Die ontologische Grammatik der Metaphysik und Seinsphilosophie. - Stefan Ernst Eugen Fruth - E-Book

Die ontologische Grammatik der Metaphysik und Seinsphilosophie. E-Book

Stefan Ernst Eugen Fruth

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Beschreibung

Edith Stein hat die Tradition der Ontologie und Metaphysik bei Platon, Aristoteles, Augustinus und Thomas von Aquin phänomenologisch studiert, interpretiert und im Geist des Karmels neu ausgedrückt und sich damit in eine Linie mit diesen größten Denkern des Abendlandes gesetzt. Der Sinn dieser vorliegenden Arbeit ist eine Kostprobe und eine kleine Einführung in ihr epochales philosophisches Werk.

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Christum ducem, qui per crucem nos redemit ab hostibus, laudet cantus noster laetus, exsultet coelum laudibus.

(Hl. Bonaventura, Hymnus Christum ducem)

INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT

EINLEITUNG

Der Mensch und sein Vermögen

Gott und der Gott-Mensch Jesus Christus

Welt oder “Welt”

SCHLUSS

VORWORT

Die modernen Naturwissenschaften bedienen sich einer exakten Begrifflichkeit. Dabei sind sie in ihrer Terminologie und Geschichte mit der Philosophie eng verknüpft. Namen wie Aristoteles oder Descartes sind auch für das heutige naturwissenschaftliche Denken prägend.

Grundlegend für die Naturwissenschaft ist seit ihrem Beginn die Mathematik als Leitwissenschaft. Diese stößt aber gerade in unserer Zeit an ihre Grenzen, beispielsweise im Phänomen der Irrationalität von Zahlen oder auch im Bereich der erst jüngst entdeckten quantenphysikalischen Phänomene: beginnend mit der Relativitätstheorie von Einstein, welche die herkömmlichen Vorstellungen von Zeit und Raum, wie sie die klassische Physik lehrte und definierte, sprengt.

Also ist auch für die Denkweise der Physik eine Auseinandersetzung mit ihren begrifflichen Grundlagen notwendig .

Diese begrifflichen Grundlagen stehen bei der exakten Erörterung auch von sozusagen rein weltlichen Phänomenen im Hintergrund, wie z.B. desjenigen vom Phänomen eines Quants: als Teilchen oder als Welle betrachtet.

Gerade an diesem Beispiel der Quantenphysik zeigt sich sehr deutlich wie auch die Naturwissenschaft nicht umhin kann, mit Begriffen menschlicher Natur zu operieren bzw. zu philosophieren.

Eine bedeutende Strömung in der Geschichte der zeitgenössischen Philosophie ist die Phänomenologie, als deren Begründer der Mathematiker Edmund Husserl gilt, der auch ein Schüler des Theologen Franz Brentano war.

In der Tradition der Husserl-Schule steht der Name von Martin Heidegger, der in seinem Hauptwerk “ Sein und Zeit” eine Grundlegung der philosophischen Fundamentalontologie versucht hat; weiters Husserls langjährige Assistentin Edith Stein, welche als geborene deutsche Jüdin zum katholischen Glauben konvertierte und später in den Orden der Karmelitinnen eintrat.

In ihrem Hauptwerk “Endliches und ewiges Sein”1 versuchte sie im Auftrag ihrer Oberen nach dem Ende ihrer wissenschaftlichen Karriere eine fundamentale Diskussion philosophischer Grundbegriffe im besonderen Rückgriff auf die Tradition, als deren herausragende Vertreter ihr besonders Aristoteles und Thomas von Aquin gelten.

In diesem Hauptwerk der Philosophie geht es Edith Stein besonders um die begrifflichen Fundamente des Denkens: z.B. was mit dem Wort "Wesen" eigentlich ausgedrückt wird.

Dabei ist es die Besonderheit dieses Werkes, dass sich eine Synthese von phänomenologischem, philosophischem und theologischem Denken ergibt.

