Die Magie des Visuellen - Bamberg Till - E-Book

Die Magie des Visuellen E-Book

Bamberg Till

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Beschreibung

Till Bambergs Obsession für den Filmtrick begann, wie bei vielen anderen auch, in früher Jugend. Mit neun Jahren sah er "Das Ding aus einer anderen Welt" (1982) von John Carpenter und war gleichzeitig erschrocken und fasziniert. Wie wird geschaffen, was da zu sehen ist? Alles an der Machart eines Films interessiert ihn. Aus dieser Passion heraus entstand dieses Buch: In "Die Magie des Visuellen" stellt Till Bamberg verschiedene (gorßteils analoge) Techniken aus der Trickkiste der Filmeffekte vor: Ausstattung, Kamera, Texturen, Special-Make-up, Sculpting, Stop Motion, Matte Painting, Requisite, Animatronik, Miniaturen, Formenbau, Musik, Schnitt, Front- und Rückprojektionen und Visuelle Effekte. In 15 Kapiteln berichten Künstler des Films direkt aus der Praxis, wie sie ihre Magie entstehen lassen, welche handwerklichen Fertigkeiten notwendig sind, um bestimmte Effekte zu erzielen, und wie die Illusionen der Leinwand echt wirken können. In den exklusiven Interviews bieten unter anderem die Oscargewinner für Special Effects Dennis Skotak ("The Abyss", 1989) und für Filmschnitt John Ottman ("Bohemian Rhapsody", 2018), der Requisiteur Simon Weisse ("Das Parfum", 2006), der verstorbene Kameramann Jaques Haitkin ("The Hidden", 1987), der Stop-Motion Animator Harry Walton ("Robocop 2", 1990), der Texturenhersteller Gino Acevedo ("Alien 3", 1992) oder auch der Ausstatter von "Blade Runner" (1982) David L. Snyder filmhistorisch wertvolle Einblicke in ihre Arbeit.

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Till Bamberg

Die Magie des Visuellen

Die Entstehung von Illusionen im Film

Interviews mit Filmkünstlern zu Special & Visual Effects

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2024 Mühlbeyer FilmbuchverlagInh. Harald MühlbeyerFrankenstraße 21a67227 Frankenthalwww.muehlbeyer-verlag.de

Umschlagbild:© Martin Mercer / Konzeptzeichnung HELLRAISER III – HELL ON EARTH

Umschlaggestaltung: Steven Löttgers, Löttgers-Design Birkenheide / Harald Mühlbeyer

ISBN:

978-3-945378-73-1 (Print)

978-3-945378-74-8 (PDF)

978-3-945378-75-5 (Epub)

978-3-945378-76-2 (Mobipocket)

Druck: BoD, Norderstedt

Printed in Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhalt

1. Preproduction

Grußwort: »Das goldene Zeitalter der Spezialeffekte«

Konzept

Casting

2. Die Ausstattung im Realfilm

Portrait David L. Snyder

Demolition Man (1993)

Im Gespräch mit David L. Snyder

3. Die Kamera im Film

Porträt Jacques Haitkin

A Nightmare on Elm Street (1984)

The Hidden – Das unsagbar Böse (1987)

Im Gespräch mit Jacques Haitkin

4. Die Texturen im Film

Portrait Gino Acevedo

Alien 3 (1992)

Im Gespräch mit Gino Acevedo

5. Die Special-Make-Up-Effekte im Film

Portrait John Dods

Spookies – Die Killermonster (1986)

Im Gespräch mit John Dods

6. Das Sculpting im Film

Portrait Gary Pollard

Alien 3 (1992)

Im Gespräch mit Gary Pollard

7. Die Stop-Motion im Film

Tribut an Ray Harryhausen

Portrait Harry Walton

Im Land der Saurier (1974 – 76)

Im Gespräch mit Harry Walton

8. Das Matte Painting im Film

Portrait Mark Sullivan

Demolition Man (1993)

Im Gespräch mit Mark Sullivan

9. Die Requisiten im Film

Portrait Simon Weisse

Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders (2006)

Im Gespräch mit Simon Weisse

Portrait Doug McCarthy

Prometheus – Dunkle Zeichen (2012)

Im Gespräch mit Doug McCarthy

10. Die Animatronik im Film

Portrait Gustav Hoegen

Prometheus – Dunkle Zeichen (2012)

Im Gespräch mit Gustav Hoegen

11. Die Miniaturen im Film

Portrait Bruce MacRae

Godzilla (1998)

Im Gespräch mit Bruce MacRae

12. Der Formenbauer im Film

Portrait Enrico Altmann

Inception (2010)

Im Gespräch mit Enrico Altmann

13. Die Musik im Film

Portrait John Ottman

Die üblichen Verdächtigen (1995)

Im Gespräch mit John Ottman über Filmmusik

14. Der Schnitt im Film

Die üblichen Verdächtigen (1995)

Im Gespräch mit John Ottman über Filmschnitt

15. Die Front- und Rückprojektionen im Film

2001: Odyssee im Weltraum (1969)

Portrait Frank Schlegel

Im Gespräch mit Frank Schlegel

16. Die visuellen Effekte im Film

Portrait Dennis Skotak

Aliens (1986)

Im Gespräch mit Dennis Skotak

17. Epilog: Ein Gespräch über den Film mit Dr. Rolf Giesen

18. End Credits

Filmverzeichnis

Bildnachweis

1. Preproduction

Am Anfang war das Wort. Das stimmt sogar. Und zwar ein Schriftliches. Im Drehbuch. Oder vielleicht auch auf einem Zettel mit Einfällen. Auf jeden Fall wird irgendwann einmal die Idee zu einem Film aufgeschrieben. Was dann folgt ist die Entwicklung einer Geschichte, die (ein paar Jahre später) dann das Licht der Leinwand erblickt. So in etwa läuft die Gestaltung eines Filmes ab. In dem breiten Zeitraum zwischen diesem ersten Wort und dem fertigen Produkt liegen viele große und kleine Schritte. Planungen, Zeichnungen, Besprechungen und vieles mehr werden benötigt, damit wir uns erfreuen können am laufenden Bild. Hunderte Personen sind an der Fertigstellung eines Filmes beteiligt. Doch nur wenige sind es, die die breite Öffentlichkeit kennt. Meist die großen Namen der Schauspieler und die Regisseure. Doch was ist mit den vielen kreativen Köpfen hinter dem Film? Was ist mit den Namen, die vieles möglich machen, aber die nie den Weg in die Öffentlichkeit finden? Sie sind es, die einen Film zu einem Film machen. Und denen ist dieses Buch gewidmet: den unbesungenen Helden des Zelluloids. Nun stellt man sich vielleicht die Frage, warum man überhaupt ein neues Filmbuch schreibt. Es gibt doch bereits zahlreiche Bücher, die sich mit dem Medium Film beschäftigen. Natürlich gibt es die. Dieses Buch hat auch nicht den Anspruch, das Rad neu zu erfinden. Nur fehlt es bei vielen Veröffentlichungen an einem kleinen, aber wichtigen Detail: Die Kreativen kommen kaum selbst zu Wort. Dies soll hier anders sein, und zwar in aller Ausführlichkeit. Dieses Buch bietet Platz für Informationen aus erster Hand. Kein bloßes Nacherzählen oder eine Aufzählung lexikalischer Begriffe. Hier sprechen diejenigen, die ihren Einfluss im Bereich des Films und des Fernsehens hinterlassen haben. Ungefiltert und ehrlich.

