmte sie so sehr, dass sie sich bald vor dem Einschlafen fürchtete. Ihr ungewisser Gesundheitszustand stellte hohe Anforderungen an Miras körperliche Kräfte. Da sie auch nachts keine Entspannung fand, griff die Panik immer häufiger nach ihr. Inzwischen schaffte sie es auch tagsüber nicht mehr, durch Ablenkung davon frei zu werden. Um besser schlafen zu können, trank Mira hin und wieder ein Gläschen Wein vor dem Einschlafen. Erschreckenderweise hatte sie nicht bedacht, dass sie Medikamente einnahm und schon bald wurde sie mit einer ernüchternden Wirkung, durch Alkohol, konfrontiert. Als sie am nächsten Morgen mit ihrer Tochter Micha zum Kindergarten fuhr, endete die Autofahrt abrupt vor einem dicken Straßenbaum. Tatsächlich war Mira, wenn auch nur kurz, eingenickt und Gott lob einige Zentimeter vor dem großen Ungeheuer stehen geblieben. Ab sofort war Alkohol von der Einkaufsliste gestrichen und Restbestände dieser alkoholischen Drogen, obwohl sie auch gute Zwecke erfüllten, verbannt. Aus der Not heraus suchte Mira nach besseren Einschlafmitteln und dachte sehnsüchtig an weniger Arbeit und mehr Entspannungsmöglichkeit. Leider blieb diese Sehnsucht eine wundervolle, jedoch nicht realisierbare Träumerei. Die damalige DDR ließ keine Möglichkeit zu, weniger zu arbeiten, denn alle Bürger, ob Mann oder Frau, mussten im Sinne des Sozialismus ihre Pflicht zur Arbeit erfüllen. Ein solch diktatorischsozialistischer Staat war durchaus in der Lage, Menschen große Bürden aufzuhalsen. So war es in einer Diktatur. Ärzte auch Diktatoren für Patienten? Immerhin vorstellbar.
Vergeblich bemühte sich Mira die immer wiederkehrenden, oft unerträglichen lästigen Schmerzen in ihrem Kopf zu ignorieren, doch alle noch so anstrengenden Versuche schlugen fehl. Unermüdlich und tapfer kämpfte sie verbittert dagegen an. Der Schmerz klammerte und nistete sich erbarmungslos in ihren Körper ein. Immer wieder versuchte sie, total genervt, abermals einen guten Arzt zu finden, der gewillt war ihr zu helfen und es auch konnte. Von einem ansässigen Hausarzt, den sie aufsuchte, wurde ihr ein neues sehr wirksames Schmerzmittel verschrieben. Angeblich gänzlich ohne jegliche Nebenwirkung. Diese Tatsache war für Mira unvorstellbar. Von dringender und notwendiger Untersuchung kein Sterbenswort, geschweige eine derartige Andeutung. Somit war diese Kampagne für Mira ebenfalls gestorben. Hinhaltetaktik nannte sie das. Das medizinische Wunderprodukt war gleichzeitig zur Beruhigung gedacht. Mira hoffte, dass es sie nicht ebenfalls ins Alptraumland katapultierte. Äußerst deprimiert und verzweifelt ballte Mira die Hände vor Schmerz, ehe sie gleich zwei Wunderpillen auf einmal schluckte. Die eigene kurze Warnung, nicht gleich zwei zu nehmen, ignorierte sie völlig und das war nicht gut für sie. Schon bald setzte eine ihr unbekannte Wirkung ein. Deutlich wahrnehmbarer Schwindel, die Sehkraft ließ nach, und zu ihrem Entsetzen stellten sich zusätzlich noch drastische Sprachstörungen ein. Sie war nicht mehr in der Lage ein Wort zu sprechen, brachte nur noch ein jämmerliches Lallen hervor. Sofort tauchte ein weiteres unbequemes lästiges Übel auf. Miras Zunge funktionierte nicht mehr und die Kopfschmerzen ließen ebenfalls kaum nach. Wo blieb nur die versprochene helfende schmerzlindernde Wirkung dieses Medikaments, fragte sich Mira verzweifelt. Mit derart unangenehmen Nebenwirkungen hatte sie nicht gerechnet und es war auch nicht vorhersehbar. Total benommen und erschüttert überlegte sie, was für ein Teufelszeug dieser Doktor ihr da verpasst hatte. Besonders aber, wie sollte sie unter diesen Umständen arbeiten?
Heute beim Schreiben ihrer Geschichte, erklärt sie mir, dasselbe Gefühl in ihrem Gesicht zu spüren, wie damals bei dieser Überdosierung mit einem starken Schlaf- und Schmerzmedikament. Ein grauenvoller, quälender und deprimierender Zustand. Außer den erheblichen Schwindelerscheinungen handelte es sich um einen identischen Zustand, den Mira heute 2013 verspürt. Nach zahlreichen unnötigen Gesichtsnerv-Eingriffen und Operationen, die einige Ärzte, Kieferchirurgen und Neurochirurgen auf dubiose Art an ihr vorgenommen hatten. Die Folgeerscheinungen dieser katastrophalen ärztlichen operativen Behandlungen stellen bis zum heutigen Zeitpunkt eine dauerhafte Behinderung in Miras Gesicht dar. Durch eine völlig unnötige Gesichtsnerv-Operation leidet Mira bereits seit 1983 an diesem bewusst geschaffenen Zustand.