Aufgabe meiner hier vorliegenden Arbeit ist es, diesem epochalen Werk nachzuspüren und in hoffentlich verständlicher Weise den philosophischen Grundbegriffen wie z.B.: Ganzes und Teil; Sein und Nichts; Wesen und Werden; Natur und Geist, so wie sie Edith Stein darlegt, nachzugehen.

Hinter diesem Vorhaben steht die Überzeugung, dass damit eine wichtige Grundlage zu finden ist, die sich nicht nur auf die Sprache des Menschen auswirkt, sondern auf seine ganze Sicht der Welt und ihrer Phänomene.

Das philosophisch wie auch theologisch herausragende Hauptwerk Edith Steins - der katholischen Patronin Europas - soll dazu als Leitstern dienen, denn es eignet sich in seiner methodischen Strenge und Klarheit in besonderer Weise wie kein anderes dazu.

Editorische Anmerkung: Sämtliche Zitate werden in dieser Arbeit in der aktuellen Rechtschreibung und die altgriechischen Vokabel in lateinischer Schrift wiedergegeben. Das Hauptwerk Edith Steins wird mit der Sigle ES abgekürzt. Auf eine Literaturliste wird bewusst verzichtet, denn das Hauptwerk “ Endliches und ewiges Sein” soll als Quelle und Nachweis der Überlegungen ganz im Mittelpunkt stehen; etwaige Sekundärliteratur wird nur kurz herangezogen und bei Bedarf in den Fußnoten vermerkt.

Das Werk Edith Steins in seiner ganzen Breite und Referenz, seine Abhängigkeiten von bestimmten Autoren der Tradition, etwa von Husserl oder Heidegger, sind nicht Gegenstand dieser, sondern anderer - noch ausstehender und zu leistender - Forschungsarbeiten.

Ziel und Quelle der folgenden Überlegungen ist das Hauptwerk ES, das noch weitgehend nicht rezipiert, geschweige denn verstanden worden ist.

1 Edith Stein, Endliches und ewiges Sein. Versuch eines Aufstiegs zum Sinn des Seins, GA 1 1/12. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2 006. Im Folgenden abgekürzt und zitiert mit der Sigle: ES.

EINLEITUNG

Es sollen also hier im Folgenden die Grundbegriffe hergeleitet werden, aus denen sich eine Wissenschaft zusammensetzt. Dabei bleibt zu beachten, dass man gezwungenermaßen und der gesamten Europäischen Tradition folgend, einen inneren und einen äußeren Aspekt unterscheiden muss. Dieser Umstand ergibt sich aus der wahrnehmbaren Unterschiedenheit von Mensch und Umwelt (bzw. “Welt”) .

Welt ist immer etwas, was angeschaut, erlebt und besprochen wird, vom Standpunkt des Menschen aus. Die Abstraktion in eine mathematisch greifbare, messbare und beherrschbare Struktur ist immer sekundär; dieses Faktum bleibt bestehen, auch wenn größtmögliche Objektivität des Blicks auf die Gegebenheiten angestrebt wird.

Deshalb wird auch manchmal von der Demut des Wissenschaftlers gesprochen, dessen Erkenntnisse nie stehen bleiben und sich auch entscheidend ändern können.

So wird Objektivität selbst zu einer Frage. Was ist ein Objekt eigentlich? Gibt es ein Objekt ohne das es konstituierende Subjekt? Muss es aber nicht einfach eine Welt, also zuerst “Etwas” geben, das dann in weiterer Folge erforscht werden kann?

Und weiters: Wie erklären wir uns die Existenz psychischer Phänomene, von Gefühlen und Emotionen? Sind sie “real”? Oder ist real nur, was man mit den Augen sieht und mit der Hand greifen kann?