Die Auswahl der Kreativen, die dieses Buch ausfüllen, ist aber nicht zufällig gewählt. Als passionierter Filmfreund haben mich schon immer die Menschen interessiert, die an bestimmten Filmen mitgewirkt haben. Und die wurden hier gezielt gefragt. Meist waren es Filme aus den 1980er und 90er Jahren, die diese Passion vorangetrieben haben. Aufgewachsen in einer Zeit, die man als unbekümmert bezeichnen kann, versetzte man sich als Kind/ Jugendlicher für die Zeit des Filmes in eine andere Welt. Man erlebte sie mit allen Fasern des Körpers. (Was genau dies bedeutet wird im Unterkapitel Konzept erläutert.)

Was aber war an den Filmen dieser Ära so besonders? Was hat diese Filme ausgemacht und warum lohnt es sich, einmal genauer auf sie zu schauen? Ein Film beinhaltet so viele verschiedene Künste, die kaum oder selten Beachtung finden. Das ist, wenn man ein Film als Gesamtwerk betrachtet, nicht nur ungerecht, sondern auch respektlos. Hat man auch mal von den Künstlern hinter diesen Filmen etwas gelesen oder gehört? Was sie zu erzählen haben ist es, was Filmgeschichte ausmacht. Daraus kann man lernen, und man bewahrt die Kunst dieser Menschen auf.

Wie jeder Cinephile habe auch ich irgendwann meinen ersten Film gesehen: IN EINEM LAND VOR UNSERER ZEIT (1986), damals im Kino. Berührend war es und emotional. Der nächste Film, an dem ich mich bewusst erinnere, war STAR TREK VI – DAS UNENTDECKTE LAND(1991), ebenfalls im Kino. Dieser Film hat mich schwer beeindruckt. Abgesehen von der eigentlichen Geschichte waren es vor allem die Weltraumschlachten mit den Klingonen und die Maske, die mich begeistert haben. Eine Sache hatte mich bereits damals ein wenig gestört. Es waren die herumfliegenden Bluttröpfchen, die ich bereits damals nur bedingt gelungen fand. Aber hier stellte ich mir das erste Mal die Frage: »Wie haben die das gemacht?«

Dieses Gefühl überkam mich im Laufe der Jahre, die da folgten, immer wieder. Viele innovative Filme aus dem fantastischen Bereich haben mich dazu veranlasst nachzudenken, wie diese Tricks funktionieren. In den frühen 1990er Jahren sah ich im Fernsehen das erste Mal DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT (1982). Damals wurde dieser Film anscheinend ungeschnitten ausgestrahlt. Und was ich da erblickte, ließ mich erschaudern. Horror in Reinkultur mit Effekten, die noch heute überzeugen. Es folgte dann ALIEN – DAS UNHEIMLICHE WESEN AUS EINER FREMDEN WELT (1979). Dies war mein Schlüsselmoment. Hier wollte ich unbedingt wissen, wie die Kreativen diese Welt erschufen. Ich versuchte (damals gab es noch kein Internet) alles zu bekommen, was ich ergattern konnte, um einen Blick hinter die Kulissen zu erhalten. Gleich danach setzte ich ALIENS – DIE RÜCKKEHR (1986) an und war noch mehr begeistert. Auch hier wollte ich alles wissen. Aber der größte Trick, den ich je sah und der mich veranlasste, ganz und gar in diese Materie einzutauchen, war aus POLTERGEIST (1982). Es gibt dort eine Szene in der Küche. Die Mutter spricht mit ihrer Tochter und wandert zwischen Essbereich und Küche hin und her. Die Kamera folgt ihr. Alles geschieht ohne Schnitt. Und auf einmal sieht man, innerhalb von Sekunden, wie sich im Essbereich die Stühle stapeln. Jahrelang wollte ich wissen, wie sie diesen Trickgemacht haben. Als ich es dann herausfand, war ich umso mehr begeistert. Es war ein einfacher Theatertrick mit einer drehbaren Bühne. So simpel und doch so effektiv.

Dies waren im Grunde die Filme, die mich beeindruckt hatten. Und ich wollte mehr wissen. Filme aus jener Zeit (1970 – ca. 2000) haben mich am meisten beeinflusst. Es war eine wunderbare Ära der praktischen Effekte und der visuellen Magie, die noch nicht zu überfrachtet war. Es wurde wohlweislich gewählt, was und wie man etwas zeigte. Viele namhafte Filmkünstler haben in dieser Zeit Filmgeschichte geschrieben. Auch wenn man sie vielleicht weniger kennt als die ganzen großen Namen. Einer dieser Filmkünstler ist der ehemalige Modellbauer Stephen R. Santangelo. Auch er war in dieser »goldenen Ära« tätig und hat dort u.a. an solch Filmen mitgewirkt wie PLANET DES SCHRECKENS (1981), DER WEIßE HAI 3-D (1983) oder DER BLOB (1988). Wie er diese Zeit rückblickend betrachtet, stellte er in dem folgenden Beitrag dar.

Grußwort: »Das goldene Zeitalter der Spezialeffekte«

von Stephen R. Santangelo

Abb.1.1 Stephen R. Santangelo mit einer Miniaturstraßenlaterne für THE BLOB.

Mit der Veröffentlichung von KRIEG DER STERNE, UNHEIMLICHE BEGEGNUNG DER DRITTEN ART (beide 1977) und DER WEIßE HAI (1975) hatte sich der Film für immer verändert. Diese SFX-Extravaganzen wurden von ihren Vorgängern beeinflusst: ERDBEBEN (1974), DIE HÖLLENFAHRT DER POSEIDON (1972), FLAMMENDES INFERNO (1974) und 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM (1969). Das »neue« Kino wurde als »Event« geschaffen, um das Publikum zu begeistern und trotzdem eine Storyline aufrechtzuerhalten.

Die neuen Künstler und Handwerker waren jung und bereit, das Geschäft zu übernehmen. Ich war Mitte 20, wie so viele andere, die sich von dem neuen Genre des Filmemachens angezogen fühlten. Dann gab es die wenigen, die in ihren 30ern die aufstrebenden Patriarchen in der Produktion von SFX-Filmen waren; bekannte Namen wie George Lucas und Steven Spielberg. Und es dauerte nicht lange, bis Frauen eine dominierende Kraft in der neuen visuellen Kunst wurden.

Die Studios erkannten, dass mit SFX-Filmen viel Geld zu verdienen war und die Möglichkeiten grenzenlos waren, um den neuen Markt der Kinogänger zu erobern. Von Big-Budget-Major-Studio-Produktionen bis hin zu Low-Budget-Kleinstudios, alle fanden große Gewinne in dem neuen Genre. Weltraumfilme wurden mit einer phänomenalen Geschwindigkeit produziert. Ich hatte die Gelegenheit, an Filmen wie Roger Cormans SADOR – HERRSCHER IM WELTRAUM (1980) und PLANET DES SCHRECKENS mit Robert und Dennis Skotak zu arbeiten, die später die wunderbaren visuellen Effekte für ALIENS kreierten.

Abb. 1.2 Modell von Stephen R. Santangelo für PLANET DES SCHRECKENS.

