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Alle reden von der Digitalisierung und wie schwer man sich hierzulande damit tut. Doch über den wahren Grund für das Zaudern beim Aufbruch ins Neuland redet man nicht: Zahllose Unternehmen bleiben einem Organisationsmodell verhaftet, das aus dem tiefsten letzten Jahrhundert stammt. Tatsächlich geht es ja gar nicht um die Digitalisierung per se, sondern um die bahnbrechend neuen Geschäftsideen, die durch sie machbar werden. Und dazu braucht es eine passende organisationale Struktur. Ein Company Redesign ist unumgänglich, um mit unserer Hochgeschwindigkeitszukunft Schritt halten zu können. Hier setzt das von Anne M. Schüller und Alex T. Steffen entwickelte Orbit-Modell an. Es propagiert den Übergang von einer aus der Zeit gefallenen pyramidalen zu einer zukunftsweisenden zirkulären Unternehmensorganisation. In neun Schritten zeigt es den Weg von einer auf Effizienz getrimmten Arbeitswelt zu einer lebendigen Innovationskultur, die sich adaptiv, antizipativ und agil auf die Erfordernisse der neuen Zeit einstellen kann. Kundenzentrierung spielt dabei eine herausragende Rolle. Sie wird zur Nummer eins der künftigen Unternehmensaufgaben. Wer durchstarten will, braucht nicht nur neue Führungskonzepte. Er muss sich auch radikal auf die Seite des Kunden schlagen. So stellen die Autoren mit ihrem Orbit-Modell das erste Organisationsmodell vor, das den Kunden tatsächlich in den Mittelpunkt stellt. Es ist zudem das erste Modell, das die zunehmend notwendigen Brückenbauer-Rollen gezielt integriert. Denn Transformation bedeutet immer auch Transition, also Übergang. Hierfür werden Menschen gebraucht, die Wege ins Neuland ebnen und Verbindungen schaffen zwischen Drinnen und Draußen sowie zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz. Mit klugen Gedanken, frischen Ideen und vielen Beispielen beschreiben Schüller und Steffen kenntnisreich und praxisorientiert die positiven Effekte, die ihr Modell auf sämtliche Unternehmensbereiche hat. Damit ist den Autoren eine umfassende Gebrauchsanleitung gelungen, mit deren Hilfe die nötigen Veränderungsmaßnahmen zügig zu schaffen sind. Das Ergebnis? Eine Organisation, die für die digitale Zukunft hervorragend aufgestellt ist: zugleich hochrentierlich – und zutiefst human.
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Anne M. Schüller · Alex T. Steffen
In 9 Schritten zum Unternehmensmodellfür die digitale Zukunft
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-899-3ISBN epub: 978-3-95623-828-4
Lektorat: Eva Gößwein, Berlin | www.textstudio-goesswein.deUmschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.deGrafik des Orbit-Modells: ReisserdesignWeitere Grafiken: Anne M. Schüller / Alex T. SteffenAutorenfoto Anne M. Schüller: privatAutorenfoto Alex T. Steffen: Danylo TorbovskyiSatz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de
© 2019 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book baisert auf dem 2019 erschienenen Buchtitle “Die Orbit-Organisation” von Anne M. Schüller und Alex T. Steffen, ©2019 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.
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Intro: Neue Zeiten brauchen ein neues Organisationsmodell
Der wahre Bremsklotz: Die traditionelle Unternehmensstruktur
Die Next Economy: Der Wandel als Dauerzustand
Customer first: Was Kundenzentrierung wirklich bedeutet
Company-Redesign: Aufbruch in die Erneuerung
Die Orbit-Organisation: Unternehmensmodell für die digitale Zukunft
Zukunft voraus: Next Economy und Next Organisation
Himmel oder Hölle? Die Verschmelzung von KI und MI
Das Nonplusultra: Dezentrale Intelligenz und die Weisheit der Vielen
Der Unterschied zwischen Book-Smarts und Street-Smarts
Disruption oder Selbstdisruption? Sie haben die Wahl
Hoffnungslos veraltet: Die Pyramidenorganisation
Old School: Wie klassische Organisationen funktionieren
Die Auswirkungen veralteter Management-Mindsets
Was zwischen Old School und New School zeitlich geschah
Komplex: Was in vernetzten Systemen passiert
New School: Die Architektur von Jungunternehmen
Neue Mindsets: Die Kultur von Jungunternehmen
Neue Geschäftsmodelle: Von Game-Changern gemacht
Was Etablierte von Jungunternehmen lernen können
Ambidextrie: Wie sich das Sowohl-als-auch manifestiert
Den Umbau lostreten: Wege in die Transformation
1.Das Aktionsfeld Purpose
Der Unterschied zwischen Leitbild und Purpose
Der Purpose im Mittelpunkt einer Organisation
Der Purpose mit Blick auf die Kunden
Dem Kundenpurpose auf der Spur
Wie Emotionen den Kundenpurpose beflügeln
Der Purpose mit Blick auf die Mitarbeiter
2.Das Aktionsfeld Kunde
Hyperrelevanz: So erzeugt man magische Anziehungskraft
Hyperrelevanz funktioniert im B2C – und auch im B2B
Der entscheidende Punkt: Was Kunden wirklich wollen
Customer-Obsession: Vom Kunden her denken und handeln
Der Kaufprozess der Kunden von heute und morgen
Die Wasserloch-Strategie zieht Kunden wie magisch an
Die Zweiklassengesellschaft in Unternehmen
Vom aggressiven Vertrieb zum assistierenden Verkaufen
Touchpoints: Die »Momente der Wahrheit« gestalten
EPOMS: Wie sich Touchpoints klassifizieren lassen
Buyer-Personas: Das neue Zielgruppenkonzept
Vergessen Sie ABC: Buyer-Personas im B2B
Die Customer-Journey im Konsumentengeschäft
In sieben Schritten zur Customer-Journey
Die Buyer-Journeys im Geschäftskundenbereich
3.Das Aktionsfeld der kundenfokussierten Brückenbauer
Fehlentwicklungen in Bezug auf den Kunden
Abteilungsdenke ist aus Kundensicht tödlich
Der Kundenadvokat und seine Kernaufgaben
Kundeninteressenvertreter über Abteilungsgrenzen hinweg
Stellung und Profil eines Customer-Touchpoint-Managers
Touchpoint-Aktion im B2C: Hochzeit auf der Kreuzfahrt
Touchpoint-Aktion im B2B: Angebotsoptimierung bei Rittal
4.Das Aktionsfeld der Mitarbeiter
Angst ist der größte Killer von Leistung und Fortschritt
Die neue Workforce: Mitarbeiter statt Abarbeiter
Die Geschichte von der Ampel und dem Kreisverkehr
Die alte Arbeitswelt: Offiziell und inoffiziell
Selbstorganisation: Was dabei wesentlich ist
Auch Selbstorganisation braucht Rahmenbedingungen
Die sechs wichtigsten Zutaten für Selbstorganisation
Level 1, 2 und 3: Die Stadien der Selbstorganisation
Gelungene Beispiele von Selbstorganisation
Wie man Veränderungsbereitschaft erzeugt – und wie nicht
Workhacks: Permanente Veränderung in kleinen Schritten
5.Das Aktionsfeld der mitarbeiterfokussierten Brückenbauer
Wie man Verbundenheit unternehmensweit fördert
Eine Vielfalt von internen Brückenbauer-Rollen entsteht
Der Culture-Manager: Klimamacher und Kulturoptimierer
Der interne Touchpoint-Manager: Bindeglied zwischen Mitarbeitern und Organisation
Der Chief Agility Officer: Ein Business-Facilitator
Kollaborative Arbeitstools: Als verbindende Elemente sehr wertvoll
Kollaborative Arbeitslandschaften sind Vernetzer par excellence
6.Das Aktionsfeld der Führungskräfte
Die Next Economy benötigt Menschenspezialisten
Führung braucht es auch weiterhin, aber ganz anders
Von der Abteilungs- zur Prozessorganisation
Wie Entscheidungen getroffen werden: Gestern und heute
Wie man die Entscheidungsgüte verbessert
Wie man die Entscheidungsgeschwindigkeit erhöht
Rollen statt Stellen, Funktionen statt Positionen
Die alte und die neue Projektarbeit
Karrierewege: Leiter oder Kletterwand?