Dazu gibt es verschiedene methodische Ansätze und Fragestellungen. Hier in der vorliegenden Arbeit wird ein dezidiert philosophischer Standpunkt vertreten, der sich sicherlich von der Wissenschaft zB zum Zweck des Baus einer Straße oder eines Quantencomputers stark unterscheidet. Es wird hier auch nicht eine Untersuchung zB des medizinischen Phänomens einer Krankheit oder zB eines juristischen Streitfalls bei einer Verkehrsüberschreitung vorgenmommen. Somit ist nach der hier vertretenen Meinung - aus der Tradition der Philosophie stammend - der Standpunkt notgedrungen meta-physisch und zeigt so schon eine Tendenz und Verwandtschaft zur Theologie, in deren Zentrum der ‘Begriff des “Geistes” an und für sich steht.

Auch aus diesem Grund scheint das hier besonders fokussierte und besprochene Werk “Endliches und ewiges Sein” von Edith Stein besonders geeignet zu sein, denn dieses hebt sich in seiner gesamten Problematik und Fragestellung äußerst deutlich von anderen literarischen Produkten - wie es ein Roman, ein Theaterstück, ein Märchen, eine Sage, eine Legende, oder im weiteren Sinn einfach ein Text sein kann: ein Zeitungsartikel, ein Werbeplakat, ein politisches Manifest, eine ärztliche Diagnose, ein Rechtsgutachten, der Bericht eines Gebäude-Statikers, der Bescheid vom örtlichen Magistrat oder auch ein religiöses Gebet - ab .

Es gibt nämlich nur wenige grundlegende und auch offiziell anerkannte Werke der Philosophie, auch wenn es unzählige Meinungen und Ansätze gibt, und das hier herangezogene ist dasjenige der Schülerin und Assistentin des berühmten Phänomenologen Husserl; der von der katholischen Kirche heilig gesprochenen Patronin Europas, geschrieben im 20. Jahrhundert kurz vor Ende des zweiten Weltkriegs.

1. Der Mensch und sein Vermögen

Die abendländische Tradition, aus der unsere Autorin Edith Stein schöpft, besagt, dass der Mensch ein compositum, eine Zwei-Einheit aus einem vergänglichen Leib und einer den Körper überdauernden (unsterblichen) Seele ist.

Edith Stein schreibt dazu am Ende ihres Werkes ES 440/1: "es liegt im Wesen des Menschen, dass jeder einzelne und das ganze Geschlecht das, wozu es seiner Natur nach bestimmt ist, erst in einer zeitlichen Entfaltung werden muss, und dass diese Entfaltung an das freie Mitwirken jedes Einzelnen und das Zusammenwirken aller gebunden ist. Es ist in der Verderbnis der Natur nach dem Sündenfall begründet, dass eine reine Entfaltung und ein reines Wirken des Willens in ihrem Sinn erst durch die Erlösungsgnade ermöglicht wird. Sie bahnt darüber hinaus die Erfüllung dessen an, worauf das natürliche menschliche Sein ursprünglich hingeordnet war: den Anteil am göttlichen Leben in der freien persönlichen Hingabe. Die in und durch Christus geeinte erlöste Menschheit ist der Tempel, in dem die dreifaltige Gottheit wohnt.

Jeder Mensch "sollte der Stellvertreter Christi als Haupt der Menschen sein" ES 438. "In ihm war das ganze Artwesen der Menschheit voll verwirklicht, nicht nur einem Teilbestand nach wie in den anderen Menschen. Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen" ES 438. "Gott schuf den Menschen nach dem Bilde, dass er selbst einst in eigener Person verwirklichen wollte" ES 439. In der Vereinigung der menschlichen und der göttlichen Person "begegnen sich freie Herablassung Gottes und frei sich erhebende Hingabe des Menschen". (Ebda).

Weil nach der Ursünde Adams der menschliche Wille geschwächt ist, hat Gott in seiner Gnade seinen göttlichen Sohn das menschliche Fleisch "annehmen" lassen. Nach dem Strafgericht über Adam und Eva, die im Paradies vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse gegessen hatten, ist so der Ruf der Gnade als wiederhergestellte Einigung mit dem Guten ergangen, welcher eine bereitwillige Zustimmung von jedem Menschen fordert.