Mira wieder in ärgster Bedrängnis, durch stechende und pochende Kopfschmerzen, blieb ihr nur eine HNO-Klinik am Wochenende zur Auswahl. Nach langer Wartezeit wurden einige Röntgenaufnahmen angefertigt. Das Ergebnis war äußerst ernüchternd. Miras rechte Kieferhöhle war stark vereitert und musste sofort punktiert werden. Dann die große Enttäuschung: die Klinik hatte keine sterilen Punktionsnadeln vorrätig und somit hieß es für Mira warten bis zum nächsten Tag. Am nächsten Morgen kam sie gleich als erste Patientin an die Reihe und der äußerst unangenehme, jedoch notwendige Eingriff, wurde durchgeführt. Der Chefarzt persönlich legte selbst seine professionelle Hand an und führte den operativen Eingriff aus. Eingehend und ausführlich erklärte er Mira, wie dringend notwendig diese Kieferhöhlenpunktion war. Erstmalig bekam sie ein gutes Gefühl und glaubte, dass ihre Behandlung nun in die richtige Richtung lief. Voller Optimismus erhoffte Mira endlich eine Linderung ihrer so schmerzvollen Beschwerden. Sie versuchte sich vorzustellen, wie es ganz ohne diese verdammten Schmerzen sein könnte. Kurzfristig trat zu ihrem größten Erstaunen tatsächlich eine Schmerzlinderung ein. Eine sagenhafte Last fiel von ihr ab und schon sah sie sich wieder fröhlich und erleichtert an ihre täglichen Pflichten gehen. Jedoch eine leise innere Stimme erhob sich und flüsterte Mira zaghaft zu: „Warte ab, es könnte ein erster Lichtblick am Horizont sein aber auch ein gewaltiger Trugschluss.“ Sehnsuchtsvolle Vorstellungen von einem schmerzfreien Leben nisteten sich in Miras Zukunftsvorstellungen ein und verdrängten weitgehende Zweifel.
„Versuch bloß nicht in Grübeleien zu geraten!“, sagte sie sich „Grübeln zermürbt nur und macht depressiv.“
„Schon bald setzten Mira spürbare Nachbeschwerden der Kieferhöhlenpunktion in Form von drastischen Kopfschmerzen zu. Von Herzen wünschte sie sich einen Menschen, dem sie ihr angeknackstes Herz ausschütten könnte. „Aber wer würde sich ihr Jammern und Herzausschütten anhören wollen?“, schalt sie sich selbst.
Mira war seit dem Verlassen ihres Elternhauses völlig auf sich allein gestellt. Sicher, sie hatte einigen Bekannte aber diese konnte und wollte sie nicht mit ihren gesundheitlichen Problemen belästigen. Händeringend sehnte sie sich nach einer Linderung ihrer Beschwerden, doch die ließ auf sich warten. „Nicht immer erfüllen sich erhoffte und erwartete Wünsche, das weißt du doch“, sprach sie sich Mut zu.
Weiterhin körperlich eingeschränkt durch ihren Herzinfarkt erlag Mira wesentlich schneller einer Erschöpfung als üblich. Verminderte Leistungsfähigkeit war eine drastische Behinderung und stellte eine Einschränkung ihrer Lebensqualität dar. Daher gönnte sich Mira kleine Ruhepausen und merkte, dass sie diese auch bitter nötig hatte. Während solch erzwungener Erholungspause schlief sie öfter ungewollt tief und fest ein, um später, wie schon so oft, benommen aus einem bedrückenden Alptraum zu erwachen. Die ständigen Sorgen um ihre Tochter Micha drehten sich um einen erneuten Herzinfarkt, den sie vermutlich nicht überleben würde. Was sollte dann aus ihrem Kind werden? Wer würde sich um sie kümmern und wer würde für sie sorgen? Nach Miras Auffassung waren gewisse Sorgen in ihrem Kopf gespeichert. Daraus formten sich ihrer Meinung nach höchstwahrscheinlich ihre anstrengenden und aufregenden Alpträume, von denen sie öfter als gewollt, heimsucht und meist in Panik versetzt wurde. Erschöpft legte sich Mira wieder einmal auf ihr gemütliches Sofa, mit dickem kaltem Waschlappen bestückt, den sie auf ihr von Schmerz gepeinigtes Gesicht drückte, um nur für ein paar Minuten ihre brennenden und tränenden Augen schließen zu können.
Kaum hatte sie ihre Augen geschlossen, landete sie wie von wolkenleichtem Schweben getragen in einer unwirklichen Welt. Das konnte nur eine Fantasiewelt sein, in die Mira überhaupt nicht wollte und doch einfach hinein geriet. Aber in diesen Träumen gab es keine Schmerzen, kein spürbares Leid und keine sorgenvollen Gedanken. Einfach wunderbar so gänzlich ohne peinigende Schmerzzustände zu sein. Die tatsächlich erlebten, teils wahrheitsgetreuen Geschichten, hatten oft granatharte Wirkungen, die ihre körperliche Verfassung und ihr Seelenleben erheblich belasteten. Schon bald entstand für Mira eine neue Traumwelt und hüllte sie in eine zeitverschobene unwirkliche Umgebung ein: Früh am Morgen machte sie ihr kleines Auto startklar, um ihre Tochter in den Kindergarten zu bringen. Zu ihrem großen Erstaunen sprang ihr kleines schon recht klappriges Auto trotz vergeblichen Bemühungen einfach nicht an. „Verdammt noch mal“, schimpfte sie laut. „Was ist bloß mit dieser dämlichen Kiste los?“ Besonders verärgert und gereizt attackierte Mira die Zündung des alten Wagens. Sie war einer echten Verzweiflung nahe. Schon im nächsten Moment wurde es plötzlich kalt und spürbar immer kälter. Schnell begann es stark zu frieren. Es begann zu schneien. Erst langsam, dann immer stärker. Miras Finger wurden klamm. Es wurde immer eisiger. Ihre Finger fühlten sich an wie eingefroren. Du liebe Güte. Schon bald hatte sie durch die Kälte kein Gefühl mehr in ihren Händen. Ihre Finger waren bereits steif gefroren und nahmen eine bläulich violette Färbung an. „Hier ist etwas faul“, stellte sie schockiert fest. Die Autoscheiben begannen langsam zuzufrieren, und schon bald waren an den Scheiben wunderschöne kristallene Eisblumen zu erkennen. Der Blick durch die Scheiben war dadurch völlig verhindert und Mira konnte nichts mehr erkennen. Eine dicke glitzernde Eisschicht hüllte das gesamte Auto ein. „Was ist hier bloß los? Wir haben doch noch keinen Winter?