Zielsysteme überdenken: OKR statt MbO
Was schlechte Vergütungssysteme anrichten können
Besprechungsalternativen: Dailys und Retrospektiven
In komplexen Zeiten ein Muss: Die fehlertolerante Lernkultur
Im Überblick: Alte und neue Managementtools
7.Das Aktionsfeld der Partnerorganisationen
Innovation-Labs: Prototypen für Unternehmen der Zukunft
Inhouse-Labs: Aufgaben, Herausforderungen und Gefahren
Innovation-Lab 2.0: Die »erwachsenen« Innovationsinseln
Fünf-Punkte-Plan für Lab-Manager und solche, die es werden wollen
Die Innovation-Community als externer Innovationshelfer
Wie die Zusammenarbeit mit Start-ups gelingt
Die Ausgründung aus dem Mutterhaus
Ein anschauliches Beispiel: Ausgründung bei Möbel Schaumann
Crowdsourcing: Die Intelligenz Externer nutzen
Die Erfolgskriterien für ein gelungenes Crowdsourcing
Open Innovation: Die ganze Welt innoviert mit
8.Das Aktionsfeld der Empfehler und Influencer als Brückenbauer
Die Bedeutung des Empfehlungsmarketings wächst
Wer hat Sie denn schon mal empfohlen?
Warum werden Menschen überhaupt als Empfehler aktiv?
Wie es zu dem rasanten Aufstieg des Influencer-Marketings kam
Influencer-Typen: Geschäftsmann, Enthusiast, Gelegenheitsempfehler
Die wichtigsten Dos und Don’ts im Influencer-Marketing
Wie Sie Influencer suchen, finden und kostenfrei gewinnen
Fan-Communitys: So nutzt man Netzwerkeffekte optimal
Wie sich eine eigene Fan-Community aufbauen lässt
9.Das Aktionsfeld der Geschäftsleitung
So bringen Sie die Zukunft ins Unternehmen
Company-Redesign: Ihr Fahrplan in die Erneuerung
Ihre Umbauexperten: Das Transformationsteam
Installieren Sie Transformation-Taskforces
Wie Sie neue Geschäftseinheiten erfolgreich entwickeln
Großgruppenworkshops: Ideal für Transformationsprozesse
Erfolgsfaktor Visualisierung: Das Transformation-Canvas
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Personen- und Stichwortverzeichnis
Über die Autorin Anne M. Schüller
Über den Autor Alex T. Steffen
Das Orbit-Modell
B1 Kundenfokussierte BrückenbauerB2 Mitarbeiterfokussierte BrückenbauerB3 Empfehler / Influencer als Brückenbauer
Willkommen in der Zukunft. Die Zeitenwende ist da. Menschen, humanoide Roboter und künstliche Intelligenzen bewegen sich mit beeindruckendem Tempo aufeinander zu. Gemeinsam sind wir auf dem Weg in eine Zeit, in der alles anders sein wird als jemals zuvor. Gemeinsam sind wir auch verantwortlich dafür, dass dieser Weg ein guter wird: für den Lebensalltag der Menschen, für das eigene Unternehmen, für die Wirtschaft als Ganzes, für die Gesellschaft. Und die Weichen dafür stellen sich jetzt.
Eines ist dabei klar: Der Fortschritt lässt sich nicht am Fortschreiten hindern. Die Innovationen werden sich überschlagen. Sie kommen urplötzlich und oft aus ganz anderen Ecken als erwartet. Nichts ist mehr auf Jahre hinaus planbar. Permanente Umbrüche sind völlig normal. Von nun an wird man sich aufmachen müssen, ohne den genauen Weg schon zu kennen. »Dem Gehenden legt sich der Weg unter die Füße«, heißt es so schön.
Nichts ist mehr planbar, permanente Umbrüche werden zur Normalität.
Dies hat fundamentale Auswirkungen auf das organisationale Design eines Unternehmens. Adaptiv, antizipativ und agil muss es sein. Alle Welt redet davon, dass traditionelle Unternehmen sich nicht schnell genug digitalisieren und welche Folgen das haben wird. Doch in Wirklichkeit geht es gar nicht um die Digitalisierung per se, sondern um die bahnbrechend neuen Geschäftsideen, die durch sie ermöglicht werden. Und dazu braucht es eine passende organisationale Struktur. Digitale Expertise kann zugekauft werden. Anpassungsvermögen und Umsetzungsgeschwindigkeit hingegen lassen sich nur von innen heraus entwickeln. Dies erfordert zweierlei: eine Erneuerung der internen Strukturen und ein Vorrücken der zwischenmenschlichen Beziehungsarbeit. Denn das Konzeptionelle verknüpft sich immer mit dem Sozialen.
Künstliche Intelligenz kann die Kraft zwischenmenschlicher Beziehungen niemals ersetzen, sondern nur unterstützen. Je höher der Digitalisierungsgrad in einem Unternehmen, desto mehr Aufmerksamkeit braucht der Mensch. Hemmschwellen sinken in der Anonymität. Je mehr Fakes also im Web ihr Unwesen treiben, desto kostbarer wird Face-to-Face. Augenkontakt verändert das Verhalten der Menschen zum Guten. Viel anfänglich Begeisterndes aus dem digitalen Paralleluniversum gehört inzwischen eh schon so sehr zum Alltag, dass es wie selbstverständlich in den Hintergrund rückt. Lebensqualität schiebt sich fröhlich nach vorn. Dabei wird das Beste aus beiden Welten, also das Reale mit dem Virtuellen, nach Lust und Laune gemixt. Genau das müssen auch die Anbieter tun. Eine humanorientierte Digitalökonomie ist die Antwort.
Eine humanorientierte Digitalökonomie vereint das Beste aus zwei Welten: Menschlichkeit und Technologie.
Anbieter, die weit vorne spielen, haben zudem verstanden, dass allein die Kunden darüber entscheiden, welche Produkte und Lösungen ihr Geld wert sind – und welche nicht. »Wir müssen mit einem Kundenerlebnis beginnen und uns dann zurückarbeiten zur Technologie«, hat Steve Jobs den Unternehmen schon vor Jahren ins Stammbuch geschrieben. Wer durchstarten will, muss sich radikal auf die Seite des Kunden stellen. Alles, was nicht dem direkten Kundenwohl dient, muss konsequent abgebaut werden. Customer-Obsession1, also eine Obsession für Kundenbelange, ist bei den neuen Überfliegern der Wirtschaft fest in der DNA.
