Die Oama-Bauern und ihre Familien - Gerhard Schmidberger - E-Book

Die Oama-Bauern und ihre Familien E-Book

Gerhard Schmidberger

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Beschreibung

Seit 1648 lebt die Familie Weixelgartner auf dem Oama-Hof. Oama bedeutet so viel wie frei. Sie waren also freie Bauern, keine Leibeigenen. Gerhard Schmidberger geht in seiner ersten Veröffentlichung dem Leben der eigenen Vorfahren und jenen seiner Frau auf den Grund und erforscht dabei, was sie möglicherweise erduldet und erlebt haben. Ein wichtiges Anliegen ist ihm, darzustellen, wie die einfache, bäuerliche Bevölkerung unter den vielen Kriegen, die die Adligen veranlasst haben, leiden musste, wie die kleinen Bauern verheizt wurden für Kriege, von denen sie oft kaum verstanden hatten, wofür sie geführt wurden. Dies soll kein Tatsachenbericht sein, sondern eine Darstellung der Begebenheiten, wie er sich vorstellt, dass sie vor langer Zeit gewesen sein könnten.

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Seitenzahl: 698

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IMPRESSUM

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2023 novum publishing

ISBN Printausgabe:978-3-99130-174-5

ISBN e-book: 978-3-99130-175-2

Lektorat:Mag. Eva Reisinger

Umschlagfotos:Gerhard Schmidberger; Okawarung | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen:Gerhard Schmidberger

www.novumverlag.com

PROLOG

Die Eltern

Liebe Leser!

Der Mensch vergisst ungefähr 99,9 % seines Lebens. Wenn Sie es nicht glauben sollten, dann denken Sie doch einmal daran, wo Sie genau vor einem Jahr waren, was Sie am gleichen Tag, zur gleichen Stunde, oder sogar Minute getan haben, ob Sie geredet, gegessen, geschlafen oder sonst etwas unternommen haben. Sie werden es nicht wissen, auch nicht, was sie eine halbe Stunde davor, oder eine Dreiviertelstunde danach getan haben. Ich habe Berichte von Freunden und Verwandten, aber auch Olgas und meine Erfahrungen und Erlebnisse zusammengetragen, um einen Abriss der Ereignisse, die unsere beiden Familien betreffen, zusammen zu stellen und wiederzugeben.

Da ich vieles nur vom Hörensagen weiß, anderes aber selbst erlebt habe, aber das Erlebte auch selbst bewertet und vielleicht in meinem Sinne verändert habe, gibt es keine Garantie für Wahrhaftigkeit. Ich schreibe die Dinge so, wie ich sie in meiner Erinnerung sehe. Andere haben die gleichen Ereignisse möglicherweise ganz anders gesehen und bewertet. Es gibt also keine Garantie für Objektivität. Dies soll kein Tatsachenbericht sein. Ich will die Begebenheiten so darstellen, wie ich meine, dass sie gewesen sein könnten. Ich möchte damit niemanden beleidigen. Sollte sich jemand dennoch auf die Füße getreten fühlen, so bitte ich ihn bereits jetzt um Vergebung. Ich habe mir lange darüber Gedanken gemacht, ob ich die Namen aller Beteiligten verändern sollte, habe davon aber doch wieder Abstand genommen.

Auf die Idee, diese Zeilen überhaupt zu schreiben, bin ich anlässlich Olgas 50. Geburtstag gekommen. Die Kinder und ich haben einen Bildervortrag über Olgas Leben vorbereitet, der bei den Geburtstagsgästen recht gut Anklang gefunden hat. Mir ist damals der Gedanke gekommen, nicht nur Olgas Leben, sondern die Geschichte unserer Familien insgesamt zusammen zu stellen und aufzuschreiben, damit wenigstens meine Enkelkinder noch solch großartige Charaktere wie Olgas Vater, Josef Weixelgartner, oder auch meinen Vater, Georg Schmidberger, kennen und verstehen lernen. Aber auch die Geschichte des kleinen Klaus, dessen früher Tod mein Leben so nachhaltig verändert hat, soll hier Erwähnung finden.

Auch wir beide, Olga und ich, sind bereits in die Jahre gekommen. Wenn es uns einmal nicht mehr gibt, werden vielleicht ein paar Menschen, die diese Zeilen lesen, auch von der Existenz von uns erfahren, die wir doch so unterschiedlich in vielen Dingen sind, weshalb wir vier Jahre brauchten, um zueinander zu finden.

Doch im Grunde unseres Herzens sind wir wesensgleich, wie Olga es immer auszudrücken pflegt. Vielleicht ist das der Grund, warum wir uns so gut verstehen.

Während des Schreibens ist mir der Gedanke gekommen, nachzufragen, woher wir kommen, wer unsere Vorfahren gewesen sein könnten, was sie möglicherweise erduldet und erlebt haben, und vielleicht auch wie es mit unseren Familien weitergehen könnte.

Ein wichtiges Anliegen sollte es mir dabei sein, darzustellen, wie die einfache, bäuerliche Bevölkerung unter den vielen Kriegen, die die Adligen, Vornehmen und Reichen veranlasst haben, leiden musste, wie die kleinen Bauern verheizt wurden für Kriege, von denen sie oft kaum verstanden hatten, wofür sie geführt wurden.

Ich habe dazu Berichte von meinem Schwiegervater, meinem eigenen Vater, meiner Schwester Sieglinde, aber auch von vielen Bekannten und Verwandten, großteils Teilnehmer am Zweiten Weltkrieg, zusammengetragen und aufgeschrieben. Je weiter zurück die Ereignisse liegen, desto mehr sind sie auch meiner eigenen Fantasie entsprungen. Es ergibt sich somit ein Mix aus wirklich stattgefundenen Ereignissen, möglicherweise stattgefundenen Ereignissen und solchen, die reine Spekulation sind.

Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, sie so darzustellen und aneinander zu reihen, dass es Spaß machen wird, sie zu lesen.

Santa Maria, madre de dios, ora per nostras pecatores a cuesta ora e a la ora de nostra muerte.

Diesen Spruch habe ich in der Kathedrale von „Baños“ vernommen, als wir im Rahmen unserer Ecuadorreise nach einer kleinen Bergtour in diese großartige Kirche kamen, um sie zu besichtigen. Olga und ich setzten uns gerne in eine Bank, um zu beten und zu meditieren. Weit vorne rezitierte ein Vorbeter das Ave Maria auf Spanisch. Mir wurde dabei bewusst, dass man sein Leben genießen soll, aber die Stunde seines Todes nicht aus den Augen verlieren darf.

The Everlasting Light

Es werden öfter Zitate aus der Bilingual Version of The Everlasting Light gebracht, einem buddhistischen Büchlein, das ich in einem riesigen Kloster in Taiwan erworben habe, da in diesen Versen viel Lebensweisheit steckt. Bilingual nennen sich diese Verse, da sie in der ursprünglichen Form in Mandarin-Chinesisch und Englisch aufgeschrieben sind. Dass ich hier nur die englische Version wiedergebe, liegt auf der Hand.

Als Beispiel sei genannt: In the midst of this life, don’t puzzle over the life before.

In the midst of the life, don’t worry about the life to come.

Oder:

The life of the elderly is frail. It is sad, when the elderly are bedridden.

It is foolish, when the elderly hoard their money.

It is happy, when the elderly remember the Buddha.

Wenn man älter wird, denke ich, ist man gut beraten, sich auf seine Religion, seinen nahenden Tod und darauf, was im Jenseits vielleicht kommen mag, zu besinnen.

DAS TAL DER KLEINEN VILS

Rosa BuchnerDer andere HofGeorg Weixelgartner (Pfarrer)

Hier sitze ich und schaue aus dem Fenster meines Arbeitszimmers auf die sanften grünen Hänge des kleinen Vilstals. Auf den Wiesen unter meinem Fenster grasen die Pferde der Leute, die unseren Hof gepachtet haben. Noch etwas unterhalb befindet sich der Reitplatz. Eine junge, mir bisher unbekannte Dame lässt ihr Pferd an der Lodge seine Runden drehen.

Austragshaus

Etwas rechts daneben schließt sich die Hofstelle an. Deren Häuser sind jedoch von Bäumen verdeckt, weshalb nur Teile der roten Dächer hervorschauen. Den Talgrund durchzieht die kleine Vils in zum Teil weit ausholenden Windungen. Die Ufer des kleinen Flüsschens werden von großen, alten Buchen und Weiden gesäumt. Dazwischen stehen neu angepflanzte Erlen, durch die aus der gesamten Uferregion ein Biotop entstehen soll. Vom bayerischen Staate sind auch Biber neu angesiedelt worden. Leider habe ich die Tiere selbst noch nicht entdecken können. Ihre Anwesenheit ist an der Vielzahl abgenagter Baumstümpfe leicht zu erkennen. Auf der anderen Seite des Baches verläuft das Tal fast eben mit grünen Wiesen bedeckt bis zur Bundesstraße, um dann wieder in sanften mit Maisfeldern überzogenen Hängen anzusteigen. Die Kuppen sind von einem dunklen Nadelwald wie mit einer Krone überzogen. In der Mitte gibt der Nadelwald einen Blick auf das Land dahinter frei, das sich in sanften Hängen immer weiter nach oben zieht, bis man fast schon am Horizont das rote Dach eines einsamen Bauernhofes erahnen kann. Den Abschluss bildet dann beinahe schon schemenhaft fahl wieder der Wald, den man kaum noch vom Himmel darüber unterscheiden kann.