Nachdem ich vier Jahre lang freiberuflich gearbeitet hatte, gründete ich meine eigene Firma, Dimensional Effects, die sich auf Miniaturen und SFX-Handrequisiten spezialisierte. Als die Firma wuchs, verzweigte sich die FX-Arbeit in den Bereich der TV-Werbung und der TV-Shows. TV-Werbespots waren reichlich mit FX-Arbeiten bestückt. Der erste Werbespot, bei dem ich die Gelegenheit hatte, viele der FX zu kreieren, die Miniatursets, Live-Action und Zellanimation kombinierten, war ein M&M Candies Spot, bei dem die gesamten 60 Sekunden in und auf Miniatursets stattfanden. Wir kreierten zahlreiche Miniaturen, die durch 10.000 Fuß Glasfaserkabel hervorgehoben wurden, und die Live-Action wurde in diese Miniaturen eingefügt, mit der Magie der sogenannten »Wandermasken« (also bewegliche Matte Paintings) die später in den 90er-Jahren – heute – durch CGI ersetzt werden. In den 80er Jahren arbeiteten wir an über 60 Werbekampagnen und bauten überdimensionale Requisiten für Nahaufnahmen und Miniatursets für Totalen und Establishing Shots. Die TV-Werbung der 1980er Jahre wurde mit dem Aufkommen von SFX zu einem Erlebnis. Miniaturen, Grafiken, überdimensionale Requisiten und dramatische Lichteffekte wurden zu den neuen Marketinginstrumenten. Es ging nicht nur darum, das Produkt zu zeigen und zu verkaufen; es war ein Thema, das die Zuschauer in eine neue Erfahrung mitnahm, die wir in Werbespots wie M&M Candies, Gillette, Dodge, Pontiac, GE, Quaker State, McDonald’s und so vielen anderen kreierten. TV-Werbespots erzählten eine Geschichte, die durch SFX geschaffen wurde, um die konzeptionelle Entwicklung einer neuen Welt ohne Grenzen zu erleichtern.

Die 80er Jahre waren ein boomendes Geschäft für Spezialeffekte, und der Anspruch, frühere Produktionen zu übertreffen, war hoch. Die größte Herausforderung bestand darin, etwas zu erschaffen, das noch nie auf Film gemacht worden war, und das bedeutete, verschiedene Materialien zu finden oder zu »erfinden«, die die Handlung zum Leben erwecken. Mit einem naturwissenschaftlichen Hintergrund machte es mir außerordentlich viel Spaß, eine Vielzahl von Chemikalien zu verwenden, um spezielle Materialien zu kreieren und die früheren Materialien, die seit Jahrzehnten in der Filmproduktion verwendet wurden, zu ersetzen. Einige der aufregenden FX-Filme, an denen ich das Vergnügen hatte zu arbeiten, waren STAR TREK IV, V und VI, bei denen ich zahlreiche Handrequisiten und Teile für die klingonischen Schiffe und die Entwicklung der Enterprise kreierte. Eine interessante Anmerkung: Die verschiedenen Handkommunikatoren, die in den 80er Jahren kleinere Änderungen erfuhren, wurde schließlich zum frühen Design für kompakte Klapphandys. Obwohl es sich um nicht bedienbare Handrequisiten handelte, folgten wir den Blaupausen, die sehr spezifisch waren. In Filmen wie den STAR TREKs gab es exakte Spezifikationen, die zu befolgen waren. In vielen Low-Budget-Action-Filmen aus dem Weltraum hatten wir viel mehr Freiheiten im Design, solange die Miniatur-Raumschiffe und Handrequisiten innerhalb der Parameter des gewünschten Themas blieben, wie z.B. bei SADOR oder PLANET DES SCHRECKENS. Übrigens war es eine Freude, mit Mr. Corman zu arbeiten.

Abb. 1.3 Miniaturschloss für einen Werbespot für M & M´s von Stephen R. Santangelo.

Abb 1.4 Eine Telefonzelle für THE BLOB von Stephen R. Santangelo.

SFX war nicht auf Film und Fernsehen beschränkt. Mit dem Aufkommen des Kabelfernsehens und speziell von MTV begann die Musikindustrie, FX in ihren Videos einzusetzen und auf Live-Auftritte auszuweiten. In den 80er Jahren war ich stark an Videos von so populären Künstlern wie Michael Jackson und Elton John beteiligt. Schließlich schufen Musikvideos ein Ambiente, und Live-Auftritte wurden zu einem »Event«, das in die Fußstapfen der »Event«-Filme trat.

Die FX-Community war ein Team von engagierten Künstlern, die dem Traum folgten, die Vergangenheit neu zu erschaffen und die Zukunft durch ihre und unsere fantasievolle Vision zu gestalten.

Diese Bilder aus der Vergangenheit und Zukunft haben die Kraft, uns zu inspirieren, zu faszinieren und uns in eine Zeit und an einen Ort zu versetzen, von dem wir nur träumen können. Der Nervenkitzel von 35 Jahren, an der unglaublichsten Ära des Filmemachens und der kreativen Kunst beteiligt zu sein, mit ikonischen Produktionen aus der Vergangenheit, von denen wir alle träumen, war und ist immer noch das schönste Kapitel mit dem größten Einfluss in der Filmgeschichte.

Konzept

Wenn wir einen Film sehen, erleben wir ihn. Mit allen Fasern unseres Körpers und unserer Sinne. Wir fühlen ihn, wir leben ihn. Jeder Film, egal aus welchem Genre er kommen mag, verursacht eine Gefühlsregung in uns. Unser Körper reagiert, unserer Wahrnehmungen werden beeinflusst. Jedes Kapitel dieses Buches versucht zu erläutern, wie unser Körper auf die jeweilige Technik reagiert. Wie reagieren wir bei Stop-Motion? Was sehen wir mittels der Kamera? Was fühlen wir, wenn es um Texturen geht? All dies wird einführend in jedem Kapitel behandelt. Denn es geht um die unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen jeder Technik.

Anschließend werden einige Filmschaffende, die diese Technik maßgeblich vorangetrieben haben, vorgestellt. Denn sie sind es, die hinter den Kulissen unsere Träume wahr werden lassen. Die Porträts der interviewten Personen sind keine »normalen« Porträts. Sie basieren auf den Aussagen derjenigen Person, die in diesem Kapitel vorgestellt wird. Somit ist das Porträt sehr viel mehr persönlicher gestaltet als andere Kurzbiografien, die man überall findet. Auch kommen dort zum Teil Informationen vor, die man nirgends finden kann.

Exemplarisch für die jeweilige Technik stelle ich dann je einen meiner Lieblingsfilme vor oder Szenen aus diesem Film, um diese Technik dementsprechend zu erläutern. Zu jedem der filmischen Gewerke gibt es dann ein Interview mit einem Filmkreativen, der die jeweilige Technik anwendet. Es sind Interviews, die detailliert und ausführlich (mit zahlreichen exklusiven Fotos versehen) diese Person zu Wort kommen lässt, mit Informationen aus erster Hand. Denn es war mein Anliegen, dass diese Künstler ihr Schaffen einer Öffentlichkeit präsentieren, die sie sonst weniger wahrnimmt. Vielen Fachtermini aus dem Filmbereich habe ich versucht, so gut es geht, eine deutsche Bedeutung gegenüberzustellen.

Es war mir im Besonderen wichtig, dass hier auch deutsche Künstler zur Sprache kommen. Schließlich ist Film ein internationales Produkt, bei dem viele Kreative aus Deutschland ebenfalls ihr Können zur Schau stellen. Mit Frank Schlegel, Simon Weisse und Enrico Altmann werden in diesem Buch Filmschaffenden aus drei unterschiedlichen Bereichen vorgestellt. Doch wer sind diese Künstler, die in diesem Buch vorkommen?

Casting

Die Interviewpartner wurden gezielt ausgewählt. Jeder von ihnen arbeitete an einem Film mit, den ich über alles schätze. Wobei es bei der Auswahl nicht um Beliebigkeit ging: Jeder Film hat mich insbesondere im Bereich der jeweils besprochenen Technik überaus angesprochen. Die Künstler werden in den einzelnen Kapiteln noch näher vorgestellt. Dennoch möchte ich einen Überblick geben, warum diese Person ausgewählt wurde.