Die rasanten technologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Veränderungen zwingen die Unternehmen zum raschen Handeln. »Wir sind dran, aber das dauert«, hört man fast überall. Bei manchen ruckt es tatsächlich erfreulich. Doch viele laufen sich viel zu langsam warm. Oft genug spürt man förmlich den fehlenden Handlungswillen. Vorne wird besänftigt, vertröstet und eingelullt. Hintenherum aber wird gemauert, weil man persönlich mehr zu verlieren als zu gewinnen hat, zumindest gefühlt. Natürlich fällt der Abschied von Routinen, die früher mal funktionierten, nicht allen leicht. Er ist aber unumgänglich. Wo bleibt also der Gestaltungswille, mit dem sich die Macher im Management so gerne schmücken? Abwarten ist keine Option. Und Hoffen kein Plan. Denn »später« heißt heute nicht selten »zu spät«.
In der Digitalökonomie wird Zögerlichkeit knallhart bestraft. Warum es dann trotzdem dauert und dauert und dauert? Weil man den wahren Grund für das Zaudern beim Aufbruch ins Neuland nicht wirklich anpacken will. Es ist das ganz große Ding, die heilige Kuh: das organisationale System, der Bremsklotz Unternehmensstruktur. Die gleichen Manager2, die sich regelmäßig das neueste Smartphone nebst neuem Dienstwagen leisten, bleiben einem Organisationsmodell verhaftet, das aus dem tiefsten letzten Jahrhundert stammt. Dies hat sich bereits derart verfestigt, dass andere Konstellationen vielen als praktisch undenkbar erscheinen.
Alte Organisationen haben alte Mitarbeiter und alte Kunden. Wo das hinführt, ist klar. Arbeitsstile und Mindsets von damals waren damals goldrichtig. Doch neue Businesszeiten können nicht auf traditionelle Weise gemanagt werden. In einer Umgebung von gestern kann man nicht auf Gedanken für morgen kommen. Hohe Dynamik kann nicht durch starre Prozesse entstehen. Exponentielle Entwicklungen sind in linearen Organisationen nicht machbar. Und zentrale Steuerung funktioniert nicht in komplexen Systemen. Solange sich an den Grundstrukturen nichts ändert, ist alles andere nur Puder und Schminke. Ohne einen organisationalen Umbau ist digitale Transformation gar nicht möglich. Mit Top-down-Formationen kommt man fortan nicht weit. Gegen quirlige Netzwerkorganisationen sind sie chancenlos.
Es reicht einfach hinten und vorne nicht mehr, in hektischer Betriebsamkeit immer nur weiter an Wandel-Wehwehchen herumzudoktern und ein paar kleine Spielwiesen freizugeben, um etwas agiler zu werden. Die neuen Methoden sind alle da. Doch bei einem alten »Betriebssystem« bringt das wenig. Damit kuriert man höchstens Symptome. Besser, man geht an die Wurzel des Übels und kümmert sich um die Gesamtkonstitution. Es ist die ureigene Aufgabe des Managementkreises, das nun endlich anzupacken.
Im Kern ist das Wettrennen zwischen herkömmlichen Unternehmen und den neuen Topplayern der Wirtschaft demnach keins um die bessere Idee, sondern eins um das bessere Organisationsmodell. Denn je schwerfälliger eine Organisation, desto anfälliger ist sie für Überholmanöver. Für die »Next Economy« wird eine »Next Organisation« gebraucht. Dies macht flotte, kreative neue Vorgehensweisen überhaupt erst möglich. Wer also dem digitalen Zeitgeist folgen, sich dynamisieren, kundenfit werden und die Zukunft erreichen will, der benötigt:
ein neues Organisationsmodell.
Und das ist höchst dringlich, quasi unaufschiebbar. In der Next Economy kommt man um eine hochflexible, kundenzentrierte Unternehmensorganisation nicht herum. Sie ist nicht nur geprägt von einem hohen Digitalisierungsgrad und einer Kultur des ständigen Wandels, sondern auch von Kollaboration und Wertschöpfungsnetzen. Wie das Grundmodell dazu aussehen kann, zeigt die Grafik auf der Seite vor diesem Intro. Es ist das erste Organisationsmodell, das den Kunden systematisch in den Mittelpunkt stellt.
Es ist zudem das erste Modell, das die zunehmend notwendigen Brückenbauer-Rollen gezielt integriert. Denn Transformation bedeutet immer auch Transition, also Übergang. Hierfür werden Menschen gebraucht, die Verbindungen schaffen, Separiertes zusammenführen, Kundenprojekte synchronisieren und Wege ins Neuland ebnen. Dazu zählen auch Koordinatoren, die die gesamte Firma »agilisieren«, das Zusammenspiel zwischen künstlicher und menschlicher Intelligenz organisieren und Mensch-Maschinen-Interaktionen geschmeidig machen. Firmenintern sind technologische Brücken zu bauen, weil die Digitalisierung alle betrifft, sie lässt sich nicht in eine Abteilung sperren. Neuartige Partnerschaften zwischen Alt- und Jungunternehmen müssen zusammengekoppelt werden. Schließlich werden Menschen gebraucht, die als Advokat der Kunden im Unternehmen agieren. Die eigentlichen Probleme, die Kunden bekommen, passieren ja meist crossfunktional: Kommunikations- und Abstimmungsprobleme im Gerangel um Zuständigkeiten zwischen Bereichsegoismen und Effizienz. Kluften schaffen Konflikte. Auf dem Weg in die Zukunft sind Verbundenheit, Partizipation und Kooperation die bessere Wahl.
Wir brauchen Menschen, die Brücken bauen.
Die Next Economy? Das ist eine Hochgeschwindigkeitswirtschaft, in der sich menschliche und künstliche Intelligenzen miteinander verbinden. Überleben werden in diesem Kontext nur solche Organisationen, in denen permanenter Wandel möglich ist. Hier ein Innovatiönchen und dort ein Klacks Tünche, um sich einen modernen Anstrich zu geben? Das reicht nicht. Verbale Aufgeschlossenheit bei anhaltender Verhaltensstarre? Ist tödlich! An einer neuen Managementlogik kommt niemand vorbei.
Abb. 1: Die Entwicklung von Unternehmen, Kunden und Technologien
Digitaltechnologien entwickeln sich um ein Vielfaches schneller als herkömmliche Organisationen, die linear agieren und aufs Verbessern zielen. Digitaltechnologien hingegen bauen aufeinander auf, arbeiten simultan und vernetzen sich miteinander. Dies erfordert ein Denken und Handeln in neuen Geschwindigkeiten. Linear heißt: addieren. Exponentiell heißt: multiplizieren. Und das wiederum heißt: erst langsam, dann plötzlich ganz schnell.3 Jede technologische Verbesserung führt dazu, dass die nächste Verbesserung rascher erreicht werden kann. Quantencomputer werden das Tempo noch einmal toppen. Die sind wie auf Speed. Sie werden zu technologischen Sprüngen von nie gekannten Ausmaßen führen. Quasi in jedem Jahr kann nun ein sogenannter Gutenberg-Moment passieren. Ein Gutenberg-Moment ist eine radikale Idee, welche die Menschheit neu handeln lässt und damit die ganze Welt ein Stück weit verändert.
Digitaltechnologien entwickeln sich exponentiell – also rasend schnell.
