Die perfektiven Verbalperiphrasen in literarischen Texten der modernen portugiesischen Prosa und ihre Wiedergabe im Deutschen - Karin Weise - E-Book

Die perfektiven Verbalperiphrasen in literarischen Texten der modernen portugiesischen Prosa und ihre Wiedergabe im Deutschen E-Book

Karin Weise

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Wissenschaftlicher Aufsatz aus dem Jahr 2016 im Fachbereich Romanistik - Portugiesische Philologie, , Sprache: Deutsch, Abstract: Die portugiesischen Verbalperiphrasen im PPS drücken in einer sehr präzisen und spezifischen Form den perfektiven Aspekt im Portugiesischen aus. Da im Deutschen der Verbalaspekt nicht grammatikalisiert ist, können diese Verbalkonstruktionen nur auf lexikalischem Wege wiedergegeben werden. Der Vergleich von Texten (Prosatexten) in portugiesischer Sprache mit ihren deutschsprachigen Übersetzungen führt meines Erachtens unweigerlich zu der Frage nach den Wiedergabemöglichkeiten des perfektiven und imperfektiven Aspekts im Deutschen, Einem solchen Vergleich auf der Textebene sollte eine Erläuterung des Verbalaspekts im Portugiesischen vorausgehen.

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Inhaltsverzeichnis

 

Einführung

Grammatische Allgemeinbedeutung im Kontext

Die Grundbedeutung und Funktion des PPS

Die Verbalperiphrasen im PPS

Zusammenfassung

Sekundärliteratur

Primärliteratur

 

Einführung

Der Vergleich von Texten (Prosatexten) in portugiesischer Sprache mit ihren deutschsprachigen Übersetzungen führt meines Erachtens unweigerlich zu der Frage nach den Wiedergabemöglichkeiten des perfektiven und imperfektiven Aspekts im Deutschen, Einem solchen Vergleich auf der Textebene sollte eine Erläuterung des Verbalaspekts im Portugiesischen vorausgehen.

Äzevedo do Campo schreibt zur funktional-semantischen Kategorie des Aspekts:

„Die funktional-semantische Kategorie der Aspektualität umfasst im Inhaltsplan und Ausdrucksplan alle paradigmatischen und syntagmatischen Mittel, die sich in ihrer invarianten semantischen Funktion um das universelle sprachliche Merkmal der Begrenztheit / Nichtbegrenztheit im Bereich der Verbalhandlung gruppieren. Diese sprachlichen Mittel verteilen sich im Rahmen der Aspektualität auf vier Ebenen oder Abstraktionsstufen. Bei paradigmatischer Betrachtung der Verballexeme lassen sich diese folgenderweise darstellen:

1. Lexikalische Ebene - individuelle Verballexeme

2, Lexikalisch-semantische Ebene-Aktionsarten

3, Grammatisch-semantische Ebene-Terminativitit / Aterminativität

4. Grammatische Ebene - Aspekt. (Azevedo do Campo 1998:17)

Mit anderen Worten ausgedrückt ist die „funktional-semantische Kategorie der Aspektualität die Gesamtheit von Sprachmitteln verschiedener Ebenen, die zum Zwecke der Erzielung folgender Funktion zusammenwirken: semantische Präzisierung der aspektuell differenzierten Handlungsabläufe im Sinne des Perfektiven oder Imperfektiven. Die Strukturierung dieser Sprachmittel lässt sich in Form eines Feldes beschreiben. Der Kern dieser funktional-semantischen Kategorie ist die morphologische Kategorie des Verbalaspekts, der irn Portugiesischen m.E. nur im präteritalen Bereich des Verbalsystems morphologisiert (grammatikalisiert) ist. „Dieser Kern des funktional-semantischen Feldes ist als ein System korrelativer Formen" {PPS: Imperfeito) aufgebaut; ( Gabka 1988: 87).

