Die Magie der Lüge - Nicole Gozdek - E-Book

Die Magie der Lüge E-Book

Nicole Gozdek

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Beschreibung

Anderta Passario führt ein Doppelleben. Tagsüber ist sie eine harmlose Wahrsagerin, nachts eine gerissene Diebin. Sie ist glücklich. Doch eines Tages verändert ein Zauber die Wirklichkeit und Anderta scheint die Einzige zu sein, die sich an ihre Vergangenheit erinnert. War ihr ganzes Leben nur eine Lüge? Anderta ist wild entschlossen, ihr altes Leben mit allen Mitteln von dem schuldigen Magier zurückzufordern: Tirasan Passario. Dieser ahnt zwar nichts von Andertas Plänen, aber auch ihn schmerzt der Verlust seiner Vergangenheit. Gerade die Beziehung zu seinem Freund Rustan ist komplizierter denn je, denn Tirasan weiß genau, was dieser heimlich für ihn empfindet – nur hat Rustan sein Liebesgeständnis von einst vergessen. Dabei war Tir ihm noch eine Antwort schuldig! Doch sowohl Anderta als auch Tirasan müssen feststellen, dass es nichts bringt, der Vergangenheit nachzutrauern, wenn man die Gefahren der Gegenwart nicht erkennt.

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Lesen was ich will!

www.lesen-was-ich-will.de

ISBN 978-3-492-97809-5

September 2017

© ivi, ein Imprint der Piper Verlag GmbH, München 2017

Covergestaltung und -motiv: zero-media.net, München

Datenkonvertierung: abavo GmbH, Buchloe

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten.

Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

Unerwartete Enthüllungen

»Die Gabe des Wahrheit-Sprechens ist mit der Entstehung der Dynastien verschwunden. Heute gibt es niemanden mehr, der sie beherrscht.«

Ceor Bluber Elluren im 6. Jahrhundert

 

Die Perücke kratzte wieder einmal fürchterlich, als ich sie mir auf den Kopf setzte und sie sorgfältig befestigte. Kritisch verfolgte ich im Spiegel, wie ich mich von einer eher unauffälligen Brünetten in eine rassige Schwarzhaarige mit langen, schweren Locken verwandelte. Wobei die Betonung auf schwer lag.

In meinem Leben gab es eigentlich nur eines, was ich hasste, und das war die Notwendigkeit, eine Perücke tragen zu müssen. In einer Gesellschaft, in der dein Name darüber bestimmt, wer du bist, und deine Dynastie, was du bist, hat jeder die Erwartungen der anderen zu erfüllen. Es war beispielsweise undenkbar, einen Hero zu sehen, der nicht allzeit Wert auf respektable Kleidung legte. Niemand würde einen Juristen ernst nehmen, der sich wie ein Bauer oder ein Fischer kleidete. Allein dein Name bestimmte über deinen Charakter, deinen Beruf, dein Vermögen – und natürlich auch über dein Auftreten in der Öffentlichkeit.

Ich seufzte, als die verhasste Perücke endlich saß. Nun konnte ich mich dem Rest meines Kostüms für die Öffentlichkeit widmen. Auf die Wangen kam etwas Rouge, die Lippen malte ich blutrot an, die Augenlider leuchtend blau und die Wimpern grün. Zufrieden betrachtete ich das Ergebnis im Spiegel, bevor ich in mein rotes Kleid und die bauschigen Unterröcke stieg. Dann legte ich meine Goldketten an, meine große, mit Juwelen besetzte Brosche und die großen Goldringe und fertig war meine Verwandlung.

Niemand, der mich vor einer Stunde gesehen hatte, als ich das Gasthaus betreten hatte, würde mich jetzt noch erkennen. Darauf legte ich großen Wert. Schließlich hatte ich eine Rolle zu spielen und mein Ehrgeiz ließ nicht zu, dass ich sie anders als perfekt spielte. Das schuldete ich meinen Kunden.

Ich verließ mein Schlafzimmer und betrat den geräumigen Salon nebenan. Zufrieden musterte ich meine Bühne. Die schweren, roten Vorhänge hingen an den Wänden und verdeckten die meisten Fenster. Lediglich eines, das auf eine schmale, dunkle Gasse hinausging, war noch frei. Dadurch lag der Eingangsbereich im Zwielicht, der Rest des Salons aber im Dunkeln. Niemand, der das Zimmer betrat, würde mich auf der anderen Seite des Raums im ersten Moment bemerken.

Langsam ließ ich mich im bequemen Ohrensessel nieder und drapierte meine Röcke, bis sie so lagen, wie ich es wollte. Perfekt! Das Schauspiel konnte beginnen!

Während ich auf die ersten Kunden wartete, schweifte mein Blick durch den Salon. Er war groß, so wie es sich für das beste Gasthaus der Stadt Lodessis geziemte, und mit edlen Teppichen, kostbaren Möbeln und dunklen Vorhängen ausgestattet. Ich hatte die meisten sperrigen Gegenstände und den größten Teil der Dekoration entfernen lassen. Ich brauchte nur wenig für meine Auftritte. Zuallererst mein Kostüm. Einen bequemen Sessel mit einem kleinen Tisch. Ein Regal für meine Utensilien, auch wenn ich diese nur selten benötigte. Und natürlich Stühle für die Kunden.