Angezogen von der Faszination innovativer Technologien, sind auch die Kunden schnell unterwegs, viel schneller als die meisten Anbieter im Markt. Genügend Menschen können es kaum abwarten, jede Neuerung auszuprobieren. Aus den positiven Erfahrungen solcher Early Adopter, Vorreiter und Pioniere erwachsen schnell steigende Anforderungen an alle Player im Markt. So wird das Neue zu einem unverzichtbaren Teil unseres Lebens. Haben die »Corporates«, also klassische Unternehmen, die Next Economy dann endlich erreicht, ist diese längst im Next Next unterwegs.
Tradierte Manager stützen ihre Entscheidungen auf »bewährtes« Wissen. Doch der digitale Umbruch fegt fast alle vertrauten Spielregeln hinweg. Und das Heil ist nicht nur in Technologien zu finden. Wer in der Digitalökonomie vorne mitspielen will, braucht eine adaptive Unternehmensstruktur und eine gute Beziehungskultur. Denn letztlich wird jeder Erfolg von den handelnden Menschen bestimmt. So stehen viele Old-School-Unternehmen kurz vor dem Aus, weil ihr Gefüge für die Anforderungen der Next Economy nicht länger passt. Zudem wirft mangelndes Verständnis für neue Märkte sie aus dem Rennen. Vielerorts wandern die besten Talente schon ab, weil sie nicht mehr an die Zukunftsfähigkeit ihres derzeitigen Arbeitgebers glauben. Und gute neue Talente kommen erst gar nicht an Bord.
Damit das nicht passiert, müssen überholte Management-Artefakte, die den Unternehmen zäh wie Kaugummi an den Sohlen kleben, endlich weg, nicht nur ein bisschen, sondern komplett. Verkrustete Strukturen müssen aufgebrochen, behäbige Planungen dynamisiert und unsinnige Prozesse schnell entsorgt werden. Stattdessen gilt es, leichtfüßige Abläufe einzuführen, um mit dem Wandel Schritt halten zu können. Oder, viel besser: dem Wandel immer ein Stück voraus zu sein. Hierzu braucht es einen organisationalen Rahmen, der ständigen Wandel begünstigt. Und Menschen, die Erneuerung freudig begrüßen. Nur wer sich permanent anpassen kann, überlebt. Feste Pläne gehen zwar an den größten Risiken, aber auch an den größten Chancen vorbei. Und sie versperren den Blick auf Optionen. Genauso wie Staaten erstarken Unternehmen nicht aufgrund von Planwirtschaft, sondern aufgrund von umtriebiger Freiheit. Und ganz generell: Es ist immer die neue Technologie, die gewinnt, wenn sie Dinge schneller, schöner, billiger, besser macht als die alte davor.
Heute erreichen Unternehmen eine Vorrangstellung nicht länger durch das, was sie tun, sondern darüber, wie der Kunde dies wahrnimmt – und was er Dritten dazu erzählt. Der Kunde ist der wichtigste Mensch im Unternehmen. Doch klassische Organisationen haben ihn nicht mal im Organigramm. Auch in neuen Organisationsmodellen sucht man die Kunden vergeblich. Selbst bei Firmen, die sich Kundenorientierung groß auf die Fahne schreiben, fehlen die Kunden im Schaubild der Organisation. Wie will man da von Customer-Centricity, sprich Kundenzentrierung, reden? Sie wird zwar gelobt, aber nicht gelebt.
Tradierte Unternehmen hecheln dem, was Interessenten und Konsumenten wünschen und wollen, meist nur hinterher. Viele werden diesen Wettlauf verlieren. Während nämlich herkömmliche Manager vor allem an die Konkurrenz, ihre Quartalsziele und die Kosten denken, hat die Elite der Jungunternehmer längst verstanden, dass sich alles, wirklich alles um das Wohlwollen der Kunden dreht. Dort wird nicht Ingenieurskunst abgefeiert, sondern ganz gezielt nach Problemen und einer passenden Lösung dafür gesucht. Sämtliche Produkte, Prozesse und Technologien werden von allen Beteiligten strikt um die Kundenbedürfnisse herum orchestriert. So was lässt sich nicht an Service, Sales & Marketing wegdelegieren. Jeder im Unternehmen muss sich um das Wohlwollen der Kunden kümmern. Denn ihre Erwartungshaltung steigt täglich. Und sie haben ein Smartphone, ihr Allmachtsgerät. Wem etwas nicht passt, der ist mit einem »Swipe« weg. Im Web wird man ständig zur Untreue verführt. »Alles für den Kunden« lautet also das Credo. Aber ist das nicht völlig normal? Nein, ganz und gar nicht.
Der Kunde ist der wichtigste Mensch im Unternehmen.
Die meisten Unternehmen agieren selbstbezogen und effizienzgetrieben. Tunlichst sollen sich die Kunden in die von den Anbietern vorgedachten Abläufe fügen, umständliche Formalien akzeptieren und im Takt der altersschwachen Unternehmenssoftware ticken. Heißt: Die Klientel soll ackern, damit man selbst nicht so viel Arbeit hat. Manche Unternehmen sind richtig gut darin, Vorgehensweisen mühsam zu machen, einem die Zeit zu stehlen und schlechte Gefühle zu verbreiten. Niemand glaube doch bitte im Ernst, dass die Leute so was noch lange erdulden! Längst liegt die Macht bei den Kunden. Mit ihren Aktionen, bei denen sie sich zu virtuellen Schwärmen verbinden, können sie über Leben und Tod eines Anbieters entscheiden. Das geht heute ruckzuck.
Während sich also draußen alles vernetzt, agieren klassische Organisationen noch immer in »Silos«. Aufgaben werden entlang von internen Berichtslinien organisiert. Zukunftsunternehmen hingegen strukturieren sich entlang der Kundenaufgaben. Aus Kundensicht müssen Prozesse crossfunktional ablaufen und sich reibungslos miteinander verzahnen. Wer Prozesse zwar optimiert, aber nicht auf die Kundenbedürfnisse abstimmt, wird immer besser darin, das Falsche zu tun. Wirklich kundenorientiert ist nur der, der sämtliche möglichen Ärgernisse vom Kunden zum Anbieter verschiebt, sodass aufseiten des Kunden nur noch positive Erlebnisse übrig bleiben. Und das ist mehr als ein feiner Unterschied. Denn jede einzelne kundenrelevante Unannehmlichkeit ist ein Einfallstor für Disruptoren. Also gilt:
Eine kundenzentrierte Organisationsentwicklung ist unabdingbar. Unternehmen werden heute von den Kundenwünschen gesteuert. Was den Kunden nervt oder ihn kalt lässt, fällt von jetzt auf gleich durch. Schonungslos. Nur wenn es den Kunden gut geht, geht es auch dem Unternehmen gut. Zahlungsbereite Menschen, Toptalente und auch die Gesellschaft erwarten zudem längst, dass ein Unternehmen hehrere Ziele verfolgt als Marktführerschaft und Maximalrenditen. Sie wollen wissen, welchen Nutzwert ein Anbieter den Menschen bietet. Dieser Nutzwert, der Daseinssinn, das Warum heißt im Englischen »Purpose«. Er bestimmt die Identität eines Unternehmens, erzeugt qualitatives Wachstum und macht Wettbewerbsvorsprünge sehr wahrscheinlich.
