Die Novellen um Claudia - Zweig, Arnold - kostenlos E-Book

Die Novellen um Claudia E-Book

Zweig, Arnold

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The Project Gutenberg EBook of Die Novellen um Claudia, by Arnold ZweigThis eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and withalmost no restrictions whatsoever.  You may copy it, give it away orre-use it under the terms of the Project Gutenberg License includedwith this eBook or online at www.gutenberg.org/licenseTitle: Die Novellen um ClaudiaAuthor: Arnold ZweigRelease Date: July 2, 2016 [EBook #52478]Language: German*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE NOVELLEN UM CLAUDIA ***Produced by Peter Becker and the Online DistributedProofreading Team at http://www.pgdp.net

Anmerkungen zur Transkription

Das Original ist in Fraktur gesetzt.

Im Original gesperrter Text ist so ausgezeichnet.

Im Original in Antiqua gesetzter Text ist so ausgezeichnet.

Weitere Anmerkungen befinden sich am Ende des Buches.

Die Novellen um Claudia

Ein Roman von Arnold Zweig

Kurt Wolff Verlag Leipzig

Achtunddreißigste bis neunundvierzigste Auflage

Druck der Hof-Buch- und -Steindruckerei Dietsch & Brückner, Weimar

Abschnitte:

I.Das Postpaket7II.Das dreizehnte Blatt55III.Der Stern95IV.Das Album147V.Die keusche Nacht191VI.Die Passion223VII.Die Sonatine263

Das Postpaket

»Nicht doch, lieber Doktor,« wehrte Claudia mit tiefer und sanfter Stimme, als er sich eifrig bereit erklärte, ihr die Sorge um die Garderobe abzunehmen, »das hat James bereits getan«; und wirklich näherte sich ihnen der livrierte noch junge Diener in gelbgrauem Rock und weißen Hosen, die in Stulpstiefeln steckten, mit dem zartroten Abendmantel und den dünnen Schals seiner Herrin. Doktor Rohme stand in Überzieher und hohem Hut ein wenig hilflos in diesem von Geschwätz widerhallenden Vorraum. Noch immer fühlte er unter allen Erregungen dieser kunsterfüllten Abendstunden den Entschluß, gespannt und summend, eine tiefe Saite, der ihn heute hierher geführt hatte, zehnmal widerrufen und dennoch nicht aus dem Tatwerden gedrängt; und während Claudia sich von den knappen Bewegungen ihres Lakaien, die Geübtheit verrieten, einhüllen ließ, grübelte er, verkniffenen Mundes und mit abseits träumenden Augen, von den um ihre Überkleider Kämpfenden gestoßen und unfreundlich angesehen, über jene bittere Wallung des Nicht-mehr-Ertragens, die ihn gestern überfallen und heute hierher gestoßen hatte, wie die See eine Qualle auf den Felsen wirft. Er hatte, von der Theateranzeige veranlaßt, in Goethes Götz erst geblättert, dann mit Entsetzen gelesen, und Weislingens Schwanken zwischen dieser und jener Partei hatte ihn wie ein roher Schlag mitten ins Gesicht getroffen. Ekel und grauenvolle Verachtung gegen sich stieg ihm in den Hals dafür, daß er seit drei Wochen die Notwendigkeit eingesehen hatte, Entscheidung und Klarheit in seine Beziehungen zu diesem Mädchen zu bringen, das er mit demütiger Sehnsucht liebte, ohne den Mut zum Entschluß zu finden. Denn augenscheinlich, nach der ruhig befreundeten Art ihres Benehmens, wußte sie nicht im mindesten, wie unmöglich er für sie war. Sein Reinlichkeitsgefühl empörte sich; er kam sich beschmutzt vor, besudelte fast auch sie – so hatte er sich die Qual dieser Vorstellung verordnet, und das Mittel hatte gewirkt. Noch heute abend alles beenden, sich vor ihr noch heute entblößen, auf die Gefahr hin, für immer entlassen und ins Dunkelkalte hinausgewiesen zu werden: das war's, was nottat, und das war unlöslich beschlossen.