Christus schenkt die Erlösung von der Sünde und die Auferstehung vom Tod, er schenkt das Gnadenleben, er schenkt Gott selbst, er schenkt sich selbst.

Nur der Mensch Jesus Christus konnte Gott die Genugtuung für die Sünden der Stammväter leisten und die Menschen als seine Kinder zum himmlischen Vater zurückführen. Christus ist selbst ein Geschenk und eine Gabe Gottes, die Erlösung und die Gnade sind ein Werk des Vaters und des Sohnes gemeinsam. Ohne Christus kann man nicht zu Gott zurückfinden.

Die geforderte Hingabe an Gott, wie Christus sie exemplarisch vorlebte, bedeutet laut Edith Stein "Erkenntnis Liebe und Dienst" ES 424. Gott hat sich nämlich "in jeder Menschenseele" eine eigene "Wohnung geschaffen" ES 4 23 .

Dergestalt verbindet sich die Naturordnung des Menschen mit der göttlichen Gnadenordnung.

Diese hebt die freie persönliche Entscheidung des Menschen nicht auf, auch wenn die Seele des Menschen zum ewigen Leben "berufen" ist und das heißt: berufen zur Vereinigung mit Gott und zum ewigen Leben. Dies ist das göttliche Siegel in der menschlichen Natur.

In diesem seinem Personsein verwirklicht der Mensch die ewige göttliche Berufung von Gott her.

In Analogie zur göttlichen Dreifaltigkeit von Vater, Sohn und heiligem Geist existiert im Menschen eine Drei-Einheit von Denken, Fühlen und Wollen, die sich in Erkenntnis, Liebe und Dienst ausdrücken soll.

Bernhard Augustin beschreibt in seiner Dissertation2 den Aufbau der menschlichen Person nach Edith Stein, den Darlegungen Edith Steins folgend, dass das Bewusstsein "nicht nur ein kausal bedingtes Geschehen, sondern zugleich objektkonstituierend " ist (Augustin, Seite →).

Der Geist des Menschen bedeutet Kraft und Leben. Er kann sich bis zur Freude und zum inneren Frieden steigern, sodass, wie B. Augustin sagt, "Gott selbst bei einer Begegnung zur Kraftquelle der Psyche wird" (Ebda. 98).

Es gibt beim Menschen also nicht nur einen inneren und einen äußeren Aspekt, sondern auch innere und äußere Handlungen, eine Physis und eine Psyche. Diese philosophische Sichtweise eröffnet einen Zugang zum Sein der Person, welcher sich vom Sein der Dinge fundamental unterscheidet.

Es geht unserer Autorin Edith Stein aber nicht um die Konstitutionsweise von Bewusstseinsinhalten im Sinne Husserls, und auch nicht um das bloße Existieren in einer vorgegebenen Welt im Sinne Heideggers, sondern um das leiblich-seelische Sein der Person in seiner von Vernunft geprägten und "erlösungsrelevanten Eigenart" (Augustin, Ebda. Seite →). Der Mensch ist mehr als ein materieller Körper, und er ist auch anders als ein körperloser Geist. Er ist eine Person bestehend aus einem Leib und einer Seele. Es geht unserer Autorin darum, das Phänomen Mensch in seiner echten Konkretheit aufzuzeigen und weniger darum, es exakt und endgültig festzustellen oder final zu analysieren. Wie B. Augustin, auf Seite →, meint ist "die Philosophie als Phänomenologie für Stein eine Einstellung, eine Haltung, die nicht nur intellektuelle, sondern auch moralische Implikationen in sich birgt".

Philosophische Wissenschaft ist so "eine persönliche Anstrengung um Reinigung des Geistes" (Augustin 113). Sie ist ein Aufruf zur metanoia, zur Umkehr des Denkens, also zum göttlichen Wesen hin. Es geht ihr um das Verständnis des göttlichen Wesens selbst und um das adäquate Verhalten ihm gegenüber.