Als ich das erste Mal DEMOLITION MAN (1993) sah, war ich begeistert über die Gestaltung einer nicht ganz so fernen Zukunft. Besonders die Szene im Konferenzraum, bei dem sich die Bildschirme drehen, hatte es mir angetan. Der Ausstatter David L. Snyder (BLADE RUNNER, 1982) war dafür verantwortlich. Und somit ist er Teil des Buches geworden.

A NIGHTMARE ON ELM STREET (1984) und THE HIDDEN (1987) gehören immer noch zu den Filmen, denen ich eine unheimliche visuelle Kraft zuspreche. Jeden auf seine Art und Weise. Jacques Haitkin war der Hauptkameramann dieser Filme. Sein Auge ist es, das mich veranlasste, ihn mit in dieses Buch zu nehmen.

Der ausgewachsene Xenomorph inALIEN 3 (1992), das bizarre Äußere von Sil aus (1995) oder die ganzen Orks und Uruk-Hais aus DER HERR DER RINGE-Trilogie (2001- 2003) sind nur deshalb so gruselig, da sie ein dementsprechendes Äußeres haben. Gino Acevedo hat hier die Oberflächen geschaffen. Und somit muss er mit in dieses Buch des Visuellen gehören.

Monster, Mumien, Spinnenfrauen. Kein ordentlicher 1980er-Grusel-/ Horrorfilm kam ohne ein wunderbares Monster aus. John Dods hat mit seinen Schaffen zu SPOOKIES – DIE KILLERMONSTER (1986) mit dazu beigetragen, dass ich schöne schlaflose Stunden hatte. Also musste er einfach mehr erzählen.

Kein fantastisches Wesen kann einfach so entstehen. Es bedarf vieler Produktionsdurchläufe. Einer, wenn nicht sogar der wichtigste Schritt bei der Gestaltung eines Wesens ist die Bildhauerei (Sculpting). Gary Pollard war hier tätig und sorgte mit seinem Können dafür, dass ALIEN 3 so fantastisch wurde, oder auch, dass Hellboy – Die goldene Armee (2008) so viele wunderbare Kreaturen hatte. Pollard musste mit dabei sein.

Harry Walton ist eine wahre Legende der Stop-Motion, einer Filmtechnik, die Maßstäbe setzte. Als junger Bub sah ich die Fernsehserie IM LAND DER SAURIER (1974 – 76). Walton war mit verantwortlich, dass diese Dinos zum Leben erweckt wurden. Auch in ROBOCOP 2 (1989) setzte er sein Könnenein. Ich fühle mich sehr geehrt, dass er ein Teil dieses Buches geworden ist.

Ferne Welten, utopische Szenerien, fantastische Landschaften. All dies kann man heute digital entwickeln. Früher musste dies gemalt werden. Mark Sullivan gehört mit zu diesen erstklassigen Künstlern des Matte Paintings. Oscarnominiert für HOOK(1991), war es allerdings DEMOLITION MAN, welcher mit seinen Arbeiten beeindruckte. Ich bin überglücklich, dass er für dieses Projekt zur Verfügung stand.

Der Zauberstab von Harry Potter, das Messer von John Rambo oder der Schlagstock, den Hannibal Lecter schwingt, bevor er Sergeant Pembry umbringt. All dies sind Requisiten, die einen Film sehenswert machen. Aber nicht nur diese kleinen Requisiten sind es. Hiervon berichten Doug MacCarthy (PROMETHEUS, 2012) und der Deutsche Simon Weisse. Weisse ist unbestritten ein wahrer Grandseigneur seines Fachs. Er berichtet vor allem über deutsche Produktionen.

Animatronische Effekte haben mich schon immer fasziniert. Sei es der bewegliche Facehugger in ALIENS oder kleine Mäuse in MÄUSEJAGD (1997). Als ich den Kopf des Konstrukteurs in PROMETHEUS sah, dachte ich zunächst, es wäre CGI. Dabei war er voll animatronisch. Gustav Hoegen war dafür verantwortlich. Hier erzählt er sehr viel mehr über diese wunderbare Technik.

Modelle und Miniaturen sind bei vielen Filmen unentbehrlich. Der Modellbauer Bruce MacRae ist nicht nur eine Legende im Modellbau. Er veredelte auch Filme wie TITANIC, STARSHIP TROOPERS oder AIR FORCE ONE (alle 1997) mit seinem Können. Was er erzählt, ist schlicht und ergreifend Filmgeschichte.

Der Deutsche Enrico Altmann war über 20 Jahre lang Mitglied der New Deal Studios und hat hier an den Effekten für INCEPTION (2010) oder THE DARK KNIGHT (2008) mitgewirkt. Über seinen fantastischen Werdegang und was Formengießen mit Filmkunst zu tun hat, berichtet er hier.

Der Oscarpreisträger John Ottman (2019 für BOHEMIAN RHAPSODY) ist ein Sonderfall. Denn Ottman ist nicht nur Komponist, sondern auch (meist) Cutter seiner eigenen Werke. Und dies zeigte er bereits in seinem Langfilmdebüt DIE ÜBLICHEN VERDÄCHTIGEN (1995), welcher ein wahres Meisterwerk ist.

Frank Schlegel ist einer der Urgesteine der deutschen VFX und SFX-Szene. Bereits seit fast 40 Jahren im Geschäft, arbeitete er bereits mit Regisseuren zusammen wie Wim Wenders, Roland Emmerich oder Wes Anderson. In diesem Buch berichtet er vieles zum Thema der Front- und Rückprojektion und über die Zeit, als es in Deutschland noch so gut wie keine Ausrichtung im Bereich der visuellen Effekte gab.

Im Grunde besteht fast jeder Film aus visuellen Effekten. Auch wenn man sie kaum sieht. Dennis Skotak (den man immer mit seinem Bruder Robert in einem Atemzug nennen muss, denn die beiden arbeiten stets zusammen) ist ein Meister auf diesem Gebiet. 1990 bekam er für THE ABYSS einen Oscar. In diesem Buch berichtet er über viele technische Details seiner Arbeit. Ein Muss für jeden Freund von Effekten.

Dies alles sind wunderbare Gesprächspartner und Kollaborateure dieses Buches. Sie alle sind Magier des Visuellen.

2. Die Ausstattung im Realfilm

Die Magie des Visuellen beginnt mit der Wahrnehmung des Auges. Wir öffnen die Augen und erkennen Personen und Dinge sofort. Manchmal kann uns das Auge auch ein Streich spielen und wir erkennen Sachen, die es so in der Realität nicht gibt. Dies ist insbesondere im filmischen Kontext der Fall.

Wenn wir uns entschließen, einen Film oder eine Episode einer Fernsehserie anzusehen, dann erkennen wir mit Hilfe des Auges allerlei Kleinigkeiten. Selbst wenn man am Fernsehgerät den Ton ausmacht, können wir dennoch die Handlung sehen und verstehen. Vornehmlich erkennen wir die filmische Umsetzung einer Idee. Die Welt, die wir im Film oder im Fernsehen sehen, muss gestaltet werden. Diese Gestaltung nimmt viel Planung in Anspruch. Viele Künstler sind daran beteiligt, eine Umgebung im Film zu kreieren. Da gibt es den Konzeptkünstler, der zunächst all seine Ideen für einen Film zu Papier bringt. Das können ganze Szenen sein, die der Realität entnommen wurden, oder auch Monster und Kreaturen, die auf Fantasie beruhen. Da gibt es den Szenenbildner (Production Designer), der den Überblick über das Aussehen des Films zusammen mit dem Regisseur des Films oder der Fernsehserie hat. Der künstlerische Leiter (Art Director) realisiert die Vorschläge zusammen mit den Illustratoren, den Storyboardzeichnern, den Bauleitern und der Konstruktionsabteilung. Der Bühnenbildner (Set Decorator) stellt zusammen mit der Kunstabteilung alles her, was man in einem Set benötigt, wie Vorhänge, Möbel, Teppichböden, Beleuchtungskörper und alle Gegenstände wie Küchenutensilien, Bettzeug usw. Ihm unterstellt ist der Property Master, eine andere Form des Bühnenbildners. Er stellt kleinere Handrequisiten, die von den Schauspielern benutzt werden, zur Verfügung. Viele Handgriffe und Gedanken sind nötig, um eine Welt im Film zu erschaffen, die es so noch nie gab, oder man versucht, unsere Realwelt exakt wiederzugeben. Hierbei gehen teilweise Jahre ins Land von der ersten Idee bis zum fertigen Bild, das wir sehen.