Als Claudias Gesicht verändert, selbst fremd aus dem weißen Seidenstoff hervorlächelte, legte sie ohne ein Wort ihren Arm in den des befreundeten Mannes und ließ sich, während in Wirklichkeit sie den Weg andeutete, scheinbar von ihm zu dem bekannten blauen Automobil der Eggeling führen, das James bereits hergewinkt hatte und das inmitten der vielen Leute, die aus den Portalen herausdrängten, wie eine Bestie toste. Er fühlte ihre Leitung mit einer scharfen Beschämung, die ihm wiederum grundlos schien, und hätte sich am liebsten verabschiedet, aber das ging ja nicht an; und als sie in dem dunklen Fahrzeug verschwand, ohne ein Wort an ihn zu richten, das ihm dazu Gelegenheit gegeben hätte, mußte er ohnehin nachsteigen. Der Chauffeur fuhr an, kaum daß er sich hatte setzen können; so fiel er beinahe in das Lederpolster zurück und argwöhnte ein Lächeln ihres beweglichen Mundes, das ihn unglücklich gemacht hätte. Aber das schöne blasse Gesicht blieb in stiller Freundlichkeit unverändert; während sie emsig ihre Gewänder ordnete, sah sie ihn mit hellen Blicken an, und er fand sich wieder in der durchdringend süßen Gefahr dieser großen schwarzen Augen voll verständigen Glanzes, unsicher und hingerissen. Einen Augenblick lang schwirrte das leichte Rauschen und Erzittern des hastenden Fahrzeugs durch die Stille ihrer Gedanken, die noch genießend an dem eben verlassenen Schauspiel hingen. Der Vorhang war umsonst gefallen; noch klirrten Rüstungen zu geschwungenen Gebärden und einer männlich herben und kriegerischen Prosa: man hatte den Götz von Berlichingen gespielt, wie um zwei großen Schauspielern Gelegenheit zu geben, ihre Kunst an Goethes Jugendwelt zu erweisen, indem die strömende Genialität des älteren den wenig zerlegten Ritter in einem reichen Zuge schuf und lebte, während der jüngere mit lauter kleinen, unendlich nervösen und verfeinerten Einzelheiten dem unbeständigen Weislingen als einem heutigen Menschen nachtastete, dessen halbe und unvollendete Gesten und Betonungen eindringlich und modern zu dem ähnlich gearteten Publikum gesprochen hatten. Das Gleichgewicht, das sich beständig zwischen ihnen herstellte, war den Leuten in prickelndem und begeisterndem Genuß in die Seelen gedrungen und sprang am Schluß mit einem Außersich von Beifall prasselnd wieder hervor, zurück zur Bühne.

Während dies schon vage Erinnern in ihm zitterte, quälte er sich unausgesetzt, ein Mittel ausfindig zu machen, einen Weg, der, ohne bei ihr Anstoß zu erregen und ganz geradezu von seiner Lage zu reden – wobei sie wohl nur mit hoch hinaufgezogenen Augenbrauen den Mund abweisend schmal gemacht hätte – ihm gestattete, seine innere Verfassung vor ihr hinzubreiten: sieh, so bin ich, nun entscheide dich … Aber das war schwer, und nichts wollte sich finden. Endlich begann Claudia ihn leichthin wie aus Schicklichkeit zu fragen: »Eine eigentümliche Aufführung, Doktor, oder?« Er glaubte zu fühlen, jedoch nicht schmerzhaft, wie soeben das rauschende Schweigen als etwas Lebendes zerbrach, nahm sich zusammen und erwiderte hoch, ein wenig umschleiert, in leicht vortragender Weise: »Eigentümlich, gewiß. Unzeitgemäß, aber modern, wird man urteilen können. Ob Goethe seinen Weislingen so gesehen hat?« Sie lächelte halb: »Denken Sie an Weislingen? ich an den Götz … Ihre Frage behalte ich aber bei: ob er den Götz so gesehen hat?« Er nahm die Brille ab und rieb sie mit einem weißen Tuche, während er sehr langsam sprach: »Ich weiß nicht, Fräulein Claudia, ob es augenblicklich so sehr auf Götz ankommt. Die Leute, die mit uns heute abend beide sahen, werden vermutlich von dem anderen mehr sprechen, so, wie Sie mich dabei ertappten. Er ist einer von ihnen … von uns. Dieser Götz kann noch in Goethes Sphäre gehören – ob dieser Weislingen, das ist mindestens fragwürdig. Für Goethes Zeit war sicherlich selbst ein so beeinflußbarer und« – er stockte ein wenig, überwand und gab dem folgenden Wort einen starken Nachdruck – »unmännlicher Mensch etwas Dezidierteres. Diese Art von Weislingen blieb uns vorbehalten,« schloß er mit befremdeter Bitterkeit.

Claudia Eggeling glaubte alles zu fühlen, was aus seinem Ton hervorging; auch hatte sie das starke Empfinden wohl bemerkt, mit dem der lang Bekannte an der Person Weislingens teilgenommen hatte, solange das Spiel gegangen war; aber da sie diese sonst willkommene Erörterung zu verschieben wünschte, bis die Sachlage vertraulicher und beherrschbarer wäre, lenkte sie ab: »Wir werden uns darüber streiten müssen, ich bin gar nicht Ihrer Ansicht. Ich höre ja, wie Sie den armen Weislingen verdammen.«