Grammatische Allgemeinbedeutung im Kontext

Die Grundbedeutung und Funktion des PPS

Im Ergebnis einer Analyse von linguistischen Publikationen und Lehrwerden ist die Grundbedeutung und Funktion des PPS folgendermaßen zu beschreiben:

1. Das PPS realisiert den perfektiven Aspekt: Es bezeichnet zum Sprechmoment völlig abgeschlossene Handlungen, Prozesse und Zustände, die sowohl in der entfernten als auch in der näheren Vergangenheit stattfanden. (Es kann ebenfalls iterative bzw. habituelle Prozesse und Handlungen bezeichnen, wenn diese innerhalb eines abgegrenzten Zeitraumes stattgefunden haben und durch das Kriterium des Abgeschlossen-Seins zum Sprechmoment gekennzeichnet sind)

2. Es bezeichnet gleichfalls Handlungen, Prozesse und Zustände, die in der Vergangenheit einsetzten und deren Resultat für die Sprechzeit relevant ist

Für die Zwecke eines Tempus - Kommentars zum Gebrauch des PPS in einem Text und dessen Wiedergabe in einer deutschsprachigen Übersetzung wird ein Zitat aus dem Roman Historia do Cerco de Lisboa von Saramago ausgewählt:

Raimundo Silva pousou a esferográfica, esfregou os olhos cansados, depois releu as últimas linhas, as suas. Näo Ihe pareceram mal. Levantou-se, levou as mãos aos rins inclinou-se para trás, suspirando de alìvio. (Saramago, Historia do Cerco de Lisboa, 318)

Der Handlungsablauf wird durch die PPS-Formen repräsentiert, zu denen sich die Gerúndio- Form im Verhältnis der Gleichzeitigkeit befindet Das PPS bezeichnet in der Vergangenheit abgeschlossene, abgegrenzte Handlungen. Die deutschsprachige Übersetzung des oben zitierten Textes gibt die PPS-Formen sowie die Gerundial-Konstruktion durch das Präteritum wieder, das in diesem Text als Bedeutungs-und Funktionsäquivalent des Perfekts mit Vergangenheitsbezug(Aktz vor Sprz, -Mod, ±Adv) auftritt. Der Verbalaspekt des PPS (Aktz vor Sprz, -Mod, + peif. Asp) wird im Deutschen nicht ausgedrückt, da er in dieser Sprache nicht morphologisiert ist:

Raimundo Silva legte den Kugelschreiber aus der Hand, er rieb sich die ermüdeten Augen, dann überflog er die letzten Zeilen nochmals, seine(…). Er erhob sich, stemmte die Hände in die Hüften, beugte sich zurück atmete er leichtert auf. (Saramago, Geschichte der Belagerung von Lissabon, 389)

Da das portugiesische PPS in seiner temporalen Grundbedeutung und Funktion zwei Komponenten ausdrückt, nämlich das Perfectum zur Bezeichnung eines vergangenen Geschehens (Vergangenheitsbezug) und Perfectum zur Bezeichnung eines vergangenen Geschehens mit resultativen Charakter (Gegenwartsbezug) enthält, tritt es innerhalb von Kontexten auch als Resultatsperfekt auf und wird in der deutschsprachigen Übersetzung auch als ein Perfekt mit Gegenwartsbezug realisiert:

[...] Recebi ontem uma carta da minha mulher a participar-me que a criada se despediu, foi-se embora, pirou-se (..]. (Lobo Antunes, Os cus de Judas, 95).

[...] Gestern habe ich einen Brief von meiner Frau bekommen, die mir mitteilt, dass das Dienstmädchen gegangen ist [...], hat sich aus dem Staub gemacht [...]. (Lobo Antunes, Der Judaskuss, 98-99).