“, wütend schimpfte Mira über diesen unglaublichen Zustand. Sie musste doch ihre Tochter in den Kindergarten bringen. Völlig hilflos spürte sie die Panik kommen. Ihr angegriffenes Herz raste und klopfte wie verrückt, obwohl es der Ruhe bedurft hätte. Miras gesamter Körper wurde kälter. Sie bibberte und zitterte bereits, dazu gesellte sich ein heftiger Schüttelfrost und ließ einen Kälteschauer nach dem anderen über ihren schmalen Rücken sausen. Dieses schreckliche Gefühl der totalen Kälte spürte Mira noch nach dem Erwachen aus dem Alptraum. Mund und Nasenlöcher waren plötzlich dicht. Sie konnte nicht mehr atmen, denn beide Nasenlöcher waren ebenfalls nach und nach zugefroren. Ihren Mund bekam Mira ebenfalls nicht mehr auf, da auch die Lippen, zugefroren waren und fest zusammenklebten. „Ist das vielleicht das Sterben?“, überlegte Mira in ihrer Panik. Der Gedanke traf sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel. „Bin ich erfroren und nicht mehr am Leben?“ Mira konnte nicht einmal mehr schimpfen aber ihre Gedanken wirbelten durcheinander und gaben Morsezeichen: „Ich kann und darf noch nicht sterben, ich werde noch lange gebraucht“, dachte sie verzweifelt. Ein Aussteigen aus dem Auto war Mira nicht möglich, da die Autotür klemmte und sie bekam diese alte, schon leicht verbogene Autotür, trotz aller Bemühungen, nicht auf. Das Schloss war völlig vereist. In eine traumatisierte Stimmung versetzt, versuchte sich Mira verzweifelt, bemerkbar zu machen, um irgendjemand zur Hilfe zu rufen. Doch ihre Stimme versagte völlig, funktionierte auch nicht mehr, da auch diese durch Frost geschädigt und eingefroren war. Irre, nicht begreifende Fragen tauchten in Windeseile in Miras Bewusstsein auf, wie werde ich dieses Trauma überstehen? Hilflos kapitulierend und auf sich allein gestellt versank Mira in eine schaukelnde, frostige, kalte Dunkelheit! „Mami, Mami“, schrie Micha. Miras Tochter stand in unmittelbarer Nähe des alten knallroten Autos. Mira konnte sie aus einer ungenauen Entfernung hören, da sie ängstlich und verzweifelt immer wieder nach ihr schrie. Mira vernahm dieses angstvolle Stimmchen noch beim Erwachen ganz klar und deutlich. Doch sie war nicht in der Lage irgendetwas zu empfinden, geschweige zu tun. Sie war einfach total erschöpft und in diesem lähmenden Trancezustand gefangen. Mit größter Anstrengung versuchte Mira, Aufmerksamkeit zu erregen. Von innen begann sie, das Auto gewaltsam zu schütteln. Alle noch so entkräftenden Bemühungen waren vergeblich. Frustriert wurde sie aggressiv, da ihre Tochter pünktlich im Kindergarten sein musste. Sie setzte eine gewaltige Kraftanstrengung ein und versuchte die zugefrorenen Autotüren zu öffnen, um sich zu befreien. Mit einem Gefühl von Versagen stellte sie schockiert fest, dass es ihr trotz größter Anstrengungen nicht gelang. „Werde ich jetzt doch langsam und sicher erfrieren, vielleicht sogar nicht mehr aus diesem unwirklichen Traum aufwachen?“, schossen erschütternde Geistesblitze durch Miras frostgeschädigtes Gehirn. Als sie endlich irgendwann erwachte, fror sie immer noch stark. Benommen, eiskalt, schweißnass und total erschöpft überlegte sie, wie ein Alptraum derart real erlebbar sein konnte, dass er sie an ihre nervlichen und seelischen Grenzen stieß, ja sie sogar in Todesangst versetzte. Nach Miras Auffassung spielt in solchen aufregenden kraftkostenden Träumen das Gehirn den Träumenden gewaltige und makabre Streiche.
Unerwartet und besonders heftig setzten nach kurzer Pause bei Mira wieder stechende und pochende Kopfschmerzen ein. Sie hatte doch so große Hoffnungen gehabt, dass nun alles besser werden würde. Eine große Betroffenheit machte sich in ihr breit und sorgte für eine nicht geahnte Entmutigung. Miras überwältigende Freude und große Hoffnung endlich gesund zu werden, bekam somit einen gewaltigen Dämpfer. Sobald hatte sie nicht mit der Wiederkehr dieses Monsters gerechnet. „Traum von schmerzfreier Zukunft schnell geplatzt“, sagte sie sich deprimiert. Für ihre Begriffe viel zu schnell. „Und wenn es doch die Zähne sind?“
Der Gedanke, dass die Kieferhöhlenvereiterung nur eine Begleit- oder Folgeerscheinung von Entzündungen an den Zähnen sein könnte, ließ sie nicht los. Verzagt und am Boden zerstört griff Mira somit wieder nach ihren üblichen hilfreichen Schmerzmitteln. Ihr Kopf war voller trüber Gedanken, die sie mürrisch und müde machten, da sie nicht wusste, wie es weiter gegen sollte. Wohin diese ungewisse Erkrankung führen würde? Komplizierte Fragen wie: „Werde ich irgendwann wieder völlig gesund?“, stürzten wie eine Sintflut mit unheimlicher Macht auf Mira ein. Eine Beantwortung diese Frage war in diesen Fall fast unmöglich.