»Verdammen? Ach nein, das ist mir ferne, denn …«

»Jedenfalls lehnen Sie ihn ab. Wie verträgt sich aber, mein Herr Philosoph, der »unmännliche Mann« mit Ihrer Logik?« Sie hoffte durch Drolligkeit die grübelnde Schwere aus seinen Antworten zu verbannen; aber ganz vergeblich, denn er sprach trübe wie vorher: »Gut verträgt er sich … Man kann einen Typus Mann hinstellen, der alle Eigenschaften besitzt, die Mannheit zu konstituieren, nicht wahr? und zwar in höchstem Maße besitzt. Gut. Der Einzelne weicht von diesem Typus ab, und in besonders unglücklichen Fällen so weit, daß Männlichkeit nicht mehr da ist. Trotzdem geht er als Mann spazieren.«

Das Automobil erreichte mit scharfer Kurve plötzlich eine Hauptstraße. Nach wildem Holpern auf dem leicht unebenen Pflaster schien es auf dem Asphalt den Boden überhaupt zu verlassen und zu fliegen, hinein in eine von milchigem und rötlichem Licht erregend strahlende Luft. Das Leuchten erfüllte, mit dem gedämpften Lärm der Straße eindringend, plötzlich den kleinen hastenden Raum und hob die beiden Gesichter grell in eine Art intensiverer Gegenwart.

Claudia vergaß ihren Vorsatz und ging lebhaft auf das Thema ein, wie immer unfähig, sich Gedachtem zu verschließen: »Skizzieren Sie den Typus ein bißchen.« Sie fragte sich nebenbei, wie sich diese Analyse wohl zu seinen eigenen Eigenschaften verhalten werde …

»Sie stimmen mir also bei,« sagte er, die Augen vor den gleitenden Lichtern beschattend. »Wir können bei Götz bleiben, denn Götz ist sehr Mann. Ich schweige von allem, wofür der Mann bekannt ist: Güte, Kindlichkeit, Mut und alledem. Auch Weislingen kann gütig sein, aus Schwäche. Grundsätzlich ist der Mann der Zeuger, der Fruchtbare …«

Sie sprach: »Und die Frau?«

»Empfängt, verwandelt und gibt heraus, nicht wahr? gebiert. Der Mann aber bringt hervor. Er hat die Kraft des Zusammensehens, er schafft, indem er neu sieht … Weislingen erblickt das Neue hinterher und versteht es, er sieht ein. Niemals baut er Brücken zwischen Getrenntem und sieht nur Endgültiges; Götz begriffe nie, daß es dabei Schwierigkeiten gibt … Götz nimmt die Dinge fragmentarisch, als Vielheiten, die einer Einheit bedürfen, und hat doch mehr Ehrfurcht vor ihnen als Weislingen, der sich dem einzelnen Ding oder Zustand blind hingibt und sich beständig verliert.«

Claudia befand sich plötzlich nicht bei der Sache. Erst war ihr, als rede er irgendwie von sich, Ungünstiges. War nicht er vor allem einsichtig? Waren nicht auch Herodes, auch Kandaules irgendwie typisch männlich Handelnde, die ihm verwandter sein mußten? Warum gerade Götz, sein Widerspiel? Und dann ertappte sie sich: in seinen zögernden Sätzen klang etwas Inspiriertes mit, und sie lauschte mehr als dem Inhalt der Worte diesem Ton, der ihnen etwas schwer und langsam sich Lösendes gab, etwas Rührendes. Doch war ihr für diese Stimmung das Gesagte zu wichtig, und so nahm sie den Entschluß abzubrechen wieder auf. Eigentlich wollte sie sagen: Ihr Typus tut Ihnen Unrecht, dazu haben Sie ihn geformt; aber sie wandte es allgemein und meinte: »Ich glaube, Ihr Typus tut den Lebenden Unrecht. Nun, davon nachher; ich Barbar habe jetzt nichts als Hunger, und Mama ließ keinen Zweifel übrig, daß auch für Sie ein Butterbrot da sein würde, wenn Sie uns so spät noch Gesellschaft leisten wollten.«

Er hörte willig auf. Es quälte ihn, von einem Gegenstand, der ihn so nahe anging, in einem Fahrtgespräch zu plaudern; auch mußte er seinen Geist dem zuwenden, was sie eben gesagt hatte. Ein Gefühl von Glück – noch eine Stunde mit ihr! und ein drängendes Unbehagen erfüllte ihn; er wußte wieder einmal nicht, ob man wirklich auf ihn als gern begrüßten Gast sah, oder ob das Gefühl des Wohlseins in diesem schönen Heim ihn über eine schmähliche Rolle als aufdringlicher und lächerlicher Besuch hinwegblendete. Er sagte leise: »Ihre Frau Mutter ist sehr gut zu mir … aber ich weiß nicht … ich hatte den Entschluß fassen wollen, nicht mehr so häufig bei Ihnen zu sein …« Ein beizender Haß gegen sich und eine augenblickliche Wut über seine widersetzlichen Organe explodierte in seiner Brust: das hatte ganz anders geformt und gesagt werden müssen – nun klang alles falsch.