Im besten Fall ist dieser Purpose ein MTP: ein massiv transformativer Purpose.4 Er ist sinnstiftend, inspirierend, vorausschauend, kühn, verändernd und zugleich so attraktiv, dass er sowohl Kunden als auch Toptalente magisch anzieht. Er erzeugt pulsierenden Tatendrang, ein Treibhausklima für Spitzenleistungen, ein Biotop für brillante Ideen. Den Unternehmen, die das nicht haben, gehen bald drei Dinge aus: die Innovationen, die Leistungsträger und die Einnahmenbringer. In Kapitel eins dazu mehr.
Ein Company-Redesign ist, wie in unserem gemeinsamen Buch Fit für die Next Economy bereits angerissen, längst unumgänglich, um mit der anrollenden Hochgeschwindigkeitszukunft Schritt halten zu können. So propagieren wir den konsequenten Übergang von einer aus der Zeit gefallenen pyramidalen zu einer zirkulären Unternehmensorganisation. Wir beschreiben den Weg von einer auf Effizienz getrimmten Arbeitswelt hin zu einer lebendigen Innovationskultur und zugleich den Wandel von einer Wettbewerbs- zu einer Kooperationskultur.
Das Ziel? Eine Organisation, die nicht länger hierarchisch, also kraft formell verliehener Macht, von oben nach unten und von innen nach außen agiert, sondern eine, die sich dezentralisiert und weitgehend selbstorganisiert auf das Kundenwohl fokussiert.
Gibt es Patentrezepte dafür? Nein, gibt es nicht. Businesssituationen sind verschieden, also müssen es auch die Methoden sein. Jede Firma muss ihren eigenen Weg für sich finden, experimentieren und ausprobieren. Wenn es Blaupausen gäbe, dann wäre ein Business irrelevant, denn jeder würde einfach der Blaupause folgen und alle würden ein identisches Resultat erzielen. Standardrezepte sind sogar höchst gefährlich. Denn keine zwei Unternehmen sind gleich. Branchen und Märkte sind genauso individuell wie Geschäftsmodelle und Kundenstrukturen. Die Unternehmensgröße spielt eine Rolle. Landestypische Gegebenheiten und kulturelle Besonderheiten sind zu beachten. Restriktionen, die einem Unternehmen durch Gesetze, Behörden, Börsenvorschriften, Investoren und Anteilseigner auferlegt werden, müssen berücksichtigt werden.
Die Führungsspitze muss sich ausdrücklich zum Wandel bekennen.
Der größte Fehler: Fix-und-fertig-Lösungen einzukaufen und der Organisation einfach überzustülpen. Die gebrauchsanweisungssüchtigen Manager von früher sind obsolet. Damit Akzeptanz, gepaart mit hohem Engagement, entsteht, muss in einem geschützten Raum von Versuch und Irrtum eine ureigene Form entwickelt werden. Natürlich ergibt es Sinn, sich von externen Profis inspirieren zu lassen. Außerdem können Pioniere wertvolle Denkanstöße liefern. Doch gedankenlos nacheifern darf man ihnen nicht. Was bei dem einen großartig funktioniert, kann anderswo grandios scheitern.
Eins braucht es allerdings in jedem Fall: den Grundsatzentscheid, den Umbau als solchen loszutreten. Denn ohne einen ausdrücklich bekundeten Willen, der von der Führungsspitze ausgehen muss, wird jede organisationale Metamorphose zum Rohrkrepierer. Zudem hat die oberste Stelle die strikte Obliegenheit, das Umbauprojekt zu schützen, zu unterstützen und zu begleiten. In Kapitel neun dazu mehr.
Doch kann der organisationale Erneuerungsschalter in einem Ruck umgelegt werden? In wenigen Einzelfällen ist das sicher möglich. Doch normalerweise, das sagen alle, die Transformationsprozesse hinter sich haben, sollte das Pendel nicht zu überhastet oder zu hart in Richtung Hierarchiefreiheit und Selbstorganisation schwingen. Wer alle Wände gleichzeitig einreißt, dem fällt das Dach auf den Kopf. Nur ganz wenige meinen, man müsse zunächst einen Radikalschnitt machen. Das sind wohl in erster Linie die, die an Lizenzen oder Beratungsmandaten verdienen. Utopien sind zwar schön, doch praxistaugliche Vorgehensweisen sind besser. Eine entscheidende Frage ist damit diese:
Anstatt sich in monströsen Transformationsprojekten zu vertrödeln, die ewig dauern, obwohl doch eigentlich niemand noch länger warten kann, empfehlen wir, mit einzelnen Trittsteinen rasch zu beginnen. Viele der im Verlauf dieses Buches vorgestellten Maßnahmen lassen sich für einen schrittweisen Übergang nutzen, ohne dass gleich alles komplett über Bord gehen muss. Denn wir Menschen sind von Natur aus auf schnelle Ergebnisse aus. Kleine, schnell umsetzbare Schritte kommen dieser Neigung entgegen. Außerdem machen Erfolgsstorys zügig die Runde – und dann Hunger auf mehr.
Wenn man so vorgeht, werden zentrale Instanzen zwar aufgebrochen, Führung ist aber noch vorhanden, vor allem da, wo es um strategische Entscheidungen geht. Wer versucht, Hierarchien mit Gewalt einzuebnen, sorgt für ein Vakuum, in dem sogleich wieder Machthierarchien entstehen. Denn Gemeinschaften brauchen ein Ordnungssystem – und genügend Struktur, um die unerlässliche Qualität sicherzustellen und Abwege möglichst frühzeitig auszuschließen. Das muss auch jedes Start-up lernen, sobald es größer wird.
Doch niemand braucht einen Wasserkopf. Klassische Managementformationen sind die meiste Zeit mit sich selbst beschäftigt. Sie unterhalten ausufernde Planungs-, Kontroll- und Reportingstrukturen. Sie verlieren sich in endlosen Abstimmungsschleifen und verirren sich im eigenen Vorschriftengeflecht. Binnenorientierte Bürokratie kostet unglaublich viel Kraft, weil alles in starren Vorgehensweisen und politischen Spielchen versinkt. Massenhaft wird geklagt, dass für die eigentliche Arbeit höchstens die Hälfte der Zeit übrig bleibt, ein Großteil gehe für »Organisation« drauf, das ganze ärgerliche Drumherum. Das ist doch der helle Wahnsinn! Pure Ressourcenverschwendung, die nur kostet, aber zu keinerlei Wertschöpfung führt!
»Es gibt nichts, was nutzloser wäre, als mit großer Effizienz eine Arbeit zu verrichten, die überhaupt nicht verrichtet werden sollte«, sagt Managementpapst Peter Drucker. Und der Publizist Wolf Lotter ergänzt: »Die alte Organisation ist von und für Bürokraten gemacht. Sie ist innovationsfeindlich. Sie drängt Erneuerungen an den Rand.« Kein einziges Unternehmen kann sich das heute noch leisten. Eine »Next Organisation« ist bitter vonnöten. Dafür haben wir das Orbit-Modell entwickelt.
Wer das Organisationsredesign lostreten will, den bringen Appelle (»Wir müssen jetzt endlich agiler werden!«) nicht weit. Fehlen nämlich die Perspektiven, dann gerät Wandel schnell zur Bedrohung. Hier tritt unser Denkmodell auf den Plan. Es zeigt die Grundidee einer Unternehmensstruktur für heute und morgen, die für alle Seiten einträglich ist. Wir nennen sie das Orbit-Modell.