Es war still im Zimmer, während ich wartete. Mein erster Kunde ließ sich Zeit, aber das war immer so. Ich war gestern in Lodessis eingetroffen und auch wenn die Stadtbewohner in den letzten Tagen schon Geschichten und Gerüchte über mich und meine Gabe gehört hatten, so erforderte es auch Mut – oder Verzweiflung –, der Erste zu sein, der mich aufsuchte. Doch nach vier Jahren in meinem Beruf hatte ich Geduld erlernt. Vorher war ich häufig impulsiv und spontan gewesen. Dafür hatte ich einen schmerzhaften Preis gezahlt …

Ich unterdrückte den Gedanken rigoros, bevor meine Aufmerksamkeit von meiner Vergangenheit in Anspruch genommen werden konnte. Es zählten nur noch das Hier und Jetzt und die Zukunft, die ich mir mit meiner Gabe erschaffen wollte.

Forsche Schritte hallten vom Gang zu mir in den Raum. Ah, ein mutiger Kunde!

Gespannt setzte ich mich etwas aufrechter hin und wartete, bis die Schritte nahe der Tür verlangsamten. Diese hatte ich offen gelassen, daher konnte ich in Ruhe die Frau im Türrahmen mustern, während sie versuchte, mich im Dunkeln ausfindig zu machen. Ein Hauch von Irritation huschte über ihr Gesicht und wurde rasch durch eine ausdruckslose Miene ersetzt.

Ich betrachtete das Wappen, das an einer Kette um ihren Hals hing. Die goldene Waage auf schwarzem Grund wirkte edel – genauso wie ihr Gewand, das aus grünem Samt gefertigt war und ihr ausgezeichnet stand. Die ganze Kleidung, die Rubinohrringe, die goldene Kette und die beiden goldenen Ringe an ihrer rechten Hand schrien förmlich »Reich! Wichtig!«, aber ich ließ sie auf dem Flur stehen, als wäre sie eine einfache Anderti, die darauf hoffte, die Aufmerksamkeit ihres Herrn zu erlangen.

»Seid mir gegrüßt, Briolta Meran«, sagte ich schließlich, als die Richterin kurz davor stand, wieder zu gehen. Das konnte ich natürlich nicht zulassen. »Bitte, kommt doch herein und setzt Euch zu mir.«

Beinahe wäre mir das kurze, erschrockene Zusammenzucken entgangen, doch ich hatte ihre Körpersprache genau beobachtet, um sie besser einschätzen zu können. Die Kunden kamen zu mir, um meine Künste in Anspruch zu nehmen. Doch nicht immer gefiel ihnen das Ergebnis. Ich hatte gelernt, auf Warnzeichen zu achten und Unruhestifter rechtzeitig zu erkennen. Ich hatte schon genug Narben auf meiner Seele, die von meiner früheren Unvorsichtigkeit zeugten.

»Woher wisst Ihr meinen Namen?«, fragte Briolta Meran mit beherrschter Stimme.

Während sie den Raum betrat und die Tür hinter sich schloss, entzündete ich die Kerze auf dem Tisch vor mir, um ihr so einen allerersten Blick auf mich zu gestatten. Ich wusste, was sie sah: eine exotische Frau von etwa zwanzig mit langen, schwarzen Locken und einem kleinen Lächeln auf den Lippen. Sie war mit Erwartungen zu mir gekommen und die würde ich erfüllen. Sie wollte Hoffnung, Rache, Reichtum, Antworten, Geheimnisse und noch vieles mehr, das ihr bislang noch gar nicht bewusst war. Doch vor allem wollte sie eines: Magie. Meine Magie.

»Ich weiß vieles«, erklärte ich ihr daher ruhig.

»Vieles?«

Die Richterin musterte mich mit abschätzendem Blick.

»Ihr möchtet eine Kostprobe?«, wollte ich wissen.

Damit hatte ich gerechnet. Obwohl mir mein Ruf vorauseilte, trauten die Leute ihm nicht. Zu fremd erschien ihnen meine Magie. Die Menschen kannten lediglich die Heilmagie ihrer Zunus, die Wettermagie ihrer Wellbanns, die magischen Tricks ihrer Wabloos und natürlich die Namensmagie ihrer Ellusans. Meine Magie und meine Dynastie waren ihnen unbekannt. Das war der Nachteil daran, einen so seltenen Namen zu besitzen: Viele begegneten mir mit großer Skepsis und einige sogar mit ausgewachsenem Misstrauen.