Von Zeit zu Zeit rief die Hupe mit einem lauten tiefsingenden Ton. Es lag darin die Stärke und Weisheit eines großen Tieres, das seines Weges gewiß ist und Schwächeren nicht schaden will. Manchmal antworteten andere Wagen, hell und schnarrend, sie schossen vorüber wie flüchtig oder verfolgend und aus Dunkel in Dunkel tauchend. Zu beiden Seiten lag Schwärze, aus der einzelne Laternen Bäume und Gebüsch hoben; man hatte fast ohne Übergang die Stadt verlassen und schoß auf der nächtlichen Asphaltstraße, die sich unter dem quellenden Licht der Scheinwerfer emporzuwölben schien, dem heimischen Villenort zu. Claudia wandte ihm ihr Gesicht wieder zu: »Langweilen wir Sie?« fragte sie befremdet, doch mit einer ungläubigen Miene, die davon wieder etwas wegnahm. Sie erriet ihn ungefähr, und als Antwort stellte sich eine Freude dieser Art ein: wie reizend ungeschickt kann solch ein kluger Mensch sein! Wenn er sich nur nicht so quälte …

Er wischte mit der Hand über die Stirn und murmelte: »Sie wissen, wie sehr Sie unrecht haben, Fräulein Claudia. Aber ich bin nun schon so oft und so lange bei Ihnen,« und er redete endlich etwas freier, »daß ich nicht begreife, wie Sie und Ihre Frau Mutter … Sie wissen doch, ich bin nun einmal kein Elegant … Sie haben so viel Nachsicht für mich …« Er konnte alsbald nicht weiter, denn sie lachte ihr helles, reizendes Gelächter eines jungen Mädchens, dem sie sich um so lieber hingab, weil es sich so sehr zu rechter Zeit einstellte. Er sollte sich nicht beschämen und, nicht einmal harmlos, erniedrigen. Sie schüttelte schnell den Kopf: »Nachsicht, lieber Doktor Rohme? Aber wofür denn? Sie haben noch nie ein Nippes zerschlagen und weder Tee noch Wein auf das Tischtuch gegossen.« Mußte man ihm nicht gut sein? Unbedingt … »Aber ich könnte es jeden Augenblick tun, ich bewundere mich selbst in diesem Augenblick,« lächelte er. Ihre Heiterkeit tat ihm sehr wohl, sie entführte das Gespräch in eine Sphäre voll leichter Luft ohne Schwüle.

»Nein, denken Sie nicht stets an das was sein könnte. Sie machen sich überhaupt zu viele Gedanken über sich, ich finde, man muß darin maßvoll bleiben,« und sie nahm einen mütterlich ermahnenden Ton an, der ihn mit körperlicher Süße durchdrang. Oh ja, allerdings, er liebte sie sehr, sehr, allzusehr! – Aber vielleicht mochte man ihn hier wirklich leiden, fand ihn erträglich, sah ihn gern? Er fragte fast froh: »Ihre Frau Mutter hat also auf mich gezählt?«

»Mama und ich bescheidenes Wesen. Hatte ich Ihnen nicht einen Platz in unserer Loge angeboten? Ich konnte ja nicht ahnen, daß Sie den Entschluß hatten fassen wollen, uns oder mich zu negligieren.« Sie wußte gut, daß ihm der Klang des Spottes in ihrer Stimme angenehm und verständlich sein würde; es lag ihr daran, die völlige Leichtigkeit einer Konversation herzustellen, und er ging darauf ein. Er schüttelte vergnügt den Kopf, so daß ihm eine lange Strähne rötlichen Haares in die Stirn fiel, über eine weiße, sehr durchdachte Stirn, deren Haut viele Sommersprossen zeigte; er ließ den dicken rotblonden Schnurrbart durch die Hand gleiten und nahm ihren Ton munteren Spottes wieder auf, indem er ihn gegen sich kehrte:

»Sie haben also gegen mich recht behalten. Während ich mich ankleidete, habe ich mir bewiesen, und zwar mit algebraischer Gültigkeit bewiesen, was ich tue, sei Unfug, denn ich würde mich ja doch nicht in Ihrer Loge zeigen.«

»Sehr unrecht, mein Herr Doktor Rohme,« sagte sie strafend. Sie schien ihn ruhig zuhörend anzusehen; in Wirklichkeit aber musterte sie ihn und prüfte: er sah offenbar überanstrengt aus. Er fuhr fort: »Ich wollte mir, da ich endlich am Theater war, an der Kasse nämlich, einen Parkettsitz kaufen, aber es war ausverkauft, nichts mehr da.« Er sollte nicht soviel lesen. Es tat ihm nicht gut, unbedingt nicht, und half zu nichts, denn am Ende stellte sich stets heraus, daß er alles neu machen und aus sich selbst holen mußte.