Man kann viele Beispiele aufzählen von grandiosen Ausstattungsorgien wie bei BEN HUR (1959), DER LETZTE KAISER (1987) oder GLADIATOR (2000). Gerade solche historisch verankerten Filme bedürfen einer immensen Vorbereitung in der Kunstabteilung, da man so genau wie möglich versucht, die Magie vergangener Zeiten uns näherzubringen. Ganz im Gegensatz zu Filmen, deren Thematik im fantastischen Bereich anzusiedeln ist wie ALIENS. Hier erschufen Peter Lamont und sein Team (natürlich nicht nur die) eine Welt, die von unglaublichem Realismus geprägt ist, obwohl die Geschichte in einem fiktiven Science-Fiction Universum angelegt wurde. Oder nehmen wir als Beispiel PLANET DER AFFEN (1968). Nie zuvor hatte es solch eine Welt gegeben, die der Zuschauer im Kinosessel erlebt hat. Die Welt der Affen so zu gestalten ist eine exorbitante Leistung der gesamten Ausstattungsriege.

Einer dieser grandiosen Ausstatter ist David L. Snyder, der folgend vorgestellt werden soll.

Portrait David L. Snyder

Abb. 2.1 David L. Snyder

David L. Snyder wurde am 22. September 1944 in Buffalo, New York geboren. Er ist Production Designer und hat bereits viele Filme veredelt. Wohl am bekanntesten ist sein Werk für BLADE RUNNER, für den er seine bis dato einzige Oscarnominierung bekam. Aber auch für DEMOLITION MAN, SUPER MARIO BROS. (1992) oder STAR FORCE SOLDIER (1997) war er tätig.

Seine Familie stammt aus New York und haben dort Gebäude errichtet. Sie hatten ein kleines Büro und versuchten herauszufinden, wie Architektur funktioniert. Snyder dachte, dass er darin auch gut sein könnte. Er ging mit 13 Jahren zu einer Art College Vorschule und hatte über die Jahre hinweg in verschiedenen Architekturfirmen in New York und Michigan gearbeitet. Dann bekam er ein Angebot, für eine dieser Firmen zu arbeiten. Er ging nach Kalifornien und arbeitete dort in einem lokalen Büro. Dort war er hauptsächlich für höherwertige Gebäude zuständig. Eines davon sollte als Grundthema »Western und Cowboys« haben. Er bekam dann die Erlaubnis, die »Western«-Street in den Paramount Pictures Studios zu besuchen. Dort drehten man u.a. die TV-Serie BONANZA. Snyder recherchierte dort viel und sah sich die Mechanik und Kunst der Filmherstellung an. Und von da an wusste er, dass er aufgrund seiner Erfahrung in der Architektur, der Innenausstattung und des Grafikdesigns innerhalb der Berufssparte des Production Designers arbeiten kann.

BLADE RUNNER für Warner Brothers war sein erster großer Studiofilm. Angefangen hat er bei MCA-Universal, bei Fernsehserien wie HULK, KAMPFSTERN GALACTICA oder BUCK ROGERS. So bekam Snyder schon viele Ideen für seine mögliche cineastische Zukunft. Während dieser Zeit bekam er einen Anruf von Lawrence »Larry« Paull. Paull hatte mitbekommen, dass Snyder ein guter Assistent sei, und heuerte ihn für Marty Feldmans Film DREIST UND GOTTESFÜRCHTIG (IN GOD WE TRU$T, 1980) an. Es war ein großer Studiofilm und war sein Übergang vom Fernsehen zum Film. Paull wurde für BLADE RUNNER engagiert, und Snyder arbeitete gerade an einen Film für United Artists. Paull fragte ihn, ob er nicht als sein Assistent an BLADE RUNNER mitarbeiten würde. Zunächst verneinte er dieses Angebot. Er wollte kein Assistent von irgendjemand mehr sein. Nach ein paar Wochen rief Paull ihn wieder an und sagte: »Ich will dich nicht als Assistent, sondern als Partner. Es gibt hier viel zu tun.« Das akzeptierte Snyder. Er lernte innerhalb dieser Zeit enorm viel übers Filmemachen von Paull und Ridley Scott. Bis heute ist Snyder aktiv. Einer der Filme, die mich bis heute wegen ihrer Ausstattung faszinieren, ist DEMOLITION MAN. Hier war David L. Snyder der verantwortliche Ausstatter.

Abb. 2.2 Snyders Bekanntgabe der Oscarnominierung für BLADE RUNNER.

 

DEMOLITION MAN (1993)

Um die Faszination dieses Films zu erläutern, muss man zunächst klarstellen, dass er, wie viele weitere Filme auch, ein Kind seiner Zeit ist. Viele der Ausstattungsutensilien wie auch der Bau der Gebäude, aber auch der Fahrzeuge sind auf dem zeitgenössischen Stand des damaligen Könnens aller Verantwortlichen. Bevor es mit dem Dreh losging, hatte man lange Gespräche und Konferenzen, wie man diese Welt gestalten möchte. David L. Snyder, der 12 Jahre zuvor für seine dystopische Arbeit an BLADE RUNNER für einen Oscar nominiert wurde, stellte sich zunächst die Frage, welche Art von Zukunft er zeigen möchte. Zusammen mit vielen kreativen Köpfen, so u.a. Konzeptzeichner Tim Valentine oder Patrick Tatopoulus, wählte man eine utopische Zukunftsstruktur mit Anleihen in der damaligen Realität. Und die Gestaltung funktioniert auch heute noch sehr gut. Es wurden verschiedene Szenarien durchgespielt.

Als Beispiel soll hier die Anfangsszene dienen. Ursprünglich war es vorgesehen, dass über Los Angeles statt eines Helikopters ein Zeppelin schwebte. Grundgedanke war, dass somit am Anfang eine trügerische Stille entworfen werden sollte, die im Laufe der Anfangsszene kippt. Das folgende Konzeptbild von Patrick Tatopoulus zeigt diesen Zeppelin.

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Abb. 2.3 Konzeptzeichnung von Patrick Tatopoulus für die nicht gedrehte Anfangssequenz zu DEMOLITION MAN.

Wie man auf diesem Bild erkennen kann, sieht hier zunächst nichts nach Zukunft aus. Alles war in der Realität verankert: Die Häuser, der Zeppelin, die Straßenschluchten. Und dieser Faden durchzieht die Gestaltung des Films von Anfang an. Denn selbst wenn der Film dann im Jahre 2032 spielt, so ist sein Aussehen nicht übermäßig Science-Fictionorientiert. Dies merkt man u.a. auch beim Betrachten der Fahrzeuge, die man im Film sieht. Produzent Joel Silver hatte einen Vertrag mit General Motors. Im Film durfte man Prototypen von Fahrzeugen benutzen, die es so noch nicht gab. Also ging auch hier das Konzept des realen Zukunfts-»Looks« auf. Die Kopplung von (damaliger) Realität und Zukunftsperspektiven im Aussehen des Films und die damit verbundene Faszination sollen hier drei exemplarische Szenen aufzeigen.