Für uns war dies immer das Land unseres Opas, Josef Weixelgartner. Eigentlich war er mein Schwiegervater und nur der Opa unserer Kinder Johanna und Andreas. Auf Umwegen ist dieses Land in den Besitz unserer Familie gelangt, wo doch als Hoferbe Olgas Bruder Georg bestimmt war. Olga ist meine Frau, Josef Weixelgartners Tochter. Erst als sich Georg so verschuldet hatte, dass der Hof vor der Versteigerung stand, bot er ihn mir zum Kauf an, damit der Bauernhof nicht in fremde Hände fiel. Ich musste die Schulden übernehmen und meinem Schwager das Wohnrecht für den umgebauten Stall des alten Bauernhauses übertragen. Doch wird darauf später noch genauer eingegangen werden.

Die Bäume, die Josef Weixelgartner unterhalb seines Austragshauses, das von oben an die Pferdewiesen des Hofs grenzt, gepflanzt hatte, um den Blick nach unten zu verwehren, habe ich gleich nach seinem Tod vom Nachbarn entfernen lassen, dem er auf die gleiche Weise diese Aussicht weg zu nehmen im Sinne hatte. Josef wollte von dem Geschehen dort unten nichts mehr mitbekommen. Dass Pferde fremder Menschen hier grasen, anstatt dass ein Weixelgartner Bauer, wie seit vielen Jahrhunderten, seine Felder bestellt und Weizen oder Mais anbaut, war für ihn ein unerträglicher Gedanke.

Dennoch hatte er den Strick für sich, den er, wie er uns einmal erklärt hatte, bereits auf dem Dachboden im Falle einer Versteigerung des Hofes hergerichtet hatte, nicht verwandt, da der Hof, indem ich ihn gekauft habe, zumindest in den Händen seiner Familie geblieben ist, wenn sich auch der Name des Besitzers von Weixelgartner in Schmidberger geändert hatte, da Olga bei unserer Hochzeit meinen Familiennamen angenommen hat. Von Johanna, unserer Tochter, hatte er einmal verlangt, dass sie sich in Weixelgartner umbenennen solle, falls sie den Hof übernehmen würde.

Nachdem aber Andreas vorhat, einmal auf dem Hof zu leben, wird der Name Schmidberger wohl vorerst bleiben. Mir gehört zwar derzeit das Anwesen, da ich es meinem Schwager Georg, wie bereits erwähnt, abgekauft habe. Selbst auf dem Hof zu leben und zu arbeiten, wird mir jedoch verwehrt bleiben, da ich mein Geld als Arzt in Schongau verdienen muss, wo ich augenblicklich eine gynäkologische Praxis betreibe und als Belegarzt im Krankenhaus gynäkologische Operationen durchführe und Kinder zur Welt bringe.

Erst in der Rente werden meine Frau Olga und ich hier herunterziehen können. Andreas hat einmal vor, seine Hausarztpraxis auf dem Hof zu errichten und hobbymäßig den kleinen Bauernhof zu betreiben, zu dem ungefähr sieben Hektar Wiesen und zwei Hektar Wald neben der Hofstelle mit zwei Wohnhäusern und zwei Stallungen gehören, sowie dem Austragshaus am oberen Ende der Wiesen, in dem ich gerade sitze und hinunterschaue.

Zu meinen beiden Kindern hat Josef Weixelgartner einmal gesagt, wenn mit seinem Sohn und dessen Familie alles gutgegangen wäre, hätte er unseren Kindern überhaupt nichts vermacht, sondern alles denen vererbt. Josef dachte in der Tradition der Bauern, dass alles beim Hof bleiben müsse, damit dieser fortbestehen werde. Einzelne Personen wären bedeutungslos. Nur das Schicksal des Hofes sei wichtig. Er selbst habe sich zeit seines Lebens nur als Verwalter gesehen, der den Hof so an seinen Nachfolger weitergibt, wie er ihn von seinem Vater übernommen hat, so wie es seit Jahrhunderten bei den Bauern der Brauch war.

Dass die Ehe seines Sohnes Georg mit seiner ersten Frau auseinandergehen würde, dass er seine Enkeltöchter nicht mehr sehen dürfte, dass der Hof so überschuldet sein könnte, dass er vor der Versteigerung stand, passte nicht in Josefs Denkschema.

Vielleicht stammte diese Denkweise aus seiner Erziehung, da er selbst nicht als Hoferbe vorgesehen war. Erst als sein Bruder Georg, der den Hof übernehmen sollte, mit 22 Jahren im Zweiten Weltkrieg gefallen war, wurde Josef zum Erben bestimmt.

Was bedeutet schon Besitz von Land? Besitzer wechseln laufend. Das Land bleibt ewig. Vor 6.000 Jahren sollen bereits Steinzeitmenschen in dieser Gegend gelebt haben. Man hat Tonscherben auf den Feldern gefunden. Mit der Radiokarbonmethode konnte man diese Scherben so weit zurückdatieren.

Vor 2.000 Jahren hatten die Römer dieses Land besetzt. In den folgenden Jahrhunderten war Niederbayern so weit von seiner Umgebung abgeschlossen, dass sich im Dialekt lateinische Worte abgewandelt über 2.000 Jahre hin erhalten hatten. So sagen die Niederbayern statt anzünden ohkenten, was sich direkt vom lateinischen Wort incendere ableitet.

Nach den Römern kamen die Bajuwaren. Wer waren diese Vorfahren der Bayern? Sie waren offensichtlich nicht wie die Goten, Sachsen, Markomannen und viele andere mehr ein eigener germanischer Volksstamm, also auch nicht, wie man früher sagte, die Fußkranken der Völkerwanderung, die zu faul waren, um über die Alpen zu gehen.

Wie es aussieht, nannten sich die Menschen so, die am Ende der Römerzeit am Nordrand der Alpen lebten. Diese Bevölkerung setzte sich zusammen aus den ursprünglich von alters her hier lebenden Kelten sowie den eingewanderten Römern, als auch vor allem den Soldaten der römischen Legion mit ihren germanischen Söldnern, die hier stationiert waren und offensichtlich großteils geblieben sind und sich hier niedergelassen haben.

Ein späterer Führer, der in seiner Rassenlehre das Germanentum besonders hervorgehoben hat, scheint selbst nicht von reiner Rasse gewesen zu sein, wenn man bedenkt, dass Österreich unter Herzog Tassilo von Bayern aus besiedelt wurde und die Bayern doch eher ein Mischvolk sind.

Seit 1648 lebt die Familie der Weixelgartner auf dem Oama-Hof. Oama bedeutet so viel wie frei.

Sie waren also freie Bauern, keine Leibeigenen.

Anhand von Kirchenanalen kann man die Abstammung von Familien bis 1648 gut zurückverfolgen. Taufen, Beerdigungen und Hochzeiten sind darin dokumentiert.

Wer während oder gar vor dem 30-jährigen Krieg, der die Bevölkerung in Deutschland auf ein Viertel der ursprünglichen Zahl reduziert hat, auf diesem Land gelebt hat, wird man nie erfahren. So werden wir auch nie wissen, wer unsere Vorfahren waren.

Ob die ursprünglich hier siedelnden Menschen geblieben sind oder sich fremde zufällig in den Kriegswirren vorbeikommende Leute hier niederließen, werden wir nie erkennen können.

ROSA BUCHNER

In unseren Familien gibt es keine herausragenden Persönlichkeiten oder Helden.

Dennoch bezeichnete der Pfarrer, der Rosa Buchner beerdigte, sie als Heldenmutter. Wer war eigentlich Rosa Buchner? Wir wussten lange nichts von ihr, obwohl mir gleich beim ersten Mal, als mich meine spätere Frau Olga mit nach Hause nahm, dieser große, schöne, alte, rotbraune Schrank in der Diele des neuen Bauernhauses mit den Initialen R B und der Jahreszahl 1876 auffiel. Doch erst viele Jahre später, als mir mein Schwager Georg wie immer aus Geldnot für einige 100 Euro diesen schönen Schrank verkaufte, fanden wir in einem der hinteren Schubfächer sorgfältig in einen Umschlag gehüllt die Grabrede für diese Frau.

Heldenmutter war sie, weil sie drei ihrer fünf Söhne im Ersten Weltkrieg verloren hatte. Sie war offensichtlich Olgas Urgroßmutter. Helden sind in unseren Familien also eher Opfer als Täter. 1876 war wohl das Jahr ihrer Hochzeit.

Den Schrank hatte sie mit der Aussteuer innen drin als Mitgift zur Vermählung bekommen. Ihr Ehemann hatte offensichtlich den Krieg von 1870 gegen Frankreich gut überstanden. Ob er auch einen oder mehrere Brüder dabei verloren hatte, werden wir nie erfahren.

Einer der zwei überlebenden Brüder von Rosa Buchners Söhnen muss wohl Olgas Großvater gewesen sein.

Dessen Sohn, also Olgas Vater, war unser Opa Josef Weixelgartner, wobei auch er einen Bruder im nächsten großen Krieg, dem Zweiten Weltkrieg, verloren hat. Der Blutzoll, den diese Familien für Kriege, die sie nicht wollten, leisten mussten, ist unglaublich.

Ein Gutes hatten diese Kriege. Durch sie sind hoffentlich Kaiser und Führer und andere Diktatoren für immer verschwunden.