»Nun also,« lächelte sie. Und seine großen grauen Augen blickten heute zweifellos besonders matt. Er setzte hinzu: »Es gab nur noch Stehplätze und Logen. Das ging beides nicht, das erste mochte ich nicht und das zweite konnte ich nicht, denn ich dachte, es wäre beinahe eine Beleidigung.«

»Sicherlich,« war ihr Einwurf. »Ich hätte es Ihnen nie verziehen.« Sie mahnte sich: gib bitte acht; aber sie mußte ihn weiter ansehen. Kannst du dir vorstellen, daß er nicht mehr da wäre? Sie widersetzte sich: natürlich! … Ehrlich? nein. Sie hörte unterdessen: »So beschloß ich, nach Hause zu gehen.«

»Pfui,« verurteilte sie. Hin und wieder brach schon wieder Licht durch die Fenster ein, man war bereits im Ort. Dann wurde sein Glas undurchsichtig und seine Augen verschwanden. Es war fast unhöflich, so einsilbig dazusitzen und im Innersten abwesend zu sein; freilich weilte auch ihre Unaufmerksamkeit bei ihm … Wenn er davon wüßte! Es war doch sehr gut, daß er gerade berichtete: »Aber nun entdeckte ich, während ich zwei- oder dreimal im Foyer auf und ab ging, daß ich mich schon seit einigen Tagen innerlich darauf gestimmt hatte, diesen Abend im Theater und … mit Ihnen zu verbringen und spürte die Macht des tyrannischen Vorsatzes. Außerdem stieß ich fortwährend an Leute, die hineinwollten, während es keiner Seele einfiel, hinauszugehen. Da ließ ich mich denn tragen und stand vor Ihrer Loge, ehe ich es recht wußte, und während ich ausschließlich dachte, daß ich doch hinauswollte, nach Hause. Wenn ich selbst hätte öffnen müssen, so wäre mir das vermutlich peinlich gewesen, so unmöglich, daß ich vielleicht doch noch auf die Straße gefunden hätte, aber gleich machte mir ein Diener die Tür auf, und Sie empfingen mich leise, denn es hatte natürlich schon begonnen. Aber die Hand gaben Sie mir doch noch, Fräulein Claudia.« Sie hatte den Sinn seiner Worte in einer oberen Schicht ihrer Seele erfaßt und konnte sogar antworten: »Und warum nicht? Sie störten ja niemand. Es ist hübsch, daß man ungeniert ist auf diesen Plätzen – wie sagt der Engländer geschmackvoll? ›stalls‹ sagt er, Ställe. Sie machen Theater und Konzerte möglich und menschensicher. Aber ich glaube, da sind wir. Endlich,« und sie seufzte befriedigt. Im Zimmer konnte man sich bewegen und hatte Resonanz, Deckung und vertrauten abgegrenzten Raum zu rechtem Beisammen und Gespräch … Das Automobil fuhr mit einer knirschenden Kurve durch das Gartengitter und vor das Tor der Villa. Der Diener öffnete, es war noch kühl und der Atem dampfte.

Dr. Rohme ging allein in dem behaglich gestalteten Zimmer umher und dachte nach, gesellschaftsmäßig angekleidet, schwarz, mit breiter schwarzer Kravatte und weißer Hemdbrust. Er kannte hier jedes Möbel und jedes Bild, obwohl er für neuere Bilder nicht gerade maßloße Begeisterung zu haben pflegte. Ein dicker, blauer Teppich sog jeden Laut seiner ruhelosen Füße auf. Er dachte an Claudia und bewegte aufgeregt die Lippen, als spräche er lautlos vor sich hin. Er liebte sie, daran durfte er nicht länger zweifeln. Weilte er bei ihr, so war ihm wohl ums Herz und er dachte dann wenigstens nicht an sie. Freilich mußte er sich oft zusammennehmen, aber außerdem war sie gütig. Erst hatte er alles dem Hause zugerechnet, den schönen Zimmern, in denen man zu dreien, dann zu zweien Tee nahm, später der lieben Herrin, ihrer Mutter, und endlich hatte er entdeckt, daß die Tochter ihn lockte und festhielt, die Tochter. Kannte er seine Pflicht? Fort mußte er, fort auf der Stelle und ohne zu zögern. Denn was sollte daraus werden? Er konnte sie doch nicht heiraten. Er war ein junger Dozent mit winzigen Einnahmen, in Fachkreisen genannt wegen einer polemischen Zerlegung des Begriffes »Willen«, und nichts mehr; und sie, Claudia Eggeling, hatte, wie man sagte, unbändig viel Geld. Ein Mitgiftjäger, wie? Also das war ganz unmöglich … es blieb ihm nichts weiter übrig, als zu gehen, unwiderruflich zu gehen, sofort. Denn wie sollte er ihr, er, ihr, seine Gründe sagen: Sollte er anfangen: »Claudia, ich liebe Sie, aber …« Sieh da, unterbrach er sich verzweifelt, er hatte vorhin wieder einmal nur an sich gedacht, wie immer. Sie hatte augenscheinlich eine gewisse Einwilligung auszusprechen, ehe man sie heiraten konnte. Sein Denken zeigte sich heute stupid und gründlich albern.