Ein geistiges Subjekt hat ein das Objekt konstituierende Bewusstsein. Menschlicher Geist ist gekennzeichnet durch das Verstehen, ein geistiges Element. Formen des Verstehens, dem die allgemeine Erfahrung vorhergeht, sind das Erkennen, das Fühlen und das Wollen als geistige Tätigkeiten. Auch die sinnlichen Tätigkeiten, die Sinne sind letztendlich etwas Geistiges, etwas geistig und damit immateriell fundiertes.

Zu einem Objekt gehört seine leibhaftige Gegebenheit, die - in intentionaler Weise -, ins Bewusstsein eindringt. Dabei ist nicht nur der reale Aspekt der Objekthaftigkeit eines Gegenstandes in seiner Gegenständlichkeit ausschlaggebend und interessant, sondern auch der sich einstellende menschliche, ethische Aspekt, der moralische Implikationen hat.

Ein Ereignis kann ein Erlebnis darstellen, auf das ein Mensch mit Erinnerung, Erwartung oder Fantasie reagiert. In diesem Sinn setzt das Bewusstsein, wie etwa Hegel es sah, die Wirklichkeit, ja es produziert sogar die Wirklichkeit, wie Fichte meinte.

Auch für Aristoteles ist der Erkenntnis-Vorgang ein Akt, vielmehr ein steter Übergang von Akt zu Akt, ein immanenter bzw. vollkommener Akt, bei dem sich Transitivität und Intransitivität, energeia und kinesis, gegenüberstehen. Das Wahrnehmen selbst ist ein Fortschreiten von Akt zu Akt, indem dingliche Einheiten als geformte wahrgenommen werden. Quelle dieses Erlebens von Gegenständlichkeit und seiner Erfassung, seiner Vergegenständlichung, ist die Erfahrung. Ein Ding oder ein Zustand kann erfasst, wahrgenommen , erwartet oder erinnert werden. Es ist dies eine sich in Iteration betätigende Erkenntnis-Beziehung, ein geistiges Aufnehmen des Seienden, z.b. im Fühlen und im Wollen. Diese sind geistige Akte, in denen etwas irgendwie empfunden oder erfasst wird.

In diesem Erfassen bzw. Erleben realisiert sich die Idee des Wahren und Guten. Auch das Phänomen der Schönheit ist nicht durch reine psychische Kausalität zu erklären, sondern hat Wert-Qualität.

Mehr noch: das Wahre Gute und Schöne sind notwendige Eigenschaften eines Seienden und sogar ihr eigentliches Sein.

Im praktischen Handeln drückt sich dies in der Werte-Dimension des Könnens und des Sollens aus, in denen sich der menschliche Wille betätigt.

Wesenhaftigkeit und Wirklichkeit sind ineinander verschränkt. Möglichkeit und Wirklichkeit stehen in Wechselbeziehung, wie auch Potentialität und Aktualität. Äußeres und inneres Sein verweist auf ein erstes Sein: auf das göttliche. Im Gegensatz zum menschlichen ist dieses dauerhaft und ewig und nicht begrenzt. Im Gegensatz dazu ist das menschliche, das sogenannte endliche Sein teils potenziell, teils aktuell. Es hat sein eigenes Maß.

Auch dies ist mit dem Wort vom Wesen des Geschöpfes gemeint. Das menschliche Sein ist zeitlich - aber nicht nur zeitlich - verfasst, es untersteht nicht zur Gänze nur der Natur-Gesetzlichkeit, sondern es besitzt eben auch in bestimmter Art und Weise die Form des Geistes, wie dieser sich in den Tätigkeiten und Vermögen der Seele: Vernunft, Verstand und Willen, ausdrückt. Jeder Mensch hat als Person eine geistige Prägung. Er ist eben nicht nur ein Körper, der animalisch oder vegetativ lebendig ist , sondern in gewisser Weise auch ein geistiges Wesen.

Der christlichen Tradition zufolge ist die Seele die forma substantialis des Leibes.