An belastenden Nebenwirkungen von Schmerzmitteln bereits gewöhnt, befiel Mira nach der Einnahme eine sanfte Müdigkeit und sie hörte sich noch sagen: „Nur nicht wieder einschlafen, es ist noch viel zu tun.“ Doch schon im selben Moment wurde es um Mira beängstigend still. Ihr Körper griff ein und befahl ihr einzuschlafen. Unvermeidbar war Mira abermals in einer aufregenden Traumwelt gestrandet. Auf ihrem Sofa liegend, nahm alles Weitere seinen Lauf. Mit ihrer Tochter Micha unternahm sie eine Reise zu einem Bauernhof. Tiere waren die große Leidenschaft von Micha, ganz besonders die kleinen Ponys. Es gab dort auf dem Bauernhof viele unterhaltsame Beschäftigungen für ein kleines Mädchen. Nur war der Bauernhof sehr groß und Mira bekam Angst, ihre Tochter könnte sich verlaufen, da die Umgebung recht urwüchsig, steinig und felsig war. Die Zimmer waren gemütlich und freundlich eingerichtet und sogar mit sehr bunten, farbigen Bettdecken bestückt. Auch konnten beide darin ihr gesamtes Gepäck, es war nicht wenig, unterbringen. Mira war gerade mit einer Gartenarbeit beschäftigt, ihre Tochter Micha hielt sich mit anderen Kindern bei den Pferden auf, als jemand laut schrie: „Es brennt!“
„Aber wo denn?“, rief Mira erschrocken zurück. Sie konnte weder Feuer noch Rauch entdecken. Die Landschaft war relativ bergig und daher waren die Flammen möglicherweise nicht zu sehen. Doch beim näheren Hinschauen sah sie doch die rauchenden und lodernden Flammen, die an mehreren Stellen in der Umgebung ausgebrochen waren. „Wir müssen uns alle schnellstens zur Flucht vorbereiten“, erklärte der aufgebrachte und wild gestikulierende Bauer in seiner eigenen Not. Er war schließlich für seine Feriengäste verantwortlich. Deshalb schrie er völlig hysterisch: „Das Feuer breitet sich viel zu schnell aus und wir sind bereits überall von Flammen eingekreist.“
„Welche Möglichkeiten zur Flucht hätten wir, um so schnell wie möglich das brennende Gelände verlassen zu können?“, schoss es Mira wie heißes Adrenalin durch den Kopf. Äußerst hektisch und aufgeregt rief sie dem Hofbesitzer zu: „Wo sollen wir denn nur so schnell hin, wenn alles rundherum brennt und kein Ausweg zu sehen ist?“
„Als Notlösung“, schrie der Bauer völlig überlastet. „könnten wir alle gemeinsam mit unseren alten Autos und den Fuhrwerken des Hofes flüchten.“
Schockiert und schon merkbar panisch vor Sorgen, gestattete Mira sich die eiligen Fragen, was denn mit den Kindern und den Tieren werden sollte, die geschützt werden müssten. Noch entrüsteter, die Angst schon im Nacken, fragte sie sich vorwurfsvoll, wo denn die Feuerwehren der Umgebung blieben, um diese Brände zu löschen. Hoffentlich gibt es überhaupt Feuerwehren. Ohne eine solche wäre es ein aussichtsloses Unterfangen. Dann prost Mahlzeit. Auf diese besorgte und aufgebrachte Frage von Mira kam eine der unmöglichsten und recht beängstigenden Antworten. Die Feuerwehrmänner wären im Urlaub und hätten keine Ersatzmänner, die zur Verfügung stehen würden, war dessen unlogisch erscheinende und katastrophale Antwort.
„Dafür fehlt mir jegliches Verständnis. Feuerwehren im Urlaub! Feuerwehren vielleicht auch noch zum Tanzen?“, wie selbstverständlich murmelte es Mira sehr, sehr wütend vor sich hin. Eine plötzliche Hektik setzte ein. Alle waren in Alarmbereitschaft und eine eifrige, panische Packerei von Gegenständen und Gepäckstücken begann. Ein jeder versuchte, wenige wichtige Habseligkeiten einzupacken. Mira konnte ihre Tochter plötzlich nicht mehr sehen. Eiskalte Schauer liefen über ihren Rücken. Verzweifelt suchte und schrie sie. Dann sah Mira das Kind hinter einem alten Schuppen, schmutzig und vor Angst bebend, hervor kriechen. „Gott sei Dank war sie da!“ Miras Herz schmerzte und die Luft wurde ihr knapp. Mit hektischer und übereifriger Initiative ergatterten beide das erst beste Auto, das am Wegrand stand, aber oh Schreck, es fehlten die Räder. Bei einem weiteren Auto dasselbe traurige und unverständliche Dilemma.
„Hier geht etwas nicht mit rechten Dingen zu. Aber was?“
Die Flammen kamen immer näher und näher und breiteten sich bedenklich schnell aus. Immer neue Brandherde loderten auf, langsam wurde es bedrohlich heiß und die Hitze immer größer. Die Kinder begannen zu schreien und die älteren Bewohner und Urlauber jammerten durcheinander. „Wie kommen wir hier bloß ohne Schaden zu nehmen raus?“, fragte sich Mira. „Wir können doch hier nicht einfach alle verbrennen!“, schrie sie.
Mit deutlicher Todesangst in den Augen schrien mehrere Menschen, bereits in Panik und völlig aufgelöst, durcheinander. Nackte verheerende Angst stand ihnen im Gesicht geschrieben. Bedrohlich heißer und stickiger wurde es in unmittelbarer Nähe der Flammen. Zu Miras größtem Erstaunen und gänzlich unerwartet, waren wie aus dem Nichts die Sirenen von Feuerwehren zu hören. Doch instinktiv konnten sie, trotz panischem Verhalten registrieren, dass diese von allen mit größter Sehnsucht erwartete Feuerwehr, sich immer weiter wegbewegte.