»Der Mord an Hotta Ipso letzten Monat – es war ihr Liebhaber, Ulire Kanres Bonisa, der es nicht verkraftet hat, dass seine beste Kundin und Gönnerin sich von ihm trennte. Er nahm ein kleines Obstmesser, als sie ihm die Neuigkeit verkündete, und stach voller Jähzorn auf sie ein. Als er erkannte, was er getan hatte, flüchtete er vom Tatort und steckte das Obstmesser ein. Ihr findet es versteckt in der untersten Schublade der Kommode in seinem Schlafzimmer. Hotta Ipsos Blut klebt noch immer an ihm und an der Innenseite der Hosentasche seiner grauen Baumwollhose, in der er das Messer während seiner Flucht versteckt hatte. Lasst ihn nicht mit der Lüge durchkommen, es sei Farbe, nur weil er ein Maler ist! Befragt die Andertis der Großhändlerin, ob sie das Obstmesser wiedererkennen!«

»Was?«

Ich gestattete mir ein weiteres geheimnisvolles Lächeln, während ich meine fassungslose Kundin betrachtete. Sie wusste nicht, was sie von meinen Informationen halten sollte. Ich konnte förmlich ihre Gedanken lesen: Woher wusste sie das alles? Konnte es wirklich wahr sein? Hat der Mörder es ihr erzählt? Oder hat sie gelogen und ihr Wissen über den ungelösten Mordfall nur vorgetäuscht?

»Bitte, überprüft es ruhig!«, erlaubte ich großzügig, während ich zum Regal ging und unter all den kleinen Fläschchen, Tinkturen, Gläsern, Schalen und für die Kunden so geheimnisvollen Materialien eine Flasche Wein auswählte, mir ein Glas nahm und damit zurück zu meinem Sessel ging. »Ich werde auf Eure Rückkehr warten.«

Briolta Meran rang sichtlich mit sich, bevor ihr Wissensdurst über ihre Zweifel siegte. »Darum kümmere ich mich später«, erklärte sie und nahm nun endlich auf dem Stuhl vor meinem Tisch Platz.

Ich unterdrückte ein triumphierendes Lächeln. Natürlich waren meine Informationen korrekt, aber es bereitete mir große Freude, wenn ich nicht in jeder neuen Stadt erst einmal angezweifelt wurde. Je länger ich brauchte, um den ersten Kunden zu überzeugen, umso weniger Zeit blieb mir für die übrigen.

»Nun gut, habt Ihr eine bestimmte Frage? Oder soll ich Euch verraten, was Ihr erfahren wollt?«, bot ich ihr an.

»Ihr könnt also tatsächlich die Wahrheit herausfinden?«, erkundigte sich die Richterin angespannt und beugte sich zu mir vor. »Oder ist das alles nur ein Trick?«

Ich legte meine Hand unter mein Wappen und hob es etwas hoch, sodass sie den darauf abgebildeten Kreis gut erkennen konnte.

»Wisst Ihr, wofür dieses Symbol steht?«, fragte ich sie und sie schüttelte stumm den Kopf. Wenig überraschend, schließlich fand man mein Wappen in keinem einzigen der gängigen Dynastie- und Wappenverzeichnisse.

»Es steht für allumfassende Wahrheit«, erklärte ich und ließ das Wappen theatralisch zurück auf meine Brust fallen. »Meine Magie vermag sie zu erkennen – zu unterscheiden, was Wahrheit und was Lüge ist.«

Und jetzt in diesem Moment spürte ich das erste Kribbeln meiner erwachenden Magie. Am liebsten hätte ich erleichtert geseufzt. Meine größte Angst war, dass meine Magie mich im Stich ließ und ich es mit einem wütenden Kunden zu tun bekam, der den Rest des Dorfes oder der Stadt auf mich hetzte. Und leider war die Angst nicht unbegründet, auch wenn der letzte Vorfall dieser Art schon lange zurücklag. Ich wusste nicht, ob die anderen Magier ähnliche Probleme hatten wie ich und ob sie diese nur besser überspielten. Aber ich hatte manchmal das Gefühl, meine Wahrheitsmagie wäre eine eigene, von mir getrennte Persönlichkeit. Und wenn ich sie irgendwie verärgert hatte, schmollte sie und ließ sich durch nichts hervorlocken.

Nun allerdings hörte ich das Flüstern ihrer Stimme und lauschte der Wahrheit, deren Klang sich zuerst in meinem Kopf und dann in meinem Körper ausbreitete. Wie so oft fühlte ich mich berauscht von der Magie, die auf mich in ihrer vollen Stärke einwirkte. Ich erfuhr, was Briolta Meran am heutigen Tag zu mir geführt hatte – und welche Lüge sie ihren Bekannten erzählt hatte.

»Ihr seid nicht zu mir gekommen, um mich zu fragen, wer für die Diebstahl-Serie verantwortlich ist, welche die großen Namen von Lodessis so verärgert, obwohl Ihr dies allen erzählt habt«, stellte ich sie zur Rede.

Der Richterin klappte der Mund vor Staunen auf. »Woher wisst Ihr das?«, flüsterte sie fassungslos.

»Meine Magie sagt es mir«, erklärte ich, während das Flüstern der Wahrheitsmagie wieder alle anderen Geräusche übertönte. Ich hörte nichts anderes mehr, sondern versank in dieser lockenden Stimme, in den Wahrheiten, die sie mir erzählte. Es war wie ein Rausch und selbst wenn es mir die Gesellschaft erlaubt hätte, meine Magie zu verbergen, ich hätte es nicht vermocht. In seltenen Momenten des Zweifels fühlte ich mich wie eine Sklavin meiner Magie, auch wenn ich wusste, dass es nicht so war.