Also hat der Mensch auch einen Charakter und ein Gemüt, und er hat ein inneres Seelenleben.

Dieses ist der christlichen Tradition zufolge, der sich Edith Stein anschließt, als "Kraftäußerung und Wesensausstrahlung" ein "Bild des Heiligen Geistes" selbst. (ES 392).

Der Mensch ist ein Geschöpf Gottes und nicht ein dinglicher Gegenstand in einer physikalischen Versuchsanordnung, die sich mathematisch messen ließe. Der Mensch ist freie Person mit einer Seele. Er trägt in sich eine geistige Form.

Diese Formung stammt vom göttlichen Wesen und ist diesem, bei aller Unterschiedlichkeit, ähnlich.

Dies ist das spezifisch Menschliche im Unterschied zu Pflanzen und Tieren.

Dieses spezifisch Menschliche ist also das Vermögen der Vernunft. Eben dieses Vermögen der Vernunft ist die Grundlage der menschlichen Freiheit und der Fähigkeit sich zwischen Gut und Böse zu entscheiden. Die Seele ist das Lebensprinzip des Menschen und prägt seine Charakteristik. Seelisches Leben hat einen Habitus und eine Potentialität, welche sich in den Akten äußern. So gesehen ist der menschliche Leib ein Ausdruck seiner geistig-persönlichen Seele. Der Leib ist geradezu ein "Werkzeug der Seele", wie es bei Edith Stein öfter heißt.

Die Teile der Seele sind der Verstand, das Gedächtnis und das Streben in seiner leib-seelischen Einheit. Daneben besitzt der Mensch Instinkte wie ein Tier und Regungen und Betätigungen wie eine Pflanze auch. Er ist aber darüber hinaus auch fähig nicht nur zur sinnlichen Erkenntnis, sondern auch zur geistigen Erkenntnis, und damit stellt der Mensch als Phänomen eine Synthese von dem niederen und dem höheren Sein dar.

Die Vermögen der Seele sind also eine Kraft, eine Anlage, eine Potenz, eine Fähigkeit. Hierher gehört auch das Phänomen der Willenskraft, der freie Wille.

Die Geist-Natur des Menschen zeigt sich im Erkennen und im Wollen, in der Vernunft und der Freiheit, in der Richtung auf das Gute und die Wahrheit, in der Verantwortung des Menschen als persönliches Wesen. In dieser Dimension begegnen auch Mit-Menschen nicht als reine Körper, sondern eben in gewisser Weise auch als geistige Wesen.

Die physikalische Welt der Dinge ist nicht getrennt von der Welt des Bewusstseins zu sehen. Mehr noch: es gibt auch eine Reflexion über die Wahrnehmung selbst, über dieses Etwas, das ein dingliches und leibhaftiges Sein bzw. Seiendes ist.

Es gibt auch eine Wertewelt, zu der etwa der religiöse Glaube gehört.

So zeigt sich in der Konstitution von "Welt" nicht nur Kausalität nach dem logischen Satz vom Grund und dem vom Widerspruch, sondern auch die Freiheit der Persönlichkeit des Menschen, beispielsweise in den geistigen Akten des Erkennens, Denkens und Schließens. Dank dieser Vernunft-Gesetzlichkeit sind Urteile über richtig und falsch möglich. So konstituiert sich der Sinn einer Sache. So entsteht auch das Sollen.

Handlungen sind richtig oder falsch, Taten gut oder böse, der Mensch sündig oder heilig.

Alle körperlich Seienden bestehen aus Form und Materie. Gott ist nicht körperlich. Bei ihm sind Form und Materie nicht getrennt, sondern in anderer Weise zu verstehen. Beim Menschen gibt es den Unterschied zwischen Leib und Seele.

Menschliches Sein ist nicht nur "raumfüllend", nicht nur Stoff, im Gegensatz zur Form, es ist nicht nur kausal strukturiert, sondern besitzt Freiheit und Geist, also selbst eine inspirierte Schöpferkraft.