Auf dem Dachboden der alten Scheune fand ich eine Tafel von 1908 mit der Aufschrift: „Wenn das Vaterland dich einst wieder ruft, legst du beiseite deinen Pflug, nimmst die Waffe in die Hand, zum Ruhm von Kaiser und Vaterland.“

Der Kaiser jedenfalls wird den Ruhm nie wieder benötigen.

Ich war schon immer der Meinung, dass eine Teilschuld am Ersten Weltkrieg der Geburtshelfer von Kaiser Wilhelm trägt. Durch seine insuffiziente Kinds-Entwicklung hatte er dem Kaiser eine Erb’sche Lähmung des Armes beigebracht. Dies scheint beim Kaiser solche Minderwertigkeitskomplexe erzeugt zu haben, dass er relativ harmlose Konflikte statt mit Diplomatie und Fingerspitzengefühl mit einem Weltkrieg zu lösen versuchte.

Rosa Buchner hatte übrigens einen sehr grausamen Tod erlitten. Sie starb an einem bösartigen Tumor am Gesicht.

Josef Weixelgartner erinnerte sich, dass der Hausarzt gesagt haben soll, man müsse Gleiches mit Gleichem behandeln, also Gesichtskrebs mit einem Flusskrebs, der dann den Gesichtskrebs auffressen würde.

Als Kind suchte Josef in der Vils nach einem Flusskrebs, um seine Oma damit zu behandeln.

Der Heilungserfolg war jedoch nur gering. Josefs Großmutter verstarb trotz intensiver Krebsbehandlung nur wenige Wochen später.

DER ANDERE HOF

Es wird in diesem Buch neben dem Oama-Hof auch noch ein zweiter Bauernhof, der sich circa 40 Kilometer von Lichtenhaag entfernt zwischen Dorfen und Taufkirchen in einem Dorf namens Babing befindet, gewisse Bedeutung erlangen.

Aus diesem Hof stammte mein Großvater Georg Schmidberger.

Leider wurde er enterbt, so dass der Besitz an seine Schwester fiel, weshalb der Name Schmidberger dort nicht mehr weiter existiert.

Mein Vater, der ebenfalls Georg Schmidberger hieß, war Lehrer für Geschichte. In seinem historischen Interesse hat er die Geschichte dieses Hofes anhand von Kirchenanalen und Gemeindebüchern bis zum Westfälischen Frieden von 1648 zurückverfolgt.

Darüber hinaus würde man nur noch die Geschichte von Adelsgeschlechtern zurückführen können, hat er mir einmal in meiner Kindheit erklärt.

Der Name Schmidberger lässt sich eben von 1648 an bis zu meinem Großvater auf dem Hof finden.

Genauere Erkenntnisse über meine Vorfahren habe ich aber nur bis zu meinen Urgroßeltern zurück. Von den Leuten, die früher dort lebten, weiß ich nur noch, dass sie Schmidberger hießen.

Vieles von diesen Begebenheiten habe ich von meiner Schwester Sieglinde Noe erfahren, da ich erst 15 Jahre alt war, als mein Vater starb. Sie hat ihn und auch unsere Großeltern doch viel länger gekannt, da sie 14 Jahre älter ist als ich.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als Kind öfter mit meinem Vater auf diesem Bauernhof gewesen zu sein. Er hing offensichtlich an diesen Gebäuden, die er als sein Erbe ansah, ohne dass er sie jemals besitzen konnte. An die Leute selbst, die dort lebten, kann ich mich nur noch sehr vage erinnern. Meine Schwester weiß noch besser über sie Bescheid.

Doch sie mochte sie nicht sonderlich, da sie während des Krieges als Kind öfter um Nahrung bei ihnen nachfragte, wobei sie meist nur mit einem kleinen Sack Mehl abgespeist wurde.

Soweit ich mich entsinne, verläuft ein Bach nahe an der Hofstelle vorbei. Etwas außerhalb des Hofes befand sich eine Mühle, wo die Leute ihr eigenes Getreide zu Mehl verarbeiteten.

PFARRER GEORG WEIXELGARTNER

Die Geschichte des Oama-Hofs hat ein gewisser Georg Weixelgartner, ein Großonkel von Olga, noch viel genauer studiert, als dies Georg Schmidberger mit dem Hof in Babing gemacht hat.

Er hat nicht nur die Kirchen- und Gemeindebücher von Lichtenhaag durchforstet, sondern ist auch in Vilsbiburg, Gerzen und Landshut über den Namen Weixelgartner fündig geworden. Er hat sogar im Landshuter Gefängnis nach Weixelgartner gesucht und ist leider auch dort auf den Namen gestoßen. Durch die Nachforschungen dieses Georg Weixelgartner haben wir ein viel genaueres Bild über die Oama-Bauern während der vergangenen Jahrhunderte, als uns dies Georg Schmidberger über den Hof in Babing vermitteln konnte. Georg Weixelgartner hat Theologie studiert, ist Priester und Pfarrer in Gerzen geworden.

Offensichtlich fand er neben seinem Beruf als Geistlicher auch genügend Zeit für Ahnenforschung. Georg Weixelgartner hat seine Erkenntnisse an seinen Neffen und Hoferben, Josef Weixelgartner, meinen Schwiegervater, weitergegeben. Dieser hat mir diese Geschichten und auch seine eigenen Lebensgeheimnisse während zweier Urlaubsfahrten, die wir gemeinsam unternommen haben, in Anfällen gewisser Sentimentalität berichtet.

Da ich zu dieser Zeit noch nicht ahnen konnte, jemals selbst Besitzer des Oama-Hofs zu werden, haben sie mich damals eigentlich gar nicht sonderlich interessiert.

Da es jetzt aber anders gekommen ist, und ich mich entschlossen habe, die Geschichte des Hofes und seiner Familien aufzuschreiben, habe ich mich an seine alten Erzählungen erinnert.

Josef Weixelgartner konnte mir relativ detaillierte Aussagen über die Geschehnisse der letzten 200 Jahre geben. Über die Jahrhunderte zuvor konnte er nur gerüchteweise einzelne Geschehnisse zum Gesamtverständnis beisteuern, deren Wahrheitsgehalt niemand mehr überprüfen kann.

Auf meine Frage, was vor 1648, also während der Wirrnisse des 30-jährigen Krieges, mit dem Oama-Hof geschehen ist, wann er überhaupt zum ersten Mal erwähnt wurde, schüttelte mein Schwiegervater nur verständnislos den Kopf. Ihm war darüber nichts mehr bekannt.

Wenn man also über die Entstehung und Vorgeschichte des Oama-Hofes schreiben möchte, muss man sich völlig auf Spekulationen verlassen. Diese müssen aber im Kontext mit den zeitgeschichtlichen Ereignissen stehen.

Es wäre denkbar, dass der Hof bereits vor dem großen Krieg existiert hatte.

Die Weixelgartner oder ihre Vorfahren wären dann schon viel längere Zeit auf dem Bauernhof gewesen. Der Gedanke, dass der lange und grausame Krieg völlig ohne Schaden an den Oama-Bauern vorbeigegangen ist, klingt doch ziemlich unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass nach dem Krieg die Bevölkerung Deutschlands auf ein Viertel der ursprünglichen Zahl geschrumpft ist.

Diese Dezimierung der Bevölkerung kam nicht nur durch kriegerische Handlungen, sondern vor allem durch Hunger und Seuchen wie Pest und Cholera zustande.

Viel wahrscheinlicher erscheint es mir, dass die Familie der Weixelgartners erst im Verlauf des Krieges auf den Hof gekommen ist, diesen wahrscheinlich sogar erst aufgebaut hat, wenn man bedenkt, dass Bayern von Beginn an Kriegsteilnehmer war, möglicherweise den Krieg sogar begonnen hat.

Die Reformation war schon 100 Jahre vorüber. Ignatius von Loyola hatte zur Gegenreformation bereits den Orden der Jesuiten gegründet.

Viele deutsche Städte waren ins Lager der Reformierten übergewechselt, als Erzherzog Maximilian von Bayern in Altötting vor der Mutter Gottes den Eid leistete, ein Heer aufzustellen, um die reformierten Städte wieder zum wahren Glauben zurückzuführen.

In Prag sind zur gleichen Zeit die Abgesandten des Kaisers vom Fenster des Rathauses gestürzt worden, um den Herrscher zu provozieren.

Der Bayernherzog hat den Holländer Tilly als Führer seines Heeres gewonnen, der anfangs ziemlich erfolgreich war. Er soll sogar Magdeburg erobert haben.

In Rothenburg ob der Tauber, der Geburtsstadt meiner Kinder, feiert man zu jedem Pfingsten das Festspiel des Meistertrunkes, bei dem durch die Trinkfestigkeit des Bürgermeisters die Stadt vor der Zerstörung durch Tillys Heer bewahrt worden sein soll.

Zur damaligen Zeit galt der Grundsatz „Eius regio, cuius religio“, was nichts anderes zu sagen hat, als dass der einzelne Mensch überhaupt keine Entscheidungsfreiheit über seine eigene Religion hatte. Wenn man eine Stadt erobert hatte, konnte man per Dekret über die Religion der Bürger entscheiden. Offensichtlich war jeder Angehöriger eines Teilstaates Leibeigner des Landesherrn.

