Die magische Reise des Rauhnächte-Raben Trix - Vera Griebert-Schröder - E-Book

Die magische Reise des Rauhnächte-Raben Trix E-Book

Vera Griebert-Schröder

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  • Herausgeber: Irisiana
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Eine zauberhafte Erzählung, die das Herz berührt und die Seele wärmt

In der Zeit zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag durchlebt der junge Rabe Trix eine ebenso heilsame wie unterhaltsame Reise zu sich selbst – und wir mit ihm. War er anfangs noch traurig und sorgenvoll, breiten sich nach und nach Zuversicht und Freude auf ein kraftvolles neues Jahr in ihm aus. Jedes seiner zwölf Abenteuer in diesem Buch bringt dem Raben Trix die besondere Qualität der jeweiligen Rauhnacht nahe, wie Stille, Kraft oder Dankbarkeit. Spielerisch zeigt seine magische Reise, wie sich Krisen in Chancen wandeln lassen und ein erfülltes Leben möglich wird. Liebenswerte Farbzeichnungen der Künstlerin Ingrid Pape komplettieren diesen wunderbaren Begleiter durch die Zeit zwischen den Jahren.

  • Die inspirierende Lektüre regt an, die Botschaften der Rauhnächte zu verinnerlichen, und fördert das persönliche Wachstum
  • Liebevoll illustriert mit 20 Farbzeichnungen vom Raben Trix und seinen tierischen Gefährten
  • Eine berührende und transformative Geschichte der Rauhnächte-Erfolgsautorinnen Vera Griebert Schörder und Franziska Muri

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Seitenzahl: 120

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© 2021 by Irisiana Verlagin der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbHNeumarkter Straße 28, 81673 München

Illustrationen: Ingrid Pape

Projektleitung: Sven Beier

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

Covergestaltung: Geviert, Grafik & Typografie

Covermotiv: © Ingrid Pape

ISBN 978-3-641-28110-6V002

Vera Griebert-Schröder Franziska Muri

Die magische Reise des

Rauhnächte-

Raben Trix

Wie wir Zuversicht, inneren Wandel und Kraft für das Neue finden

Mit Illustrationen von Ingrid Pape

Inhalt

Die Hoffnung der Wintersonnwende

Die Stille der ersten Rauhnacht

Der Frieden der zweiten Rauhnacht

Die Kraft der dritten Rauhnacht

Die Seelenweite der vierten Rauhnacht

Die Klarheit der fünften Rauhnacht

Die Lebendigkeit der sechsten Rauhnacht

Die Versöhnung der siebten Rauhnacht

Die Fülle der achten Rauhnacht

Die Intuition der neunten Rauhnacht

Die Gegenwärtigkeit der zehnten Rauhnacht

Die Dankbarkeit der elften Rauhnacht

Die Weisheit der zwölften Rauhnacht

Der Segen des 6. Januar

Zu den Autorinnen

Zur Bildkünstlerin

Die Welt war zunehmend eckig geworden. Kastenförmig. Rechtwinklig. Und laut. Sehr laut. Wo seit Raben­gedenken Wald gestanden hatte, durchsetzt von ein paar Lichtungen und weiten wilden Wiesen voller saftiger Kräuter und leuchtend bunter Blumen, da war jetzt kaum noch ein Grashalm zu finden. Kaum ein Baum. Kaum ein Tier. Und kein Sternenschein. Keine Stille.

Große Häuser standen überall, Autos fuhren über Straßen, und Menschen liefen hin und her. Hastig, eilig. Immer weiter war die Stadt über ihre Ufer getreten, immer weiter fraß sie sich in die Natur hinein. Und damit in die Welt von Trix.

»Alles verändert sich. Wie soll einem da nicht Angst werden?«

Der junge Rabe murmelte vor sich hin, während er zu der großen Baustelle hinüberschaute, auf der gerade ein Laster krachend einige Betonteile abwarf. Vor wenigen Tagen hatten dort noch seine liebsten Walnussbäume gestanden, es hatte Büsche gegeben, in denen im Frühling die Vögel nisteten, und eine hügelige Wiese, über die sich trefflich spazieren ließ. Es war sein Zuhause, das da so plötzlich verschwand, als wäre es nie da gewesen. Wieder ein Stück mehr von seiner Heimat war der Stadt zum Opfer gefallen. Dem Eckigen, Lauten.

Gerade mal zwei der großen kraftvollen Bäume hatten sie stehen lassen. Trix schwang sich ein paar Meter hoch in die Luft, segelte vorsichtig hinüber auf einen ihrer ausladenden Äste zu, doch da warf ein riesiger Bagger seinen dröhnenden Motor an. Trix drehte ab und brachte sich auf einem der gegenüberliegenden Hausdächer in Sicherheit.