»Ihr wollt wissen, ob Euer Liebhaber Euch tatsächlich betrügt«, fuhr ich schließlich laut fort, während ich den Kopf schräg legte, um der Stimme, die nun von rechts zu kommen schien, besser lauschen zu können.

»Die Antwort lautet Ja.«

Briolta Meran keuchte. Sie wurde erst blass und dann rot vor Wut, als sie aufsprang und der Stuhl mit einem für mich unhörbaren Knall auf dem Boden aufschlug.

»Mäßigt Euch!«, ermahnte ich die Richterin ruhig, bevor sie aus dem Zimmer stürmen konnte. »Ich verstehe, wie wütend Ihr seid. Ihr fühlt Euch verraten, weil er Euch erst heute Morgen noch seine Liebe beteuert hat. O ja, ich weiß, dass Ihr ihn letzte Woche zur Rede gestellt habt, als er eines Abends erst Stunden später als sonst betrunken nach Hause kam. Und ja, er hat Euch mit einer anderen Frau betrogen in dieser Nacht, genauso wie Ihr es befürchtet habt. Aber das ist nicht der Verrat, den er an Euch begangen hat.«

»Was denn sonst?«, rief sie.

Ich musste ihr die Frage von den Lippen ablesen und mir von meiner Magie zuflüstern lassen, denn ich hörte sie nicht. Nichts anderes als meine Magie drang noch zu mir durch.

»Er erinnert sich nicht daran, dass er Euch betrogen hat«, klärte ich die eifersüchtige Meran auf. »Er hat Euch nicht belogen, als er Euch sagte, dass er Euch liebt. Denn das tut er.«

»Wie könnt Ihr das sagen? Wie könnt Ihr Euch dessen sicher sein? Wie kann er mich betrügen, wenn er mich doch liebt?«

Ihr schlanker Körper wurde von Schluchzern geschüttelt. Ich erhob mich aus meinem Sessel und ging um den Tisch herum, um sie in die Arme zu nehmen und zu trösten, froh, dass sie mein Gesicht nicht länger sehen konnte, denn so sicher, wie ich tat, war ich nicht. Meine Gabe hatte ihre Grenzen, Gefühle wie Liebe, Eifersucht oder Hass blieben ihr verschlossen.

»Schhh, schon in Ordnung, weint ruhig«, sagte ich zu ihr und strich ihr über die Haare, was sie niemals zugelassen hätte, wenn sie ihre Gefühle unter Kontrolle gehabt hätte. Aber ich wusste, dass sie den Trost jetzt brauchte. Nichts war schlimmer als Liebeskummer.

»Er liebt Euch, Briolta«, fuhr ich nach einer Weile fort. »Doch Resu hat ein Problem. Ein großes Problem, das Euer gemeinsames Glück zerstört und sein Leben bedroht.«

»Welches?«, schniefte sie.

»Er ist süchtig«, erklärte ich.

»Süchtig?«

Verständnislos starrte sie mich an. Kein Wunder, denn ich wusste, dass es nicht mehr als vier Süchtige in ganz Lodessis gab, und diesen gelang es gut, die Anzeichen ihrer Abhängigkeit zu verbergen, da der Nachschub ihnen stets prompt geliefert wurde. Die wenigen Warnzeichen, die es gab, hatte Briolta nicht richtig deuten können.

»Er ist süchtig nach Traumsaft«, erklärte ich ihr. »Der Kräuterkundige Flommis Karresis hat ihn und drei weitere reiche Männer von Lodessis abhängig gemacht, um sein Einkommen aufzustocken.«

»Was?«, flüsterte sie fassungslos. »Flommis ist unser Freund! Das würde er niemals tun!«

Sie schüttelte den Kopf, leugnete die Wahrheit, weil sie sie nicht hören wollte. Aber sie musste sie hören. Die Stimme in meinem Kopf verlangte es.

»Ihr wisst nicht, dass er einem mächtigen Mann viel Geld schuldete, Briolta«, klärte ich sie auf. »Und dieser Mann wollte endlich sein Geld zurückhaben. Doch durch Flommis’ Spielsucht rann ihm sein Geld schneller durch die Finger, als er es zurückzahlen konnte. Er dachte, er hätte keine Wahl, wenn er weiterleben will, und so hat er bei einem Abendessen Eurem Resu und drei anderen Männern mit Traumsaft versetzten Kräuterschnaps vorgesetzt. Und nachdem sie süchtig waren, hat er ihnen die Drogen zu hohen Preisen verkauft. Inzwischen ist Euer Freund Flommis schuldenfrei – und Resu und seine Freunde immer noch süchtig.«

»Was kann ich tun, um Resu zu helfen?«

»Ihr müsst Flommis verhaften und den Traumsaft vernichten!«, beschwor ich sie eindringlich. Es war wichtig, dass sie mir jetzt genau zuhörte.