„Wo fuhr sie bloß hin? Machte sie etwa einen Bogen um uns?“ Mira verstand die Welt nicht mehr. Die sehnsüchtig erwartete Feuerwehr, die so dringend benötigt wurde, kam nicht zu den vom Verbrennen bedrohten Menschen. Sie fuhr einfach weg vom lodernden brennenden Geschehen. Ungeheuerlich. Mira packte mit zitternden und fahrigen Händen eiligst die allerwichtigsten Dinge ein und suchte noch nach weiteren Möglichkeiten, zu retten, was zu retten war. Ihre jammernde und wimmernde Tochter wickelte sie so schnell sie konnte in eine alte nasse und schmutzige Bauerndecke ein, um sie vor dem Feuer zu schützen. Es trafen immer mehr Menschen aus der Umgebung ein, die auch in Nöten vor dem Feuer waren. Schon hörte Mira entsetzliche Schreie der Brandopfer aus unmittelbarer Nähe. Ein Grausen packte Mutter und Tochter und hielt sie beide wie mit eisernen Klammern fest aneinander. Mira fühlte sich wie gewaltsam in eine Zwangsjacke gedrängt. Unentrinnbar und total eingeengt. Sie versuchte mit letzter Kraft, dem Geschehen zu entrinnen.
„Lieber Gott hilf uns bloß“, wimmerte sie, „wenn du kannst, und verschone uns vor dem Verbrennen.“
Gerade in diesem grauenvollen Durcheinander sah sie einen grandiosen Ausweg. Sie erblickte ein altes Fahrrad, noch fahrtüchtig. Doch es fuhr nicht und brach beim Aufsteigen zusammen. Eine Feuersbrunst schlug bereits tosend über den beiden zusammen und ein lautstarker beängstigender Angstschrei brach sich Bahn.
Blutüberströmte und halbverbrannte Menschen liefen, laut schreiend wie eine wilde Horde durcheinander. Andere stöhnten in ihrer Verzweiflung. Auch Mira entwich ein schmerzvolles Stöhnen, weil sie durch die eisernen Klammern, die ihren Körper schmerzvoll einengten, bewegungsunfähig war. Eingeklammert und unbeweglich mobilisierte sie all ihre noch vorhandenen Kräfte und sprengte mit geballter Kraft trotz großer Angst, die sie einengende Umklammerung. Der starke Wille ihre Tochter zu retten, hatte ihr diese ungeahnte Kraft gegeben. Dann geschah plötzlich etwas Wundervolles. Es wurde merklich kühler und begann plötzlich zu regnen. Die Flammen erloschen und langsam zog stark qualmend und laut zischend der Rauch empor. Das geräuschvolle Zischen der Flammen war noch zu vernehmen, als Mira langsam, völlig verängstigt und benommen, erwachte. Aus einem, wie in letzter Zeit sich öfter wiederholenden, beängstigenden Alptraum. Nach derart pulserhöhenden Träumen fühlte sich Mira total ausgelaugt. Schwach und feststellbar erschöpft, als hätte sie diesen Alptraum tatsächlich, wie im wahren Leben, erlebt. Eigenartigerweise traten bei Mira diese beängstigenden Träume meist während einer kurzen Erholungspause sowie in den frühen Morgenstunden, kurz vor dem Erwachen, auf. Diese Träume erlebte sie stets als echte Realität. Völlig real!
Noch total benommen vom letzten Alptraum, flitzten Miras Gedanken schon wieder in Richtung Sorgen um ihre Tochter. Diese unaufhaltbaren Ängste verfolgten sie sogar während ihrer Arbeitszeit. Doch ihr wurde bewusst, dass grübeln und sich sorgen, nicht weiter half.
Aus diesem Alptraum erwachend und sich wieder in der nackten Realität befindend, wurde ihr bewusst, dass sie ihr altes zu Hause verlassen hatte und dort nicht mehr lebte. Doch unvorbereitet tauchte sie abermals ein, in einen vom Elternhaus träumenden Zustand. Zu Miras ständigen Kopfschmerzen gesellten sich erneut Übelkeit, Müdigkeit und immer häufiger auch Rückenbeschwerden ein. Niedergeschlagen und neben sich stehend, konsultierte sie einen neuen praktischen Arzt. Nachdem sie diesem Arzt von ihrer bisherigen mysteriösen Erkrankung berichtet hatte, überwies er sie umgehend in eine Uni-Klinik für innere Erkrankungen nach Berlin, die Hauptstadt der damaligen DDR und bestehend auf eine gründliche Diagnostik. „Abwarten“, sagte sich Mira und dann erst weitersehen. Vertrauen wollte sie weiteren Ärzten schon entgegenbringen, jedoch wurde sie schon öfter derb enttäuscht. Daher ging sie auf Nummer sicher und prägte sich ein, wachsam zu sein. In ihren jüngeren Jahren betrieb Mira Kraftsport. Dadurch bestand durchaus die Möglichkeit einer Wirbelsäulenschädigung. Durch nicht unerhebliche Verbiegungen war eine Schädigung immerhin möglich. Schneller als erwartet bekam Mira den Termin in der Klinik für innere Erkrankungen und ein tolles Bett dazu. Die Untersuchungen schritten schnell voran und schon bald stand eine außergewöhnliche und nicht besonders ruhmreiche Diagnose fest: „Sie sind zu dünn, sie brauchen ein bisschen Eisen und Vitamin C.“ Nichts weiter Nennenswertes war festgestellt worden.
„Das soll alles gewesen sein?“, fragte Mira mit offenem Mund, hochgezogener Stirn und sichtlich erstauntem Blick. Wieder einmal wurde Mira mit einer bedeutsamen Schlamperei konfrontiert. Einfach nicht zu fassen, aber trotzdem tatsächlich wahr. Bei einer Röntgenuntersuchung erklärte ihr ein Arzt, dass an ihrem Dickdarm ein birnengroßer Schatten sei und dort nicht hingehörte. Er könne sich diesen Schatten nicht erklären, war die weitere Auskunft des Arztes.