Er blieb vor dem Spiegel stehen, um sich wieder einmal zu bestätigen, daß es für ihn, Walter Rohme, lächerlich und hoffnungslos blieb, eine Frau zu suchen. Nicht allein, daß er rot von Haar war, gefärbt wie ein Kupferkessel, und sommersprossig überdies – sein Aussehen war einfach komisch: und er betrachtete mit ohnmächtiger Erbitterung den da hinter dem Glase, den er hemmungslos hätte schlagen können – das gewohnte und vertraute Bild eines breiten Mannes, mit Augenbrauen und Schnurrbart, dick und buschig überhängend, dem Eindrucke eines Piraten nahe; einem Eindruck, den der zweite Blick übrigens zerstörte, weil die Augen sich wunderlich unsicher bewegten, grau hinter den dicken Gläsern der zerbrechlichen Goldbrille, weil sein Mund unterm Barte sich blaß und geradezu zaghaft verzog, seine Stimme hoch klang und dünn, das Kinn allzuzart geformt schien und die Stirn übertrieben nachdenklich. Ja, dieser Gegensatz mußte zum Lachen reizen, wenn man zu guterletzt noch wahrnahm, daß er nur über Bewegungen linkischer und ungewandter Art verfügte, nachdrücklich und nichtssagend in einem, wobei es stets bleiben würde. Und das untersteht sich und ist Ich, stöhnte es in ihm. Nie im Leben war er sich so unerträglich gewesen wie eben jetzt … Claudia hatte zwar jüngst mit Wärme behauptet, daß ihr wenig an eines Mannes Schönheit gelegen sei, Adonis und Absalom seien vermutlich dumm gewesen – aber ganz gleich, er mußte fort. Sie kannte ihn ja kaum, wenn sie auch ziemlich klug war. Wie sollte sie wohl dazu gelangen, ihn so tief zu erraten, wie er von ihr Wissen in sich trug … Nur das Leiden um Menschen macht hellsehend und öffnet die Seelen. Er ging neben ihr unerkannt und für immer unzugänglich. Denn er konnte nicht von sich reden, und wenn er es versuchte, so zwang ihn Scham und Haß zur ungerechten Maske. Sie hatte nicht erraten, wen er vorhin verdammte, als er den Berlichingen zum Typus Mann erhob – wie hätte sie es auch können! Wenn sie ihn nicht erriet, durfte er nicht bei ihr bleiben, und wenn sie ihn sah, war es gleichfalls zu Ende. Hatte sie wohl einen Begriff davon, wie unzuverlässig er manchmal war, und daß bei Dingen des täglichen Lebens oft die letzte Stimme seiner Ratgeber seine Handlungen regelte? Würde sie ihn nicht bald regieren, wie? und würde er vielleicht nicht in allem ihres Willens sein? Ganz gewiß: und dann ergab sich in ihrer Seele mit Notwendigkeit, daß er ihr erst lächerlich wurde und dann verächtlich, widerwärtig, ein Abscheu … Sie nannte ihn Freund, nun gut, sie lasen gewisse philosophische Bücher zusammen, sie hörten und machten hin und wieder gemeinsam Musik, sie spielte ihm vor, sie gingen wie heute ins Schauspielhaus oder in die Oper – damit war nichts bewiesen. Nein, Claudia handelte entschlossen, sie ritt, sie brauchte sich nicht zweimal zu besinnen und dachte zuerst an den Götz. Was sagte sie doch jüngst, als ihre Mutter sich verspätete? »Ich bin pünktlich und verlange Pünktlichkeit. Unzuverlässige Menschen sind mir ein Greuel.« So ist es, unzuverlässige Menschen sind ihr ein Greuel … Das Herz klopfte ihm im Halse, und seine Hände verkrampften sich: er war verurteilt, und bebende Verzweiflung machte ihn zittern.

So folterte er, ehrlich und mannhaft, seine Seele mit der heillosen Psychologie.