»Solange Resu mühelos Nachschub bekommt, wird er niemals vom Traumsaft loskommen«, erklärte ich. »Am besten wäre es, Ihr würdet Euch aufs Land zurückziehen, fernab von Dörfern oder Städten, wo er an Traumsaft kommen könnte. Dort müsst Ihr ihm helfen, die Krise, die auf ihn – und auf Euch – zukommt, zu überstehen. Zweifelt nicht an seiner Liebe, auch wenn er Euch anschreit, Euch entgegenschleudert, dass er Euch hasst, dass er es bereut, Euch jemals kennengelernt zu haben. Denn das wird er, während er gegen den Entzug kämpft. Lasst Euch von einigen kräftigen Andertis begleiten, die ihn notfalls körperlich bändigen können, wenn er sich nicht mehr im Griff hat. Sagt, Briolta: Liebt Ihr Resu?«

»Ja«, hauchte sie, während ich ihre tränenverquollenen Augen nicht aus dem Blick ließ.

»Gut. Denkt immer daran! Resu wird Euch brauchen. Vertraut auf Eure gemeinsame Liebe! Bleibt stark! Habt Hoffnung! Ich verspreche Euch, dass Eure Liebe danach stärker sein wird als je zuvor.«

»Wie könnt Ihr so sicher sein?«, fragte sie staunend.

Ich lächelte sie mitfühlend an. »Ich weiß es einfach, Briolta. Vertraut mir, in Ordnung?«

»Das tue ich.«

Mit neuer Entschlossenheit im Blick setzte sie sich auf, trocknete ihre Tränen und atmete tief durch. Während wir darauf warteten, dass ihr Gesicht wieder eine normale Farbe annahm und sie zu der neugierigen Menge dort draußen gehen konnte, ohne dass man ihr ihren Ausbruch ansah, nannte ich ihr die Namen der drei anderen Opfer und alles andere, was sie über Flommis’ Verbrechen und Resus Genesung wissen musste.

Nachdem sie mich verlassen hatte, trat ich zum Fenster, schlug den schweren Vorhang zurück und starrte nach draußen, wo die junge Richterin von meinen nächsten Kunden umringt wurde. Ich hatte ihr genug Wissen geliefert, sodass sie ihr wahres Anliegen vor den anderen Stadtbewohnern verbergen konnte. Genug Wissen, damit ab morgen die Bewohner von Lodessis meine Tür einrennen würden, um Antworten zu erhalten.

Ich spürte, wie jemand hinter mich trat, und lächelte, als ich Londurs’ vertraute Präsenz erkannte.

»Und? Wie ist es gelaufen?«

Ich drehte mich zu meinem Partner um, während mein Herz etwas schneller schlug. Wie immer brachte sein Anblick meinen Atem zum Stocken. Londurs war Kraft, Sex-Appeal, Verführung und Gefahr in einem. Genau die Mischung, auf die ich stand.

»Großartig!«, antwortete ich und lachte, als er mich in seine Arme nahm und herumwirbelte. »Ich habe gerade unser erstes Opfer gefunden!«

Ein nächtlicher Ausflug

»Ist euch schon mal aufgefallen, dass es keine Dynastie für Mörder, Vergewaltiger oder Diebe gibt? Jeder Verbrecher trifft eine bewusste Entscheidung, etwas Böses zu tun. Kein Name ist von sich aus böse.«

unbekannt

 

Begierig atmete ich die frische Luft ein, die durch die Straßen von Lodessis wehte. Es war Londurs’ und meine letzte Nacht in der Stadt und ich spürte bereits das Fernweh, das immer stärker in mir aufkeimte.

Immer unterwegs, ein anderes Leben kannte ich nicht. Doch es gefiel mir. Neue Leute kennenlernen, ihre Träume und Ängste teilen, aber nie lange genug bleiben, dass es eintönig werden konnte. Ich liebte die Aufregung, nie zu wissen, was mich in der nächsten Stadt erwartete, das Abenteuer.

So wie wir jetzt wieder eins vorhatten.

»Bist du bereit?«, fragte Londurs. Mein Kurbabu, mit dem ich schon fast viereinhalb Jahre zusammenarbeitete und zusammenlebte, war die einzige Konstante in meinem unsteten Leben. Vielleicht lag es daran, dass der schlitzohrige Söldner mich immer wieder überraschte, denn die Beziehung hielt nun schon Jahre länger, als ich es je für möglich gehalten hätte.

Ich liebte das schalkhafte Funkeln in seinen blauen Augen, mit dem er mich immer wieder ansah. Seine Leidenschaft riss mich immer wieder mit und auch wenn sie mich häufig in Gefahr brachte, so konnte ich ihm nie lange böse sein. Sobald er mich küsste, war jeder Zorn vergessen.

Mein Blick glitt an ihm hinab. Mit zweiundzwanzig sah er noch genauso durchtrainiert und lausbübisch aus wie mit siebzehn, als ich ihn kennengelernt hatte. In dieser Nacht trug er schwarze Kleidung, was ihm ein verwegenes Aussehen verlieh. Seine Dolche hatte er wie immer griffbereit im Gürtel. Über dem Rücken trug er einen Rucksack, in dem sich, wie ich wusste, mehrere Tragetaschen und Beutel verbargen, die wir später noch brauchen würden.