Er atmete durch und versuchte, sich selbst Mut zu machen. Ja, auch auf Dächern konnte man sitzen. Ganz gut sogar. Die höchsten von ihnen boten eine weite Aussicht. Vielleicht ging es ja einfach darum, sich mit der neuen Situation zu arrangieren und das Beste daraus zu machen. Trine, seine Freundin, sagte das seit Langem. Seit die eckige Welt in ihre Lebenswelt einzudringen begann. Na gut, um ehrlich zu sein, sagte sie es, seit Tom hier aufgetaucht war. Aus dem Zentrum der großen Stadt hatte es ihn hier zu ihnen hinausgespült, und seitdem erklärte er ihnen, was sie seiner Meinung nach wissen mussten.

»Ihr könnt froh sein, dass ihr es hier noch so ruhig habt. In der Stadt drinnen, ich sage euch, dort ist es total krass. Kein Auge tut man da zu. Und trotzdem habe ich es auch dort geschafft. Ich bin einfach ganz cool geblieben.«

Trine hatte ihm eifrig zugestimmt: »Ja, Tom hat es geschafft. Er ist einfach großartig. Wir sollten von ihm lernen.«

»So ist es.« Tom sonnte sich in Trines Bewunderung. »Ihr müsst genauso lernen, mit der Zeit zu gehen. Passt euch an. Arrangiert euch. Macht das Beste draus! Holt die zähesten Qualitäten aus euch heraus!«

Alle hatten ehrfürchtig gelauscht, viele hatten genickt. Doch Trix hatten die Worte geärgert. Dieser belehrende Ton. Diese Forderungen. Und, ja natürlich, dass Trine nur noch Augen und Ohren für Tom hatte. Außerdem: Er wollte diese eckige Welt nicht. Er wollte nicht dort leben. Nein! Er wollte ein Rabe sein, der in seiner Rabenwelt lebt. Und die war geschwungen, saftig, voller Moos und voller Weite, voller Düfte und durchwoben von vielfältigstem Leben, in dem überall Abenteuer und Freude auf ihn warteten. Dort gehörte er hin. Dort wollte er sein.

Und »mit der Zeit gehen«. Was sollte das überhaupt heißen? Er ging sehr wohl mit der Zeit, mit Frühling und Sommer, mit Herbst und Winter. Mit Tag und Nacht, mit Wachsen und Vergehen. War das jetzt falsch? Von heute auf morgen? Hieß »mit der Zeit gehen« plötzlich, dass man von Hausdach zu Hausdach flog, ständig Autos ausweichen und vor Hunden auf der Hut sein musste? Dass man immer lauter rufen musste, um überhaupt noch von den anderen gehört zu werden?

Trix ließ die Flügel hängen. Es war ja nicht so, dass er es nicht versucht hatte. Er hatte sich wirklich bemüht. Er war ja nicht doof. Auch er konnte sich an seinen Flügelfedern abzählen, dass diese Häuser und Straßen immer weiter in seine Rabenwelt vordringen würden. Sollte er immer weiter fliehen? Immer weiter ein Nischendasein führen? Bald nur noch versteckt im letzten Winkel seines Waldes hausen, bevor auch der den lärmenden Maschinen zum Opfer fiel? Ja, er musste sich wohl arrangieren. Wochenlang war er absichtlich überwiegend in der eckigen Welt geblieben, um sich daran zu gewöhnen. Um das Gute darin zu entdecken. Um … mit der Zeit zu gehen.

»Es macht mir aber keine Freude!«, jammerte er. Alles war so trüb. Und so schmerzhaft. Diesen Bauarbeiten zuzusehen, wieder ein paar seiner Bäume verloren zu haben … und vor allem: so allein zu sein. Keiner seiner Freunde schien ihn zu verstehen. Und Trine, ach, die war wahrscheinlich in Tom verliebt.

»Dieser Alleswisser, dieser eckige!«, schimpfte Trix. Die ganze Gruppe hatte er gespalten. Immer öfter war es in den letzten Wochen zu Streit gekommen. Denn auch ein paar anderen war nicht wohl dabei, sich mit dieser neuen Welt zu arrangieren, die so gar nicht rabengerecht zu sein schien.

Diskutiert hatten sie, stundenlange Debatten geführt, Argumente hin- und hergeworfen und auch so manches Mal vergessen, dass sie doch Freunde waren, eine Gemeinschaft. Trubi hatte ihm einmal sogar verächtlich zugerufen: »Du ewig Gestriger! Verträumter Waldschrat, wach auf!«

Das hatte wehgetan. Trix hatte darauf gar nichts antworten können. Ewig gestrig! Nur weil er seinen Wald liebte, das beschauliche Leben dort, das Spiel all der Stimmen um ihn herum in der Natur, die Kraft des Lebendigen dort? Ewig gestrig! Dabei war er doch noch so jung.

Was hätte er Trubi entgegnen sollen? Anfangs hatte doch auch er betont, dass sie nicht einfach so ihre Liebe zu ihrem ureigentlichen Leben aufgeben könnten. Und dann … hatte Tom ihn eingewickelt. Und nun teilte er sogar gegen Trix aus. Der Tonfall war seit Wochen immer rauer geworden. Und auch der Lärm der Autos, die Stimmen der Menschen, das Bellen der Hunde, all das setzte Trix’ Nerven zu. Er spürte keine Kraft mehr. Was sollte nur werden?

Und dann kam der Tag, als Trix eine Entscheidung traf. Die ersten Schneeflocken waren gerade gefallen, er saß auf einem der verbliebenen Walnuss­bäume und war ganz in seine Gedanken versunken. In trübe Gedanken. Da landete mit einem Mal Trine neben ihm auf seinem Ast. Im Schnabel trug sie ein gammlig braunes Etwas, das sie sich in die rechte Kralle klemmte, um mit Trix reden zu können. Sie hob das Bein.

»Schau, was ich gefunden habe!«, rief sie in stolzer Freude.

Trix schaute halbherzig hin.

»Siehst du, wir werden auch hier nicht verhungern. Das ist ein Apfel.«

»Das war mal ein Apfel«, knurrte Trix. Unfreundlicher, als er es wollte. »Jetzt ist es ein angebissener, fast aufgegessener Rest von einem Apfel. Alt und wenig appetitlich.«

»Immer meckerst du nur rum!«, fuhr ihn Trine enttäuscht an. »Ich esse jetzt!« Sie drehte sich demonstrativ weg und pickte energisch in ihren Apfelbutzen.

Trix holte tief Luft. Er spürte plötzlich, dass er etwas tun musste. Also mehr, als nur vor sich hinzugrübeln. »Weißt du was? Ich fliege von hier weg. Ich will nicht so leben. Ich will dort leben, wo ich mir Äpfel vom Baum holen kann und nicht aus dem Mülleimer. Ich will sie frisch und rund.«

»Im Winter?«, fragte Trine demonstrativ schmatzend.

»So lang es eben geht. Und im Winter haben wir immer auch genug zu essen gefunden, bevor die eckige Welt hierherkam.« Er hielt kurz inne, um seinen weiteren Worten das nötige Gewicht zu verleihen. Schließlich war dies ein Abschied. Und niemand wusste, für wie lang. »Ich möchte nicht im Streit gehen, doch ich werde gehen.«

Trix spürte, dass sein Herz schwer war.

Trine sah ihn an. Beide waren für einen Augenblick still. Die Zeit schien stehen zu bleiben, während sie einander in die Augen sahen, und beinahe war es so wie früher. Dann zerriss das Hupen eines Autos die Magie des Augenblicks. Trix schreckte zusammen und erhob sich sofort in die Lüfte. Trotzig, entschlossen, unwiderruflich. Ohne sich noch einmal umzusehen, flog er davon. Heraus aus der eckigen Welt und hinein in den ganz leicht verschneiten Wald. In seine Rabenwelt. Mochte sie immer kleiner werden, es war seine Welt. Und wer weiß, ob sie nicht irgendwo noch Tiefen hatte, die er gar nicht kannte. Nur weg von Trine und Tom, von Autos und Häusern. Von Huplärm und angegammelten Apfelresten. Nur weg, dachte er, während er flog und flog.

Den Wald unter sich zu sehen, tat ihm gut. Nur noch Weite und Natur. Lebendigkeit. Erschöpft ließ sich Trix irgendwann im duftenden Grün einer großen Tanne nieder.

Da saß er nun. Allein. Ratlos. Traurig.

Und jetzt?

Die Hoffnung der Wintersonnwende

»Pass auf, dass du nicht vom Baum tropfst mit all deinem Kummer, Krrraah.«

Trix schrak hoch. Was war das für eine Stimme?

Schon hörte er sie erneut: »Na, du Unglücksrabe. Wo drückt der Schuh?«

Wer sprach da?

Trix sah sich um und traute seinen Augen kaum. Vom gegenüberliegenden Baum, einer mächtigen Buche, hing an zwei langen Seilen eine Schaukel herab. Und darauf saß, vergnügt zu ihm herüberblinzelnd, eine Rabin. Sie schaukelte gemütlich ein, zwei Meter vor und zurück und hob ein wenig eine Flügelspitze, um Trix zu grüßen.

Der konnte erst einmal gar nichts tun oder sagen. Er schaute nur wie gebannt zu ihr hinüber. Alt war diese Rabin. Ihr Gefieder war schon etwas struppig und grau geworden, doch zugleich lag ein ganz eigentümlicher Schimmer darauf.

»Bist du stumm?«, fragte sie.

Trix schreckte erneut auf, diesmal nur leicht, ruckelte sich auf seinem Ast zurecht und sagte mit leicht belegter Stimme: »Guten Tag. Ich bin Trix. Und wer bist du?«

»Hallo, Trix«, antwortete die alte Rabin und sah ihm direkt in die Augen. Weich war ihr Blick und offen. Es lag eine Einladung in ihrem ganzen Ausdruck, der etwas in Trix zum Schmelzen brachte.

»Was machst du hier? Du siehst mir sehr traurig aus. Was betrübt dich?«, fragte sie.

Trix spürte, wie ihm die Tränen kamen, und er hätte sich am liebsten sofort in die Arme dieser alten Rabin geworfen. Das konnte er doch aber nicht machen!

Er schloss die Augen und fasste sich. Als er sie vorsichtig wieder öffnete, schaute die Alte immer noch einladend zu ihm. Also fing er einfach an, ihr alles zu erzählen. Von der hügeligen Wiese und den Walnussbäumen, von der eckigen Welt, die immer näher kam, von großen Häusern und gewaltigen Maschinen, von Trine und Trubi, von Tom und vom Streit, den es immer öfter gegeben hatte. Davon, dass es ihn so unendlich traurig machte, in der eckigen Welt zu sein, im Lärm der Straßen und im Gestank des Mülls, in dem sie jetzt plötzlich ihre Nahrung suchten.

»Ich vermisse meine alte Welt so sehr!«, schluchzte Trix. »Die war schön. Warum gibt es davon kaum noch etwas? Alles ist weg. Alles verloren! Ich hab ja nicht einmal mehr Freunde.«

Er wurde energischer und ließ die Worte ungehemmt heraussprudeln. »Ausgelacht haben sie mich, als ich sagte, dass ich mich dieser ganzen eckigen Veränderung nicht anpassen möchte. Alle haben sie gelacht. Tom am allermeisten. Dieser Wichtigtuer! Und Trine hat gegrinst. Das hat so wehgetan!«

Wieder kamen Trix die Tränen, und er ließ sie einfach laufen. Schon so lange hatten sie sich aufgestaut.

Die alte Rabin hatte ihn die ganze Zeit über ruhig angesehen. Sie ließ ihn sprechen, ließ ihn weinen und schaukelte einfach nur ein bisschen weniger.

»Ich habe Angst«, brachte Trix schließlich hervor. »Wie soll das denn weitergehen? Ich habe alles verloren. Ich habe keinen Ort mehr zum Leben, keine Freundin, keine Freunde, keine Zukunft, nichts ist mehr sicher. Ich bin müde und erschöpft. Und überhaupt, ich weiß einfach nicht mehr, was richtig ist.« Er weinte nun hemmungslos. »Alles ist so schrecklich!«

»Da hast du wirklich Glück«, sagte mit einem Mal die alte Rabin.

Trix verstummte in seinem Schluchzen und schaute zu ihr hinüber. Hatte er sich verhört?

Die Rabin lächelte.

»Willst du mich verspotten?«, fragte Trix mit weit aufgerissenen Augen und wollte schon wieder beginnen zu weinen.

»Aber nein«, beteuerte die Rabin. »Du hast wirklich Glück, denn heute ist ein ganz besonderer Tag.«

Sie sagte das so ruhig und so überzeugend, dass Trix mehr darüber wissen wollte. Unbedingt. Er setzte sich aufrecht hin und blickte zu diesem eigentümlichen alten Vogel auf seiner Schaukel hinüber.

»Heute ist ein ganz besonderer Tag«, wiederhole die alte Rabin. »Ein Tag, der seit Jahrtausenden feierlich begangen wird. Denn er ist von kosmischer Bedeutung.«

Trix atmete kaum, so gespannt hörte er zu.

»Denn heute ist der 21. Dezember. Und das ist der Tag der Wintersonnwende. Du hast ja sicher schon beobachtet, dass die Sonne zu bestimmten Zeiten im Jahr mal höher steht und mal niedriger. Und dass die Tage mal länger sind als die Nächte und dann wieder umgekehrt. Oder?«

Trix nickte eifrig. »Ja, ja, das ist so. Und zurzeit sind die Tage sehr kurz und die dunklen Nächte furchtbar lang.«