Tilly war zeitweise so erfolgreich, dass ihm Jahrhunderte später von König Ludwig I. von Bayern in der Feldherrnhalle auf dem Odeonsplatz in München ein Denkmal gesetzt wurde.

Er ist einer von zwei bayrischen Feldherren, deren Standbild dort verewigt wurde.

Der andere ist Fürst von Wrede, wobei der Münchner Volksmund bis zum heutigen Tag besagt, dass Tilly kein Bayer und Wrede kein Feldherr war. Dessen einzige Großtat soll gewesen sein, dass er am Vorabend der Völkerschlacht bei Leipzig das bayrische Heer vom französischen abgezogen und ins Lager der Alliierten übergeführt hat, wodurch Bayern zu den Siegermächten gehörte.

Dadurch durfte Bayern Königreich bleiben und die napoleonischen Schenkungen behalten.

In der Folgezeit hat sich übrigens Graf Montgelas von Gerzen als bayrischer Reformminister beim Wiederaufbau unseres Landes hervorgetan. Damals ist zum ersten und bisher einzigen Mal das Vilstal, das zwar schön, aber bis heute völlig unbekannt ist, ins Rampenlicht der Öffentlichkeit geraten.

Die Erfolge Tillys gingen schnell zu Ende, als die Schweden unter König Gustav Adolf auf der Seite der Reformierten ins Kriegsgeschehen eingriffen. Die Schweden haben sogar München erobert, wobei der König gesagt haben soll, München sei eine Perle in einer furchtbaren Umgebung, womit wohl die Münchner Schotterebene gemeint sein dürfte.

Die Erfolge der Schweden gingen dann aber auch schnell zu Ende, als der Kaiser in Wien unter seinem Feldherrn Wallenstein ein noch größeres Heer aufstellte, das wiederum die Schweden besiegte, wobei sogar ihr König umkam. Deutschland war vor und während des 30-jährigen Krieges in viele kleine Einzelstaaten aufgeteilt. Das Gefühl, ein gemeinsames Volk zu sein, entstand erst am Ende des großen Krieges. Der Westfälische Friede dürfte auch der Beginn des modernen Deutschlands gewesen sein.

Der Beginn und die Geschichte des Oama-Hofes muss im Rahmen dieser weltgeschichtlichen Geschehnisse stattgefunden haben.

Es muss eine schreckliche Zeit von 30 Jahren Krieg gewesen sein, als Kaiser Ferdinand II. versuchte, das Hause Habsburg, das bereits Spanien, die neue Welt, Deutschland, die Niederlande und Österreich regierte, zum Herrscher über ganz Europa aufsteigen zu lassen.

Maximilian von Bayern eroberte als treuester Verbündeter des Kaisers protestantische Städte, um sie zum wahren, katholischen Glauben zurückzuführen.

Schweden, Dänen, Franzosen und viele andere Völker kämpften zeitweise auf deutschem Boden, um ihre Interessen durchzusetzen. Die Not der Bewohner, die von Söldner- und Landsknechtshorden geplündert, ausgeraubt, vergewaltigt und getötet wurden, interessierte sie alle nicht.

Beide großen Feldherren kamen selbst in den Wirren des 30-jährigen Krieges um, nachdem sie zuvor tausenden von Menschen den Tod gebracht hatten.

Johann T’Serclaes Graf von Tilly, wie der Feldherr mit vollem Namen hieß, fiel in einer Schlacht.

Albrecht von Wallenstein ist im Auftrage seines eigenen Kaisers ermordet worden, als dieser befürchtete, er könne zu mächtig werden und ähnlich wie im Altertum Julius Caesar, als er den Rubicon überschritt, um mit seinem Heer nach Rom zu ziehen, sich seine Soldaten gegen Wien wenden und ihn als Kaiser absetzen lassen, um selbst zu herrschen.

Angeblich soll der Kaiser während der Zeit, von der er glaubte, Wallenstein würde sterben, in einer Kapelle gebetet haben.

Es ist schon ein seltsamer Gedanke, Gott um Vergebung zu bitten, wenn man den Mord erst begeht.

The world’s troubles arise from false distinctions between self and others. The world’s troubles arise from attachment to phenomena, whereby we attribute real existence and permanence to things.

Error cannot defeat reason. Reason cannot defeat law. Law cannot defeat power. Power cannot defeat the law of causality.

When you have a good will, the Buddhas and the Bodhisattvas see it. When you have an ill will, the devil sees it and the karmic retribution finds it.

Those, who have faith in religion, are the wealthiest. Those, who are virtuous, can be the most peaceful in their minds. Those, who practice well, are the most powerful. Those, who are intelligent, are the most perspicuous.

Buddhistische Weisheiten, wie wir sie bei unseren vielen Reisen erhalten haben, wie sie in dem Büchlein Bilingual Version of The Everlasting Light wiedergegeben werden, hätten den Feld- und Kriegsherren im 30-jährigen Krieg oft gute Hilfestellungen und Erkenntnisse bringen können. Vielleicht wären die Kriegshandlungen dann weniger grausam gewesen. Der Krieg selbst hätte möglicherweise keine 30 Jahre gedauert.

Die Großeltern

DAS TAL DER KLEINEN VILS, ZUR ZEIT DES 30-JÄHRIGEN KRIEGS

Das Erscheinungsbild des kleinen Vilstals zum Beginn des 30-jährigen Krieges differierte stark zu dem des 20. Jahrhunderts. Zwischen Geisenhausen und Gerzen gab es nur wenige Dörfer. Der Wald bedeckte fast überall noch das Vilstal. Wiesen und Felder waren nur in sehr geringem Maße vorhanden. Ein Großteil der Rodungen fand erst in späteren Jahrhunderten statt. Anstelle der Bundesstraße schlängelte sich nur ein schmaler Sandweg den Windungen der Vils entlang. Bei Lichtenhaag gab es eine kleine Holzbrücke, die über den Fluss führte. Eine Abzweigung von der Straße nach Gerzen wand sich die sanften Anhöhen hinauf bis zum Schloss, das ganz oben am Berg steht. Zur damaligen Zeit glich dieses einer Festung, die von einer hohen Mauer und einem Burggraben umgeben war. Von hier aus konnte man das Tal gut überwachen. Auf halbem Weg zwischen Fluss und Schloss stand das alte, gotische Kirchlein, das Jahrhunderte später von Josef Weixelgartner auf Anweisung des Pfarrers abgerissen und durch eine moderne Kirche ersetzt wurde. Um die Kirche herum gruppierten sich nur wenige Gehöfte. An der Stelle des Austragshauses von Josef Weixelgartner befand sich ein kleines Bauernhaus mit niedrigen, schmalen Räumen und einem einfachen Stall, der in Richtung zum Tal hin gelegen ist. Der Sandweg zum Schloss führte direkt an der Vorderfront dieses Hofes vorbei. Weiter unten, wo heute der Oama-Hof liegt, stand eine größere Scheune, die mit Heu und Getreide gefüllt war. Ganz unten am Fluss war eine Mühle zu sehen, die auch schon zur damaligen Zeit das Getreide der Bauern zu Mehl verarbeitete.

Auf der anderen Seite des Flusses führte ebenfalls ein Weg die Anhöhen hinauf bis zu einem Gehöft, das bis zum heutigen Tag Bartl am Ross heißt, da Bartl als Einziger es verstanden hatte, beim Überfall der Schweden sein Pferd so zu verstecken, dass die feindlichen Soldaten es nicht fanden. Nach dem Abzug der Schweden hatte er als Einziger noch ein Pferd. Als er darauf einmal ins Dorf nach Lichtenhaag geritten kam, nannten ihn die Leute voller Neid: Bartl am Ross. Die Straße von Geisenhausen weiter nach Landshut und selbstverständlich auch in die andere Richtung nach Vilsbiburg war natürlich auch zur damaligen Zeit schon viel besser ausgebaut als die Abzweigung nach Gerzen. Wenn Landshut auch seine Bedeutung als Sitz des bayrischen Herzogs und heimliche bayrische Hauptstadt längst an München verloren hat, blieb der Stadt dennoch ein gewisser Einfluss als Provinzhaupt- und Universitätsstadt, zumindest auf die nähere Umgebung, erhalten. Das Mittelalterspiel der Landshuter Hochzeit, das alle vier Jahre die Heirat des bayrischen Herzogs mit der polnischen Königstochter im 14. Jahrhundert nachspielt, gibt bis zum heutigen Tag Zeugnis von der früheren Bedeutung dieser Stadt.

Landshuter Hochzeit

DIE VORFAHREN – DIE ENTSTEHUNG DES OAMA-HOFES

Die AnfängeDie EinberufungDie GefangennahmeDie Gräfin zu GundifelsTheresa und GustavGustavOskar JohannsonDer große KriegVeronikas HochzeitDer Oama-HofDie BauernfamilieDie HeimkehrDie Reise nach SchwedenOlafDas AmulettOlafs Reise nach SchwedenMaria und AndreasMarkus der Sohn des MüllersDas GeständnisDie ErmordungDie HochzeitDer KriegDie GefangenschaftDie FluchtAlessandros MutterAnna Maria LenaDie AbrechnungZurück in der HeimatDes Contes ErinnerungenZwischenberichtSebastian SchmidbergerSchuld und SühneDer KlausenbergOlafs RauschDie KutscheDie HochzeitDas LokalDie Reise nach ItalienSommernachtsballKlosterlebenDas Alter

Die alte Kirche von Lichtenhaag

DIE ANFÄNGE

Unsere Geschichte beginnt weit weg vom kleinen Vilstal, hoch oben im Norden Schwedens in einem Dorf, das ungefähr 300 km nördlich von Stockholm mitten in den Bergen gelegen ist.