Eine der beeindrucktesten Szenen in Bezug auf darauf, die Realität per Ausstattung abzubilden, ist die, die im Untergrund von San Angeles spielt. Hier treffen sich Spartan (Sylvester Stallone), Huxley (Sandra Bullock) und Garcia (Benjamin Pratt), die Menschen, die von der perfekten Gesellschaft ausgestoßen wurden. Natürlich hätte man diese Welt absolut dem Look oberhalb von San Angeles anpassen können. Snyder und sein Team entschieden sich aber, es so aussehen zu lassen, als ob die Zeit im Jahre 1993 stehengeblieben wäre und die gewaltsamen Unruhen von Los Angeles (LA Riots) von 1992 hier stattgefunden hätten. Dies sollte als Kontrast dienen zu den Szenen, die man davor gesehen hat. Sauberkeit trifft Schmutz, Utopie trifft Realität. Sämtliche Ausstattung, von dem dunklen Mauerwerk bis hin zu verschmutzten Einkaufwagen, wurde so hergerichtet, dass man das Gefühl hatte, man befindet sich im L.A. der 90er Jahre. Ganz im Gegensatz zu der folgenden Szene, die die Welt von DEMOLITION MAN perfekt widerspiegelt.

Abb. 2.4 Der utopische Blick auf die Zukunft des Jahres 2032 kann man im Konferenzzimmer von Dr. Raymond Cocteau (Nigel Hawthorne) erblicken.

Hier ist alles im Hochglanz gehalten. Der Tisch, die Stühle, der gesamte Raum. Einfach alles. So sollte der Blick in das utopische San Angeles sein. Selbst das Kostüm von Cocteau ist ohne Makel gehalten. All dies dient dem Blick auf ein »klinisch-reines« 2023. Die Monitore konnten sich drehen. Ein filmischer Trick. Diese drehbaren Monitore gab es im Jahre 1993 noch nicht. Im heutigen Geschäftsgebaren und im privaten Haushalt sind solche Bildschirme, bei denen man Konferenzen in Echtzeit abhalten kann, alltäglich. Ein exorbitant zukunftsweisender Blick, welches vom Ausstatter David L. Snyder erdacht und von Eric Allard und Christopher Ross erbaut wurde.

Und dann gibt es eine grandiose actiongeladene Szene im Film, die beide Seiten der architektonischen Medaille dieser Zukunftsversion vereint. Die Szene, bei der sich Spartan und Simon Phoenix (Wesley Snipes) das erste Mal seit der gemeinsamen Kryophase wieder treffen: im Museum. Dort trifft das utopische Design der Zukunft auf das urbane Leben der 1990er Jahre. Genial verarbeitet und konzipiert.

Der Erfolg dieses Blickes in die Zukunft konnte man sofort am Startwochenende sehen. David L. Snyder stellte sich im folgenden Gespräch vielen Fragen zu diesem Film und zu seinem weiteren Schaffen.

Abb. 2.5 Anzeige im Daily Variety zum Start von DEMOLITION MAN.

Im Gespräch mit David L. Snyder

»Man lernt mehr am Set als an der Schule.«

Till Bamberg) Gab es Filme oder Personen, die Sie inspiriert haben?

David L. Snyder) ROCKY (1976), DER PATE (1971) und Musicals von MGM aus den 1950er Jahren haben mich dazu animiert Art Director zu werden. Vor dieser Zeit war ich ein Schlagzeuger in einer Rock´n´Roll-Band, Aufnahmeleiter, Grafikdesigner und Architekt. Ich habe niemals im eigentlichen Sinne für meinen Lebensunterhalt gearbeitet. Es war eher ein »Spiel« mit meiner Existenz. Wenn ich einen Namen nennen müsste, der mich inspiriert hat, dann wäre das Dean Tavoularis, der an den PATE-Filmen gearbeitet hat.

Auch, wenn Sie bereits in anderen Büchern, Interviews oder Audiokommentaren viel über Ihre Arbeit zu Blade Runner erzählt haben, möchte ich Ihnen dennoch ein, zwei Fragen hierüber stellen – ich habe großen Respekt vor Ihrer Arbeit und möchte Sie damit nicht langweilen. Soweit ich richtig informiert bin, war dies Ihr erster großer Studiofilm. Wie kamen Sie an den Job, und hatten Sie ein wenig Angst vor dieser großen Aufgabe?

Obwohl der geniale Regisseur Ridley Scott den Film drehte, war ich nicht eingeschüchtert. Bevor Ridley Regie führte, war er selbst Art Director bei der BBC und ein guter Illlustrator, so wie jeder in unserem Art Departement. Und ich war sicher, der Film würde ein großer Erfolg, da ALIEN – DAS UNHEIMLICHE WESEN AUS EINER FREMDEN WELT ebenfalls ein Erfolg war. Ja, das war tatsächlich der erste große Job, den ich bekam. Ich habe an diesem Film länger gearbeitet als bei irgendeinem anderen davor und danach.

Ich wurde, nachdem die Dreharbeiten im Juli 1981 endeten, als Art Director für Douglas Trumbulls PROJEKT BRAINSTORM (1983) engagiert. Trumbull war der leitende VFX-Verantwortliche für BLADE RUNNER (sowie für UNHEIMLICHE BEGEGNUNG DER DRITTEN ART, 1977 oder STAR TREK, 1979). Da ich im selben Gebäude arbeitete, in dem sowohl BRAINSTORM als auch BLADE RUNNER gedreht wurden (zumindest die VFX), konnte ich einen geringfügigen Beitrag zum Team leisten während der gesamten Vorproduktion und dem eigentlichen Dreh von BLADE RUNNER. Ich hatte Kenntnisse, die sonst niemand besaß. Alle anderen Mitglieder der BLADE RUNNER-Ausstattungsabteilung hatten sich mit anderen Filmen beschäftigt, und es war Zufall, dass ich bei der EEG, Entertainment Effects Group, dabei war. Ich hatte großes Glück, dass ich Philip K. Dick bei einem Screening der aktuellen Visual Effects treffen konnte. Es war das einzige Filmmaterial, welches er von dem Film sah. Denn er starb, bevor der endgültige Schnitt abgeschlossen war. An dieser Vorführung nahmen auch Joanna Cassidy (Zhora), Ridley und Doug teil.

Die Fortsetzung BLADE RUNNER 2049 (2017) ist voller wunderbarer Miniaturmodelle. Hat man Sie eigentlich als Berater hinzugezogen und wie denken Sie über das künstlerische Handwerk in diesem Film?

Nein, man hat mich nie gefragt. Ich muss das Design von Dennis Gassner sehr loben. Er arbeitet bei Francis Ford Coppola´s Zoetrope Studios als Grafikdesigner. Sein erster Film in Hollywood war EINER MIT HERZ (One from the heart, 1982). Zur selben Zeit, als wir BLADE RUNNER vorbereiteten, hatten wir mit Dennis eine Abmachung getroffen. Wir durften seine Neon-Schilder benutzen aus dem Film. Dennis zeigte Ridley die Schilder und schickte sie mir weiter, damit ich diese an Ralph S. Singleton weitergebe, den Produktionschef. Der sollte einen Vertrag fertigmachen. Später machte Dennis die Ausstattung vieler Filme der Coen-Brüder. Ich liebe seine Designs.