Ich sah mich ein letztes Mal in unserem Zimmer um. Von unseren neuen Bekannten hatten wir uns schon am Morgen verabschiedet. Sie wähnten uns längst auf dem Weg in die nächste Stadt, ohne zu ahnen, dass wir uns eine letzte Nacht in einem kleinen Gasthaus am Rande der Stadt gönnten.

»Ich bin so weit«, antwortete ich schließlich und zog meine schwarze Strickmütze über den Kopf.

Schweigend gingen wir durch die nächtlichen Straßen. Da es weit nach Mitternacht war, waren außer den Grekasols von der Stadtwache keine Leute mehr unterwegs. Ich liebte diese Momente der Stille, in denen ich einträchtig neben Londurs durch schlafende Städte pirschte. Doch ich wusste, dass sie nicht anhielten.

»Hier rechts rein!«, zischte mir Londurs leise zu und drückte mich in einen Hauseingang. Während er mich mit seinem Körper abschirmte, lag seine rechte Hand auf einem Dolch. Stimmen kamen näher. Jemand lachte und das Licht von mehreren Laternen, die sich uns näherten, fiel auf die Straße. Es waren Soldaten der Stadtwache.

Wir warteten schweigend, bis die Grekasols an uns vorbeigegangen waren, bevor wir wieder auf die Straße schlichen und unseren Weg stumm fortsetzten.

Es verging etwa eine Viertelstunde, bis wir unser Ziel erreichten. Ich musterte das zweistöckige Stadthaus auf dem kleinen Grundstück intensiv. Das Haus war dunkel und auch die Nachbarhäuser befanden sich in tiefem Schlaf.

Londurs zog einen Dietrich aus seinem Gürtel und machte sich an der Haustür zu schaffen, während ich mich vergewisserte, dass die Soldaten der Stadtwache nicht unerwartet auftauchten.

Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Londurs geschickt die Tür geöffnet hatte und wir ins Haus huschen konnten. Ich lauschte, aber das Haus war still und vermutlich leer, wie wir es erwartet hatten.

Londurs holte zwei Lampen aus seinem Rucksack, zündete sie an und reichte mir eine von ihnen sowie zwei Beutel.

»Oben oder unten?«, fragte er.

»Oben«, erwiderte ich.

Leise schlich ich die Treppe hinauf, während Londurs das Erdgeschoss durchsuchte. Ich hatte keine Angst, entdeckt zu werden, doch ich mochte es auch nicht, laut grölend und schadenfroh durch ein fremdes Haus zu rennen.

Im ersten Stock nahm ich den Gang zum Schlafzimmer. Es herrschte Ruhe, sowohl im Haus als auch in meinem Kopf. Die Stimme meiner Wahrheitsmagie, die mir in den letzten Tagen immer wieder meine Heuchelei und Lügen vorgeworfen hatte, schwieg endlich. Jetzt zählte nur noch unser Plan.

Der Türgriff ließ sich geräuschlos herunterdrücken – und dann stand ich auch schon im Schlafgemach von Briolta Meran und ihrem Geliebten Resu.

Das Zimmer der jungen Richterin war geschmackvoll eingerichtet. Nur die kostbarsten Materialien waren verwendet worden. Das Bett, die beiden Kleiderschränke und die Kommode waren aus edlem Holz, die Bettwäsche aus Seide und die Vorhänge aus Samt. Mir gefiel, was ich sah.

Mein Blick fiel auf ein Gemälde von Briolta und Resu, die inzwischen längst auf dem Land weilten, wo der arme Resu nun seit ein paar Tagen den Entzug durchmachte. Ich hoffte, dass die beiden die Strapazen bald überstanden hatten.

Die junge Meran hatte nach ihrem Besuch bei mir prompt die Soldaten der Stadtwache unterrichtet und den mörderischen Ulire Kanres Bonisa sowie den verräterischen Flommis Karresis verhaften lassen. Danach hatte sie Urlaub genommen und sich mit ihrem Partner und den Andertis auf den Weg gemacht, wie ich es ihr geraten hatte.

Was mir die perfekte Gelegenheit bot, das junge Paar zu bestehlen.

Ich unterdrückte ein Seufzen, als ich den ersten Kleiderschrank öffnete und begann, die Kleiderstapel nach versteckten Wertsachen zu durchsuchen. Ich entdeckte einen kleinen Geldbeutel, den ich einsteckte. Der zweite Kleiderschrank gehörte offensichtlich allein Briolta, denn er enthielt nur Kleider und edle Meran-Gewänder, wie die Richterin sie für Anhörungen benötigte. Hier war nichts zu holen.

Ich war gerade dabei, die Kommode zu durchsuchen, und hielt gedankenverloren ein goldenes Medaillon mit der Inschrift »Für meine Liebste« in der Hand, das Resu seiner Briolta zu ihrem ersten Jahrestag geschenkt hatte, als ich Londurs’ Schritte auf dem Flur hörte. Mich durchfuhr ein kurzer, schmerzhafter Stich. Londurs hatte mir nie Schmuck geschenkt oder Blumen. Von Pralinen oder anderem sentimentalen Schnickschnack ganz zu schweigen.