Ingo Rasmus, der Verwalter der Güter des Grafen Gundifels, war äußerst beunruhigt. Die Wehen hatten bei seiner Frau bereits vor 15 Stunden eingesetzt, ohne dass es zu einem nennenswerten Geburtsfortschritt gekommen wäre. Die Hebamme, die schon seit vielen Stunden bei ihr ausharrte, schien ziemlich ratlos zu sein. Jedes Mal, wenn Ingo den Bauch seiner Frau abtastete, bekam er den Eindruck, dass kein vorangehender Teil im kleinen Becken zu spüren war. Der Bauch lud beidseits weit seitlich aus, so dass Ingo immer mehr den Eindruck bekam, dass sich das Kind quer zum Geburtskanal einstellen würde. Es war ihm bewusst, dass es so nicht zur Welt kommen konnte. Er könnte versuchen, sobald der Muttermund weiter aufgehen würde, durch die Scheide in die Gebärmutter zu langen, um ein Bein zu fassen und das Kind an diesem Bein aus dem Bauch herauszuziehen. Die Wahrscheinlichkeit, sein Kind zu töten oder ihm zumindest schweren Schaden zuzufügen, wäre dabei sehr groß. Die andere Möglichkeit, die Herrn Rasmus durch den Kopf ging, war, das Kind aus dem Bauch seiner Frau herauszuschneiden. Er hatte früher, als sie noch in Stockholm lebten, viele solcher Eingriffe durchgeführt, bis er zu unvorsichtig wurde und ihm eine vornehme Gräfin verstarb. Er sollte damals wegen Mordes angeklagt werden. Der Skandal ging bis zum Königshaus. Als die Soldaten kamen, um ihn zu verhaften, flüchteten er und seine Frau. Sie versteckten sich im Keller des Nachbarhauses, wobei sie Glück hatten, dass der Soldat, der den Keller durchsuchte, gerade nicht in den Schrank schaute, in dem sie untergeschlüpft waren. In der Nacht, als die Soldaten sich wieder zurückgezogen hatten, schlichen sie sich aus der Stadt, um sich in einer weit abgelegenen Hütte mitten im Wald zu verstecken. Sie ernährten sich von Beeren und Wurzeln. Sie wanderten weiter nach Norden in möglichst einsame Gegenden, um nicht entdeckt zu werden. Er hatte damals bei der Gräfin, deren Geburt nicht voranging, ebenfalls das Kind aus dem Bauch herausgeschnitten. Die Operation an sich verlief gut. Das Kind war gesund. Er hatte nur nicht, wie es damals üblich war, die Frau mit Alkohol betrunken gemacht, um ihr die Schmerzen etwas zu nehmen, sondern ihr Äther zum Einatmen gegeben. Ein Freund hatte ihn auf diese fatale Idee gebracht Die Patientin erbrach und aspirierte den erbrochenen Mageninhalt, so dass sie qualvoll an Lungenversagen erstickte. Als besonders negativ wurde es ihm angerechnet, dass er auch noch Geld von seinem Freund dafür bekommen hatte, da dieser Äthernarkosen bei Operationen einführen und damit viel Geld verdienen wollte. Sie hätten diese Art der Narkose erst bei Tieren oder zumindest Menschen niederer Abstammung testen müssen. Bei einer hochgestellten Persönlichkeit und Freundin der Königin dies auszuprobieren, war fatal. Der Freund, dem die Flucht aus Stockholm nicht gelungen war, wurde verhaftet, vor Gericht gestellt und zum Tode durch Erhängen verurteilt. Das Urteil war nun schon vor bereits sieben Jahren vollstreckt worden. Er selbst war in Abwesenheit ebenfalls zum Tode durch den Strang verurteilt worden. Nur hat er sich diesem Urteil bisher durch seine Flucht entziehen können. Ein halbes Jahr versteckten sie sich in den nördlichen Wäldern, bis der Winter kam. Dann mussten sie es riskieren, irgendwo unterzukommen, da sie den nördlichen Winter im Freien nicht überlebt hätten. Sie hatten erfahren, dass beim Grafen Gundifels der Posten eines Verwalters zu besetzen war. Sie stellten sich bei ihm unter den Namen Heike und Ingo Rasmus vor. Ingo Rasmus, alias Dr. Joseph Johannson, gab vor, Norweger zu sein und aus Oslo zu kommen, was sogar der Wahrheit entsprach. Josephs Eltern waren früh gestorben. Er wuchs bei einem Wanderheiler auf, mit dem er in der Umgebung von Oslo von Dorf zu Dorf zog, um Leute zu behandeln. Sein Vormund und Lehrer zog Zähne, nähte und verband Wunden, machte Gipsverbände bei Beinbrüchen, wobei er versuchte, diese wieder durch Zug einzurichten. Als Joseph älter wurde, bekam er durch Zufall die Gelegenheit, im Hospital Assistent eines bekannten Arztes zu werden. So konnte er seine medizinischen Fertigkeiten verbessern und sein Wissen vermehren. Von diesem Arzt bekam er auch den Rat, nach Deutschland zu gehen, da dort der medizinische Wissensstand bereits erheblich fortgeschrittener sein sollte. So kam es, dass er sich eines Tages aufmachte, nach Deutschland zu ziehen, wobei er letztendlich nach längerem Umherziehen bis München in Bayern gelangte. Dort arbeitete er wieder in einem Hospital. Er war sehr beliebt, da er fleißig und zu den Menschen freundlich war. Seine Kenntnisse aus Norwegen konnte er dabei gut verwenden und durch andere Praktiken, wie sie in Bayern verwandt wurden, ergänzen. So erlangte er gute Fertigkeiten vor allem in der Chirurgie und Geburtshilfe, wusste aber auch gut den Einsatz von Kräutern, Salben und Verbänden anzuwenden. Bei seiner Arbeit im Hospital lernte er auch seine Maria kennen, die sich dort als Hospitalhelferin, wie die Krankenschwestern damals genannt wurden, ihr Geld verdiente. Er hatte sich gleich bei der ersten Begegnung, als ihm Maria als neue Mitarbeiterin vorgestellt wurde, in ihre tiefliegenden braunen Augen, ihre geschwungenen schwarzen Augenbrauen und ihren etwas schmollenden Mund mit seinen breiten Lippen verliebt. Maria war schlank, 20 Jahre jung, relativ groß gewachsen, hatte brünette, halblange, gewellte Haare, eine muskulöse Figur mit wohlgeformten Brüsten. Sie entsprach genau dem Typ Mädchen, von dem der gutaussehende, blonde, mittlerweile 25 Jahre alte Norweger so lange schon geträumt hatte. Sie verliebten sich ineinander und wollten heiraten, was im damaligen Bayern gar nicht möglich war, da er als Protestant keine Katholikin ehelichen durfte. Als bekannt wurde, dass er ein Lutheraner war, wäre er beinahe verhaftet worden, wenn sie sich nicht durch Flucht den Polizisten entzogen hätten. So kamen sie nach Stockholm, wo er als guter Arzt und Geburtshelfer bald recht bekannt wurde. Er hatte sowohl in Bayern als auch in Stockholm bereits wiederholt sogenannte Kaiserschnitte durchgeführt, die so hießen, weil angeblich schon Caesar im alten Rom auf diese Art zur Welt gekommen sein soll. Offensichtlich hatten auch dessen Geburtshelfer Angst vor diesem Eingriff, da Caesars epileptische Anfälle sicherlich vom Sauerstoffmangel bei der Geburt herrührten, was darauf schließen lässt, dass sie zu lange mit dem Eingriff gewartet hatten. Joseph, beziehungsweise Ingo, wie er sich jetzt nannte, stand nun bei seiner eigenen Frau vor der gleichen Entscheidung. Sollte er die Operation durchführen, würde er das Leben seiner Frau gefährden und zugleich riskieren, dass ihre Tarnung auffliegen könnte, was seine Auslieferung nach Stockholm und Hinrichtung durch den Strang zur Folge haben dürfte. Würde er aber versuchen, das Kind vaginal zu entwickeln, müsste er es töten oder ihm zumindest schweren Schaden zufügen. Dabei waren die Geburten seiner beiden anderen Kinder, seines Sohnes Oskar und seiner Tochter Theresa vor fünf und drei Jahren, so unkompliziert verlaufen. Maria hatte starke Schmerzen. Sie lag bleich und voller Angst auf ihrem Bett in dem kleinen Behandlungszimmer, das sich ihr Mann zur Versorgung kleinerer Verletzungen eingerichtet hatte. Ihre Wangen waren eingefallen. Sie sah mit ihren schönen Augen ihren Mann fest an. Sie kannte seine Gedanken. „Unterstehe dich, unser Kind zu gefährden!“, sagte sie zu ihm, indem sie ihm fest in die Augen blickte. „Du musst schneiden, du kannst es“, fügte sie noch hinzu, um ihrem Mann die Entscheidung zu erleichtern.