„Na so etwas. Also Ursache ungewiss? Bedarf auch keiner weiteren Klärung?“, höchst verwundert wurde Mira nach dreiwöchigem Aufenthalt unverrichteter Dinge entlassen. Sie konnte gehen, trotz ungewissem, aber doch deutlich sichtbarem Befund! Bedrückt und nicht verstehend was da ablief, verließ sie die Universitätsklinik. Merkwürdiger Tatbestand. Ein warum blieb offen oder interessierte nicht. Selbsthilfe wird von Medizinern nicht gern gesehen. Bedeutete sie doch einen Angriff auf ärztliches Können! Könnte auch als Bevormundung deklariert werden. Im Gesundheitswesen ist so ziemlich alles vorstellbar, wie Mira aus ihren sonderbarsten Erfahrungen lernen konnte. Es passierten bemerkenswert oft die seltsamsten medizinischen Dinge. Ihre diesbezüglichen Erfahrungswerte stiegen ständig. Wenn ihr niemand genaue Erklärungen bieten konnte, musste sie sich selbst weiterbilden. Miras Entdeckerdrang sowie Wissensdurst wurden durch die ärztlichen Pannen geweckt. Sie wollte unbedingt wissen, was der Schatten, der an genannter Stelle nicht hingehörte und auch deutliche Beschwerden hervorrief, sein könnte. Sämtliche alten Arztbücher mussten nun dran glauben. Omas Bücher, auch die aus der gesamten Nachbarschaft, machte Mira sich zu Eigen. Nach verhältnismäßig kurzer Zeit glaubte sie die, für ihre Begriffe vorstellbare, weitaus richtigere Diagnose, zu kennen. Nach ihrer Vorstellung handelte es sich eindeutig um eine abgerutschte Niere. Fatal aber sicher die nackte Tatsache. Wie sich bald zeigen würde. Und an dieser vorstellbaren Diagnose hielt Mira sich siegesgewiss fest, und setzte sich vollends dafür ein, in einer urologischen Klinik erneut untersucht zu werden. Schadenfroh und mitleidig wurde sie im Bekanntenkreis belächelt. Mit Sicherheit dachten alle, sie hätte sich eine Erkrankung ausgedacht. Doch ihre eigene Diagnose sollte tatsächlich eine reale Tatsache werden. Belächelt wurde sie ebenfalls dann in der Sprechstunde des Chefarztes der Urologie, als sie von ihrem Verdacht, eine Senkniere oder Wanderniere zu haben, erzählte. Gerade noch rechtzeitig konnte der hohe Chef sich ein Lachen verkneifen. Doch ein deutliches Schmunzeln seinerseits war noch zu späterer Zeit in seinem Gesicht zu erkennen. Schelmisch lächelnd äußerte er dann: „Wir werden schon herausfinden, was es mit ihrer Vermutung auf sich hat.“ Trotz alledem wäre er begeistert, sagte er immer noch pfiffig lächelnd, dass eine Patientin ihre eigene Diagnose mitbringen würde. So etwas wäre nicht alltäglich. Nicht unerheblicher Stolz erfasste Mira und ließ sie ein Stückchen wachsen. Nach umfangreichen Untersuchungen, Mira abermals im Sprechzimmer des Chefarztes vorsprechend, stürzte Herr Chefarzt freudestrahlend auf sie zu und gratulierte ihr zur Feststellung der eigenen tatsächlichen Diagnose. Die Mira dann verwirrende Frage des Arztes, wann sie hier einziehen könne, warf sie fast aus der Bahn. Miras rechte Niere lag im unteren Teil ihres Körpers und hatte keinen eigenen Harnleiter. In einer großen Operation wurde getrennt, ersetzt und angenäht, was notwendig war. 21 Tage erlebte Mira einen schmerzvollen Klinikaufenthalt. 18 Tage war sie ans Bett gefesselt und wurde von freundlichen Nonnen umsorgt.
Somit hatte die fortschrittlichste und größte Klinik in Berlin eindeutig versagt oder nahmen die Ärzte es dort nicht so genau mit den Diagnosen und ihren Behandlungen? Immerhin ein trauriges Beispiel für doch so gelobte ärztliche Arbeit. Ungewollt und schneller als gedacht wurde Mira nun eine längere Ruhepause beschert. Aber schon bald erkannte sie, dass ihre starken Kopfschmerzen nicht im Zusammenhang mit der Nierenoperation auftraten. Das Rätselraten hatte kein Ende. Mira wappnete sich daher für ein weiteres makabres Ratespiel über ihre Schmerz-Ursachensuche. Hoffentlich beglückte man sie nicht auch noch mit einer psychischen Variante. Bedenklich zerknirscht über den Tatbestand Kopfschmerz nachdenkend, platzte unerwartet eine neue Idee in ihre Gedanken. Miras erneutes tatkräftiges Handeln sollte ab sofort sein, eigenhändig und selbstbewusst nach ihrer Ursache für den Schmerz zu suchen. Schließlich hatte sie bereits einmal eine richtige Diagnose gestellt. Massenhaft medizinische Literatur stapelte sich inzwischen auf ihrem Tisch. Euphorisch machte sie sich an die Arbeit, um die Ursache ihrer belastenden Kopfschmerzen zu finden. Instinktiv war sie sich ziemlich sicher, dass die Zähne mit Entzündungen an den Wurzeln, die wahrscheinlichste und einzig richtige Ursache all ihrer Schmerz-Probleme waren. Miras Überzeugung war nun eine Sache, die Auffassung der Ärzte eine völlig andere. Doch wer würde in diesem desaströsen Spiel nun Recht haben? Mira die Betroffene wollte es nun, wenn auch mit großer Ungeduld, einfach wissen. Die unaufhörliche Suche beanspruchte sie mehr als erwartet, und wieder griffen, wie aus dem Nichts, die drastischen Kopfschmerzen nach ihr. Sie hämmerten, bohrten und brachten ihren gesamten Tagesablauf durcheinander. Den hatte sie sich völlig anders vorgestellt. Auf keinen Fall derart durch Schmerzen und schlechtem Allgemeinbefinden behindert. Ein Verscheuchen des plagenden belastenden Zustandes gelang Mira nur mit starken Schmerzmitteln. Danach, meist gleich ablaufend, bei wiederholtem Einschlafen belagerte Mira mit Sicherheit wieder einer ihrer bedrückenden Alpträume, die allmählich eine deutliche Last in ihrem Leben darstellten. Wie bereits erahnt, lag einer dieser Träume schon auf der Lauer. Merkbar schläfrig und schon leicht benommen vom eingenommenen Schmerzmedikament, schlummerte Mira hinüber in eine völlig andere Welt.