»Hast du etwas gefunden?«, fragte mein Partner, der in diesem Moment durch die geöffnete Tür zu mir spähte.

Ich drehte mich zu ihm um und lächelte kurz. »Nur etwas Geld bislang. Und du?«

»Einen großen Geldbeutel im Arbeitszimmer im Erdgeschoss. Alles andere habe ich liegen lassen«, erklärte mir Londurs. »Hast du die anderen Zimmer schon durchsucht?«

»Nein.«

»Dann mache ich nebenan weiter.«

Ich nickte und wandte mich dann wieder der Schublade und dem Medaillon in meiner Hand zu. Einen Moment lang starrte ich es einfach nur an, bevor ich es in die Kommode zurücklegte. In den anderen Schubladen war weiterer Schmuck und ich suchte ein paar Ringe und zwei, drei Ketten aus, die unauffällig waren und sich deshalb besser verkaufen ließen. Den Rest packte ich zurück und widmete mich dem nächsten Zimmer.

Als ich fünf Minuten später fertig war, sah ich Londurs gerade aus dem Schlafzimmer kommen.

»Ach, hier bist du!«, sagte er. »Lass uns gehen, ich bin mit den anderen Räumen fertig.«

Wir hatten fast eine Stunde gebraucht und mussten uns beeilen, wenn wir den Rest unseres Vorhabens auch noch umsetzen wollten.

Auf dem Weg zum nächsten Haus kamen wir auch am Kräuterladen von Flommis Karresis vorbei. Auf der Tür klebte ein großes »Geschlossen«-Schild, das die Grekasols dort angebracht hatten und das mich mit Befriedigung erfüllte. Ich mochte keine Leute, die anderen Drogen verabreichten.

Fünf Minuten später standen wir vor dem prächtigen Haus eines Deradas. Dieses Haus war nicht leer, daher gingen wir noch verstohlener und vorsichtiger vor als beim letzten Einbruch. Unsere schwarzen Mützen hatten wir uns tief ins Gesicht gezogen und unsere Wappen unter die Kleidung gesteckt, sodass niemand ahnen würde, aus welcher Dynastie wir kamen.

»Bereit?«, hauchte mir Londurs kaum hörbar zu und ich nickte beklommen.

Der Dietrich machte kurzen Prozess mit der verschlossenen Tür und wir schlichen auf Zehenspitzen durchs Haus. Im ersten Stock sah mich Londurs fragend an. Ich versuchte, meine Magie zu rufen, um zu erfahren, hinter welcher Tür unser Opfer schlief, doch die Stimme schwieg. Sie hatte mir den Einbruch bei Briolta und Resu immer noch nicht verziehen. Eine Minute später gab ich auf und zuckte ratlos mit den Schultern. Je länger wir hier auf dem Flur herumstanden, desto größer war die Gefahr, dass man uns entdeckte.

Ich wartete, während Londurs von Tür zu Tür huschte und in die Zimmer blickte. Schließlich gab er mir einen Wink, ihm in einen der Räume zu folgen.

Mir pochte das Herz bis zum Hals, als wir das Zimmer betraten. Die Vorhänge waren nicht geschlossen, sodass wir uns im schwachen Licht gut orientieren konnten. Während ich leise die Tür hinter mir schloss, huschte mein Partner zum Bett und legte dem Schlafenden eine Hand auf den Mund. Der Händler zuckte zusammen und wehrte sich panisch. Bis er im Schein des Mondes und der Straßenlaterne den Dolch in Londurs’ Linken glänzen sah.

»Keinen Mucks!«, befahl Londurs leise. »Wenn du schreist oder uns verrätst, töte ich dich, bevor wir fliehen. Es bringt dir also gar nichts, dich zu wehren. Besser ist es, du arbeitest gleich mit uns zusammen. Hast du verstanden?«

Nun lag Todesangst in den Augen des reisenden Händlers. Sein Blick huschte zu mir herüber, als erhoffte er sich Mitleid von mir, und mich überkam Ekel.

»Ich werde jetzt die Hand wegnehmen und du wirst uns alles verraten, was wir wissen wollen«, erklärte Londurs ihm die Regeln. »Wenn du lügst, bekommst du diesen Dolch hier zu spüren. Wenn du dich wehrst, um Hilfe schreist oder uns angreifst, bist du tot. Kapiert?«

Der Derada nickte hektisch, während Tränen aus seinen Augenwinkeln kullerten. Meine Abneigung gegen ihn wuchs. Dies war der Mann, der in den letzten Jahren über fünfzig Andertis vergewaltigt und nach der Tat erwürgt hatte. Die Leichen der armen Frauen hatte er verschwinden lassen. Wenn jemand nach den Andertis gefragt hatte, hatte er behauptet, die Dienerinnen wären weggerannt, weil sie die harte Arbeit nicht ertrugen. Und da der reisende Händler von Stadt zu Stadt zog, war es niemandem je aufgefallen, dass sich die seltsamen Vermisstenfälle häuften. Niemandem bis auf uns.