Er wusste, dass sie Recht hatte. Aber er brauchte Hilfe. Er konnte es nicht allein machen. Er musste zum Grafen gehen. Der Graf, ein gutmütig aussehender Mann, der etwas älter als sein Verwalter war, schaute ihn fragend an, als dieser ihm erklärte, das Kind würde quer im Bauch liegen, weshalb er operieren müsse, um es zu retten. Graf Gundifels stellte aber keine Fragen, sondern schickte mehrere seiner Knechte mit Wein und Schnapsflaschen zu Ingos Haus, das etwas abgelegen vom gräflichen Schloss auf einer Wiese stand. Maria musste viel Schnaps trinken. Es ekelte ihr vor diesem Gesöff. Die Knechte mussten sie festhalten, falls sie sich trotz Rausch wehren würde. Ingo entfachte ein Feuer, worüber er seine Instrumente hielt, um sie zu reinigen. Dieses Verfahren hatte er in München gelernt. Die Wunden würden besser heilen, wenn man die Instrumente übers Feuer hält, als wenn man sie nur reinigt, meinten die Ärzte dort, ohne eine Erklärung dafür geben zu können. Maria hatte Angst. Sie trank tapfer ihren Alkohol. Sie versuchte, sich möglichst ruhig zu halten, als der Schmerz stark wurde. Dennoch mussten sie die Knechte mit aller Kraft festhalten. Sie schrie vor Schmerz. Es blutete stark. Ingo musste viele Gefäße abklemmen, um den Blutverlust nicht zu stark werden zu lassen. Er entwickelte einen Sohn mit den gleichen braunen Augen wie seine Mutter. Das Kind atmete sofort. Es blickte seinen Vater mit großen Augen an, bereits als der es aus dem Bauch der Mutter herausholte. Seine beiden anderen Kinder hatten seine blauen Augen geerbt. Ingo nabelte es ab und übergab seinen Sohn der Hebamme. Er löste die Plazenta und vernähte die Wunden, was sich alles ganz gut machen ließ. Maria war matt. Sie hatte doch relativ viel Blut verloren. Sie schlief ihren Rausch aus und fühlte sich am nächsten Tag recht wohl.

Die Familie war glücklich. Schwester und Bruder freuten sich über den weiteren Familienzuwachs. Doch das Glück währte nicht lange. Maria bekam die nächsten Tage immer mehr Schmerzen und laufend ansteigendes Fieber. Ihr Ehemann versuchte, sie mit Kräutern und kalten Wickel zu behandeln, um das Fieber zu senken. Dennoch verschlechterte sich Marias Zustand zusehends. Das Fieber stieg. Die Lochien wurden immer übelriechender. Die Wunde am Bauch rötete sich und schwoll zusehends an. Ingo öffnete die Wunde, ließ den Eiter ablaufen, spülte sie mit klarem Wasser. Er versuchte auch, die Gebärmutter von der Scheide aus mit Wasser zu spülen. Trotz allem verschlechterte sich Marias Befinden laufend. Sie wurde mehr und mehr delirant und verstarb nach knapp zwei Wochen, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Ingo war verzweifelt. Er hatte seine geliebte Frau verloren, musste zwei kleine Kinder und ein Neugeborenes allein aufziehen. Für das Neugeborene besorgte ihm der Graf eine Amme, damit es überhaupt weiterleben konnte. Nach der Beerdigung auf dem Dorffriedhof ließ ihn Graf Gundifels zu sich kommen. Er begrüßte ihn, indem er ihn mit Herr Dr. Joseph Johannson anredete. Joseph, der seine Tarnung, wie er es befürchtet hatte, aufgeflogen sah, glaubte schon, verhaftet und nach Stockholm überführt zu werden. Irgendwie wäre es ihm nach dem Tod seiner geliebten Frau auch egal gewesen. Er hatte jeglichen Lebensmut verloren. Der Tod wäre ihm eigentlich sogar sehr willkommen gewesen, hätte er nicht die Verantwortung für seine drei Kinder gehabt, die ohne ihn auch elend zugrunde gehen würden. Zu seiner Überraschung behandelte ihn Graf Gundifels aber weiterhin sehr freundlich. Er erklärte ihm, sie bereits bei der Einstellung als Ehepaar Johannson erkannt zu haben. Er hatte diese eingebildete Gräfin, die für ihn als Landadligen nur mitleidige Verachtung übrig hatte, noch nie leiden können, ebenso wenig wie ihren Ehemann, diesen arroganten, unsympathischen Affen, wie er ihn im Stillen bezeichnete. Die Todesstrafe war für ihn ein unverhältnismäßig hohes Strafmaß für das Vergehen, bei dem zumindest keine Tötungsabsicht vorhanden war. Er habe Joseph und seine Frau Maria, die ihm sehr sympathisch waren, deshalb geschützt und gefördert. Er werde dies auch weiter tun, falls Joseph seine Tarnung als Ingo Rasmus fortführen möchte. Des Grafens Frau, Anna, war ebenfalls schwanger. Joseph sollte sie bei ihrer Schwangerschaft unterstützen, sie entbinden, aber auch seine Arbeit als Verwalter der Güter gewissenhaft weiterführen. Dann werde er, Graf Gundifels, ihm bei der Erziehung seiner Kinder helfen. Sie würden dann gemeinsam mit seinen Kindern auch eine gute schulische Ausbildung bekommen, wobei Joseph als Lehrer für Lesen, Schreiben und Medizin aktiv mitwirken sollte. Gustav, der Sohn des Grafen, war gerade einmal zwei Jahre alt. Seine Tochter Veronika sollte erst in einigen Monaten geboren werden. Die beiden Männer besiegelten ihre Abmachung durch Handschlag. Dies sollte der Beginn einer langjährigen Männerfreundschaft werden.

Veronikas Geburt gestaltete sich vollkommen unproblematisch. Ihre Mutter, Gräfin Anna von Gundifels, war überglücklich, hatte sie doch große Angst nach dem Tod ihrer Freundin und Verwaltersgattin, Maria, dass ihr ein ähnliches Schicksal bevorstehen könnte.

Anna von Gundifels war eine nicht übermäßig schöne, aber doch sehr vornehme, dennoch aber auch sehr sympathische Frau, die sich aufopfernd um die Ausbildung der fünf Kinder bemühte, wobei kein Unterschied zwischen Grafen- und Verwalterkindern gemacht wurde. Die Kinder wuchsen gemeinschaftlich in guter Freundschaft auf. Trotzdem ergaben sich im Laufe der Zeit immer mehr Spannungen zwischen Joseph, dem jüngsten Sohn des Verwalters, und Gustav, dem Sohn des Grafen. Letzterer war doch sehr bedacht darauf zu zeigen, dass er von höherer Abstammung war als die Verwalterkinder. Die beiden anderen Kinder des Verwalters waren stets bemüht, Gustav den entsprechenden Respekt zu zeigen, der ihm aufgrund seiner Abstammung zustand. Joseph hingegen verweigerte ihm diese Ehrerbietung, was zu Streitereien führte, die bis zu Handgreiflichkeiten gehen konnten, wobei Joseph seinem Gegenüber aufgrund seiner Stärke und Wendigkeit deutlich überlegen war. Das Verhältnis zwischen Veronika und Joseph wurde hingegen immer besser, je älter sie wurden. Sie unternahmen öfter gemeinsam Spaziergänge, legten sich unter einen Baum, um zusammen die Natur um sich herum zu betrachten, ohne dass es in irgendeiner Weise zu sexuellen Handlungen gekommen wäre. Je inniger das Verhältnis zwischen Joseph und Veronika wurde, desto eifersüchtiger reagierte Gustav.

Irgendwie setzte sich die Nachricht durch, dass im fernen Deutschland ein Krieg zwischen den Papisten, wie die Katholiken verächtlich genannt wurden, und den Protestanten ausgebrochen sei. Am schlimmsten schienen die Bayern zu sein, die über protestantische Städte wie Magdeburg und andere hergefallen sein sollen, um der Bevölkerung ihren verfluchten Glauben aufzuzwingen.

Gustav schimpfte massiv über diese schrecklichen Bayern, wohingegen Joseph sich daran erinnerte, dass seine Mutter aus Bayern kam. Er versuchte dieses Volk, aus dem seine Mutter und damit auch er stammte, zu verteidigen, was ihm noch größeren Streit mit Gustav einbrachte. Dass Katholiken Mörder und Teufel seien, wie Gustav behauptete, konnte Joseph auch nicht nachvollziehen, da er von seinem Vater erfahren hatte, dass seine Mutter ursprünglich katholisch getauft wurde, und erst wegen ihrer Hochzeit mit ihm zum evangelischen Glauben konvertierte. Obwohl er seine Mutter nicht gekannt hatte, glaubte er nicht, dass sie ein böser Mensch war, da sein Vater sie sonst nicht so sehr geliebt hätte. Ihre Verwandten scheinen übrigens aus einem Landstrich gekommen zu sein, den sein Vater als Niederbayern bezeichnete. Seine Mutter ist offensichtlich im kleinen Vilstal in einem Ort namens Seyboldsdorf aufgewachsen. Brüder und Schwestern von ihr, also Onkel und Tanten von ihm, müssten zu der Zeit noch dort gelebt haben. Die Grafen von Seyboldsdorf waren zugleich auch für Lichtenhaag, das in unmittelbarer Nähe liegt, zuständig. Sein Vater hatte Joseph einmal erzählt, selbst nur einmal dort gewesen zu sein, als ihn Maria ihren Eltern und Geschwistern vorgestellt hat. Zu einem weiteren Besuch sei es leider nicht mehr gekommen, da sie wegen seines Glaubens aus Bayern haben fliehen müssen. Von Schweden aus konnte Maria keinen Kontakt mehr zu ihren Angehörigen aufnehmen, da Verbindungen zu Katholiken strengstens verboten waren. Es verging nicht allzu viel Zeit, bis man erfuhr, dass Schwedens König Gustav Adolf sich anschickte, ein Heer aufzustellen, um den protestantischen deutschen Städten zu Hilfe zu eilen.