Orbit-Unternehmen erzeugen Anziehungskraft. Für die Kunden sind sie ein Sehnsuchtsort. Und für die Mitarbeiter sind sie ein Heimathafen. Sie sind geprägt von Miteinander statt Gegeneinander und von ständiger Bereitschaft zum Wandel. Hier arbeiten Hochleistungsteams zugleich für das Wohl ihres Arbeitgebers und das der Kunden. Am Ende des Wegs steht eine Organisation, die für unsere digitale Zukunft hervorragend aufgestellt ist: zugleich hochrentierlich – und zutiefst human.
Abb. 2: Das Orbit-Modell© von Schüller / Steffen mit seinen Aktionsfeldern
Das Orbit-Modell ist eine Organisationsinnovation. Das grundsätzlich Neue daran zeigt sich wie folgt:
Der Purpose: Im Zentrum der Organisation steht ein kraftvoller Purpose, der Daseinssinn eines Unternehmens für die Kunden und alle Mitarbeitenden. Wie der Kern einer Frucht sichert dieser Purpose das Überleben am Markt.
Die Stellung der Kunden: Die viel beschworene Kundenzentrierung wird in diesem Modell sofort sichtbar. Die Kunden scharen sich um den Purpose, weil er für sie anziehend und unterstützenswert ist. Alle Mitarbeitenden, Führungskräfte und Partner kreisen um die Kunden – auf Augenhöhe und in dynamischer Interaktion.
Die Stellung der Mitarbeiter: Sie stehen nicht länger unten in einer Hierarchie, sondern agieren gleichrangig in einem Kreis mit den Führungskräften und den Partnern des Unternehmens gemeinsam auf das Kundenwohl hin. Operative Entscheidungen treffen die Mitarbeiter dezentral und crossfunktional.
Die Stellung der Führungskräfte: Die Führungskräfte sind nicht von den Kunden separiert. So wird Kundennähe in unserem Modell nicht nur sichtbar gemacht, sondern auch tatsächlich gelebt. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern und Partnern des Unternehmens funktioniert gleichberechtigt und Hand in Hand.
Die Bedeutung der Partner: Längst bringen die Schwächen, die sich bei herkömmlichen Corporates in Bezug auf den transformativen Wandel zeigen, immer mehr Unternehmen dazu, an Innovationszentren anzudocken, eigene Innovation-Labs aufzubauen, digitale Einheiten auszugründen und / oder mit passenden Start-ups zu kooperieren. Solche strategischen Alliierten sind die neuen Innovationshelfer und Wachstumstreiber. Die jungen »Davids« machen die alten »Goliaths« stark – und katapultieren sie in die Zukunft.
Die Brückenbauer: Wenn sich in der Außenwelt alles vernetzt, muss das auch drinnen im Unternehmen passieren. Hierzu werden Brückenbauer gebraucht, die interdisziplinäre Verbindungen schaffen und das »Sowohl-als-auch« moderieren. Sie schließen die Kluft zwischen drinnen und draußen, zwischen oben und unten, zwischen Mensch und Denkmaschine. Zudem werden externe Fürsprecher und Mitgestalter benötigt, die dafür sorgen, dass neue Kunden kommen und kaufen.
Die Stellung der Geschäftsleitung: Die Geschäftsleitung symbolisiert nicht die Spitze, sondern das Fundament einer Firma und sorgt für die notwendige Stabilität. Sie ist verantwortlich für die Transformationsstrategie. Sie ist zudem das Bindeglied in Richtung Öffentlichkeit. Und sie ist Brückenbauer in Richtung Zukunft.
Die eingebaute Dynamik: Kreise sind ein typisches Merkmal sich dezentralisierender Organisationen. Doch auch Kreise brauchen Dynamik, indem sie sich miteinander verbinden. Hierbei entsteht ein System, in dem Facetten der Erneuerung von jedem an jeder Stelle und jederzeit initiiert werden können.
In einem dynamischen System erneuert sich eine Organisation aus sich heraus permanent selbst. So muss es in Zukunft auch sein. Wandlungsfähigkeit wird zur Daueraufgabe. Nichts ist mehr auf ewig in Stein gemeißelt. In Transformationszeiten ist der Experimentiermodus ständig auf »on«. Ein Ankommen kann es nicht geben, höchstens eine kleine Verschnaufpause hie und da. Denn der Fortschritt ist nicht zu stoppen. Und sein Tempo ist hoch. Die wichtigsten Qualitäten einer Organisation und ihrer Mitarbeiter sind zusammengefasst demnach diese:
Digitale Expertise
Emotionale Intelligenz
Beschleunigungskraft
Adaptionskompetenz
Wir schreiben dieses Buch für alle, die mit ihrem Unternehmen in Zukunft abheben wollen. Der Perspektivenwechsel wird unser ständiger Begleiter sein. Dazu wollen wir das Alte zwar hinterfragen, aber nicht grundsätzlich negieren. Vieles daran war und ist ja auch gut. Wir verstehen uns als Impulsgeber, Brückenbauer und Trittsteinleger. Wir wollen die wachsende Kluft zwischen »jungen« und »alten« Unternehmen überwinden helfen und das Beste aus beiden Welten miteinander verbinden. Wir engagieren uns für alle, denen es wirklich wichtig ist, beseelte Organisationen aufzubauen, die einen guten Umgang mit Kunden, Mitarbeitern, Partnern und unserer Umwelt pflegen. Wir haben keinen Zweifel daran, dass die allermeisten dazu bereit sind. Wir sehen eine so unfassbar hohe Zahl großartiger Menschen, die einen Superjob machen wollen und enorme Resultate erzielen könnten, wenn das organisationale System sie nur ließe. Schritt für Schritt werden wir deshalb nun praxisnah zeigen, wie das klappt.
Eine Orbit-Organisation erneuert sich permanent selbst.
Das Kapitel »Zukunft voraus« befasst sich ausführlich damit, warum der Aufbruch in die Erneuerung notwendig ist. Die Folgekapitel behandeln danach detailliert, was hinter den Aktionsfeldern unseres Orbit-Modells steckt und wie das Abheben in die Zukunft gelingt. In Kapitel neun finden Sie schließlich unseren Vorschlag für einen Fahrplan zum Ziel. Bitte nehmen Sie aus der Vielzahl von Handlungsoptionen mit und setzen Sie um, was für Sie und Ihre Situation am besten passt. So kann es gelingen, dass Sie zusammen mit Ihren Leuten, wie Steve Jobs einmal sagte, eine Delle ins Universum schlagen. Wir freuen uns sehr, Ihnen dabei zu helfen.
Was Forschung, Wissenschaft und Praxis über die Evolution von künstlicher Intelligenz (KI) und den mit ihr verwandten Bereichen berichten, ist atemberaubend. In den nächsten Dekaden werden wir technologische Sprünge sehen, die alles bisher Erlebte in den Schatten stellen. Es werden Dinge möglich sein, die wir aus Science-Fiction-Filmen zwar kennen, uns aber im wahren Leben noch gar nicht so recht vorstellen können. Und sie werden nicht erst in hundert Jahren kommen, sondern in fünf oder zehn oder zwanzig Jahren.