»Wir wissen, was du getan hast«, erklärte Londurs. »Erinnerst du dich an Nindasa? Ein entzückendes kleines Ding. Gerade mal achtzehn Jahre alt war sie, als sie verschwand. Nicht wahr?«

»Ich kenne keine Nindasa«, log der mörderische Vergewaltiger.

Londurs’ rechte Hand schoss vor, verschloss ihm den Mund, während seine linke mit dem Dolch über seinen Arm ritzte. Der Händler schrie dumpf und jaulte auf. Er wehrte sich gegen Londurs’ Griff, hatte aber gegen die Stärke des Söldners keine Chance.

»Na, na«, ermahnte ihn mein Partner leicht, als der Händler nur noch leise wimmerte. Er nahm seine Hand weg. »Wir hatten doch gesagt: keine Lügen. Die Konsequenzen werden dir nicht gefallen.«

»Bitte nicht mehr schneiden!«, flehte der Händler.

»Das kommt ganz auf dich an. Kennst du nun Nindasa?«

»Ja.«

»Hast du sie vergewaltigt?«

Londurs’ Frage klang beinahe verständnisvoll, aber ich sah, wie sich seine Schultern anspannten. Sein Körper verriet ihn.

»Ja«, gestand der Derada schließlich.

»Und sie danach erwürgt? Wie schon zahlreiche Andertis vor ihr?«

»Ja. Bei den großen Namen, habt doch Erbarmen!«

»So wie du Erbarmen mit diesen jungen Frauen hattest?«, zischte ich angewidert und Londurs warf mir einen tadelnden Blick zu. Die Befragungen waren seine Sache, so lautete unsere Abmachung. Meistens war ich nicht einmal anwesend, doch heute war eine Ausnahme. Ich wollte diesen mörderischen Bastard vor Angst winseln sehen.

»Was habt ihr mit mir vor?«, fragte der reisende Händler irgendwann, als er es nicht mehr aushielt, wie wir ihn schweigend und voller Verachtung anstarrten.

»Wir werden dich natürlich den Grekasols übergeben«, erklärte Londurs. »Dann werden dir die Heros und die Merans den Prozess machen. Ich bin sicher, da kommt einiges an belastendem Beweismaterial zusammen, wenn die Soldaten erst einmal anfangen, in deiner Vergangenheit zu graben.«

»Bitte!«, flehte er.

»O ja, sie werden dir den Namen wegnehmen. Darauf kannst du dich verlassen. Ich habe gehört, das Schicksal eines Namenlosen soll fürchterlich sein. Du verlierst deinen Namen, deine Identität, all dein Wissen darüber, wer du bist und was du getan hast. Deine Freunde und Bekannten werden dich verstoßen und du wirst keinen von ihnen wiedererkennen, sondern mit den anderen Gesetzlosen in irgendeinem Wald hausen. Ohne schicke Kleidung, ohne gutes Essen, ohne ein Bett und all die anderen Bequemlichkeiten, an die du dich gewöhnt hast.«

»Ich bezahle euch zweihundert Goldmünzen, wenn ihr mich gehen lasst und nicht bei den Grekasols anzeigt!«, quiekte der Derada.

»Zweihundert Goldmünzen? Denkst du, das ist genug bei all den Morden und Vergewaltigungen, die du begangen hast?« Londurs klang wütend und der Händler zuckte zusammen.

»Tausend Goldmünzen! Das ist alles, was ich hier im Haus habe. Nehmt es und lasst mich in Frieden!«

Er sagte die Wahrheit. Mehr hatte er nicht. Ich brauchte nicht einmal meine Wahrheitsmagie, um das und die Todesangst in seiner Miene zu sehen. Dies schien auch Londurs zu erkennen.

»Na schön. Wo ist das Gold?«

Praktischerweise versteckte der Derada das Gold in seinem Schlafzimmer, sodass sich Londurs nur die Kiste auf die Schulter hieven musste und wir verschwinden konnten. Den Derada ließen wir gefesselt und geknebelt zurück. Wir wollten kein Risiko eingehen, dass er uns doch noch verriet.

Es war bereits kurz vor vier Uhr früh, als wir endlich wieder in unserem Gasthaus ankamen. Ich war müde und fiel sofort ins Bett und in einen tiefen Schlaf.

Vier Stunden später ritten wir aus der Stadt. Keiner von uns schaute zurück.

Der Auftrag

»Es ist verboten, einen Namen, der nicht zur eigenen Dynastie gehört, als Mitglied der Dynastie zu beschäftigen oder auszubilden.«

Paragraph 12 des Gesetzbuches von Wonspiel

»Einhundert Goldmünzen.«

»Wollt Ihr mich verarschen?«

»Na schön, zweihundert Goldmünzen. Das ist ein gerechter Preis.«

»Ach ja? Das denkt Ihr!«

So wütend hatte ich Londurs schon seit Langem nicht mehr erlebt. Normalerweise war mein Partner allzeit gelassen. Er verlor nicht einfach so die Fassung oder die Nerven. Söldner zu sein, war ein gefährlicher Beruf: Man überlebte nicht lange, wenn man sich nicht beherrschen und vorausschauend handeln konnte.

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