Das PPS des portugiesischen Ausgangstextes und das Perfekt des deutschen Zieltextes drücken in dieser Bedeutung und Funktion vergangene Sachverhalte aus, „die einen für die Sprechzeit relevanten Zustand implizieren, der für die Kommunikation wesentlicher ist als die in der Vergangenheit liegende Aktzeit". (Helbig/ Buscha 1986:151-152)

Die Verbalperiphrasen im PPS

 

Die PPS-und Imperfeito-Formen stellen vor allem „die lexikalisch-grammatische Basis für die Aspektdifferenzierung dar. Die Peripherie der Kategorie des Verbalaspekts (dieses Feldes) erfasst Sprachmittel, die aufgrund ihrer Semantik in spezifischer Beziehung zu den Bedeutungen der Kernmittel" (präteritale Verbalformen) „stehen, aber nicht zu den Kernmitteln gerechnet werden können." (Gabka 1988:87) Zu diesen peripheren Sprachmitteln rechnen wir die Verbalperiphrasen im Portugiesischen im PPS. Sie treten im Sinne von Aktionsarten auf, die als zusätzliche Mittel grammatisch-semantisch dem verstärkten Ausdruck der Abgeschlossenheit/Abgegrenztheit der durch sie bezeichneten Sachverhalte dienen.

 

Das folgende Textbeispiel enthält die Verbalperiphrase acabar de + Infinitivo im PPS;

 

Estäo sentados à sombra duma árvore, acabaram de comer, e säo como nómadas nos modos e no trajar, em tão pouco tempo tanta transformação, é o resultado da falta de comodidades, roupa amarrotada e suja, os homens com barba de dias, não os recriminemos, nem a elas, que nos lábios já só usam a cor natural agora pálida por causa dos cuidados, talvez nas últimas horas se pintem e preparem para receber dignamente a morte, a vida, a acabar-se, não merece tanto. (Saramago, A Jangada de Pedra, 241)

 

Die PPS-Form acabaram de comer drückt gegenüber den im Presente Actual auftretenden Verbalformen eine unmittelbare Vorzeitigkeit aus. Die durch diese Verbalperiphrase bezeichnete Handlung wird nicht unter dem Gesichtspunkt ihres prozessualen Verlaufs, sondern unter dem des für die Sprechzeit relevanten Folgezustandes betrachtet. Durch den Gebrauch der periphrastischen Konstruktion im PPS wird die vom lateinischen Perfectum übernommene (auch im portugiesischen einfachen Perfeito enthaltene) grammatische Bedeutung (Vergangenheitsbezug) in Richtung Perfektbedeutung (Gegenwartsbezug)[1] modifiziert, da diese verbale Umschreibung eine unmittelbare Vorzeitigkeit gegenüber den präsentischen Verbalformen bezeichnet. Die aspektuelle (perfektive) Komponente der PPS- Form acabaram de comer, die - wie in der o.g. einfachen Form - durch die Charakteristika Abgeschlossenheit/Abgegrenztheit der bezeichneten Handlung bestimmt ist, wird durch den

 

Gebrauch der periphrastischen Konstruktion verstärkt und präzisiert, weil in der lexikalischen Bedeutung des als Hilfsverb fungierenden acabar das Merkmal der Abgeschlossenheit explizit enthalten ist. Acabaram de comer wirkt im Sinne einer Aktionsart, weil die lexikalische und grammatische (d.h. aspektuelle sowie partiell die temporale Bedeutung und Funktion, die die PPS-Form comeram impliziert), in der Verbalperiphrase erhalten bleiben und durch eine zusätzliche Bedeutungskomponente modifiziert werden, die sich auf die Begrenzung der Handlung in der Zeiterstreckung bezieht.

 

Die deutschsprachige Übersetzung des oben zitierten Prosa-Abschnittes gibt nahezu alle präsentischen Verbalformen im Indikativ wieder, da die Modalpartikel vielleicht im Deutschen nicht den Konjunktiv verlangt. Eine Ausnahme bildet die indikativische Form säo des Ausgangstextes. Sie wird im deutschsprachigen Text durch die im Konjunktiv Präteritum stehende Verbalform (man) hielte (sie) für ersetzt, ohne dass sich der kommunikative Effekt der Aussage wesentlich verändert. Aus der Systemdifferenz zwischen dem Portugiesischen und dem Deutschen resultiert die Übersetzung estäo sentados (im Zustandspassiv) durch die Verbalform (sie) lagern (eigentlich: sie sitzen) im Aktiv.[2]

 