Trotz Widerwehr musste Graf Gundifels als Oberst der Reserve mit in den Krieg ziehen.

Die Freunde Graf Gundifels und sein Verwalter Joseph Johannson unterhielten sich zum Abschied lange miteinander. Der Graf traute seinem Verwalter seine Frau und seine beiden Kinder zum Schutz an. Was die beiden Männer nicht ahnen konnten, war, dass sie belauscht wurden. Gustav vermutete längst, dass es zwischen den beiden Männern ein Geheimnis geben müsse. Er wusste, sie würden sich an diesem Abend zum Abschied in dem alten Rittersaal treffen, der neben dem großen Tisch mit den vielen Stühlen vor allem vollgestellt war mit Ritterrüstungen, alten Helmen und Hellebarden. Gustav hatte sich bereits über eine Stunde vor Ankunft der beiden Männer in dem mächtigen, schön verzierten, antiken Schrank versteckt, um endlich hinter das Geheimnis dieser beiden Herren zu gelangen. Er vernahm also, dass ihr Verwalter nicht Ingo Rasmus, sondern eigentlich Dr. Joseph Johannson hieß, und ein zum Tode verurteilter Verbrecher war. Er kochte innerlich, als er vernahm, dass sein Vater die Geschicke der Familien nicht ihm, seinem mittlerweile 25-jährigen Sohn, anvertraute, sondern diesem Verbrecher. Er bekam mit, wie sich die beiden Männer zum Abschied fest umarmten, wobei sie nicht ahnen konnten, dass dies ein Abschied für immer sein sollte. Gustav verließ erst den Schrank, als die beiden Personen längst gegangen waren. Er musste zuvor innerlich verarbeiten, was er vernommen hatte. Sein erster Gedanke war, diesen Verwalter nach dem Weggang seines Vaters sofort zu denunzieren, um ihn und seine Familie, wobei er vor allem an dessen Sohn Joseph dachte, endlich loszuwerden. Er erkannte aber auch, dass er damit ebenso seinen Vater denunzieren würde, da er diesem Verbrecher so viele Jahre Unterschlupf gewährt hatte. Sie könnten möglicherweise ihre ganzen Besitztümer und vielleicht sogar ihren Adelstitel verlieren. Gustav war klar, dass er vorsichtig sein musste.

Der Graf war nun schon zwei Jahre im Krieg. Es kamen laufend gute Kunden von den großen Erfolgen der Schweden in Deutschland. Die Leute jubelten. Das bayrische Heer unter Tilly, dem verräterischen Holländer, war geschlagen worden. Das schwedische Heer marschierte auf München zu. Zu Hause hatte Gustav das Regiment an sich gerissen. Den verbrecherischen Verwalter und dessen gehasste Familie behandelte er ziemlich arrogant von oben herab. Seine Mutter, die ihren Sohn abgöttisch verehrte, wagte niemals, ihm zu widersprechen. Lediglich seine Schwester Veronika widersetzte sich seinen Anordnungen. Je mehr sie sich von ihrem Bruder entfremdete, desto besser verstand sie sich mit Joseph, dem Sohn des Verwalters, in den sie schon seit längerer Zeit heimlich verliebt war. Er war auch ein hübscher Junge mit blonden Haaren, braunen Augen, einem fein geschnittenen Gesicht und einem muskulösen Körperbau von ungefähr 180 cm Größe geworden. Aber auch Veronika selbst war mit ihren mittlerweile 20 Jahren eine auffallend schöne Frau. Sie hatte neben ihren blonden, gewellten Haaren blaue Augen in einem sehr hübschen Gesicht mit kleiner gerader Nase bekommen. Veronika war schlank, 170 cm groß, muskulös, hatte wohlgeformte Brüste, also ein Mädchen, in das sich Joseph schon vor langer Zeit verliebt hatte, ohne dass er es gewagt hätte, sie anzurühren. Sie lagen oft gemeinsam unter ihrem Eichenbaum an dem kleinen See und schauten den Vögeln zu, wie sie durch die Lüfte schwebten. Joseph war oft etwas müde von der harten Arbeit, die er zur Unterstützung seines Vaters längst verrichten musste. Dann waren die jungen Leute glücklich, wenn sie unter ihrem Baum lagen und gemeinsam von der Zukunft träumten. Doch dieses Mal war es anders. Veronika wirkte äußerst niedergeschlagen. Ihr Bruder hatte einen Bräutigam für sie ausgesucht. Sie sollte schon bald nach Uppsala gehen, um diesen, ihr völlig unbekannten Grafen zu heiraten. Dieses Mal wollte Veronika nicht mehr nur neben Joseph liegen und träumen. Sie schaute ihm tief in die Augen und küsste ihn. Er küsste sie auch. Sie öffnete ihre Bluse, so dass er zum ersten Mal ihre schönen Brüste betasten konnte. Sie begann auch ihn auszuziehen, bis sie beide nackt unter ihrem Baum lagen. Er hatte Angst, dieses schöne, hochgestellte Mädchen zu berühren.

Schüchtern fuhr er ihr mit seiner schlanken, feingliedrigen Hand über den Bauch, was sie leicht erschauern und zittern ließ. Sie wollte sich jedoch dieses Mal damit nicht zufriedengeben.

Erneut blickte sie ihm tief in die Augen, küsste ihn, legte sich vorsichtig auf seinen Bauch, fasste einen mittlerweile maximal erregten Penis mit der Hand und führte ihn langsam in ihre Scheide ein.

Es war für beide das erste Mal, dass sie überhaupt Verkehr hatten, und sollte auch das einzige Mal bleiben, dass sie miteinander geschlafen haben.

Bereits am nächsten Tag wurde Veronika abgeholt und nach Uppsala gebracht. Joseph hatte große Sehnsucht nach ihr. Er sollte sie erst viele Jahre später wiedersehen, als bei ihr bereits längst ihre Schizophrenie ausgebrochen war und sie geistig ziemlich abgetreten von seiner Schwester Theresa gepflegt wurde. Der Selbstmord ihrer Mutter, die unter starken Depressionen litt, war bereits mehrere Jahre vorbei.

Veronikas Hochzeit in Uppsala war sehr pompös. Wenige Monate danach gebar sie ihren Sohn Olaf. Man sagte, er sei eine Frühgeburt, obwohl er mehr als 3.000 Gramm wog. Veronikas Ehemann, ein alternder Graf, der mindestens 30 Jahre älter als sie selbst war, war froh, endlich einen Erben für seine vielen Güter bekommen zu haben. Auf die Idee, dass er möglicherweise nicht der Vater des Kindes sein könnte, ist er erst gekommen, als ihn seine Mätresse darauf hinwies, dass Olaf ihm überhaupt nicht ähnlichsähe. Veronika hat ihn nie geliebt, weshalb sie ihn abzuwehren versuchte, wann immer es möglich war, wenn er sich ihr sexuell zu nähern versuchte. Ihre einzigen Freuden waren, ihren Sohn heranwachsen zu sehen und sich mit Theresa zu unterhalten. Als ihr gräflicher Ehemann dies erkannt hatte, suchte er sich eine Freundin, bekam von dieser einen weiteren Sohn, setzte diesen als seinen Erben ein und verstieß Olaf aus seiner Umgebung.

Schon bald nach ihrer Hochzeit kam die Todesnachricht von Veronikas Vater. Er war im Krieg gegen die Bayern gefallen, woraufhin sich ihre Mutter vom obersten Stock ihres Schlosses herabstürzte, da sie das strenge und ungerechte Regime ihres Sohnes nicht mehr ertragen konnte. Nach dem Tod des Vaters war Gustav endlich selbst Graf. Den verhassten Verwalter ließ er von der Polizei verhaften und nach Stockholm überführen, wo nach so vielen Jahrzehnten endlich das Todesurteil an ihm vollstreckt werden konnte. Joseph und sein Bruder Oskar wurden für die Armee zwangsrekrutiert. Ihre Schwester Theresa war als Kammerzofe mit Veronika mitgegangen. Gustav ernannte einen neuen Verwalter für seine Güter und meldete sich selbst zur Armee, um sich für den Tod seines Vaters, den er doch irgendwie verehrt hatte, an den verhassten bayrischen Papisten zu rächen.