»Mama müssen Sie entschuldigen, lieber Doktor, sie hat sich bereits zurückgezogen,« sagte Claudia hinter ihm. Sie hatte in der kurzen Wartezeit jenes hängende braune Hauskleid angelegt, das er sehr liebte, das am Hals und an den Ärmeln graugrün besetzte. Das war die Gestalt, ihm bis in seine Träume hinein vertraut, dieses schlanke, sanfte Wesen mit ruhigen Bewegungen und den klugen schnellen Augen, deren braune Iris die Seidenfarbe des Kleides enthielt und beseelte, während das tiefschwarze Haar gleich den großen Pupillen glänzte. Ihre Nase bog sich kühn und fein zugleich: oh, eine Römerin von Grund auf mit der gleitenden Stimme eines dunkelsingenden Vogels. Ja, diese liebte er – und sie, die er aufzugeben hatte.

»Sie werden mit mir vorlieb nehmen müssen,« fuhr sie fort. Da entschloß er sich trotz alledem zu einem plötzlichen und brüsken Abschied, zu Flucht und Aufschub und brieflicher Erledigung, weil das wohl das leichteste sein würde: »Ich denke, es ist besser, ich gehe jetzt, Fräulein Claudia,« gab er zurück und suchte seine Stimme festzuhalten, damit sie nicht nach Trauer klinge, »es ist wohl Zeit …« Das Mädchen ging sehr ruhig auf die Schwelle des Eßzimmers zu, wandte sich, die Hand auf dem Türgriff, zu ihm und bemerkte: »Ich denke, es ist besser, Sie bleiben und helfen mir essen. Es gibt ohnehin nur Eier. Das haben wir davon, wenn wir ins Theater gehen.« Sie öffnete, ging voraus und er zögerte, hob hilflos die Achseln und folgte ihr.

Von der weißen Decke herab strömte Licht. Schwarze Täfelung und das schwarze Holz der Möbel mahnten zur Haltung; aber das Grün des Teppichs und der Stoffe auf den Sitzen und Vorhängen leuchtete rasenhaft und milderte den Ernst des schönen Raumes zu gelassener Heiterkeit. Es war gut darin zu speisen. Der Tisch, an dem sie einander gegenübersaßen, war mit weißem feinfädigem Linnen gedeckt und symmetrisch bestellt mit Schüsseln voll Brotscheiben, dünn und locker, mit Wurstarten in einer Tonleiter von Rot, mit Gläsern für Bier und Tee, mit silbernen Bestecken und kelchartig geformten Eierbechern aus dünnem Porzellan und mit Tellern mancher Größe aus derselben edlen weißen Erde. An diesem einladenden und weißleuchtenden Tische saßen sie nun einander gegenüber, Claudia Eggeling und der Doktor Rohme, sie freimütig und heiter, leicht vorgeneigt und essend, nach Herzenslust in Bewegung mit ihrem braunen, zartrauschenden Seidenkleid – er aber noch immer ein wenig steif, noch immer etwas beengt und geradeaufragend, schwarz, mit weißer Brust, hohem Kragen und rotem Schopf, an einen Specht erinnernd … Sie aßen beide in Emsigkeit – die späte Stunde, die in dem lichthellen Zimmer nicht galt und zur Gegenwart kam, meldete sich mit Hunger – und selbst wenn Claudia Lust verspürt hätte, sogleich zu plaudern, wäre es nötig gewesen den Doktor zu wecken: denn sein ausdruckslos und starr beiseite gewandter Blick verriet zur Genüge, daß nur sein Leibliches hier anwesend sei, um zu essen, und daß sein Geist indessen anderswo schweifte, Gott weiß in welchen Gefilden … Claudia lächelte in sich hinein, ganz wenig und schalkhaft, und ließ ihn gern seinen Weg gehen, weil sie sich inzwischen herzliche Blicke gönnen durfte, nach denen ihr Gemüt drängte – sie glaubte, er sei noch im Schauspiel oder irgendwo in Goethes Welt; aber wie wäre sie erschrocken, wenn sie die Gedanken ihres Nachbarn gehört hätte! Er war nicht weit fort, er befand sich vielmehr in ihrer Nähe, er tummelte sich auf einem engen Kreise rund um sie beide und war schwer von Bitterkeit: »Und warum fühle ich mich Ihnen gegenüber gar so niedrig und mangelhaft, Claudia? Warum sitzen Sie so selbstgewiß und maßgebend da, während ich mich vor Ihnen demütige? Weil ich mich aus der Dürftigkeit meiner Geburt zu Ihnen emporgerissen habe, in eine Luft, die das Klima meiner Seele ist, und weil mein Intellekt größer ist als der Ihre, aber im Körper eines Knechts; weil ich für jeden Entschluß mehr gleichwertige Möglichkeiten sehe, weil ich nicht jemand in mir blind wählen lasse, sondern erwäge, und mittlerweile überwältigt werde. Und warum lasse ich mich überwältigen? Weil ich für Entschlüsse und Taten so leicht ein Lächeln habe, ein geringschätziges, bitte ich; weil diese Leute von pompöser Tatkraft und kurzem Geiste in ihrer Einfalt grotesk wirken … Sie haben mehr Kraft und mehr Erfolg – aber seit wann bedeuten diese beiden etwas im Reiche des Geistes? Ach nein, kleine Claudia, wenn Sie auch über mich siegen und lächeln: ich bin der höhere Typus, der schwächere, verfeinerte, geistigere – und was Ihrer Klasse Macht über mich gibt, was diesen Götz über uns Weislingen triumphieren läßt, das ist bloße Physis, nichts als Körper, nur Natur!« – Aber diese böse und hochmütige Aufwallung ebbte im Fortschreiten des Mahles; und während er ihren Händen zusah, die flink und anmutig für ihn sorgten, löste sich der Krampf seiner zu Einsamkeit verurteilten Seele in ruhige Wehmut; nichts blieb davon als ein trauernder und sanfter Blick hinter den scharfen Brillengläsern. Er würde es bald nicht mehr so gut haben. Vielleicht war dies das letzte Mal – und ihn schauderte vor seinen leeren Zimmern, in denen er einst seine Zuflucht zu sehen pflegte. Sie hießen Verbannung.