Was derart schnell derart anders wird, macht vielen Menschen zunächst Angst. Das ist verständlich. Manche sehen am Ende dieser Entwicklung eine apokalyptische Katastrophe, eine düstere Dystopie. Andere sehen eine Welt des Überflusses und der Glückseligkeit. Die großen Probleme der Menschheit, Krankheiten, Hunger, Energiebedarf, Wassernot und Umweltverschmutzung, würden durch Technologien gelöst. Also Himmel auf Erden? Oder Überwachungsstaat? Oder Weltuntergang? Viel näher als eine eventuelle technologische ist eine durchaus reale, schon jetzt greifbare soziale Gefahr. Es ist die, die von denen ausgeht, die sich von der Entwicklung abgehängt und zurückgelassen fühlen. Der Zugang zu Wohlstand muss auf der Welt gleichmäßiger verteilt werden. »Ein Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich ist die tödlichste Krankheit aller Republiken«, schrieb schon der antike griechische Philosoph Plutarch. Die wichtigste Verantwortung liegt also darin, eine humanistische Digitalökonomie zu schaffen.
Das Ziel sollte sein, eine humanistische Digitalökonomie zu schaffen.
Narrative Zukunftshypothesen sind insofern hilfreich, als man unternehmerische Vorgehensweisen von dort aus zurückdenken kann. Mögliche Szenarien für das Jahr 2040 finden Interessierte zum Beispiel in Wertschöpfung neu gedacht von KPMG und Trend One.5 Uneingeschränkte Blauäugigkeit ist sicher nicht angebracht. Folgt man aber dem Historiker Steven Pinker in seinem Opus The Better Angels of Our Nature, dann sind wir im Laufe der Jahrtausende immer friedvoller geworden. In Vorzeiten starb wohl jeder zweite Mann eines unnatürlichen Todes. Das ist längst nicht mehr so. Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft ist realistisch. Und der Glaube an das Gute als Langzeit-Regulativ ist durchaus berechtigt. Immer hat am Ende die Liebe dazu geführt, dass die Menschheit überleben konnte. Müssen wir also den künstlichen Intelligenzen Liebe einpflanzen? Jedenfalls sei eine naive Technikglorifizierung ohne Humanorientierung und ohne gesellschaftliche Verantwortung eine ernste Gefahr, erklärt uns der Digital-Vordenker Winfried Felser, Betreiber der Competence Site.
Nicht künstliche Intelligenz sei eine Gefahr für die Menschheit, sondern natürliche Dummheit, meint der israelische Historiker Yuval Noah Harari.6 Das sollten wir nicht auf uns sitzen lassen. Anstatt also Horrorvisionen nachzuhängen, die, wenn überhaupt, in weiter Ferne liegen, sollten wir uns besser damit befassen, wie eine Mensch-Maschine-Kooperation zum Wohl aller schon heute und morgen aussehen kann. KI & Co. haben auf vielen Gebieten das Potenzial, tief greifende Veränderungen zum Positiven hin zu bewirken. Eine gute Beziehung zwischen Mensch und Denkmaschine ist deshalb elementar. Wenn beide einträglich zusammenarbeiten, sind sie als Tandem sowohl dem Menschen allein als auch der Maschine allein überlegen. Kernfragen sind also diese:
Was kann KI besser als Menschen?
Was können Menschen besser als KI?
Welche neuen Leistungen können Menschen mit Unterstützung der KI erbringen?
Wann überlassen wir die Arbeit voll und ganz der KI – und wann schreiten wir ein?
Wie kann es gelingen, das Beste von beidem so miteinander zu verknüpfen, dass daraus ein perfektes Ergebnis entsteht?
Intuition, Fantasie, Mitgefühl, Ethik, Werte, Moral: Die Technologie per se kennt all das nicht. Sie kann und wird aber viel von uns lernen. Sie übernimmt das Gute und das Schlechte in uns. Wer eine mächtige Technologie entwickelt, löst immer einen Wettlauf zwischen Gut und Böse aus. In den Händen der Falschen ist sie ein Teufelszeug. KI braucht also einen ethischen Rahmen und KI-Sicherheit. Jeder von uns kann zudem etwas tun und Verantwortung übernehmen: Als Unternehmer kann er Entscheidungen treffen. Als Mitarbeiter kann er bestimmen, wen er wie mit seiner Arbeit voranbringt. Als Investor kann er festlegen, wer sein Geld wofür erhält. Als Kunde kann er beschließen, wen er unterstützt – und wen nicht. Als Bürger kann jeder zumindest dort, wo das möglich ist, seine Meinung lautstark bekunden und Protestbewegungen starten. Die kollektive Macht engagierter Menschen kann mithilfe des Web eine breite Öffentlichkeit mobilisieren. Gemeinsam können Mitarbeiter, wie etwa bei Google geschehen, ihre Firma daran hindern, Unstatthaftes zu tun. Und jeder profilierte Influencer, der seine Stimme erhebt, kann die Dinge zum Besseren wenden.
Menschliche Intelligenz (MI) kann durch einen ungeheuren Variantenreichtum punkten. Unter anderem gibt es die logische, sprachliche, musikalische, räumliche, somatische und emotionale Intelligenz. Um uns zukunftsfit zu machen, müssen wir nun noch rasch zwei neue Intelligenzen entwickeln:
die adaptive Intelligenz, die sich auf die ständig neuen, unaufhaltsam auf uns einprasselnden Umstände schnell und flexibel einstellen kann,
die digitale Intelligenz, die Technologien so weit durchdringt, dass sie das Echte vom Falschen und das Gute vom Bösen unterscheiden kann.
Ist das erlernbar? Ja, natürlich. Durch fortwährendes Üben. Ab 50 lernt man nichts mehr? Pah! Unser Gehirn ist eine lebenslange Baustelle, die Wissenschaft nennt das Neuroplastizität. Durch ausreichendes Wiederholen entwickeln sich Automatismen, die vom Bewussten ins Unterbewusste, den sogenannten Autopiloten, rutschen. Hierdurch werden Abläufe routinierter, gewandter und wirkungsvoller. Was menschenmöglich ist, erweitern wir, seitdem es uns Menschen gibt. Die Evolution favorisiert ehrgeiziges Leben, das sich an die jeweiligen Umstände aktiv anpassen kann.
Bedeutsam ist zudem die auf den Persönlichkeitspsychologen Raymond Bernard Cattell zurückgehende Unterscheidung zwischen fluider und kristalliner Intelligenz. Fluide Intelligenz umfasst Fähigkeiten wie schnelle Auffassungsgabe, bewegliches Handeln und das Hervorbringen origineller Problemlösungen. Die fluide Intelligenz nimmt tendenziell mit dem Alter ein wenig ab. Die kristalline Intelligenz hingegen nimmt zu. Zu ihr gehören ein breites Wissen, durch Erfahrung genährte Intuition und der Blick für Zusammenhänge. Fluide und kristalline Intelligenzen werden in Unternehmen gebraucht. Sie müssen miteinander verknüpft werden und zusammenwirken.
Und künstliche Intelligenz? Wenn es um Effizienz, Schnelligkeit, große Stückzahlen, Informationsberge, niedrige Kosten, reine Routinen und / oder das Bewältigen repetitiver, anstrengender, schmutziger, ungesunder und gefährlicher Arbeiten geht, liegt sie vorn. In ziemlich allen Belangen der Wissensarbeit wird sie uns bald haushoch überlegen sein. Sie lernt irre flott, weil sie auf riesige Datenmengen zugreifen, diese in Bruchteilen von Sekunden verarbeiten und alles miteinander vernetzen kann. Sie braucht höchstens Stunden da, wo Menschen Wochen, Monate, Jahre brauchen.