DIE EINBERUFUNG

Olaf Graf Gundifels war sehr besorgt um seine Familie, als er zu guter Letzt doch noch in diesen unseligen Krieg gegen die Katholiken in Deutschland ziehen musste. Er hatte sich, solange es irgendwie ging, gegen diese Einberufung gewehrt. Nachdem sich der Krieg aber doch schon längere Zeit dahinzog, konnte er sich als Oberst der Reserve nicht länger den Bitten seiner Vorgesetzten verschließen, endlich auch daran teilzunehmen. Er hatte Angst um seine Familie. Seine Frau war äußerst labil und neigte stark zu depressiven Verstimmungen. Seine Tochter Veronika war in den hübschen, jungen Sohn seines Verwalters verliebt. Er liebte diesen jungen Mann sehr. Dennoch war er keine richtige Partie für eine Baronesse. Am meisten Sorge bereitete ihm aber sein Sohn Gustav. Dieser war aufbrausend. Er hasste den Sohn des Verwalters. Graf Gundifels fürchtete sich manchmal vor seinem eigenen Sohn. Er empfand ihn manchmal als unberechenbar. Es entsprach deshalb dem Resultat einer langen Überlegung, als er seinen Verwalter Dr. Joseph Johannson bat, sich um seine Familie zu kümmern. Obwohl er eigentlich nicht glaubte, dass sein Verwalter sich gegenüber Gustav durchsetzen könnte, der doch oft ein großes Geltungsbedürfnis an den Tag legte, wollte er doch wenigstens versuchen, Dr. Johannson offiziell mit der Leitung seiner Güter zu beauftragen, um Gustav soweit es ging etwas auszubremsen.

Graf Gundifels kämpfte nun bereits zwei Jahre in diesem unseligen Krieg. Die Nachrichten, die er von zu Hause erhielt, waren sehr beunruhigend. Gustav hatte den Verwalter kaltgestellt. Er schien ziemlich despotisch über die Familien und die Angestellten zu herrschen. Seine Frau hatte sich offenbar aus Angst vor ihrem eigenen Sohn hauptsächlich in ihre Gemächer zurückgezogen. Einzig Veronika schien sich Gustav zu widersetzen, was oft zu heftigem Streit zwischen den beiden führte.

Der Graf lag mit seinem Regiment vor Ingolstadt. Sie hatten einen dichten Belagerungsring um die Stadt gezogen. Die Verteidiger innerhalb der Stadtmauern wehrten sich verzweifelt. Sollte Ingolstadt fallen, wäre der Weg nach München frei. Graf Gundifels wurde mit einem Stoßtrupp die Donau abwärts in Richtung Regensburg geschickt. So kamen sie zu einem Benediktinerkloster namens Weltenburg. Das Kloster war malerisch am rechten Ufer der Donau gelegen, unterhalb von steil ansteigenden, bewaldeten Hängen. Am gegenüberliegenden Ufer begannen bereits die schroffen Felsen des Donaudurchbruchs. Als Graf Gundifels mit seinen Soldaten zum Kloster kam, war er begeistert von der herrlichen Lage dieser Gebäude und der wunderschönen Natur ringsherum. Irgendwie war er so fasziniert von dieser wunderbaren Umgebung, dass er einen Augenblick lang die übliche Vorsicht vergaß. Er ging auf das Kloster zu, ohne zuvor die umliegenden Hänge von seinen Soldaten auf versteckte Fallen durchsuchen zu lassen. Diese Nachlässigkeit sollte sich als verhängnisvoll herausstellen. Kaum war der Graf mit seinen Soldaten in den Klosterbereich eingerückt, als sie von der Kirche heraus mit Pfeilen beschossen wurden. Der Graf gab den Befehl zum Rückzug, als ein Stoßtrupp bayrischer Soldaten an der Engstelle zwischen Donau und den Felswänden heranrückte und ihnen den Rückweg versperrte. Von den bewaldeten Hängen herab hagelte es ebenfalls Pfeile, so dass sie von drei Seiten umzingelt waren, wobei nur der Weg zur Donau noch offenstand. Die schwedischen Soldaten verbarrikadierten sich zwischen herumstehenden Tischen und Stühlen und schossen ihrerseits in alle Richtungen, wobei nur der Stoßtrupp am Eingang des Tals für sie sichtbar war. Doch dann brach ein furchtbarer Lärm los. Die Soldaten stürmten mit furchtbarem Gebrüll von den Hängen herab. Die Kirchentür öffnete sich. Heraus kamen mindestens 20 weitere Soldaten, die sofort auf die Schweden zustürmten. Diese zogen sich vor der Übermacht in Richtung Donau zurück. Viele von ihnen waren bereits gefallen. Als die bayrischen Truppen nachrückten, sprangen viele Schweden in die Donau, um sich ans andere Ufer zu retten. Graf Gundifels kämpfte voller Verzweiflung. Doch zuletzt sah auch er nur noch den Ausweg in den Fluss. Kaum war er ins Wasser gesprungen, wobei die Temperatur im Sommer ganz angenehm war, als ihn auch schon die Strömung mit sich fortriss. Er versuchte sich verzweifelt gegen die vielen Wirbel, die ihn nach unten ziehen wollten, über Wasser zu halten. Trotz der massiven Strömung bemühte er sich, vom Ufer weg in die Mitte des Stromes zu schwimmen, um den Pfeilen der bayrischen Soldaten zu entgehen. Die Strömung riss ihn weit hinein in den Durchbruch mit sich fort. Er war bereits auf der gegenüberliegenden Seite des Stroms, als plötzlich eine schroffe Felswand vor ihm auftauchte. Obwohl er verzweifelt versuchte, daran vorbeizukommen, trieb ihn das Wasser voll auf die Felswand zu. Die Gewalt des Wassers war so groß, dass es ihm nicht möglich war, sich um die Wand herum zu bewegen. In seiner Verzweiflung bemühte er sich, die Felswand senkrecht hochzuklettern, was ihm erstaunlicherweise ganz gut gelang. Er war ungefähr in der Mitte des Felsens angekommen, als ein bayrischer Soldat vom anderen Ufer einen Pfeil auf ihn abschoss, der seinen Thorax durchbohrte. Graf Gundifels schrie laut auf. Seine Hände lösten sich vom Felsen. Er stürzte in die Tiefe und versank in der Donau. Nur wenige seiner Soldaten überlebten und brachten die Nachricht vom Tod ihres Befehlshabers zurück in ihr Heerlager.

An dem Felsen, an dem Graf Gundifels starb, war auch ich einmal Jahrhunderte später in einer großen Notlage. Zu der Zeit, als Olga ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin in Bad Abbach absolvierte, gingen wir oft im Donaudurchbruch spazieren. An warmen Sommertagen stiegen wir auch öfter hinab zum Fluss, um an dem Sandstrand, zu dem normalerweise nur Kajakfahrer gelangen, zu baden. Trotz des Schildes „Baden verboten – Lebensgefahr“, ließ ich mich einmal auf den Felsen zutreiben, um zu sehen, wie ich wieder davon wegkommen könnte. Ich dachte, man könnte um den Felsen herumkommen. Die Wucht des Wassers ist aber so groß, dass ich keine Chance dazu hatte. Die einzige Möglichkeit, aus dieser Notlage zu entkommen, war, den Felsen hochzuklettern. Genauso muss es damals Graf Gundifels ergangen sein. Er konnte nur hochklettern, um dem Fluss zu entkommen. In dem Augenblick, als er aus dem Wasser herauskam, bot er natürlich eine gute Zielscheibe für Bogenschützen. Da auf mich damals kein Schütze wartete, um mich mit seinen Pfeilen zu töten, habe ich die letzten 30 Jahre, die diese Ereignisse bereits wieder her sind, überlebt, wohingegen Graf Gundifels in den Fluten der Donau verschwand.

Erwähnen sollte man noch, dass Graf Gundifels einen Adjutanten namens Sebastian hatte, der versucht hatte, ihn zu beschützen. Sebastian stammte aus Magdeburg. Er hatte sich freiwillig der schwedischen Armee angeschlossen, um gegen die Bayern zu ziehen, nachdem das bayrische Heer unter seinem Feldherrn Tilly seine Vaterstadt zerstört und geplündert hatte. Seine Eltern und sein Bruder wurden dabei brutal ermordet, seine neunjährige Schwester entführt. Er selbst war damals zwölf Jahre alt. Bei einer Pflegefamilie hatte Sebastian das Schmiedehandwerk gelernt. Mit 20 Jahren schloss er sich den Schweden an, um gegen die Bayern zu kämpfen und nach seiner vermissten Schwester zu suchen, wobei er nicht einmal wusste, ob sie noch lebte. Nach anfänglichen Sprachproblemen hat Sebastian relativ rasch gut Schwedisch zu sprechen gelernt. Seinem Vorgesetzten, Graf Gundifels, schien er zu gefallen, weshalb dieser ihn zu seinem persönlichen Diener und Adjutanten gemacht hatte. Als sie bei Weltenburg in den Hinterhalt der Bayern geraten waren, versuchte Sebastian Tische und Stühle vor seinem Herrn aufzubauen, um ihn vor den feindlichen Pfeilen zu schützen. Nachdem die Übermacht der Feinde zu groß geworden war, folgte Sebastian seinem Herrn in Richtung Donau. Er trug dabei eine umgestürzte Sitzbank hinter sich her, um die feindlichen Pfeile abzufangen. Als der Graf in den Fluss gesprungen war, folgte ihm Sebastian dorthin nach. Sebastian sah Graf Gundifels den Felsen hochklettern. Er musste mitansehen, wie der Pfeil seinen Brustkorb durchbohrte und er in die Donau stürzte. Sebastian versuchte, die Hand des Grafen zu fassen und ihn hinter dem Felsen ans gegenüberliegende Ufer zu zerren. Durch den Felsen waren sie vor den Blicken der Feinde geschützt. Sebastian entfernte den Pfeil und versuchte, die Wunde zu verbinden. Sterbend flüsterte ihm der Graf noch etwas ins Ohr, bevor seine Augen für immer erstarrten.

DIE GEFANGENNAHME