Die Verbalperiphrase des portugiesischen Ausgangstextes wird durch die Perfekt-Form (sie) haben gespeist in Verbindung mit der Temporalbestimmung gerade[3] im deutschsprachigen Zieltext wiedergegeben. Diese Bedeutungs- und Funktionsvariante «des Perfekts ist (...) nicht durch das Präteritum ersetzbar, ohne dass sich die Bedeutung bzw. Kommunikationsabsicht ändert: „der in der Vergangenheit liegende Akt wird nicht unter dem Aspekt seines prozessualen Verlaufs, sondern unter dem des für die Sprechzeit relevanten Folgenzustands betrachtet.» (Helbig / Buscha 1986:152)[4]

 

Da im Deutschen der Verbalaspekt nicht grammatikalisiert (morphologisiert) ist und in dieser Sprache für die Übersetzung der o.g. verbalen Umschreibung keine entsprechende Konstruktion zur Verfügung steht, wird das Merkmal der unmittelbaren Abgeschlossenheit der bezeichneten Handlung[5] durch die Verbindung der Perfekt-Form mit einem Adverb (gerade), also durch ein zusätzliches (peripheres) lexikalisches Mittel, unterstrichen (Aktz vor Sprz, -Mod, +Adv). Die Infinitiv-Konstruktion a acabar-se wird im Deutschen adäquat durch ein Partizip Präsens wiedergegeben (das zu Ende gehende Leben), das in attributiver Funktion steht, und gemeinsam mit der Verbalform verdient ein Generelles Präsens ausdrückt:

 

Sie lagern im Schatten eines Baumes, gerade haben sie gespeist, in Gebaren und Kleidung hielte man sie für Nomaden, in so kurzer Zeit so viel Verwandlung, das ist der Mangel an Bequemlichkeiten, zerknitterte und verschmutzte Kleidung, die Männer mit einem Bart, der Tage alt ist, tadeln wir sie nicht, auch nicht die Frauen, dass sie auf den Lippen nur noch die Farbe der Natur tragen, die nun blasse, sorgenhalber vielleicht schminken sie sich dann in den allerletzten Stunden, um den Tod würdig zu empfangen, das zu Ende gehende Leben verdient nicht so viel Aufwand.(Saramago, Das steinerne Floß, 282)

 

Der folgende Textauszug veranschaulicht den Gebrauch der zwei Verbalperiphrasen tornar a+infinitivo und acabar por+infinitivo im PPS:

 

[...] o helicóptero desapareceu por sobre a mata toctoctoctoctoctoc, pusemo-nos de pé para partir, recolhemos do chão os panos de tenda as cartucheiras os cantis e os bornais, o pelotão formou em bicha e reparámos na contagem que faltava o furriel dos vómitos, estava sentado ali perto em cima da G3 de mäos no queixo, chamei-o, tornei a chamálo, acabei por sacudi-lo pelo ombro e ele levantou para mim oihos sonâmbulos de muito longe e respndeu numa voz doce de menino. Não percam tempo comigo que eu estou tão farto desta guerra nem a tiro vou sair daqui. (Lobo Antunes, Os cus de Judas, 132)

 

Innerhalb des Kontextes gehören die beiden Verbalpenphrasen im PPS m.E. in Bezug auf die grammatisch-semantische (temporale und aspektuelle) Bedeutung und Funktion als gleichwertige Glieder der Handlungssequenz an, die durch PPS-Formen ausgedrückt wird. Die modifizierenden Glieder der beiden PPS-Periphrasen determinieren auf unterschiedliche Weise den jeweils bezeichneten Sachverhalt: Während acabar das Charakteristikum der Abgeschlossenheit, d.h. den grammatischen Gehalt der verbalen Umschreibung verstärkt und präzisiert, beeinflusst tornar a lediglich die lexikalische Modifizierung des bezeichneten Sachverhalts. Es wird eine wiederholte, aber in der Vergangenheit abgeschlossene Handlung ausgedrückt, d.h. das Merkmal Repetition verändert den perfektiven (aspektuellen) Charakter des Verbalausdrucks nicht.