Selbstlernende Softwareprogramme können nicht nur von sich aus intelligenter werden, sie sind längst auch kreativ. Einige beginnen bereits, autonom nach Betätigungsfeldern zu suchen, weil man ihnen Belohnungsprogramme eingepflanzt hat. Sie bringen sich selbst etwas bei. Sie können Geschichten schreiben, Symphonien komponieren, eigene Kunstwerke erschaffen, Emotionen interpretieren und scheinbar Mitgefühl zeigen. Zu Gruppen zusammengeschlossen, entwickeln sie Schwarmintelligenz. KI kann sich selbst programmieren und sich replizieren, also selbstständig neue Intelligenzen gebären. Dabei bildet sie keine menschliche Intelligenz nach, sondern geht eigene Wege, die die Entwickler heute zum Teil noch nicht verstehen – was in der Tat beunruhigend ist. Die Menschen lernten allerdings auch nicht fliegen, indem sie den Flügelschlag der Vögel kopierten, sondern weil es ihnen gelang, die Gesetze der Aerodynamik zu beherrschen.
KI braucht einen ethischen Rahmen und KI-Sicherheit.
Schon heute kann KI zigtausend Dinge tun, die im unternehmerischen Alltag wertvoll sind und die qualitative Arbeit der Mitarbeiter unterstützen, unter anderem Prozesse optimieren, Interaktionen automatisieren, Wahrscheinlichkeiten algorithmieren, Vorhersagen treffen. Algorithmen sind immer dann die bessere Wahl, wenn es darum geht, eine komplizierte Aufgabenstellung zu lösen, wie etwa diese: Welche der 500 Varianten ist die beste für Szenario A oder B? Menschen hingegen sind genau dann gefragt, wenn es kontextbezogene frische Herangehensweisen braucht, die man auch mit einer Fülle von Daten nicht »berechnen« kann. Ideen mit Charakter sozusagen.
Im Unterschied zur einstigen Verarbeitung von Vergangenheitsdaten schaut KI mithilfe von Echtzeitdaten in die Zukunft. Sie ist eine Meisterin der Prognose. Jedes Mal, wenn jemand mit Siri, Alexa oder Cortana redet, trainiert er eine künstliche Intelligenz. Folgen wir den Vorschlagsalgorithmen von Google, Amazon & Co., machen wir diese schlauer. Wenn Sie mit IBMs Watson interagieren, lernt der nicht nur selbst, sondern auch von und mit Ihnen. Und wenn er Lungenkrebs zwei Jahre früher und um 50 Prozent treffsicherer erkennt als ein menschlicher Arzt, wem vertrauen Sie dann?
Infolge des Wandels werden Arbeitsplätze verschwinden, das war in der Vergangenheit auch schon immer der Fall. Vielen alten Jobs trauern wir nicht hinterher. Manche Jobs werden sich umfassend verändern. Zudem werden viele neue Berufsbilder entstehen. Künstliche Coworker müssen programmiert, betreut, trainiert und vor Angriffen geschützt werden. Nur die wenig Qualifizierten arbeiten diesen als Handlanger zu. Gut bezahlt werden hingegen in Zukunft sowohl die, die künstliche Intelligenzen zur Hochform auflaufen lassen, als auch die, die mehr können als das, was Software kann.
Künstliche Intelligenzen sind Spezialisten. Menschen hingegen sind Generalisten. Sie punkten mit Humor, Empathie, Instinkten, Impulsivität, Spiritualität, mit dem Spiel der Sinne, mit Fingerspitzengefühl, Improvisationstalent, Verhandlungsgeschick, gesundem Menschenverstand. Und mit der Lust am Sozialen, mit dem, was der Anthropologe Lionel Tiger »Sociopleasure« nennt. Wer auf solchen Gebieten gut ist und sich ständig weiterentwickelt, ist im Digitalzeitalter vorn. Die neuen Berufe haben vor allem mit Innovieren, Adaptieren, Kombinieren, Experimentieren, Koordinieren, Kollaborieren, Flexibilisieren, Individualisieren und Emotionalisieren zu tun. Sie verlangen Wandlungsvermögen und, ganz besonders wichtig:
»Wenn künstliche Intelligenz unsere Aufgaben übernimmt, wird Menschlichkeit unser neues Alleinstellungsmerkmal«, sagt Miriam Meckel, Herausgeberin der Wirtschaftswoche, in einer ihrer Kolumnen. So sorgt KI nicht nur für Fortschritt. Sie schafft auch Freiraum, damit man sich im Unternehmen auf das Wesentliche konzentrieren kann: die Arbeit am Kunden.
Das MIT Center for Collective Intelligence und viele andere Forschungseinrichtungen haben anhand von Untersuchungen immer wieder gezeigt: Zwar ist die Intelligenz einzelner Mitglieder einer Gruppe von Bedeutung, wenn es um Ergebnisse geht, die kollektive Intelligenz spielt jedoch eine noch viel größere Rolle. Wir favorisieren hierbei den Begriff der »Weisheit der Vielen«. Darunter versteht man eine sich mehr oder weniger selbst organisierende gemeinschaftliche Intelligenz, die jenseits von Administration und Bürokratie eine Vielfalt von Innovationen hervorbringen kann. Wenn genügend kluge Köpfe zusammenkommen, lässt sich jedes Problem lösen. Gemeinsam gelingt es am besten, Ideen zu entwickeln, die zuvor noch niemand hatte und auf die man allein nicht gekommen wäre.
Wenn genug kluge Köpfe zusammenkommen, lässt sich jedes Problem lösen.
Einen zweiten gebräuchlichen Terminus, den der Schwarmintelligenz, nutzen wir nicht, denn leider gibt es ja auch sehr dumme, lärmende, fehlgeleitete Schwärme. So erzeugen Obrigkeiten über Macht, Angst, Gängelei und Kontrolle den supergefährlichen blinden Gehorsam. Wer einfach die Regeln befolgt und tut, was ihm via Dienstanweisung gesagt wird, hat eben nichts zu befürchten. Entscheidungsmonopole und Dauerbefehle von oben, verbunden mit Wissensdefiziten, Opportunismus und Konformität, machen jede Organisation »schwarmdumm« (Gunter Dueck). Und das wiederum führt ins Aus – und nicht in die Zukunft.
Bereits 2004 hat der Soziologe James Surowiecki in seinem Weltbestseller Die Weisheit der Vielen anhand vieler Beispiele gezeigt, dass eine Gruppe in aller Regel »klüger ist als ihr gescheitestes Mitglied«7. So steigt zum Beispiel die Innovationskraft mit der Anzahl gleichberechtigt involvierter Personen, sofern die Gruppe inhomogen ist und ihr Wissen wertschätzend teilt. Wieso inhomogen? Homogene Gruppen, also solche mit gleichartigen Mitgliedern, neigen zum Gleichklang und zum Griff nach Routinen, jedoch kaum zum kühnen Erkunden von Neuem. Der Zugewinn einer inhomogenen Gruppe ergibt sich aus der Meinungsvielfalt, der Öffnung für unterschiedliche Denkweisen und einer damit verbundenen Experimentierfreudigkeit. Eine inhomogene Zusammensetzung berücksichtigt beide Geschlechter, Jung und Alt, Denker und Macher, Routiniers und Novizen, unterschiedliche Disziplinen, verschiedene Hierarchiestufen und, wenn passend, auch einen Nationalitätenmix.