Die einzige wirkliche Konversation, die ich über BLADE RUNNER 2049 führte, war mit Ryan Gosling nach der Premiere von LA LA LAND (2016) und der VIP-Party danach. Er sagte, dass ich sehr stolz auf den Film sein würde, da man viel Respekt vor meiner Arbeit hatte und dem Originalfilm. Ryan sagte mir, dass es wenig CGI gab und fast alle Sets und Miniaturen gebaut wurden. Er war ein ziemlicher Gentleman.

Im ursprünglichen Drehbuch von BLADE RUNNER namens Dangerous Days trug die Riesenmetropole den Namen San Angeles. Einen Namen, den später die Stadt in DEMOLITION MANtrug. Auch bei diesem Film wirkten Sie als Production Designer mit. Das Design von DEMOLITION MAN wirkt auf mich stets futuristisch mit einer realen Basis. Wie sah denn die Kollaboration bei diesem Film mit ihren kreativen Kollegen wie Matte Painter Mark Sullivan oder Set Decorator Bobby Gould aus, um diese Welt zu erschaffen? Welche Beweggründe sind es, die Sie veranlassen, eine bestimmte Art des architektonischen Designs zu wählen?

Nachdem ich 12 Jahre vor DEMOLITION MAN ein dystopisches Los Angeles erschaffen hatte, wollte ich die Gelegenheit nutzen und hier mein Design überdenken und ein utopisches Los Angeles zeigen. In Demolition Man zeigen wir durch das Design eine perfekte Zukunft. Aber eine, bei dem alle guten Gesellschaften eine Kehrseite haben. Diese leben unterhalb der »guten« Gesellschaft: Obdachlose, enttäuschte Frauen und Männer und Kinder sind unterhalb der Stadt »begraben«. Der Hauptteil der Sets wurde bei Warner Bros. gedreht in denselben Hallen wie BLADE RUNNER, STAR FORCE SOLDIER oder PEE WEE’S IRRE ABENTEUER (PEE WEE’S BIG ADVENTURE 1985). In DEMOLITION MAN kosteten die Sets circa 12 Millionen US-Dollar plus nochmal 2,5 Millionen für die Design Abteilung. Das war mehr als für BLADE RUNNERund weniger als für STAR FORCE SOLDIER.

Ich stellte mir vor, dass in es DEMOLITION MAN, im Gegensatz zu BLADE RUNNER, keine Stadt war, die fünf Jahrzehnte lang andauernd ihre Versorgungsleitungen verlegt. Sondern es war eher so, als ob die gesamte Metropole erbaut und erneuert wurde auf der alten Stadt, die dann aber noch unterhalb existiert. In den 1990er Jahren wurden in Los Angeles viele neue Gebäude errichtet, wie beispielsweise das neue Los Angeles Convention Center, indem noch niemand zuvor gedreht hatte. Durch die Auswahl dieser modernen, futuristisch anmutenden bestehenden Standorte war es für mich eine leichte Aufgabe, für das Jahr 2032 n. Chr. ein gesamtes Stadtbild zu schaffen. Die visuellen Effekte stammten übrigens von Industrial Light & Magic (ILM), der Effekt-Firma von George Lucas.

Die Autos in DEMOLITION MAN stammten von General Motors und waren, wie der Ultralite, Prototypen. Haben Sie, oder jemand aus Ihrer Crew, diese entwickelt oder waren diese Autos mit Anforderungen von GM geliefert worden?

Ich habe Richard F. Mays als Art Director für alle On-Screen-Fahrzeuge engagiert. Produzent Joel Silver hat mit General Motors einen Vertrag abgeschlossen, um alle ihre Autos, die sich noch im Konzeptzustand befanden, in dem Film zu verwenden. Wir haben uns mit dem CEO der GM Oldsmobile Division bei Warner Bros. Studios getroffen. Der Kontakt gab an, dass wir Oldsmobile-Fahrzeuge zeigen könnten. Zusätzlich zu den futuristischen Concept Cars erhielten wir einen GM Ultralite als eine Art »Kreuzer« für das San Angeles Police Department im Film. Aus diesem Fahrzeug haben wir Fiberglas-Formen gegossen und 10 Karosserien hergestellt, die auf Volkswagen-Fahrgestellen mit luftgekühlten VW-Motoren montiert wurden. Jedes Konzeptauto erreichte die Warner Bros. Studios in einem eigenen klimatisierten Anhänger, der von Detroit, Michigan, quer durch die USA fuhr. Jedes Fahrzeug hatte seine eigene Mechanik.

Erzählen Sie uns bitte etwas von der architektonischen Umsetzung der Welt in DEMOLITION MAN.

Ich habe den Film so konzipiert, dass er komplett von BLADE RUNNER entfernt ist, utopisch gegen dystopisch.

Gab es viele Veränderungen im Konzept der Gestaltung von San Angeles? Inwieweit haben Sie sich von der real-existierenden urbanen Baulichkeit des Los Angeles der 90er Jahre inspirieren lassen oder gab es andere Quellen?

Ich entschied mich, viele zeitgenössische, futuristische, architektonische Drehorte in Südkalifornien zu finden, von Los Angeles im Norden bis San Diego im Süden. Es war auch zwingend notwendig an Orten zu drehen, die vor 1993 noch nie in Filmen aufgetaucht waren, z. B. das neue, noch nicht für die Öffentlichkeit geöffnete Los Angeles Convention Center usw. Es gab Widerstände, dort zu drehen, und ich musste mich mit dem Ästhetik-Komitee treffen, um meinen Fall vorzutragen und um die Erlaubnis zu bekommen (in Anzug und Krawatte). Ich konnte die Politiker überzeugen, indem ich ihnen sagte: »Ich möchte Los Angeles alias San Angeles filmen, als Entschuldigung für BLADE RUNNER, der die Stadt als eine unschmeichelhafte Dystopie darstellte.« Ich versprach, dass ich unsere Stadt als eine sichere, saubere und schöne Metropole im 21. Jahrhundert darstellen werde. Dies war die Grundlage des Konzepts, um dann über die »gefundenen« Orte hinaus in die Zukunft zu gehen.

Wie sah Ihre Zusammenarbeit ILM aus?

Mein VFX Art Director, Tom Valentine, war der Dreh- und Angelpunkt mit ILM. Wenn Sie eine 22-köpfige Kunst-Abteilung leiten, müssen Sie die Arbeit an Ihr Schlüsselpersonal delegieren oder Sie werden scheitern.

Set Design bedeutet nicht nur statische Aufbauten, sondern auch mechanische Effekte, wie in DEMOLITION MAN die drehbaren Bildschirme im Konferenzraum von Dr. Raymond Cocteau oder die Telefonzelle, in der Simon seinen eigentlichen Auftrag erfährt. Waren Sie bei der mechanischen Umsetzung dieser Elemente ebenfalls involviert? Wenn ja, wie sieht die Arbeit eines Production Designers in diesen Fall aus? Überlassen Sie den Hauptteil der Crew, die für die Mechanik zuständig ist?

Ich habe Eric Allard angeheuert, um alle mechanischen Effekte und »Gadgets«, die von Christopher Ross entworfen wurden, unter meiner direkten täglichen Aufsicht in einem demokratischen Verfahren zu entwickeln und zu konstruieren, da ich mir alle Ideen anhöre und dann die endgültigen Entscheidungen treffe. Die Videokonferenzen mit Cocteau – die digitalen Tablets (fest unter den Kostümen verdrahtet) gab es 1993 noch nicht. Die Geräte zum Scannen der Netzhautidentität, die Waffen usw. sind alles Geräte des 21. Jahrhunderts, die für die Zeit von DEMOLITION MAN geeignet sind.

Einige Aufnahmen wurden »on Location« gedreht. Können Sie uns sagen, welche Drehorte Sie verwendet haben und wie konnten / durften Sie diese verändern? Gab es viele bürokratische Hürden zu überwinden, um etwas umzugestalten?