Während sie aßen, waren anfangs nur wenig Worte hin und her gegangen, ein Scherz, eine Bitte um Brot, eine Aufforderung sich zu bedienen. Aber nach der Stillung des ersten Hungers entfaltete sich das Gespräch persönlicher. Claudia beschloß, jetzt das herbeizuführen, was sie vorhin vermieden hatte. Indem sie aus dem Aufschnitt wählte, der auf einer Platte lag, besann sie sich: »Sie erzählten vorhin, auf wie merkwürdige Art Sie endlich doch in meine Loge kamen. Kommt Ihnen das öfters vor, dieses … Schwanken, oder haben Sie es als etwas Ungewöhnliches behalten?« Er seufzte leicht: »Ach, Fräulein Claudia, solche absurde Überwältigungen meiner selbst berechne ich nicht mehr. Es lohnt nicht der Mühe. Habe ich Ihnen die Geschichte erzählt, wie ich einmal ein Postpaket von Freiburg abschickte?« Er erschrak über die Worte, die soeben, im Augenblick vorher noch ungewußt, über seine Lippen rollten, und erstaunte. Wie kam jetzt diese alte beschämende und vergessene Sache zu ihm? War diese Eingebung die Frucht eines Suchens, das unterhalb des Bewußtseins fortgestöbert hatte und ihm jetzt reif und fertig ein passendes Beispiel zuwarf, das ihn lächerlich zeigte? Aber mit düsterem Frohlocken begrüßte er sie. Woher auch immer sie kam, gerade jetzt, sie war willkommen, sie kam gut; an ihr würde sie ihn erkennen und alles würde zu Ende sein.

»Niemals; also erzählen Sie. Ist sie nett? – Nehmen Sie Tee oder Bier?« Was beabsichtigte er mit diesem Postpaket? Sie konnte sich täuschen, aber irgendeine Spannung und Erregung schien den ganzen Abend aus seinem Wesen zu quellen. Sie wollte doch zusehen; ihr war so wohl zumute in seiner Anwesenheit, und so sollte auch er sich nicht nutzlos quälen.

»Tee, bitte; mittel; so, danke sehr. Sie ist sehr spaßig und sehr langweilig, diese Geschichte, außerdem kann ich gar nicht erzählen, aber ich erzähle sie doch. Ich bin überzeugt davon, daß Sie nachher nichts mehr werden von mir hören wollen.« Mit schmerzlicher Wollust genoß er den Doppelsinn, von dem sie ohne Ahnung sein mußte.

»Lassen wir es darauf ankommen, Doktor,« sagte sie fröhlich. Wie klein und bleich ihre Hände waren! Sie trug keinen Ring. Und diese sollte er verlieren! Überwältigendes Mitleid mit sich drohte seinen Entschluß aufzulösen, aber er zwang es hinab, und es schwand. Er fühlte sich von Notwendigkeit gedrängt und begann tapfer:

»Also, ich lebte in Freiburg, eine gewisse Zeit lang. Es regnete viel, dann wollte ich wieder fort. Ich packte alle meine Sachen in Koffer und in Kisten für die Frachtbeförderung durch eine vertrauenerweckende Gesellschaft, deren Inhaber die Herren Säbelberger & Cie. waren und Haftpflicht ausübten.« Er schwieg, weil er sah, wie sie die Lippen leise auseinander tat, um etwas zu sagen, und schwieg gern.

»Hatten Sie damals schon Ihre vielen Bücher?« Ihre Finger machten sich daran, ein Ei abzuschälen, und schufen aus diesem winzigen Vorgang ein Spiel, anmutig wie ein Tanz von Kindern – man durfte nichts tun, als ihnen zusehen … Er schreckte auf und antwortete: