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Glaubt man der altschwedischen Didrikschronik, dann trug sich der Untergang der Nibelungen nicht in Ungarn zu, sondern im norddeutschen Hunaland, genauer gesagt in Soest. So könne man es von jedem Mann in jeder Burg im ganzen Sachsenlande hören, so höre man es gleichmütig in den Liedern deutscher Männer. Neue Forschungen haben diese Fassung der Ereignisse bestätigt. Erst später wurde die Geschichte nach Süden verlegt und es entstand das in Reimpaaren verfasste Nibelungenlied. Auch die Gestalt, in der die Heldensagen vorgetragen wurden, war ursprünglich eine andere. Der Sänger bot sie in der fürstlichen Halle oder am Lagerfeuer mit im Stabreim gedichteten Liedern dar. Dort ergötzten sie die Schar der versammelten Krieger, hielten die Erinnerung an die eigene Vergangenheit wach und entflammten zu neuer kühner Tat. Ebensolche stabgereimten Heldenlieder über die Taten des Drachentöters Siegfried und der Nibelungen enthält dieses Büchlein. Auf der Suche nach der urtümlichen Gestalt der Sagenüberlieferung führt es seine Leser und Zuhörer in die verborgenen Gefilde der germanischen Vorzeit. Bebildert mit 21 Tuschezeichnungen aus der Hand des Verfassers.
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Seitenzahl: 34
Der Hort
Siegfrieds Lied
Brünnhilds Lied
Griemhilds Lied
Gunthers Lied
Wollt ihr wissen weises Wort,
Dann hört der Heimat Mär vom Hort,
Der reich nun ruht am Grund des Rheins,
Dereinst von Asen angehäuft,
Die Ottar achtlos umgebracht,
Als Bruderbuße böser Tat,
Entzweiend Söhne, zweckend Zwist,
Voll Göttergunst und Götzenfluch.
Dies Wergeld wurde manchem Weh,
Wer erbt dies Od, der erbt damit
Der Nibelungen Neid und Not –
Nun lauscht dem Laut des Lieds!
Mime hieß ein Mann, durch Moos
Und wilde Wälder wandernd fand
In Rotwilds Nadelnest er nackt
Ein kleines Kind, im Dickicht kalt.
Gar schön und stark ihm schien der Bub,
Ein Band aus Birkenborke sprach:
„Dies Kind ist Siegfried, Siegmunds Sohn,
Wer’s find’t, dem fromm die Freke Glück!“
Er hegte ihn in Haus und Hof,
Die Gattin schenkt’ ihm gerne Gunst,
Im Schein der Schmiede spielte er
Und schoss den Spieß geschwind.
Eines Tages argten ihn
Behaglich Heim und Haus und Hof:
„Zu Abenteuern unbeirrt,
Wo wüstes Wetter wütet, dort,
Im dunklen Wald ich weilen will.
O gib ein gutes Garn mir, Norn,
Bald von der Schmiede führ mich fort!“
Da sah der Siegfried so im Hain
Manch rüst’gen Reiter, reckenstark,
Mit scharfem Schwert und breitem Schild,
Wo er den schwachen Stecken schwang,
Ja, daß er drob verdross.
Einen Eber er trug heim
Vom Waidgang, bis in Wald und Wies’
Er spät auf Mimes Schmiede stieß.
Da bittet, bürgt und bettelt er:
„Lass Meister mich, o Meister mein,
Ohn’ Sorge, dein Geselle sein!
Ich will des Werkes werden kund,
Wie man die langen Messer macht!“
Da sagt’ er: „ja“ – und Siegfried sann
Nach nichts als Eisen, Esse, Erz.
Die besten Schwerter schlug er schnell,
Den Amboss in die Erd’.
Fort wollt fahr’n er, fordert bald,
Zum Ritt das Ross sich, Mime rät:
„Da weiden wohl am Waldesgrund
Zwölf Pferde, prüf sie, pfände eins!“
Dort traf er einen Alten an,
Mit blauem Mantel, Bart und Boot:
„Ich rat, im Reißstrom jedes Ross
Zu prüfen: Prüfung zählt vor Pracht!“
Nur Grani grau, der ging hindurch
Der sollt’ ihm sein Geselle sein.
Geschickt und schnell er sprengte fort,
Ritt tagelang durch Tal und Tau.
Mutig meint zu Mime er:
„Nun sag, was sorgte sich mein Ahn
Nicht meiner, meine Mutter nicht?
Ich wuchs in Wald und Wiesen auf,
Dem Vaterhofe fern und fremd.“
Dazu der Ziehvater erzählt:
„Mit Lingwei Fürst dein Vater focht,
Der Siegmund schlug in Sturm und Schlacht,
Des Weib in Wehen lag im Wald,
Sie starb, in schwarzer Nacht versteckt.
Des Schwertes Scherben schob sie da
Dem kleinen Kind zum Korb.“
So schuf Siegfried sich dann bald
Vom Ahneneisen, neu und alt,
Das große Schwert: den guten Gram,
So breit und lang, dem Bären bang.
Das Feuer flammt, es dampft die Flut,
So hart und zäh er hat’s gehaun.
Im Fluss die Feder ließ er fahrn,
Das Schwert zerschnitt sie ohne Schwung.
Der Meister sah’s und sorgte, sann,
Gar nützlich schien der starke Schmied,
Der auf dem Anger ’s Eisen probt’,
So frisch und voll der Flamm’.
Siegfried Siegmunds Rache sann:
Einst fuhr er fern auf Fluss und See
Es war gewaltig Wind am Werk,
Da eine Stimm’ durchschnitt den Sturm:
„Nicht hisse hoch das Segel hier!
Dem Wind es wird nicht widerstehn.“
Rief von dem Fels von fern ein Greis.
Kaum bat den Bärt’gen man an Bord,
Da wandte sich des Wetters Wut.
Bald rächte Siegfried Siegmund so,
Nach Lingweis Leben giert’ ihn lang,
Zur Hel er hieb ihn hin.
Heim er kommt mit heißem Herz,
Da rät ihm Mime, reizt ihn recht,
Mit Worten, wohl gewählt, zur Tat:
„Ich hört’ von einem Höhlenhort,
Die Knetterheide hält gehegt
Den schweren Schatz aus schönstem Gold,
Drauf liegt ein Lindenwurm so lang,
Den keiner niederkämpfen kann.
Den Schreckenshelm enthält der Hort,
Den Balmung blank: Das beste Schwert,
Doch keiner kann den Kahlen haun,
Den Fafner fegen fort!“
Siegfried blitzte bald der Blick,
Es nahm dem Recken Rast und Ruh.
Er sprach zum Schmiedemeister schnell:
„Du, weis mir, Meister, welchen Wegs