Unmittelbar danach war sie bereits in ihrer überwältigenden Traumwelt gelandet, in der sie in eine Klinik zum Notdienst fahren wollte, um sich helfen zu lassen, da die Schmerzen wie Geier über sie herfielen und sie regelrecht folterten. Ihr kleines klappriges Auto raste auf einer Landstraße entlang. Erstaunlicherweise und für Mira unfassbar fuhr es plötzlich völlig selbständig, sodass sie kein Gas geben brauchte. Jedoch lenkte es auch ebenso selbständig in eine völlig andere Richtung, als es Mira geplant hatte. „Wo will es nur hin?“, versuchte sie überlegend festzustellen.
Doch sie hatte keinen Einfluss auf dieses bemerkenswerte Geschehen, denn es fuhr unbeeindruckt weiter und wurde immer schneller. Mira wurde misstrauisch bezüglich des Zielortes, denn sie konnte immer noch nicht erkennen, wohin ihr Auto sie bringen wollte. Plötzlich wurden ihr wie von Geisterhand die Augen zugedrückt und sie bekam diese auch mit den größten Bemühungen nicht mehr auf. Da sie sich nicht wehren konnte, war es ihr unmöglich die Richtung der Fahrt zu erkennen. Mit mühevollen Kraftanstrengungen versuchte Mira ihre Augen gewaltsam zu öffnen aber der anstrengende Kampf endete mit einer vergeblichen Müh. Ihre Augen blieben einfach zu. Mira bekam sie nicht mehr auf, fast wie geschlossen für immer und ewig. Miras angeknackstes Herz wurde unruhig und begann drastisch zu hämmern. Es war ja auch ein bereits gebeuteltes und strapaziertes Herz, das vor lauter Angst und Panik, die ständige beängstigende Ungewissheit aushalten musste. Mira fühlte sich einer heimtückischen Panikattacke ausgeliefert und war der Verzweiflung nahe. Es fanden innere, zermürbende Machtkämpfe statt. Mira versuchte, mit Gewalt die Augen aufzureißen. Langsam wurde sie schwächer. Der aufreibende Kampf blieb erfolglos. Spontan aufhorchend, vernahm sie ein leiser werdendes Brummen ihres flotten Fahrzeuges. Besonders erstaunte sie aber, dass es leiser und immer leiser wurde. Erheblich ruckend und schaukelnd kam es überraschend schnell zum Stillstand. Mit geschlossenen, verklebten und schmerzenden Augen, saß Mira in ihrem Auto. Langsam erfasste sie ihre Situation und konnte vorerst dann doch einen kleinen Schlitz weit ihre Augen öffnen. Ihre Augen fühlten sich wie verkleistert an, ließen sich aber endlich wieder, wenn auch sehr langsam, öffnen. Oh Wunder! Es wurde wieder hell. Erwachte Mira schon oder noch nicht? Unsicher mit noch verschleierten Augen schaute sie sich fragend um: Wo um Himmels willen war sie jetzt? Was sollte sie in einer derart unwirklich erscheinenden und merkwürdig einsamen Gegend, fragte sie sich. Staunend sah Mira sich um und ihr Blick erhaschte eine herrliche Berglandschaft mit tosenden Wasserfällen. Dazu bot sich ihr eine Augenweide von wunderschönen bunten und rot leuchtenden Blüten und mit stachligem Blattwerk bewachsenen Sträuchern an den Berghängen. Zu ihrem besonderen Erstaunen bemerkte sie im etwas versteckt liegenden Hintergrund, einige alte, zum Teil verfallene graufarbige Baracken. Zu ihrer größten Verwunderung hatten diese alten vergammelten Baracken, Ähnlichkeit mit alten Kirmesbuden. Sie hatten ein rotes Kreuz auf ihrem Dach, wie bei Rettungs- und Sanitätseinrichtungen. Sollten Miras Ahnungen sie nicht täuschen, war sie einem alten, aus der Kriegszeit übrig gebliebenen Lazarettdorf gestrandet. Vermutlich in Russland, da sich die Landschaft bemerkenswert russisch darstellte. Hoffentlich nicht noch aus dem Zweiten Weltkrieg, denn dann wäre sie nicht nur am falschen Ort, sondern auch in eine falsche Zeitepoche versetzt worden. Was Mira an dieser Ausnahmesituation unwahrscheinlich stark verunsicherte, war die Frage: Wie kam sie hierher und wozu? In diesen scheußlichen, fast verfallenen Baracken sollten Schmerzen bekämpft werden? Das war eine der bizarrsten Vorstellungen und einfach undenkbar. Auch nicht in ihren kühnsten Träumen vorstellbar. Äußerst zweifelnd und in einen dramatischen Ausnahmezustand versetzt, fragte sie sich permanent, was um Himmels willen sie hier sollte. Was hatte sie hier verloren, doch mit Sicherheit keine erwartende und erhoffende Schmerzbehandlung. Von einer plötzlichen Hoffnungslosigkeit erfasst, suchte Mira nach einem möglichen Weg, um dieser bedenklichen Unwirklichkeit zu entfliehen. Doch die Berge gerieten rundherum in Bewegung und legten zusehend und bedenkliche an Höhe zu. Sie nahmen bedrohlich wirkende dunkle und düster wirkende Farben an. Merkbar ängstlich, sich in einem Gefühlschaos befindend, war Mira bereits am Rand einer panischen Verzweiflung angekommen. Unbegreiflich und ebenso ungläubig stellte sie fest, dass es doch Tausende von Kilometern waren, die dieses Lazarettdorf von ihrer Heimat trennten. Sollte sie sich etwa in einer Zeitmaschine befunden haben?