Wie ich bereits schrieb, zum Beispiel das brandneue Los Angeles Convention Center. Die bekanntesten Drehorte waren:

 105 Freeway, Los Angeles, California, USA

 2nd Street Tunnel zwischen Hill und Figueroa, Los Angeles, California, USA

 America Plaza Trolley Station – 600 West Broadway, San Diego, California, USA

 GTE – 1 Baxter Way, Thousand Oaks, California, USA (Außenaufnahmen des San Angeles Police Department)

 Fleur Daniels Chemical Company, Irvine, California, USA (Außenaufnahmen Museum)

 Hollywood Sign, Hollywood Hills, Los Angeles, California, USA

 Hughes Aircraft – 909 N. Sepulveda Boulevard, El Segundo, California, USA (Taco Bell)

 Los Angeles Convention Center – 1201 S. Figueroa Street, Downtown, Los Angeles, California

 Louisville, Kentucky, USA

 Pacific Design Center – 8687 Melrose Avenue, West Hollywood, California, USA

 Park Place Office Campus – 3345 Michelson Drive, Irvine, California, USA (Außenaufnahmen Museum)

 Pasadena, California, USA

 San Diego Convention Center, San Diego, California, USA (Weg zu Taco Bell)

 Stage 15, Warner Brothers Burbank Studios – 4000 Warner Boulevard, Burbank, California

 Stage 16, Warner Bros. Burbank Studios – 4000 Warner Boulevard, Burbank, California, USA

 The Pyramid – 7310 Miramar Rd., San Diego, California, USA (Außenaufnahmen Museum)

 Park Place Office Campus – 3345 Michelson Drive, Irvine, California, USA (Planetarium)

 Westlake Village, California, USA

 GM Hughes Electronics Corporation, El Segundo (Innenaufnahmen San Angeles Police Department)

Im Grunde gibt es zwei Welten in DEMOLITION MAN. Zum einen die aalglatte Scheinwelt von San Angeles und zum anderen die dreckige Unterstadt. Welche bevorzugen Sie und welche war am schwierigsten zu gestalten?

Ich mag sie beide gleichermaßen. Wenn man gut in seinem Job als Filmemacher ist, ist nichts davon einfach. Es sollte nicht einfach sein und es gibt das Motto, dass kein Set jemals fertig ist: Die Produktion nimmt sie dir einfach weg, wenn es Zeit zum Drehen ist. Woran ich mich bei meinen Filmen am meisten erinnere, ist, wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, hätte ich einige gute Sets großartig machen können.

Wieviel Budget hatten Sie für die Erschaffung dieser beiden Welten zur Verfügung und wie verteilt sich diese Zusammenstellung bezogen auf die einzelnen Abteilungen? Musste man viel improvisieren, um sein Ziel zu erreichen?

Mehr Geld als BLADE RUNNER und weniger Geld als SOLDIER, alle von Warner Brothers. Das Budget für Set-Design/Kunstabteilung bei DEMOLITION MAN betrug jedoch US$ 1.250.000,00.

Wie konkret sieht der (zeitliche) Ablauf zum Bau eines Sets aus? Bleiben wir beim Beispiel des Konferenzraumes in DEMOLITION MAN beginnend mit einer Idee bis hin zur fertigen funktionalen Umsetzung.

Mehr Zeit als üblich, da das Set 2,50 Meter über dem Bühnenboden aufgebaut wurde, um die Mechanik der Videokonferenzsequenz unterzubringen. Es könnte immer mehr Zeit sein.

Gibt es irgendetwas, was Sie leider nicht umsetzen konnten (aus welchen Gründen auch immer)?

Für so gut wie jedes Set hätte man mehr Zeit für die Ästhetik und die Qualität der Konstruktion gebrauchen können. Allerdings muss man sich zurückhalten, um auch dem Bühnenbild, der Set Dekoration und den mechanischen Spezialeffekten ihre Zeit zu geben.

Sie waren auch der Production Designer von Tim Burtons Kinodebüt PEE WEE’S IRRE ABENTEUER. Warum wählten Sie sich dieses Projekt aus und hatten Sie damals bereits ein Gefühl, dass Burton ein ganz Großer seines Fachs werden würde?

Ich war gerade bei der Arbeit zu FUTURE PROJEKT – DIE 4. DIMENSION (MY SCIENCE PROJECT, 1985) für die Walt Disney Studios von Jonathan Betuel (THE LAST STARFIGHTER). Der 24 Jahre alte Tim Burton drehte gerade seinen Schwarzweiß-Kurzfilm FRANKENWEENIE (1984). Wir hatten beide ein Büro im alten Animationstrakt von Disney und fanden heraus, dass wir vieles gemeinsam hatten. Er kam mehrfach zu Besuch an meine Sets und war schwer beeindruckt. Wenn ich Regisseure und Produzenten treffe, wollen sie alle über BLADE RUNNER sprechen. Burton damals nicht. Er wollte einfach keine weiteren Designer treffen und fragte bei Produzent Robert Shapiro an, ob ich frei wäre.

Ich muss Ihnen gestehen, ich habe einen «Guilty Pleasure”-Film namens STARFLIGHT ONE – IRRFLUG INS ALL (1983) und besitze immer noch die VHS davon. Bei diesem Film haben Sie ebenfalls mitgewirkt. Es ist ein TV-Film. Gibt es denn Unterschiede bei der Arbeit an Filmen für das Kino und das Fernsehen?

Heutzutage mit Streamingdiensten wie Netflix, Amazon, HULU, Disney+ und allen anderen gibt es keinen Unterschied mehr.

Was ich über STARFLIGHT ONE sagen kann, ist, dass ich den Regisseur Jerry Jameson mochte und ich hier die Gelegenheit hatte, mit John Dykstra zusammenzuarbeiten. Er engagierte mich später für Gene Wilder´s DIE FRAU IN ROT (THE WOMAN IN RED, 1984). Damals waren die 6 Millionen US-Dollar Produktionskosten eine enorme Summe für einen Fernsehfilm.

Die Innenausstattung der Starflight bauten wir in Originalgröße. Ungefähr 40 Meter war diese Bühne lang. Ich würde sagen, dass das Endresultat sich für viele Beteiligte als schlecht herausstellte. Wahrscheinlich war der Grund dafür, dass das ursprüngliche Drehbuch von Jameson von ihm neu geschrieben werden wollte. Nur lehnten die Verantwortlichen der ABC das ab. Sie gaben nur das »grüne Licht« für sein erstes Skript.

Was würden Sie angehenden Ausstattern mit auf dem Weg geben? Welchen Rat sollte man befolgen, wenn man sich überlegt, in Ihrem Bereich Fuß zu fassen?

Es gibt viele Filmschulen in Nordamerika, Europa oder Asien. Ich kann nur jedem empfehlen, der sich entscheidet, im Filmbereich zu arbeiten, dass er dort eine vierjährige Ausbildung macht. In den Semesterferien sollte man versuchen, bei angesehenen Firmen an Filmsets mitzuarbeiten. Und man darf sich nicht zu schade sein, jeden Job anzunehmen. Man lernt mehr am Set als an der Schule. Auch sollte man sich einen Mentor suchen, der einem hilft, seinen Weg zu finden. Ich habe bereits viele erfolgreiche Studenten begleitet, die jetzt im Fernsehen, Film und im Theater arbeiten.

Für BLADE RUNNER waren Sie für den Oscar nominiert. Dieser ging dann aber an das Ausstattungsteam von GHANDI (1982). Sind Sie der Meinung, der Blick auf das Werk eines Ausstatters hat sich im Laufe der Zeit verändert?