„Gänzlich unmöglich. Das war doch reinster Unfug“, versuchte Mira sich einzureden.
Außerdem war einfach nicht fassbar für sie, dass sie tatsächlich hier gestrandet sein sollte. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, was sie in dieser, wie eine bizarre Märchenwelt aussehende Landschaft, erwarten würde. So schnell wie möglich dieser Traumlandschaft den Rücken kehren und einfach verschwinden, dachte sie sich. Nur ganz schnell weg. So weit wie möglich weg von dieser Unwirklichkeit, drifteten ihre Gedanken rasant durcheinander. Im unmittelbar selben Moment kamen von allen Seiten, schleichend und leicht watschelnd, weiß gekleidete bizarre Gestalten auf sie zu. „Schock lass nach und türme ganz, ganz schnell“, ratterten ihre bereits verängstigten und durchgeschüttelten Gedanken wild durcheinander. Was waren das für merkwürdig aussehende und doch menschlich wirkende Gestalten? Und was wollten diese von ihr? Verwundert und von äußerst großer Neugierde gepackt, versuchte sie zu entschlüsseln, was das für merkwürdige mysteriöse Gestalten waren und wo sie so ganz plötzlich herkamen. Noch mehr beschäftigte Mira, wer diese sonderbaren und komischen Lebewesen waren und was sie von ihr wollten. Auf jeden Fall kamen sie deutlich sichtbar aus Richtung der Gammel-Buden heran. Sie schlichen auf Mira zu. Diese eigenartigen Gestalten hinterließen bei ihr den Eindruck von eventuellen Kriegsverletzten, die nach Kriegsende hier in Vergessenheit geraten waren. Es könnte sich aber auch um weggesperrte Ärzte handeln, sinnierte sie überlegend. Sie hatten womöglich Behandlungsfehler begangen und in dieser Einöde sollten sie über ihre Fehler nachdenken, um in Zukunft weitere ärztliche Schäden zu vermeiden.
Wäre eine gute Sache und sollte Anwendung finden, würde Mira heute sagen. Äußerst irritiert vernahm sie ein unverständlich raues Stöhnen und gurrendes Brabbeln. Unterbrochen von leidvollem Jammern schlichen sonderbare dubiose Gestalten um sie herum. Schon bald ihre bereits erheblich strapazierte Geduld und Fassung verlierend, tauchte in Mira der Gedanke auf, dass es vielleicht auch seelische Krüppel sein könnten, die hier in dieser öden und kargen Einsamkeit dahin vegetierten und einfach weggesperrt worden waren. „Warum nur?“, fragte sie sich. In Miras Augen schien dieses wahnwitzige Erlebnis völlig unreal. Daher bemühte sie sich zu begreifen, was hier vor sich ging. Diese eigenwillige und merkwürdige Situation beschäftigte ihr Unterbewusstsein derart, dass sie in Erfahrung bringen wollte, wozu sie hier in dieser, sie an einen Stern im Universum erinnernden Landschaft, gestrandet war. Mit dieser bizarren und unwirklichen Situation war Mira weitaus überfordert. Auf jeden Fall erschien das unvorstellbare Ganze, wie ein Stück aus einem Horrorfilm und hinterließ bei Ihr den Eindruck von einer völlig anderen, unwirklichen Welt im Universum. Einfach unreal. Wie in einem utopischen Film! Miras Gehirn rotierte, suchte nach einer Erklärung zu dieser Unwirklichkeit und fand nach langer ausdauernder Arbeit keine Antwort darauf. Als diese mysteriösen Gestalten zu ihrem Gebrabbel plötzlich mit ihren Köpfen und Händen gestikulierten, war sie sich sicher, auf einem psychiatrischen Klinikgelände, mit dazugehörender Anstalt gelandet zu sein.
So stellte sich Mira die Psychiatrie vor, in die man sie später einweisen wollte.
Nach einer späteren „Beantragung einer Ausreise in die BRD“ zur ärztlichen Behandlung wollte der Staatsrat der DDR, Abteilung Gesundheitswesen, mit Beteiligung einiger Stasiärzte, Mira zwecks Behandlung in eine „Psychiatrie“ einweisen lassen. Damit wollte man ihre Ausreise verhindern. Hatten diese bestimmten Ärzte es doch geschafft sie dort unterzubringen, um sie nicht ausreisen zu lassen, einfach eingewiesen, weggesperrt und medikamentös ruhiggestellt. Das Glück war ihr in dieser dramatischen Situation jedoch hold. Der damalige Chefarzt Prof. Nisch rettete sie und verhinderte diese makabre Einweisung. Mira konnte daher erleichtert aufatmen.
Ihre aus der Angst heraus versuchten Bemühungen zu fliehen, scheiterten völlig, weil ihr geliebtes klappriges Auto verschwunden war. Wegrennen gelang ihr auch nicht, da ihre Beine schlappmachten und einknickten. Sie kapitulierten und versagten regelrecht ihren Dienst, obwohl Mira doch eigentlich recht sportlich war.